G. F. Unger 2311 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2311 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Der alte Bull Bear beendete seine Rede mit den Worten: »Und nun geht auf den Kriegerweg. Bewährt euch! Vollbringt Taten, von denen unser Stamm noch mit Stolz den Urenkeln erzählen kann. Es werden gewiss nicht alle von euch in unser Dorf heimkehren können. Aber von jenen, die stolz zurückkommen, wird der Beste an meine Stelle treten. H'g-un!« Das letzte Wort bedeutete so viel wie Mut. Und den konnten die zehn Krieger gebrauchen, vor denen der alte Häuptling Bull Bear diese Rede hält. Er ist alt geworden, sehr alt schon. Und wahrhaftig führt er sein Dorf nur noch mit Klugheit und Lebenserfahrung, nicht mehr durch Taten. Eigentlich hätte er schon längst abgelöst werden müssen. Die zehn Krieger verharren noch einige Atemzüge lang. Dann ruft einer: »Hopo - reiten wir!« Sie wenden sich ab, schwingen sich auf die Pferde - und dann reiten sie stolz aus dem Dorf. Ihr Kriegerweg hat begonnen. Ein Gemurmel begleitete sie, es ist ein vielstimmiges »H'g-un!« Es rollt ihnen nach wie eine Meeresbrandung. Und erst als sie über dem Hügelkamm verschwunden sind, verstummt es ...


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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Kriegerweg

Vorschau

Impressum

Kriegerweg

Der alte Bull Bear beendete seine Rede mit den Worten: »Und nun geht auf den Kriegerweg. Bewährt euch! Vollbringt Taten, von denen unser Stamm noch mit Stolz den Urenkeln erzählen kann. Es werden gewiss nicht alle von euch in unser Dorf heimkehren können. Aber von jenen, die stolz zurückkommen, wird der Beste an meine Stelle treten. H'g-un!«

Das letzte Wort bedeutete so viel wie Mut. Und den konnten die zehn Krieger gebrauchen, vor denen der alte Häuptling Bull Bear diese Rede hält.

Er ist alt geworden, sehr alt schon. Und wahrhaftig führt er sein Dorf nur noch mit Klugheit und Lebenserfahrung, nicht mehr durch Taten. Eigentlich hätte er schon längst abgelöst werden müssen.

Die zehn Krieger verharren noch einige Atemzüge lang. Dann ruft einer: »Hopo – reiten wir!«

Sie wenden sich ab, schwingen sich auf die Pferde – und dann reiten sie stolz aus dem Dorf. Ihr Kriegerweg hat begonnen.

Ein Gemurmel begleitete sie, es ist ein vielstimmiges »H'g-un!« Es rollt ihnen nach wie eine Meeresbrandung. Und erst als sie über dem Hügelkamm verschwunden sind, verstummt es ...

Das Leben im Dorf geht weiter. Man wird warten, hier am silbernen Creek bleiben, bis die Weiden in der Runde abgegrast sind, es kein jagdbares Wild mehr in der weiteren Umgebung gibt und es Zeit ist, weiterzuziehen.

Der Sommer, der Herbst und der Winter werden vergehen und erst im Monat der Blüten wird man vielleicht etwas von jenen Kriegern hören, die auf den Kriegerweg gingen – von jenen Besonderen, die man auswählte, damit sie den Besten finden mögen unter sich.

Die zehn Krieger aber halten hinter dem ersten Hügel an. Sie formieren sich zu einem Kreis.

Nach einer Weile des Schweigens spricht Rothorn: »Lasst mich es als Erster versuchen. Lasst mich für unsere erste Tat der Anführer sein. Lasst uns zu den Büffeljägern reiten, die unsere Büffel schlachten nur der Häute wegen. Wenn es keine Büffel mehr gibt, sind auch die Tage der Indianer zu Ende. Das wissen wir alle. Denn der Büffel gibt uns alles. Der Büffel ist unser wohltätiger Bruder. Also sollten wir uns auf den Weg machen, um die weißen Büffelschlächter zu töten und von ihnen die guten Waffen zu erbeuten. Denn mit guten Waffen werden wir stets siegreich kämpfen. Hopo!«

Und alle sehen ihn an, überlegen, ob sie ihn für diesen Coup als Anführer wollen. Der Vorschlag, den er machte, leuchtet ihnen ein. Sie finden ihn gut.

So reiten sie nach Süden. Denn dort – zwischen Fort Laramie und Kansas City, und von dieser gedachten Linie nach Westen –‍, da sind jetzt die großen Büffelherden. Dort knallen tausend und mehr Gewehre der Büffeljäger-Mannschaften und töten jeden Tag Tausende von Büffeln. Dorthin wollen sie auf ihrem Kriegerweg.

Zur selben Zeit hinkt ein gewisser John Keburn am Stock auf die Veranda seines Hauses und betrachtet die im Hof seiner Handelsagentur zur Abfahrt bereitstehenden Frachtwagen. Es sind sechs, und jeder ist bespannt mit acht starken und zähen Maultieren. Zu jedem Wagen gehören zwei Männer, nämlich der Fahrer und dessen Gehilfe.

Dann gibt es noch einen dreizehnten Mann. Dieser Mann heißt Ben Keburn, und er ist John Keburns Sohn. Er sitzt auf einem zähen Pferd, einem narbigen grauen Wallach, einem riesigen Tier, welches trotz seiner gewiss dreizehnhundert Pfund so leicht wie eine Katze geht.

Ben Keburn reitet Wagen für Wagen ab – und nichts entgeht ihm. Es ist ein letztes Prüfen. Seine Männer erwidern seinen Blick stets gerade und frei. Es ist eine erfahrene Mannschaft, die schon für den alten John Keburn fuhr, als Ben noch ein Junge war.

Schließlich reitet Ben Keburn vor die Veranda und nickt seinem Vater zu. »Schade«, sagt er, »dass wir nicht mehr zusammen ...« Aber er verstummt, als der alte John Keburn heftig den eisgrauen Kopf schüttelt.

»Nein – nicht schade, mein Junge«, sagt John Keburn. »Es ist ganz natürlich. Du musst jetzt an meine Stelle treten, so wie ich damals an die Stelle meines Vaters trat. Ich bin steif, voll Rheuma und Gicht. Ich kann nicht mehr. Du wirst es schwerer haben als ich. Damals, zu deines Großvaters und meiner Zeit, da herrschte Frieden zwischen den roten Stämmen und uns Händlern. Wir lebten gut zusammen in diesem Lande. Alle großen Häuptlinge kannte ich schon als Knabe. Sie waren alle meine Freunde. Und Fort Laramie war nie ein richtiges Fort, nur eine Handelsniederlassung. Erst als es die Armee von uns Händlern übernahm, da wurde es ein Fort nach militärischen Maßstäben. Und das ist irgendwie symbolisch für alle Veränderung in diesem Lande. Junge, du wirst es sehr viel schwerer haben. Denn es wird Krieg geben, einen richtigen großen Krieg gegen die vereinigten Stämme und Völker der Roten. Die Büffelschlächter und der bevorstehende Bau der Eisenbahn nach Westen werden diesen Krieg bewirken. Ben, mein Junge, du wirst dich ganz besonders bewähren müssen. Es ist wie bei den Indianern, wenn sie ihre besten Krieger auf den Kriegerweg schicken. Wenn du heimkommst, wirst du hier der Boss sein. Viel Glück, mein Junge. Und vergiss es nie: Du wurdest zwar in diesem Land geboren, aber du bist ein Weißer. Und im Zweifelsfalle wirst du dich stets für deine Rasse entscheiden müssen. Das ist nun mal so.«

Er hat nun alles gesagt. Und Ben Keburn begreift, dass sein Vater sich nur noch mühsam beherrschen kann. Und so zieht er schweigend sein Pferd herum und ruft: »Vorwärts, jooohooo!«

Die Fahrer erwidern seinen Ruf.

Und dann fahren sie aus dem Hof. Wagen für Wagen.

Nach drei Tagen ständigen Reitens erreichen sie die Büffelweide.

Bald schon hören sie in der Ferne das ständige Knallen der schweren Sharps-Gewehre. Mit diesen großkalibrigen Waffen können die Büffeltöter noch auf dreihundert Yards Entfernung einen Büffelbullen fällen. Solch ein Bulle – zuerst werden die Leitbullen abgeschossen – legt sich dann ins Gras und stirbt. Und die Herde in seiner Umgebung grast ruhig weiter. Das ständige Knallen erschreckt sie nicht besonders.

Wenn die Büffeltöter es verstehen, stets alle Leitbullen rechtzeitig zu töten und immer wieder rechtzeitig erkennen können, welche Tiere als Nachfolger dieser Leitbullen an deren Stelle treten wollen, dann ist es ihnen möglich, einige Dutzend Tiere abzuschießen, bevor die Herde in Stampede ausbricht.

Die Indianer wissen das alles schon. Denn sie haben die Büffeltöter oftmals bei der Arbeit beobachtet. Sie, die Indianer, töten stets nur so viele Büffel, wie sie zum Lebensunterhalt benötigen. Die Büffeltöter aber wollen Häute, immer nur Häute, nichts als Häute.

Sie reiten vorsichtig weiter, benutzen Bodenwellen und Senken als Deckung. Und als sie aus einem trockenen Prärie-Creek herausgeritten kommen, da sehen sie einen Büffelabhäuter dicht vor sich bei der Arbeit. Er wendet ihnen den Rücken zu, und er ist voll auf seine schwere Arbeit mit dem Häutemesser konzentriert. Bald ist es so weit, dass er die Haut dann endgültig mithilfe seines Pferdes vom Kadaver abziehen kann.

Drei abgehäutete Büffel liegen schon in der Nähe da und dort, und die blutigen Häute trocknen in der Sonne. Der Abhäuter ist ein noch junger Bursche, vielleicht gerade achtzehn, aber groß und zäh, geschickt und erfahren.

Sie sehen ihm fast neugierig zu und bewundern sogar seine Fertigkeit. Aber irgendwann endlich wird der schwitzende und hart arbeitende Junge nun doch von seinem Instinkt gewarnt. Er wirft einen flüchtigen Blick über die Schulter.

Sie können erkennen, wie er erschrickt. Aber dann handelt er schnell. Er springt über den schon halb abgehäuteten Büffel hinweg und ist mit drei weiteren Sprüngen bei seinem Pferd.

Er kommt auch noch mit einem weiteren Sprung in den Sattel. Aber dann fahren ein halbes Dutzend Pfeile in ihn. Er ist schon tot, bevor er vom Pferd fällt und weich im dichten, hohen Büffelgras landet. Aber selbst, wenn er hart aufgeprallt wäre, er würde es nicht mehr gespürt haben.

Rothorn nimmt sich seinen Skalp. Ihm werden auch seine Waffen und das Pferd gehören.

Sie reiten weiter, und schon hinter der nächsten Bodenwelle in einer Senke, da treffen sie auf einen weiteren Abhäuter, der ebenso emsig bei der Arbeit ist wie der Junge. Diesmal ist es schon ein alter Bursche, ein Graukopf, jedoch ledern und gewiss noch zäher, als es der Junge war. Aber auch er ist zu sehr auf seine Arbeit konzentriert, dass er nur selten mal einen Blick in die Runde schweifen lässt.

Der alte Abhäuter hält nun ebenfalls inne, wie zuvor schon der Junge. Auch er spürt wohl nun endlich das Prickeln im Nacken. Sein Instinkt warnt ihn unmissverständlich. Aber er blickt nicht über die Schulter. Nein, er lässt das Abhäuten sein und schneidet den fetten Büffelhöcker vom toten Tier. Er tranchiert ihn sehr gekonnt und wendet sich damit dann langsam den zehn Kriegern zu. Dabei verzieht er freundlich sein Gesicht.

»Hokahey, ich sehe euch«, sagt er. »Wollt ihr frischen Büffelhöcker?« Er spricht ihre Sprache ziemlich gut.

Aber sie verziehen keine Miene. Starr sitzen sie auf ihren scheckigen Mustangs. Da sie sich noch oben am Rande der Senke befinden, sind sie dem stetigen Wind ausgesetzt, der auf der Hochprärie fast immer weht wie auf einem Meer. Dieser Wind spielt mit ihren Haaren, den Skalplocken. Er lässt ihre Federn wippen, spielt mit den Schwänzen und Mähnen ihrer Mustangs. Und die Sonne lässt ihre Lanzen- und Pfeilspitzen blinken. Sie tragen die Bemalung von Kriegern auf dem Kriegerweg. So bieten sie ein heidnisches Bild – drohend, unversöhnlich.

Der alte Büffelhäuter sieht das alles, spürt die Gnadenlosigkeit, die von ihnen ausgeht. Dann hört er Rothorn sagen: »Du kannst den Büffelhöcker selber fressen. Los, friss ihn! Sofort!«

Aber da gibt der alte Graukopf es auf, sich mit ihnen freundlich zu arrangieren. Er weiß plötzlich, dass sie ihn töten werden, selbst wenn er es schaffen sollte, den vielpfündigen Büffelhöcker hinunterzuschlingen. Und so lässt er den blutigen Klumpen Fleisch fallen und richtet sich stolz auf. Er bietet ihnen seine Brust. Dann sagt er voll Inbrunst, so nachdrücklich und fast feierlich: »Ihr könnt zur Hölle gehen, ihr Hurensöhne.«

Als er es gesagt hat, zischen die Pfeile von den Sehnen.

Und zwei Sekunden später ist er tot.

Diesmal nimmt Fleckschweif den Skalp.

Und wieder reiten sie weiter. Nicht weit entfernt hören sie wieder das Krachen der schweren Sharps-Gewehre. Und schon hinter der nächsten Bodenwelle erblicken sie den Rand der Büffelherde, ihre nördliche Flanke sozusagen. Denn die Herde zieht grasend nach Westen. Immer wieder halten die Rudel an, grasen, tun sich nieder, wälzen sich in den schlammigen Wasserlöchern.

Auf halber Höhe der Bodenwelle – etwa fünf bis acht Yards über der Herde, da liegen die beiden Büffelkiller. Sie feuern sehr präzise. Es ist kaum zu glauben, aber die Herde – vielleicht zweihundertfünfzig bis dreihundert Yards entfernt – lässt sich davon nicht beeindrucken. Dass immer wieder Tiere umfallen, niederknien und sich zur Seite legen, scheint den anderen Tieren gleichgültig zu sein. Nur dann und wann hebt ein Bulle seinen mächtigen Schädel und wittert. Aber im nächsten Moment – noch bevor er die Gefahr wittern und in Stampede ausbrechen kann – wird er von einer der großkalibrigen Kugeln getötet.

Es ist lächerlich leicht und einfach, Büffel zu töten. Man muss nur auf größere Entfernung gut genug schießen können und eine schwere Waffe besitzen.

Die zehn Indianer sehen sich das alles schweigend an. Auch jetzt warten sie geduldig, bis ihre Opfer einen Atem des nahen Todes spüren, bis ihr Instinkt sie warnt durch ungute Gefühle – bis sie endlich hinter sich blicken und alles sehen.

Dann fahren Pfeile in sie hinein. Sie haben keine Chance.

Die zehn Indianer wenden sich nach Osten. Denn von dort kommt die Fährte der beiden Büffeltöter. Dort im Osten sind einige Bäume an einem Creek. Dort muss das Camp sein.

Sie erreichen das Camp eine halbe Stunde später, und sie schlagen einen Bogen, nähern sich von der anderen Seite des Creeks, durchreiten ihn, und das Plätschern des Wassers übertönt die Geräusche der unbeschlagenen Mustanghufe.

Es sind zwei Männer im Camp. Einer ist der Koch, und er ist dabei, frische Biskuits zu backen. Der andere Mann ist dabei, einige Dutzend blutiger Büffelhäute mithilfe vieler Pflöcke am Boden auszuspannen. Die ganze Umgebung des Camps ist von ausgespannten Büffelhäuten bedeckt. Und bei den drei Wagen stapeln sich die schon getrockneten Häute.

Sie sind ihren Opfern schon ganz nahe, also bereits im Camp, und sitzen noch in den Sätteln, als der Koch den Deckel vom Holländischen Ofen nimmt und die Biskuits herausholt. Er legt sie auf ein Brett, und als er sie auf die heruntergeklappte Rückwand des Wagens schütten will, damit sie abkühlen können, da sieht er endlich die heidnischen Besucher.

Wie sein Partner mit den Büffelhöckern, so versucht er, nun mit dem Brett voller Biskuits freundlich zu sein und den »Gästen« etwas anzubieten. Er geht damit auf die Reiter zu, redet freundlich allerlei Zeug in englischer Sprache, geht von Reiter zu Reiter und bietet ihnen die Biskuits an.

Und die nehmen tatsächlich.

Zu jedem sagt er: »Willkommen in unserem Camp. Wir sind Freunde, gute Freunde ...«

Weiter kommt er nicht. Denn Gelbvogel möchte jetzt endlich seinen Skalp haben. Und so schlägt Gelbvogel blitzschnell mit der Kriegsaxt zu. Er trifft den Koch von der Seite her unter dem Ohr in den Hals.

Die ganze Zeit stand der Häutespanner einen halben Steinwurf weit entfernt außerhalb des Camps da und beobachtete alles voll Spannung und Sorge, bis er sieht, wie Gelbvogel jenem Joe den halben Hals durchschlägt und Joe stehend stirbt.

Da wendet er sich zur Flucht. Er hat keine Waffe bei sich. Hier in der Nähe des Camps glaubte er sie nicht nötig zu haben.

Zwei Messer – der jüngste Krieger – folgt ihm. Und schon mit dem ersten Lanzenstich erwischt er ihn keine hundert Yards weiter.

Mit dem blutigen Skalp kommt er zurück.

Sie alle sind nun sehr zufrieden. Denn sie haben den ersten großen Coup erledigt auf dem Kriegerweg. Sie haben fünf Weiße getötet, viel Beute gemacht – besonders an Waffen und Munition – und keinen einzigen Verlust dabei gehabt.

Rothorn hat sie gut geführt. Wakan Tanka, der Große Geist, war auf ihrer Seite.

Bevor sie die Wagen anzünden und die Maultiere töten, meldet sich Fleckschweif mit fester Stimme.

»Rothorn war ein guter Anführer«, sagt er. »Wenn wir heimkehren, werden wir das bezeugen. Doch jetzt erhebe ich Anspruch darauf, Erster Krieger zu sein von uns allen. Ich fordere euch auf, mit mir zu einem neuen Coup zu reiten.«

Er sieht sie der Reihe nach an. Und sie alle sagen ihm Krieger für Krieger, dass sie damit einverstanden sind. Denn jeder von ihnen wird an die Reihe kommen. Jeder wird seine Führungsqualitäten beweisen können.

So ist es Brauch.

Als es schon dunkel wird und der Feuerschein der brennenden Wagen das Land meilenweit in der Runde erhellt, da reiten sie ostwärts auf Laramie zu. Denn von Fort Laramie aus führt die Lebensader nach Osten in Richtung Kansas City – und nach Norden den Bozeman Trail hinauf ins Goldland von Montana.

Dieser Trail – einst durch einen Friedensvertrag für die Weißen sicher gemacht – ist nun gesperrt für jede weiße Haut. Denn es ist Krieg, seitdem die Soldaten damit begannen, längs des Trails Forts zu errichten, Fort Phil Kearney zum Beispiel, Fort Reno und andere befestigte Camps und Stützpunkte.

Längs des Kansas City und Bozeman Trail reiten Armeepatrouillen.

Und Fleckschweif will offenbar wehrhafteres Wild jagen als ein paar Büffeljäger.

Auch Ben Keburn fährt mit seinen Frachtwagen nach Süden, so wie die zehn Krieger vor ihrem Dorf aus nach Süden ritten, um ins Büffelland zu gehen. Nur hat Ben Keburn es von Laramie aus zumindest zwei Tagesritte näher. Und zwei Tagesritte, das sind mehr als drei Tagestrecks mit den Wagen.

Er erreicht mit seinen Männern das Land des South Platte etwa zur selben Zeit wie die zehn Krieger – und dennoch sind sie noch einige Dutzend Meilen voneinander entfernt und wissen nichts voneinander.

Am dritten Tag erreichen sie die Furt des South Platte, nachdem sie jeden Tag länger als zwölf Stunden fuhren und endlose staubige Meilen zurücklegten. An der Furt schlagen sie endlich das Handels-Camp auf. Denn dieser Platz hier ist günstig. Hier müssen sie alle über den Fluss.

Zu beiden Seiten der Furt rasten Wagen. Es sind mehr als zwei oder drei Camps. Einige Wagen fallen besonders auf, denn sie sind grell und bunt bemalt. Sie stehen um ein großes Zelt, vor welchem ein Schild an zwei Stangen hängt, auf dem zu lesen steht:

Daisy Brown und ihre Engel

Tanz, Spiel, Freude, Glück

Es ist ein fahrender Tingeltangel, eine Amüsierhalle, eine Mischung aus Spielhalle, Tanzhalle, Saloon und Theater, welche entweder ins Goldland von Montana unterwegs ist oder bei Fort Laramie und Cheyenne auf den Eisenbahnbau warten will. Denn bald schon müssen die Damm- und Brückenbauer, die Schwellenleger und Schienenleger kommen.

Kaum haben Ben Keburn und dessen Männer die Verkaufswagen geöffnet, bekommen sie von überall her Kundschaft.

Am späten Nachmittag – es ist schon fast Abend – kommt ein Mädchen herüber vom Camp der Tingeltangelleute. Es verlangt Seife, einen Kamm und fragt auch nach Unterwäsche für Ladys.

Der alte Pete, der ihr Vater sein könnte, bedient es höflich.

Ben Keburn aber, der am Vorderrad des Wagens lehnt und aus einer Blechtasse Kaffee schlürft, betrachtet das Mädchen.

Nicht weil er es hübsch findet – nein, als es ihn ansah, da verspürte er etwas, was er nicht so einfach erklären könnte. Es durchzuckte ihn etwas. Und in seiner Magengegend war ein eigenartiges Gefühl. Aber es war ein gutes Gefühl, dessen war er sich sofort sicher.

Er denkt immer wieder, indes er es von der Seite her beim Einkaufen beobachtet: Heiliger Rauch, ist die prächtig. Dass es so was gibt – Mann, o Mann, wann habe ich jemals solch ein Mädchen gesehen? Ihr Haar ist so blond – nein, so gelb wie meins. Und dennoch hat es schwarze Augen.