G. F. Unger 2305 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2305 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Les Delmer erhebt sich langsam aus dem Schaukelstuhl und tritt an den Rand der Veranda. Das Mondlicht fällt auf seine hoch gewachsene und hager wirkende Gestalt. Er ist sehr groß, und sein sonst so scharfes und hageres Falkengesicht wirkt jetzt im Mondlicht seltsam weich und gelöst. Er will sich abwenden, um ins Haus zu gehen, aber da hört er den Hufschlag eines Reiters. Der Reiter treibt das Tier hart an, und obwohl der Weg ansteigt, galoppiert das Tier und legt sich in den Biegungen scharf in die Kurve, sodass Erde und kleines Geröll unter den Hufen nur so spritzen. Les Delmer sieht nun auch das Rudel der Verfolger aus den Schatten der Hügel kommen. Es sind acht Mann, die von einem riesenhaften Reitboss geführt werden, der auf einem großen und kraftvollen Tier reitet und ständig die Spitze hält. Drüben beim Schlafhaus öffnet sich jetzt die Tür. Dann hört Les Delmer die Stimme seines Vormanns fragen: »Boss?« »Nimm dein Gewehr, Pete«, erwidert Les Delmer ruhig und tritt in sein Ranchhaus zurück. Aber schon nach wenigen Sekunden erscheint er wieder auf der Veranda. Nun trägt er seinen Waffengurt. Und dann wartet er ruhig, obwohl er tief in sich eine Bitterkeit verspürt, die immer mehr zu einem Grimm anwächst ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Raue Weide

Vorschau

Impressum

Raue Weide

Les Delmer erhebt sich langsam aus dem Schaukelstuhl und tritt an den Rand der Veranda. Das Mondlicht fällt auf seine hoch gewachsene und hager wirkende Gestalt. Er ist sehr groß, und sein sonst so scharfes und hageres Falkengesicht wirkt jetzt im Mondlicht seltsam weich und gelöst. Er will sich abwenden, um ins Haus zu gehen, aber da hört er den Hufschlag eines Reiters.

Der Reiter treibt das Tier hart an, und obwohl der Weg ansteigt, galoppiert das Tier und legt sich in den Biegungen scharf in die Kurve, sodass Erde und kleines Geröll unter den Hufen nur so spritzen.

Les Delmer sieht nun auch das Rudel der Verfolger aus den Schatten der Hügel kommen. Es sind acht Mann, die von einem riesenhaften Reitboss geführt werden, der auf einem großen und kraftvollen Tier reitet und ständig die Spitze hält.

Drüben beim Schlafhaus öffnet sich jetzt die Tür. Dann hört Les Delmer die Stimme seines Vormanns fragen: »Boss?«

»Nimm dein Gewehr, Pete«, erwidert Les Delmer ruhig und tritt in sein Ranchhaus zurück. Aber schon nach wenigen Sekunden erscheint er wieder auf der Veranda. Nun trägt er seinen Waffengurt.

Und dann wartet er ruhig, obwohl er tief in sich eine Bitterkeit verspürt, die immer mehr zu einem Grimm anwächst ...

In der Tür des Küchenhauses, die vom Mondlicht beleuchtet wird, zeigt sich nun Thor Renos Gestalt. Auch dieser Mann fragt nur ruhig über den Hof: »Boss?«

»Nimm deine Schrotflinte, Thor!«, ruft Les Delmer zurück, und jetzt hört man in seiner Stimme bereits deutlich die Härte eines bestimmten Entschlusses.

Einige Minuten später wird der Hufschlag des einzelnen Reiters sehr laut.

Und dann taucht Johnny Flynn am Ende des Weges auf, kommt über die Terrasse geritten und jagt durch das offene Tor in den Hof der Ranch. Er bringt sein Pferd dicht vor der Veranda zum Stillstand und wirft sich aus dem Sattel.

»Les, wenn du mir nicht helfen willst, dann hängen sie mich! Du musst das Rudel hier aufhalten. Ich nehme mir aus deinem Corral ein frisches Pferd. Halte sie auf, Les! Bei Gott, halte sie auf! Ich möchte in dieser Nacht nicht hängen!« Die Stimme des Flüchtlings wird zum Schluss heiser und schrill.

Und dann will er sich abwenden und um das Ranchhaus herumlaufen. Er möchte die hinter dem Haus liegenden Corrals erreichen. Dort wird er auch Sättel auf einer Stange finden – und Pferde, gute und schnelle Pferde.

Aber Les Delmers Stimme hält den Mann an.

»Bleib, Johnny! Komm zu mir auf die Veranda, und bleib!« So spricht er, und seine Worte sind nichts anderes als ein ruhiger Befehl.

Johnny Flynn zögert einige Sekunden. Man hört jetzt, wie er zitternd ausatmet.

Dann wendet er sich um, geht zu Les Delmer hinauf, tritt neben ihn in die Dunkelheit und sagt dabei heiser: »Du willst also heute deine Schuld bezahlen, Les? Nun gut, ich muss es annehmen. Du kannst dir denken, dass ich nicht diesen Fluchtweg gewählt haben würde, wenn ich ...«

»Schon gut, Johnny«, unterbricht ihn Les Delmer. Und nach einer kurzen Pause fährt er fast gleichmütig fort: »Ja, ich bezahle also heute meine Schulden bei dir, nicht wahr? Und wenn du dann deinen Hals gerettet hast, dann komm nie wieder zu mir. Denn wenn ich Timber Ringold und dessen Rudel fortgeschickt habe, dann sind wir quitt. Dann bin ich dir mein Leben nicht mehr schuldig.«

Nach seinen Worten atmet Johnny Flynn mehrmals keuchend. Dann aber sagt er mit deutlicher Erleichterung: »All right, Les, dann sind wir quitt! Dann bist du mir nichts mehr schuldig.«

Nach dieser Unterhaltung schweigen die Männer auf der Veranda. Johnny Flynns Atem beruhigt sich etwas.

Der Koch ist in sein Küchenhaus getreten, aber Les Delmer weiß, dass Thor Reno jetzt mit einer geladenen Schrotflinte hinter dem Fenster steht und eingreifen wird, wenn es sich als notwendig erweisen sollte. Auch von Pete Brazos, dem Vormann der Bell Ranch, ist nichts zu sehen. Pete hat sich dort drüben irgendwo im Schatten des Bunkhouses einen günstigen Platz gesucht.

Mehr Männer sind nicht auf der Ranch. Chuck Lamm ist zu seinem Mädchen geritten, und weil er zu diesem Mädchen weiter als zehn Meilen reiten muss, wird er vor Tagesanbruch nicht heimkommen. Die restlichen zwei Reiter der Bell Ranch sind bei der großen Rinderherde am Südende des Tales, zu dem dieser Canyon führt.

Les Delmer lauscht mit gesenktem Kopf auf den immer lauter werdenden Hufschlag des reitenden Rudels. Oh, er weiß ganz genau, wer da geritten kommt. Er weiß auch, dass es bestimmt Schwierigkeiten geben wird. Er denkt an Simson Hayes und seinen unduldsamen Vormann Timber Ringold.

Die acht Reiter reißen im Hof ihre Pferde zurück. Sie lassen die Tiere steigen und stampfen. Das Sattelzeug knarrt. Die Pferde schnauben und keuchen.

Aber dann ist mit einem Mal alles ruhig. Und eine barsche und harte Stimme ruft grimmig: »Les, er ist zu dir geflüchtet! Ich sehe ihn neben dir auf der Veranda stehen! Und jetzt musst du Farbe bekennen, Les! Jetzt wird es sich erweisen, ob du einen verdammten Viehdieb schützen wirst oder ein ehrlicher Rancher bist! Les, wir holen uns jetzt diesen Hundesohn! Und wenn dir das nicht gefallen sollte, dann wirst du mit zur Hölle ...«

»Nur ruhig, Timber«, unterbricht ihn Les Delmer kühl und scharf. »Ihr seid auf der Jagd, nicht wahr?«

Wieder wird es still.

Dann treibt der große Mann sein riesiges Pferd etwas vor. Und seine Stimme klingt grollend und drohend. Der Atem von Gefahr und Gewalttaten weht plötzlich über den Hof.

Timber Ringold, der Vormann der großen Three Dollars Ranch, sagt: »Lesly Delmer, in diesem Land weiß jeder Narr, dass Johnny Flynn ein Viehdieb ist. Und wir haben ihn und zwei andere Burschen vor einigen Stunden auf unserer Weide erwischt. Wir haben sie zwischen unseren Rindern erwischt. Und Johnny Flynn blieb noch übrig von diesen drei Nachtfalken. Jetzt steht er neben dir! Delmer, ich bin nicht zwanzig Meilen hinter diesem Burschen hergeritten, um mich dann von dir aufhalten zu lassen! Aaah, man erzählt sich im Land, dass Johnny Flynn dir im Krieg einmal das Leben gerettet haben soll. Man erzählt sich, dass ihr früher Freunde gewesen sein sollt. Und hier auf dieser Weide soll er noch nie ein Rind mit deinem Brand gestohlen haben. Aber das gilt jetzt nicht, Les! Du kannst ihn nicht beschützen! Wir kommen ihn jetzt holen. He, Johnny Flynn, komm schon! Oder müssen wir erst diese Ranch abreißen, um dich zu bekommen?«

Wieder ist es einige Sekunden still.

Aber dann sagt Les Delmers harte Stimme: »Ihr seid umsonst geritten. Ihr werdet ihn heute nicht bekommen. Und diese Ranch wirst du nicht abreißen, Timber Ringold. Dazu bist du nicht groß genug. Geh zum Teufel, Timber! Hast du mich gehört? Du sollst zum Teufel gehen!«

»Nein, Delmer«, knirscht der Vormann der Three Dollars Ranch, »es wird jetzt für immer und ewig geklärt und ausgetragen. Und wenn du einen Viehdieb beschützt, dann bist du im ganzen Land gezeichnet. Dann bist du aussätzig. Wir holen uns jetzt den Jungen!«

Er will sich aus dem Sattel schwingen. Auch seine Reiter machen den Ansatz solcher Bewegungen.

Aber da erklingt eine neue Stimme. Sie kommt aus dem Schatten des Bunkhouses. Es ist Pete Brazos' Stimme. Sie klingt lässig und gedehnt. Und sie sagt: »Bevor du anfängst, Timber, will ich dir noch sagen, dass ich mit einem Büffelgewehr in euch hineinschießen werde. Und jetzt kannst du anfangen, mein Bester!«

Und beim Küchenhaus klirrt das Fenster, und Thor Reno ruft herüber: »Passt nur gut auf, Leute! Der liebe Onkel Reno hat was für euch! Wollt ihr es haben? Es ist heiß und wird wie die Hölle jucken!«

Unter dem Rudel der Three Dollars Ranch entsteht Unruhe. Die Reiter ducken sich in den Sätteln. Sie bewegen unruhig die Köpfe. Man hört, wie Timber Ringold seufzend ausatmet. Weil sich bis jetzt niemand außer Les Delmer und Johnny Flynn auf der Ranch gezeigt hatte, dachte der Vormann wohl, dass Les Delmers Mannschaft in einem fernen Weidecamp bei der Herde wäre.

Aber jetzt erkennt Timber Ringold, dass diese Sache härter wird, als er dachte. Und deshalb gibt er auf.

Aber er sagt laut in die Stille: »Nun gut! Diese Ranch gibt den Viehdieben also Schutz! Schon allein um das zu wissen, hat sich der Ritt gelohnt! Les Delmer, du und deine Mannschaft, ihr seid jetzt gezeichnet! Ihr werdet das zu spüren bekommen. Eigentlich bin ich jetzt ganz zufrieden!«

Nach diesen Worten zieht er sein Pferd herum und reitet aus dem Hof. Sein Rudel folgt ihm. Sie reiten langsam, denn ihre Pferde sind von der Jagd erschöpft und atmen immer noch keuchend und rasselnd. Ihr Hufschlag verklingt auf dem zu den Hügeln abwärts führenden Weg.

Und durch die Stille auf der Ranch hört man Les Delmer sanft zu Johnny Flynn sagen: »Das wär's also, Johnny Flynn. Du kannst dir aus dem Corral ein Pferd nehmen. Und dann komm nie wieder auf diese Ranch und bitte mich um Hilfe. Wir sind quitt!«

»Nein, Lesly, wir sind nicht quitt! Ich stehe jetzt in deiner Schuld. Und du wirst diesen Tag nicht zu bereuen haben.«

Nach diesen Worten geht der Viehdieb sporenklirrend von der Veranda. Er tritt zu seinem erschöpften Pferd, das mit hängendem Kopf auf dem Hof steht. Er nimmt es am Zügel und verschwindet damit um die Ecke des Ranchhauses.

Pete Brazos kommt langsam über den Hof. Er geht die Stufen zur Veranda hinauf und bleibt vor Les Delmer stehen. Er ist so groß wie sein Rancher, aber er wirkt noch hagerer und schmaler.

Aber beide Männer sagen nichts. Sie sehen sich nur an. Dann nickt Pete Brazos plötzlich, wendet sich um und geht wieder zum Schlafhaus hinüber.

Erst von dort drüben sagt er über den Hof: »All right, Les! Schon der Spaß allein war es wert!«

Dann klappt die Tür.

Auch von Thor Ren ist nichts mehr zu sehen.

Hinter dem Haus erklingt jetzt Hufschlag. Das ist Johnny Flynn, der auf einem frischen Pferd abreitet. Er benutzt den Weg nach Süden.

Les Delmer wendet sich um, tritt ins Haus und geht in seine Schlafkammer. Er entkleidet sich und streckt sich bäuchlings auf dem Bett aus. Bevor er einschläft, denkt er daran, dass auch er in diesem Land Freunde besitzt.

Burt Tipstone und Jack Callaghan werden auf seiner Seite sein, wenn es Verdruss geben sollte. Aber was werden die anderen Nachbarn tun?

Es ist schon seit Wochen in diesem Land eine seltsame Schwüle, die jedoch nichts mit dem Wetter zu tun hat. Es schwelt wie ein Feuer, und es gibt unterirdische Strömungen. Es sind einige Dinge im Entstehen. Les Delmer weiß von Zusammenkünften der kleinen Rancher und Siedler.

Und er weiß von dem harten Auftreten des unduldsamen Simson Hayes.

Les Delmer hat immer geglaubt, er würde sich aus einem Weidekrieg heraushalten können, weil er mit den Dingen dort unten im weiten Hügelland nichts zu tun hat und hier oben über den Dingen als freier und unabhängiger König lebt.

Aber der Vorfall in dieser Nacht – diese Sache mit Johnny Flynn, die könnte Les Delmer mit in die große Auseinandersetzung ziehen, die eines Tages mit Sicherheit auf dieser Weide losbrechen wird.

Diese Weide war schon immer ziemlich rau. Und es sieht so aus, als würde es in nächster Zeit noch viel rauer werden.

Am anderen Morgen, als sich Les Delmer und Pete Brazos von Thor Reno das Frühstück vorsetzen lassen, ist der junge Chuck Lamm immer noch nicht zurück.

Die Männer spähen manchmal wortlos aus dem Fenster des Küchenhauses den Weg hinunter. Aber es kommt kein Reiter aus den Hügeln dort unten.

Thor Reno füllt sich nun selbst den Teller und setzt sich mit an den Tisch. Er schlürft erst den heißen und pechschwarzen Kaffee und murmelt dann besorgt: »Der Junge und sein Mädel werden doch gestern wohl nicht so mondsüchtig geworden sein, dass sie nach Hill City geritten sind, um dort in den Ehestand zu treten?«

Les und Pete erwidern nichts, aber man sieht ihnen an, dass sie nachdenken. Schließlich sagt Pete Brazos grimmig: »Wenn Chuck auf dem Heimritt auf Timber Ringold und das Rudel gestoßen ist ...«

Les Delmer erhebt sich plötzlich.

»Darum kümmere ich mich«, murmelt er und geht zur Tür. Er späht von dort nochmals über den Hof und zum Hügelland hinunter. Jetzt, da es Tag ist und die Sonne am Himmel steht, ist die Sicht um sehr vieles besser als in der hellen Mondnacht. Les Delmers scharfe Augen können fünfzig Meilen weit über das Thousand Hills Country nach Norden spähen.

Aber er sieht nichts von Chuck Lamm.

Er blickt über die Schulter auf Pete und sagt: »Ich komme erst in der Nacht oder morgen zu euch ins Weidecamp.«

Dann geht er zu den Corrals.

Pete Brazos trinkt missmutig seine Tasse leer. Er hat ein langes, schmales und mageres Gesicht, in dem unzählige kleine Fältchen sind. Sein Haar ist aschblond, und er hat graublaue Augen, die manchmal sehr hell und fast glasklar wirken können.

Er sagt zu Reno: »Heldenvater, was meinst du? Soll ich zu den Jungs ins Weidelager reiten – oder lieber auf Les achten?«

Thor Reno kratzt in den Stoppeln an seinem breiten Kinn. Dann schüttelt er den runden Kopf.

»Texas«, sagt er etwas rau, »wenn der Boss Hilfe braucht, dann muss es erst noch etwas rauer werden. Ich würde lieber zusehen, dass ich mit dem Branden des Jungviehs fertig wäre, wenn es losbricht. Und auf dieser Weide wird es losbrechen! Sogar bald schon.«

Indes reitet Les Delmer durch die Hügel, und je länger er reitet, umso größer wird in ihm die Ungeduld. Chuck Lamm ist der jüngste Reiter seiner Mannschaft. Der Junge ist vor einer Woche gerade einundzwanzig Jahre geworden. Chuck ist ein netter Kerl und ein guter Cowboy. Les Delmer hat ihn gern.

Er bleibt auf dem Weg nach Hill City, aber als er dann nach etwa zehn Meilen eine Stelle erreicht, wo Timber Ringold und das Rudel vom Weg abgebogen sind, folgt er ihrer Fährte.

Er stößt immer wieder auf Rinderrudel, die das Brandzeichen der Three Dollars Ranch tragen. Nach weiteren Meilen – es ist inzwischen schon früher Mittag – stößt er auf einen anderen Pfad, der von Osten her von den Bergen kommt, in deren Tälern die kleinen Rancher und Siedler leben und es immer schwerer haben, ihre Hügelweide gegen diese harte Three Dollars Ranch zu behaupten.

Diesen Weg muss Chuck Lamm geritten sein, denn sein Mädel gehört zu einer Siedlerfamilie, die dort drüben ihre Heimstätte hat.

Les Delmer zögert etwas. Dann lenkt er sein Pferd nach Osten und folgt dem Pfad.

Und nach etwa einer Meile entdeckt er das Pferd des Jungen. Es ist nicht mit anderen Pferden zu verwechseln, denn es ist ein verrückt gefleckter Pinto.

Das Tier steht bei einigen Büschen, zwischen denen sich eine Wasserstelle befindet. Es sind auch einige Rinder der Three Dollars Ranch dort zu sehen.

Les Delmer reitet vorsichtig hinüber, und als sein Pferd durch die Büsche bricht und der klare Teich sichtbar wird, da sieht er auch den jungen Cowboy.

Chuck Lamm sieht übel aus. Er liegt dicht beim Wasser. Wahrscheinlich ist er dorthin gekrochen, um seine Not etwas zu lindern. Er ist bei Bewusstsein und bewegt sich schwach, als Les neben ihm absitzt.

Mit zwei schnellen und aufmerksamen Blicken erkennt Les alles. Der Junge wurde mit einem Lasso vom Pferd gerissen und dann ein tüchtiges Stück über den Boden geschleift. Gestrüpp, Dornen und die rauen Bodenunebenheiten haben ihn übel zugerichtet. Seine Kleidung ist zerfetzt, und die bloßen Stellen seines Körpers sind zerschunden und arg verletzt.

Als Les den Jungen aufsetzen will, stöhnt dieser mit geschlossenen Augen: »Mein Arm – oh, mein Arm!«

»Wer war das, Chuck?«, fragt Les sanft, und dabei entdeckt er, dass der Junge auch von Faustschlägen gezeichnet ist.

Nun schlägt der Junge die Augen auf. Sein wirrer Blick klärt sich, denn er erkennt seinen Boss. Er verzieht sein zerschundenes Gesicht und sagt mühsam und abgehackt: »Ich – ich – werde Timber Ringold töten. Ich schwöre, dass ich ihn töten werde!«

»Nur ruhig, mein Junge«, murmelt Les Delmer gepresst, denn ihm wird nun klar, dass Chuck Lamm die Niederlage bezahlt hat, die Timber Ringold auf der Bell Ranch einstecken musste. Chuck Lamm musste dafür büßen, dass sein Boss einen Viehdieb beschützte – der allerdings von dem Rudel der Three Dollars Ranch ohne Gerichtsverhandlung aufgeknüpft worden wäre.

Chuck Lamm atmet gepresst. Les Delmer bettet ihn wieder ins Gras. Dann holt er in seinem Hut Wasser und erfrischt den Jungen etwas. Als er den gebrochenen Arm untersucht, stöhnt Chuck.

»Ich bringe dich in die Stadt«, murmelt Les. »Wirst du dich im Sattel halten können?«

Der Junge nickt krampfhaft. »Wenn du mich auf das Pferd setzt und wir nicht so schnell reiten, schaffe ich es schon. Oh, Boss, er hat mich vom Pferd geschlagen. Und als ich wieder aufstand, warf er ein Lasso um meinen Oberkörper. Er sagte, dass er jetzt jeden Reiter der Bell Ranch so zurechtstutzen würde, weil wir es mit den Viehdieben hielten und ...«

»Schon gut, Chuck«, murmelt Les bitter.

Aber der Junge spricht weiter. »Ringold sagte, dass er uns alle, besonders dich, Boss, in die Luft blasen würde. Für uns wäre kein Platz mehr auf dieser Weide. Und dann schleifte er mich fast eine ganze Meile über den Boden und ließ sein Pferd dabei galoppieren. Oh, dieser Hundesohn! Ich werde ihn töten!«

Les Delmer gibt keine Antwort mehr. Er geht davon, kommt wenig später mit Chucks Pferd zurück und hebt den Jungen dann vorsichtig in den Sattel.

»Halte deinen gebrochenen Arm fest, Junge«, sagt er. Dann sitzt er ebenfalls auf, nimmt die Zügel von Chucks Pferd und reitet im Schritt davon.

Sie kommen bald auf den Weg und schlagen die Richtung zur Stadt ein.

Drei Meilen weiter stoßen sie auf zwei Reiter der Three Dollars Ranch. Die beiden Reiter halten mitten auf dem Weg. Sie sehen Les Delmer entgegen und weichen nicht zur Seite.

Les hält an. Er starrt die beiden hartgesottenen Burschen an und sagt: »Seht euch den Jungen nur gut an. Das hat Timber Ringold gemacht. Und wenn ihr ihn seht, dann sagt ihm, dass er noch etwas schlimmer als dieser Junge aussehen wird, wenn ich mit ihm fertig bin.«

»Wir werden es ausrichten«, antwortet einer der beiden Reiter und grinst. Dann deutet er in die Runde.

»Das alles hier ist die Weide der Three Dollars Ranch, nicht wahr? Hier hat kein Fremder etwas zu suchen. Sie benutzen den falschen Weg, Mister! Reiten Sie nach Süden auf die Poststraße zurück, und benutzen Sie diese, wenn Sie nach Hill City wollen.«

Les Delmer erwidert nichts.

Er ist kein Mann, der eine Herausforderung mit Drohungen beantwortet. Die beiden Männer hat er noch nie hier gesehen. Nur an den Brandzeichen ihrer Pferde erkennt er, dass sie für die Three Dollars Ranch reiten. Sie sind also neu hier auf der Weide und kennen ihn vielleicht nicht gut genug, denn sonst würden sie nicht solche Worte zu ihm sprechen.

Er verschwendet also kein Wort mehr. Aber er gibt seinem Tier die Sporen und lässt dabei die Zügel von Chucks Pferd los.

Les Delmers brauner Wallach rammt zwischen die beiden Reiter.

Den rechten Mann erwischt Les am Arm und reißt ihn gegen das tanzende Tier des anderen Reiters, der seinen Colt ziehen will, sich aber nur mit Mühe im Sattel des erschreckten Tieres halten kann.

Als er den Colt freibekommt, ist Les Delmer dicht neben ihm. Er erwischt das Handgelenk der Revolverhand, reißt sie hoch, und der Schuss geht in den Himmel.