G. F. Unger 2289 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2289 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Er kommt als Erster aus der engen Schlucht der Bradshaw Mountains geritten, hält seitlich des kaum erkennbaren Pfades an und blickt witternd über den Kopf seines grauen Wallachs hinweg in die Runde.
Vor sich sieht er wildes Land, das zweihundert Meilen weiter westlich am Colorado endet. Weit im Süden beginnt die Gila-Wüste, und im Norden steigt das Land in weiter Ferne aus dem Tonto Basin zur Mogollon Mesa empor.
Er wittert also in das Land vor sich von Süd nach West und dann nach Nord.
Aber er kann nichts erkennen, worüber er sich Sorgen machen müsste.
Nur die Vögel am Himmel fliegen nicht, als wären sie aufgescheucht worden.
Er zieht seinen Wallach halb herum und wartet auf Miguel, der im nächsten Moment an der Spitze der Pferdeherde auftauchen muss ...

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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Drango, der Kämpfer

Vorschau

Impressum

Drango, der Kämpfer

Er kommt als Erster aus der engen Schlucht der Bradshaw Mountains geritten, hält seitlich des kaum erkennbaren Pfades an und blickt witternd über den Kopf seines grauen Wallachs hinweg in die Runde.

Vor sich sieht er wildes Land, das zweihundert Meilen weiter westlich am Colorado endet. Weit im Süden beginnt die Gila-Wüste, und im Norden steigt das Land in weiter Ferne aus dem Tonto Basin zur Mogollon Mesa empor.

Er wittert also in das Land vor sich von Süd nach West und dann nach Nord.

Aber er kann nichts erkennen, worüber er sich Sorgen machen müsste.

Nur die Vögel am Himmel fliegen nicht, als wären sie aufgescheucht worden.

Er zieht seinen Wallach halb herum und wartet auf Miguel, der im nächsten Moment an der Spitze der Pferdeherde auftauchen muss ...

O ja, die Herde ...

Ein halbes Jahr hat er sie mit seinen beiden Helfern in den Bradshaws gejagt. Die siebenundfünfzig Tiere sind die besten aus einem halben Dutzend Wildpferdherden.

In einem kleinen Tal haben sie die Tiere zugeritten und zu zuverlässigen Sattelpferden gemacht. Dann haben sie die Tiere auch noch zu Zugpferden gemacht, die im Geschirr traben und ziehen, auf Kommandos und Zurufe reagieren.

Weil sie keinen Wagen im kleinen Tal hatten, mussten die Gespanne Schleppschlitten ziehen, die mit Steinen beladen waren.

Ja, sie haben hart gearbeitet, Wochen und Monate.

Doch jetzt sind die Tiere nach ihren Maßstäben ein kleines Vermögen wert, denn als Cowboy hätte jeder von ihnen in diesem halben Jahr etwa hundertfünfzig Dollar verdient, allerdings bei freier Verpflegung auf einer Ranch.

Miguel taucht aus der Schlucht auf, gefolgt von den ersten Tieren.

Er grinst breit unter seinem Schnurrbart und winkt herüber.

Drango Wade grinst ebenfalls und winkt zurück.

Die Pferde kommen zumeist in Doppelreihe aus der Schlucht, denn diese ist sehr eng, eigentlich nur ein Riss, der vor Urzeiten entstanden ist, als die Felswand der Bradshaws sich spaltete.

Drango Wade betrachtet die auftauchenden Tiere mit Stolz und Wohlgefallen, erfreut sich an ihrem Anblick und ihren Bewegungen.

Drango Wade ist ein noch junger Mann, kaum älter als zwei Jahrzehnte. Und dennoch ist er ein erfahrener Wildpferdjäger. Denn als Kind wuchs er bei den Apachen auf, bis ihn ein weißer Händler kaufte.

Er zählt die Tiere, und es sind immer noch siebenundfünfzig.

Zuletzt kommt Paco aus der Schlucht mit den beiden Packtieren, die ihre ganze Ausrüstung tragen. Auch Paco – der eigentlich mit vollem Namen Francisco Alvarez heißt – grinst blinkend und winkt herüber.

Drango Wade denkt nachsichtig: O Paco, du träumst jetzt gewiss schon von den Schönen in Pikes House.

Er reitet an und an der linken Flanke der Herde entlang, drängt einige Tiere in die Reihe zurück. Auch er freut sich auf Pikes House.

Es ist noch früher Vormittag. Sie werden die kleine Stadt im Rinderland am späten Nachmittag erreichen.

Und dann?

Als er sich die Frage stellt, da wird sofort noch eine andere Frage in ihm mächtig, nämlich die Frage: War Kim Garfield mir länger als ein halbes Jahr treu?

Diese Frage hat er sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gestellt, wenn er im Camp am Feuer unter seiner Decke lag und nach einem harten Tag ausruhte. Denn Kim ist ein wunderschönes Mädchen, das in Pikes House umschwärmt wird wie das Licht von den Motten.

Und welchem Mädchen gefiele das nicht?

Ja, sie wollte auf ihn warten.

Er verspürt wieder ein Gefühl von Stolz, denn er kommt ja wie ein Sieger zurück nach langer Pferdejagd. Selbst wenn er seine beiden Helfer ausgezahlt hat, werden ihm noch mehr als zweitausend Dollar an Gewinn bleiben.

Er wird eine kleine Ranch kaufen können und mit Kim in einem Haus leben und im selben Bett liegen.

Heiliger Rauch, er ist voll dabei, etwas zu schaffen.

Im letzten Tageslicht erreichen sie Pikes House. Die kleine Stadt ist aus einer Post- und Pferdewechselstation entstanden und wurde in diesem Land zum Nabel einer Welt, die einen Umkreis von hundert Meilen hat.

Der Wagenhof mit der Schmiede und den Corrals des Pferdehändlers befindet sich neben der Poststation.

Als sie die Pferde in einen der großen Corrals treiben, kommt der Postagent mit seinen beiden Gehilfen, dann auch der Schmied.

Und jeder von ihnen ist ein Pferdekenner.

Sie nicken und winken den drei Wildpferdjägern zu und haben dann nur noch Augen für die Tiere, die sich in dem fremden Corral unruhig bewegen, dann aber zu den Wassertrögen gehen und vorsichtig daraus saufen.

Ja, sie kosten zuerst vorsichtig.

Jack Warwick, der Postagent, wendet sich nach einer Weile Drango Wade zu, der immer noch im Sattel sitzt, ebenso seine beiden Helfer.

»Ja, das ist was«, sagt er und nickt. »Das sind prächtige Caballos. Aber sind sie auch zu gebrauchen oder noch wild?«

Drango Wade grinst nur mitleidig, aber die Frage ist ja auch nicht ernst gemeint. Sie grinsen nun alle. Denn sie kennen sich zu gut. Der Postagent weiß längst, dass Drango Wade ihm nur erstklassige Pferde bringt, die unter dem Sattel und auch als Gespann vor einem Wagen oder einer Kutsche gehen und auf Zurufe reagieren.

Die Männer haben auch längst mit kundigen Blicken entdeckt, dass mehr als ein halbes Dutzend Zweihundert-Dollar-Pferde unter der Herde sind. Auch all die anderen Tiere sind weit über dem Durchschnitt.

In diesem Land kann man schon für zwanzig Dollar ein brauchbares Reitpferd bekommen, doch von diesen Tieren ist keines unter fünfzig Dollar wert.

Jack Warwick, der hier der Boss ist, nickt Drango Wade zu.

»Ihr habt es gewiss eilig nach einem halben Jahr in den Bradshaws?«

»Si, Señor!«, ruft Miguel aus dem Sattel herüber. »Uns juckt es mächtig!«

Sie sitzen nun ab, doch nur Drango geht mit dem Agenten Jack Warwick ins Haus hinein, wo sich das Office und der Geldschrank befinden.

Drinnen wendet sich Warwick dem Wildpferdjäger zu. »Drango, Sie wollen von hier jetzt gewiss auf dem kürzesten Weg zu Kim Garfield?«

»Richtig, Mister Warwick, sobald ich meine beiden Helfer ausgezahlt habe. Ich brachte Ihnen diesmal besonders gute und wertvolle Tiere. Viele sind mehr als hundert Dollar und einige mehr als zweihundert wert. Ich denke, dass viertausend Dollar für die Herde ein fairer Preis wären.«

Jack Warwick betrachtet ihn ernst und mit einem Ausdruck von Besorgtheit.

Dann murmelt er: »Drango, Sie waren mit Ihren beiden Helfern länger als ein halbes Jahr in den Bradshaws wie auf einer einsamen Insel, abseits der Welt und deren Menschen. Inzwischen hat sich eine Menge verändert.«

»Was, Mister Warwick, was?« Drango fragt es ungeduldig, und man sieht ihm an, dass er jetzt auf unerfreuliche Dinge vorbereitet ist, weil sein Instinkt ihn dies wittern lässt.

»Kim Garfield ist weg«, spricht Jack Warwick. »Sie hat nicht auf dich gewartet, mein Junge. Und weil das so ist, solltest du sie nicht als einen Verlust beklagen, sondern froh sein, dass sich jetzt schon zeigte, was ihre Liebe wert war. Sie ist mit einem prächtig aussehenden Burschen weg, der ein Spieler und Revolvermann ist und der ihr vormachte, dass er ihr die ganze Welt erobern würde. Sie hat ihm in Mary Millers Laden Hemden verkauft. Und dabei hat er sie wohl verzaubert. Vergiss sie, mein Junge.«

Er verstummt mit einem väterlich wirkenden Klang in der Stimme. Und sein Blick ist nun mitfühlend.

Und weil Drango noch schweigt, fügt er hinzu: »Es gibt manchmal Frauen, die sind treu bis in die Hölle und zurück, aber auch welche, die wie Schmetterlinge nach köstlichem Blütenstaub suchen. Vergiss sie also.«

Als Warwick diesmal verstummt, hat seine Stimme einen härteren Klang.

Drango nickt langsam. »Und was gibt es noch?«

Nun staunt Warwick einen Moment, fragt dann: »Ihr habt es wirklich noch nicht gehört? Wart ihr in den Bradshaws wirklich am Ende der Welt und auf einem anderen Stern?«

»Was gibt es noch?« Drangos Stimme klingt trügerisch sanft.

Jack Warwick hebt die Hände, so als würde er sich ergeben, lässt sie wieder fallen und spricht hart: »Seit dem elften April haben wir Krieg. Und am zwölften April wurde der Krieg mit der Beschießung von Fort Sumter praktisch begonnen. Dann hatten wir am einundzwanzigsten Juni die erste wirklich große Schlacht am Bull Run, einem Seitenarm des Potomac. Die Konföderierten unter den Generalen Beauregard, Johnston und Jackson schlugen die Truppen des Nordens. Und weil General Jackson besonders standhaft kämpfte, nennt man ihn nun Stonewall Jackson. Und davon habt ihr bisher noch nichts gehört?«

Warwick verstummt ungläubig staunend.

»Wir waren von der Außenwelt abgeschlossen«, erwidert Drango. »Wir hatten es nur mit einigen Apachen zu tun, die uns die Pferde abnehmen wollten.«

Warwick betrachtet Drango Wade ernst und forschend.

Er sieht einen jungen, indianerhaft wirkenden Mann von etwas über sechs Fuß Größe und etwas über hundertsechzig Pfund Gewicht, einen jungen Mann, der das Leben in diesem Land kennt und von dem ein unerschütterlich wirkendes Selbstvertrauen ausgeht, aber auch eine ständige Wachsamkeit.

Der Agent Warwick wendet sich dem Geldschrank zu und holt das Geld heraus.

Sie wechseln nicht mehr viele Worte, doch als Drango sich zum Gehen wenden will, da fragt er: »Wirst du in den Krieg ziehen, Drango, mein Junge?«

Aber dieser hebt nur die breiten Schultern, lässt sie wieder sinken uns geht wortlos hinaus.

Und so murmelt Warwick bitter: »Der leidet jetzt wie ein angeschossener Wolf, verdammt!«

Als Drango Wade seinen beiden Helfern den Lohn mit einer noblen Prämie auszahlt, da grinsen sie. Paco sagt: »Wir haben es soeben schon vom Stallmann gehört. Die Südstaaten kämpfen gehen die Nordstaaten und haben die erste große Schlacht gewonnen. Aber uns geht das nichts an. Wir sind Halbbluts. Viel Glück, Patron! Wir würden gerne wieder für dich reiten.«

Sie steckten inzwischen das Geld ein, gehen zu ihren Sattelpferden und schwingen sich hinauf in die Sättel. Und als sie die Tiere anspringen lassen, um aus dem Hof auf die staubige Straße zu gelangen, da stoßen sie scharfe Schreie aus, als ritten sie in eine Schlacht.

Denn für ihre Verhältnisse sind sie jetzt wohlhabende Hombres. Jeder von ihnen bekam fünfhundert Dollar. Und das sind zwei Jahresgehälter erstklassiger Vaqueros. Ja, sie fühlen sich reich und wollen nachholen, was sie über ein halbes Jahr entbehrten, nämlich Frauen, Tequila, Karten und andere Sünden.

Drango aber verharrt noch einige langsame Atemzüge neben seinem grauen Wallach. Er fühlt sich leer, ausgebrannt, verraten, einsam und allein.

Kim Garfield hat nicht auf ihm gewartet.

Was nützen ihm nun die dreitausend Dollar?

Eine kleine Ranch hätten sie sich dafür kaufen können.

Er macht eine wegwerfende Handbewegung und sitzt dann auf, reitet langsam im Schritt auf die staubige Hauptstraße der kleinen Stadt Pikes House hinaus.

Es wurde inzwischen Nacht. Die Sonne verschwand als roter Ball im Westen weit hinter den Bergen des Colorado Ridge.

In Pikes House gingen überall die Lichter an. Aus Fenstern und Türen fallen Lichtbahnen, die wie goldene Schranken anmuten, deren Licht immer kräftiger wird, je dunkler die Nacht mit all ihren verborgenen Geheimnissen sich ausbreitet.

Im Schritt reitet er weiter in die kleine Stadt hinein. Als er an Mary Millers Store vorbei müsste, hält er an, verharrt bewegungslos im Sattel.

Die Stadt ist still geworden. Man sitzt jetzt beim Abendessen. Und von den umliegenden Ranches, Farmen und Minen kamen noch keine durstigen Kehlen herein.

Als er wieder anreiten will, tritt die füllige Mary Miller aus dem Store und verharrt auf dem Plankengehsteig.

»Drango, ich hörte schon, dass Sie zurück sind von der Pferdejagd. Kim Garfield ließ einen Brief für Sie bei mir zurück. Wollen Sie ihn haben?«

»Nein, Mrs. Miller«, erwidert er und reitet weiter.

Und wieder fühlt er das Gefühl der Leere, Einsamkeit und des Verratenseins stark in sich. O ja, er wird sich betrinken und vielleicht einen Streit anfangen.

Er spürt die Wildheit eines Mannes in sich aufsteigen, der sich irgendwie entladen muss, will er nicht daran ersticken.

Er erreicht die Plaza und sieht auf der anderen Seite die Lichter des Saloons, davor an der Haltestange eine Reihe von Sattelpferden.

Zum Saloon gehören auch eine Cantina und eine Fonda für die Gäste mexikanischer Abstammung.

Als er seinen Wallach an die Haltestange lenkt, da erkennt er den Pinto von Rusty Scott. Er muss gar nicht auf das Brandzeichen blicken. Dieser Pinto ist zu einmalig.

Als er abgesessen ist, betrachtet er die Brandzeichen der drei anderen Pferde neben dem Pinto.

Er stößt einen zufriedenen und grimmig klingenden Laut aus.

Und er fragt sich, ob es ein Spiel des Schicksals oder nur ein dummer Zufall ist, dass zu dieser Stunde seine vier Freunde im Saloon sind, so als hätten sie sich mit ihm treffen wollen.

Als er eintritt, hält er inne, wartet die Sekunden ab, um seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Er kommt ja aus der Nacht in einen hellen Raum. Aber dann sieht er sie am Schanktisch lehnen, die noch halb vollen Gläser vor sich zwischen den Fingern drehend.

Ja, da ist Rusty Scott, mit dem er vor Jahren, als sie noch ganz junge Burschen waren, drüben in Sonora Pferde stahl.

Neben Rusty lehnt Latigo. Eigentlich heißt er Jube Benbow, aber man nennt ihn nur Latigo, denn er ist ein »Hechicero de cuero«, was soviel heißt wie »Zauberer mit dem Lederseil«.

Rechts von Latigo lehnt Santiago Slade. Der letzte Mann in der Reihe am Schanktisch ist Stacy Kellog, der als Schmied im Land umherzieht und auf den Ranches und bei den Minen Schmiedearbeiten verrichtet.

Er ist es, der nun über die breite Schulter zum Eingang blickt und Drango Wade erkennt. Er wendet sich sofort und ruft scheinbar erschrocken: »Ein Geist, ein Geist ist gekommen! Seht doch, Jungs, da kommt ein Geist zur Pumaspucken-Tränke!«

Sie wenden sich alle um, lehnen mit aufgestützten Ellbogen an der Bar und grinsen ihn an.

»Nein, der lebt noch richtig!«, ruft Rusty. »Den haben die Apachen noch nicht erwischen können. Heiliger Rauch, o Vater im Himmel, dass wir ihn noch mal wiedersehen ...«

Santiago und Stacy sagen nichts, grinsen nur.

Der Wirt hinter der Bar aber – sein Name ist Bill Garretter – spricht fast feierlich: »Halleluja, es ist einer gekommen, der eure Zeche bezahlen wird. Also macht eure Gläser leer, damit wir aufs Neue die Luft rauslassen können!«

Und so nehmen sie die halb leeren Gläser und prosten Drango zu: »Willkommen im Reich der Guten und Edlen, du Mann aus dem Jenseits!«

Santiago ruft es begeistert. Sie leeren die Gläser, indes er zu ihnen tritt. Dann aber rümpfen sie die Nase.

»Könnt ihr es riechen? Er stinkt wie ein Apache!«

Rusty stellt es fest.

Sie wollen lachend losbrüllen, doch dann fällt ihnen wieder ein, was sie schon fast vergessen hatten, weil es vor Monaten geschah.

Und so schweigen sie betroffen wirkend und betrachten ihn ernst und forschend.

Er aber spricht scheinbar ruhig und gelassen, obwohl es in seinem Kern ganz anders aussieht: »Ihr braucht es mir nicht zu sagen, denn ich weiß es schon. Ja, ich möchte mich mit euch besaufen, bis uns die Pumaspucke aus den Ohren herausgelaufen kommt. Oder habt ihr keine Lust?«

Sie nicken heftig.

»Ja, wir werden dir beim Vergessen helfen«, verspricht Latigo.

Und keiner nennt den Namen von Kim Garfield.

Der Wirt Bill Garretter füllt die Gläser, auch eines für sich.

Und als sie die Gläser geleert haben und bevor Bill Garretter sie abermals füllen kann, da hören sie draußen auf der Hauptstraße den trommelnden Hufschlag einer Mannschaft, die im Galopp in die Stadt gejagt kommt, obwohl das verboten ist. Und sie hören die wilden Schreie dieser Reiter.

Der Wirt hinter der Bar spricht bitter: »Du lieber Vater im Himmel, beschütze uns vor allem Übel. Jungs, geht hinten hinaus. Das ist die Bar-X-Mannschaft, und die will euch fressen wie rohes Fleisch. Das hat sie euch angedroht vor drei Wochen. Geht hinten hinaus, verdammt!«

Aber die fünf so unterschiedlichen Freunde rühren sich nicht von der Stelle. Und Drango fragt: »Was liegt da im Salz?«

Nun lachen sie unterdrückt, und es klingt fast wie Vorfreude auf ein Fest. Dann sagt Rusty trocken: »Ach, die mögen uns nicht, weil sie keinen Spaß verstehen, denn Späße machen das Leben süß – oder?«

Drango bekommt keine Gelegenheit, nachzufragen, um was für einen Spaß es sich gehandelt hat vor drei Wochen.

Denn die Tür wird aufgestoßen, und ein Rudel Cowboys drängt herein, wild und stürmisch, wie sie ja schon auf ihren Pferden hereingaloppierten.

Beim Anblick der fünf Männer an der Bar halten sie inne. Sie zählen sieben, sind also zwei Mann mehr.

Ihr Anführer ist John McKinney, Vormann der Bar X Ranch.

Er deutet auf die fünf bisher einzigen Gäste des Saloons und sagt kehlig: »Oha, so haben wir es uns gewünscht!«

Bill Garretter brüllt hinter der Bar: »Tragt es draußen aus! Hoiii, alle Mann raus, raus, raus! Nicht in meinem Saloon, ihr verdammten wilden Affen!«

Doch sein Gebrüll geht in einem anderen Gebrüll unter.

Und er kann nichts mehr aufhalten, obwohl er mit seiner abgesägten Schrotflinte in die Decke über sich schießt, wo die Schrotkugeln in den dicken Brettern keinen Schaden anrichten.

Und so tritt er mit vor der Brust verschränkten Armen an die Wand neben dem Gläserregal zurück und sieht verbittert zu.

Ja, es wird eine wilde Schlacht. Es bleibt nichts mehr heil im Saloon. Und dennoch verspürt der Wirt eine grimmige Zufriedenheit. Er murmelt knirschend immer wieder vor sich hin: »Ja, schlagt euch die dummen Bumsköpfe ein. Das ist eure Strafe. Eure Hirne sind kaum größer als Erbsen – können gar nicht größer sein. Ihr verdammten, primitiven Narren, wenn ihr so lang sein würdet wie eure Dummheit groß, dann könntet ihr den Mond am Arsch lecken, oho!«

Er sieht dann nach einer Weile, dass Drango Wade und dessen vier Freunde nach einer Taktik zu kämpfen beginnen, also zu einem planvollen Einsatz gegebener Kräfte zur Erreichung eines Zieles unter gegebenen Umständen überwechseln.