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Der kleine Wagenzug ist von Fort Thomas nach dem kleineren Fort Catalina unterwegs. Sechs Armee-Bagagewagen bringen Nachschub zum Fort, darunter auch neue Gewehre und reichlich Munition, Uniformen, Proviant, Werkzeuge, Hufeisen und viele andere Dinge.
Vor den sechs Bagagewagen fährt eine Postkutsche, in der sich drei Offiziersfrauen und ein Zahlmeister befinden. Der Zahlmeister hat eine Geldkiste unter seinem Sitz, denn es ist an der Zeit, der Truppe in Fort Catalina den längst fälligen Sold auszuzahlen.
Der kleine Wagenzug wird von einem Dutzend Kavalleristen unter Lieutenant Phil Baker eskortiert.
Und der Scout Kirby Drago ist eine halbe Meile weit voraus, durchfurtet auch als erster Reiter den San Pedro.
Am anderen Ufer hält er an und wittert in die Runde ...
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Seitenzahl: 143
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Geronimos Weg
Vorschau
Impressum
Geronimos Weg
Der kleine Wagenzug ist von Fort Thomas nach dem kleineren Fort Catalina unterwegs. Sechs Armee-Bagagewagen bringen Nachschub zum Fort, darunter auch neue Gewehre und reichlich Munition, Uniformen, Proviant, Werkzeuge, Hufeisen und viele andere Dinge.
Vor den sechs Bagagewagen fährt eine Postkutsche, in der sich drei Offiziersfrauen und ein Zahlmeister befinden. Der Zahlmeister hat eine Geldkiste unter seinem Sitz, denn es ist an der Zeit, der Truppe in Fort Catalina den längst fälligen Sold auszuzahlen.
Der kleine Wagenzug wird von einem Dutzend Kavalleristen unter Lieutenant Phil Baker eskortiert.
Und der Scout Kirby Drago ist eine halbe Meile weit voraus, durchfurtet auch als erster Reiter den San Pedro.
Am anderen Ufer hält er an und wittert in die Runde ...
Vor sich sieht er die Kette der Santa Catalinas im blauen Dunst. Hinter ihm nähert sich der kleine Wagenzug dem Grüngürtel des Flusses, dessen Wasserstand dem Pferd bis zum Bauch reichte. Und auch jetzt an Land steht es bis zum Bauch im Grün der hier wachsenden Büsche und Gräser. Und da und dort steht ein alter Cottonwood.
Der Scout Kirby Drago ist ein erfahrener Mann in diesem Land, auch was die Apachen betrifft. Und so »lauscht« er jetzt auf seinen Instinkt. Er kennt dieses eigenartige Gefühl in der Magengegend. Es ist ein Gefühl des Unbehagens, und es lässt seinen Puls etwas rascher schlagen.
Eigentlich hat er – auf seinem Pferd sitzend – einen guten Überblick. Auch kann er einigermaßen unbesorgt sein.
Denn wenn die Apachen den kleinen Wagenzug überfallen wollen, werden sie ihn jetzt nicht töten. Der Wagenzug wäre dann ja gewarnt und könnte sich auf einen Angriff vorbereiten, vielleicht zu einer Wagenburg auffahren.
Die Apachen würden ihn also noch leben lassen. Vielleicht könnte er entkommen, wenn sie hinter ihm den Wagenzug angreifen.
Er zögert immer noch, wittert, versucht etwas zu entdecken.
Aber es ist alles friedlich und still. Selbst die Vögel verhalten sich normal.
Doch Kirby Drago kennt die Apachen zu gut. Er weiß, dass sie einem besonders nahe sind, sodass man fast auf sie treten oder spucken könnte, wenn es den Eindruck hat, als wären sie meilenweit von einem entfernt.
Drüben erreicht der Lieutenant mit sechs seiner Reiter das Ufer und hält an, blickt herüber. Er muss gegen die schon etwas tiefer stehende Sonne blicken und hält die Hand unter der Hutkrempe schützend vor seine Augen.
Gewiss kann er seinen Scout einigermaßen gut erkennen, wartet auf dessen Zeichen oder irgendein Reagieren.
Hinter den sieben Kavalleristen nähert sich der Wagenzug mit der Postkutsche an der Spitze. Sechs Kavalleristen bilden die Nachhut.
Kirby Drago zögert immer noch. Sein Instinkt warnt ihn nun stärker. Am liebsten würde er durch den San Pedro zurück zum anderen Ufer reiten.
Der Fluss ist hier etwa hundert Yards breit. Es gibt einige Kies- und Sandbänke, auf denen Grün wächst. Doch sie müssen weiter nach Fort Catalina. Dies ist ihr Befehl, dem sie gehorchen müssen, auch er, denn er ist der Armee-Scout Kirby Drago, ein eisenharter und zugleich auch zäher Mann, der noch niemals gekniffen hat, wenn es mulmig wurde.
Und das mulmige Gefühl spürt er immer noch.
Bitter murmelt er: »Leck mich am Arsch, ich kann nicht anders handeln, verdammt. Wir müssen weiter.«
Und so nimmt er seinen alten Hut ab und schwingt ihn einladend mit erhobenem Arm hoch über dem Kopf.
Das macht wenig später auch der junge Lieutenant und reitet an.
Ihm folgen die sechs Reiter, dann die Postkutsche, in der sich die drei Frauen befinden, und den Schluss machen die sechs Bagagewagen und die sechs Reiter der Nachhut.
Sie füllen den Fluss zwischen dessen Ufern.
Kirby Drago aber zieht sein Pferd herum und reitet langsam an, denn er muss sich ja stets eine halbe Meile vor dem Wagenzug befinden. Eigentlich hat er hier am Westufer des San Pedro schon zu lange verharrt.
Obwohl seine Blicke nach vorn und nach rechts und links gerichtet sind, lauscht er nach hinten. Doch er hört vorerst nur das Peitschenknallen und die heiseren Rufe der Fahrer, das Schnauben der Maultiergespanne.
Doch wenig später wird ihm von einer Sekunde zur anderen klar, dass er den kleinen Wagenzug in die Falle führte, weil die Apachen sich so gut getarnt hatten, dass er wie ein Blinder zwischen ihnen hindurchritt.
Denn es konnte nicht anders sein.
Er reißt seinen hageren Mustang herum, der den Armeepferden haushoch überlegen ist, weil er in diesen Wüstengebieten mit sehr viel weniger Wasser auskommen kann.
Als er den Fluss vom höher liegenden Land wieder übersehen kann, da sieht er sie kämpfen und sterben.
Woher die Apachen kamen, ist ihm jetzt klar. Die Indianer mussten sich auf den mit viel Grün bewachsenen Kies- und Sandbänken eingegraben haben, sodass nur noch ihre Nasenspitzen zum Atmen frei waren.
Denn er sieht ihre nackten Körper, die noch mit schlammigen Sand beschmiert sind.
Und er sieht die Soldaten und Fahrer sterben, obwohl sie verzweifelt um ihr Leben kämpfen.
Kirby Drago kann ihnen nicht helfen. Der Angriff kam zu schnell, völlig überraschend und ist deshalb erfolgreich. Die Wagenschlange ist zu lang.
Und selbst die Nachhut kann nicht entkommen.
Fluchend reißt der Scout sein Pferd herum und ergreift die Flucht.
Bis zum Fort sind es noch etwa dreißig Meilen.
Der Colonel muss eine starke Patrouille ausschicken, um wenigstens den Versuch zu machen, die drei Frauen zu retten. Denn Kirby Drago weiß zu gut, was die Apachen mit jungen Frauen machen, mit denen sie Kinder zeugen können, aus denen Apachenkrieger werden.
Kirby Drago reitet wie der Teufel weiter in die Santa Catalinas hinein und der sinkenden Sonne entgegen.
✰
Indes Kirby Drago reitet und so seinen Skalp rettet, stirbt der junge Lieutenant Phil Baker am Westufer des San Pedro. Er fiel vom Pferd, als eine Kugel ihn in die Schulter traf.
Und als er schnaufend und stöhnend auf dem Rücken liegt, tritt ein Apache zu ihm und blickt mit einem brennenden Blick voller Hass auf ihn nieder.
Der Lieutenant will hoch, doch da nagelt ihn eine Lanze am Ufersand fest, so als wäre er ein großer Käfer.
Der Lieutenant stößt einen schrecklichen Laut aus. Und weil er weiß, dass er gleich tot sein wird, fragt er heiser und mit seinem letzten Atem: »Apachu, wer bist du?«
»Ich bin Geronimo, so nennt ihr Weißen mich. Aber mein richtiger Name ist Goyathlay, Pferdesoldat.«
Lieutenant Phil Baker hört es noch.
Dann erlöst ihn der Tod.
Und er ist der letzte Mann des Wagenzuges, der seinen Atem für immer aushaucht.
In der Kutsche, die im seichten Wasser dicht vor dem Ufer anhielt, da sitzen die drei Frauen. Nein, sie kreischen nicht, weinen und wimmern auch nicht in ihrer Not.
Sie sind drei Offiziersfrauen.
Eine von ihnen bringt einen kleinen Derringer zum Vorschein und steckt sich die Doppelmündung in den Mund. Noch bevor die anderen Frauen sie hindern oder etwas sagen können, drückt sie ab.
Dann ist es einige Sekunden lang still in der Kutsche.
Endlich flüstert eine der beiden noch Lebenden. »Kate Longly, wir können überleben, wenn wir alles auf uns nehmen und stark genug sind. Willst du überleben, Kate? Wenn ja, dann bereite dich jetzt in diesen Sekunden schon auf alles vor. Diese Roten sind auch nur Männer. Und wenn die Armee uns nicht befreien kann, werden sie uns Kinder machen. Ich habe einen Dolch im Strumpfhalter. Willst du ihn haben, um dir das Leben zu nehmen?«
»Nein, Betsy Wallis«, erwidert Kate Langley tonlos. »Weißt du, Kate, die Hoffnung stirbt zuletzt.«
✰
Als der Scout Kirby Drago vor der Hügelkette endlich die Lichter des Forts erblickt stößt er einen heiseren Ruf aus.
Eine halbe Stunde später reitet er durch das Haupttor. Als er vor der Kommandantur das Pferd verhält und absitzt, bricht das Tier auf die Knie nieder.
Er löst ihm den Sattelgurt und faucht den herbeieilenden Soldaten an: »Reibt es ab! Behandelt es gut. Ich muss zum Colonel, verdammt! Wo ist der Colonel?«
»Drüben in seinem Haus beim Abendbrot«, erwidert einer der Soldaten. »Was ist geschehen?«
»Die Armee wird euch noch lange euren Sold schuldig bleiben«, knirscht Kirby Drago. »All die schönen Dollars hat nun Geronimo, verdammt! Die Dollars, den Wagenzug und viele Skalpe.«
Er stolpert über den Paradeplatz auf das Haus des Colonels zu. Als er die Veranda betritt, kann er durch die offene Tür den Kommandanten am Esstisch sitzen sehen. Neben dem Colonel sitzt dessen Frau. Sie werden bedient von einer prallen Mexikanerin, die ihre Köchin und Haushälterin ist. Die Frau des Kommandanten ist eine bereits ziemlich verblühte Frau, die gewiss mal so etwas wie eine Rose war, nun jedoch eine Hagebutte wurde, weil ihr Leben bei der Armee an Jahren doppelt zählte, besonders hier im Südwesten.
Colonel Bill Travis ist ein noch drahtig wirkender Mann mit einem grauen Spitzbart, ein typischer Kavallerist. Er zählt schon die Zeit bis zu seiner gewiss ehrenvollen Verabschiedung, hofft, dass er zuvor noch zum Brigadegeneral befördert wird. Denn als ehemaliger General wird es sich in der feinen Gesellschaft in Boston noch geachteter leben lassen.
Als er den Scout hereinkommen sieht, will er gerade die Gabel zum Mund führen. Doch nun lässt er sie wieder auf den Teller sinken, denn er sieht dem Scout an, dass dieser einen Gewaltritt hinter sich hat. Kirby Dragos Beine sind mit flockigem Pferdeschweiß bedeckt.
»Was ist geschehen, Mister Drago?« Die Stimme des Colonels klingt beherrscht, obwohl er Unheil wittert.
»Es war Geronimo mit einer starken Horde, Colonel«, spricht der Scout heiser.
Der Colonel denkt eine Minute nach. Dann fragt er: »Und es waren drei Frauen in der Kutsche?«
»Mrs Wallis, Mrs Longly und Mrs Scott, erwidert der Scout. »Und ich denke, dass Geronimos Horde sie lebend mitgenommen hat, um ...«
Der Colonel starrt ihn böse an und stellt fest: »Dann haben Sie den Wagenzug in eine Falle geführt, Mister Drago.«
Dieser hebt die Schultern und lässt sie resigniert wirkend wieder sinken.
»So ist es wohl, Colonel. Ich war blind. Die Apachen ließen mich passieren, um den folgenden Wagenzug nicht zu warnen. Ich habe sie nicht gesehen. Ja, ich war blind. Aber es ist nun mal so, dass man Apachen nicht sehen kann, wenn sie es nicht wollen.«
Er hat nun alles gesagt.
»Sie sind mit sofortiger Wirkung entlassen, Mister Drago. Wegen Unfähigkeit. Wollen Sie das schriftlich?«
Aber Kirby Drago erwidert nichts. Er setzt den alten Hut wieder auf, wendet sich und geht hinaus. In ihm jagen sich die Gedanken und Gefühle. Ja, er glaubt, dass er versagt hat und nun von der Armee mit Schimpf und Schande davon gejagt wurde.
Der Tod der Soldaten, Fahrer und all das, was den Frauen nun bevorsteht – wird ihn sein weiteres Leben belasten.
Geronimo fügte ihm eine schreckliche Niederlage zu.
Wie kann er damit fertig werden?
Als er sich das fragt, da weiß er nur einen Ausweg: Er wird sich in der Sergeant-Kantine sinnlos betrinken, um für eine Weile alles vergessen zu können.
✰
Die Verluste von Geronimos Horde sind nicht groß. Ihr eigener Blutzoll steht in keinem Verhältnis zu den vielen Toten des Wagenzuges.
Geronimos Horde bezahlt den Sieg mit der großen Beute mit drei toten und fünf verwundeten Kriegern, denn der Angriff kam so schnell und völlig unerwartet mitten im San Pedro, dass die Gegenwehr zu spät einsetzte.
Ja, die Beute ist groß. Sie werden alles auf die Maultiere laden, die Wagen verbrennen und sich auf den Weg zu einem der Händler machen, mit denen sie immer wieder Geschäfte machen.
Geronimo sieht zu, wie seine Krieger aus den Zuckersäcken den Kandis herausholen und sich in den Mund stopfen. Auch mit Tabak versorgen sie sich.
Aber als einige von ihnen ein Brandyfass öffnen wollen, um sich betrinken zu können, da schreitet er ein.
Geronimo ist ein untersetzter, breitschultriger Chiricahua-Apache. Er trägt außer einem Stirnband keinerlei Kriegsschmuck und wirkt auf den ersten Blick nicht anders als die anderen Krieger seiner Horde.
Dieser Eindruck ändert sich erst dann, wenn man in seine Augen blickt, in diesen brennenden Adlerblick, hinter dem eine starke, suggestive Kraft vorhanden ist.
Er geht nun zu der Postkutsche, öffnet den Schlag und blickt hinein.
Die beiden Frauen sitzen steif und bewegungslos auf der hinteren Bank. Ihnen gegenüber – also mit dem Rücken zur Fahrtrichtung – sitzt die tote Julia Scott, die sich in hilfloser Panik beide Kugeln des kleinen Derringers in den Mund schoss.
Geronimo betrachtet die beiden Überlebenden eine Weile wortlos, deutet dann kurz auf die Tote. Als er spricht, zeigt es sich, dass er die Sprache der Weißen ziemlich gut beherrscht, mag es Englisch oder Spanisch sein.
Sie hören ihn sagen: »Wir nehmen euch mit. Und ihr wisst, was euch bevorsteht. Ihr könnt jedoch nicht in diesen Kleidern auf Pferden reiten. Vielleicht habt ihr Reitkleidung in eurem Gepäck. Also zieht euch um, dann habt ihr es leichter.«
»Und wenn wir nicht wollen?« Betsy Wallis fragt es trotzig mit etwas schriller Stimme.
Um Geronimos hartlippigen Mund spielt der Anflug eines Lächelns.
»Es ist ganz einfach zu begreifen«, spricht er. »Wir freien Apachen werden von der ganzen Welt gejagt. Und das in dem Land, das unsere Vorfahren einst eroberten und Jahrhunderte beherrschten – zuerst gegen die Spanier, dann gegen die Mexikaner und nun gegen die Amerikaner, die wie gierige Diebe in unser Land kamen. Sie wollen uns einsperren in Reservate, uns ausliefern an korrupte Agenten der Regierung. Und weil wir frei sein wollen und um unsere Freiheit kämpfen, jagt uns die Arme, und jagen uns Skalpjäger, denen die Städte zu beiden Seiten der Grenze Prämien für Apachenskalpe zahlen. Aber wir haben fast dreihundert Jahre gegen die Spanier und Mexikaner standgehalten und werden das auch gegen die amerikanischen Gringos tun. Leider wir verlieren ständig Krieger. Unsere Frauen können durch Geburten diese Verluste nicht ausgleichen. Deshalb rauben wir junge Frauen, wo wir sie finden. Ja, unsere Krieger werden euch in unseren verborgenen Dörfern Kinder machen. Denn es geht um unser Überleben.«
Er wendet sich nach diesen Worten und lässt sie allein der Kutsche.
Sie verharren eine Weile. Dann murmelt Kate Longly tonlos: »Also los, Betsy. Ziehen wir uns um. Wir haben keine andere Wahl. Oder willst du dich doch selbst umbringen und nicht länger mehr leben?«
»Nein, ich will leben«, flüstert Betsy Wallis. »Und ich kann nicht glauben, dass unsere Männer es unversucht lassen, uns zu befreien. Das ist die verdammte Pflicht der Armee.«
»Sicher, das ist sie. Aber das kann noch viele Monate dauern. Und was ist, wenn wir dann schon Kinder haben? Bist du sicher, dass unsere Männer – diese stolzen Offiziere – dann noch mit uns leben wollen? Wie groß ist die Liebe unserer Männer?«
Kate deutet auf die Tote ihnen gegenüber, nachdem sie die nüchternen Worte sprach.
»Sie werden die Kutsche mit Julia Scott verbrennen«, flüstert sie. »Komm, Betsy ziehen wir uns um. Das Leben können wir uns immer noch nehmen, wenn wir es nicht mehr ertragen wollen.«
Sie klettern hinaus und holen sich ihre Koffer aus dem Gepäckkasten der Kutsche, beginnen sich umzuziehen.
✰
Es ist im Spätherbst 1872, als die Apachenjagd verstärkt in Gang kommt. Geronimo ist nun in seinem dreiundvierzigsten Lebensjahr und setzt den Krieg gegen die Weißen fort, obwohl ihm von Cochise abgeraten wurde.
Es ist General Crook, der den Feldzug gegen die letzten »Harten« in Bewegung setzt. Der frühe Wintereinbruch kommt Crooks Truppen zu Hilfe, denn die Geronimo-Horde kann sich nicht mehr hoch in die Berge zurückziehen, weil alle Pässe und Pfade zugeschneit sind.
Und so sammeln sich die letzten freien Apachen um Geronimo im Tonto-Becken unterhalb der mächtigen Mogollon Mesa.
Das Tonto-Becken ist ein gewaltiges Hochgebirgsplateau mit tausend verborgenen Winkeln, Schluchten, tiefen Falten und undurchdringlichen Dickichten.
All die kleinen Horden hinterlassen auf den Wegen dorthin eine blutige Fährte, denn sie wissen, dass sie wahrscheinlich im letzten Überlebenskampf sind. Und so überfallen sie Farmen, Ranches, kleine Siedlungen, Wagenzüge, Postkutschen und deren Pferdewechselstationen. Sie machen überall Beute, denn diese brauchen sie zum Überleben während des langen Winters in ihren Verstecken. Sie konnten ja kein Wild jagen und keine Vorräte ansammeln, weil sie sich ständig auf der Flucht vor den Armeeabteilungen, Bürgermilizen und Skalpjägern befanden.
Auch Geronimo und dessen Horde sind mit Frauen und Kindern ständig unterwegs.
Sie ziehen am San Pedro entlang nach Norden zum Gila, überfallen Minen, Farmen und lauern am Wagenweg nach Phoenix, das nach dem großen Brand wieder auferstanden ist und sich von einer kleinen Siedlung zur Stadt entwickelt, die in wenigen Jahren zur Hauptstadt von Arizona aufsteigen wird.
Geronimos Horde macht an diesem Wagenweg reiche Beute, muss jedoch bald der Bürgermiliz der wehrhaften Stadt weichen, die sich nicht aushungern lassen will.
Und so ziehen sie weiter durch die Bradshaw Mountains in Richtung Tonto-Becken.
Immer wieder muss ihre Nachhut die Verfolger aufhalten, denn ihre Frauen und Kinder kommen nicht so schnell voran wie die eisenharten und zähen Krieger, denen es nichts ausmacht, wenn sie mehr als hundert Meilen fast ohne Pausen im Wolfstrott laufen.
Die »Zwillingsschwestern« Kate Longly und Betsy Wallis befinden sich ebenfalls bei den Frauen und Kindern von Geronimos Schar. Sie tragen nun die Kleidung der Apachenfrauen, und da sie beide dunkelhaarig sind, könnte man sie fast für Mexikanerinnen halten.
Denn auch solche befinden sich bei der Schar, teils als Entführte, teils aber auch freiwillig. Und fast alle Frauen sind schwanger. Es gibt unterwegs auch einige Geburten.