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Wanagi Yata - so nannten die Sioux den »Sammelplatz der Seelen«, also jenen Platz im Jenseits, wo sich die Seelen ihrer Toten versammelten.
Als damals die Weißen den Völkermord an den roten Völkern und Stämmen betrieben, um sich deren Land aneignen zu können, begann auch für die Stämme der Sioux der Weg nach Wanagi Yata.
Dies ist die Geschichte von Johnny Benton, Running Bear und der wunderschönen Rosebud, die Running Bears Schwester war und sich in Johnny Benton unsterblich verliebte, aber auch von ihm ebenso geliebt wurde.
Doch die Geschichte beginnt im Süden, in Texas.
Aber sie endet im Norden, im nördlichen Montana ...
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Seitenzahl: 153
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Der Weg nach Wanagi Yata
Vorschau
Impressum
Der Weg nachWanagi Yata
Wanagi Yata – so nannten die Sioux den »Sammelplatz der Seelen«, also jenen Platz im Jenseits, wo sich die Seelen ihrer Toten versammelten.
Als damals die Weißen den Völkermord an den roten Völkern und Stämmen betrieben, um sich deren Land aneignen zu können, begann auch für die Stämme der Sioux der Weg nach Wanagi Yata.
Dies ist die Geschichte von Johnny Benton, Running Bear und der wunderschönen Rosebud, die Running Bears Schwester war und sich in Johnny Benton unsterblich verliebte, aber auch von ihm ebenso geliebt wurde.
Doch die Geschichte beginnt im Süden, in Texas.
Aber sie endet im Norden, im nördlichen Montana ...
Eines hatte ich im Krieg Süd gegen Nord gelernt: Wenn man irgendwo hineingeht, dann muss man wissen, wie man wieder herauskommt.
Denn das war schon damals im Altertum so, als Perseus in den verwinkelten und unübersichtlichen Palast ging, um den Minotaurus zu töten.
Da gab ihm jene Ariadne ein Fadenknäuel mit. Am Eingang befestigt, half ihm der Faden, den Weg zurück zum Ausgang zu finden.
Nun, ich hatte das in den fünf Jahren unseres Bruderkrieges gelernt und begriffen, in den ich mit all den anderen jungen Texanern geritten war. Ich war immer wieder aus allen brenzligen und heiklen Situationen ziemlich heil herausgekommen.
Und nun wollte ich raus aus Texas. Denn Texas war arm geworden wie eine Kirchenmaus. Südstaatengeld galt nichts mehr, nur Yankeedollars waren etwas wert.
Also musste man nach Norden, wo es sie in großen Mengen geben sollte. Daran glaubten wir alle, die zum Strandgut des verlorenen Krieges gehörten.
Von meiner Sorte gab es also viele. Manche wurden Banditen. Und auch ich würde – wenn nicht ein bald ein Wunder geschah – einer werden müssen, um überleben zu können.
Ja, so hart war das damals. Man bekam nichts geschenkt, sondern musste es sich nehmen, also stehlen.
Und ich würde ein Pferd stehlen müssen, weil jenes, das ich ritt, nicht mehr lange auf den Hufen bleiben würde.
Ich war damals vor fünf Jahren auf einem wundervollen Wallach losgeritten und hatte mich bei der Texas-Brigade gemeldet. Wir alle waren auf unseren eigenen Pferden zu den Meldestellen gekommen. Die Pferde waren unser Besitz gewesen.
Und als später unser General Lee bei Appomattox kapitulierte, da handelte er aus, dass wir, die wir auf eigenen Pferden in der Texas-Brigade ritten, nach der Entlassung auch auf Pferden wieder heimreiten durften.
Aber wie die Yankees nun mal waren als Sieger, gaben sie uns die schlechtesten Tiere, die sie auftreiben konnten aus ihrer Beute.
Und so wurden viele von uns armselige Fußgänger.
Meine graue Stute würde mich bald nicht mehr tragen können, obwohl ich immer wieder absaß und eine Meile zu Fuß ging. Dann sah sie mich dankbar an. Sie war alt und hätte eigentlich ein Gnadenbrot verdient. Aber das konnte ich ihr nicht geben, denn in diesen Tagen und Nächten unterwegs nach Norden knurrte mein Magen vor Hunger.
Aber dann – es war ein später Nachmittag, fast schon Abend – sah ich die Ranch. Sie lag in einer weiten Senke an einem kleinen See. Es gab auch alte Bäume dort und Büsche.
Bei der Ranch waren Weidekoppeln und auch Corrals.
In einem der Corrals bewegten sich Pferde. Selbst aus der Entfernung konnte ich unschwer erkennen, dass es prächtige Tiere waren.
Und so sprach ich vom Sattel aus auf meine alte Stute nieder: »He, Old Mary, du hast heute mächtiges Glück. Wenn es Nacht ist, tausche ich dich gegen ein Caballo dort im Corral. Dann wird es dir besser gehen als bei mir.«
Und die alte graue Stute unter mir schnaubte so richtig freudig, als hätte sie jedes Wort in seiner Bedeutung genau begriffen.
Ich saß noch nicht ab, sondern beobachtete die Ranch.
Dort regte sich nichts. Fast wirkte alles verlassen.
Doch dann sah ich die Frau. Sie kam aus dem Ranchhaus und ging zum Brunnen, um Wasser zu holen. Selbst aus der Entfernung konnte ich erkennen, dass sie kaum älter sein konnte als ich. Und sie war mehr als nur hübsch. Ihre Bewegungen waren herrlich anzusehen, denn sie wirkten leicht, geschmeidig, einfach schön.
Vielleicht war sie mal Tänzerin. Ja, das konnte sein.
Und offenbar war sie allein auf der Ranch.
War sie die junge Frau des Ranchers – oder seine Tochter?
Und alle Reiter waren offenbar fort. Vielleicht trieben sie eine Herde zusammen oder irgendwohin zum Verkauf. Es konnte auch noch andere Gründe geben.
Aber was es für Gründe auch waren, mir war es nur recht, dass die Ranch fast menschenleer und ausgestorben war aus irgendwelchen Gründen.
Ich würde mir in der kommenden Nacht eines der Pferde holen, um weiter nach Norden reiten zu können, dorthin, wo es Yankeedollars zu verdienen oder zu erbeuten gab. Und ich war ja auch kein richtiger Pferdedieb, sondern ließ mein Tauschpferd zurück. Damit beruhigte ich mein Gewissen.
Doch bis zum Nachtanbruch war es noch eine Weile.
Deshalb beschloss ich, ein Bad zu nehmen. Ich stank nämlich nach meinem und dem Schweiß der Stute, nach Staub, Erde, Rauch und all den anderen Gerüchen – nach all den Tagen und Nächten, die ich schon unterwegs war und unter freiem Himmel verbracht hatte.
Ich ritt endlich hinunter zum See, verschwand in den hohen Büschen und saß ab. Als ich dann nackt im Wasser planschte und auch ein wenig schwamm, da kam auch die graue Stute und schnaubte zufrieden.
Und so badeten wir eine Weile, indes die Dämmerung von Osten herangeschlichen kam.
Dann aber sah ich die Frau.
Ja, sie war von der Ranch herübergekommen und hatte mich gewiss schon eine Weile beobachtet, nackt wie ich war.
Nun, ich konnte mich gewiss sehen lassen. Denn ich war gewachsen und proportioniert wie jener Apoll aus der griechischen Sage. Das hatte mir schon mehr als eine Frau gesagt.
Ich hörte diese da aus den Büschen, die ihr hier am Rande des kleinen Sees nur bis zu den Brüsten reichten, sagen: »He, dies ist mein Badeplatz, Mister!«
Aber es war ein Lachen in ihrer Kehle, das hört ich deutlich.
Und so sagte mir mein Instinkt, dass sie Gefallen an dieser Situation hatte und offenbar nicht zu der züchtigen Sorte gehörte, also keine Heilige war.
Ich erwiderte und hatte dabei ebenso wie sie ein Lachen in der Kehle: »Ma'am, das wusste ich natürlich nicht. Wissen Sie, ich bin nur ein hungriger Fremder auf dem Durchritt nach Norden. Sind Sie allein auf der Ranch dort drüben?«
»Und wenn?« So fragte sie ein wenig scharf und herausfordernd.
Ich aber fragte ebenfalls: »Soll ich herauskommen mit erhobenen Händen?«
Aber sie wiederholte: »Und wenn?«
»Wenn Sie allein sind, Ma'am, dann könnte ich Ihnen vielleicht bei einem Abendbrot Gesellschaft leisten in Ihrer Einsamkeit. Oder sind Sie nicht einsam? Ich sah außer Ihnen noch keinen anderen Menschen dort drüben.«
Sie lachte. Dann sprach sie: »Ich komme nun ebenfalls ins Wasser.«
»Und Sie haben keine Angst vor einem nackten Mann?«
»Nein«, rief sie und lachte. »Nicht, wenn er ein Texaner ist. Denn diese tun keiner Frau etwas, was sie nicht selbst will.«
Nun war ich plötzlich etwas verwirrt und unsicher.
Was für eine Frau war das?
Doch ich wusste, das würde ich bald herausfinden.
Und dann kam sie tatsächlich aus den Büschen und zu mir und meiner alten Stute in den See. Sie schwamm sofort weit hinaus. Es war schon fast Nacht geworden. Dennoch konnte ich sie gut erkennen und wusste, sie hätte jeden Schönheitswettstreit gewonnen.
Aber hier war sie ja sowieso ohne Konkurrenz.
Und so fragte ich mich, wie es wohl weitergehen würde.
Sie kam dann zurückgeschwommen und stieg aus dem See wie damals jene sagenhafte Schöne aus dem Meer, die man Schaumgeborene nannte und auch als Venus kannte.
Sie verschwand in den Büschen und nahm ihre Kleidung mit.
Über die Schulter rief sie zu mir zurück: »In einer halben Stunde erwarte ich Sie zum Abendessen, Fremder!«
Und so ließ sie mich in einiger Verwirrung zurück.
Verdammt, was erwartete mich da drüben im Ranchhaus?
Offenbar war sie allein auf dieser Ranch. Wo waren die Reiter? Hatte sie einen Mann, der hier der Boss und Besitzer war? Oder war sie eine Witwe? Viele Männer waren nicht aus dem Krieg heimgekommen.
Ich hatte unterwegs da und dort Rinder gesehen, die zumeist in kleinen Rudeln grasten. Sie trugen den W-im-Kreis-Brand.
All diese Fragen stellte ich mir, indes ich aus dem See stieg und mich ankleidete. Ich fühlte mich sehr erfrischt und sauber, und ich bedauerte es, nicht auch noch in sauberes Zeug steigen zu können. Aber ich hatte keines.
Dann aber – als ich zu meiner alten grauen Stute ging, die ich Old Mary nannte –, da fiel mir wieder meine »Lebensweisheit« ein, die ja lautete: Wenn du irgendwo hineingehst, musst du wissen, wie du auch wieder herauskommst.
Das war es, was ich jetzt bedenken musste.
Es war Nacht geworden.
Im Ranchhaus brannte ein Licht, wahrscheinlich in der Küche. Dort machte die Schöne wahrscheinlich das Abendessen.
Und so hatte ich einige Zeit.
Ich brachte meine alte, graue Stute in den Corral und suchte mir ein anderes Pferd aus, so gut ich das in der dunklen Nacht konnte.
Und weil mein alter Sattel nichts mehr taugte, nahm ich einen anderen von der Stange im halb offenen Schuppen. Denn wenn ich schon ein halber Pferdedieb war, dann kam es auch auf einen Tausch der Sättel nicht mehr an.
Dann führte ich das neue Pferd hinter das Ranchhaus und band es unter einem Baum an. Ja, es gab eine Hintertür, durch die ich ins Haus gelangte.
Die schöne Frau stand in der Küche am Herd und blickte über die Schulter zu mir zurück, lächelte mich an und sprach: »Es ist gleich fertig. Sie sehen verhungert aus, mein Freund.«
In ihrer Stimme war ein Klang, der mich wittern ließ, dass sie bereit war für ein Abenteuer, eine Episode, vielleicht, weil sie sich hier so verdammt einsam fühlte oder ganz einfach eine Frau war, die dann und wann einen Mann brauchte, um das Leben lebenswert zu finden, nicht zu verdorren in den besten Jahren ihrer Zeit.
Ich setzte mich an den Tisch und wartete, genoss es, sie zu beobachten.
Denn sie bewegte sich geschmeidig und geschickt. Und wenn sie den Kopf wendete, um über ihre Schulter hinweg nach mir zu sehen, da schenkte sie mir ein Lächeln.
Und so war es mir, als würden wir uns schon lange kennen und miteinander vertraut sein. Dabei kannten wir noch nicht einmal unsere Namen.
Sie trug nur einen Morgenmantel, den sie eng um ihren geschmeidigen Körper gewickelt hatte, sodass ich mehr als nur ahnen konnte, wie schön sie gewachsen war.
Denn am See, wo wir beide badeten, da war es nicht mehr so hell gewesen wie hier, sodass ich sie nicht so deutlich hatte erkennen können wie jetzt. Und wir waren uns am See auch nicht so nahe gewesen, hatten Abstand gehalten.
Sie war nun fertig am Herd und brachte das Essen auf den Tisch, setzte sich mir gegenüber. Ich sah in ihre grünen Katzenaugen. Ihr Haar schimmerte wie Rotgold im Lampenlicht.
Dann aber wollte ich es wissen und fragte: »Warum leben Sie hier allein? Sie sind doch hier allein – oder?«
Sie legte mir den Hammelbraten auf den Teller, dazu alles andere. Es waren Mehlklöße und gedünstetes Gemüse.
»Den Braten hatte ich eingelegt«, sagte sie. »Denn wenn mein Mann heimkommt, dann muss alles sehr schnell gehen. Er hat dann Hunger wie ein Wolf. Und eigentlich ist er ein zweibeiniger Wolf.«
Ich wusste nun, dass sie einen Mann hatte, der abwesend war. Zugleich spürte ich, dass sie ihn mit mir betrügen wollte.
Einen Moment lang wollte ich aufstehen und verschwinden.
Doch weil sie das spürte oder in meinen Augen erkannte, sagte sie schnell: »Er ist ein Mistkerl, der mich in Santa Fe oder Taos betrügt. Er hat mich hierhergebracht und hält mich wie eine Gefangene. Und, verdammt noch mal, nun will auch ich ihm Hörner aufsetzen. Mein Freund, Sie kamen mir gerade recht. Oder fürchten Sie sich vor einem Abenteuer mit einer schönen Frau? Ich bin doch eine schöne und begehrenswerte Frau – oder nicht?«
In ihren Augen erkannte ich nun das Glitzern und spürte, was alles sie mir bieten konnte in dieser Nacht. Ja, sie wollte ihren Mann betrügen. Und sie war schön.
Nun, lieber Leser meiner Geschichte, ich war ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren, der fünf Jahre Krieg hinter sich hatte. Ich war weder edel noch gut, sondern hatte einfach nur überleben wollen.
Und so fragte ich: »Wann wird dein Mann heimkommen? Warum ist er fort – und wohin ist er geritten? Habt ihr keine Mannschaft hier? Ist er mit allen Reitern fort?«
Sie lächelte seltsam.
Dann sprach sie: »Wir hatten nur noch drei Reiter. Mehr zu halten lohnt sich nicht, denn es gibt kaum noch Absatzmärkte für Longhorns. Deshalb war Bill Warwick froh, eine Herde zum Reservat bei Fort Vera Cruz bringen zu können – fünfhundert Rinder und drei Dutzend Pferde für die Armee. Ja, er ließ mich hier allein und ist erst eine Woche weg. Wir werden ungestört sein. Und morgen nach dem Frühstück wirst du weiterreiten. Gut so?«
Sie fragte es zuletzt mit einem Locken in der Stimme.
Und mein Instinkt sagte mir, dass sie wahrscheinlich bei aller Schönheit ein Miststück war. Und als könnte sie meine Gedanken erraten oder irgendwie spüren, sagte sie ruhig: »He, wie viele Frauen betrügen auf dieser Erde in dieser Stunde ihre Männer, he, wie viele? Sind es nun Tausende oder Millionen? So ist das Leben. Denn auch sie werden betrogen. Du kannst mich haben für eine Nacht. Ich werde dich beschenken, dem Himmel nahe bringen. Nur ein Feigling würde jetzt davonlaufen.«
Sie verstummte mit einem Klang von Herausforderung in der Stimme. Und das Glitzern und Funkeln in ihren Augen war nun noch stärker als zuvor.
Ich sah auf das Essen vor mir.
Und mein Magen knurrte, denn ich hatte schon zwei Tage nichts gegessen.
Auch eine Frau hatte ich schon lange nicht gehabt.
Verdammt, wenn ihr Mann sie in Santa Fe und Taos betrog, warum sollte sie ihm dann treu sein?
✰
Es war im Morgengrauen, als ich erwachte und an einen schönen Traum dachte.
Doch dann begriff ich in den nächsten Sekunden, dass ich dies alles nicht nur geträumt hatte, sondern dass es Wirklichkeit war.
Denn ich lag nackt in einem breiten Bett und hielt die nackte Mrs Warwick im Arm, deren Vornamen ich immer noch nicht kannte, so wie diese auch meinen nicht.
Draußen begannen die vielen Vogelstimmen den neuen Tag anzukündigen.
Und ich wusste, dass ich jetzt verschwinden sollte ohne Frühstück. Ja, es war wohl besser, wenn ich mich wie ein Dieb davonschlich. Ich konnte mir ja aus der Küche noch etwas Proviant mitnehmen.
Oha, ich hatte noch niemals in meinem Leben solch eine Frau gehabt. Aber ich möchte das, was wir uns gegenseitig schenkten, hier nicht eingehend schildern. Denn ich bin Texaner, der niemals über intime Erlebnisse redet oder gar damit protzt.
Doch so viel sei gesagt. Sie hatte mich ins Paradies geführt, so sehr, dass ich sie gewiss bis an mein Lebensende nicht vergessen würde. Und ich hatte zurückgegeben, was ich bekam. Gewiss würde auch sie diese Nacht nicht vergessen können.
Ich löste mich vorsichtig von ihr, erhob mich vom Bett und begann mich anzukleiden. Und dann veränderte sich plötzlich alles total.
Denn durch das offene Fenster des Schlafzimmers kam nicht nur das erste Licht des beginnenden Tages, sondern auch der trommelnde Hufschlag eines scharf gerittenen Pferdes herein. Ja, es kam ein Reiter.
Wenig später galoppierte er vors Ranchhaus.
Die schöne Venus hinter mir regte sich auf dem Bett.
Draußen röhrte eine heisere Stimme aus einer Kehle, die viel Staub geschluckt hatte: »Hoiii, Pussycat, ich bin wieder da! Ich konnte es nicht erwarten und bin den Jungs davongeritten! Gleich komme ich zu dir ins Bett, Pussycat, mein wilder Engel!«
Der Mann verstummte mit einem gewaltigen Lachen voller Freude und Lust.
Und ich wusste, jener Bill Warwick war vorzeitig zurückgekommen.
Doch das wäre noch nicht wirklich schlimm gewesen, denn ich hatte ja das Pferd hinter dem Haus unter einem großen Cottonwood stehen. Und ich brauchte nur durch die Hintertür und in den Sattel.
Es wäre ganz einfach gewesen.
Doch was ist schon einfach auf unserer Erde und unter uns Menschen.
Denn jene Schöne, die ihr heimkehrender Mann Pussycat nannte, begann plötzlich gellend zu kreischen. Ja, sie kreischte um Hilfe und rief dann: »Bill, ein verdammter Hurensohn ist bei mir! Er hat mich vergewaltigt! Und er trägt einen Revolver! Pass auf dich auf, Bill, denn er ist gefährlich, ein verdammter Satteltramp, gegen den ich hilflos war!«
Sie kreischte es sehr überzeugend heraus, so als befände sie sich in verzweifelter Angst und Not. Und ich wusste, sie war tatsächlich ein verdammtes Miststück, das sich nur selbst retten wollte.
Was sollte ich tun?
Ich konnte immer noch hinten hinaus zu jenen Pferd.
Aber was hätte das genutzt? Mein Vorsprung wäre minimal gewesen.
Jener Bill Warwick hätte mich gejagt.
Und so war es wohl besser, wenn ich vorne hinausging, mich ihm also stellte und versuchte, vernünftig mit ihm zu reden. Denn ich hatte ja seiner Frau nichts angetan, was sie nicht selbst gewollt hatte.
Sie kreischte nicht mehr hinter mir im breiten Bett, auf dem sie sich mir geschenkt hatte. Sie hockte darauf mit angezogenen Knien und hatte die Bettdecke bis unters Kinn gezogen. Im Halbdunkel sah ich ihre grünen Augen glitzern.
In diesen Sekunden spürte ich den Verdacht, dass sie dies alles so gewollt und es sich genau ausgerechnet hatte.
Aber konnte das sein?
Ich sagte zu ihr hinüber: »Dich hat der Teufel auf die Erde geschickt.«
Dann ging ich hinaus auf die Veranda.
Und dann sah ich ihren Mann im grauen Licht der Morgendämmerung.
Er war groß, schwergewichtig, wirkte auf mich wie ein schwarzer Toro, ein wütender Kampfstier also.
Und er sagte kein Wort. Er fluchte und drohte nicht. Er schwieg drei lange, schnaufende Atemzüge lang.
Dann griff er nach seiner Waffe. Und er war schnell, sehr schnell, so schnell wie ein Revolvermann.
Ich ließ ihm den ersten Schuss. Denn ich war ein Texaner, und er hatte als Betrogener einen Anspruch auf ein Duell.
So war das nun mal.
Seine Kugel riss mir das alte Hemd am linken Oberarm auf.
Dann schoss ich. Er hatte seine Chance gehabt. Ich aber wollte mich nicht von ihm erschießen lassen.
Meine Kugel stieß ihn von den Beinen. Er fiel auf den Rücken. Und nun fluchte er mit seinem wahrscheinlich letzten Atem.
Ich ging zu ihm hinunter und kniete neben ihm im Staub nieder.