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Jimmy Robson, der an der Spitze des Trios reitet, betrachtet das mächtige Wurzelwerk eines vom Sturm gefällten Baumriesen. »Du lieber Himmel«, sagt er, »seht euch das nur an! Dieser mächtige Bursche wurde umgelegt wie ein Grashalm, der nicht fest genug im Boden wurzelt. Und wenn wir gestern unser Camp nicht in der geschützten Schlucht aufgeschlagen hätten, wären wir vom Sturm einfach mit in die Luft gerissen und vielleicht erst in China wieder auf die Erde geworfen worden. Hamp, möchtest du in China leben?« Seine Frage gilt dem schwarzhaarigen Hünen, der auf einem Riesenpferd sitzt, das die Schöpfung anscheinend nur hat wachsen lassen, damit Männer wie Hamp normal gebauten Pferden nicht das Rückgrat verbiegen. Hamp Morgan sagt trocken: »Wäre mir recht. Ich habe nichts gegen Chinamänner. Und ich kann auch ihre Sprache nicht. Manchmal wünsche ich mir, auch du sprächst wie ein Chinamann, Jimmy. Dann würde ich nicht verstehen, was du sagst, und bräuchte mich über deine Dummheit nicht dauernd zu ärgern. Aber ich will es dir erklären, mein Junge. Pass auf! Wir sind hier im Dakota-Territorium und ungefähr mitten auf unserem Kontinent. China aber liegt fast auf der entgegengesetzten Seite unserer Erdkugel. Es gibt keinen Wirbelsturm, der dich Floh so weit um die Erde tragen könnte. Du musst nicht immer übertreiben, Jimmy, mein Junge. Hast du alles verstanden?« Er verstummt sehr milde und gewollt onkelhaft. Jimmy aber wendet sich an den dritten Mann. »Steve, stimmt es, was Hamp gesagt hat?« Der blonde und hagere Steve Sholem nickt wortlos und betrachtet das Wurzelwerk des Baumes, an dem noch viel Erdreich hängt. Und seine Augen werden schmal. Denn er hat etwas entdeckt, das verräterisch im Sonnenlicht glitzert ...
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Seitenzahl: 163
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Der eiserne Logan
Vorschau
Impressum
Der eiserne Logan
Jimmy Robson, der an der Spitze des Trios reitet, betrachtet das mächtige Wurzelwerk eines vom Sturm gefällten Baumriesen. »Du lieber Himmel«, sagt er, »seht euch das nur an! Dieser mächtige Bursche wurde umgelegt wie ein Grashalm, der nicht fest genug im Boden wurzelt. Und wenn wir gestern unser Camp nicht in der geschützten Schlucht aufgeschlagen hätten, wären wir vom Sturm einfach mit in die Luft gerissen und vielleicht erst in China wieder auf die Erde geworfen worden. Hamp, möchtest du in China leben?«
Seine Frage gilt dem schwarzhaarigen Hünen, der auf einem Riesenpferd sitzt, das die Schöpfung anscheinend nur hat wachsen lassen, damit Männer wie Hamp normal gebauten Pferden nicht das Rückgrat verbiegen.
Hamp Morgan sagt trocken: »Wäre mir recht. Ich habe nichts gegen Chinamänner. Und ich kann auch ihre Sprache nicht. Manchmal wünsche ich mir, auch du sprächst wie ein Chinamann, Jimmy. Dann würde ich nicht verstehen, was du sagst, und bräuchte mich über deine Dummheit nicht dauernd zu ärgern. Aber ich will es dir erklären, mein Junge. Pass auf! Wir sind hier im Dakota-Territorium und ungefähr mitten auf unserem Kontinent. China aber liegt fast auf der entgegengesetzten Seite unserer Erdkugel. Es gibt keinen Wirbelsturm, der dich Floh so weit um die Erde tragen könnte. Du musst nicht immer übertreiben, Jimmy, mein Junge. Hast du alles verstanden?« Er verstummt sehr milde und gewollt onkelhaft.
Jimmy aber wendet sich an den dritten Mann. »Steve, stimmt es, was Hamp gesagt hat?«
Der blonde und hagere Steve Sholem nickt wortlos und betrachtet das Wurzelwerk des Baumes, an dem noch viel Erdreich hängt. Und seine Augen werden schmal. Denn er hat etwas entdeckt, das verräterisch im Sonnenlicht glitzert ...
Er reitet dicht an das Loch heran und späht vom Sattel aus hinein. Es ist ein Loch, so tief und groß, dass mehrere Männer darin aufrecht stehen könnten. Und das Erdreich ist sehr weich und locker.
Steve Sholem sagt dann lässig: »Wartet mal einen Moment!«
Er reitet dicht an das Wurzelwerk heran, greift in das daran haftende Erdreich und nimmt etwas davon zwischen die Finger.
Seine beiden Kameraden beobachten ihn.
Plötzlich sagt Jimmy: »Ich glaube, wir wurden soeben reiche Leute! Wenn diese Baumwurzeln voller Goldkörner hängen, dann muss wohl in diesem Loch noch mehr von dem Zeug zu finden sein.«
Er verstummt gelassen. Denn er ist einer jener langen und kühlen Texaner, die nichts aus der Ruhe bringen kann und die stets so kühl und kaltschnäuzig wirken, weil sie jede Erregung tief in sich verborgen halten.
Jimmy Robson springt aus dem Sattel und in das Loch hinein, in dem die Wurzel des riesigen Baumes steckt. Er beginnt zu wühlen. Und dann findet er es.
Er zeigt es den Freunden.
»Körner«, sagt er gepresst, »richtige Goldkörner! Manche sind so groß wie Taubeneier. Das ist eine Goldtasche, eine richtige Goldtasche! Und wir haben sie gefunden. Wir brauchen die Körner nur herauszusuchen, und schon sind wir reiche Leute ...« Die Stimme versagt ihm, und er bewegt nur noch die Lippen und bekommt keinen Ton mehr heraus.
Hamp Morgan betrachtet ihn neugierig und sagt dann: »Es gibt doch noch Wunder auf der Welt, Steve. Diesem Fliegenpilz hat es die Sprache verschlagen. Zuerst finden wir eine Goldtasche, und jetzt bringt Jimmy kein einziges Wort mehr heraus. Wunder über Wunder! Aber gut, ich will es mir ansehen!«
Er springt ebenfalls ins Loch hinein.
Und sogar der kühle und lässige Texaner Steve Sholem gerät außer sich und folgt seinen beiden Kameraden. Drunten in dem riesigen Wurzelloch wäre noch Platz für ein halbes Dutzend Männer.
Es dauert nur wenige Sekunden, dann ist das Loch gefüllt.
Denn die drei Freunde bekommen Besuch, sehr rasch und unerwartet. Es sind genau sechs rote Gentlemen vom Stamme der Cheyenne, und ihr überraschender Besuch ist nicht freundschaftlich.
Als sie von allen Seiten in das Loch springen, lassen sie ihren gellenden Kriegsschrei hören.
Die drei Weißen haben nur eine sehr kurze Schrecksekunde. Der Texaner Steve Sholem hat eigentlich überhaupt keine. Denn er zieht schon den Revolver, als er über sich die erste schattenhafte Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnehmen kann. Und sein erster Schuss mischt sich mit dem gellenden Kriegsschrei.
Der riesige Hamp Morgan nimmt nur seine Fäuste, die wie Vorschlaghämmer sind. Er schlägt damit unwahrscheinlich schnell zu, und seine Schläge sind krachend und mitleidlos.
Jimmy Robson greift eine zustoßende Messerklinge. Sie zerschneidet zwar seine Hand, doch er hält fest und drückt mit der Rechten den Revolver ab.
Plötzlich sind nur noch zwei von den sechs Indianern da, die noch im Stande sind zu kämpfen. Und wieder krachen die Revolver in dem Loch.
Indes sich der Pulverrauch dann verzieht, hört man das Keuchen der drei Weißen. Und ein Roter schnellt plötzlich auf und will aus dem Loch. Steve Sholems Revolver kracht noch einmal.
Dann wird es wieder still, und nur die keuchenden Atemzüge sind zu hören. Erst nach einer Weile flüstert Jimmy Robson gepresst: »So einfach ist das also auch nicht mit diesem Gold. Wir mussten jetzt schon einen anständigen Preis bezahlen. Und um ein Haar hätten sie uns getötet.«
Er betrachtet seine blutende Linke.
Hamp Morgan aber betrachtet seine Fäuste. Er hat damit zwei Wilde erschlagen wie mit Keulen. Sein Gesicht zuckt und verzieht sich seltsam.
»Vater im Himmel«, ächzt er. »Ich musste mich doch zur Wehr setzen, nicht wahr? Ich musste sie doch niederschlagen, um am Leben bleiben zu können. Aber jetzt sind sie sogar tot.«
Nur Steve Sholem sagt nichts. Er steht mit schussbereitem Revolver dicht an der Wand des Loches, lauscht und achtet auf die Indianer. Er weiß, dass sie sich oft in solchen Situationen tot stellen, um plötzlich aufzuschnellen und anzugreifen.
Aber auch er zuckt leicht zusammen und richtet schnell seinen Revolver nach oben, als über ihren Köpfen eine Stimme sagt: »Leute, schießt nur nicht auf mich, wenn ich meinen Kopf sehen lasse. Ich bin kein Indianer. Ich bin dieser Bande nur gefolgt, um euch zu helfen. Doch das ist ja wohl nicht mehr nötig.«
»Zeige nur deinen Kopf, Freund«, sagt Steve Sholem kühl und hält den Colt bereit.
Und dann sehen sie bald darauf einen Mann, der sich vom Boden erhebt und nun ganz am Rand des Loches sichtbar wird.
Der Mann ist weißblond wie Steve Sholem, doch nur mittelgroß. Er hat blaugraue Augen und trägt Hirschleder.
Für einen Mann der Hirschlederbrigade, wie man die Scouts und Bergläufer, die Präriejäger und Trapper nennt, wirkt er gar nicht so außergewöhnlich und besonders beachtlich.
Er sagt: »Die Bande folgte eurer Fährte. Und als ich dies erkannte, folgte ich ihnen, um euch beizustehen oder zu warnen. Ich kam etwas zu spät, sehe ich. Und ihr könnt gut für euch sorgen. Aber ich glaube dennoch nicht, dass ihr lebendig aus diesen Bergen herauskommen könnt.«
Er lächelt ernst dabei, so als bedauerte er sehr, dies sagen zu müssen. Dann betrachtet er die leblosen Körper der sechs Indianer.
»Es waren junge Krieger«, erklärt er, »die sich ihre ersten Skalps erjagen wollten. Und sie alle wollten jenes Zeichen in ihren Federn tragen können, welches besagt, dass sie einen Gegner im Nahkampf getötet haben. Sie haben sich wie Anfänger benommen, nicht wahr? Ältere und erfahrene Krieger hätten euch getötet.«
Die drei Freunde können immer noch nicht viel erwidern. Doch dann fragt Hamp Morgan: »Wer sind Sie, Freund?«
Der Mann lächelt sparsam.
»Mein Name ist Logan Breahitt«, sagt er. »Und ich sehe schon, dass dieses Loch, in dem die Baumwurzel saß, voller Gold ist. Ich frage mich nur, ob ihr lieber das Gold sammeln und die Skalps verlieren wollt oder auf das Gold verzichten und die Skalps behalten möchtet?«
Er verstummt gedehnt.
Die drei Männer aber blicken staunend zu ihm auf.
Denn wenn es stimmt, dass er Logan Breahitt ist, dann müssen sie zugeben, dass sie sich den »Eisernen Logan« vollkommen anders vorgestellt haben – etwa so riesig wie Hamp Morgan und so zäh wie Jimmy Robson und so kühl und schnell wie Steve Sholem.
Aber er wirkt ganz normal.
Steve Sholem sagt kühl: »Vielleicht erklären Sie uns die Sache etwas ausführlicher, Mister Logan Breahitt?«
»Gern«, sagte dieser. »Ich denke, wir werden für diese Nacht ein Camp aufschlagen müssen. Denn eure Pferde sind ziemlich müde.«
✰
Nachdem sie die Indianer weggeschafft, deren Pferde gesichert und ein Camp aufgeschlagen haben, bereiten sie sich ein frühes Abendbrot. Und der Schock und die Bedrückung der drei Freunde haben sich etwas gelegt.
Und dann gibt es noch das Gold! An dieses Gold denken sie ständig. Immer wieder blicken sie zu dem Loch und dem entwurzelten Baumriesen hinüber. Wenn sie ihre Blicke jedoch auf den Mann richten, der sich Logan Breahitt nennt und der demnach der berühmte Scout und Jäger sein müsste, der unter dem Namen Eiserner Logan bekannt ist, da werden diese Blicke sehr scharf, sehr wachsam und sehr misstrauisch.
Hamp Morgan spricht es dann in seiner bedächtigen und offenen Art aus. Er sagt: »Breahitt, Sie wollen uns doch wohl nicht reinlegen, Sie wollen uns doch wohl nicht vorzeitig von hier fortlocken, um später zurückzukommen und dieses Goldloch allein auszuräumen?«
Logan Breahitt verspeist noch einen Pfannkuchen. Dann steckt er sein Red-River-Messer in die Scheide, die unter seinem Lederhemd an einer Schlinge hängt, und dann sagt: »Diese sechs wilden Jungs gehören zu einer großen Kriegshorde, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, allen Goldgräbern und Trappern, die in die Black Hills eingedrungen sind, die Skalpe zu nehmen. Diese Horde wird sich bald darum kümmern, wo die sechs Jungen geblieben sind, die ihr Glück mit euch versuchten. Sie werden spätestens morgen um die Mittagszeit wissen, was geschehen ist. An vielen Spuren werden sie das erkennen. Und dann werden sie ihren ganzen Ehrgeiz daransetzen, euch zu erwischen.«
Sie blicken ihn an, und sie sehen zu, wie er sich mit geschmeidigen Fingern eine Zigarette rollt. Diese Art passt nicht so sehr zu einem Prärieläufer und Scout.
Und nun bemerken sie auch die Lassonarben auf seinen Handrücken. Daran erkennen sie, dass er einst ein Cowboy war. Diese Zeichen kennen sie genau, denn sie tragen sie selbst.
Sie blicken ihn prüfend und wachsam an. Dabei beenden sie ihre Mahlzeit und schlürfen den heißen Kaffee aus noch heißeren Zinnbechern, deren Ränder ihnen fast die Lippen verbrennen.
Schließlich sagt Jimmy Robson leicht spöttisch: »Wollen Sie uns als edler Menschenfreund helfen? Und wer sagt uns, dass Sie wirklich jener berühmte Logan Breahitt sind, der Eiserne Logan?«
Er lächelt sie an, und nun wirkt sein ruhiges und gut geschnittenes Gesicht sehr viel jünger, sehr viel freundlicher, nicht mehr so kantig und hart.
»Ich bin kein Menschenfreund«, sagt er sanft. »Ich helfe euch nicht nur so zum Spaß. Denn ihr seid auf eigene Gefahr hier. Dieses Land wurde den Indianern garantiert. Weißen ist es verboten, in den Black Hills herumzuschweifen, Gold zu suchen und zu jagen. Es ist Indianerland, vom Missouri bis hinüber zum Yellowstone. Wer sich hier aufhält, tut dies auf eigene Gefahr.«
Sie geben ihm keine Antwort. Sie grinsen ihn nur mehr oder weniger deutlich an.
Und er erwidert das Grinsen auf seine Art, und diese Art ist so, dass sich die drei Ex-Cowboys unwillkürlich fragen, ob sie nicht vielleicht doch komplette Dummköpfe sind.
Er sagt ihnen jedoch: »Durch einen Zufall habt ihr da eine prächtige Goldtasche gefunden. Da in dem Loch könnte für zehntausend Dollar Gold enthalten sein. Ich meine, so viel Gold könnte man bis etwa morgen Mittag herausholen.«
»Und das sollten wir dann mit Ihnen teilen?«, fragt Steve Sholem kühl.
Er lächelt nur ganz freundlich. Seine kleine, doch sehr scharfe Nase bekommt etwas breitere Flügel, die auch noch zu vibrieren beginnen, so als röche er den köstlichen Duft eines Bratens.
»So ist es«, sagt Logan schlicht. »Ein Viertel möchte ich! Und das ist noch nicht alles!«
Logan Breahitt betrachtet sie nacheinander, und es sieht so aus, als unterzöge er sie einer letzten Prüfung. Dann sagt er noch schlichter und trockener, als es ohnehin seine Art ist: »Wenn wir unsere Skalpe und das Gold in Sicherheit bringen können, dann bleiben die vier Anteile zusammen. Wir bilden eine Company und werden in Geschäften tätig sein, die sich uns gerade so bieten. Was für Geschäfte gemacht werden, bestimme ich.«
Die drei Ex-Cowboys blicken sich an. Dann tippt Jimmy Robson mit der Fingerspitze gegen seine Schläfe.
»Dieser Mister ist verrückt. Jetzt endlich ist es klar, warum er sich Logan Breahitt nennt. Er ist vielleicht irgendwann mal auf den Kopf gefallen und bildet sich ein, irgendein berühmter Mann zu sein. Was ist das für eine Idee, sich mitten in der Wildnis Geschäftspartner zu suchen und ihnen von Anfang an Bedingungen zu stellen?«
Als er schweigt und seine beiden Partner anblickt, um von diesen Beifall und Zustimmung zu erhalten, wird er etwas enttäuscht. Denn der im Denken etwas langsamere Hamp Morgan ist noch damit beschäftigt, Logan Breahitts Vorschlag zu verarbeiten.
Der kühle und bestimmt sehr kluge Steve Sholem aber ist schon dabei, Logan Breahitts Motive zu ergründen. Doch er gibt es schließlich auf und stellt die klare Frage: »Warum wollen Sie uns zu Partnern, Logan Breahitt? Wenn Sie gute Geschäfte machen können, dann würde es nicht schwer für Sie sein – bei Ihrem Ruf – ein Kapital zu bekommen. Es kann also nicht so sehr daran liegen, dass wir hier einige Beutel voll Gold füllen können. Sie haben andere Motive. Und Sie verlangen gewissermaßen, dass Sie unser Boss werden. Sie verlangen von uns unsere Ausbeute, unseren Gehorsam und unsere tätige Mithilfe. Warum?«
Seine hellen Augen richten sich fest und gerade auf Logan. Der aber erwidert diesen kühlen und harten Blick des Texasmannes ganz ruhig.
»Das ist ganz einfach«, sagt er sanft. »Ich habe einige Geschäfte im Auge, die viel Gewinn versprechen, aber auch Mut, Wagnis und Einsatz verlangen. Zu diesen Geschäften muss man Kämpfer sein. Und ihr seid Kämpfer. Ihr wolltet Trapper werden. Ich sehe das an eurer Ausrüstung. Ihr habt auf dem zweiten Packpferd Fallen jeder Art. Das beweist, dass ihr ehrlich seid und Mut habt und auch was riskieren wollt. Denn ihr wolltet in einem Indianerland jagen. Und Glück habt ihr auch! Es gibt Partnerschaften, die sind vom Pech verfolgt. Ihr aber gehört wohl zu den glücklichen Partnerschaften. Ihr findet Gold. Ein Wirbelsturm entwurzelt einen Baum, und ausgerechnet ihr reitet daran vorbei. Jemand von euch entdeckt die Goldkörner im Wurzelwerk. Und dann werdet ihr von sechs Indianern angegriffen. Ihr übersteht diesen Kampf mit leichten und kaum bemerkenswerten Verwundungen. Also alles zusammengenommen: Ihr seid ein gutes Team. Ich habe schon immer solche Partner gesucht. Und da ihr meine Vorschläge annehmen und meine Bedingungen werdet erfüllen müssen, bekomme ich nicht nur drei tüchtige Helfer, denen ich Befehle erteilen kann. Nein, diese Helfer sind auch noch mit ihrem ganzen Besitz beteiligt und werden deshalb zuverlässiger sein als jede angeworbene Mannschaft. Seht ihr, das sind meine Motive oder Beweggründe. Und sie sind gar nicht so merkwürdig, sondern ziemlich verständlich, nicht wahr?«
Er verstummt mit seinem nun schon so typisch für ihn erscheinenden Lächeln auf den Lippen. Doch man spürt, dass sich hinter diesem freundlichen Lächeln die ganze Härte eines besonderen Mannes verbirgt.
Steve Sholem nickt. Ja, er ist ein Mann, der sogar etwas Außergewöhnliches und scheinbar verrückte Dinge ganz normal und ganz und gar nicht verrückt findet, wenn sie von einem besonderen Mann vertreten werden.
Steve Sholem spürt die fragenden Blicke seiner beiden Kameraden auf sich gerichtet. Ja, Jimmy und Hamp warten auf seine Meinung. Es erweist sich einmal mehr, dass er der natürliche Anführer ihrer Gemeinschaft ist.
Doch er wird sich in dieser Sekunde bewusst, dass er diese Führung nun an Logan Breahitt abtreten müsste.
Das gefällt ihm nicht sehr. Aber er schüttelt nicht deshalb den Kopf und sagt zu Jimmy und Hamp: »Ich denke, wir brauchen die Vorschläge und Bedingungen dieses Misters nicht anzunehmen. Wir sind keine kleinen Jungen, die eine Amme brauchen. Wir kommen schon durch und behalten unsere Skalps noch eine Weile.«
Jimmy und Hamp nicken. Sie sind seiner Meinung. Und so wendet sich Steve Sholem an Logan Breahitt und sagt mit höflicher Kühle: »Wir danken Ihnen sehr, dass Sie uns vor der großen Kriegshorde gewarnt haben und uns sagten, dass wir bis morgen Mittag etwa noch Zeit haben. Wir sind Ihnen wirklich aus diesem Grund sehr verpflichtet. Doch Ihre anderen Vorschläge oder gar Ihre Bedingungen können wir nicht annehmen. Wir können uns selber helfen. Wir kommen schon zurecht.«
Logan Breahitt nickt.
»Danke für das Abendbrot«, sagt er. »Und ich wünsche euch viel Glück. Es sind etwa dreihundert Cheyennes. Und sie wollen diesen Teil der Black Hills von Weißen säubern. Man hat nämlich auch anderswo Gold gefunden.«
Nach diesen Worten erhebt er sich, greift nach seinem Sattel und seinem Bündel und stößt einen leisen Pfiff aus, der seinem Pferd gilt, das wie ein folgsamer Hund von irgendwoher aus der Nähe auftaucht.
»Sie brauchen nicht fort«, sagte Steve Sholem zu ihm, indes er sattelt und sein Bündel festschnallt. »Wir haben nichts gegen Ihre Gesellschaft, Logan Breahitt.«
»Das ist sehr freundlich«, erwidert dieser und sitzt mit einer leichten Bewegung auf. Sein Pferd ist nicht besonders groß, und es wiegt auch bestimmt nicht viel mehr als neun Zentner. Es ist gedrungen und nicht sehr langbeinig. Und doch scheint es sehr kräftig und ausdauernd zu sein.
Logan Breahitt zieht es herum, und da bewegt es sich wie ein Berglöwe, katzenhaft und geschmeidig.
»Es ist sehr freundlich«, wiederholt Logan Breahitt. »Doch ich will den Indianern ein Stück entgegenreiten. Vielleicht kann ich ihre Späher, die nach den sechs jungen Kriegern suchen werden, etwas an der Nase herumführen, sodass ihr hier noch einige Stunden länger Zeit habt und euer Vorsprung größer wird.«
Nach diesen Worten verschwindet er in der Abenddämmerung. Der Hufschlag seines unbeschlagenen Pferdes ist kaum zu vernehmen.
Die drei Freunde sitzen eine Weile still und reglos da. Irgendwie fühlen sie sich doch ein wenig bedrückt und sind sich darüber klar, dass eine große Gefahr im Anzug ist. Sie brauchen viele Tage, bis sie aus den Black Hills und auf die Prärie gelangen können. Die Black Hills sind ihnen fremd. Gewiss kennen die Indianer kürzere Wege und könnten ihnen den Rückweg verlegen. Ein Vorsprung von nur wenigen Stunden ist für sie nicht viel.
Steve Sholem sagt knapp: »Dieser Logan Breahitt hat gewiss nicht übertrieben. Er gehört nicht zu der Sorte, die übertreibt. Es wird ziemlich schwer werden für uns. Wir sollten im Wurzelloch ein Feuer anmachen und beim Feuerschein die Goldkörner zusammenklauben. Und einer von uns muss hier oben Wache halten. Also beeilen wir uns. Jede Stunde ist kostbar. Morgen Mittag reiten wir los. Und wir wollen möglichst viele Pfund Gold mitnehmen. Wir haben das Glück, dass wir die Goldkörner nur einzusammeln brauchen. Mal sehen, ob dieses Glück anhalten wird.«
Als er es gesagt hat, machen sie sich an die Arbeit.
✰
Als die Sonne am nächsten Tag ihren höchsten Punkt erreicht hat, sind sie fertig zum Abritt.
Sie haben etwa zwanzig Pfund Gold aus dem Loch geholt. Nun sitzen sie in den Sätteln und blicken nochmals in das Loch nieder.
»Es ist schade darum«, sagt Hamp bedauernd. »Wenn wir Wasser und Zeit hätten, würden wir vielleicht noch für zehntausend Dollar herausschwemmen. Und vielleicht würden wir, wenn wir dem Goldsegen folgten, sogar auf felsigen Boden und auf eine Goldader stoßen, die uns zu Millionären macht. Dort aus dem Felsen könnte der Goldstrom gekommen sein. Ah, man kann nicht in wenigen Stunden einen solchen Schatz heben.«
Er verstummt bitter und wischt sich mit dem Ärmel und Unterarm den Schweiß von der breiten Stirn.