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G. F. Unger

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Beschreibung

Einem Captain der Nordstaatenarmee verdanke ich mein Leben.
Als ich auf dem Schlachtfeld halb tot in meinem Blut lag und einer von seinen Leuten mir, dem verhassten Rebellen-Offizier, meinen eigenen Säbel in den Leib stoßen wollte, hinderte er ihn daran, indem er zu ihm sagte: »Soldat, der Krieg ist vorbei. General Lee hat kapituliert. Es wird nicht mehr getötet. Bald werden wir wieder eine Nation sein, die jeden Mann für den Wiederaufbau braucht. Der Krieg ist beendet, Soldat.«
Dieser verharrte noch, und es sah einen Moment so aus, als würde er dennoch mit dem Säbel zuschlagen.
Doch dann ließ er ihn fallen. Ich sah, dass es wirklich mein Säbel war.
Der Soldat wandte sich ab und verschwand aus meinem Blickfeld. Doch der Offizier saß ab, kniete vor mir nieder und versorgte tatsächlich meine Wunde mit etwas Verbandszeug, das er aus seiner Satteltasche holte. Als er mit mir fertig war und sich erhob, fragte ich zu ihm empor: »Sir, wie ist Ihr Name?«
»Starretter, Captain John Starretter.«
»Ich bin in Ihrer Schuld, Captain Starretter«, hörte ich mich sagen. »Vielleicht sehen wir uns mal wieder. Bei meiner Ehre, Sir, ich werde mich dann dafür revanchieren.«
Oha, wir sahen uns tatsächlich wieder, und schon bald sollte mir mein Versprechen verdammt leidtun ...

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Seitenzahl: 156

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Pat Logans Ehre

Vorschau

Impressum

Pat Logans Ehre

Einem Captain der Nordstaatenarmee verdanke ich mein Leben.

Als ich auf dem Schlachtfeld halb tot in meinem Blut lag und einer von seinen Leuten mir, dem verhassten Rebellen-Offizier, meinen eigenen Säbel in den Leib stoßen wollte, hinderte er ihn daran, indem er zu ihm sagte: »Soldat, der Krieg ist vorbei. General Lee hat kapituliert. Es wird nicht mehr getötet. Bald werden wir wieder eine Nation sein, die jeden Mann für den Wiederaufbau braucht. Der Krieg ist beendet, Soldat.«

Dieser verharrte noch, und es sah einen Moment so aus, als würde er dennoch mit dem Säbel zuschlagen.

Doch dann ließ er ihn fallen. Ich sah, dass es wirklich mein Säbel war.

Der Soldat wandte sich ab und verschwand aus meinem Blickfeld. Doch der Offizier saß ab, kniete vor mir nieder und versorgte tatsächlich meine Wunde mit etwas Verbandszeug, das er aus seiner Satteltasche holte. Als er mit mir fertig war und sich erhob, fragte ich zu ihm empor: »Sir, wie ist Ihr Name?«

»Starretter, Captain John Starretter.«

»Ich bin in Ihrer Schuld, Captain Starretter«, hörte ich mich sagen. »Vielleicht sehen wir uns mal wieder. Bei meiner Ehre, Sir, ich werde mich dann dafür revanchieren.«

Oha, wir sahen uns tatsächlich wieder, und schon bald sollte mir mein Versprechen verdammt leidtun ...

Es war ein halbes Jahr später, als man mich aus der Gefangenschaft entließ. Meine Wunde war verheilt. Aber mir fehlten zwanzig Pfund an Gewicht. Ich war dünn geworden und sah ziemlich verhungert aus.

Die Yankees hatten mir ein Pferd und eine Seitenwaffe geben müssen. Dies war bei der Kapitulation ausgehandelt worden, und so hatte es General U.S. Grant unterschrieben und uns Besiegten zugebilligt.

Es war ein weiter Weg von Appomattox in Virginia bis nach Texas. Ich ritt in diesen Wochen wie viele andere auch durch Georgia, Alabama, Mississippi, Louisiana und kam dann irgendwann nach Texas. Es war ein verdammtes Reiten.

Ich ritt durch verbranntes und verwüstetes Land. Und die Menschen waren überall zutiefst verbittert, deprimiert und hoffnungslos. Denn sie waren den Besatzungstruppen ausgeliefert, die es in jeder kleinen Ortschaft gab. Dort war jeder Ortskommandant ein King, ein Despot in vielen Fällen.

Ja, die Yankees hassten uns, weil wir sie so oft geschlagen, in die Flucht gejagt und ihnen die heilige Furcht eingeflößt hatten. Fast alle hatten sie in ihren Familien Kriegsopfer zu beklagen. Dies hatten wir Südstaatler zwar auch, aber wir waren ja die Verlierer. Und der Sieger hat stets das Recht auf seiner Seite. Er hat die Macht und kann sich rächen.

So ist das nun mal auf dieser Erde. Und so wird es wohl auch bleiben, weil die Menschen nun mal Menschen sind, keine Edlen, keine Guten, keine Reinen. Denn die gibt es gewiss nur im Himmel.

Das waren die Gedanken, die mir immer wieder durch den Kopf gingen.

Und oft dachte ich auch an die Worte, die jener Captain Starretter zu mir sprach, nachdem er mir das Leben gerettet hatte.

»Wir sollten so schnell wie möglich mit dem Frieden anfangen. Unser großes Land braucht nun alle Überlebenden. Es wird lange dauern, bis der ganze Hass vergessen ist.«

Wenn nur alle Yankees so gedacht hätten.

Aber das taten sie nicht. Die »Blaubäuche« – so nannten wir die Yankees – waren überall im besiegten Süden. Und überall waren auch die nun befreiten Sklaven. Diese Schwarzen hatten sich da und dort zu Banden zusammengetan und nahmen sich von ihren einstigen Herren, was sie wollten. Ja, sie verwüsteten die Plantagen und fragten nicht danach, wie sie sich einmal ernähren wollten. Sie wussten mit ihrer Freiheit verdammt wenig anzufangen und konnten nicht begreifen, dass nun jeder von ihnen sein eigner Hüter war und man ohne Arbeit auf Dauer nicht leben kann, will man kein Bettler oder Dieb sein.

Der ganze Süden war zerstört, am Boden, gedemütigt. Nichts war mehr wie zuvor, und man konnte nirgendwo erkennen, dass jemals wieder etwas in Ordnung kommen würde.

Es gab aber auch Banden einstiger Guerillas, denen sich entlassene Soldaten anschlossen, weil sie nicht länger hungern wollten.

Auch ich war ein Satteltramp geworden, ein nach Westen ziehender texanischer Satteltramp, dem niemand etwas gab, weil ja kaum jemand etwas zum Geben hatte.

Und so war ich erschöpft und halb verhungert, als ich eines Tages auf eine Bande Gleichgesinnter stieß. Wir alle waren am Ende, und einige waren Guerillas, die mit Quantrill geritten waren. Quantrill war wohl der berüchtigtste Guerillaführer Amerikas, und er war von den Südstaaten sogar als solcher anerkannt und als Verbündeter akzeptiert worden.

Einige von seinen Männern führten also die Bande, zu der ich stieß, als sie in den Hügeln einen jungen Ochsen über dem Feuer brieten. Der Hunger und der Bratenduft trieb mich zu ihnen.

Wir waren siebzehn Mann. Ich blieb eine Weile bei der Bande. Ja, wir waren eine Bande. Aber eigentlich taten wir Gutes auf böse Weise.

Wir verjagten einige Banden ehemaliger Sklaven von Baumwollplantagen. Sie hatten sich dort eingenistet und die Besitzer verjagt. Nun jagten wir sie zum Teufel und verrichteten eigentlich die Arbeit der Besatzungstruppe.

Doch dann überfielen wir einen Steuereintreiber der Yankees, der mit einigen Aufkäufern zusammenarbeitete und ihnen bei Versteigerungen für ein Spottgeld den Zuschlag erteilte. Überall konnten Yankees im Süden wertvolles Land bei Versteigerungen für einen Apfel und ein Ei in die Hände bekommen.

Nun, wir raubten diesen Steuereintreiber und seine Begleitung aus bis aufs Unterzeug.

Von da an wurden wir gejagt.

Wenig später überfielen wir einen Zahlmeister der Union und raubten ihm die Regimentskasse. Er war unterwegs, um an die vielen Abteilungen des Regiments den Sold auszuzahlen. Denn das Regiment war in einem weiten Gebiet auf viele Ortschaften als Besatzungstruppe aufgeteilt.

Es war eine gut gefüllte Kasse. Nagelneue Yankee-Dollars bekamen wir in die Finger.

Nun war es an der Zeit, dass wir alles unter uns teilten und jeder seines Weges ritt.

Keiner von uns konnte noch länger in Texas bleiben.

Wohin sollte ich reiten? Darüber musste ich eigentlich nicht lange nachdenken.

In den Südstaaten wollte ich nicht bleiben, weil da überall die Blaubäuche herrschten. In den Nordstaaten würde ich es als Texaner verdammt schwer haben. Ich brauchte nur den Mund zu öffnen und ein paar Worte zu reden, um als Texaner erkannt zu werden. Und so gab es eigentlich für Burschen wie mich nur eine einzige Möglichkeit, um allem Verdruss und aller Unbill zu entkommen und zu irgendeinem Anfang gelangen zu können.

Ich musste nach Norden oder Nordwesten – also ins Büffel- und Indianerland westlich des Missouris.

Dort konnte man wahrscheinlich ein freier Mann sein. Jenseits von Kansas begann dieses noch freie Land. In Kansas selbst erhielten Südstaatler noch keine Erlaubnis zum Siedeln. Man musste weiter nach Nordwesten.

Aber das große Ausgangstor nach Norden und Westen, dorthin also, wo kein Krieg stattgefunden hatte zwischen Nord und Süd, war Kansas City am Missouri, das zuvor Westport hieß.

Von dort aus gab es viele Möglichkeiten. Man konnte nach Kalifornien, nach Oregon oder nach Montana, wo Gold gefunden wurde.

Und da lebten auch jene Indianervölker, die sich von den Apachen und Comanchen sehr unterschieden. Sie sollten sehr viel edler sein und eine wirkliche Kultur besitzen, was man vor allem von den Apachen nicht behaupten konnte.

Ich wollte diese Reitervölker der Hochprärie kennenlernen.

Geld besaß ich nun genug. Mehr als tausend Dollar hatte mein Anteil betragen, mit dem ich die Bande verließ.

Und meine Ehre?

Ja, darüber dachte ich eine Weile nach unterwegs auf meinem langen Ritt.

Ehre! War das nicht ein Luxus, den man sich in Zeiten wie diesen gar nicht leisten konnte?

Auch die Besatzungstruppe in Texas, die Steuereintreiber und die Spekulanten, die den Süden ausbeuteten, besaßen keine Ehre. Und ich wollte nicht länger ein Satteltramp und Hungerkünstler sein. Ich hatte zu einer Bande gehört, die sich nahm, was sie brauchte.

Ich wollte kein ewiger Verlierer sein.

Und so ritt ich mit mehr als tausend Dollar auf einem guten Pferd und gut bewaffnet in Richtung Kansas City. Auch meine Uniform trug ich nicht mehr.

Doch meinen Offiziersdegen hatte ich noch. Er hing neben meinem Sattelfutteral, in dem ein nagelneuer Spencer-Karabiner steckte, der zuvor dem Armeezahlmeister gehört hatte. Auch genügend Munition besaß ich. Mein Revolver war ein Reb-Army-Modell, das Griswold & Gunnison von 1861 bis 1865 für die Südstaatenarmee bauten. Das Ding hatte Kaliber .44 und einen fast acht Zoll langen Lauf.

Ich konnte damit ziemlich gut umgehen und es mit jedem Revolverschwinger aufnehmen.

Und so war ich also wieder unterwegs, diesmal nicht heim nach Texas, sondern in eine ungewisse Zukunft. Doch ich war neugierig auf alles, was das Schicksal für mich bereithalten würde.

Ja, ich glaubte an ein unwandelbares Schicksal, das mein Leben wie das Leben eines jeden Menschen von Anfang bis Ende bestimmt, gegen das man nicht ankämpfen und dem man nicht entfliehen kann.

Ich fürchtete mich deshalb vor nichts. Und ich kannte meine Kraft und meine Fähigkeiten genau. Schließlich war ich fünf Jahre durch den verdammten Krieg geritten, hatte herausfinden können, was ich auf dem Kasten hatte, und was ich fertigbringen konnte.

Es war ein langer Weg, manchmal fast eine Zickzackfährte mit einigen Abenteuern da und dort.

Ich ritt weiter nach Norden, denn dort irgendwo am Missouri, der von Norden herunterkam, um sich weiter abwärts bei Saint Louis mit dem Mississippi zu vereinigen, da lag Kansas City, das große Ausfalltor nach Westen und Norden. Ich musste bis nach Kansas City noch etwa hundertundsechzig Meilen reiten, aber so ganz genau wusste ich es nicht. Vielleicht waren es auch einige Meilen mehr.

Ich nahm mir Zeit, ließ mich treiben und besuchte alle kleinen und größeren Ortschaften, die an meinem Weg lagen. Da und dort geriet ich in den Saloons in Pokerrunden, und da ich zumeist gewann, bekam ich manchen Ärger und war auf meine Revolverschnelligkeit angewiesen. Ja, ich musste schießen, zum Glück aber nicht töten.

In einer kleinen Stadt blieb ich einige Tage und Nächte bei einer hübschen Witwe. Als ich sie verließ, weinte sie. Aber ich wollte nicht bleiben. Ich war ja unterwegs, um nach einer großen Chance zu suchen. Ich wusste nicht, wie diese Chance aussehen würde oder wie ich sie mir wünschte. Ich wusste nur, dass ich sie erkennen würde.

Und so kam ich eines Tages wirklich nach Kansas City.

O weia, war das ein Ort!

Hier gab es alle Sünden, alle Sorten von Menschen, hier waren Himmel und Hölle, Gutes und Böses. Hier waren die Reinen, die Sündigen und alles, was dazwischen lebte auf Gottes Erde.

Der Abschaum der Grenze und des Krieges war hier, Büffeljäger, Trapper und Frachtfahrer. Siedler- und Auswanderer-Wagenzüge rasteten hier, bevor sie mit ihren Prärieschonern weiter nach Westen und Nordwesten aufbrachen, um das Gelobte Land ihrer Wünsche und Träume zu finden.

Ich brachte mein Pferd einigermaßen sicher unter und saß dann die ganze Nacht an einem Spieltisch in einer Spielhalle.

Vom Fluss her waren viele Schiffer und Flößer gekommen, denn der nahe Flusshafen Westport war voller Dampfboote. Dort ratterten die Sägemühlen Tag und Nacht. Und die Schindelfabriken hackten immerzu die Schindeln von den Holzblöcken ab.

Ich gewann in dieser Nacht mehr als hundert Dollar. Dann erwischte ich einen Falschspieler bei einem miesen Kartentrick und zog meinen Colt schneller als er seinen Taschenrevolver aus dem Ärmel.

Ich zerschoss ihm die Schulter. Und dann teilten wir anderen vier Spieler sein Geld unter uns auf. Denn wir waren der Meinung, dass er es mit üblen Tricks gewonnen hatte.

Als ich später in den grauen Morgen trat und die jetzt saubere Luft einsog, da trat einer der Mitspieler zu mir und sagte: »Sie sind schnell mit dem Revolver, sehr schnell. Ich sah noch niemals einen so schnellen Mann. Sie hätten den Kartenhai auch töten können, nicht wahr? Aber Sie verwundeten ihn nur. Warum?«

»Ich habe im Krieg schon zu viel getötet«, erwiderte ich.

Er nickte und erwiderte: »Kommen Sie mit mir. Ich lade Sie zum Frühstück ein. Ich habe da einen Wagenzug vor der Stadt und einen guten Koch. Sie bekommen ein wirklich gutes Frühstück in meinem Zelt. Wollen Sie?«

»Und was versprechen Sie sich davon, Mister?«, fragte ich zurück.

»Dass wir uns besser kennenlernen«, erwiderte er. »Denn eigentlich möchte ich Ihnen einen Job anbieten.«

»Was für einen Job?«

»Als mein Leibwächter. Mir gehört der Wagenzug. Meine Ladung ist an die hunderttausend Dollar wert. Wenn ich die Ladung in Geld verwandelt habe, bin ich bei Banditen so begehrt wie eine Bank ohne Tresor. Verstehen Sie? Was ich von Ihnen verlange, ist ehrliche Arbeit. Sie sollen mich und meine Einnahmen beschützen. Aber erst müssten wir uns wohl ein wenig beschnuppern, nicht wahr? Ich müsste mich auf Ihre Ehre verlassen. Als Spieler vorhin während der ganzen Nacht waren Sie fair. Wollen wir uns näher kennenlernen?«

Der Mann gefiel mir irgendwie. Und so fragte ich nur noch: »Und wohin fahren wir? An wen verkaufen Sie Ihre Waren?«

»Ich bin ein fahrender Händler. Es könnte sein, dass wir über Laramie hinaus bis hinauf ins Goldland von Montana fahren – also bis nach Fort Benton. Es könnte aber auch sein, dass wir unterwegs schon alles verkauft haben. Ich verkaufe auch an Indianer, wenn sie mit Gold oder edlen Pelzen bezahlen. Sie kommen aus dem Süden, nicht wahr? Dann würden sie hier die Sioux, Cheyennes und Arapahoes kennenlernen. Die sind völlig anders als eure Roten im Süden.«

»Wie anders?«

Ich fragte es neugierig.

»Edel«, erwiderte er. »Es sind großartige Menschen. Und noch herrscht Frieden zwischen den Stämmen und uns Weißen. Ich mag diese Ritter der Hochprärie. Ja, es sind irgendwie stolze Ritter. Sie vertrauen mir. Wie also steht es mit Ihrer Ehre, mein Freund?«

»Mein Name ist Pat Logan«, erwiderte ich. »Und ich war ein Rebellenoffizier. Ich denke, dass ich im Grunde meine Ehre nicht verloren habe und mein Wort etwas gilt wie das eines Ehrenmannes.«

»Ich bin Bill Brien«, sagte er und reichte mir die Hand.

Ich nahm sie und grinste: »Also, dann will ich erst einmal Ihren Koch ausprobieren. Sind Sie schon mal ausgeraubt worden?«

»So ist es«, erwiderte er. »Wir werden deshalb wie Zwillinge stets zusammenbleiben müssen. Da muss man sich menschlich schon einigermaßen vertragen, nicht wahr?«

Ja, so war es wohl. Und so ging ich mit Bill Brien zum Frühstück.

Es kam alles so, wie es sich Bill Brien gewünscht hatte.

Als der Wagenzug am nächsten Morgen aufbrach, befand ich mich an seiner Seite.

Wir saßen auf unseren Pferden und ließen Wagen für Wagen an uns vorbeiziehen.

Es waren schwere Murphy-Doppelwagen, die von je acht Maultieren gezogen wurden.

Jeder Fahrer hatte einen Gehilfen bei sich, der immer dann, wenn es bergab ging, den Anhänger zu bremsen hatte. Und wenn es bergauf ging, lief der Helfer neben dem Achtergespann her und knallte den Tieren die lange Maultiertreiberpeitsche um die Ohren.

Ich zählte zwölf solcher Doppelwagen, die vollgeladen waren mit Gütern jeder Art. Dieser Wagenzug transportierte wahrhaftig ein großes Vermögen an Waren. Und wenn sich die Waren in Dollars, Gold oder Pelze verwandelt hatten, war es gewiss eine Riesenbeute, die leichter zu transportieren war als vorher. Da genügten nur ein paar Packpferde.

Ich hatte mir vorher schon beim Frühstück die Fahrer und deren Gehilfen angesehen und wusste, dass sie ohne Ausnahme zu der ganz rauen und verwegenen Sorte gehörten, Burschen, die man auf die harte Art unter Kontrolle halten musste, weil sie nur Stärke respektierten.

Es waren einige Halbblutmänner darunter, auch zwei riesige Schwarze.

Und unser Koch war ein Chinese, der seinen Zopf unter einer Melone verborgen hielt, wie Bill Brien mir sagte.

So zogen wir also hinaus und über die Büffelprärie nach Nordwesten.

Manchmal kamen uns Wagen entgegen, die so mit Büffelhäuten beladen waren, dass es ein Wunder war, wenn ihre Räder und Achsen nicht brachen.

Bill Brien sagte einmal grimmig: »Sie töten dort draußen auf der Prärie die Büffel zu Zehntausenden, ziehen ihnen die Häute ab und lassen die Kadaver liegen. Pat, Sie werden das bald zu sehen bekommen. Die Aasfresser mästen sich so, dass sie wegen ihrer dicken Bäuche kaum noch laufen können.«

»Und was machen die Indianer?« So fragte ich ihn ahnungsvoll.

Bill Brien grinste bitter.

»Die werden bald Krieg machen«, erwiderte er dann. »Aber vielleicht kann ich bis dahin noch zwei oder drei Handelsfahrten durchführen. Dann setze ich mich in Saint Louis sowieso zur Ruhe. Dort wohnt meine Tochter. Sie hat einen Lotsen geheiratet und hat zwei Kinder. Ich habe meine Enkel noch gar nicht gesehen. Vielleicht kaufe ich dann meinem Schwiegersohn ein Dampfboot. Denn als Lotse hat er ja auch das Kapitänspatent für den Missouri.«

Wir ritten eine Weile nebeneinander, und er gefiel mir immer besser.

Altersmäßig konnte er mein Vater sein. Er besaß auch die Ausstrahlung eines Bosses, der niemals zweimal einen Befehl erteilen muss. Er war in diesem Land ein erfahrener Mann.

Nach einer Pause des Schweigens fragte er mich: »Haben Sie schon mal einen richtig freien und noch nicht degenerierten Indianer gesehen, Pat – einen Sioux, Cheyenne oder Arapahoe? Ich meine nicht diese zahmen Roten, die in die Städte kommen, um dort zu betteln – auch nicht jene Roten, die in Reservaten leben und sich dort ernähren lassen, weil es bequem ist. Ich meine die richtigen Herren der Hochprärie.«

»Nein«, erwiderte ich. »Aber ich möchte sie kennenlernen. Ich habe von ihnen nur sehr Widersprüchliches gehört.«

»Sicher«, sagte Brien grinsend. »Es gibt genügend Narren, für die ein Indianer ein Wilder ist, eine Art höher entwickelter Affe. Oh, diese Narren. Um die Roten zu verstehen und zu begreifen, muss man sie erst einmal richtig kennenlernen. Sie betrachten sich ganz und gar als einen Teil der Erde oder der Natur, etwa so, als wären sie ein Körperteil dieser Erde – und wenn auch nur ein winziges Haar oder eine Schuppe, aber immerhin ein Teil des großen Körpers. Und deshalb können sie dem Körper, zu dem sie gehören, nichts antun, was schädlich ist. So einfach ist das. Deshalb achten sie alle Pflanzen und Tiere. Denn alles gehört ja ihrer Meinung nach wie sie zu dem großen Körper der Erde. Auf dieser Basis muss man sie zu verstehen suchen. Ich mag die Roten. Sie gefallen mir in vielerlei Hinsicht besser als die Weißen.«

Ich musste in den nächsten Tagen und Nächten immer wieder über seine Worte nachdenken.

Er war also ein Indianerfreund.

Ich vermochte mir das nicht vorzustellen. Wie konnte das sein? Denn wir im Süden, wir hassten die Roten und lebten mit den Comanchen und Apachen in einem ständigen Krieg. Wir massakrierten uns gegenseitig bei jeder Gelegenheit.

Aber hier war wohl alles anders.

Und so war ich neugierig auf meine erste Begegnung mit den Herren der Hochprärie.

Wir zogen durch Nebraska und suchten uns manchmal den Weg durch die Büffelherden.

Immer wieder hörten wir in der Ferne das Donnern der Sharps-Büffelgewehre und wussten, dass dort überall die Büffel nicht nur zu Hunderten, sondern zu Tausenden abgeknallt wurden.

Dann bekamen wir die ersten abgehäuteten Kadaver zu sehen.