1,99 €
Jim Buckmaster ist ein junger grauäugiger, rotköpfiger und sehr magerer Bursche. Sein altes Hemd und die noch ältere geflickte Hose sind ihm viel zu weit. »Ich sehe einen Reiter!«, ruft er über die magere Schulter nach hinten zu den wartenden Männern im Schatten der halb offenen Scheune. »Das ist Quean! Ja, er muss es sein! Schwarzes Pferd und schwarze Kleidung! Ich sah ihn schon einmal in Elkhorn, drüben in Nebraska. Ja, es ist Quean! Aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir nicht! Selbst vor einem solch erbarmungslosen Revolvermann lassen wir uns nicht einschüchtern!«
Er wischt sich erregt über sein sommersprossiges Gesicht, dieser magere, hagere Junge, der eines Tages krank und elend zu den Wagoners kam.
Viel lieber würde er ein Mann sein, wie jener, den er da heranreiten sieht. Ganz allein kommt dieser Reiter. Die letzten zwanzig Yards reitet er im Schritt. Als er anhält, ist sein Abstand von der zusammengedrängten Männergruppe weit genug.
Jim hört Quean zu den dicht gedrängten Siedlern sagen: »Die Viehzüchterbank hat eure Schuldscheine gekauft. Da ihr im vergangenen Jahr wegen der Ernteausfälle keine Zinsen zahlen konntet, ging eure Bodenverwertungs-Bank pleite. Ich fange morgen damit an, bei euch die Gelder einzutreiben. Da ihr länger als ein halbes Jahr die Zinsen für eure Darlehen schuldig geblieben seid, können die Darlehen und Kredite gekündigt werden. Wer morgen nicht zahlen kann, den werfe ich raus. Hat noch jemand eine Frage?«
Sie schweigen. Nein, sie haben keine Frage mehr ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 161
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Sein gefährlicher Partner
Vorschau
Impressum
Sein gefährlicher Partner
Jim Buckmaster ist ein junger grauäugiger, rotköpfiger und sehr magerer Bursche. Sein altes Hemd und die noch ältere geflickte Hose sind ihm viel zu weit. »Ich sehe einen Reiter!«, ruft er über die magere Schulter nach hinten zu den wartenden Männern im Schatten der halb offenen Scheune. »Das ist Quean! Ja, er muss es sein! Schwarzes Pferd und schwarze Kleidung! Ich sah ihn schon einmal in Elkhorn, drüben in Nebraska. Ja, es ist Quean! Aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir nicht! Selbst vor einem solch erbarmungslosen Revolvermann lassen wir uns nicht einschüchtern!«
Er wischt sich erregt über sein sommersprossiges Gesicht, dieser magere, hagere Junge, der eines Tages krank und elend zu den Wagoners kam.
Viel lieber würde er ein Mann sein, wie jener, den er da heranreiten sieht. Ganz allein kommt dieser Reiter. Die letzten zwanzig Yards reitet er im Schritt. Als er anhält, ist sein Abstand von der zusammengedrängten Männergruppe weit genug.
Jim hört Quean zu den dicht gedrängten Siedlern sagen: »Die Viehzüchterbank hat eure Schuldscheine gekauft. Da ihr im vergangenen Jahr wegen der Ernteausfälle keine Zinsen zahlen konntet, ging eure Bodenverwertungs-Bank pleite. Ich fange morgen damit an, bei euch die Gelder einzutreiben. Da ihr länger als ein halbes Jahr die Zinsen für eure Darlehen schuldig geblieben seid, können die Darlehen und Kredite gekündigt werden. Wer morgen nicht zahlen kann, den werfe ich raus. Hat noch jemand eine Frage?«
Sie schweigen. Nein, sie haben keine Frage mehr ...
Jim Buckmaster beobachtet sie genau. Er erkennt ihre Feigheit.
Und da sieht er, wie Abe Wagoner die Schrotflinte hebt und damit auf Queans Rücken zielt.
Doch Quean, der hinten ganz gewiss keine Augen hat, besitzt offensichtlich einen besonderen Instinkt. Durch den Hufschlag seines Pferdes konnte er auch gewiss nicht das Zurücklegen der beiden Hähne hören.
Und dennoch wirft er sich plötzlich aus dem Sattel, bringt es fertig, sich herumzuwerfen, bevor er den Boden berührt – und indes die Parker-Schrotflinte kracht und beide Ladungen sein Pferd treffen, bleibt er selbst am Boden unverletzt und schießt.
Er schießt nur einmal.
Dann lässt Abe Wagoner die Schrotflinte fallen und fällt auf die Knie.
Quean wendet sich an Jim Buckmaster.
»Bring mir ein Pferd, Junge! Das beste Pferd bringst du mir – sofort!«
Und Jim Buckmaster läuft.
Auch alle anderen Männer laufen. Sie wollen fort. Denn Quean winkte ihnen unmissverständlich mit dem Revolver. Sie haben begriffen und verlassen auf ihren schweren Pferden die Siedlerstätte.
Jim Buckmaster eilt zu Wagoners Corral, um dessen Pferd zu holen.
Indes sieht Quean zu, wie Wagoners Frau und die beiden Jungen zu Abe Wagoner laufen, bei diesem niederknien und sich um ihn bemühen.
»Ich schoss ihn nur in die Schulter, diesen Narren«, sagt Quean. »Doch ich hätte ihn leicht töten können, Madam. Wie konnte er glauben, mich von hinten mit seiner Schrotflinte erwischen zu können? Dabei hatte ich ihm vorher angesehen, dass er es als Einziger dieser Narren wagen würde, weil sein Zorn größer war als seine Angst. Bist du sein Sohn?«
Jim Buckmaster schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt er. »Ich kam wie ein kranker Hund vor seine Tür, und Hilfe findet man leichter bei den Kleinen und Armen. Ich half ihnen bei der Arbeit, nachdem ich gesund wurde. Mein Vater war wie er, und meine Mutter war so eine Frau wie seine.«
Und dann murmelt Quean: »Ich sah es dir von Anfang an, Junge. Du hieltest dich etwas abseits, und du schämtest dich, nicht wahr? Und seit diesem Tag ist der heiße Wunsch in dir, nicht einer von ihrer Sorte zu werden. Ist es so?«
»Yes, Sir!« Jim Buckmaster nickt. »Ich möchte ein Reiter sein wie Sie, Sir – ein Reiter auf einem herrlichen Pferd und mit einem Colt. Ich möchte ein Mann werden, den niemand herumstoßen kann. Ein freier Mann.«
✰
Es ist ein Jahr später, als Jim Buckmaster mit einer Treibmannschaft von Texas den Chisholm Trail herauf nach Abilene kommt. Es ist eine mächtig große Herde, die sie mit drei Dutzend Treibern treiben.
Doch Jim Buckmaster ist kein Treiber. Er ist der Gehilfe des Kochs, mehr nicht.
Seit einiger Zeit besitzt er aber einen Colt. Er erbte ihn von einem Treiber, der unterwegs starb. Da man wenig von ihm wusste, teilte man seine wenige Habe innerhalb der Mannschaft. Weil Jim Buckmaster noch keinen Colt besaß, überließ man ihm die Waffe des Toten.
Wenn es irgendwie möglich war, übte er das schnelle Ziehen und Anschlagen. Und einige Male war es auch möglich für ihn, zu schießen, ohne die Herde zu erschrecken.
Von seinem Herdenboss erhielt er außer seinem Lohn auch noch ein Pferd mit Sattel.
Am dritten Tag sieht er Quean in die Stadt kommen.
Und neben Quean reitet ein Mann, dessen Handgelenke zusammengebunden sind. Auch die Füße wurden ihm unter dem Pferdebauch miteinander verbunden.
Einer der Deputys tritt aus dem Gefängnis. Er blickt auf Quean, dann auf den Gefangenen und spuckt zur Seite.
Jim Buckmaster, der sich indes auf dem Plankengehsteig nähert – wie so viele andere Neugierige – hört den Deputy sagen: »Das ist gut, Quean. Dies ist Fess Dalton. Ich kenne ihn gut genug. Das ist ein feiner Fang. Als Fess Dalton hier ausbrach, ließ er einen toten Deputy zurück. Dieser Deputy war mein Freund. Nun, bringen wir ihn in unsere beste Zelle. Und diesmal entkommt er dem Galgen nicht noch einmal, das schwöre ich.«
Ja, das ist es, denkt Jim Buckmaster. Wenn man ein Mann wie Quean ist, kann man Verbrecher einfangen, auf deren Einbringung hohe Prämien ausgesetzt sind.
Seit diesem Tag lässt Jim Buckmaster Quean nicht mehr aus den Augen. In einiger Entfernung folgt er Quean überall hin und beobachtet ihn scheinbar unauffällig.
Doch er ist nicht der einzige Mensch, für den Quean so interessant ist. Es gibt da noch andere Männer, die ihn beobachten wie Coyoten einen Puma oder besonderen Büffelwolf. Revolverschwinger sind es, die davon träumen und es sich heiß wünschen, sie könnten so werden wie er, ein Großer in der Gilde der besonderen Revolvermänner.
Auch Jim Buckmaster gehört zu ihnen.
Quean aber ist längst nicht mehr in Abilene. Wie ein einsamer Wolf reitet er in die Hügel, um irgendwo ein verborgenes Camp aufzuschlagen.
✰
Bald muss Jim es aufgeben, Quean weiter zu folgen. Denn es ist sehr gut möglich, dass Quean nach Anbruch der Dunkelheit seine Richtung völlig änderte.
Plötzlich sieht Jim im Sternenlicht, wie sein Pferd die Ohren nach vorn richtet. Er hält sofort an und gleitet aus dem Sattel. Sein rascher Griff auf die Nase des Tieres erfolgt schnell genug, um ein Schnauben oder gar Wiehern zu verhindern.
Dafür hört er das Schnauben eines anderen Pferdes. Er lauscht noch eine Weile und wird sich darüber klar, dass dort vor ihm in dem dunklen Wäldchen einige Pferde sind.
Als er näher heranschleicht, sieht er, dass es drei erstklassige Sattelpferde sind.
In etwa einer knappen halben Meile Entfernung krachen plötzlich Revolverschüsse. Sie fallen in schneller Folge, und es sind zumindest vier Revolver, die da sprechen.
Manchmal gibt es Pausen, und Jim kann sich vorstellen, was dort bei Queans Camp vor sich geht.
Als er anhält, um zu lauschen, hört er einen keuchenden Mann angelaufen kommen.
Jim begreift, dass der Mann auf der Flucht ist und zu den Pferden will.
Einen Moment ist er versucht, sein Pferd stehen zu lassen und dem keuchenden Flüchtling den Weg zu verlegen.
Doch der Mann hat bereits die Pferde erreicht, ist aufgesessen und reitet davon. Er treibt die beiden anderen Pferde vor sich her, muss deren Zügelenden mit blitzschnellen Griffen von dem Ast gelöst haben, an dem sie festgebunden waren.
Als Jim Buckmaster ihn davonreiten hört, kehrt er zu seinem Pferd zurück und führt es aus dem Wäldchen heraus.
Er ruft dann: »Mister Quean! Mister Quean!«
»Das war dein Glück, Junge!«, sagt da eine Stimme hinter ihm. »Ich hätte dich fast für Sid Dalton gehalten, der mir soeben entkam. War er es, der davonritt?«
»Ich weiß nicht, wer der Mann war – doch er nahm auch die beiden anderen Pferde mit«, erwidert Jim.
Quean ist nun bei ihm angelangt. Er hält einen seiner beiden Colts schussbereit in der Hand, und obwohl er gewiss nicht langsamer gelaufen ist als der von ihm Verfolgte, keucht er nicht so wie dieser. Sein Atem geht gleichmäßig. Er muss sich in einer außergewöhnlich guten körperlichen Verfassung befinden, die es ihm gestattet, mühelos wie ein Apache laufen zu können.
Er lauscht, und er hört noch den Hufschlag der drei Pferde.
»Gib mir deinen Gaul, Junge«, entschließt er sich. »Denn sie haben mein Tier erschossen. Es ist gewiss Sid Dalton, der mir entkommen ist. Gib mir dein Pferd. Denn auch ihn will ich noch ...«
Indes er diese Worte spricht, nimmt er Jim die Zügel aus der Hand und wirft sich mit einem Comanchen-Sprung in den Sattel, reißt das Tier auf der Hinterhand herum und lässt es in die nun heller gewordene Nacht stürmen.
Jim Buckmaster lauscht bewegungslos und überlegt, was zu tun ist.
Dann geht er weiter in die Richtung, wo Queans Camp liegen muss und sich der kurze und dennoch so furchtbare Kampf abgespielt hat.
Und er findet nacheinander zwei tote Männer. Und in der Decke an Queans Lager sind ein halbes Dutzend Kugellöcher.
Jim Buckmaster begreift erst jetzt richtig Queans Spiel.
Quean hatte Fess Dalton gefangen und nach Abilene gebracht. Und er hatte sich ausgerechnet, dass Fess Daltons Brüder schon hinter ihm her waren.
Bald darauf hört Jim ein Pferd kommen. Doch das Tier wird nicht von einem Reiter geritten. Es kommt ledig herbei, angelockt sicherlich durch den hellen Feuerschein.
Es muss eines der Pferde sein, die Sid Dalton mitgenommen hatte. Wahrscheinlich ließ er sie bald frei, weil sie ihn bei der Flucht behinderten.
Jim überlegt nicht lange. Er schwingt sich auf das Pferd und reitet in die Richtung, in die Dalton und Quean verschwunden sind. In der Dunkelheit kann er nicht schnell reiten, und erst nach zwei Stunden sieht er vor sich etwas Dunkles auf dem Boden liegen.
Es ist sein eigenes Pferd, das er Quean geliehen hat.
Es ist tot, weil es sich die Vorderbeine gebrochen und jemand ihm dann eine Kugel in den Kopf geschossen hat.
Warum es sich die Beine brach, ist für Jim schnell herauszufinden. Denn quer über einen schmalen Pfad wurde ein Lasso gespannt, in das das Tier rannte. Es stürzte schlimm. Das Lasso riss entzwei.
Er fragt sich, was wohl aus Quean wurde, dessen Pferd hier gestürzt ist.
Einen Moment denkt er darüber nach, dass sogar der große Quean in eine Falle reiten konnte.
Jim Buckmaster entschließt sich, weiterzureiten.
Unterhalb eines Hügelkamms sitzt er ab und lässt sich auf Hände und Knie nieder. Nachdem er weit genug über den Kamm gekrochen ist, sodass er hinunter in die Senke blicken kann, sieht er das Feuer dicht bei der Wasserstelle, erkennt ein Pferd und sieht die beiden Männer.
Quean kauert am Boden. Er ist ganz offensichtlich verletzt und wahrscheinlich fast hilflos in Sid Daltons Gewalt.
Dalton aber steht beim Feuer, starrt auf Quean und spricht wahrscheinlich zu ihm.
Plötzlich holt er mit einer Bullpeitsche aus und schlägt zu. Das Klatschen schallt bis zu Jim herauf, und er weiß genau, wie höllisch diese Bullpeitschen sind. Jim Buckmaster begreift, was Quean dort unten ertragen muss.
Jim Buckmaster überlegt nicht lange.
Als er nahe genug heran- und heruntergekommen ist, hockt er sich hinter einen Busch.
Quean sieht übel aus. Er blutet unter seiner zerfetzten Kleidung. An seiner Schläfe bis hinauf zur Stirn ist eine blutige Abschürfung.
Er erhebt sich plötzlich mit einem Ruck, will gegen Sid Dalton anstürmen, doch dieser trifft ihn abermals mit der Peitsche.
Da hält Quean inne. Schwankend steht er da und stöhnt.
Es wäre leicht für Jim Buckmaster, den Banditen in den Rücken zu schießen. Er bekäme in Abilene oder sonst wo die Belohnung auch dann, wenn er Sid Dalton mit einem Kugelloch im Rücken ablieferte.
Aber er bringt nun die Kraft auf, sich hinter dem Busch zu erheben und mit fester Stimme zu sagen: »Es ist leicht, einen wehrlosen Mann zu schlagen. Vielleicht versuchst du es mal mit mir, Mister?«
Sid Dalton wurde beim Klang der Stimme steif, er wendet den Kopf nach allen Seiten, um herauszufinden, ob er eingekeilt ist.
»Du kannst dich ruhig umdrehen. Ich bin allein und gebe dir deine Chance.« So spricht Jim Buckmaster. Seine Stimme klingt spröde, doch beherrscht.
»Ach«, sagt Sid Dalton, als er ihn sieht, was er im Mondlicht und dem Feuerschein gut kann, »ach, du bist ja noch ein Junge! Geh heim zu deiner Mami! Wahrscheinlich bist du einer von den Narren, die Quean bewundern und so werden wollen wie er.«
»Nein«, sagt Jim Buckmaster.
Dann sieht er an Sid Daltons Schulterbewegung, dass dieser den Revolver zieht. Er schnappt gleichfalls zur Waffe, und er ist so schnell wie noch niemals zuvor bei seinem Üben.
Er hat den Revolverlauf noch nicht hoch, als er schon in Sid Daltons Mündungsfeuer sieht.
Eigentlich müsste er einen Sekundenbruchteil später tot sein.
Doch Sid Dalton, der auf diese Entfernung sonst jede Flasche oder Konservendose treffen kann, trifft diesmal nicht. Als der Junge seinen Revolver hochbringt und abdrückt, da ist es für Sid Dalton zu spät. Er feuert zwar noch, doch er wird einen winzigen Sekundenbruchteil vorher getroffen und halb herumgestoßen.
✰
Als die Schüsse verklungen sind, bleibt es noch lange still. Quean hat sich erhoben. Schwankend steht er da, und sein rechter Arm hängt verdreht herab.
»Komm her, Junge«, sagt Quean. »Komm her und renke mir den rechten Flügel wieder ein. Komm!«
Jim Buckmaster weiß, wie man ausgerenkte Glieder wieder einrenkt.
Er handelt schnell, fasst zu und bringt es mit einem einzigen Zugreifen und Hochreißen des Arms fertig, ihn im Schultergelenk wieder einspringen zu lassen.
Quean stößt ein wildes, schmerzvolles und bösartiges Knurren aus.
Jim holt das andere Pferd, bindet den toten Sid Dalton darauf und besteigt sein Tier.
Er lässt Quean allein am verlöschenden Feuer zurück, nachdem er ihn mit einer Decke zugedeckt und ihm ein Gewehr, die geladenen Colts und eine Flasche mit Wasser hingelegt hat.
Er reitet zurück zu Queans Camp. Dort hat sich inzwischen auch das dritte Pferd eingefunden. Auf dieses Tier bindet er die beiden anderen Toten. Einer ist Kern Dalton, der andere Mann ein Bandit mit Namen Ringo Lane, auf den ebenfalls eine Belohnung ausgesetzt ist.
Und dann macht er sich auf den Weg nach Abilene.
✰
»Dies ist der Rest der Fess-Dalton-Bande«, sagt Jim dort zu dem Deputy. »Ich bin gekommen, um die Belohnungen zu kassieren.«
Der Deputy Sheriff betrachtet ihn staunend. Inzwischen kommt auch seine Ablösung herbei. Einige Frühaufsteher der Bürgerschaft folgen. Sie alle starren den jungen, hageren, rotköpfigen Burschen an, der mit drei Toten vors Gefängnis geritten kam. Der erste Deputy leckt sich über die Lippen.
»He, Junge«, beginnt er, »du willst doch wohl nicht behaupten, dass du ...«
»Nennen Sie mich nicht Junge«, schnappt Jim Buckmaster dazwischen. »Mein Name ist Buckmaster, Jim Buckmaster. Sie sind doch der hiesige Gesetzesvertreter. Wollen Sie die steckbrieflich gesuchten Banditen übernehmen oder nicht?«
Die beiden Deputys tauschen einen Blick aus.
Wenig später bekommt Jim insgesamt fünftausend Dollar ausgezahlt, schwingt sich auf eines der drei Pferde und reitet aus der Stadt. Die beiden anderen Pferde nimmt er an den langen Zügelleinen mit.
Die beiden Deputys stehen vor dem Gefängnis und blicken ihm nach. Einer spricht nachdenklich: »Er rettete Quean das Leben – aber wie wird Quean es ihm danken?«
Der andere schüttelt leicht den Kopf.
»Quean«, sagt er, »konnte nicht kommen, um sie abzuliefern. Der Junge tat es – dieser magere, rotköpfige und stolze Junge, der zum ersten Mal getötet hat und danach noch nicht zum Nachdenken kam. Ich denke, dass Quean ein verwundeter Wolf ist, der sich in eine Höhle verkroch und noch eine Weile seine Wunden lecken muss. Er braucht diesen Jungen jetzt. Ein einsamer Wolf wie er braucht einen Partner. Ich glaube, wir werden noch eine Menge von diesem Jim Buckmaster hören. Schade, dass er Queans Partner wurde. Dies muss ihn früher oder später in eine Hölle führen, aus der es kein Entweichen gibt. Schade um den Jungen, der daran glaubt, dass man als Quean wie ein König leben könnte.«
✰
Am späten Nachmittag trifft Jim Buckmaster bei Quean ein, und Quean ist zwar wach, doch glänzen seine Augen fiebrig. Er trank auch schon die Wasserflasche leer und hatte wahrscheinlich nicht die Kraft, die paar Yards bis zur Wasserstelle zu kriechen, um sie neu zu füllen.
Doch in seinen fieberglänzenden Augen ist jener Ausdruck, der erkennen lässt, dass sein Verstand noch scharf und folgerichtig arbeitet.
»Ich habe die Banditen nach Abilene gebracht und für uns die Belohnung kassiert«, sagt Jim Buckmaster zu ihm. »Für Sid und Kern Dalton gab es je zweitausend Dollar Belohnung. Für Ringo Lane tausend. Zweitausend Dollar gehören mir. Oder gibt es einen Zweifel daran?«
Queans graue Augen werden schmal.
»Nein«, sagt er. »Doch du bist ein verdammter Narr, Junge! Ich wette, dass jetzt schon mehr als ein ruhm- oder rachsüchtiger Bursche auf deiner Fährte reitet. Denn diese Fährte muss zu mir führen. Du Narr!«
Obwohl er sich bisher krank und elend fühlte, voller Fieber glüht und auch nicht die Kraft finden konnte, zur Wasserstelle zu kriechen, ändert sich dies plötzlich.
»Los, Junge, pack den Krempel zusammen, damit wir losreiten können«, sagt Quean rau.
Jim Buckmaster erhebt sich. Er tritt zwei Schritte zurück, sodass er Quean voll ansehen kann.
»Über eines müssen wir uns klar werden«, sagt er zu Quean. »Nennen Sie mich nicht ständig Junge. Mein Name ist Jim Buckmaster. Und ich will Ihr Gehilfe sein, der es vielleicht einmal bis zum Partner bringen kann. Doch nennen Sie mich nicht immer Junge. Ich habe schon gespürt, dass Sie alle Menschen irgendwie verachten. Beziehen Sie mich bitte vorerst nicht in diese Verachtung ein. Ich möchte bei Ihnen lernen, und Sie brauchen für eine Weile einen Gehilfen. Dies führt uns zusammen. Doch ohne gegenseitige Achtung geht es nicht.«
In Queans fieberglänzende Augen tritt ein Ausdruck des Staunens.
Doch dann grinst er verzerrt.
»Sicher, Jim«, sagt er. »Ich muss wohl zugeben, dass ich dich unterschätzt habe. Überdies verdanke ich dir mein Leben. Doch solltest du einmal jemandem erzählen, dass Sid Dalton mich mit der Peitsche schlug, so bringe ich dich um. Hast du verstanden? Du bist der einzige Mensch, der zusehen konnte, wie Quean verprügelt wurde, als wäre er ein räudiger Hund. Es war mir dann nicht mal vergönnt, mir für diese Schläge Genugtuung zu verschaffen. Du hast mich darum gebracht. Vergiss das alles! Vergiss es so sehr, dass du nie wieder davon sprichst, nicht einmal daran denkst. Hast du verstanden, Jim?«
»Ja«, sagt dieser schlicht.
Bis zum Anbruch der Nacht sind sie dann unterwegs. Sie reiten nach Norden, doch nach Nachteinbruch biegt Quean nach Westen ab. Sie halten an, um ein Abendbrot zu kochen, doch als Jim das Essen und den starken Kaffee fertig hat, schläft Quean tief und fest.
Jim beschließt, ihn nicht zu wecken. Denn er hofft, dass Quean der Schlaf besser bekommt als ein Essen. So isst er allein, löscht dann das Feuer und hält Wache.
Obwohl er nun schon die zweite Nacht ohne Schlaf ist, spürt er keine Müdigkeit – nur eine gewisse körperliche Erschöpfung. Er fühlt sich irgendwie leer und ausgebrannt.
Doch allmählich, indes er bewegungslos und entspannt an einem starken Baumstamm hockt und mit dem Rücken daran lehnt, da kommen die Gedanken.
Er sieht immer wieder jenes Bild vor Augen, als Sid Daltons Revolver ein böses Mündungsfeuer ausspuckte – und wie er ihn dann selbst traf, einmal, zweimal.