G. F. Unger 2273 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2273 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als er an den Schanktisch tritt, da starrt ihn der Keeper mit großen Augen an, so als würde er ein Kalb mit zwei Köpfen sehen.
Doch er - Luke Kilbourne - ist gewiss kein Kalb, und ganz sicher hat er nicht zwei Köpfe. Aber vielleicht starrt der Barmann jeden Fremden so staunend an.
Kilbourne misst dem staunenden Blick noch keine besondere Bedeutung zu, sondern verlangt mit einem Gefühl von Vorfreude ein Bier. Denn er hat einen langen Ritt hinter sich und fühlt sich völlig ausgetrocknet.
Als er vor einer halben Stunde den Pecos durchritt, da ließ er zwar seinen schwarz-weiß gefleckten Pinto saufen, doch er selbst verzichtete auf das trübe Wasser des Pecos River.
Nun ist also Vorfreude in ihm.
Der Barmann senkt seinen staunenden Blick, hebt seine Hand, wischt sich über sein Gesicht und nickt nun eifrig. »Yes, Sir, ein Bier. Sofort, Sir.«


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Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Keine Chance für Luke

Vorschau

Impressum

Keine Chancefür Luke

Als er an den Schanktisch tritt, da starrt ihn der Keeper mit großen Augen an, so als würde er ein Kalb mit zwei Köpfen sehen.

Doch Luke Kilbourne ist gewiss kein Kalb, und ganz sicher hat er nicht zwei Köpfe. Aber vielleicht starrt der Barmann jeden Fremden so an.

Kilbourne misst dem staunenden Blick noch keine besondere Bedeutung zu, sondern verlangt mit einem Gefühl von Vorfreude ein Bier. Denn er hat einen langen Ritt hinter sich und fühlt sich völlig ausgetrocknet.

Als er vor einer halben Stunde den Pecos durchritt, da ließ er zwar seinen schwarz-weiß gefleckten Pinto saufen, doch er selbst verzichtete auf das trübe Wasser des Pecos River.

Nun ist also Vorfreude in ihm.

Der Barmann senkt seinen staunenden Blick, hebt die Hand, wischt sich über sein Gesicht und nickt nun eifrig. »Yes, Sir, ein Bier. Sofort, Sir.«

Kilbourne sieht sich im Saloon um. Es ist eine primitive Bude. Aber auch der kleine Ort hier ist armselig und primitiv, eine Ansammlung von Adobe-Hütten und einigen größeren Häusern. Doch es ist ein Ort mit einigen Dutzend Menschen, gewissermaßen eine Oase nach einem langen Reiten durch raues Land.

An den wenigen Tischen sitzen da und dort Gäste, deren Pferde draußen an den Haltebalken bei den Tränketrögen stehen.

Aber auch sie starren auf Luke Kilbourne.

Und so beginnen sich in ihm endlich die ersten Warnsignale bemerkbar zu machen. Plötzlich verspürt er das untrügliche Gefühl von lauernder Gefahr in sich stärker werden.

Doch nun bekommt er das Bier und gießt es sich in den Hals wie in ein Loch. Er leert das Glas, stellt es ab und verlangt: »Noch eins, Keeper, noch eins von dieser Sorte.«

»Yes, Sir«, erwidert der Barmann mit einem Klang von Respekt und Vorsicht in der Stimme. Er will sich abwenden, um das Bier einzuschenken, doch Kilbourne deutet auf die offene Tür neben dem Schanktischende und fragt: »Höre ich dort drinnen ein Steak in einer Pfanne zischen?«

»Yes, Sir. Da drinnen ist unsere Küche. Meine Frau macht die besten Steaks westlich des Pecos. Dazu gibt es junge Bohnen und frisches Fladenbrot. Wollen Sie, Mister Logan?«

»Mein Name ist nicht Logan. Welchen Logan meinen Sie?«

Der Barmann bekommt wieder große Augen. Seine Lippen zittern. Dann stottert er: »Nununun, nananatürlich Jesse Logan.«

Kilbourne hebt etwas ratlos seine Schultern und lässt diese wieder sinken.

»Kenne ich nicht«, spricht er ruhig. »Doch ich komme von weit her. Sehe ich diesem Jesse Logan vielleicht sehr ähnlich? Wenn ja, dann sollte ich wohl wissen, wer dieser Jesse Logan ist. Also?«

Der Barmann wischt sich wieder über sein Gesicht.

Dann aber greift er unter den Schanktisch und holt einige Steckbriefe hervor, blättert darin und deckt einen dieser Steckbriefe auf.

Mit dem Zeigefinger deutet auf den darauf abgebildeten Kopf. »Ddadadada«, stottert er heiser. »Oder sind Sie das nicht?«

»Nein«, murmelt Kilbourne und starrt auf die Zeichnung. Ja, es ist eine Zeichnung, kein fotografisches Porträt. Aber der Zeichner war ein Künstler. Kilbourne meint tatsächlich, dass er sein Gesicht wie in einem Spiegel betrachtet.

Und dann kann er lesen, dass für seine Ergreifung tausend Dollar ausgesetzt sind, weil er ein Bandit und Mörder ist, ein übler Revolverheld.

Aber dann wird er sich wieder bewusst, dass er ja Luke Kilbourne und nicht dieser Jesse Logen ist. Oh, verdammt, denkt er dennoch beunruhigt, in was bin ich hier hineingeritten?

Ihm wird nun noch stärker bewusst, dass tausend Dollar Belohnung ein mächtiger Anreiz sind für Kopfgeldjäger und all die anderen Burschen, die verwegen genug sind, etwas zu riskieren oder die andere Sorte, die aus dem Hinterhalt schießen wird, so als wäre er ein böser Wolf.

Der Barmann bringt ihm nun das zweite Bier und fragt: »Wollen Sie ein Steak, Mister Logan?«

»Mein Name ist Kilbourne. Ja, ich will verdammt ein gutes Steak. Aber nennen Sie mich nicht Logan. Kilbourne, verstanden, Kilbourne ist mein Name.«

»Yes, Sir«, nickt der Wirt eifrig. »Kilbourne.«

Dann ruft er durch die offene Tür in die Küche hinein: »Sally, bring das Steak heraus, es eilt!«

Dann sieht er zu, wie Kilbourne den Steckbrief sorgfältig zusammenfaltet und in seiner Jackentasche verschwinden lässt, dann das Bier nimmt und zu einem der noch freien Tische geht, um dort auf das Steak zu warten.

Alle Augen im Saloon sind auf ihn gerichtet.

Doch als er in das Halbrund blickt und alle Blicke hart erwidert, da hält keiner dem Blick seiner grauen, flintsteinharten Augen stand.

Und so beginnt er zu begreifen, dass dieser Jesse Logan, für den man ihn hält, hier in diesem Land westlich des Pecos ein sehr gefürchteter Bursche sein muss.

Bitter denkt er: Wenn das so ist, Luke, dann hast du keine Chance. Denn für tausend Dollar hast du eine Menge Feinde. Dann gleichst du einem Hund, den man für einen blutdürstigen Wolf hält, den eine große Meute jagt. Oh, verdammt! Wenn ich das Steak im Magen habe, werde ich verdammt schnell verschwinden und die ganze Nacht durchreiten, ohne anzuhalten.

Er bekommt nun das Steak. Ja, es ist ein prächtiges Steak mit all den Zutaten. Und sein Hunger ist gewaltig. Er macht sich darüber her und vergisst für eine Weile, in was er hineingeraten ist.

Eigentlich wollte er in dieser kleinen Stadt, die sich Pecosville nennt, eine Nacht in einem Bett verbringen.

Doch er wird darauf verzichten.

Indes er das Steak verputzt, denkt er noch einmal darüber nach, was ihn in dieses Land westlich des Pecos reiten ließ aus dem Land des Brazos River. Er folgte der Fährte eines wertvollen Zuchthengstes, den man seinem Rancher gestohlen hatte. Und er ist immer noch der Vormann dieser Ranch am Brazos und fühlt sich deshalb verpflichtet, den gestohlenen Zuchthengst zurück zu bringen.

Doch jetzt weiß er nur eines: Er muss weit, weit fort aus diesem Land, wo man für seinen Doppelgänger eine so hohe Belohnung ausgesetzt hat.

Sie beobachten ihn immer noch von allen Seiten. Er hat seinen Tisch in der Ecke des Raumes, aber was wird sein, wenn er hinausgeht und ihnen seinen Rücken zukehren muss? Oder muss er rückwärts hinausgehen?

Doch dann wird er sich wieder bewusst, dass er sich hier westlich des Pecos befindet, in einem Land also, in dem es noch kein Gesetz gibt. Und wahrscheinlich bekommt hier niemand die Kopfprämie für ihn ausgezahlt. Wer sich also die tausend Dollar verdienen will, der muss ihn erst dorthin bringen, wo es einen Gerichtshof oder zumindest einen Sheriff gibt.

Er beschließt beim letzten Bissen, dass er seinen Weg fortsetzen wird. Denn den wertvollen Zuchthengst wird man gewiss hinüber nach Arizona bringen, also weit genug weg von Texas und dem Brazos-Land. Dort in Arizona soll es einige gegenseitig konkurrierende Pferdezüchter geben, auch drüben in Sonora.

Als er sich erhebt, da sehen sie alle wieder, wie er seine Waffe trägt. Ja, er ist zwar der Vormann einer großen Ranch in Texas, aber er trägt seinen Revolver wie ein Revolvermann. Und auch das macht ihn diesem Jesse Logan so sehr ähnlich.

Sie könnten wahrhaftig eineiige Zwillinge sein.

Am Schanktisch zahlt er seine Zeche. Dann geht er ruhig hinaus.

Als er verschwunden ist, da bleibt es einige Sekunden lang still. Dann ruft eine Stimme: »War er es oder nicht? Wir alle haben Jesse Logan schon mal gesehen – oder fast alle von uns ...«

Es beginnt nun eine Diskussion.

Doch einer der Gäste, der bisher still in der anderen Ecke saß, schleicht durch die Seitentür hinaus, ein Mann mit einem schwarzen Hut und einem goldenen Hutband.

Lukes Pinto Comanche ist müde vom langen Weg durch das raue Land. Aber er kann das Tier nicht schonen. Er will weg von dieser Stadt Pecosville. Der Gedanke, dass er einem steckbrieflich gesuchten Banditen so ähnlich sieht wie ein Zwillingsbruder, beunruhigt ihn sehr.

Er bindet also seinen Pinto los, klopft ihm Brust und Hals und murmelt: »Es tut mir leid, Comanche. Wir müssen weiter.«

Im Schritt reitet er aus der kleinen Stadt weiter nach Westen. Denn irgendwo dort im Westen hofft er den entführten Hengst zu finden, einen Tausend-Dollar-Zuchthengst.

Die Nacht wird hell über dem Pecos-Land, eine Nacht mit all den Sternen, die so strahlend schön und dennoch unirdisch kalt am Himmel funkeln und hinter denen das große Geheimnis verborgen ist.

Er bleibt die ganze Nacht im Sattel, rastet einige Male für kurze Zeit, um sein Pferd abzureiben und durchzumassieren.

Und so wird es endlich Tag. Er erreicht eine Wasserstelle, die von einem Creek einen ständigen Zu- und Ablauf hat.

Er verharrt noch einige Atemzüge lang im Sattel und blickt in die Runde.

Sein Pinto lässt ein fast menschlich klingendes Stöhnen hören. Ja, er ist nun völlig erledigt. Als Luke Kilbourne absitzt, da tut er das vorsichtig. Dennoch schwankt das Tier etwas zur Seite, weil es zu erschöpft auf seinen Hufen ist.

Auch er ist erschöpft. Das ist nur zu verständlich, denn wenn sie gerastet haben für eine halbe Stunde, da rieb er den Pinto ab, massierte ihn. Er selbst konnte sich nicht ausruhen.

Dennoch kümmert er sich abermals gründlich um seinen vierbeinigen Gefährten.

Er arbeitet lange an seinem Pinto und redet fortwährend mit ihm. Comanche bewegt seine Ohren wie ein aufmerksamer Hund.

Als Luke Kilbourne endlich seine Pflicht getan hat, spürt er seine eigene Erschöpfung wie eine Droge. Selbst seinen Hunger spürt er nicht mehr. Denn es ist ja schon viele Stunden her, als er das Steak im Saloon von Pecosville aß.

Nun legt er sich in das noch taunasse Gras und schläft von einem Atemzug zum anderen ein, vertraut auf das Schnauben von Comanche und seinen Instinkt, die ihn gewiss erwachen lassen, sollte sich jemand nähern.

Er fällt gewissermaßen in bodenlose Tiefen.

Wenig später träumt er von dem herrlichen Hengst Red Duke, den er zurückholen will, koste es, was es wolle, ja selbst, wenn er die Pferdediebe töten müsste.

Er kann nicht lange schlafen, kaum länger als eine halbe Stunde. Dann wird er aus dem Traum gerissen – nein, besser gesagt: getreten.

Er wird sich bewusst, dass jemand ihn von der Seite gegen die Rippen tritt. Und er hört eine harte Stimme sagen: »Komm hoch, Jesse Logan, komm hoch!«

Er öffnet endlich die Augen und spürt einen weiteren Tritt gegen seine Rippen.

Als er fluchend hoch will, da stößt ihm jemand eine Gewehrmündung gegen die Magengegend, und er beginnt zu begreifen, dass er vorerst keine Chance hat, seine missliche Situation zu ändern.

Und so bleibt er liegen und starrt zu dem Mann empor, der nun breitbeinig über ihm steht, ihm die Gewehrmündung gegen den Magen drückt. Er kann sich an den Mann erinnern, denn er sah ihn im Saloon zu Pecosville.

Sein goldenes Hutband glänzte im Lampenschein, denn im Saloon brannten schon die Lampen, obwohl draußen noch die Abenddämmerung herrschte.

Ja, diesen Mann sah er in der Ecke allein an einem Tisch sitzen.

Er sieht in ein hartes Gesicht und flintsteinharte Augen. Der Mann verzieht seinen hartlippigen Mund und spricht dann trocken und nicht mal unfreundlich: »Logan, es wäre gut für uns beide, wenn du von Anfang an kapierst, dass du keine Chance hast. Ich habe deine Waffen. Dein Schlaf war zu tief. Und ich war so leise wie ein Geist. Mein Name ist Taggert, Herb Taggert. Vielleicht hast du schon von mir gehört, denn ich bin der erfolgreichste Kopfgeldjäger im ganzen Südwesten. Ist das nun geklärt?«

»Nichts ist geklärt«, erwidert Kilbourne grimmig. »Denn ich bin nicht jener Jesse Logan, für dessen Einbringung es tausend Dollar gibt. Mein Name ist Kilbourne, Luke Kilbourne. Und ich komme vom Brazos her. Wahrscheinlich bin ich diesem Jesse Logan sehr ähnlich, aber ich bin ...«

Er kommt nicht weiter, denn jener Herb Taggert ist nicht nur hart, sondern jetzt auch noch böse und gnadenlos. Denn er stößt ihm die Gewehrmündung so hart gegen die Magengegend, dass sich Kilbourne fast erbricht und der Schmerz ihm den Atem nimmt.

»Du kannst mich nicht verarschen, so als wäre ich wirklich ein dummer Arsch mit Ohren. Und selbst wenn du wirklich nicht jener Jesse Logan sein solltest, dann wäre mir das verdammt egal. Hauptsache ist, dass du so aussiehst wie er und ich tausend Dollar für deine Einbringung erhalte.«

Nach diesen Worten tritt Herb Taggert langsam zurück. Doch er hält das Gewehr weiter um den Kolbenhals gefasst. Der Hahn der Winchester ist gespannt. Sein Finger ist am Abzug. Kilbourne hat wirklich keine Chance. Dieser Kopfgeldjäger ist ein erfahrener Menschenjäger, der jeden Trick kennt.

Er richtet sich langsam auf, verharrt sitzend einige Sekunden und kommt endlich auf die Füße. »Ich glaube«, spricht er, »du bist ein verdammter Hurensohn. Du würdest gewiss deinen eigenen Bruder für tausend Dollar einem Henker ausliefern – oder?«

Doch Herb Taggert grinst nur böse. Dann macht er mit dem Gewehr eine eindeutige Bewegung.

»Sattle dein Pferd. Ich will hier mit dir keine Wurzeln schlagen. Ich bringe dich nach Langtry, denn dort gibt es den Richter Roy Bean. Na los!«

Luke Kilbourne gehorcht wortlos. Er weiß, dass es keinen Sinn hätte, diesen Kopfgeldjäger mit Worten umzustimmen.

Und so sind sie wenig später unterwegs.

Der erschöpfte Pinto Comanche hat sich etwas erholt, aber er wird gewiss nur wenige Meilen durchhalten. Dann wird er zusammenbrechen. Es kann gar nicht anders sein. Und dann? Ja, was wird dann sein?

Nachdem sie eine halbe Meile geritten sind im Schritt oder leichten Trab, da sagt Taggert hart: »Wenn dein Gaul zusammenbrechen sollte, dann musst du laufen. Dann ziehe ich dich am Lasso wie ein Bullkalb hinter mir her.«

Kilbourne erwidert nichts. Er macht sich keine Illusionen. Dieser Mann mit dem goldenen Hutband am schwarzen Hut ist zu erfahren. Und obwohl er das Gewehr nun im Sattelschuh mitführt, weiß Kilbourne, dass er es mit einem Revolvermann zu tun hat und er waffenlos gegen den Revolver des Mannes keine Chance hätte.

Er muss vorausreiten. Taggert hält sich ständig hinter ihm.

Bald wird Comanche nicht mehr auf den Hufen bleiben unter dem Gewicht des Reiters. Luke Kilbourne wiegt um die hundertachtzig Pfund. Er ist bei aller Hagerkeit ein Schwergewicht wie Taggert auch.

Nun, sie kommen an diesem Tage noch etwa zehn Meilen weiter.

Dann hält Comanche mit gesenktem Kopf an.

Ja, er wird in den nächsten Sekunden zusammenbrechen. Also lässt Luke sich seitwärts fallen, rollt über den Boden und wagt dann einen alten Comanchentrick.

Denn er springt auf und stößt den wilden Schrei eines angreifenden Pumaweibchen aus.

Es ist ein kreischendes »Yiiiiiiiiii!«, welches eigentlich jedes Pferd aufbäumen lässt.

Doch Herb Taggerts grauer Wallach bäumt nicht auf, nein, er erschrickt nicht, schnaubt nur böse.

Und Taggert hockt grinsend im Sattel und nickt Kilbourne anerkennend zu, spricht dann trocken: »Ja, das hätte ich auch versucht. Doch es ist dein Pech, dass mein Grauer sich vor Pumas nicht mehr fürchtet. Er hat schon mal einem den Schädel eingeschlagen und ihn dann zu Brei zertrampelt. Also, jetzt musst du laufen. Ich sagte dir ja schon, dass ich dich wie ein Bullkalb an meinem Lasso hinter mir herziehen werde.«

Es wird ein böser und schlimmer Weg für Luke Kilbourne, denn Taggert zieht ihn wahrhaftig an den gefesselten Handgelenken am langen Lasso hinter sich her, sitzt dabei bequem im Sattel und blickt sich nur manchmal nach ihm um.

Einige Male rasten sie an Wasserstellen.

Das Land hier im großen Knie des Rio Grande ist wunderschön, ein Paradies für Jäger. Von der Stadt Langtry und Richter Roy Bean hat Kilbourne schon gehört. Denn über den Richter und seine Stadt gibt es viele Geschichten und Gerüchte.

Roy Bean nannte die kleine Stadt nach der berühmten Sängerin Lily Langtry, seiner unglücklichen Liebe, welche keine Erfüllung fand. Bean nennt sich jetzt selbst »das Gesetz westlich des Pecos«, und seine Urteile fällt er hinter seiner Bar in »Lilys Saloon zu Jersey«. Und er schenkt hinter seiner Bar auch stets reichlich Whisky aus.

Zu diesem Richter, der die Verurteilten vorher ausplündern soll, will ihn Taggert also bringen.

Er hatte an die zweihundert Dollar bei sich. Und diese waren in einem kleinen Lederbeutel. Er spürt ihn nicht mehr in seiner Hosentasche unter den ledernen Chaps, weil Taggert sie ihm abnahm, nachdem er ihm die Handgelenke zusammengebunden hatte.

Irgendwann mitten in der Nacht halten sie an. Taggert bindet seinen Gefangenen an einem Baum an, an dem Luke sitzend lehnt. Er kann sich also nur sitzend ausruhen, schläft aber dennoch ein.

Als der Morgen kommt, sind sie abermals unterwegs. Nach Langtry können es keine zehn Meilen mehr sein.

Sie erreichen einen Wagenweg, der aus den Davis Mountains kommt und eigentlich nur eine Furche ist, die von Rädern und Hufspuren geprägt wurde. Neben diesem Wagenweg wird eine Rinderherde getrieben.

Die Treiber blicken neugierig herüber, und ganz gewiss begreifen sie, dass da ein Gefangener an einem Lasso gefesselt von einem Reiter wahrscheinlich nach Langtry gebracht wird.

Und einer dieser Herdentreiber ist eine junge Frau, die wie ein Cowgirl reitet und Treibarbeit verrichtet.

Der immer wieder stolpernde Kilbourne wirft ihr Blicke zu, indes sie die Herde überholen.

Das Cowgirl kommt plötzlich herübergeritten und betrachtet den Gefangenen forschend vom Sattel aus.

Luke erwidert den Blick dieser grünen Augen fest, aber weil er dabei nicht auf den Weg achtet, stolpert er und fällt, wird einige Yards geschleift, bis Taggert endlich anhält und ihn wieder auf die Füße kommen lässt.

Doch als Luke steht, sieht er die grünäugige und rotblonde Reiterin immer noch an. Ja, es ist ein langer Blick, den sie austauschen.

Taggert greift an die Hutkrempe und spricht grinsend: »Ich habe noch nie ein so schönes Cowgirl gesehen. Bist du noch zu haben? Ich zahle dir einen ganzen Monatslohn, wenn du mit mir in Langtry ins Bett gehst. Du kannst dann die Herde leicht wieder einholen, Honey. Und wir werden richtig feiern in Langtry. Denn für meinen Gefangenen bekomme ich tausend Dollar. Das wolltest du doch wissen. Deshalb bist du hergekommen. Na, ist das kein Angebot, Honey?«

Sie verzieht keine Miene in ihrem klaren, mehr als hübschen Gesicht. Nur in ihren grünen Augen funkelt es.

Dann fragt sie an Kilbourne gewandt: »Tausend Dollar bekommt er für dich, Cowboy?«

»Weil ich dem Bild auf einem Steckbrief sehr ähnlich sehe, Schwester.«