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Als ich aus den Hügeln kam und den Weg nach Antelope erreichte, sah ich von rechts ein paar Reiter auftauchen. Sie kamen vom Antelope Creek herüber. Ich erkannte an der Spitze den Vormann der Elkhorn Ranch.
Wenn es einen Burschen auf dieser Erde gab, der mir immer schon wie zehn Pfund Schmierseife geschmeckt hatte, dann war es dieser Juleman Hogjaw.
Obwohl er mit seinen Reitern den Wagenweg vor mir erreichte, zügelte er sein Pferd. Er schickte die Reiter mit einer Handbewegung voraus und ritt im Schritt weiter, sodass ich ihn einholen musste. Er wandte sich nicht nach mir um. Aber als ich neben ihm war und wir Steigbügel an Steigbügel ritten, da beschleunigte er den Schritt seines Pferdes, bis es wie mein Tier leicht trabte.
»Na, Rancher!«, stieß er grinsend hervor.
»Na, Vormann«, erwiderte ich. »Gut durch den Winter gekommen? Haben sich eure schönen Longhorns gut vermehrt?«
Er grinste noch breiter. »Du kannst wieder auf der Elkhorn anfangen«, sagte er. »Ein guter Cowboy warst du ja. Und ein Drei-Kühe-Rancher ist nicht so gut dran wie ein Cowboy auf der Elkhorn. Also, Mister Hacket?« In seinen dunklen Augen glühte der blanke Hohn.
Nun grinste ich ihn an. »Rutsch mir den Buckel runter«, sagte ich. »Ich fühle mich nur dort wohl, wo ich dein Gesicht nicht sehen muss.«
Jetzt wirkte sein Grinsen wie eingefroren ...
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Die Wolfsfallen
Vorschau
Impressum
Die Wolfsfallen
Als ich aus den Hügeln kam und den Weg nach Antelope erreichte, sah ich von rechts ein paar Reiter auftauchen. Sie kamen vom Antelope Creek herüber. Ich erkannte an der Spitze den Vormann der Elkhorn Ranch.
Wenn es einen Burschen auf dieser Erde gab, der mir immer schon wie zehn Pfund Schmierseife geschmeckt hatte, dann war es dieser Juleman Hogjaw.
Obwohl er mit seinen Reitern den Wagenweg vor mir erreichte, zügelte er sein Pferd. Er schickte die Reiter mit einer Handbewegung voraus und ritt im Schritt weiter, sodass ich ihn einholen musste. Er wandte sich nicht nach mir um. Aber als ich neben ihm war und wir Steigbügel an Steigbügel ritten, da beschleunigte er den Schritt seines Pferdes, bis es wie mein Tier leicht trabte.
»Na, Rancher!«, stieß er grinsend hervor.
»Na, Vormann«, erwiderte ich. »Gut durch den Winter gekommen? Haben sich eure schönen Longhorns gut vermehrt?«
Er grinste noch breiter. »Du kannst wieder auf der Elkhorn anfangen«, sagte er. »Ein guter Cowboy warst du ja. Und ein Drei-Kühe-Rancher ist nicht so gut dran wie ein Cowboy auf der Elkhorn. Also, Mister Hacket?« In seinen dunklen Augen glühte der blanke Hohn.
Nun grinste ich ihn an. »Rutsch mir den Buckel runter«, sagte ich. »Ich fühle mich nur dort wohl, wo ich dein Gesicht nicht sehen muss.«
Jetzt wirkte sein Grinsen wie eingefroren ...
»Pass auf«, sagte er. »Wenn du in den nächsten Tagen keinen Job bekommst, hast du kein Geld, dich zu ernähren. Und dann streune nur nicht im Land umher. Es wurde eine Menge Vieh gestohlen diesen Winter. Wir werden wahrscheinlich ein paar Burschen aufhängen müssen. Irgendwo dort auf der Weide werden ein paar Dummköpfe baumeln. Pass gut auf dich auf, Junge, dass du nicht in dieser Gesellschaft bist.«
»Du kannst mir immer noch rauf- und runterrutschen«, sagte ich. »Du kannst das zu jeder Tages- und Nachtzeit machen. Und wenn du möchtest, dann steigen wir hier gleich ab.«
Er hielt wahrhaftig an.
Er ließ sich Zeit beim Überlegen.
Dann schüttelte er den Kopf und lachte kehlig.
»Ich wette«, sagte er, »dass du so manche Nacht dort in den Hügeln vor Einsamkeit den Mond angeheult hast wie ein Wolf! Ich werde im Saloon Bescheid sagen, dass sie dir auf meine Rechnung eine ganze Flasche geben. Dann kannst du deine Sorgen und alle Einsamkeit ersäufen. Irgendwann werde ich dich halb totschlagen, du verdammter Indianer. Irgendwann wird es einen Sinn haben, dass ich dir etwas gebe! Und dann bekommst du es!«
Er riss sein Pferd herum und gab dem Tier die Sporen. Er war ein Mann, der auch zu den Tieren so rau und unduldsam war wie zu den Menschen.
Ich ritt langsam weiter und sah nun Antelope bald vor mir.
Ich hielt vor der Bankfiliale der Nebraska Bank.
Henry Miller saß hinter dem Schreibtisch und blickte mich über die Brille hinweg an. Er hatte mich schon draußen absitzen sehen und sein dickes Buch aufgeschlagen.
Ich nickte ihm zu und fragte: »Also, wie viel bin ich schuldig?«
Er brauchte gar nicht ins Buch zu blicken. Solche Zahlen hatte er im Kopf. Er sagte: »Sie waren sehr bescheiden, junger Mann. Sie haben wahrhaftig nur gekauft, was unbedingt nötig war. Als Bankmann kann ich Ihnen bezüglich des beanspruchten Kredits nur das beste Zeugnis ausstellen. Doch mit der Rinderzucht hat es wohl nicht so geklappt – oder?«
»Nein«, sagte ich fast grob.
»Und es gibt keine Entschuldigung – kein Erkennen von Fehlern? Nur wenn man seine Fehler erkennt, kann man es beim nächsten Mal besser machen. Und bei Ihnen, junger Mann, würde ich gerne wissen, welche Fehler Sie machten.«
Ich sah ihn an und wusste, dass er es ehrlich meinte.
»Fehler?« So fragte ich etwas spröde. »Ja, es war ein Fehler von mir, arglos in eine Wolfsfalle zu treten, die jemand aufgestellt hatte auf meinem Land. Der Schnee lag nur eine Handbreit darüber. Die Fangzähne der Falle richteten mein Bein schlimm zu. Aber das war noch nicht alles. Ich bekam drei Tage später eine schlimme Blutvergiftung. Ich habe mir das eiternde Bein dreimal aufschneiden müssen, bis es wie verrückt blutete. Ich habe es mit Schnaps begossen und diesen Schnaps angezündet. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich es mir abgehackt. Aber dann begann es zu heilen. Ich konnte viele Wochen nicht in den Sattel. Man hat mir in diesen Wochen sämtliche Rinder gestohlen. Ich konnte mich nicht darum kümmern. Das also habe ich falsch gemacht, Mister.«
Er zuckte zusammen. Dann sah er mich betrübt an.
»Ich bekomme noch vierhundertsiebenundfünfzig Dollar von Ihnen«, sagte er dann.
»Ist meine Ranch ohne Rinder so viel wert?«, fragte ich. Es ist ein dreiräumiges Blockhaus, ein Stall, eine Scheune, Corrals, ein guter Brunnen und ...«
»Aber noch kein Besitztitel«, unterbrach er mich. »Den bekommt man erst nach fünf Jahren. Ich denke, wir sind quitt, wenn die Bank alles übernimmt. Ich habe hier schon die Übereignung ausgeschrieben. Bitte unterschreiben Sie, junger Mann. Es tut mir leid.«
»Das braucht Ihnen nicht leidzutun«, sagte ich grob. »Den Fehler machte ich. Die Hauptsache ist, dass ich keine Schulden mehr habe. Die drei verlorenen Jahre in den Hügeln verkrafte ich schon.«
Ich unterschrieb und ging hinaus. Ich hinkte immer noch leicht und ich würde wahrscheinlich mein ganzes Leben lang hinken.
Ich nahm mein Pferd an den Zügeln und ging hinüber zum Saloon.
Im Saloon war niemand von meinen alten Freunden.
Nur Juleman Hogjaw und die anderen Reiter der Elkhorn-Mannschaft waren da. Sie standen an der Bar.
Lily O'Hara bediente sie. Ihr Barmann, Pat Madden, der ihr ein zuverlässiger Getreuer war, erledigte sicherlich noch andere Dinge, bevor er den Platz hinter der Bar übernahm.
Lily O'Hara sah zu mir her. Sie lächelte mir zu, und als ich an das Schanktischende trat, kam sie mit einer Flasche und einem Glas zu mir.
»Den gebe ich aus«, sagte sie. »Weil ich mich freue, Sie zu sehen, Ben Hacket. Ich hörte schon, dass Sie Pech hatten in diesem Winter. Auch der beste Mann kann einmal Pech haben. Das ist so. Beim nächsten Mal schaffen Sie es, Ben! Ganz gleich, was Sie anfangen werden, Sie werden es schaffen.«
Sie hatte das Glas vollgeschenkt. Nun schob sie es mir zu.
Ich wusste, sie trank nie – auch nicht mit ganz besonderen Freunden. Deshalb versuchte ich gar nicht erst, sie zum Mittrinken zu bewegen.
»Ich danke Ihnen für den Drink, Lily«, murmelte ich, nahm ihn und schüttete ihn in meinen Hals, und dann sah ich in Lilys Augen.
Es waren blaue Augen, und sie waren nicht älter als meine. Wahrscheinlich war Lily sogar noch ein oder zwei Jahre jünger als ich.
Und dennoch war sie eine erfahrene Frau. Sie war herumgekommen in der Welt und kannte viele wilde Städte und Camps. Ihr Mann war ein berufsmäßiger Spieler gewesen, und als ein anderer Spieler ihn in Omaha zum Krüppel schoss, kamen sie nach Antelope City und übernahmen hier den Saloon.
Nach einem Jahr starb dann ihr Mann. Seine Wunde war immer noch nicht ganz ausgeheilt, und eine Kugel in seinem Körper, die kein Arzt zu entfernen wagte, hatte sich entgegen allen Hoffnungen nicht verkapselt. Und Lily führte den Saloon allein weiter.
Sie hatte mich schon immer gemocht. Ich sie auch.
Juleman Hogjaw und dessen Begleiter standen immer noch da. Sie alle hatten uns ihre Köpfe zugewandt. Sie schwiegen und versuchten wohl, etwas von unserer Unterhaltung zu verstehen.
Ich sah Lily an und sagte: »Ja, es war eine Wolfsfalle. Jemand hatte sie genau dorthin gelegt, wo ich in einem Waldstück den nächsten Baum fällen würde. Der Schnee hatte dann alle Spuren zugedeckt. Vielleicht finde ich eines Tages noch heraus, wer mir diese Falle in den Wald legte.«
Ihre blauen Augen wurden schmal. Es waren nun ein paar feine Linien um ihre Mundwinkel. Ihre Nasenflügel vibrierten, so als hätte sie plötzlich eine feine Witterung.
»So war das also«, murmelte sie.
Und dann wandte sie den Kopf und sah auf die Reiter von der Elkhorn. Auch ich sah zu ihnen hin. Mein Blick blieb auf Hogjaw gerichtet.
Dieser sagte: »Lily, warum lassen Sie liebe Gäste dursten wegen eines Satteltramps?«
Ich sah ihr an, dass sie eine zornige Antwort geben wollte.
Deshalb sagte ich schnell: »Danke für den Drink, Lily. Ich muss jetzt wohl zu Sally hinüber.«
Dann ging ich aus dem Saloon.
Ich nahm mein Pferd an den Zügeln und ging schräg über die Fahrbahn zu Sally Browns Schneiderwerkstatt hinüber.
Sie hatte ein kleines Schaufenster, in dem Kinder- und Frauenkleidung ausgestellt war. Alles machte sie selbst. Und bei Männerhemden erneuerte sie die Kragen. Davon lebte Sally.
Ich trat ein. Ein Glöckchen bimmelte.
Sally kam aus ihrer Nähstube nach vorn in den kleinen Laden.
Als sie mich erkannte, hielt sie inne.
»Ben«, sagte sie langsam. »Ben Hacket, musstest du dir drüben im Saloon Mut antrinken? Und warum, zum Teufel, bist du nicht zu mir gekommen, bevor du zur Bank gingst? Ich habe fast dreihundert Dollar gespart. Warum ...«
»Nein, Sally«, sagte ich.
Sie kam langsam näher und erkannte alles in meinen Augen. Mein Stolz ließ es nicht zu, als Versager etwas in Empfang zu nehmen. Sie spürte es nach wenigen Sekunden.
»Es tut mir leid, Sally«, murmelte ich. »Weil ich mein Maul zu voll nahm, hast du drei Jahre umsonst gewartet. Ich stehe tief in deiner Schuld. Doch jetzt gehe ich lieber. Das ist gewiss besser.«
Sie trat noch einen Schritt zurück.
»Ja, schleich dich«, sagte sie. »Entweder gehört man zusammen – und das auch in einer Pechsträhne, aus der dir meine Ersparnisse herausgeholfen hätten –, oder man gehört nicht zusammen. Dein Stolz ist dumm! Also geh endlich, damit ich dich nicht mehr sehen muss. Du Narr, ich würde nicht nur drei Jahre auf dich warten. Ich würde diese drei Jahre sogar mit dir in einer Erdhütte wohnen und ...«
Sie bekam ihren Ausbruch unter Kontrolle. Ihre Augen wurden schmal. Nur ihr Atmen war noch heftig.
Ich drehte mich um und ging.
✰
Als ich wieder auf die Straße trat und bei meinem Pferd stand, wobei ich dem Tier meine Rechte auf die Stirn legte, sah ich Dan Elliot und Bac Fisher hereingeritten kommen.
Sie hielten vor dem Saloon an und betrachteten die davor angebundenen Sattelpferde. Mit Sicherheit erkannten sie, dass ein halbes Dutzend Elkhorn-Reiter im Saloon sein mussten.
Ich verspürte eine heftige Neugierde und fragte mich, ob sie hineingehen würden. Einst waren sie selbst Elkhorn-Reiter gewesen wie ich. Aber dann hatten sie ihren Job hingeworfen.
Sie lenkten ihre Tiere an die Haltestange, saßen ab und gingen hinein.
So schlecht stehen sie also nicht zur Elkhorn, dachte ich. Sonst würden sie nicht hineingehen.
Ich zögerte und überlegte noch, als drüben im Saloon der Krach losging.
Dan Elliot und Bac Fisher kamen herausgeflogen. Sie kamen nacheinander, als wären sie drinnen im Abstand von zwei Sekunden von einem Bullen getreten worden.
Sie blieben eine Weile liegen. Dann erhoben sie sich mühsam wie auf Kommando, zogen ihre Hosen an den Gürteln etwas höher und stürmten brüllend wieder in den Saloon.
Diesmal kam Bac zuerst heraus. Ihm folgte Dan.
Und nun blieben sie eine Weile länger liegen, um auszuruhen.
Ich ging hinüber, hielt bei ihnen an und sagte zu ihnen nieder: »Hallo, ihr wilden Affen, ohne mich schafft ihr das doch nicht!«
Sie sahen zu mir auf, blieben jedoch noch hocken. Sie betrachteten mich bitter. Und dann erkannten sie mich.
Bac schnaufte: »Kennst du den, Daniel? Der kommt mir bekannt vor. Hast du den schon mal gesehen?«
»Das ist der Wolf aus den Antelope-Hügeln«, sagte Dan Elliot ernsthaft. »Den konntest du bei Mondschein fünfzig Meilen weit heulen hören. Das ist der Bursche, von dem Shorty Keene uns erzählte. Das ist der Bursche, der drei Jahre seines Lebens vergeudete und so lange in den Hügeln lebte, dass er gar nicht mehr wusste, wie viele Ohren ein Mensch eigentlich hat.«
Sie erhoben sich nun, standen rechts und links neben mir.
»Bruder«, sagte Bac, »vielleicht schaffen wir es auch nicht mit dir. Aber wir sollten es wenigstens mal versuchen. Magst du die Elkhorn-Mannschaft?«
»Nein«, sagte ich. »Aber sagt mal, nach was riecht das hier?«
Sie schnüffelten. Doch dann schüttelten sie ihre Köpfe.
»Hier ist nichts zu riechen«, sagte Bac. »Gehen wir lieber, bevor der Tag anbricht.«
Und dann gingen wir durch die doppelte Schwingtür hinein.
Drinnen stand Juleman Hogjaw mit seinen Reitern. Sie warteten grinsend auf uns. Und Hogjaw sagte: »Raus, ihr Stinker!«
Dabei kam er auf mich zu. Er hatte sofort begriffen, warum ich mit Dan Elliot und Bac Fisher hereingekommen war. Jetzt nahm er meine Herausforderung an.
Er wollte mir seine Rechte ins Gesicht stoßen, und vielleicht hätte er mir damit sogar den Kopf von den Schultern gerammt.
Aber ich nahm den Kopf weg. Als Hogjaw gegen mich prallen wollte, von seinem Schwung getragen, mit dem er ins Leere stieß, da rammte er gegen meinen linken Haken, den ich herumzog, während ich mich bemühte, meine hundertachtzig Pfund Gewicht fest am Boden zu haben.
Ich traf seine Leber sehr präzise.
Er ächzte und musste auf die Knie.
Ich hatte Zeit, einen anderen Burschen der Elkhorn-Mannschaft von den Beinen zuschlagen.
So hatten Bac und Dan etwas Luft.
Aber dann musste ich mich wieder um Hogjaw kümmern. Denn dieser brauchte nicht lange, um einen Leberhaken zu verdauen ...
✰
Als ich aufwachte, brauchte ich eine Weile, bis ich mich wieder an alles erinnern konnte.
Und dann wusste ich auch, warum ich überall Schmerzen verspürte.
Wir hatten zu dritt die sechs Mann der Elkhorn doch nicht schlagen können. Wir hatten nur einen guten Kampf geliefert, den Sheriff George McKay dann mit seiner Schrotflinte für beendet erklärte. Mein Kampfgeist hatte ihm gefallen.
»Ich stelle dich als Gehilfen ein«, sagte er. »Ich bin alt geworden und kann nicht mehr so herumreiten wie früher. Ich brauche jemanden, den ich schicken kann. Und du brauchst Verantwortung, sonst ...« Er verstummte.
Aber ich fragte: »Sonst? Was ist sonst?«
Er zögerte. Dann murmelte er: »Die alten Zeiten sind vorbei. Es ist eine Menge anders geworden in jenen Jahren, da du in den Antelope-Hügeln deine Ranch aufbautest und man dich nur alle halbe Jahre mal zu sehen bekam. Es hat sich eine Menge geändert. Und auch Bac und Dan sind nicht mehr die Gleichen. Hast du das nicht gerochen?«
Ich dachte nach. Und ich erinnerte mich an jenen Geruch, den ich zu spüren glaubte, bevor wir in den Saloon gingen, um uns zu prügeln. Plötzlich wusste ich es.
»Schafe?« Dies fragte ich jäh.
Er nickte. »Schafzüchter, Rinderdiebe und eine harte Großranch, die sich angegriffen und bestohlen fühlt und die bald aus eigener Machtvollkommenheit Justiz üben wird. Ich brauche wirklich einen Deputy, mein Junge. Du bekommst vierzig Dollar im Monat und schwörst dafür, dem Gesetz zu dienen, wie es die Verfassung vorschreibt.«
Ich staunte immer noch.
Und dann begriff ich, dass er mir nicht nur einen Job geben, sondern mir überdies auch noch eine Rettungsleine zuwerfen wollte.
Nur einen Moment biss ich die Zähne zusammen.
Und dann begriff ich, dass ich annehmen musste.
Aber ich konnte nicht danke schön sagen. Ich konnte nur knurren: »Na, Sie können es ja mal mit mir versuchen, Mister McKay.«
✰
Am anderen Morgen ging es mir besser. Ich trug einen Stern auf meinem alten Hemd, halb unter der alten Lederweste verborgen. Und ich ging zum Barbier, um mir das lange Haar stutzen zu lassen.
Mein erster Weg führte mich dann in den Store.
Ich hatte noch ein paar Haare und Stoppeln im Hemdkragen. Das juckte, und vielleicht sah ich deshalb etwas unbehaglich aus, als ich in den Store kam.
Der Storehalter grinste.
»Kommen Sie«, sagte ich und ging in die Eisenwarenabteilung hinüber, die sich in einem Anbau befand, in den ein Durchbruch führte.
Ich ging in die hinterste Ecke. Hier waren in einem sehr starken Regal Stahlfallen aufgestapelt. Sie waren gut eingefettet, und es gab die verschiedensten Sorten. Ich deutete auf eine bestimmte Sorte von Wolfsfallen. Davon gab es noch fünf Stück im Regal.
»Wer hat vor dem Winter oder während des Winters von Ihnen solche Fallen gekauft?« Dies war meine glasklare Frage.
Der Storehalter sah mich eine Weile schweigend an. Er zögerte, und er dachte nach, ob das, was er zu sagen hatte, gut oder schlecht für ihn war.
Ich sagte: »Mister Randall, verkaufen Sie eigentlich immer noch Mondschein-Whisky, den ein paar Jungs dort in den Hügeln brennen, ohne Steuern zu zahlen?«
Er schluckte mühsam, als hätte er einen Schluck von diesem Whisky kippen müssen. Aber er wusste auch, was die Glocke geschlagen hatte und dass ich ihm nun – weil ich den Stern trug – einigen Ärger bereiten konnte.
»Pierce Clum hat sechs Fallen gekauft, bevor der Winter anbrach«, murmelte er.
»Und sonst niemand?«
»Wolfsfallen schon – doch nicht diese da, die besonders starken, die jedem Wolf das Bein brechen und die sogar für Berglöwen und Braunbären stark genug sind. Sonst noch etwas – Deputy?«
Ich grinste.
»Ja, ein Hemd, Unterzeug und ein Paar Socken«, sagte ich.
Und dann klingelte ich mit den zwanzig Dollar in der Tasche, die mir der alte Sheriff George McKay als Vorschuss gegeben hatte.
Doch mit meinen Gedanken war ich bei dem Wolfsjäger Pierce Clum.
Mit dem Bündel unter dem Arm erreichte ich das Sheriff's Office. Ich hatte hier eine kleine Schlafkammer neben dem Zellenraum. Und dies war mir recht so, weil ich auf diese Art ein paar Dollar für ein Hotelzimmer sparte. Auch der Sheriff selbst hatte so eine Kammer, die nur ein wenig größer war als meine. Eine kleine Küche gehörte dazu.
Und unser »Wohnzimmer« war das Büro, also das Sheriff's Office mit dem Zellenraum und dem dazugehörigen Vorratsraum.
Der Sheriff hatte die ganze Nacht den Dienst versehen und hatte jede Stunde seine Runde gemacht. Nun schlief er.
Ich sah noch einmal die Straße hinauf und hinunter.
Und da sah ich Ollie Petterson kommen, Otis Pettersons einzigen Sohn und Erben.
Ollie war so alt wie ich, und er war gelbhaarig und blauäugig. Oh, er war äußerlich ein sehr prächtig aussehender Bursche, einer von der Sorte, die sehr sieghaft wirkt und von der alle Mädels träumen. Ollie war gewiss schon in der Wiege bewundert worden, weil er ein so hübsches Kind mit Lockenhaar war.
Und dann war Ollie als der einzige Sohn eines mächtigen Mannes aufgewachsen.