G. F. Unger 2293 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2293 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Jene Revolvermänner, die den Stern trugen, sie waren eine besondere Sorte. Sobald sie eine wilde Stadt befriedet hatten und es in ihr Recht und Ordnung gab, da suchten sie sich einen anderen Ort oder ein Gebiet, wo sie auf böse Weise Gutes tun konnten. Und so waren sie irgendwie so etwas wie Instrumente des Teufels oder Beauftragte des Allmächtigen zugleich, jedenfalls glaubten sie daran, die Mission zu haben, die Bösen zu vernichten, damit die Guten und Schwachen in Frieden leben und die Gesetze achten konnten.
Vielleicht waren sie ein Naturphänomen, das nach seinem Erscheinen bald wieder verschwand. Und wenn sie verschwunden waren, hatten sie zwar für so manche Beerdigung gesorgt, sich jedoch für die menschliche Gemeinschaft als Segen erwiesen.
Vielleicht taugten sie sonst nicht viel, denn viele von ihnen waren Trinker, Spieler und besaßen die Fähigkeit, ohne Hemmungen zu töten.
Aber es gab sie. Einige hatten berühmt-berüchtigte Namen - zum Beispiel: Bill Longley, Ben Thompson, King Fisher, John Wesley Hardin, Wyatt Earp, Doc Holliday, Clay Allison, Bat Masterton, Luke Short, Pat Garrett und andere.
Doch eines Tages war ihre Zeit vorbei.
Fast alle - außer Wyatt Earp - wurden nicht alt.

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Seitenzahl: 147

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Allein in Dirty Town

Vorschau

Impressum

Allein in Dirty Town

Jene Revolvermänner, die den Stern trugen, sie waren eine besondere Sorte. Sobald sie eine wilde Stadt befriedet hatten und es in ihr Recht und Ordnung gab, da suchten sie sich einen anderen Ort oder ein Gebiet, wo sie auf böse Weise Gutes tun konnten. Und so waren sie irgendwie so etwas wie Instrumente des Teufels oder Beauftragte des Allmächtigen zugleich, jedenfalls glaubten sie daran, die Mission zu haben, die Bösen zu vernichten, damit die Guten und Schwachen in Frieden leben und die Gesetze achten konnten.

Vielleicht waren sie ein Naturphänomen, das nach seinem Erscheinen bald wieder verschwand. Und wenn sie verschwunden waren, hatten sie zwar für so manche Beerdigung gesorgt, sich jedoch für die menschliche Gemeinschaft als Segen erwiesen.

Vielleicht taugten sie sonst nicht viel, denn viele von ihnen waren Trinker, Spieler und besaßen die Fähigkeit, ohne Hemmungen zu töten.

Aber es gab sie. Einige hatten berühmt-berüchtigte Namen – zum Beispiel: Bill Longley, Ben Thompson, King Fisher, John Wesley Hardin, Wyatt Earp, Doc Holliday, Clay Allison, Bat Masterton, Luke Short, Pat Garrett und andere.

Doch eines Tages war ihre Zeit vorbei.

Fast alle – außer Wyatt Earp – wurden nicht alt.

Als er den Pecos erreicht, hält er noch einmal den grauen Wallach an und blickt auf seiner Fährte zurück.

Er kann nichts erkennen, was ihm Sorgen bereiten könnte, aber er lässt sich nicht täuschen. Dort aus den Hügeln hinter ihm können schon in der nächsten Minute die Verfolger auftauchen.

Und so wartet er noch ein wenig, die Hände über dem Sattelhorn fast wie zum Gebet gefaltet.

Er wünscht sich mit wahrhaftiger Inbrunst – so als würde er zu seinem Schöpfer im Himmel beten –‍, dass seine Verfolger seine Fährte verloren haben.

Diese verdammten Narren, denkt er bitter.

Und abermals erinnert er sich an jene schwarze Sekunde, da er einen der Crow-Brüder erschoss, um selbst am Leben bleiben zu können.

Denn als Ringo Crow nach dem Revolver schnappte, da musste er schneller sein. Er hatte keine andere Wahl.

Und so denkt er nochmals: Diese verdammten Narren! Warum wollt ihr euren Bruder rächen? Er wollte den Kampf, nicht ich. Und dieses Mädchen war es nicht wert, dass zwei Burschen unserer Sorte sich gegenseitig umzubringen versuchten. Als ich zu euch auf die Ranch kam, da war sie allein und ließ mich von Anfang an spüren, dass ich sie haben konnte. Und als wir dann im Stroh lagen, da begriff ich schnell, wie erfahren sie war und welche Freude es ihr machte. Aber für euch war sie eine Heilige, die ich geschändet hatte. Oh, verdammt, was kann so ein Mädchen alles anrichten, wenn es verrückt ist, weil es sich auf einer einsamen Ranch eingesperrt fühlt, ausgeschlossen vom Leben. Sie muss es vor mir auch schon mit anderen Burschen getrieben haben, war also keine Heilige, nicht unschuldig und rein. Verdammt, was hat sie angerichtet, wenn ich nun auch noch weitere ihrer Brüder töten muss.

Als er dies gedacht hat, da sieht er sie aus den Hügeln kommen. Sie haben seine Fährte nicht verloren.

Sie sind zu dritt. Und er ist allein.

Sein Pferd aber hat ein Eisen verloren. Bald wird es zu hinken beginnen. Er kann ihnen nicht mehr entkommen. Vielleicht fanden sie das verlorene Eisen auf seiner Fährte und wurden sie sich sehr sicher, dass sie ihn bald haben würden.

Er flucht knirschend. Dann zieht er seinen Wallach herum und reitet in den Pecos hinein. Das Wasser reicht ihm inmitten des Flusses bis zu den Steigbügeln. Es gibt eine leichte Strömung.

Als er in der Flussmitte ist, erreicht er eine Sandbank. Und hier hält er inne, zieht das Tier herum und blickt den Verfolgern entgegen.

Diese haben ihn längst gesichtet und kommen im Schritt heran. Sie wissen zu gut, dass er ihnen selbst dann nicht mehr entkommen könnte, wenn er es weiterhin versuchen würde.

Als sie das Ufer erreichen, halten sie an.

Einer ruft zu ihm herüber: »Du kannst dich ebenso gut auch selbst erschießen, du verdammter Hurensohn! Dann müssen wir es nicht tun!«

Aber er schüttelt den Kopf und ruft zurück: »Eurer Schwester hat es Spaß gemacht! Sie wollte es! Auch war ich nicht ihr erster Mann! Und jetzt warne ich euch! Ich bin gewiss besser mit dem Revolver als ihr! Zumindest zwei von euch werde ich erledigen! Also lasst mich in Frieden reiten! Versucht keinen Kampf mit mir!«

Ganz ruhig ruft er es zu ihnen hinüber.

Aber sie sind drei wilde Burschen, voller Zorn und Rachedurst.

Und so treiben sie ihre Pferde in den Pecos und reißen dabei ihre Revolver aus den Holstern. Als sie sich nahe genug glauben, beginnen sie zu schießen.

Die Entfernung ist für Revolver noch recht weit, aber sie glauben an einen Glücksschuss.

Er aber wartet ruhig im Sattel sitzend, bis sie nahe genug heran sind. Ihre Kugeln umpfeifen ihn, eine zupft an seiner Schulterspitze, eine andere trifft als Streifschuss seinen Wallach am Hals wie ein Peitschenhieb.

Doch der Wallach ist ein Kriegspferd mit einigen Narben am grauen Fell. Er zuckt nur ein wenig zusammen.

Dann beginnt sein Reiter zu schießen. Es wirkt fast bedächtig.

Aber jede Kugel trifft.

Denn er ist ein Revolvermann.

Sein Name ist John Battley.

Und er war auf der Flucht vor seinem Revolverruhm.

Er sieht ihnen nach, als sie in der leichten Strömung abtreiben. Einer ist wahrscheinlich tot, die beiden anderen aber bekommen Grund unter ihre Füße und streben angeschossen dem jenseitigen Ufer zu. Auch ihre Pferde tun das.

Und als sie alle drüben sind, da brüllt einer zu ihm herüber: »Irgendwann bekommen wir deinen Skalp! Du hättest uns totschießen müssen! Wir werden dich von deinesgleichen erledigen lassen, du verdammter Revolverschwinger!«

Er hört es und begreift, dass er hinüberreiten müsste, um sie endgültig zu töten. Doch zu dieser Sorte von Revolvermännern gehört er nicht.

Und so zieht er seinen Wallach herum und reitet zum Westufer des Pecos hinüber. Er blickt sich nicht mehr um.

Eine gute Woche später verlässt er östlich von Leadville und vom Mount Lincoln den Wagenweg, um einen guten Platz für ein Camp zu finden, am besten an einem Creek, in dem es Forellen gibt.

Als er solch einen Creek erreicht, stößt er auf die Fährte einiger Reiter und folgt ihr zwischen einige haushohe rote Felsen. Der Creek kommt aus dieser Felsengruppe. Battley möchte wissen, wen er in der Nachbarschaft hat, sollte er an diesem Creek sein Camp aufschlagen und Forellen fischen wollen.

Wenig später – gleich hinter der Felsengruppe – stößt er auf das Camp der Reiter.

Es geschieht sehr plötzlich. Er sieht vier Männer, die um ein fast rauchloses Feuer hocken. Drei von ihnen tragen Handfesseln – und der vierte Mann trägt einen Marshalstern an der Weste, der mehr wie eine silberne Plakette aussieht.

John Battley kennt solche Abzeichen. Es sind besondere Abzeichen. US Marshals tragen solche Dinger.

Er kam leise und langsam durch die Felsengruppe geritten und hält nun mit seinem grauen Wallach inne.

Denn was er sieht, ist ziemlich eindeutig.

Der am Feuer hockende Marshal ist sitzend eingenickt, so wie ein völlig übermüdeter Mensch nun einmal einnickt. Dann senkt sich das Kinn bis auf die Brust nieder.

Wahrscheinlich erliegt der Marshal in diesem Moment einem sogenannten »Sekundenschlaf« und wird beim nächsten Atemzug wieder aufwachen.

Doch dann wird es zu spät sein für ihn und sein Überleben.

Denn einer der drei Gefangenen – es können nur Gefangene sein, weil sie ja gefesselt sind – hebt soeben einen großen Stein mit beiden gefesselten Händen hoch über den Kopf und wird ihn im nächsten Moment über das Feuer hinweg auf den Hut des Marshals werfen, dessen Kinn auf die Brust gesunken ist. Es ist ein schwerer, gewiss an die zehn Pfund wiegender Stein, der dem Gesetzesmann mit Sicherheit den Schädel zertrümmern wird.

John Battley kann nicht lange überlegen. Er muss im Sekundenbruchteil handeln, will er dem Marshal das Leben retten.

Und so zieht und schießt er.

Seine Kugel trifft. Der schwere Stein fliegt ins Feuer, weil er nicht mehr weit genug geworfen werden kann.

Der Mann bekommt die Kugel in die Brust.

Der Marshal aber wirft sich aus seinem Sekundenschlaf heraus zur Seite, verliert dabei seinen Hut, rollt über den Boden und springt mit dem Revolver in der Faust auf die Füße. O ja, er reagierte schnell, doch er wäre ohne Battleys Eingreifen ohne die geringste Chance gewesen.

Die beiden anderen Gefangenen brüllen böse, nein, sie kreischen voller Enttäuschung und Hass.

Dann aber sehen sie alle dem Reiter entgegen.

Als Battley bei ihnen hält, nickt er dem Marshal zu und spricht ruhig: »Sie sind gewiss schon lange ohne Schlaf, Marshal.«

»Drei Tage und drei Nächte«, erwidert dieser und wischt sich mit dem Ärmel seines Unterarms über das stoppelbärtige Gesicht.

»Ich muss mich wohl bei Ihnen bedanken«, fügt er hinzu. »Mann, wie ist Ihr Name?«

»Battley, John Battley, Mister. Und Ihr Name, Marshal?«

»Lonnegan, Jim Lonnegan. Und ich möchte Sie jetzt auf der Stelle als meinen Deputy vereidigen. Sind Sie einverstanden, Battley? Ich muss nur ein paar Stunden Schlaf nachholen. Dann entlasse ich Sie wieder aus Ihrer Pflicht. Wollen Sie?«

Battley nickt stumm, denn er sieht dem grauköpfigen Marshal an, wie sehr er am Ende ist. Er muss mit seinen drei Gefangenen schon sehr lange unterwegs sein. Dass er nicht zu schlafen wagte, deutet nur auf die Gefährlichkeit der drei Gefangenen hin.

»Dann schwören Sie, Battley«, verlangt Jim Lonnegan. »Muss ich Ihnen erst noch den ganzen Spruch aufsagen, dass Sie den USA ...«

»Nein, diesen Spruch kenne ich, Marshal. Den habe ich schon einige Male geschworen. Sie können ohne Sorge schlafen.«

»O verdammt«, knurrt der grauhaarige Mann.

Dann legt er sich auch schon lang.

Der Tag ist noch warm, obwohl die Sonne längst hinter den Bergen verschwand. Er schläft sofort ein.

Battley aber sitzt endlich ab und betrachtet die beiden noch lebenden Gefangenen. »Wer seid ihr denn?« So fragt er.

Sie zeigen ihm wortlos die Zähne und lassen ihn dabei an zwei in die Enge getriebene Büffelwölfe denken.

Dann spricht einer böse: »Du wirst unsere Steckbriefe in seiner Satteltasche finden. Und er konnte uns in Mesa nur festnehmen, weil wir zu betrunken waren. Sonst hätte er es nicht geschafft. Und du hast unseren Bruder Sebastian getötet. Er wird nun jede Nacht, wenn du schläfst, aus der Hölle in deinen Träumen erscheinen. Warum hast du dich eingekauft, du Hurensohn? Was ging dich das alles hier an?«

»Ach, das würdet ihr ja doch nicht kapieren«, erwidert er. »Dazu fehlt euch etwas.«

Er tritt nun zu dem dritten Gefangenen und überzeugt sich, dass kein Leben mehr in ihm ist.

Er nickt den beiden Banditen zu: »Ich löse euch die Handfesseln. Ihr könnt euren Bruder Sebastian beerdigen. Denn noch ist der sterbende Tag hell genug.«

Sie grinsen ihn voller Hass an.

»Du willst uns wirklich die Fesseln abnehmen?« Einer fragt es mit einem Zittern in der Stimme.

»Sicher, ihr Narren. Denn wenn ihr mich angreift und ich euch deshalb erschießen muss, dann hat es der Marshal leichter.«

Er sagt es mit ausdrucksloser Stimme, hält seine Gefühle tief in sich verborgen. Und so halten sie ihn für einen eiskalten Killer, der er aber gewiss nicht ist.

Als er ihnen die Fesseln löst, wagen sie nichts. Sie sind ja auch nicht mehr besonders rüstig, obwohl sie unterwegs gewiss mehr Schlaf bekamen als der Marshal. Nein, sie wagen nichts gegen diesen Revolvermann.

Sie hüllen ihren Bruder Sebastian in seine Decke und häufen dann Steine über ihm zu einem Grabhügel.

Denn ein Grab könnten sie nicht ausheben, weil der Boden zu hart ist und sie auch keine Werkzeuge haben.

Als sie dann fertig sind, ist es Nacht. Sie haben auf Befehl des Marshals außerhalb der Felsengruppe genügend Brennmaterial sammeln müssen, wozu auch trockene Büffelfladen gehören, die wie trockener Torf brennen.

John Battley hielt das Feuer in Gang, dessen Schein von den Felsen zurückgeworfen wird. Sie kommen nun zum Feuer, und sie versuchen immer noch nichts gegen ihn zu unternehmen, jedenfalls nichts mit Gewalt.

Aber als sie dann sitzen, da versuchen sie es auf eine andere Art. Sie starren über das Feuer hinweg auf Battley. Einer fragt: »Und du fesselst uns immer noch nicht?«

»Wozu?« Er fragt es kühl zurück und setzt hinzu: »Ich werde gewiss nicht vor Ermüdung einschlafen wie dieser alte Falke von einem Marshal.«

Nun grinsen sie wieder, zeigen ihm die Zähne und lassen ihn an zwei Wölfe denken. Und so fragt er abermals wie schon zuvor: »Wer seid ihr?«

Ihr Grinsen wird nun noch stärker, und er begreift, dass sie von einem wilden Stolz besessen sind.

Schließlich spricht einer kehlig: »Sieh doch nach in den Satteltaschen des Marshals, Bruderherz, denn du wirst dort noch mehr als nur unsere Steckbriefe finden und eine große Versuchung bekämpfen müssen, selbst wenn du noch so edel und gut sein möchtest, um in den Himmel zu dürfen zu den anderen Guten, wenn es dich mal erwischen sollte auf dieser Erde.«

Als er verstummt, da spricht sein Bruder salbungsvoll: »Ja, auch wir erlagen dieser Versuchung und wurden zu Sündern.«

Battley erwidert nichts. Er blickt auf das Gepäck des Marshals, zu dem auch zwei große, prall gefüllte Satteltaschen gehören. Noch zögert er einige Atemzüge. Denn es widerstrebt ihn, im Gepäck des Marshals etwas zu suchen.

Dann aber entschließt er sich. Denn er will endlich wissen, wer die Kerle sind, von denen er einen töten musste.

Die erste Satteltasche ist sehr schwer. Es klirrt darin, und als er sie öffnet, da enthält sie einen Postsack der Regierung, der voller Dollars ist, in Münzen, aber auch in Papiergeld.

Einer der beiden Banditen sagt: »Wir haben es schon gezählt. Es waren fünfhundert Zwanzigdollarstücke in Gold und hundert Banknoten im Wert von weiteren zehntausend Dollar, also zusammen zwanzigtausend. Und noch keine zweihundert hatten wir im ersten Saloon verjubelt, als der alte Falke uns schnappte. Er hatte es leicht mit uns, verdammt! Wir dachten nicht, dass uns jemand so dicht auf den Fersen sein würde. Wir waren hundert Meilen wie die Teufel geritten.«

Der Bursche verstummt bitter, beugt sich dann zum Feuer vor und greift die Kaffeekanne aus der warmen Asche des Feuerrandes, füllt sich einen der Zinnbecher und schlürf dann vorsichtig vom Rand.

Battley hört das alles und sucht nun in der zweiten Satteltasche, die mit den wenigen Habseligkeiten des Marshals gefüllt ist.

Er findet eine ganze Rolle von Steckbriefen.

Und dann weiß er wenig später, mit wem er es zu tun hat. Es sind die berüchtigten Coburne-Brüder, nämlich Jake, Sly und Sebastian Coburne, auf deren Ergreifen tot oder lebendig in verschiedenen Staaten oder Territorien hohe Belohnungen ausgesetzt sind. O ja, sie sind eine üble Bande, die sich auf Postkutschenüberfälle spezialisiert hat. Und weil mit diesen Postkutschen auch Regierungspost befördert wird, ist ein US Marshal zuständig. Vielleicht handelt es sich bei den zwanzigtausend Dollar um Regierungsgelder.

Einer der Coburnes fragt nun zu ihm herüber: »Na, ist das nicht was? Wenn du mit uns teilst und uns unserer Wege reiten lässt, dann könnten wir dir sogar vergeben, dass du unseren lieben Bruder erschossen hast. Den Marshal könnten wir weiter schlafen lassen. Der alte Falke ist so kaputt, dass er wahrscheinlich zehn Stunden durchschläft.«

Battley nickt. Er setzt sich zu ihnen ans Feuer und holt sein Rauchzeug hervor. Als er die selbst gedrehte Zigarette angeraucht hat, blickt er auf den schlafenden Marshal, der drei Tage und drei Nächte ohne Schlaf war.

Dieser graue Falke muss sich verdammt einsam und allein gefühlt haben. Gewiss musste er auch einsame Wege reiten. Sonst hätten ihm andere Banditen die Gefangenen und deren Beute wieder abgenommen.

Battley wendet sich wieder an die beiden Kerle, die ihn abermals angrinsen wie zwei Zähne zeigende Wölfe und in deren Augen er im Feuerschein den kalten Hass und die Lust zum Töten erkennen kann.

»Ihr werdet das nicht verstehen und niemals begreifen«, spricht er. »Denn da fehlt euch etwas. Ihr habt doch vorhin gehört, dass er mir einen Eid abverlangt hat.«

Der Marshal schläft wahrhaftig die ganze Nacht durch, schnarcht manchmal. Als er am nächsten Morgen nach Sonnenaufgang erwacht, hat Battley Kaffee gekocht und mit dem letzten Rest von Mehl und Speck einige Pfannkuchen gebraten.

Doch es ist nicht reichlich genug, um vier hungrige Mägen zu füllen.

Der Marshal kaut gründlich, so als würde dadurch jeder Bissen in seinem Mund doppelt so groß.

Seine Falkenaugen betrachten Battley immer wieder.

»Wir brauchen Proviant«, sagt dieser dann. »Wenn wir nirgendwo etwas einkaufen können, müsste ich etwas jagen. Kann ich Sie mit den beiden Coburnes eine Weile allein lassen? Im nahen Creek müssten einige Forellen sein. Wir sind noch längst nicht satt genug für einen langen Ritt. Ich denke, wir wollen nach Denver – oder?«

Der Marshal nickt kauend.

»Ja, ich will mit den Coburnes nach Denver. Dort werden sie an den Hälsen hochgezogen. Sie haben schon zu viel geraubt und gemordet, als dass man sie noch länger am Leben lassen könnte. Ihre Hinrichtung in Denver soll all die anderen Bösen abschrecken. Der Gouverneur will es so. Ich will es – und all die Redlichen wollen es. Wollen Sie mich begleiten, Battley? Die Regierung zahlt Ihnen zwei Dollar am Tag und auch etwas Meilengeld. Die ausgesetzten Belohnungen aber stehen uns nicht zu.«

Er hat nun alles gesagt, so meint er.

Doch John Battley blickt ihn immer noch wartend an.

Und da spricht Marshal Jim Lonnegan endlich: »Und ich bedanke mich, Battley, obwohl es eigentlich unter unserer Sorte selbstverständlich war und immer sein wird.«

Er hat nun alles gesagt, und er ist ein alter Jagdfalke, der Jagd auf die Bösen macht und dafür selbst keinen Dank erwartet, weil dies sein Job ist.

Battley nickt kurz und erhebt sich. Er geht davon.

Die beiden Coburnes aber grinsen nun den Marshal an. Einer sagt: »Glück gehabt, alter Mann.«