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G. F. Unger 2269 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Wahrscheinlich war ich einer der letzten Heimkehrer nach dem für den Süden verlorenen Krieg, in den ich als Texaner und junger Bursche hineingeritten war. Jetzt - nach mehr als fünf Jahren - kam ich mir mit einem Schatz an Erfahrungen wie ein doppelt so alter Mann vor. Doch wir alle waren im Krieg älter geworden, sehr viel älter. Und wir Texaner gehörten zu den Verlierern.
Der kleine Ort, in dem ich vor sechsundzwanzig Jahren in einer Hütte geboren wurde, hieß Concho. Wahrscheinlich hatte er sich nicht verändert, war gewiss noch armseliger geworden. Denn Texas war arm geworden, wurde ausgeplündert von den Yankees, die mit ihrer Besatzungstruppe herrschten, wie das alle Sieger taten, seit es Kriege gab. Aber Concho war nun mal meine Heimat gewesen, sozusagen der Nabel unserer Welt damals, zu dem wir ritten, um uns zu amüsieren.
Damals - als ich siebzehn wurde -, da hatten mich die anderen Reiter unserer Mannschaft im Saloon mit Rosy hinaufgeschickt. Und sie hatten das, was ich mit Rosy zum ersten Mal in meinem Leben tat, auch schon im Voraus bezahlt. Das war ihr Geburtstagsgeschenk gewesen ...


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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Jessicas Herde

Vorschau

Impressum

Jessicas Herde

Wahrscheinlich war ich einer der letzten Heimkehrer nach dem für den Süden verlorenen Krieg, in den ich als Texaner und junger Bursche hineingeritten war. Jetzt – nach mehr als fünf Jahren – kam ich mir mit einem Schatz an Erfahrungen wie ein doppelt so alter Mann vor. Doch wir alle waren im Krieg älter geworden, sehr viel älter. Und wir Texaner gehörten zu den Verlierern.

Der kleine Ort, in dem ich vor sechsundzwanzig Jahren in einer Hütte geboren wurde, hieß Concho. Wahrscheinlich hatte er sich nicht verändert, war gewiss noch armseliger geworden. Denn Texas war arm geworden, wurde ausgeplündert von den Yankees, die mit ihrer Besatzungstruppe herrschten, wie das alle Sieger tun, seit es Kriege gibt. Aber Concho war nun mal meine Heimat gewesen, sozusagen der Nabel unserer Welt damals, zu dem wir ritten, um uns zu amüsieren.

Damals – als ich siebzehn wurde –, da hatten mich die anderen Reiter unserer Mannschaft im Saloon mit Rosy hinaufgeschickt. Und sie hatten das, was ich mit Rosy zum ersten Mal in meinem Leben tat, auch schon im Voraus bezahlt. Das war ihr Geburtstagsgeschenk gewesen ...

Ja, Rosy war die erste Frau in meinem Leben. Und nicht ich hatte sie bezahlt. Es war eine schöne Illusion.

Was mochte aus ihr geworden sein?

Nach Rosy hatte es andere Mädchen gegeben, auch Frauen. Denn ich war ja seit Rosy neun Jahre älter geworden, war Tausende von Meilen geritten und hatte gekämpft und für den Süden getötet, war dafür befördert worden. Und einmal hatte mir General Lee, unser Oberkommandierender, die Hand gedrückt. Was hatte ich mich stolz gefühlt!

Erst jetzt wusste ich, dass alles falsch gewesen war. Und das war es immer, wenn Menschen Kriege führten, nur weil ihre Regierenden keine anderen Lösungen finden konnten, also Versager waren.

Die ganze Welt war voll von solchen Versagern, die mit ihren Reden und ihrem Auftreten der großen Herde den Verstand vernebelten.

Nun, lieber Leser meiner Geschichte, warum ich dies alles vorausschicke, bevor ich diese Geschichte erzähle? Ich will damit erkennen lassen, dass ich mit einem reichen Schatz von Erfahrungen und Erkenntnissen über unsere Welt auf meine Heimatweide rings um Concho zurückkam.

Es war etwa drei Meilen vor der kleinen Stadt, die ich schon hinter der Hügelkette wusste, als ich die Versammlung in der Senke sah. Es gab dort einen kleinen See, kaum mehr als ein Teich, der von einer unterirdischen Quelle ständig frisches Wasser bekam, das als dünner Creek nach Norden zu abfloss.

Etwa drei Dutzend Reiter hockten dort um ein glühendes Feuer, über dem sie ein Kalb brieten.

Ja, sie alle waren Reiter, denn ich sah ihre Pferde auf der anderen Seite des Gewässers, das zu groß für einen Teich und zu klein für einen See war.

Ich hielt oben auf dem Hügelkamm an. Auch einige Rinder – sie alle waren mehr oder weniger verwilderte Longhorns – befanden sich in der Nähe. Sie bildeten ein halbes Dutzend Rudel, und sie brüllten böse, weil man sie von der großen Wasserstelle vertrieben hatte.

Ich hatte unterwegs schon Tausende von Rindern gesehen. Sie mussten sich während des Krieges wie Kaninchen vermehrt haben.

Ich glaubte dort unten einige alte Sattelgefährten erkennen zu können, mit denen ich damals vor dem Krieg geritten war, als wir noch junge Burschen waren. Sie waren offenbar noch früher als ich heimgekehrt.

Doch sie alle sahen nicht so aus, als ginge es ihnen gut. Es war eine Horde von abgerissenen Satteltramps dort unten am Feuer. Und sie stillten ihren Hunger an einem Kalb, das herrenlos gewesen war, ein sogenanntes Maverick-Kalb. Denn Mavericks, das waren ungebrändete Rinder, auf die niemand Anspruch erheben konnte.

Ich wollte mein Kriegspferd in Bewegung setzen, um hinunterzureiten und mir ein Stück vom Kalb abzuschneiden, als ich auf der anderen Seite die Reiterin auftauchen und auf dem Rand der Senke anhalten sah.

Heiliger Rauch, ich erkannte sie sofort wieder.

Die Frau dort auf der roten Stute war keine andere als Jessica Halloway, die Tochter meines damaligen Ranchers, und nun war sie kein Mädchen mehr. Ja, da im Sattel saß eine energische Frau. Sie war etwa zwei Jahre jünger als ich.

Als ich mit der ganzen Halloway-Mannschaft in den Krieg ritt, war sie siebzehn und fast schon erwachsen gewesen. Denn mit siebzehn heirateten in Texas viele Mädchen.

Ich konnte erkennen, dass sie mir einen forschenden Blick zuwarf. Doch ich hatte mich in den vergangenen sechs Jahren gewiss sehr verändert, war kein junger Bursche mehr von zwanzig Jahren.

Die Satteltramps dort unten starrten zu ihr hoch, und sie alle erhoben sich, als wollten sie ihrer ganzen Erscheinung Respekt erweisen.

Und dann hörten wir alle ihre Stimme.

Es war eine feste und wohlklingende Stimme, die Stimme einer Frau, die ihren Wert kennt und sich in dieser Welt behaupten kann.

Und ihre Worte, die sie zu der Versammlung dort unten sprach, die waren einfach und klar. Sie sprach zu einem Haufen abgerissener Satteltramps, für die es hier in Texas nirgendwo Arbeit gab. Denn jetzt nach dem Krieg war das Südstaatengeld wertlos geworden, nur Yankeedollars galten etwas.

Sie sprach laut genug zu ihnen hinunter: »Gentlemen, ich bin Jessica Halloway. Einige von euch kennen mich gewiss noch von früher, andere haben von mir gehört. Wir befinden uns hier auf Halloway-Weide. Und das Brandzeichen auf den alten Longhorns ist der ›Rocking Chair‹, der Schaukelstuhl. Ich stelle Herdentreiber ein. Aber zuerst muss die Treibherde gebrändet werden. Es gibt also Arbeit für Gentlemen, die echte Ritter der Weide sind – oder es wieder sein wollen. Wer auf meine Lohnliste will, der soll zur Halloway Ranch kommen. Ich reite jedoch erst in die Stadt, um die neuen Brandeisen zu holen.«

Nach diesen Worten zog sie ihr Pferd herum und verschwand vom Rand der Senke.

Auch ich ritt vom Hügelkamm.

Und eine Viertelmeile weiter trafen wir uns auf dem Reit- und Fahrweg nach Concho.

Unsere Pferde beschnupperten sich fast wie Hunde. Aber mein Kriegspferd war ein Wallach. Der konnte mit einer schönen Stute nichts mehr anfangen.

Bei mir war es anders. Denn diese Jessica Halloway war mir damals schon in meinen Träumen erschienen.

Sie lächelte mich an und sprach: »Ich habe dich sofort erkannt, Jim Maddegan.«

Ja, das war mein Name: Jim Maddegan.

Wir betrachteten uns wortlos eine Weile, sahen uns in die Augen und lauschten auf unseren Instinkt. Was ließ er uns spüren? War es gut oder schlecht?

Ich konnte fast körperlich spüren, wie sie mit ihrem Instinkt in mich einzudringen versuchte, sich dabei fragte, was wohl in all den Jahren aus mir geworden war.

Aber sie hatte mich von Anfang an mit du angeredet, so wie damals, als ich der jüngste Reiter in der Rocking-Chair-Mannschaft war und sie noch ein junges Ding, das Spaß daran hatte, allen jungen Reitern den Kopf zu verdrehen.

Nun, ich spürte also die Strömung, die von ihr ausging und mich zu erforschen versuchte, indes ich ihr Gesicht betrachtete und darin zu lesen versuchte.

Es war das Gesicht von einer starken, eindringlichen Schönheit, die das Leben formte, ein Gesicht mit einem lebendigen Mund, grünen Augen und großzügigen Konturen.

»Jim Maddegan, warum hast du dich damals nicht an mich herangewagt?«, fragte sie mich plötzlich. »Ich habe damals darauf gewartet.« Sie verstummte mit einem nachsichtigen Lächeln auf ihren vollen Lippen.

Ich musste etwas mühsam schlucken und sah in ihren Augen eine belustigte Herausforderung.

»Ich war damals noch ein dummer Junge«, erwiderte ich. »Und deine Schönheit machte dich für mich unerreichbar. Wir alle beteten dich an wie einen Engel, der auf die Erde niederkam. Und dabei kamst du nur aus Galveston von einem vornehmen Internat. Du warst für uns eine unberührbare Göttin. Ich kann es nicht anders erklären.«

Sie legte den Kopf in den Nacken und brach in ein fröhliches Lachen aus. Nein, es war kein spöttisches Lachen.

Dann fragte sie plötzlich ernst: »Und jetzt, Captain Maddegan, was ist jetzt?«

Sie wusste also, dass ich Captain geworden war, und sie erkannte auch sofort die Frage in meinem Blick.

Lächelnd sprach sie: »Wir hörten immer wieder von heimkehrenden Soldaten der Texas-Brigade von deinen Taten. Du bist in diesen Jahren nicht nur ein Mann geworden, sondern ...«

»Hör auf«, unterbrach ich sie. »Das ist vorbei. Jetzt bin ich wieder ein Cowboy, aber ohne Job, eigentlich ein Satteltramp. Ich bin nicht mehr stolz darauf, dass ich mit meinen Leuten viele Yankees getötet habe. Es war ein verdammter Job.«

Wir ritten wieder an, hielten uns Steigbügel an Steigbügel und hatten die Hügelkette vor uns, hinter der die kleine Stadt Concho am Concho River lag.

Nach einer Viertelmeile fragte ich: »Was ist mit deinem Vater, Pug Halloway?«

»Er starb im vergangenen Jahr. Wir brachten einen Wagenzug nach Galveston, wo er die Fracht an ein Seeschiff abgeben sollte. Es war dringend benötigter Nachschub für unsere Armee – also haltbarer Proviant, Ausrüstung jeder Art und auch Baumwolle und vor allen Dingen Stiefel. Viele von euch liefen ja schon barfuss. Nun, als ein Wagenrad brach, versuchte er den Wagen anzuheben. Dabei platzte ihm vor Anstrengung die Hauptschlagader. Aber die Fracht des Wagenzugs hätte unsere Armee ohnehin nicht erreicht. Der Mississippi war schon in der Hand der Unionstruppen. Kein Seeschiff konnte von New Orleans mehr stromauf. Der Krieg war verloren. Wir haben meinen Vater dort am Wagenweg beerdigt und das zerbrochene Rad auf sein Grab gelegt. Dann wurden wir von einer Guerillabande angegriffen.«

Sie verstummte hart und klirrend. Ihre Stimme hatte sich verändert.

Dann ritten wir wieder schweigend, und als wir oben auf dem Kamm der zerhackten Hügelkette waren, da hielten wir an und sahen Concho zu unseren Füßen – auch den Fluss, der im Sonnenlicht glänzte.

Jessica sagte dann ganz ruhig: »Jim Maddegan, hilf mir.«

Ich sah sie von der Seite her an, und auch sie wandte mir ihr Gesicht zu, ließ mich wieder in ihre grünen Augen sehen.

»Dich hat der Himmel heimkehren lassen«, murmelte sie. »Ich glaube an ein Schicksal, das unsere Wege bestimmt. Und dieses Schicksal hat dich zu einem Kriegshelden werden lassen, der auch andere Aufgaben übernehmen und meistern kann. Ich habe mir von Urlaubern und Heimkehrern viel über dich erzählen lassen. Und manchmal bekamen wir auch die Zeitungen von den Kriegsschauplätzen. Jim Maddegan, ich weiß eine Menge über dich. Hilf mir!«

»Wobei?«

»Ich muss eine Herde von Mavericks bränden und nach Kansas treiben. Nur mit dem Erlös aus dieser Herde kann ich unsere Ranch wieder aufbauen und eine starke Mannschaft für die Rocking Chair reiten lassen. Verdammt, hilf mir, Jim Maddegan! Wer sonst könnte das tun? Denn was sonst – wenn nicht der Wille eines Schicksals – hätte dich in dieser Stunde mit mir zusammengeführt?«

Als sie verstummte, da hatte sie alles gesagt, und ich wusste, sie würde nun nicht mehr bitten oder gar betteln. Nun lag es bei mir.

Ich dachte nach. Meine Gedanken und Gefühle bildeten einen Moment ein Durcheinander.

Doch dann blickte ich wieder auf Concho nieder und wusste plötzlich, warum ich heimgekehrt war in dieses Land. Es war irgendein Gefühl in mir gewesen, das mich dazu brachte. Und diesem Gefühl war ich gefolgt, obwohl es besser für mich gewesen wäre, einen Bogen um Texas zu reiten und im Norden nach Chancen zu suchen. Denn das taten jetzt Tausende von Texanern.

Ich sah auf die kleine Stadt unter uns und erkannte, wie armselig sie wirkte.

Und so war es in ganz Texas. Nur mit Yankeedollars würde es anders werden. Das hatte Jessica erkannt.

Ich sah sie an und sprach: »Das wird ein Treiben von mehr als tausend Meilen. Wie willst du das bezahlen? Wir würden Ausrüstung, Proviant und zumindest zwei Wagen brauchen, auch viele Pferde. Selbst wenn du Treiber findest, werden sie nichts anderes als Satteltramps sein. Hast du einen Geldgeber, den du am Gewinn – wenn du es schaffst mit einer Treibherde – beteiligen musst?«

Sie sah mich mit funkelnden Augen an. Ja, es war ein triumphierender Ausdruck in ihrem Blick.

»Ich habe Geld«, sprach sie dann. »Vor zwei Tagen kam ich mit der Postkutsche aus Galveston zurück. Dort verkaufte ich den Familienschmuck meiner Mutter, den wir in unserem Garten vergraben hatten. Ich habe Geld.«

Wieder sah ich in ihre Augen. Und da konnte ich nicht anders. Ja, ich nickte und sagte: »Wir könnten es zumindest versuchen.«

In ihren Augen war nun das Funkeln noch stärker als zuvor.

Ich begriff, dass sie sich nach ihrem kurz entschlossenen Handeln – was mich betraf – so fühlte, als hätte sie einen wichtigen Sieg errungen.

Wenig später ritten wir in die Stadt. Ja, Concho war richtig armselig geworden. Ein Hund kam hoffnungsvoll zu uns, aber er bellte nicht, begleitete uns nur zum Store.

Und hier sah ich den alten Henry Stuart wieder, der schon damals den Store betrieb. Er saß vor dem Store auf der Veranda in einem Schaukelstuhl.

Er erkannte mich sofort und rief halblaut zu mir herüber: »He, Captain, warum bist du zurückgekommen in diese sterbende Stadt?«

Ich grinste ihn vom Sattel aus an, bevor ich absaß.

Aber ich hörte Jessica neben mir sagen: »Henry Stuart, heute ist ein Glückstag für Sie. Denn Sie können heute verkaufen, was Sie für Rebellengeld nicht hergeben, aber für Yankeedollars. O ja, ich weiß, dass Sie im Lagerschuppen und im Keller noch eine Menge Schätze haben, von der gesalzenen Speckseite und all dem anderen Proviant bis zu Hülsenfrüchten, Zucker, Mehl, Trockenobst und auch Decken, Kleidung und all den vielen Dingen. Ich habe eine lange Liste. Wir holen einen Wagen vom Wagenhof beim Mietstall. Haben Sie gehört, Mister Stuart, ich zahle mit Yankeedollars!«

Und da sprang der alte Henry Stuart hoch, als wäre ihm der Sitz zu heiß, etwa so heiß wie eine Ofenplatte, auf der man eine Bratpfanne für ein Steak erhitzte.

Jessica und ich, wir lachten. Und dann machten wir uns auf den Weg, um einen Wagen und ein Gespann zu kaufen. Und es musste ein guter Wagen sein, der mehr als tausend Meilen durchzuhalten hatte.

Ja, Jessica und ich, wir waren in guter Stimmung und hatten uns in unser Vorhaben verbissen. Wir hatten ein Ziel. Und Jessica hatte mich.

Ob sie auch mit mir ins Bett gehen würde?

Dies fragte ich mich. Denn ich war ja kein Heiliger, der im Zölibat lebte. Ich war verdammt hungrig nach einer Frau.

Henry Stuart rief uns nach: »Seht euch vor, im Saloon sind ein paar böse Pilger!«

Ich blickte über die Straße und sah vor dem Saloon drei staubige Sattelpferde, die rau geritten worden waren. Sie hatten blutige Flanken. Ihre Besitzer mussten wahrhaftig böse Pilger sein, vielleicht Langreiter auf der Flucht.

Wir mussten also die Warnung des Storehalters ernst nehmen.

Nebeneinander schritten Jessica und ich in Richtung Wagenhof. Gewiss waren wir ein prächtiges Paar. Da und dort traten Leute aus den Häusern und Hütten oder saßen auf den schattigen Veranden.

In der kleinen Stadt war es still. Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt längst überschritten und brannte immer noch wie um die Mittagszeit. Die Hitze flimmerte über der staubigen Hauptstraße.

Nach etwa hundert Schritten wollten wir am Saloon vorbei.

Dort hatte sich ein Mann bei unserer Annäherung von einem Schaukelstuhl auf der Veranda erhoben, war zum offenen Eingang getreten und hatte etwas hineingerufen.

Und so kam alles in Gang.

Man hatte uns ja schon hereingeritten kommen sehen. Und Jessica sah wunderschön aus im Sattel. Ja, sie schien mit dem Pferd verwachsen zu sein.

Und nun sahen sie diese herrliche Frau neben mir durch den fast knöcheltiefen Staub der Straße schreiten, so leicht und geschmeidig wie auf glattem Parkett.

Ja, sie kamen aus dem Saloon und versperrten uns den Weg.

Einer sagte, wobei er seinen Hut schwenkte und nachdem er eine tiefe Verbeugung machte: »Es gibt immer wieder Wunder auf unserer Erde. Lady, Sie sind die schönste Frau, die wir jemals auf unseren Wegen zu sehen bekamen. Ihr Anblick versöhnt uns mit all dem Verdruss auf dieser Erde. Und deshalb möchten wir Sie zu einem Drink und freundlichen Zusammensein einladen. Kommen Sie mit uns in den Saloon. Der Wirt hat vorhin schon auf unser Bitten die besten Flaschen aus dem Versteck geholt. Sie werden ...«

Ich unterbrach ihn nun, denn es wurde Zeit, ihn aufzuhalten.

Und so sagte ich: »Freund, die Lady dankt für die Einladung, doch sie muss aus Zeitgründen ablehnen. Wir haben was anderes vor.«

Sie grinsten mich an, und sie gehörten zu der harten und gnadenlosen Sorte. Gewiss hatten sie als Guerillas während des Krieges im Hinterland der Armeen geraubt und zerstört, geplündert und gemordet.

Und jetzt wollten sie Spaß mit einer schönen Frau, den gleichen Spaß, den sie während des Krieges sehr oft mit Frauen hatten.

Mir war von Anfang an klar, dass ich kämpfen musste. Diese Hartgesottenen fühlten sich als die Herren der kleinen Stadt Concho. Hier wollte sich keiner mit Revolverschwingern anlegen. Die meisten Männer hier waren alt. Concho war mehr oder weniger wehrlos. Drei gefährliche Schießer konnten sich hier als Herrscher fühlen.

Ihr Sprecher sagte kalt: »Schleich dich, wenn du am Leben bleiben willst. Überlass uns die Schöne. Du bekommst sie nach unserer Feier zurück. Wir können ohnehin nicht mehr lange in dieser armseligen Stadt bleiben. Du musst nur zwei oder drei Stunden warten. Schleich dich oder kämpfe!«

Es war nach seinen Worten plötzlich alles klar. Ich hatte also keine Wahl, wollte ich ihnen Jessica nicht überlassen.

Und so konnte der Kerl vor mir nicht einmal über mein schnelles Ziehen staunen.

Denn er starb stehend. Und weil mir keine andere Wahl blieb, schoss ich weiter. Nur einer bekam seine Waffe noch heraus, den Lauf aber nicht mehr hoch genug, sodass die Mündung auf mich zeigte.

Er schoss nur vor meinen Füßen in den Staub.

Und dann war es vorbei.

Der Saloonbesitzer kam heraus, hielt eine abgesägte Schrotflinte in den Händen. Er sah mich an und nickte mir zu.