G. F. Unger 2317 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2317 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als Dan Shane die Wasserscheide des Passes hinter sich gelassen hat, kommt er bald zu jenem Punkt, von dem aus er über das weite Grass Valley blicken kann. Nach langen Jahren sieht er seine alte Heimat wieder. Dan Shane ist ein großer Mann. Er ist von jener hageren Sorte, die starke Knochen, lange Muskeln und eine außergewöhnliche Zähigkeit und Härte besitzen. Und er ist ein Revolvermann! Die tiefen dunklen Linien in seinem etwas unregelmäßigen Gesicht erzählen von langen Ritten und Fährten, von einem harten Leben, von Kämpfen und entschlossener Härte. Dan Shane raucht langsam eine Zigarette. Sein Blick schweift nachdenklich und träumerisch über das Tal. Dann drückt er den Stummel am Sattelhorn aus und macht eine leichte Bewegung im Sattel. »Weiter, Black Jack«, sagt er zu seinem riesigen Rappwallach. Und dann reitet er auf Silver Falls zu. Es ist der 3. April 1869. Dieser Tag ist in der Legende genau überliefert, denn es war Dan Shanes achtundzwanzigster Geburtstag ...


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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Hartes Geld

Vorschau

Impressum

Hartes Geld

Als Dan Shane die Wasserscheide des Passes hinter sich gelassen hat, kommt er bald zu jenem Punkt, von dem aus er über das weite Grass Valley blicken kann. Nach langen Jahren sieht er seine alte Heimat wieder. Dan Shane ist ein großer Mann. Er ist von jener hageren Sorte, die starke Knochen, lange Muskeln und eine außergewöhnliche Zähigkeit und Härte besitzen.

Und er ist ein Revolvermann!

Die tiefen dunklen Linien in seinem etwas unregelmäßigen Gesicht erzählen von langen Ritten und Fährten, von einem harten Leben, von Kämpfen und entschlossener Härte.

Dan Shane raucht langsam eine Zigarette. Sein Blick schweift nachdenklich und träumerisch über das Tal. Dann drückt er den Stummel am Sattelhorn aus und macht eine leichte Bewegung im Sattel.

»Weiter, Black Jack«, sagt er zu seinem riesigen Rappwallach. Und dann reitet er auf Silver Falls zu.

Es ist der 3. April 1869.

Dieser Tag ist in der Legende genau überliefert, denn es war Dan Shanes achtundzwanzigster Geburtstag ...

Zwei Meilen vor der Stadt trifft er auf einen Reiter, der bei seinem Anblick das Pferd verhält und ihn anstarrt. Dieser Reiter ist Mitch Fisher. Er beginnt, auf eine kalte Art zu grinsen und sagt: »Da kommt also der große Tiger wieder heim. Herzlich willkommen, Dan Shane! Wir haben viel von dir gehört. Sie halten dich hier alle für einen Wundermann. Nur ich nicht! Ich bin der Meinung, dass du bisher immer nur eine Menge Glück hattest und noch nicht auf einen wirklich großen Mann gestoßen bist. Aber immerhin, herzlich willkommen in der alten Heimat!«

Mitch Fisher grinst wieder.

Dan sieht ihn ruhig und fest an. Langsam sagt er: »Wir konnten uns nie leiden, Mitch, nicht wahr? Daran hat sich bei mir bis heute nichts geändert. Geh mir aus dem Weg, Mister!«

Er setzt sein Pferd wieder in Bewegung, und da der Reitweg ziemlich schmal ist, muss einer der beiden Reiter dem anderen Platz machen. Dan Shane reitet genau auf Mitch Fisher los und starrt ihn an.

Dieser drängt mit einem Fluch sein Pferd zur Seite, und als Dan neben ihm ist, zischt er ihm zu: »Nur nicht so stolz, großer Mann! Wir ziehen hier alle an einem Lassoende!«

Dan Shane reitet ohne Entgegnung weiter und nähert sich der Stadt.

Die ersten Häuser zu beiden Seiten des Ortseingangs kennt er noch sehr genau, dann bemerkt er einige neue Saloons und Tanzhallen.

Dan Shane reitet vor den Lone Star Saloon und bleibt noch einige Sekunden im Sattel sitzen. Er blickt ruhig auf den kleinen Mann nieder, der auf dem Plankensteig steht und an einem kalten Zigarrenstummel kaut.

Es ist Marshal Ward Bridger. Seine Schnurrbartbürste über der Oberlippe ist fast weiß. Er nickt Dan Shane ausdruckslos und nur unmerklich zu und murmelt: »Wenn du dich an diesem Geschäft hier beteiligst, so wirst du dein Geld auf eine ziemlich harte Art verdienen müssen, mein Junge. Es wird hartes Geld sein, auf die raue Art verdient. Und es wird bedeutend schwerer sein als anderes Geld – weil es dein Gewissen belastet wie schwere Mühlsteine. Nun, mein Junge, ich sehe, du bist ein Mann geworden. Und jeder Mann trägt die Verantwortung für seine Entscheidungen selbst.«

Einen Moment bekommt der eisgraue Marshal einen wärmeren und fast väterlichen Ausdruck in seine sonst so harten Augen. Dann hebt er leicht die Hand und geht davon.

Dan Shane sitzt immer noch im Sattel. Er blickt dem alten Kämpfer nach. Ward Bridger wirkt jetzt noch unscheinbarer als vor einigen Jahren. Aber sein Ruf und viele Legenden, die von seinen Kämpfen zu berichten wissen, strafen sein unscheinbares Aussehen Lügen. Er ist ein alter, eisgrau gewordener zäher Puma.

Dan Shane geht in den Saloon.

Chip Duane steht hinter dem langen Schanktisch und nickt ihm zu, als wäre Dan nur einen einzigen Tag fort gewesen.

Er holt eine besondere Flasche unter dem Schanktisch hervor und schenkt zwei Gläser voll. Dann sagt er trocken: »Willkommen, Dan! Deine Eltern werden sich freuen. Yeah, auch dein Vater wird sich freuen. Der alte Mann hat längst bereut, dass er dich damals ...«

»Schon gut, Chip«, murmelt Dan Shane und nimmt das Glas. Als sie trinken, sehen sie sich in die Augen. Und Dan erinnert sich daran, dass Chip Duane immer sehr anständig zu ihm war. Und als er das leere Glas absetzt, greift er in die Brusttasche seines Reithemdes und holt einige Geldscheine hervor. Er zählt hundert Dollar ab und legt sie auf den Schanktisch.

»Du hast mir das Geld gegeben, damals, als mein Vater mich zum Teufel jagte«, sagt er. »Es war mir eine große Hilfe, denn es war Winter, und für einen jungen Burschen gab es nirgendwo Arbeit. Vielleicht hat dieses Geld verhindert, dass ich eine Postkutsche ausraubte. Hier hast du es zurück. Ich danke dir, Chip!«

»Ich habe dir das Geld geschenkt«, murmelt dieser. »Ich habe dir nichts davon gesagt, dass du es mir zurückgeben ...«

»Nimm es bitte, Chip! Du gabst mir mit den hundert Dollar einen kleinen Halt mit auf den Weg. Dadurch wurde nicht zu einem verlorenen.«

Chip Duane schnauft. Er schenkt die Gläser nochmals voll. Als sie getrunken haben, sagt er: »Dein Bruder ist in der Stadt. Er ...«

Chip Duane spricht nicht weiter, denn jemand kommt von der Straße herein. Dan Shane sieht in den großen Spiegel, der hinter dem Schanktisch an der Wand hängt, und erkennt, dass der Eintretende sein Bruder ist.

Er wendet sich langsam um.

Cole Shane ist stämmig, rotblond und so gesund wie ein junger, von Kraft und Zuversicht strotzender Büffelbulle. Zwischen den beiden Brüdern besteht nicht die geringste Ähnlichkeit. Cole grinst breit und ruft: »Willkommen, Bruderherz! Es ist gut, dich zu sehen! Das ist also der berühmte Dan Shane, der schnellste Revolvermann zwischen dem Rio Grande und der Indianergrenze im Norden! Du bist ein prächtiger Tiger geworden, Bruder, das muss ich zugeben. Und es ist gut, dass du sofort gekommen bist! Wir brauchen dich. Diese Stadt braucht dich. Komm, gehen wir zu Ambrose Hammer hinüber!«

Während dieses Wortschwalls tritt er zu Dan heran und streckt diesem beide Hände entgegen. Er ist zwei Jahre jünger als Dan, aber er wird schon etwas fleischig. In zehn Jahren wird er ein fetter Mann sein. Sein Atem riecht nach Whisky. Eine starke Erregung färbt seine Wangen dunkel.

Dan Shane weiß, dass sein Vater auf Cole große Hoffnungen setzte, nachdem er ihn, seinen ältesten Sohn, damals davonjagte. Und während er Coles Händedruck erwidert und dabei fest in die Augen des Bruders blickt, fragt er sich, ob Cole die Hoffnungen des Vaters erfüllt hat.

Cole lässt ihn nicht zu Wort kommen. Er hakt Dan unter und führt ihn zur Tür.

»Ambrose Hammer wird sich freuen«, sagt er. »Wir alle haben sehnsüchtig auf dich gewartet und hatten große Sorge, dass die ersten Treibherden hier eintreffen, bevor du heimgekommen bist. Ambrose wird sich mächtig freuen!«

Sie überqueren den Fahrdamm.

Hier steht ein stattliches Haus. Neben der Tür ist ein Schild befestigt. Darauf steht: Silver Falls Company, Verpachtung von Wasser-‍, Weide- und anderen Nutzrechten. Agent: Ambrose Hammer.

Die beiden Brüder bleiben vor dem Schild stehen. Dan Shane liest die Worte bedächtig, Cole kichert, schlägt ihm kräftig auf die Schulter und sagt frohlockend: »Das wird ein Geschäft, nicht wahr? Das wird ein Geschäft! Wir werden alle reiche Leute!«

Er klopft Dan Shane wieder auf die Schulter. Dann öffnet er die Tür und ruft ins Haus: »Achtung, Ambrose! Jetzt bringe ich den berühmten Dan Shane!«

Er hält die Tür auf. Dan tritt langsam ein.

Der erste Raum ist als Büro eingerichtet, doch die beiden Schreibtische sind noch nicht mit Schreibern besetzt. In der Tür, die zu einem zweiten Zimmer führt, erscheint Ambrose Hammer. Er tritt Dan Shane mit ausgestreckten Händen entgegen. Unter seinem strichfeinen Bärtchen blitzen starke weiße Zähne. Sein hübsches, dunkles Gesicht ist in den letzten Jahren markanter geworden. Er ist fast so groß wie Dan und vielleicht noch zehn Pfund schwerer als dieser. Er wirkt wie ein Boss, der das Heft fest in der Hand hält und daran gewöhnt ist, anderen Menschen Befehle zu erteilen. Er trägt einen teuren Anzug und ein weißes Hemd mit einer seidenen Krawatte. Sein Haar ist rabenschwarz und gelockt. Zu seiner städtischen Kleidung trägt er jedoch Reitstiefel mit Sporen, und als sich seine Jacke bei einer Bewegung etwas mehr öffnet, erkennt Dan den Lederriemen eines Schulterholsters.

Er zögert unmerklich, bevor er Ambrose Hammers Rechte drückt. Ambrose Hammer hat sich in den letzten Jahren verändert. Hammer ist zwei Jahre älter als er. Damals war er ein wilder Bursche, der ständig mit sehr zweifelhaftem Gelichter im Land umherritt und immer die Taschen voller Geld hatte, dessen Herkunft fragwürdig war.

Als der Krieg ausbrach, verschwand Ambrose Hammer aus dem Land. Dan Shane machte den Bürgerkrieg als Angehöriger der Südstaatenarmee mit. Von Ambrose Hammer aber hörte er, dass dieser sich der Guerillatruppe des berüchtigten Quantrill angeschlossen hatte. Diese Truppe war in Wirklichkeit nichts anderes als eine rücksichtslose Banditen- und Mordbande, die unter einer schwarzen Flagge kämpfte.

Jetzt scheint Ambrose Hammer hier in Silver Falls der große Mann zu sein.

»Gehen wir in mein Büro«, sagt er mit etwas übertriebener Herzlichkeit. »Besprechen wir alles bei einem Glas Whisky!«

Er lässt Dan und Cole Shane den Vortritt, schließt die Tür und tritt an den Tisch, um dort drei Gläser zu füllen.

»Setzt euch und macht es euch bequem. In der Kiste sind Zigarren«, sagt er.

Dan hockt sich rittlings auf einen Stuhl, legt die Arme über die hohe Lehne und kommt zu der Erkenntnis, dass Hammer ihm jetzt nicht besser gefällt als vor Jahren.

»Für mich keinen Whisky, Ambrose«, sagt er. »Ich habe schon im Saloon getrunken, und ich habe gestern Abend zum letzten Mal etwas gegessen. Vielleicht macht ihr es kurz und bündig. Cole hat mir einen Brief geschrieben, der mich zufällig erreichte. In diesem Brief stand, dass ich heimkommen solle, weil es hier Geld zu verdienen gäbe und meine Mutter mich vor ihrem Tod noch einmal sehen möchte. Nun, jetzt bin ich hier. Und es sieht so aus, als wolltet ihr etwas von mir. Macht es kurz!«

Er blickt erst Ambrose Hammer und dann seinen Bruder fest an. Und er sieht deutlich, wie sein Bruder mühsam schluckt, als hätte er eine trockene Kehle. Cole holt sich sein Whiskyglas vom Tisch und leert es hastig.

Hammer sagt: »Wir brauchen dich, Dan. Zum Wohl der Stadt und unseres Countys brauchen wir dich. Cole wird es dir erklären.« Nach diesen Worten setzt sich Ambrose Hammer hinter seinen Schreibtisch.

Dan Shane aber schaut den Bruder Cole seltsam an. Als er sieht, dass Cole sich ein drittes Glas einschenken will, sagt er knapp: »Hör auf damit, Cole! Der Whisky macht es nicht leichter.«

Cole zuckt zusammen. Er brummt: »Ich weiß genau, wie viel ich vertragen kann und was mir schadet. Aber gut: Ich will dir alles sehr schnell klarmachen. Pass auf! Wir haben hier ein prächtiges Tal, nicht wahr? Auf tausend Meilen in der Runde gibt es hier das beste Gras. Und Wasser haben wir ebenfalls genug. Der Chisholm Trail führt durch unser Tal, und alle Rinder, die über den Pass kommen, haben endlose Meilen wasserlose Wüste hinter sich und sind am Ende ihrer Kräfte. Im vergangenen Jahr haben wir es erlebt. Jede Herde, die über den Pass kam, legte hier einige Tage Rast ein, damit sich die Rinder erholen konnten. Man konnte richtig sehen, wie die Tiere jeden Tag einige Pfund zunahmen und wieder kräftig wurden. Alle Herden fraßen unser gutes Gras. Aber sie zahlten nichts dafür. Und das soll anders werden.«

Er verstummt und sieht Dan vorsichtig an.

Der aber betrachtet Ambrose Hammer.

»Dieser Plan stammt von dir, nicht wahr, Ambrose?«, fragt er.

»Sicher.« Hammer nickt. »Die Herden sollen ihr Futter bezahlen. Es werden dieses Jahr mehr als hunderttausend Rinder durch dieses Tal nach Norden ziehen und sich hier vollfressen. Die Herdenbosse sollen für jedes Tier Futter- und Wassergeld zahlen. Und dieses Geld kommt der Stadt und dem ganzen County zugute. Das bringt mehr ein als Rinderzucht und die Felder der Heimstättensiedler.«

Dan nickt. »Das glaube ich gern. Es gab früher hier ein halbes Dutzend Ranches und mehr als zwei Dutzend Siedlerstätten, auf denen ganze Sippen lebten. Wo sind die Leute geblieben?«

Ambrose Hammer lächelt und zuckt mit den breiten Schultern.

»Nach dem Krieg wurde vieles anders«, murmelt er. »Es gab schlimme Banditenbanden hier. Den Heimstättensiedlern wurde das Land zu rau. Viele zogen fort. Einige kaufte ich auf. Und auch die kleinen Rancher verkauften an mich. Es gibt nur noch eine kleine Ranch hier im Tal, Dan. Es ist die Ranch deiner Eltern. Obwohl auch sie stark verschuldet ist, besteht sie noch – denn ich habe alle Schuldscheine aufgekauft, sodass deine Eltern sicher vor Gläubigern sind. Da Cole mein Freund ist – und auch du hoffentlich mein Freund sein wirst, werde ich diese Schuldscheine nie präsentieren. Deine Eltern können auf ihrer Ranch in aller Ruhe und in Frieden ihr Leben beschließen. Eines Tages wird eine neue Zeit kommen. Es werden überall Eisenbahnlinien gebaut. Es wird andere Treibherdenstädte geben. Schon nach wenigen Jahren wird der Chisholm Trail für die Rinderleute in Texas nicht mehr wichtig sein. Dann ziehen keine Herden mehr durch unser Tal. Aber bis dahin werden wir und diese Stadt reich sein. Dann können wir damit beginnen, uns das Tal auf andere Weise nutzbar zu machen. Dann ziehen wir eine erstklassige Rinderzucht auf und ...«

»... und wozu brauchst du mich?«, unterbricht ihn Dan Shane trocken.

»Weil wir mit jeder wilden Treibherdenmannschaft kämpfen müssen.« Ambrose Hammer grinst und schlägt die Faust auf den Tisch. »Du weißt das genauso gut wie ich«, fährt er fort. »Diese wilden Texasmänner werden das Futter in diesem Tal nehmen – aber nicht bezahlen wollen. Wir werden am Anfang mit fast jeder Herdenmannschaft kämpfen müssen, bis es sich herumgesprochen hat, dass wir ziemlich rau und nicht zu schlagen sind. Und für diese Kämpfe brauche ich dich, Dan. Du sollst der Reitboss unserer Kampfmannschaft sein. Dein Name als Revolvermann ist überall bekannt. Du bist gefürchtet. Und du hast ...«

»Schon gut«, unterbricht ihn Dan Shane bitter, »ich weiß schon selbst, dass ich ein berüchtigter Revolvermann bin.«

»Ein berühmter!«, verbessert Ambrose Hammer. »Du hast bisher immer nur für eine gute Sache gekämpft. Dein Name hat keinen anrüchigen Klang. Und auch unsere Sache ist gut, denn wir haben hier ein großes Geschäft, und die Stadt und das ganze Land haben Nutzen davon. Du musst uns führen. Schon allein dein Name wirkt mehr als ein Dutzend Gewehrschüsse, die ins Schwarze treffen. Jeder Treibherdenboss wird es sich überlegen, hier mit einer Mannschaft anzubinden, die von Dan Shane geführt wird. Und jede Herde wird dann ihren Zoll zahlen.«

Dan Shane denkt nach. Ihm fallen die Worte ein, die der alte Marshal zu ihm sprach und er wiederholt sie.

»Es wird hartes Geld sein«, murmelt er, »hart verdient und schwer auf dem Gewissen liegen. Es muss durch Blutvergießen und Gewalt verdient werden. Ambrose, ich glaube nicht, dass ich für diese Sache reite.«

»Fürchtest du dich vor rauen Kämpfen?«, ruft Cole und springt auf.

»Ich fürchte mich vor der Verantwortung, die ihr mir aufladen wollt«, antwortet Dan und erhebt sich.

Auch Ambrose Hammer erhebt sich.

»All right«, sagt er, »du zögerst noch. Aber du wirst es dir überlegen. Ich biete dir Freundschaft und Partnerschaft an. Wir drei als Partner könnten schnell groß, reich und mächtig werden. Überleg es dir nur richtig, Dan. Denn wer nicht für mich ist, den betrachte ich als meinen Feind.«

Dan Shanes Augen werden schmal.

»Ich drohe selten«, sagt Ambrose Hammer ruhig. »Aber eines solltest du wissen, Dan: Ich bin nicht so berühmt wie du. Aber ich bin mir sicher, dass ich dich töten könnte, wenn du mein Feind wärst. Es wäre wirklich besser für uns beide – und für deine Eltern – wenn wir Partner würden.«

»Also doch eine Drohung«, sagt Dan kühl. »Die Ranch meiner Eltern ist verschuldet, und du besitzt diese Schuldscheine. Du würdest die alten Leute von der Ranch jagen, wenn wir Feinde würden?«

»Cole ist immer noch mein Freund«, sagt Ambrose Hammer. »Ihm zuliebe würde ich den blinden Mann nicht von seiner Ranch ...«

»Blind?«, ruft Dan Shane erschrocken.

Eine Stille entsteht, in der man nur die Atemzüge der Männer hört. Dann sagt Cole: »Yeah, Dan, unser Vater ist blind. Seit einem Jahr. Er schoss einen Puma vom Baum, und als er hinging, um dem Biest die Ohrspitzen abzuschneiden, schlug es noch einmal mit der Tatze zu – mitten in Dads Gesicht. Wir brachten ihn nach Dallas. Während der langen Reise und auch dort in der Stadt sprach er kein einziges Wort. Er kam in die Behandlung erstklassiger Ärzte. Es kostete viel Geld. Aber sie konnten seine Augen nicht mehr retten. Der Prankenhieb war zu schlimm. Auf dem rechten Auge sieht er noch so viel, dass er unterscheiden kann, ob es Tag oder Nacht ist.«

»Und die Ranch ist verschuldet, weil die Ärzte so teuer waren?«, fragt Dan.

Cole Shane sagt gepresst: »Nicht nur, weil die Ärzte so teuer waren. Ich hatte Pech beim Pokerspiel. Aber bald werden wir eine Menge Geld verdienen, und dann zahle ich alles ...«

»Ich werde euch die Schuldscheine schenken«, sagt Ambrose Hammer schnell dazwischen. Er wendet sich um, tritt zu seinem Geldschrank, öffnet ihn hastig und holt nach kurzer Suche ein Bündel Papiere heraus. Er wirft es auf den Tisch und sagt: »Freunde sollten untereinander keine Schulden haben. Cole, nimm ein Zündholz und verbrenn das Zeug!«

Cole zuckt zusammen. Er bringt blitzschnell ein Zündholz aus der Westentasche zum Vorschein.

Aber als er es anreiben will, legt ihm Dan die Hand auf den Arm.

»Nein«, sagt er, »Schulden werden immer beglichen – auch unter Freunden. Aber damit meine ich nicht, Ambrose, dass ich dein Freund bin. Ich werde das Geld beschaffen.«

»Du kannst es nur verdienen, wenn du mit uns zusammenarbeitest«, sagt Ambrose Hammer. »Auf tausend Meilen in der Runde kannst du nicht eine solche Menge Geld verdienen. Aber du brauchst es ja auch nicht!«

Er holt nun selbst ein Zündholz hervor, nimmt die Papiere und zündet sie an.

Dann sagt er hart: »Besuch deine Eltern, Dan. Und morgen will ich wissen, ob du als Reitboss unsere Mannschaft führst.«

Als sie um die Waldzunge reiten, die aus der Bergfalte ins Tal vorstößt, sehen sie die kleine Ranch vor sich liegen. Sie sind den ganzen Weg schweigsam geritten – und es ist nicht jene Verbundenheit zwischen ihnen, die doch eigentlich zwischen Brüdern sein sollte.

Aber jetzt hält Cole Shane plötzlich an.