G. F. Unger Sonder-Edition 121 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 121 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

So denkt die Armee, und Captain Caesar Wellington erhält den Befehl, den mordlüsternen und brandschatzenden Apachen, der mit seinen Coyoteros eine grausige Blutspur durch das Gila-River-Land zieht, aufzuspüren, zu jagen und niederzukämpfen. Auch Al Rourke, der einstige Revolvermann, hat Carlos den Tod geschworen, denn dieser raubte ihm die Frau und den Sohn und legte ihre kleine Farm in Schutt und Asche.

Aber der Apache ist nicht zu fassen; immer wieder entzieht er sich dem Zugriff seiner Verfolger, nachdem er ihnen vernichtende Niederlagen zufügte. Captain Wellington und Al Rourke, der inzwischen Scout der Abteilung wurde, sind drauf und dran, aufzugeben - als sie von einer Seite Hilfe erhalten, von der sie es nie erwartet hätten...

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Seitenzahl: 177

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Keine Gnade für Carlos

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5368-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Keine Gnade für Carlos

Es war nun einmal so, dass die Apachen nichts anderes als Raubguerrileros waren, nachdem ihre Vorfahren einst in grauer Vorzeit aus Alaska nach Süden kamen. Sie waren niemals Sammler, Hirten, Ackerbauern oder Reiter. Sie waren auch niemals edel und gut.

Eigentlich hießen sie »Enju« oder »Yndye«, was so viel wie »Volk« bedeutet. Ihre Nation bestand aus vielen Stämmen, und insgesamt zählten sie nicht mehr als achttausend Seelen.

Doch das Gebiet, welches sie beherrschten und in all den Jahrhunderten mehr oder weniger in Angst und Schrecken hielten, war 238.000 Quadratkilometer groß, also so groß wie das heutige Belgien, Holland, Luxemburg, Dänemark, Schweiz und Österreich zusammen.

Ihren Namen »Apachen« bekamen sie von dem Wort »Apachus« der Pueblo-Indianer, welches soviel wie »Feinde« bedeutet.

Über nahezu drei Jahrhunderte hinweg wurden die Apachen von Spaniern, Mexikanern, Amerikanern und allen anderen indianischen Stämmen bekämpft, angegriffen und massakriert, wo immer das möglich war.

Sie schlugen stets mit aller Grausamkeit zurück. Ihr naturhafter Freiheitswillen war größer als der aller anderen Indianervölker.

Dies ist die Geschichte von Carlos und dessen Coyoteros, einem der vielen kleinen Stämme, der sich wiederum in kleine Gruppen oder Horden teilte.

Sie lebten im Gila-River-Land, auch im Tonto-Becken.

Doch dann kamen die Landsucher, Siedler, Gold- und Silbersucher ins Land.

Und um sie zu schützen, sandte General Crook eine Armeeabteilung in dieses Land unter dem Kommando von Captain Caesar Wellington, der den Ehrgeiz hatte, einst in die Geschichte einzugehen wie der große Caesar, jener römische Feldherr, und wie Wellington, der die Franzosen aus Spanien vertrieb und mit Blücher bei Waterloo Napoleon besiegte.

Diesem Caesar Wellington stand Carlos mit seiner Horde gegenüber.

Und dies ist also die Geschichte.

1

Captain Wellington ist General Crook noch niemals begegnet, doch er hat schon eine Menge über den Brigadegeneral gehört.

Und so weiß er, was man sich über ihn erzählt, zum Beispiel, dass ihm keiner als Indianerkämpfer gleichkam, dass er geduldig und zielstrebig war und eine Ausdauer besaß, die es mit der Zähigkeit eines Apachenkriegers aufnehmen konnte.

Doch obwohl er ein berühmter Indianerkämpfer war, hatte er großes Verständnis für die Roten. Er konnte sie schonungslos bekämpfen bis zur Vernichtung, war aber rücksichtsvoll und menschlich zu jenen, die sich ergaben, also den Kriegspfad verließen.

Er gehörte zu den wenigen Offizieren, die niemals leere Versprechungen machten und die Indianer schamlos belogen.

Es ist im Jahre 1871, als General Crook seinen Apachenfeldzug in Arizona beginnt, wo er der oberste Militärbefehlshaber ist.

Und so trifft er eines Tages im Juni in Fort Apache ein. Wenig später wird Captain Wellington in die Kommandantur gerufen.

Als er eintritt, sitzt General Crook hinter dem Schreibtisch des Kommandanten, welcher rechts hinter ihm an der Wand lehnt und eine Zigarre raucht, die Crook ihm mitgebracht hat.

Captain Wellington meldet sich vorschriftsmäßig und harrt dann der Dinge, die nun kommen werden, ja, ganz zwangsmäßig kommen müssen. Denn warum sonst ließ der General ihn rufen?

Doch vorerst betrachten sie sich beide eine Weile schweigend und versuchen die Strömungen zu spüren, die ja stets zwischen Männern vorhanden sind, die sich zum ersten Mal begegnen.

In solchen Momenten entscheidet sich oft viel.

Doch offenbar verspürt der General instinktiv kein Gefühl der Abneigung.

Er nickt nach einer Weile.

Was er sieht, ist ein indianerhaft wirkender Offizier, von dem etwas ausgeht, was man auch gebändigte und kontrollierte Wildheit nennen könnte, gepaart mit Härte und dem absoluten Glauben an sich selbst.

Crook nickt schließlich und sagt: »Stehen Sie bequem, Captain. Ihr Name ist Caesar Wellington. Ist das Zufall?«

»Vielleicht war es eine Laune meines Erzeugers«, erwidert Wellington. »Der war nämlich Geschichtsprofessor in Boston, Sir.«

Crook lächelt zwischen seinem Bartgestrüpp und nickt.

Dann fragt er. »Hassen Sie die Apachen?«

»Sir, ich mag sie nicht, aber ich respektiere sie. Und wäre ich ein Apache, dann wäre ich wie sie, Sir. Doch ich bin kein Apache. Deshalb gelten für mich andere Regeln, Sir, obwohl …«

»Obwohl was?« Crooks Stimme klingt etwas schärfer.

Aber die Stimme des Captains bleibt ruhig, als er spricht: »In grauer Vorzeit kamen die Apachen als Eroberer in dieses Land, so wie jetzt wir Weißen. Nun sind sie zum Untergang verurteilt, selbst wenn sie sich ergeben und in Reservate eingesperrt werden. Sie sind zum Untergang verurteilt.«

Als er verstummt, da grinst Crook zwischen seinem Bartgestrüpp so richtig hart und böse.

Dann spricht er: »Unsere Meinungen zählen nicht. Wir sind Soldaten und machen keine Politik. Wir führen Befehle aus.«

Er macht eine kleine Pause. Seine Finger trommeln auf der Schreibtischplatte.

Dann spricht er: »Ich kämpfe hier in Arizona und auch in New Mexiko gegen ein halbes Dutzend Apachenstämme. Aber einen überlasse ich Ihnen, Captain Wellington. Es handelt sich um Carlos und dessen Coyoteros und die mit ihm verbündeten Tontos. Sie betrachten das Gila-River-Land immer noch als ihr Eigentum und versuchen jeden Weißen dort umzubringen, auf welche Art auch immer. Nur die kleinen Kinder lassen sie am Leben und nehmen sie mit. Denn aus ihnen machen sie Apachen, um ihre eigenen Verluste etwas auszugleichen. Carlos hat nun schon etwa ein halbes Dutzend solcher Kinder mitgenommen. Die Siedler, Rancher, Minenleute und auch die Frachtfahrer haben sich an die Regierung gewandt und um Schutz gebeten. Und so bekam ich den Befehl, Carlos unschädlich zu machen. Und wenn er lebend gefangen wird, dann soll er hängen. Captain, diesen Befehl gebe ich jetzt an Sie weiter. Es gibt keine Gnade mehr für Carlos, selbst wenn er sich ergeben sollte. Er hat schon zuviel gemordet mit seiner Horde. Haben Sie verstanden? Keine Gnade.«

Abermals schweigt Crook einige Atemzüge lang. Er knetet seine Hände, so als müsste er innerlich Gefühle bekämpfen und unter Kontrolle bekommen.

Dann spricht er ruhig: »Sie rücken mit hundert Mann und der dafür notwendigen Bagage aus ins Gila-River-Land, beschützen alle Weißen und jagen Carlos. Sie bekommen Ihren Befehl noch schriftlich. Mit Ihrer Abteilung sind Sie auf sich allein gestellt. Sie können auch Scouts anwerben. Wenn Sie Erfolg haben, können Sie mit einer Beförderung rechnen. Sonst aber …« Crook bricht ab und macht eine wegwerfende Handbewegung.

Dann spricht er seltsam milde: »Also los, mein Junge! Kommen Sie in Gang! Sie haben Zeit bis morgen. Dann sind Sie unterwegs.«

Als er verstummt, bleibt es einige Atemzüge lang still.

Dann aber fügt der General noch hinzu: »Sie dürfen sich Ihre Leute unter der ganzen Truppe hier in Fort Apache aussuchen. Jetzt raus hier, Captain. Es eilt!«

Wellington salutiert und geht.

Im Vorzimmer empfängt ihn der Adjutant mit den Worten: »Ich helfe Ihnen, Caesar.«

Drinnen aber sehen sich der General und der Colonel eine Weile schweigend an.

Dann spricht Crook: »Ja, wir stehen unter Befehl, und manchmal ist es ein verdammter Befehl. Für die Bürokraten im Osten sind die Apachen nur blutdürstige Wilde, verrückte Mörder. Die begreifen nicht, dass die Apachen mit allen Mitteln gegen ihren Untergang kämpfen, gegen einen Vernichtungskrieg und um ein Land, welches einst ihre Vorfahren eroberten. Sie sind ein Volk mit einem ungeheuren Freiheitswillen. Manchmal weiß ich nicht, ob ich sie hassen oder bedauern soll, verdammt!«

Der Colonel aber tritt an die große Karte an der Wand und klatscht mit der Hand auf die Stelle, wo der Gila sich mit dem San Pedro vereint.

»Das wird ein langer Krieg«, knurrt er. »Wellington wird viele Männer verlieren. Wie wird er das verkraften – und wie groß wird deswegen sein Hass werden? General, Sie haben ihn in die Hölle geschickt, aber ich denke, er wird nicht zerbrechen.«

Es ist Mittagszeit, als Wellington und der Adjutant über den hitzeflimmernden Paradeplatz gehen. Unter ihren Stiefeln wirbelt Staub auf, rötlicher Staub.

Inmitten des Platzes steht der Mast, an dem die Flagge der Union schlaff in der Windstille niederhängt.

Die beiden Offiziere treten wenig später in die Sergeantenkantine, wo die Sergeanten der Garnison nach dem Mittagessen noch etwas entspannen, bevor der Dienstbetrieb wieder losgeht.

»Achtung!«

So ruft eine heisere Stimme.

Dann springen die zwei Dutzend Sergeanten auf.

Doch Wellingtons Stimme klingt sofort: »Setzen!«

Sie setzen sich wieder auf die langen Bänke, scharren mit den Füßen auf den mit Sand bestreuten Holzbohlen. Dann warten sie. Und längst wittern sie mit ihrer Sergeantenerfahrung, dass gleich einige von ihnen nur noch wenig Freude haben werden.

Wellingtons Stimme klingt ganz ruhig, als er halblaut ruft: »Sergeant Pesulsky!«

Er muss einige Atemzüge lang warten, dann erhebt sich ein rotköpfiger Sergeant und spricht heiser: »Hier, Sir.«

»Warum dauert es so lange, bis Sie sich melden, Sersch?«

Wellingtons Stimme klingt hart.

Doch Sergeant Hogjaw Pesulsky erwidert ganz ruhig: »Sir, man nennt mich hier in Fort Apache nur Sergeant Bull oder einfach nur Red Bull. Ich habe meinen richtigen Namen fast vergessen. Ich musste erst überlegen.«

»Gut, Sersch Bull, gut.« Wellington grinst. »Es soll mir recht sein. Doch Sie gelten als der härteste Sersch in diesem Fort. Und weil das so ist, suchen Sie jetzt sechs weitere Sergeanten von Ihrer Sorte aus, auf die Sie glauben, sich verlassen zu können. Und dann lassen wir die ganze Garnison antreten, um hundert Mann aussuchen zu können. Dämmert es langsam bei Ihnen, Sersch Bull?«

Dieser stößt einen seltsamen Laut aus, der sich wie ein Fluch und freudiger Schrei zugleich anhört.

»Ohooo, es dämmert, Sir, es dämmert!« So ruft er dann fast wild vor Freude. Aber es ist gewiss keine Freude in ihm. Er will nur auf sarkastische Art den Anschein von Freude erwecken.

Er ruft nun schnell ein halbes Dutzend Namen auf.

Und die Aufgerufenen erheben sich und wirken grimmig, mürrisch und missmutig.

Wellingtons Stimme verkündet: »Es wird auf euch ankommen, Sergeanten, ob unsere Abteilung gut genug ist für einen Krieg gegen Carlos im Gila-River-Land. Ihr kennt eure Männer besser als ich. Also los, gehen wir!«

Er geht mit dem Adjutanten hinaus.

Drinnen in der Kantine bleibt es eine Weile still.

Dann tönen heisere und wilde Flüche.

Und eine Stimme ruft schrill: »Halleluja, hoffentlich kann ich diese Nacht noch die dicke Estrella bumsen – noch einmal in meinem Leben!«

Dann kommen die sieben Sergeanten heraus.

Und im Fort tönt nun das Hornsignal zum Heraustreten.

Und bald stehen siebenhundert Mann unter der schlaff hängenden Flagge.

Das ganze Regiment ist angetreten.

Und die sieben Sergeanten gehen die Reihen entlang und wählen aus.

Oben auf der Veranda der Kommandantur stehen der General und der Colonel und sehen zu. Crook spricht schließlich aus seinem Bartgestrüpp heraus. »Der Junge macht wenigstens den Anfang gut. Sie verlieren jetzt die besten Männer. Diese nimmt der Captain alle mit.«

»Auch die schlimmsten Säufer«, knurrt der Colonel.

Es ist am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang, als die Kommandos ertönen: »Fertig zum Aufsitzen! Aufsitzen! In Doppelreihe anreiten!«

Und indes sie anreiten, schallt das mehr als hundertstimmige »Johooo!«

Es hallt über die Wälle des Forts in alle Richtungen hinaus.

Dann hört man nur noch Hufschlag, der zum klirrenden Trab wird. Dieser klirrende Trab hallt stets der reitenden Kavallerie voraus und wird von all den Metallteilen der Ausrüstung erzeugt, von den Säbelgehängen, Gebissketten, all den Schnallen und Sporenrädchen. In dem stillen und weiten Land ist dieser klirrende Trab meilenweit zu hören. Er steht im totalen Gegensatz zu den lautlosen und schattenhaften Bewegungen streifender Apachenhorden.

Doch der klirrende Trab wirkt so ungeheuer selbstbewusst, so als bewegte sich eine starke Macht, käme etwas Unaufhaltsames.

Captain Wellington reitet an der Spitze, seine beiden Lieutenants rechts und links etwas hinter sich.

Dann folgt Master Sergeant Hogjaw Pesulsky, den sie im Regiment nur Red Bull nennen. Dahinter reitet der Corporal mit der Flagge, neben ihm der Hornist.

Dann folgen die vier Reiterzüge mit dem Wimpel an der Spitze.

Und hinter der langen Doppelreihe von mehr als hundert Kavalleristen fahren die sechs Bagagewagen, jeder gezogen von sechs Maultieren.

Den Schluss macht der Sanitätswagen mit dem Feldarzt und dem Sanitätercorporal.

So ziehen sie also aus dem Fort nach Westen zum Gila River. Im Süden werden in weiter Ferne allmählich die Santa Catalinas sichtbar.

Im Norden, jenseits der Bradshaws und der Black Hills aber wird man bei besserer Sicht das Great Plateau – die Mogollon Mesa mit dem Tonto Rim zu sehen bekommen in der dann trockenen und klaren Luft.

Wellington reitet so richtig stolz an der Spitze. Er fühlt sich als Truppenführer, als selbstständiger Kommandeur, der nach eigenem Ermessen handeln kann.

Er verspürt einen ehrgeizigen Stolz in seinem Kern.

Einige Male wendet er sich im Sattel und blickt zurück.

Was er sieht, macht ihm aber ganz plötzlich klar, dass er die Verantwortung für all die Seelen trägt, die nun unter seinem Befehl stehen, mögen es schwarze oder helle sein, böse oder gute.

Und er weiß, dass die meisten dieser Reiter hinter ihm mehr oder weniger schwarze Seelen besitzen und die Armee ihre letzte Zuflucht war. Viele hatten Schatten auf ihren Fährten. Nun schützt sie die Armee und deshalb ertragen sie den Drill, fügen sich der Disziplin und führen die Befehle aus.

Wellington denkt an den Apachen Carlos, den er vernichten soll.

Wie viele Männer wird er verlieren? Oder wird es ihn gar selbst erwischen? Doch er schiebt die Frage in seinen Gedanken beiseite.

Er will und muss gewinnen.

Denn dann …

Ja, er will so schnell wie möglich Major werden. Er ist genau dreißig Jahre alt. Custer war mit vierundzwanzig Jahren schon General, wenn auch nur auf Kriegszeit.

Als er sich wieder einmal umblickt in Richtung Fort, welches nun schon eine Meile zurückliegt, da sieht er die beiden Scouts kommen.

Wenig später sind sie neben ihm.

Einer, den er für einen Texaner hält, spricht ruhig: »Captain, wir wurden Ihnen von General Crook zugeteilt. Dies ist Pat Alvarez. Ich bin Al Rourke. Wir sollen Sie zum Gila bringen und dann auf Sie und Ihre Männer aufpassen, damit Carlos nicht zu viele Soldaten umbringen kann.«

In seiner ruhig klingenden Stimme liegt bei den letzten Worten kein Spott, kein Sarkasmus. Und in seinen rauchgrauen Augen ist nur Ernst zu erkennen.

Dennoch ärgert sich Wellington und erwidert: »Ich denke, Sie trauen diesem Carlos und dessen Horde vielleicht zu viel zu und mir verdammt wenig!«

Die Augen von Al Rourke werden einen Moment schmal. Dann erwidert er knapp: »Wir werden das alles noch herausfinden, Captain, denke ich. Hatten Sie schon mal mit Apachen zu tun? Sie sind ja noch nicht lange in Fort Apache.«

»Vier Wochen«, erwidert Wellington. »Ich war in Fort Laramie und hatte es mit Sioux, Cheyenne und Arapaho zu tun. Ich kenne die Roten.«

Er verstummt selbstbewusst.

Doch Al Rourke erwidert: »Dann vergessen Sie all Ihre Erfahrungen mit den Reiterstämmen der Hochprärie. Die Apachen sind anders, völlig anders. Sie werden eine Menge lernen müssen, Captain, und je schneller Sie das können, umso weniger von Ihren Männern werden sterben. Folgen Sie unserer Fährte. Los, Windy!«

Seine beiden letzten Worte gelten Pat Alvarez, der bisher der Unterhaltung grinsend zuhörte.

Sie reiten an, und nach einigen Yards hebt Alvarez den Hintern im Sattel hoch und lässt knatternd seine Winde abgehen. Es ist ein lauter Furz.

Und nun wird klar, warum man Pat Alvarez Windy-Pat nennt.

Captain Wellington aber verspürt nun einen bösen Zorn, und zugleich weiß er, dass er auf diesen beiden Scouts angewiesen sein wird, was die Apachen betrifft. Er ist nicht so dumm, diese Abhängigkeit nicht zu begreifen.

Einer der beiden jungen Lieutenants faucht: »Dieser Bursche ist eine verdammte Sau, eine Erzsau.«

Aber Wellington erwidert nichts, sondern reitet weiter an der Spitze seiner Truppe, stolz und selbstbewusst.

2

Um diese Zeit, da Wellington mit seiner Truppe ausrückt, um Carlos und dessen Horde zu vernichten, da »feiert« diese Horde eines ihrer Siegesfeste an der Tinaja zwischen den »Siete Toros«. Es sind sieben schwarze Felsen, welche wie versteinerte Kampfstiere aussehen und damals von den spanischen Hidalgos so getauft wurden, als diese mit ihren eisengepanzerten Soldaten nach den sieben goldenen Städten von Cibola suchten, die es gar nicht gab. Eine Tinaja, dies ist eine Wasserstelle.

Carlos und dessen Krieger haben wieder einmal einen Sieg errungen, Weiße getötet und eine Frau mit zwei Kindern geraubt.

Sie haben die ganze Nacht Tizwin getrunken, einen Schnaps aus gegorenen Maiskeimen.

Sie haben getanzt, ein Pferd geschlachtet und davon jeder ein Kilo Fleisch vertilgt, welches nur halbgar gebraten war.

Carlos hat im Verlaufe der Nacht die Frau vergewaltigt und genau das getan, was weiße Skalpjäger einst mit seiner Frau taten, als sie während seiner Abwesenheit sein kleines Dorf überfielen, um Frauen- und Kinderskalpe zu erbeuten, für die in Tucson Prämien gezahlt wurden.

Die beiden Kinder – es sind Zwillinge im Alter von zwei Jahren – schliefen zum Glück vor Erschöpfung und mussten nicht zusehen. Und ihre Mutter ertrug alles still.

Wahrscheinlich hätte sich Sally Malton das Leben genommen auf irgendeine Art. Doch wegen der beiden Kinder tat sie es nicht und wird sie es auch nicht tun, zumal Carlos sagte: »Du bist jetzt meine Frau – und diese sind meine Söhne.«

Dann ließ er sie allein, ging zu seiner tanzenden und lärmenden Horde hinüber.

Nun ist es Tag. Sally Malton hockt auf der anderen Seite der Wasserstelle neben ihren schlafenden Zwillingen Jim und Bill.

Sie sieht arg mitgenommen aus. Dennoch kann man erkennen, dass sie eine mehr als hübsche Frau ist, eine von jener Sorte, von der die Männer träumen.

Jack Malton hatte sie bekommen, als er aus dem Krieg heimkehrte. Und alle hatten ihn beneidet. Er selbst war der glücklichste Mann auf dieser Erde gewesen. Ja, so hatte er sich gefühlt.

Und dann waren sie eines Tages losgezogen nach Westen mit einem Wagenzug von Landsuchern. Sie gelangten nach monatelangem Treck ins Land des Gila River und ließen sich nieder, arbeiteten zwei Jahre lang hart.

Doch dann kam Carlos mit seiner Horde.

Sally Malton schließt wieder die Augen und sieht abermals ihren Mann Jack Malton kämpfen und sterben. Und dann stand Carlos vor ihr und sah sie an. Sie hielt ihre kleinen Kinder in den Armen und war bereit zu sterben.

Doch er nahm sie mit.

Jetzt ist sie seine Frau.

Sie betrachtet die schlafenden Zwillinge neben sich. Diese sind so unschuldig und rein wie kleine Engel und können nicht ahnen, was ihnen bevorsteht.

Denn man wird sie zu Apachenkriegern erziehen.

Sally blickt auf die andere Seite der Wasserstelle. Dort liegt die Horde kreuz und quer durcheinander, erschöpft vom Tanzen und Singen, betrunken vom Tizwin.

Wenn jetzt Soldaten kämen, würden sie es leicht haben, die Horde zu töten.

Doch es gibt keine Soldaten im Gila-River-Land – noch nicht.

Sally blickt auf die Oberfläche der Tinaja. Die Wasserstelle ist gewiss tief genug, um sie und ihre Kinder ertrinken zu lassen. Sie müsste sich nur hineinwerfen mit Little Jim und Little Bill.

Die Horde würde es gewiss nicht wahrnehmen. Sie schläft noch ihren Rausch aus. Einen Moment will Sally handeln, es wahrhaftig tun.

Dann aber wird ihre Lebenskraft wieder stärker.

Sie wird Carlos ertragen. Und darauf hoffen, dass ihre Kinder vielleicht irgendwann eine Chance bekommen. Tief in ihrem Kern glimmt noch ein Fünkchen Hoffnung.

Carlos kann doch wohl nicht ewig hier sein Unwesen treiben und ständig alle massakrieren, Frauen vergewaltigen und kleine Kinder rauben.

Sie denkt auch einen Moment daran, mit ihren Kindern die Flucht zu ergreifen.

Aber sie käme wahrscheinlich keine zwei Meilen weit.

Deshalb versucht sie es erst gar nicht.

Die aufsteigende Sonne beginnt zu wärmen.

Und die Horde auf der anderen Seite der Tinaja erwacht zum Leben. Da und dort taumeln sie hoch, auch Carlos.

Sally sieht sofort, dass er zu ihr und den Zwillingen herüberblickt.

Sie bewegt sich nicht, bleibt mit angezogenen Knien hocken, die sie etwas tiefer umschlingt.

Dann kommt Carlos herüber und verhält vor ihnen.

Sie sehen sich lange an. Sallys Gesicht bleibt ausdruckslos.

Carlos aber verzieht den hartlippigen Mund zu einem Lächeln.

Er ist für einen Apachen sehr groß, auch prächtig gewachsen. Eigentlich sieht er nicht wie ein Apache aus, eher wie ein Comanche.

Er sagt: »Auch meine Frau war schön, ebenso meine beiden kleinen Söhne. Wir alle lebten glücklich in unserem Wickiup. Ich war mit meinen Kriegern unterwegs zum Pferdehandel in Sonora. Da überfielen weiße Skalpjäger mein Dorf und töteten alle Frauen und Kinder, nahmen deren Skalpe. Jetzt bin ich auf dem Pfad der Rache. Die Weißen verkörpern das Böse auf dieser Erde. Deshalb will ich von ihnen viele wie möglich töten.

Ich verlor meine Frau, meine Kinder. Nun nehmt ihr deren Stelle ein. Und ich werde dir Kinder machen, sodass wir mit deinen zusammen eine große Familie sind. Basta! Finde dich damit ab.«

Sally hört es und wischt sich mit einer Hand übers Gesicht.

Doch als sie die Hand herunternimmt, da sieht sie immer noch Carlos.

Sie erwidert mit spröder Stimme: »Ich bin in deiner Hand, Carlos, und will am Leben bleiben wegen meiner beiden Söhne. Also muss ich wohl alles auf mich nehmen und ertragen in meiner Wehrlosigkeit.«

Als sie verstummt, da funkelt es in seinen schwarzen Augen.