G. F. Unger 2325 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2325 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Ich traf Flynn Alvarez in einem Saloon von El Paso. Er wollte soeben einen großen Tequila kippen, doch als er mich sah, stellte er das Glas wieder auf den narbigen Schanktisch und sagte zu dem grinsenden Barmann: »Noch einen, Paco! Noch einen für diesen Pferdedieb vom Brazos. Du trinkst doch mit mir, Gus Kelly? Oder nimmst du mir immer noch übel, dass ich dir in Nogales die Chica ausspannte? Tröste dich, sie war gar nicht so gut. Und sie hatte sieben Brüder, die mich mit ihr verheiraten wollten.« Er zeigte mir nach diesen Worten seine Zahnreihen. Es war, als wenn ein Panther seinen Fang zeigt. Flynn Alvarez war prächtig anzusehen. Ich nickte dem Barmann Paco zu, den ich gut kannte. Dann nahm ich das Glas und trank mit Flynn Alvarez. Dabei blickten wir uns in die Augen. Es herrschte zwischen uns ein merkwürdiges Verhältnis. Wir waren zwar keine Feinde, aber irgendwie standen wir immer wieder in Konkurrenz. Es geschah oft, dass wir an einem Spieltisch, bei einem Mädchen, bei irgendeiner Wette oder sonst wie gegeneinander standen ...


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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Der letzte Drink

Vorschau

Impressum

Der letzte Drink

Ich traf Flynn Alvarez in einem Saloon von El Paso. Er wollte soeben einen großen Tequila kippen, doch als er mich sah, stellte er das Glas wieder auf den narbigen Schanktisch und sagte zu dem grinsenden Barmann: »Noch einen, Paco! Noch einen für diesen Pferdedieb vom Brazos. Du trinkst doch mit mir, Gus Kelly? Oder nimmst du mir immer noch übel, dass ich dir in Nogales die Chica ausspannte? Tröste dich, sie war gar nicht so gut. Und sie hatte sieben Brüder, die mich mit ihr verheiraten wollten.«

Er zeigte mir nach diesen Worten seine Zahnreihen. Es war, als wenn ein Panther seinen Fang zeigt.

Flynn Alvarez war prächtig anzusehen.

Ich nickte dem Barmann Paco zu, den ich gut kannte. Dann nahm ich das Glas und trank mit Flynn Alvarez. Dabei blickten wir uns in die Augen.

Es herrschte zwischen uns ein merkwürdiges Verhältnis. Wir waren zwar keine Feinde, aber irgendwie standen wir immer wieder in Konkurrenz. Es geschah oft, dass wir an einem Spieltisch, bei einem Mädchen, bei irgendeiner Wette oder sonst wie gegeneinander standen ...

Als wir die Gläser hinstellten, fragte er: »Wollen wir uns erst mal richtig betrinken und dann erst mit dem Mann reden, der uns kommen ließ – oder umgekehrt?«

»Erst das Geschäft – also der Mann«, sagte ich.

Alvarez deutete mit dem Daumen über die Schulter in die dunkelste Ecke des Saloons. »Dort sitzt er«, sagte er dabei. »Der ist so ungeduldig wie ein kleiner Chico, dem es gleich in die Hosen gehen wird. Aber ich wollte ohne dich nicht mit ihm verhandeln.«

Ich nickte.

Und dann gingen wir hinüber.

»Das ist Dwight Cannon«, sagte Flynn Alvarez. »Cannon, dies ist Gus Kelly, zu dem Sie einen Boten sandten wie zu mir. Wir sind also beide da, und Sie haben nur zwei Wochen warten müssen. Da hatten Sie aber Glück, Mister. Denn ...«

»Kommen wir zur Sache, wenn wir schon so viel Zeit verloren haben«, unterbrach ihn Dwight Cannon, der auf mich wie ein müder und kranker Löwe wirkte und der gewiss zwanzig Jahre älter war als Alvarez und ich.

Alvarez grinste nur. Ich aber nickte.

»Sicher«, sagte ich. »Wir sind für fünfhundert Dollar hergekommen, um uns einen Vorschlag anzuhören. Jetzt hören wir.«

Dwight Cannon betrachtete uns noch einmal scharf. In seinen Augen war eine Menge Misstrauen.

Er bezwang es und sagte knapp: »Ein Bandit hat mir meine Frau geraubt. Holt sie mir zurück. Ich kann es nicht. Auch ein starkes Aufgebot möchte ich nicht über die Grenze schicken. Zwei Burschen von eurer Sorte könnten das viel unauffälliger schaffen. Tausend Dollar für jeden, wenn ihr mir meine Frau wiederbringt.«

Nun wussten wir es also. Und wir staunten.

Flynn Alvarez wollte sich erheben. Er stemmte sich schon mit den Händen auf die Tischplatte. Nur noch so nebenbei fragte er: »Welcher Bandit dort drüben ist das?«

»Diego Gomez«, sagte Dwight Cannon, und er sprach den Namen aus wie einen Fluch.

Da setzte sich Flynn Alvarez wieder. Er und ich, wir tauschten einen Blick.

Ich schüttelte den Kopf: »Nie gehört«, sagte ich. »Und wir kennen doch so ziemlich alle großen Banditen dort drüben, nicht wahr, Alvarez?«

Der nickte. »Ich kenne nur einen Diego Gomez, und das ist Don Diego Gomez. Der hat in Santa Maria die Hacienda seines Onkels Don Fernando de Picacho übernommen, der von Banditen umgebracht wurde. Diego Gomez war zwar früher selbst auch nichts anderes als ein Bandit und Grenzpirat. Doch jetzt sorgt er gut für seine Leute und das große Dorf Santa Maria. Es ist schon fast eine Stadt. Der hat es nicht nötig, sich Frauen zu stehlen. Der kann unter den schönsten Hundert seines Bereiches wählen.«

Er verstummte ungläubig.

Aber Dwight Cannon schüttelte eigensinnig den Kopf. »Wenn Sie meine Frau sehen«, sagte er, »dann werden Sie schon verstehen, warum ein Mann wie dieser Bandit Diego Gomez alle anderen, die er leicht haben kann, vergisst wie Suppenhühner beim Anblick eines Paradiesvogels.«

Flynn Alvarez und ich, wir schauten uns überrascht an. Solch einen farbigen Vergleich bei aller Nüchternheit hätten wir von diesem Mann gar nicht erwartet.

Aber immerhin wussten wir jetzt: Dwight Cannons Frau war schön und jung.

»Zweitausend Dollar für jeden«, sagte er. »Ich bin nicht kleinlich. Zweitausend Dollar für jeden von euch, wenn ihr sie mir wieder bringt. Ja, es ist dieser Haciendado Don Diego Gomez von Santa Maria, also auf der anderen Seite des Grenzcreeks. Ihr braucht nur hinüberzureiten, einen günstigen Moment abzuwarten und dann mit ihr über die Grenze zurückzukommen.«

Er machte eine Pause und trank den Rest aus seinem Glas.

»Ich habe mir sagen lassen, dass ihr die besten Männer wäret für solch eine Sache. Euch würde auch keiner misstrauen, weil ihr zu beiden Seiten der Grenze daheim wäret. Also?«

Ich sah Flynn Alvarez an.

Dieser zeigte wieder seine weißen Zahnreihen. Sie blitzten, blinkten, und seine Augen funkelten. Sie bildeten zu seinem sonst ziemlich dunklen und fast mexikanischen Aussehen einen starken Kontrast. Denn es waren blaue, irische Augen.

»Ich bin neugierig auf diese Frau«, sagte er. »Wie sind Sie denn an solch eine Kostbarkeit gekommen, Dwight Cannon? Sie sind doch nicht mehr das, was man einen besonders frischen Mann nennen kann. Oder?«

Dwight Cannons zerfurchtes Löwengesicht wurde hart. In seine Augen trat ein Ausdruck von Kälte.

»Ich habe schon meine Qualitäten«, sagte er. »Ich wurde vor zwei Wochen bei dem Überfall verwundet. Ich kann noch nicht wieder reiten. Überdies kennt man mich da drüben sicher. Nein, ich muss zwei unverdächtige Fremde schicken. Wollt ihr oder wollt ihr nicht?«

Wir wussten, dass wir uns nicht länger mit Herumtändeln und Albereien befassen konnten. Dieser Mann war angefüllt mit Wut, Hass, Ungeduld – und mit dem Gefühl seiner Ohnmacht und Schwäche. Er konnte selbst nichts unternehmen, aus welchen Gründen auch immer. Er musste sich Männer kaufen, mieten. Aber er ließ sich gewiss nicht länger mit Geschwätz die Zeit stehlen.

»Wie spielte sich die Sache ab?« Dies wollte ich wissen.

Er erwiderte sofort, ohne lange zu zögern: »Ich war geschäftlich drüben. Meine Frau hatte ich wenige Wochen zuvor dort in Sonora kennengelernt. Ich kehrte erfolgreich von Geschäften zurück. Aber kurz vor der Grenze kam der Überfall. Unsere Leute wurden in einem engen Canyon niedergemacht. Auch ich fiel getroffen aus dem umstürzenden Wagen. Ich stellte mich tot. Und ich erkannte ihn wieder, diesen Frauenräuber. Eine gute Woche vorher war er uns auf einer Festlichkeit vorgestellt worden. Meine Frau hatte sogar mit ihm getanzt. Er nahm sie zu sich aufs Pferd, während man mich unter meinen Leuten liegen ließ. Ich hörte, dass er zu ihr sagte, wie gut sie es bei ihm auf der Hacienda haben würde. Er würde sie zur Herrin dort machen. Also, holt sie mir zurück! Dreitausend Dollar zahle ich jedem von euch!«

Wieder tauschten Alvarez und ich einen Blick.

Alvarez sagte plötzlich: »Diego Gomez hat noch nie etwas getaugt. Der war schon immer das schwarze Schaf seiner Familie – aber weil die Sippe seines Onkels ausgestorben ist, konnte er ihn beerben. Damals, als Gomez noch hier auf dieser Seite ein Bandit war und gejagt wurde, lieh ich ihm und seinen Begleitern mal fünf gute Pferde. Er versprach mir spätere Bezahlung, weil er es so eilig hatte. Doch sein Versprechen hielt er nie. Seit ich weiß, dass er seinen Onkel beerbte, wollte ich schon immer mal hinüber zu ihm und ihn an die Bezahlung erinnern. Doch er kennt seine alten Compadres nicht mehr. Mit dir, Gus Kelly, würde ich es wagen. Aber dieser nette Onkel hier muss mehr bezahlen. Fünftausend Dollar für jeden.«

»Viertausend«, sagte Dwight Cannon. »Und das ist mein letztes Wort. Denn für achttausend Dollar könnte ich mir drüben einen Banditen-General mit dessen ganzer Armee anwerben. Tausend Männer könnte ich dafür für mich gegen die Hacienda Santa Maria reiten lassen.«

»Richtig«, sagte ich. »Wir wollen nicht länger mehr handeln. Ich bin ebenfalls neugierig auf Ihre Frau. Wir werden es für je viertausend Dollar versuchen. Und die Hälfte müssen Sie vorauszahlen.«

»Den Teufel werde ich tun«, sagte er. »Erst die Ware und dann das Geld.«

Wir schüttelten vorwurfsvoll unsere Köpfe.

Alvarez sagte: »Mann, Cannon, wenn Sie nach uns geschickt haben, dann doch erst nach genauen Erkundigungen über uns. Und da müssen Sie doch wissen, dass wir so etwas wie die letzten Gentlemen auf dieser Erde sind. Wenn wir eine Sache übernehmen, dann kann man sich auf uns verlassen. Wir haben hier in diesem Lande einen gewissen Ruf. Wenn es sich erst herumsprechen sollte, dass man uns nicht trauen kann – oho.« Er verdrehte bedauernd die Augen.

Doch Dwight Cannon knurrte nur mürrisch.

Da erhoben wir uns und gingen zur Bar zurück, um noch einen Tequila zu trinken. Wir lachten viel, tauschten Erinnerungen aus, bekamen zwischendurch von Paco weitere Tequilas und auch ein paar Happen zu essen, damit wir das Zeug besser vertragen konnten.

Als noch weitere Gäste kamen, weil der Tag dem Ende entgegenging, traten wir in die Ecke an den Billardtisch und begannen eine Partie.

Dwight Cannon schienen wir vergessen zu haben.

Wir spielten fast zwei Stunden.

Aber dann kam er zu uns und sagte: »Also gut, viertausend für jeden – und tausend Dollar Vorschuss für jeden.« Er warf uns die Scheine auf den Tisch.

Es war neues Geld. Wir hatten solche Scheine noch nie gesehen. Denn der Krieg war erst wenige Monate aus. Wir schrieben das Jahr 1866. Das Südstaatengeld war nichts mehr wert. Doch dies hier waren echte Unions-Dollar-Scheine.

Wir nahmen sie, nickten Dwight Cannon zu und bezahlten unsere Zeche. Ich wusste nun, dass auch Flynn Alvarez keinen einzigen Cent oder Silberpeso in der Tasche gehabt hatte.

Wir nickten Dwight Cannon nochmals zu und gingen hinaus. Draußen war es Nacht geworden. Wir ritten aus Nogales und hielten dann an.

»So schnell habe ich noch nie tausend Dollar verdient«, sagte Flynn Alvarez. »Wollen wir uns hier trennen oder tatsächlich reelle Geschäftsleute sein?«

Ich zögerte mit meiner Antwort. Er spürte das genau. Sein Instinkt sagte ihm, dass ich tatsächlich zögerte.

Da sprach er schnell: »Diese Frau interessiert mich wirklich sehr. Sie muss mächtig schön sein, denn Diego Gomez ist verwöhnt, was Mädels und Frauen betrifft. Aber ich konnte ihn noch nie richtig leiden. Es wäre ein feiner Spaß, wenn wir sie ihm wegholten. Er ist mir fünf Pferde schuldig. Bei den Indianern kannst du dir für fünf Pferde jedes Mädel als Frau kaufen.«

»Also reiten wir zu Diego Gomez«, sagte ich.

Da El Paso ohnehin schon an der Grenze lag, mussten wir nun ein Stück nach Westen. Wir ritten die ganze Nacht, denn wir wollten möglichst nicht gesehen werden. Überdies waren die Tage heiß. Es war schon angenehmer, in den Nächten zu reiten. Man musste sich nur in diesem Land gut auskennen und auch erfahren genug sein, nicht ein paar Apachen in die Messer zu rennen.

Da ritt ich also mal wieder mit Flynn Alvarez.

Wir ritten fünfunddreißig Meilen nach Westen und stießen bei der Furt des Concho Creeks wieder auf die Grenze. Wir wussten, dass dort drüben das Dorf und die Hacienda Santa Maria waren, benannt nach einer alten Mission.

Jenseits der Furt hockte Miguel Mesilla unter schattigen Bäumen. Er winkte uns leicht und rief dann: »Kommt nur herüber, Hombres! Die Fische reichen auch für euch. Kommt nur.«

Wir ritten hinüber, sattelten unsere Pferde ab, ließen sie saufen und versorgten sie anständig.

Als wir zum Feuer kamen, hatte Miguel drei Riesenforellen schon fertig. Wir aßen schweigend.

Dann aber fragte er plötzlich: »Wohin wollt ihr denn, Hombres? Ich staune, dass ich euch mal wieder zusammen sehe. Vor zwei Jahren seid ihr auch mal zusammen über die Grenze gekommen. Und dann ging weiter westlich eine große Pferdeherde verloren, die der Banditenführer El Capitan mit seiner Bande an die Konföderierten verkaufen wollte. Ihr habt sie ihm abgenommen und selbst verkauft.«

»Warum nicht?« So fragte ich. »Hatte er sie nicht selbst gestohlen, die schönen Pferdchen? Aber jetzt wollen wir keine Pferde stehlen für den Krieg. Nein, wir hörten, dass auf der Hacienda Santa Maria ein Hengst wäre, den niemand reiten könnte. Und da wollten wir es mal versuchen. Diego Gomez, der ein alter Freund von uns ist, wird sich freuen über unseren Besuch, denke ich. Und er soll ja eine schöne Frau bei sich haben. Hat er sie richtig geheiratet oder ...?«

Ich verstummte gedehnt.

Miguel Mesilla, der früher selbst ein Bandit und Pferdestehler gewesen war, bevor er für Diego Gomez' Onkel zu reiten begann, grinste breit. Er spuckte eine Gräte seiner Forelle ins Feuer und sagte dann: »Si, richtig geheiratet hat er sie. Denn sie war ja Witwe. Ihr Mann hatte Geschäfte mit den Juaristas gemacht. Er hatte ihnen viele Wagenzüge voll Waffen verkauft, damit sie Maximilian und die Franzosen schlagen konnten. Aber dann überfielen Banditen ihn, als er sich auf der Heimreise befand. Er war schnell tot, und sie war so allein. Was konnte sie Besseres tun, als sich Diego Gomez ganz und gar zu ergeben, damit er sie auf Händen tragen kann? Sie ist die schönste Frau, die ich jemals sah. Ihr werdet sie ja auch auf der Hacienda sehen. Und woher eigentlich wisst ihr von diesem schwarzen Teufel von Hengst, den keiner von uns reiten kann? Woher habt ihr das erfahren? Wir hielten die grausame Schmach doch streng geheim?«

Ich grinste und atmete innerlich befreit auf.

Das mit dem Hengst, das hatte ich nur auf gut Glück und zum Bluff gesagt. Es gab ja auf jeder großen Ranch oder Hacienda zumeist solch ein Pferdebiest, an dem alle Zureiter zerbrachen.

»Ach, ich habe es einfach nur so gehört«, sagte ich.

Er ließ uns am Nachmittag grinsend reiten und sagte uns nur voraus, dass auch wir den Hengst nicht würden zähmen können, weil wir auch keine besseren Zureiter wären als die besten der Hacienda.

Nun, wir hatten auch gar nicht die Absicht, uns von einem Pferdebiest die Knochen brechen zu lassen.

Was wir vorhatten, war noch viel gefährlicher.

Jawohl, wir wollten einem Tiger das Weibchen stehlen.

Etwa eine Stunde später erreichten wir die Weggabelung.

Zur großen Hacienda ging es etwas nach links – und zum Dorf Santa Maria nach rechts.

Flynn Alvarez sagte: »Eigentlich möchte ich mit dir noch erst einen Drink nehmen, Hombre. Den letzten Drink! Denn nachher werden wir keine Zeit mehr haben für einen letzten Drink, denke ich. Dieser Diego Gomez gehört nämlich zumindest in einer Beziehung zu unserer Sorte. Der lässt sich nicht mal ungestraft einen Hosenknopf abreißen. Der lässt es sich was kosten, unsere Skalps zu bekommen. Eigentlich sind viertausend Dollar nicht sehr viel Geld. Aber wahrscheinlich hätte ich es schon für vierhundert gemacht. Also, wie ist es mit einem letzten Drink, mein Bester?«

Ich nickte, denn ich war seiner Ansicht.

Und so ritten wir erst zum Dorf hinüber für einen letzten Drink.

Wir waren in den vergangenen Jahren dann und wann mal in Santa Maria gewesen, doch noch niemals zusammen. Wir wussten jedoch, dass Rosita, deren Vater die Bodega betrieb, uns abwechselnd ihre Gunst geschenkt hatte. Diesmal war sie verwirrt.

Denn nun waren wir beide da.

Flynn Alvarez legte ihr – als sie uns den Wein brachte und zwischen unseren Stühlen an den Tisch trat – die Hand um die Hüften und fragte: »Nun, Rosita, sollen wir um dich würfeln? Sollen wir uns um dich prügeln – oder willst du ganz allein entscheiden, wer dir der Liebere ist? He, ich möchte es selbst gerne herausfinden!«

Er verstummte lachend.

Rosita sah uns abwechselnd an.

»Du Narr«, sagte sie dann zu ihm. »Warum sprichst du darüber? Es ist ohnehin schlimm genug, dass ihr beide zur gleichen Zeit kommt. Ich wette, es ist dir eingefallen, Alvarez. Ich würde Gus Kelly dir vorziehen. Denn er ist mehr Caballero als du – viel mehr. Doch ich heirate in vier Wochen Fernando Alberto Rodrigez, den Ersten nach Don Diego Gomez auf der Hacienda und im ganzen Land. Und ich werde nach der Doña die zweite Frau im Lande sein, die Zweite, so wie mein Fernando der zweite Mann im Lande ist. Ihr solltet vergessen, dass ich euch einmal Liebe gab. Ihr solltet es vergessen, wenn euch das Leben lieb ist. Und diesen Wein bekommt ihr von mir umsonst. Wenn ihr getrunken habt, dann reitet wieder!«

Sie drehte sich um, sodass ihr die Röcke um die Schenkel schlugen. Oh, sie war eine Augenweide für jeden Mann. Und sie konnte einem eine sonst so lange Nacht so kurz machen wie eine Stunde nur.

Ich sah Flynn Alvarez an. Dieser hob den Becher mit dem roten spanischen Wein.

»Na schön«, sagte er. »Trinken wir auf Rositas Glück, obwohl sie uns zum Teufel wünscht.«

Dann tranken wir unsere Weinbecher leer.

Als wir sie absetzten, schenkte Alvarez schon wieder aus dem Krug ein. Dabei sagte er: »Ich rede immer offen – immer klar und offen, Hombre. Und ich weiß, dass ich mir manchmal Feinde damit mache. Doch ich hatte noch niemals Freunde. Noch nie! Nimm doch mal unser Verhältnis zum Beispiel, Mister Kelly. Ich mag dich eigentlich gar nicht. Du bist schon seit drei Jahren ständig eine Herausforderung für mich. Würde ich dich nicht so respektieren, wäre ich dein Feind. Manchmal glaube ich, dass wir füreinander bestimmt sind und dieses Land allmählich für uns beide zu klein wird. Also trinken wir darauf, dass wir uns nie mehr wiedersehen nach Erledigung dieses Auftrages. Ich werde es dir nie verzeihen können, dass Rosita dich mir vorgezogen hätte. Das wird noch lange in mir brennen. Verstehst du mich?«

Ich nickte. »Wenigstens ehrlich bist du«, sagte ich. »Ja, trinken wir darauf, dass wir uns nie wiedersehen werden. Dies soll unser letzter Drink sein.«

Wir tranken aus, erhoben uns, gingen hinaus und saßen draußen auf.

Und dann ritten wir zur Hacienda hinüber.

Als wir vor das große Haus ritten, kehrten überall die Leute von den Feldern und die Reiter von den Herden zurück.

Diego Gomez stand noch bei den Corrals, als wir heranritten, doch er kam mit geschmeidigen Schritten herüber und erreichte mit uns den Durchgang zum Innenhof des Haupthauses.

Ein grinsender Junge nahm uns die Pferde ab.