G. F. Unger 2296 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2296 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als die Kutsche nach Wichita durch eine mit Buschwerk bewachsene Senke rollt, treiben die fünf Reiter ihre Pferde aus den Blüschen hervor und schwingen ihre Colts.
Alamo Scott, der Anführer des Trupps, ruft scharf und heiser »Haltet an, bevor wir zu schießen beginnen!«
Der Kutscher hält an. Sein Begleitmann benutzt nicht die Schrotflinte.
Die fünf Wegelagerer können wirklich von Glück reden, denn ihre Waffen sind gar nicht geladen. Den früheren Rebellensoldaten geht es so verzweifelt schlecht, dass sie nicht einmal mehr Munition für ihre Revolver und Gewehre haben.
Die Kutsche hält also. Die beiden Männer auf dem Bock heben die Arme. Die Tür öffnet sich langsam. Ein großer blonder Mann klettert heraus und hebt die Hände. Hinter ihm erscheint ein junges Mädchen. Danach kommt ein alter Mann zum Vorschein, dessen scharfes Geiergesicht ausdruckslos ist.
Das Mädchen blickt verächtlich auf die Wegelagerer. Es ist sehr hübsch, groß, schlank, mit weizengelben Haaren und großen Augen.
Timber Callagh, der mit seinem Colt vor den Fahrgästen steht, blickt einen Moment in die großen, graugrünen Augen des Mädchens hinein und schämt sich tief im Herzen.
Er sagt aber zu den Fahrern hinauf: »Kommt herunter und stellt euch in die Reihe!«

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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Mannschaft der Verlorenen

Vorschau

Impressum

Mannschaft der Verlorenen

Als die Kutsche nach Wichita durch eine mit Buschwerk bewachsene Senke rollt, treiben die fünf Reiter ihre Pferde aus den Büschen hervor und schwingen ihre Colts.

Alamo Scott, der Anführer des Trupps, ruft scharf und heiser »Haltet an, bevor wir zu schießen beginnen!«

Der Kutscher hält an. Sein Begleitmann benutzt nicht die Schrotflinte.

Die fünf Wegelagerer können wirklich von Glück reden, denn ihre Waffen sind gar nicht geladen. Den früheren Rebellensoldaten geht es so verzweifelt schlecht, dass sie nicht einmal mehr Munition für ihre Revolver und Gewehre haben.

Die Kutsche hält also. Die beiden Männer auf dem Bock heben die Arme. Die Tür öffnet sich langsam. Ein großer blonder Mann klettert heraus und hebt die Hände. Hinter ihm erscheint ein junges Mädchen. Danach kommt ein alter Mann zum Vorschein, dessen scharfes Geiergesicht ausdruckslos ist.

Das Mädchen blickt verächtlich auf die Wegelagerer. Es ist sehr hübsch, groß, schlank, mit weizengelben Haaren und großen Augen.

Timber Callagh, der mit seinem Colt vor den Fahrgästen steht, blickt einen Moment in die großen, graugrünen Augen des Mädchens hinein und schämt sich tief im Herzen.

Er sagt aber zu den Fahrern hinauf: »Kommt herunter und stellt euch in die Reihe!«

Die Männer gehorchen fluchend.

Alamo Scott und Kevin Boydlane sind indes von der anderen Seite in die Kutsche geklettert.

Wyatt Stone entwaffnet die Männer.

Lächelnd wiegt er den großen Colt des blonden Mannes in der Hand. Die Waffengürtel der beiden Fahrer wirft er Simson Lee und Timber Callagh zu. Der geiergesichtige Alte hat einen kleinen Derringer in der Rocktasche.

Bisher wurde noch kein überflüssiges Wort gesprochen. Das Mädchen nagt an seiner vollen Unterlippe und blickt Timber Callagh fest und forschend an.

Der fühlt den Blick fast körperlich. Er wendet leicht den Kopf und sieht in die stahlgrauen Augen jenes blonden Mannes, der zuerst aus der Kutsche kam.

Es ist ein großer Mann, fast so riesig wie Simson Lee, aber geschmeidiger. Er mag etwa vierzig Jahre alt sein und trägt einen Schnurrbart, der rötlich schimmert.

Dieser Mann wirkt sehr hart und selbstbewusst. Timber Callagh wundert sich mit einem Mal, dass dieser Mann nicht seinen Colt benutzt hat. Es geht ein seltsamer Hauch von Kraft und Willensstärke von diesem Mann aus – aber auch von Unduldsamkeit und kalter Berechnung.

In seinen stahlblauen Augen leuchtet es irgendwie belustigt. Timber erkennt, dass der Mann unter dem blonden Schnurrbart leicht lächelt. Er wirkt auf Timber Callagh irgendwie wie ein großer Löwe, der fast amüsiert beobachtet, wie einige verhungerte Wölfe ihren ersten Raub ausführen.

Das Mädchen sagt plötzlich herb: »Ich habe fünfunddreißig Dollar bei mir, und die können Sie haben, wenn Sie mich dann nicht mehr belästigen.«

»Wir berauben keine Ladys«, sagt Timber Callagh bitter.

Alamo Scott bringt einen großen Reisekorb um die Kutsche herum und ruft freudig: »Das ist es! Hier ist Schinken, Butter, Weißbrot, Whisky, Zigarren, Leberwurst und eine Menge anderes Zeug. Das ist gerade ...«

»Es ist mein Reiseproviant!«, ruft der geiergesichtige Alte grimmig. »Zum Teufel, ich werde dafür sorgen, dass ihr ...«

»Nun ruhig«, mischt sich der blonde Mann ein und hebt leicht die Hand. »Lassen Sie es sein, Denton«, sagt er. »Dies sind fünf verhungerte Burschen, denen niemand eine Chance gab. Als sie eben die Kutsche anhielten, hatten sie nicht eine einzige Patrone in ihren Waffen.«

Die beiden Fahrer fluchen sofort unterdrückt, und das Mädchen bekommt große Augen.

Der Alte, den der blonde Mann eben Denton nannte, wird vor Zorn dunkelrot im hageren Gesicht. Es ist eine hektische Röte.

Der Blonde wendet sich an Timber Callagh.

»Ihr macht es zum ersten Mal, ja?«

»Geben Sie Ihre Geldbörse heraus«, murmelt Wyatt Stone und tritt an den Mann heran.

Aber der beachtet ihn gar nicht, sondern sieht Timber Callagh an und wartet auf eine Antwort.

Timber nickt.

Da zieht der Blonde seine Geldbörse. Als Wyatt Stone sie ihm mit einem schnellen Griff entreißen will, schlägt der Blonde kurz und blitzschnell zu. Es ist ein sehr kurzer Haken, aber er trifft Wyatt Stone wie ein Huftritt.

»Nicht schießen!«, ruft Timber Callagh, als Wyatt Stone fällt.

Er hört dann die scharfen Atemzüge der Männer und Simson Lees Brummen.

»Sir, versuchen Sie das nicht mit mir. Ich will Ihre Geldbörse«, brummt Simson Lee und tritt vor den blonden Riesen.

Aber dieser spricht nun sehr schnell und präzise. Er sagt: »Ich gebe euch fünfzig Dollar Vorschuss. Und wenn ihr in sechs Tagen in Quinn City seid, dann habt ihr einen Job, der euch bei freier Verpflegung fünfzig Dollar pro Mann im Monat einbringt. Habt ihr gehört? Ich bin Morris Conover! Ich gebe euch einen Job! Kommt nach Quinn City und meldet euch bei Linus Talwell, meinem Vormann – oder bei mir!«

Er öffnet den Geldbeutel, nimmt einige Geldstücke heraus und reicht sie Timber Callagh.

Der zögert. Aber dann nimmt er das Geld und sagt: »Wir würden kommen, wenn man uns für den Überfall nicht einsperren wird.«

»Es war kein Überfall.« Morris Conover lächelt und sieht die beiden Postfahrer an.

»Es war nur ein kleiner Scherz«, sagt er. »Ihr kennt mich doch alle, nicht wahr? Und auch Mister John Denton, den Steuereinnehmer, kennt ihr gut. Und wir sagen euch, dass es kein Überfall, sondern nur ein kleiner Scherz war. Sind Sie nicht auch dieser Meinung, Ma'am?« Er wendet sich an das Mädchen, das immer noch fest auf Timber Callagh blickt.

»Es war ein Scherz«, murmelt das Mädchen.

Auch die Postfahrer nicken.

»Dann kommen wir«, sagt Timber Callagh langsam. »Wenn Sie wirklich einen richtigen Job für uns haben, Mister Conover, dann werden Sie es nicht bereuen, dass Sie uns eine Chance gaben.«

»Ich weiß – ich weiß.« Der blonde Riese nickt und blickt kurz auf Wyatt Stone, der nun am Boden wieder zum Bewusstsein kommt. Dann hilft er dem Mädchen in die Kutsche und sagt dabei zu den beiden Fahrern: »Lasst euch eure Waffen wiedergeben. Dann fahrt weiter.«

»Aber den Korb mit dem Reiseproviant geben wir nicht zurück«, sagt Alamo Scotts Stimme mit einem deutlichen Tonfall von Aufsässigkeit und starrt den geiergesichtigen Steuereinnehmer John Denton an. Der will aufbegehren, aber Morris Conover, der inzwischen dem Mädchen in die Kutsche geholfen hat, sieht ihn nur fest an.

Timber Callagh kommt immer mehr zu der Erkenntnis, dass Morris Conover ein sehr mächtiger Mann sein muss. Er blickt Conover fest an und beobachtet dann, wie dieser mit einem geschickten Griff seine Waffe vom Boden nimmt, einmal um den Zeigefinger kreisen lässt und ins Holster schiebt.

Auch Conover betrachtet ihn forschend. Sie sind von gleicher Größe. Timber Callagh wirkt nur hagerer. Conover ist blond, und Callagh ist dunkel. Sein Haar ist rabenschwarz.

»Ich werde euch eine Chance geben – und ich verlange nichts anderes als Treue«, sagt Conover abschließend. Er steigt in die Kutsche und ruft nochmals durchs Fenster: »Kommt nach Quinn City! Und macht euch keine Sorgen wegen dieses Scherzes hier. Ohne meine Erlaubnis sperrt euch in Texas kein Sheriff ein!«

Dann fährt der Kutscher weiter.

Die fünf abgerissenen Satteltramps starren ihr nach.

Dann atmet Simson Lee prustend aus und sagt fast feierlich: »Einen Job – einen guten Job will er uns geben. Für fünfzig Dollar Lohn und freie Verpflegung. Jungs, heute ist unser Glückstag!«

Auch die anderen grinsen. Nur Timber Callagh nicht. Denn der hat einen sehr nachdenklichen Ausdruck in den Augen.

Am Boden sitzt Wyatt Stone, der noch nichts begriffen hat, hält sich sein geschwollenes Kinn und sagt grimmig: »Hat er ein Stück Eisen in der Faust gehabt?«

»Nein«, sagt Timber Callagh langsam, »der hat kein Eisen in der Faust, aber dafür eine Menge Tricks im Ärmel oder Trümpfe. Freunde, ich möchte nicht gerade darauf schwören, dass wir heute einen Glückstag haben. Wir wissen nur, dass wir zufällig an einen großen Burschen gerieten, der uns gebrauchen kann und unsere Dienste bezahlen will. Aber wir wissen noch nicht, was wir für ihn tun sollen. Er könnte von unserer Sorte hundert Burschen bekommen. Ich möchte wirklich wissen, wer er in Wirklichkeit ist. Sogar der Steuereinnehmer frisst ihm aus der Hand. Morris Conover ist Texaner wie wir – aber der Steuereinnehmer ist ein Yankee! Ich frage mich ...«

»Ah, zerbrich dir nur nicht den Kopf«, unterbricht ihn Alamo Scott lebhaft. »Hier ist ein Reisekorb voller prächtiger Sachen. Wir werden in der nächsten Stunde gewiss so gut wie ein richtiger Lord in Old England auf seinem Schloss leben. Wir besitzen überdies noch fünfzig Dollar in Goldstücken. Gentlemen, schon ein einziger Golddollar ist hier im blutarmen Texas so groß wie eine Badewanne und so wertvoll wie das Wasser in der Wüste. Ah er ist wahrhaftig ein mächtiger Mann. Er bezahlt in Golddollars! Golddollars, habt ihr verstanden, ihr Buschräuber? Und deshalb lasst es euch schmecken. Dann machen wir uns auf den Weg nach Quinn City. Wo dieser Morris Conover ist, da gibt es Golddollars, ihr alten Kürbisköpfe! He, wo liegt überhaupt Quinn City? Was ist das für ein Ort? Kennt jemand dieses Nest?«

Nun blicken sie alle auf Timber Callagh, denn sie sind gewöhnt, dass er immer das weiß, was sie nicht wissen.

Auch diesmal haben sie sich nicht getäuscht.

Timber Callagh sagt seltsam sanft: »Wir müssen an Fort Worth vorbei und zum Wichita River. Es ist eine kleine Stadt inmitten eines ziemlich wilden Rinderlandes. Jungs, ich habe euch nie gesagt, wo ich geboren wurde und bis zum Tode meiner Eltern lebte.«

»Doch nicht etwa gar in Quinn City?«, fragen sie ihn alle wie aus einem Mund.

»Genau dort«, sagt Timber langsam und sehr nachdenklich. »Ich bin dort geboren und aufgewachsen. Nach dem Tod meiner Eltern war ich bei einem Vormund, auf dessen Ranch ich ohne Lohn arbeiten musste, weil er nun mal mein Vormund war. Nun, ich bin später ausgerissen – mit fünfzehn Jahren. Einige Leute werden sich dort vielleicht noch an mich erinnern, bestimmt aber ein Mann, der Thor Castle heißt. Denn dieser Thor Castle hat damals meinen Vater erschossen. Nun, ich möchte auf jeden Fall mal nach Quinn City reiten.«

»Sicher, entscheiden können wir uns dort immer noch.« Alamo Scott grinst und hockt sich neben dem Proviantkorb auf die schiefen Absätze.

»Kommt, Jungs! Hier ist der gedeckte Tisch für euch.«

Nach sechs Tagen führt Timber Callagh seine vier Freunde aus den Buschhügeln des Wichita Rivers heraus und zum Rand einer meilenweiten Senke.

»Dort unten liegt Quinn City«, sagt er.

Die Reiter spähen in die weite Niederung hinunter. Überall sind Busch- und Bauminseln. Der Wichita River fließt irgendwo im Osten in den Red River. Aber das ist ein tüchtiges Stück östlich.

Die Reiter betrachten die wenigen Holzbauten der Stadt. Dann schweift ihr Blick weit in die Runde.

Und sie sehen ein wild zerrissenes, hügeliges und von Canyons durchfurchtes Land, das überall mit Buschwerk bedeckt ist.

In der Ferne liegen einige Ranches.

Überall bewegen sich wilde Weiderinder. Sie durchziehen in Rudeln das Land, und sie sind fast so schnell wie Kaninchen und so wild, wie man es gar nicht für möglich hält. Es ist ein Rindersegen, um den sich viele Jahre lang niemand gekümmert hat.

»Dort unten liegt Quinn City«, sagt Timber Callagh nochmals und reitet den Hang hinunter.

»Yeah, und wir sollen uns bei Morris Conover oder seinem Vormann Linus Talwell melden«, brummt Simson Lee. »Kennst du diesen Vormann vielleicht gar, Tim?«

»Yeah, ich kenne Linus Talwell«, sagt dieser ruhig. Weil er aber an der Spitze des Rudels reitet, kann niemand von seinen Gefährten das seltsame Leuchten in seinen Augen erkennen.

Wenn sie es sehen könnten, dann würden sie wissen, dass sich ihr Anführer jetzt innerlich auf eine Sache vorbereitet, die hart und rau werden kann.

Als die Sonne schon ziemlich tief im Westen steht und den weißen Wolken dort immer mehr eine Purpurfarbe gibt, da erreichen die fünf Reiter die Stadt.

Sie sind schon oft in den letzten Wochen in solche Städte geritten und dann zumeist sehr schnell wieder aufgebrochen, weil immer ein Marshal auftauchte, der ihnen sagte, dass man keine Satteltramps dulden könne.

Aber nun soll es ja anders werden.

Nun kommen sie in eine Stadt geritten, die der Mittelpunkt von Timber Callaghs Heimat ist. Hier soll es feste Arbeit für sie geben. Und weil ein Reiter mit fester Arbeit kein Satteltramp ist, sondern sein sauer verdientes Geld ausgeben kann, so wird die Stadt wahrscheinlich sehr freundlich zu ihnen sein.

Der Gedanke tut ihnen gut.

Unterwegs haben sie auch ihre fünfzig Dollar gut angelegt. Sie haben sich neue Hemden gekauft und einige andere wichtige Dinge. Sie wirken nicht mehr ganz so wie ein hungriges Rudel, sondern eher wie eine reitende Mannschaft.

Timber Callagh war vor zwölf Jahren zum letzten Mal in dieser Stadt. Das war in jener Nacht, als er seinem Vormund ausriss und sich dann nie wieder in Quinn City blicken ließ.

Als er jetzt im letzten Schein der Abendsonne in die Stadt reitet, da sieht er, dass sie sich kaum verändert hat, sondern nur eben zwölf Jahre älter geworden ist.

Die fünf Reiter gelangen auf einen kleinen Platz, der von vier Gebäuden begrenzt wird: der Bank, dem Gerichtsgebäude mit dem Marshal's Office und dem Stadtgefängnis, einem Saloon und einem neuen Haus, neben dessen Tür ein Schild angebracht ist, auf dem steht:

Land- und Viehverwertung

STAR COMPANY

Agent: Morris C. Conover

Die fünf Reiter lenken ihre Pferde an die Haltestange, bleiben aber noch in den Sätteln und lesen die Worte auf dem Schild.

Dann brummt Alamo Scott: »Soso, ein Agent ist er also.«

»Der Manager irgendwelcher Geschäftsleute mit dicken Geldbeuteln«, murmelt Wyatt Stone.

»Aha«, brummt Simson Lee, »das ist es also. Deshalb war er auch in der Lage, uns Arbeit anzubieten.«

»Yeah«, murmelt auch Kevin Boydlane seltsam gedehnt.

Timber Callagh aber sagt nichts. Er hat eine ähnliche Sache schon erwartet. Und indes sie so bewegungslos und etwas sattelmüde auf das Schild starren, wird die Tür geöffnet und ein bulliger Rotkopf tritt auf die Veranda.

Dieser stoppelbärtige Mann ist schwergewichtig und wirkt so rau und rücksichtslos wie ein Büffelbulle. Er hat ein rundes, rotes Gesicht und kleine Augen. Sein Kopf mit den eng anliegenden Ohren scheint direkt auf den massigen Schultern zu sitzen. Er stellt sich breitbeinig hin, stemmt die Fäuste in die Seiten und betrachtet die fünf Reiter.

Als er Timber Callagh zum zweiten Mal und nun schärfer ansieht, zuckt er leicht zusammen und fragt überrascht: »Bist du das, Timber?«

»Ich bin es, Linus«, erwidert dieser ruhig.

Linus Talwell hebt die Hand und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund. Dann hebt er den dicken Zeigefinger und sagt fast vorwurfsvoll: »Mein Junge, warum bist du hergekommen? Oder dachtest du vielleicht, dieses Land hätte vergessen, dass dein Vater ...«

»Sprich es nur nicht aus!«, sagt Timber Callagh scharf und schwingt sich aus dem Sattel. Er ist mit drei langen Schritten auf der Veranda. Nun, da er dicht vor Linus Talwell anhält, sieht man, dass er etwas größer als dieser ist. Aber der Vormann dieser Company ist schwerer und massiger.

Er grinst und starrt Timber dabei fast spöttisch an.

»Nun gut«, sagt er, »was war, das soll vergessen sein, jedenfalls für mich. Der Boss hat mir schon gesagt, dass er fünf Hungerleider eingestellt hat. Vielleicht ist es sogar eine hübsche Idee von dir, Timber Callagh, dass du dich auf diese Art bei einigen Leuten revanchieren möchtest. Geht in den Saloon und wartet. Der Boss muss bald in die Stadt kommen. Sagt dem Barmann, dass ihr für die Company arbeitet. Dann habt ihr Kredit. Wahrscheinlich wird euch der Boss morgen in ein Weidecamp schicken. Dort werdet ihr richtige Arbeit verrichten müssen.«

Er wendet sich nach diesen Worten lässig um und geht ins Stadtbüro der Star Company zurück.

Timber Callagh bleibt noch einige Sekunden stehen und starrt auf die Tür. Dann geht er langsam zu seinem Pferd, nimmt die Zügel und überquert den Platz. Seine vier Gefährten reiten langsam hinter ihm her. Sie sitzen dann ab und folgen Timber Callagh in den Saloon.

Schon bei Eintritt wird sich Timber Callagh bewusst, dass zwölf Jahre manchmal eine sehr lange Zeit sind. Ein Junge kann innerhalb von zwölf Jahren zu einem harten Mann werden, ein Mädchen zu einer Frau heranwachsen und ein junger Hund kann eisgrau werden. Aber in dieser kleinen Rinderstadt veränderte sich nicht sehr viel.

Den Mann hinter der langen Mahagonitheke kennt Timber Callagh jedenfalls noch genau. Auch Bull Skynner ist natürlich älter geworden. Schon damals wog er weit über zwei Zentner. Jetzt dürfte dieser Mann mit dem kleinen, runden Billardkopf fast drei Zentner wiegen. Er hat Fett angesetzt. Timber weiß aber, dass der ehemalige Preiskämpfer Bull Skynner unter seinen Fettpolstern gewiss noch gewaltige Muskeln hat. Bull Skynner muss jetzt fast fünfzig Jahre alt sein, aber er wirkt immer noch sehr gesund und kraftvoll. Er ist ein Berg von einem Mann.

Er betrachtet die fünf Reiter ruhig, rührt jedoch keine Hand. Als er Timber Callagh ansieht, kommt ein fragender und nachdenklicher Ausdruck in seine Augen. Aber er kennt Timber wohl nicht – noch nicht. Das ist aber kein Wunder, denn vor zwölf Jahren war Timber noch ein Junge und für einen Saloonwirt völlig uninteressant. Timber hat aber damals manchmal kleine Arbeiten oder Botengänge für diesen Mann verrichtet.

»Wir arbeiten für Morris C. Conover«, sagt Alamo Scott. »Und Linus Talwell hat uns soeben gesagt, dass wir hier Kredit haben.«

Bull Skynner nickt. Er betrachtet die fünf Männer wieder. Dann füllt er einige Gläser. Timber lässt sich noch eine Zigarre geben und geht, nachdem er sein Glas geleert hat, wieder hinaus. Alamo und Kevin beginnen, am Billardtisch zu spielen. Wyatt entdeckt in der Ecke auf einem Tisch eine alte Zeitung. Und Simson Lee verlangt ein kühles Bier.

Timber Callagh setzt sich vor den Saloon auf der Veranda in einen Holzsessel, kippt ihn zurück und legt die Füße auf die Verandabrüstung.

Ganz ruhig sitzt er so und beobachtet das Leben der kleinen Stadt. Die Sonne ist schon untergegangen, aber der Himmel im Westen ist noch gelbrot. Zwischen den Häusern und Nebengebäuden werden die Schatten tiefer.

Menschen bewegen sich auf den Gehsteigen, verlassen Häuser oder treten in Geschäfte. Es ist sehr still und sehr wenig Betrieb in dieser Stadt. Zu still.

Ein Mann kommt am Ende der Veranda um die Ecke des Saloons, steigt die zwei Stufen hoch und nähert sich Timber. Der muss seine langen Beine von der Brüstung nehmen, weil sie dem Ankömmling den Weg versperren.

Der Mann bleibt stehen und blickt auf Timber nieder.

»Neu hier?«, fragt er.

Timber nickt und blickt den Mann an. Er kennt ihn nicht. Er sieht einen schon eisgrauen, aber bestimmt noch sehr rüstigen Oldtimer mit einem scharfen Falkengesicht und kühlen Augen. Der Mann trägt einen abgenutzten Sergeanzug und den Stern eines Town Marshals unter dem offenen Rock auf der geblümten Weste.

Timber sieht fest zu dem Marshal empor und in dessen forschende Augen.

»Nun gut«, murmelt dieser plötzlich und geht in den Saloon hinein. Wenig später kommt er mit einer brennenden Zigarre wieder heraus und verschwindet irgendwo in einer Gassenmündung jenseits des Platzes.

Inzwischen ist schon fast Nacht geworden. Im Büro der Star Company wird eine Lampe angezündet. Überall in den Häusern brennen nun Lampen. Aus den Türen und Fenstern fallen Lichtbahnen auf die Straße und bilden gewissermaßen goldene Barrieren. Doch zwischen diesen Barrieren sind die Schatten tief.