G. F. Unger 2295 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2295 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es war für mich ein Job, wie ich ihn in den vergangenen Jahren immer wieder übernommen hatte - ein Revolverjob. Denn ich war schon lange der Revolvermann Ben Kilrain, und ich lebte von meinem Colt.
In Rosalia am Bonita Creek hatte ich also einen Fünfhundertdollar-Job übernommen, und vorerst bestand dieser Job nur aus Warten. Die Stadt hatte siebenunddreißig erwachsene Einwohner und etwa ein Dutzend Kinder. Sie lebten im Schatten dreier Brüder, und diese drei Hombres waren so schlimm wie die Plagen eines bösen Gottes. Immer dann, wenn es die wilden Carpenter-Brüder juckte, kamen sie nach Rosalia. Das wurde dann stets sehr schlimm und warf die fleißigen Menschen der kleinen Stadt weit zurück.
Vor einigen Tagen war Joe Carpenter nach Rosalia gekommen. Nachdem er ohne Bezahlung gut gegessen, sich eine neue Hose »gekauft« und sich im Saloon ziemlich schlimm betrunken hatte, verlangte er nach einem Pokerspiel und geeigneten Spielpartnern. Dann begann er mit den Bürgern zu spielen - und gewann.
Es war nämlich gefährlich, ihn nicht gewinnen zu lassen. Denn dann wurde er misstrauisch, vermutete üble Kartentricks und drohte, seine Gegenspieler umzulegen.
Dies alles nahmen die Bürger von Rosalia noch hin. Daran waren sie gewöhnt. Sie ließen Joe Carpenter fünfzig Dollar gewinnen und hofften, dass es damit genug sein würde. Denn bisher war der wilde Joe danach stets zufrieden und wie ein betrunkener Affe aus der Stadt geritten. Das letzte Mal jedoch war es anders gewesen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Kilrains Kampf

Vorschau

Impressum

Kilrains Kampf

Es war für mich ein Job, wie ich ihn in den vergangenen Jahren immer wieder übernommen hatte – ein Revolverjob. Denn ich war schon lange der Revolvermann Ben Kilrain, und ich lebte von meinem Colt.

In Rosalia am Bonita Creek hatte ich also einen Fünfhundertdollar-Job übernommen, und vorerst bestand dieser Job nur aus Warten. Die Stadt hatte siebenunddreißig erwachsene Einwohner und etwa ein Dutzend Kinder. Sie lebten im Schatten dreier Brüder, und diese drei Hombres waren so schlimm wie die Plagen eines bösen Gottes. Immer dann, wenn es die wilden Carpenter-Brüder juckte, kamen sie nach Rosalia. Das wurde dann stets sehr schlimm und warf die fleißigen Menschen der kleinen Stadt weit zurück.

Vor einigen Tagen war Joe Carpenter nach Rosalia gekommen. Nachdem er ohne Bezahlung gut gegessen, sich eine neue Hose »gekauft« und sich im Saloon ziemlich schlimm betrunken hatte, verlangte er nach einem Pokerspiel und geeigneten Spielpartnern. Dann begann er mit den Bürgern zu spielen – und gewann.

Es war nämlich gefährlich, ihn nicht gewinnen zu lassen. Denn dann wurde er misstrauisch, vermutete üble Kartentricks und drohte, seine Gegenspieler umzulegen.

Dies alles nahmen die Bürger von Rosalia noch hin. Daran waren sie gewöhnt. Sie ließen Joe Carpenter fünfzig Dollar gewinnen und hofften, dass es damit genug sein würde. Denn bisher war der wilde Joe danach stets zufrieden und wie ein betrunkener Affe aus der Stadt geritten. Das letzte Mal jedoch war es anders gewesen ...

Diesmal hatte er noch andere Wünsche gehabt.

Als er nämlich aus dem Saloon kam und zu seinem Pferd stolperte, sah er die junge Lehrerin, die sich Rosalia endlich für den Nachwuchs hatte kommen lassen. Die junge Frau ging vom Schulhaus schräg über die Fahrbahn zum Store.

Joe Carpenter schwang sich auf sein Pferd, ritt ihr nach, und weil sie vor ihm noch rechtzeitig in den Store entwischen konnte, trieb er sein scheckiges Pferd an, um ihr in den Store zu folgen. Er beugte sich tief über den Pferdehals, und auch der Gaul nahm den Kopf herunter, um nicht anzustoßen.

Aber drinnen erschreckte sich das Tier dann, weil der Storehalter etwas gegen Pferde in seinem Laden hatte und ihm einen rasch ergriffenen Besen auf die Nase schlug.

Das Tier wollte sich aufbäumen. Aber es konnte nicht. Es langte nur, um dem Reiter das Genick zu brechen. Denn als es sich mit der Vorderhand aufbäumte, knallte Joe Carpenter mit dem Genick unter den Türbalken.

Er fiel wie ein schlaffer Sack herunter und war tot.

Daraufhin sammelten die Bürger der Stadt Rosalia fünfhundert Dollar und holten mich.

Denn sie wussten, dass Shanny und Herb Carpenter kommen würden, um Rosalia dafür zu bestrafen, dass sich ihr kleiner Joe hier das Genick brach.

Deshalb war ich also da und wartete.

Die beiden Carpenters saßen auf starken, zähen, struppigen Pferden. Schon den Tieren sah man an, dass ihre Reiter in den wilden Hügeln lebten.

Sie sahen fast wie riesige Apachen aus, die sich als Weiße verkleidet hatten. Doch solche riesenhaften Apachen gab es nicht.

Sie kamen rechts und links an den Rändern der Straße hereingeritten. Jeder beobachtete die gegenüberliegende Seite. In ihren dunklen und schrägäugigen Gesichtern war lauernde Wachsamkeit.

Dann sahen sie mich.

Einer der beiden Carpenters war mir näher, weil er ja auf meiner Straßenseite geritten kam. Dieser Carpenter sagte: »He, bist du dieser Ben Kilrain?«

»Der bin ich«, sagte ich ruhig.

Carpenter nickte gewichtig.

»Na schön«, sagte er dann. »Ich bin Shanny Carpenter. Das ist mein Bruder Herb, und wir werden diese Town hier kleinmachen, verstehst du?«

Ich nickte. »Ja, ich verstehe«, sagte ich. »Aber warum wollt ihr diesen Ort kleinmachen? Kannst du es mir erklären, Shanny Carpenter?«

Wieder nickte er auf seine gewichtige Art.

»Gäbe es dieses Stinknest nicht«, erklärte er mir, »wäre Joe nicht hergeritten und es wäre ihm kein Unglück zugestoßen. Das ist doch so einfach zu verstehen, nicht wahr?«

Ich schluckte, begriff, dass sie dumm waren, nur nach Instinkten lebten und deshalb gefährlich waren wie Steinzeitmenschen.

Carpenter grinste und deutete mit den Daumen über die Schulter zum Store hinüber.

»An der Tür da wird sich niemand mehr den Kopf einrennen, und da drinnen wird sich niemand mehr das Genick brechen«, sagte er. »Herb wird einen Kanister Petroleum auskippen und alles anzünden, Hombre. Dann ...«

Ich brauchte nichts mehr hören.

Ich sagte: »Ihr werdet mich erst niederkämpfen müssen, bevor ihr dieser kleinen Stadt etwas tun könnt.«

Während ich dies sagte, bekam ich es!

Sie hatten noch einen dritten Mann, der durch eine Seitengasse in die Stadt gekommen war. Als ich mich erhob und ein gutes Ziel bot, schoss er mit einem Gewehr auf mich.

Es war ein Büffelgewehr, und die Kugel stieß mich rücklings gegen die Hauswand.

Ich schoss Shanny Carpenter vom Pferd. Dann schoss ich in die Gasse und traf den Hombre.

Dann wartete ich auf Herb Carpenter, der mit seinem Pferd angesaust kam. Er beugte sich weit über den Pferdehals, und ich wusste, dass er sich vom Pferd auf mich schleudern würde. Als er es tat, traf ich ihn mit der dritten Kugel.

Er rollte bis vor meine Füße.

Dann war alles vorbei.

Ich spürte noch, wie ich an der Hauswand entlang in die Hocke rutschte.

Und ich dachte dumpf: Hoffentlich verstopfen sie dir die Kugellöcher, bevor zu viel Blut herausläuft.

Dann kippte ich nach vorn über Herb Carpenter.

Nun, ich will jetzt nicht ausführlich über meine Gesundung berichten. Wichtig für diese Geschichte ist nur, dass ich es tatsächlich schaffte und nach etwa vier Wochen wieder auf der Veranda des Saloons sitzen konnte, um meine Patiencen zu legen.

Ich musste mich erst noch weiter erholen und zu Kräften kommen.

Aber die Zeit brannte mir unter den Füßen – oder besser gesagt, unter dem Hosenboden. Ein Mann wie ich konnte nirgendwo lange bleiben. Das ging einfach nicht.

Denn ich hatte mir da und dort Feinde gemacht. Es gab Rächer auf meiner Fährte. Und es gab die Wild Bills, die zu Ruhm kommen wollten.

So war das nun einmal.

Aber als ich dann Besuch erhielt, war er von ganz anderer Art.

Es war ein Besuch, den ich niemals erwartet hätte.

Die Postkutsche aus Santa Fe, über Albuquerque und Acoma – alles alte spanische Niederlassungen – kam nur einmal in der Woche. Ich blickte mit wenig Interesse zur Kutsche hinüber.

Dann sah ich einen alten Mann aus der Kutsche klettern.

Ihm folgte ein wenig Gepäck – und dann kam ein kleines Mädchen zum Vorschein. Es war ein dünnbeiniges und langzöpfiges Ding von etwa zehn Jahren.

Ich dachte: Das muss ein Opa mit seiner Enkelin sein.

Er kam mir wie ein alter Sheriff, ein alter Arzt oder ein alter Richter vor. Jedenfalls war er in seinen besten Jahren bis ins hohe Alter eine Respektsperson gewesen. Dies sah man ihm noch an.

Er fragte: »Sind Sie Ben Kilrain, geboren am 17. Juli 1840 in San Antonio, Texas? Sind Sie dieser Kilrain?«

Ich nickte und wunderte mich.

Der alte Mann trat schnaufend an meinen Tisch und setzte sich, wobei er erleichtert ausatmete.

»Dem Himmel sei es gedankt«, sagte er dann aufatmend, »dass wir Sie endlich finden, Mister Kilrain. Wir suchen schon fast ein Jahr nach Ihnen. Und wohin wir auch auf Ihrer Zickzackfährte kamen, Sie waren stets schon wieder fort – weiter – irgendwohin. Es ging allmählich über meine Kräfte und auch über die des Kindes. Nancy ist dünn geworden.«

Ich hatte staunend zugehört.

Doch als er den Namen Nancy nannte, regte sich etwas in meiner Erinnerung. Es war noch vage und unbestimmt, doch wies es schon irgendwie in eine Richtung.

Plötzlich wusste ich es wieder. Ich hatte einmal eine Nancy gekannt. Sie hieß Nancy Vansitter, und ich war wild und verrückt in sie verliebt gewesen.

Aber dann hatte ich meinen ersten Gegner getötet, und dessen Freunde hatten beschworen, dass ich meinen Colt zuerst gezogen hätte. Ich musste damals flüchten, um meinen Hals zu retten. Erst sehr viel später änderten die Zeugen ihre Aussagen und gaben zu, von den Angehörigen des Toten bestochen worden zu sein. Die Steckbriefe gegen mich wurden eingezogen. Doch ich war längst schon ein Revolverschwinger geworden, der eine Zickzackfährte ritt. Bald darauf brach der Krieg aus, und er wurde für mich ein großes, wildes Abenteuer.

Aber am Anfang war jene Nancy Vansitter gewesen, wegen der mich jener Bursche damals herausgefordert hatte.

Während ich dies alles aus meiner Erinnerung kramte, hörte ich den alten Mann sagen: »Ich bin Doktor Broderick O'Neil, und ich komme mit dem Kind aus Green Creek. Das liegt fast genau zwischen Colorado und Utah. Nancy Vansitter starb dort vor mehr als einem Jahr. Ich versprach ihr auf dem Sterbebett, Little Nancy zu Ihnen zu bringen und Ihnen diesen Brief zu übergeben. Hier ist er! Und wenn Sie ihn gelesen haben, dann können Sie sich immer noch entscheiden, ob Sie zu Little Nancy ins Hotel kommen wollen – oder einfach verschwinden. Sie haben immer noch die Wahl. Denn ich bin zwar ein alter Mann, doch will ich jetzt endlich – nachdem ich Sie gefunden habe, Mister – zu meiner Tochter nach St. Louis ziehen. Dort wäre auch für Little Nancy Platz. Sie hätte es dort wahrscheinlich besser als bei einem Vater, der als Revolvermann durch die Welt reitet und nichts weiter als eine Art moderner Gladiator ist. Oder nicht?«

Er erhob sich und ging zum Eingang des Gasthauses zurück.

Die Vergangenheit hatte mich eingeholt – doch auf eine völlig andere Art, als es zu erwarten gewesen war.

Ein kleines Mädchen kam, das meine Tochter sein sollte.

Ich schnappte nach Luft.

Doch dann öffnete ich den Brief und las:

Lieber Ben!

Solltest du diesen Brief einmal erhalten, dann bin ich tot und kann nicht länger mehr für unsere Tochter sorgen. Ich schwöre dir, dass es unsere Tochter ist. Damals, als ich sie bekam, suchte man dich steckbrieflich wegen Mordes. Und als sich später deine Unschuld herausstellte und man dich nicht mehr steckbrieflich verfolgte, warst du ein Revolverheld geworden – ein wilder Bursche mit einer rauchigen Fährte. Meine Angehörigen kamen im Krieg um. Little Nancy hat nur noch dich, ihren Vater. Es ist nun deine Pflicht, für Nancy eine gute Zukunft zu schaffen. Versuche es mal auf gute Weise. Das wünsche ich dir, Ben Kilrain. Meine Liebe zu dir war wohl letztlich nicht stark und groß genug. Sonst hätte ich dich nicht allein gelassen. Vielleicht hättest du damals schon Verantwortung spüren müssen. Aber wer will heute wissen, was gut gewesen wäre.

Ich wünsche dir von Herzen Glück.

Nancy, die du Blauauge nanntest.

Das letzte Wort riss die letzten Schleier beiseite. Nun sah ich wieder alles deutlich vor mir, so als wäre das Ganze nicht elf Jahre, sondern erst ein Jahr her.

Ja, Blauauge, so hatte ich Nancy Vansitter immer genannt.

Ich hob den Kopf und nahm meinen Blick von den Zeilen, die Nancy mir geschrieben hatte.

Denn ich hörte die leichten Schritte der Kleinen auf dem Plankengehsteig, der sich hier vor dem Saloon zu einer Veranda verbreiterte.

Ja, es war Little Nancy, die da kam.

Und sie hatte die gleichen Blauaugen wie ihre Mutter.

»Du bist mein Vater«, sagte sie plötzlich schlicht. »Nicht wahr, du bist mein Vater, den der Doc für mich suchte? Und du hast keine Schuld daran, dass wir dich suchen mussten. Du wusstest nichts von mir, nicht wahr? Du erfuhrst es jetzt erst durch den Brief da, nicht wahr? Glaubst du, dass ich deine Tochter bin?«

Sie legte bei der letzten Frage den Kopf etwas zur Seite.

Und in ihrer ganzen Ernsthaftigkeit wirkte sie sehr altklug und dennoch kindlich naiv.

Ich musste mir übers Gesicht wischen.

Dann sagte ich: »Komm her, Nancy. Setz dich zu mir.«

»Erst möchte ich eine Antwort auf meine Frage«, sprach sie ernst.

Ich nickte. »Ja«, sagte ich, »du bist mit größter Wahrscheinlichkeit meine Tochter. Da gibt es keinen Zweifel. Aber wie ist es denn umgekehrt? Glaubst du denn, dass ich dein Vater bin?«

Sie sah mich wieder auf ihre feste, gerade und kritische Art an.

Dann deutete sie auf den Brief.

»Wenn Mom das geschrieben hat, dann stimmt es«, sprach sie. »Meine Mom sagte immer die Wahrheit. Auf Mom konnte man sich verlassen. Sieh, ich habe sie hier bei mir.«

Sie zog an einer Kette und brachte ein Medaillon zum Vorschein, öffnete es und zeigte mir das Bild ihrer Mutter.

Ja, es war Nancy Vansitter.

Auf der anderen Seite des aufklappbaren Medaillons war mein Bild. Es war erst fünf Jahre alt und zeigte mich als Captain der Konföderiertenarmee bei der Kapitulation vor Appomattox.

»Ja, was wird nun werden?« So murmelte ich verwirrt.

»Ich falle dir bestimmt nicht zur Last«, sagte das Kind schnell. »Wir haben das kleine Hotel, welches Mom aufbaute, verpachtet. Du brauchst keinen Dollar für mich zu zahlen, Vater.«

Ihre Augen waren etwas schmaler geworden, und die Flügel ihrer kleinen Nase vibrierten.

»Magst du mich denn?« So fragte ich, und ich erinnerte mich daran, dass mich Kinder und Hunde schon immer mochten – auch Pferde. Nur bei Männern war es anders. Es gab immer wieder Burschen, denen ich aus den verschiedensten Gründen auf die Nerven ging.

Und die Frauen? Nun, ich sah so aus wie ein zivilisierter Comanche, nur größer geraten. Und dennoch mochten mich auch die meisten Frauen. Aber es waren zumeist Abenteurerinnen, die ich kennenlernte.

Ich war neugierig, wie Nancy meine Frage beantworten würde.

Wieder sah sie mich auf ihre altkluge Art an.

»Ich glaube«, sagte sie dann langsam, »dass man mit dir zurechtkommen kann. Ich weiß immer sehr schnell, ob ich jemanden nicht mag. In wenigen Jahren bin ich groß. Dann kann ich wie eine große Tochter für dich sorgen. Was kannst du eigentlich außer ...«

Nun hielt sie inne. Denn so klein sie auch noch war, spürte sie instinktiv, dass ihre Frage mich beleidigen würde.

»Würdest du gerne nach Green Creek zurückgehen?« So fragte ich.

Sie nickte.

»Ich habe ein paar Freunde dort«, sagte sie. »Auch Pat Williams, die unser Hotel gepachtet hat, ist in Ordnung.«

Wir gingen ins Gasthaus hinein. Hier erwachte der von einer langen Reise erschöpfte Doc soeben in einem Sessel.

Er staunte uns an.

»Es ist schon alles geklärt«, sagte ich. »Wir gehen nach Green Creek zurück. Nancy meint, dass sie dort Freunde hätte und Green Creek ihre Heimat geworden sei. Warum also sollten wir nicht nach Green Creek gehen?«

Er sah mich aus dem Sessel heraus eine Weile prüfend an, und er war ein alter, erfahrener Bursche.

Aber dann nickte er. »Ich komme mit«, sprach er. »Es kommt mir auf einige Wochen früher oder später, die ich zu meiner Tochter nach St. Louis komme, nicht an. Aber eines muss ich Ihnen sagen, Ben Kilrain. Es gibt in Green Creek einige harte und raue Burschen. Jeder hat seine Grenzen scharf markiert, und wenn Sie auch nur einem zu dicht aufs Fell rücken, wird er Sie annehmen wie einen fremden Bullen, der sich in den falschen Corral verirrte. Verstehen Sie?«

»Ich gehe mit Nancy nach Green Creek«, sagte ich langsam. »Ich suche dort keinen Streit, und ich will auch keinen Kampf mehr mit irgendwelchen Narren. Aber ich will leben – für Nancy. Wer mein Leben bedroht, der bekommt Verdruss mit mir – nichts als Verdruss. Aber ich will unsere Fährte verwischen. Wir nehmen nicht die Postkutsche. Ich kaufe für Nancy und mich einen guten Wagen. Dann machen wir eine schöne Reise. Irgendwann werden wir in Green Creek ankommen. Werden Sie dort sein, Doc?«

Er nickte im Sternenlicht.

»Ja«, sagte er, »ich will sehen, ob Sie es schaffen. Und Sie werden in Green Creek ein paar Freunde brauchen. Ich war lange der Doc dort. Auf mich hören die Leute. Wir werden sehen.«

Es waren schöne Wochen für Nancy und mich. Wir ließen uns Zeit, hatten einen gut gefederten Wagen, zwei gute Pferde davor und mein Sattelpferd hinten angebunden. Wir besaßen eine gute Ausrüstung und litten keinen Mangel. Zuerst mied ich die Ortschaften und Städte, wechselte nach einigen Tagen immer wieder die Richtung und verwischte unsere Fährte, so gut ich konnte.

Eines Tages kamen wir aus dem Grand-Mesa-Land ins Tal des Gunnison Rivers, folgten diesem und erreichten das Becken des Green Rivers. Hier war der Green Creek einer der vielen Zuflüsse des großen Flusses.

Von einem Hügel aus blickten wir auf den Ort. Wir sahen ihn im letzten Schein der Abendsonne. Die kleine Stadt wirkte ruhig und friedlich.

Aber ich war erfahren. Ich erkannte da und dort die wilden Hügel, die grünen Canyons, und begriff schon jetzt eine Menge von der Unübersichtlichkeit des Landes. Oh, es war ein schönes Land! Aber es bot zugleich auch tausend verborgene Winkel.

Mit solch einem Land hatte ich da und dort schon Erfahrungen sammeln können.

Langsam fuhren wir hinunter. Nancy war müde von einem langen Tag, doch sie plauderte lebhafter als sonst. Sie war freudig erregt. Für sie war dies eine Heimkehr.

Indes wir hinunter ins Green Creek Valley fuhren, kam die Nacht.

Die Straße war breit genug, um im engen Bogen den Wagen zu wenden. Ich hielt vor dem Hoteleingang.

Nancy saß jetzt ganz still neben mir. Sie hatte ihre Hände im Schoß gefaltet, und sie trug eine Hose wie ein Junge.

Die Zeit des Abendessens war längst vorbei, denn wir hatten seit Sonnenuntergang bis hinunter ins Tal doch noch mehr als eine gute Stunde benötigt. Ich musste unsere müden Tiere im Schritt gehen lassen.

Eine Frau trat aus dem Hotel – eine schlanke Frau mit ruhigen, harmonischen Bewegungen. Als ich sie im Lampenlicht betrachtete, erkannte ich sie sofort wieder.

Nancy sagte glücklich neben mir: »Da bin ich wieder, Miss Williams. Können Sie sich noch an mich erinnern? Sehen Sie, dies ist mein Vater. Dies ist Miss Pat Williams, Vater. Bekommen wir noch etwas zu essen? Ich habe Hunger wie ein Wolf!«

Sie sprang ab.

Und auch ich kletterte vom Wagen, nachdem ich etwas zögerte.

Ich fragte mich, ob Pat Williams mich erkennen würde. Als ich im Lampenschein vor sie trat, den Hut zog und sie fragte, ob wir wohl einige Tage bei ihr unterkommen könnten – als zahlende Gäste selbstverständlich –‍, da sah sie mich nachdenklich an. Sie wusste instinktiv, dass wir uns schon einmal begegnet waren. Aber sie kam nicht darauf, so sehr hatte ich mich verändert.

»Ich freue mich sehr, dass Nancy ihren Vater fand«, sagte sie. »Der alte Doc erzählte es uns schon. Sie sind also Mister Vansitter.«