G. F. Unger Sonder-Edition 14 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 14 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Das Land am Fluss wurde von einer Bande Revolverschwinger terrorisiert, die jeden Aufschwung verhinderten und nicht duldeten, dass jemand gegen ihr Schreckensregiment aufbegehrte. Doch dann kam Alamo Brittlee mit seiner jungen Frau Conny nach Owyhee Bridge und kaufte einem alten Fährmann seine Fähre und seinen Store ab. Die beiden waren es, die dem Land die Wende brachten. Denn Alamo erwies sich als ein echter Texaner, der vor keinem Terror und keiner Übermacht zurückwich. Und Conny, seine Frau, stand ihm tapfer und selbstlos zur Seite...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Paar aus Texas

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Priet0/Norma

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-8387-4777-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Paar aus Texas

1

Hinter dem Wagen ist ein herrlicher Rappwallach angebunden – ein mächtiges Tier ist es, und obwohl es sicherlich dreizehn Zentner wiegen dürfte, geht es so leicht wie eine Katze. Man traut diesem herrlichen Tier zu, dass es eine Viertelmeile in fünfzehn Sekunden zurücklegen kann.

Der Wagen ist nicht groß und nicht schwer. Es ist ein leichter und gut gefederter Reisewagen, dessen Verdeck man herunterklappen kann. Gepäckstücke und ein prall gefüllter Reisesack liegen hinten.

Auf dem Vordersitz aber sitzen ein Mann und eine Frau. Die junge Frau ist wahrscheinlich nicht das, was man als ausgesprochen schön bezeichnet. Dazu fehlt ihr das letzte Ebenmaß. Aber sie ist unbedingt hübsch. Es fehlt ihr nur eine kleine Idee, um als schön zu gelten.

Aber sie bietet einen sehr erfreulichen Anblick. Sie ist blond, ja ihr Haar ist sehr hell. Ihre braungrünen Augen haben einen sehr ruhigen, geraden, festen Blick. Ihr Gesicht ist sonnengebräunt, und ihre hohen Wangenknochen geben ihr ein rassiges Aussehen. Ihre kleine, gerade Nase hat einen leichten Schwung nach oben. Ihr Mund lächelt ernst.

Sie deutet mit der Hand zum Fluss hinunter und über diesen hinweg zu der kleinen Siedlung hinüber.

Und sie sagt mit einer angenehm dunklen und ruhigen Stimme, die etwas kehlig klingt: »Das ist es also, Alamo, nicht wahr?«

»Yeah«, sagt der Mann gedehnt und späht aus schmalen Augen hinüber.

»Das ist es, Connie«, wiederholt er ruhig.

Mehr braucht ein Unbeteiligter eigentlich nicht zu hören, um zu wissen, dass dieses Paar aus Texas kommt. Und sie kommen auch wirklich von dort. Beide sind aus Texas. Sie lernten sich in Nebraska kennen auf sehr abenteuerliche Art. Irgendwo unterwegs in einer kleinen Stadt heirateten sie dann und reisten weiter. Sie zogen nach Wyoming und erreichten bei Fort Laramie den Anfang der Medicine Road. Und auf diesem Weg nach Oregon sind sie nun ans Ziel gekommen.

Sie sind also in Oregon, und die kleine Siedlung jenseits des Flusses heißt »Owyhee Bridge«.

Der Mann ist noch hellhaariger als die Frau. Er ist fast weißblond und wirkt sehr ruhig. Er ist hager, lässig und ist auf eine männliche Art hübsch. Aber auf den ersten Blick wirkt er nur sehr durchschnittlich, eben wie einer jener Texaner, die ihre Heimat verlassen und irgendwo in einem neuen Land eine Chance suchen.

Nein, auf den ersten Blick ist nichts Besonderes an diesem Mann. Er ist etwa dreißig Jahre, wiegt ungefähr hundertachtzig Pfund und trägt die abgenutzte Tracht eines Weidereiters.

Und doch ist etwas an diesem Mann, was einen ein zweites Mal hinsehen lässt. Man spürt plötzlich irgendwie, dass man etwas übersehen hat, wird unsicher und betrachtet sich diesen blonden Texaner dann noch einmal.

Und da fällt einem dann etwas auf.

Oh, es sind nicht die Lassonarben auf seinen Handrücken, denn diese besitzt jeder Weidereiter. Aber es sind seine breiten Handgelenke, die fast so breit wie die Handrücken seiner langen und geschmeidigen Hände sind. Es sind prächtige Männerhände.

Wenn man diese Hände sieht, ist man plötzlich sehr daran interessiert, wie der Mann seinen Colt trägt.

Und wenn man das dann sieht, weiß man schon etwas mehr.

Es ist eine alte Waffe mit einem dunklen, abgegriffenen Walnussholzkolben. Sie steckt in einem einfachen und sehr geschmeidigen Halfter.

Und wenn man das alles gesehen und begriffen hat, richtet man seinen Blick nochmals auf das Gesicht dieses Mannes und möchte seine Augen sehen.

Die sind blaugrau. Sie haben einen sehr festen und ruhigen Blick. Man bekommt plötzlich die Ahnung, dass diese Augen auch sehr hart und eiskalt blicken könnten.

Und dann weiß man es plötzlich: Dieser blonde Mann aus Texas ist ein Kämpfer. Wohlgemerkt, er ist kein Rowdy. Er gehört ganz gewiss nicht zu jener Sorte, die immer wieder Streit sucht und großspurig herumstolziert. Nein, er gehört nicht zu jenen eitlen Burschen, die immer wieder jemanden herausfordern müssen oder selbst die geringste Herausforderung sofort annehmen, um sich und der Welt zu beweisen, was für tüchtige und große Kerle sie sind.

Das sind keine Kämpfer. Das sind Rowdys.

Kämpfer sind anders. Sie suchen keinen Streit und gehen ihm sogar aus dem Weg. Sie sind bescheiden und niemals laut. Sie sind die friedlichsten Menschen. Man darf nur nicht den Fehler machen, ihre ruhige Bescheidenheit für Schwäche zu halten. Man darf nie die Dummheit begehen, sie von ihrem Weg stoßen zu wollen. Und man darf ihnen nie ihre Rechte auf freie Entscheidung streitig machen.

Denn dann beginnen sie zu kämpfen.

Und dann wird es schlimm.

Ja, dieser blonde Mann dort auf dem Wagen scheint ein solcher Kämpfer zu sein. Und es ist damit nicht gesagt, dass diese Sorte nur zu kämpfen beginnt, wenn ihnen ein anderer Mann gegenübertritt. Nein, solche Männer erweisen sich auch gegenüber anderen Schwierigkeiten als Kämpfer. Genauer gesagt: Sie können große Dinge fertigbringen und gegen alle Schwierigkeiten des Lebens und gegen Naturgewalten ankämpfen.

Dieser Mann heißt also Alamo Brittlee, und er kommt jetzt mit seiner jungen Frau Connie an den Owyhee River in Oregon.

Unter ihnen liegt das mächtige Tal. Unten am Fluss biegt der Wagenweg nach Süden ab und folgt dem Flusslauf. Nur ein kleinerer Weg führt direkt geradeaus zum Wasser hinunter.

Und diesen Weg fährt Alamo Brittlee jetzt.

Es ist genau um die Mittagszeit, als sie den Fluss erreichen. Zurzeit ist es ein sehr sanfter Strom, denn es ist Hochsommer, und schon seit vielen Wochen fiel kein Regen.

Es gibt aber viele Zeichen an den Ufern und auch im Fluss, die darauf schließen lassen, dass dieser Strom zu gewissen Zeiten ein brüllendes Ungeheuer ist, das alles mit sich in seine Bahn reißt und verschlingt.

Alamo hält den Wagen an und klettert heraus. Er geht zu einem Pfahl hinüber, an dem ein Stück Eisen hängt. Mit einer großen Schraube, die als Schlägel dient, beginnt er das Eisenstück zu bearbeiten, und die lauten Töne fliegen über den Fluss und holen den Fährmann und Storehalter drüben aus dem Holzhaus.

Es ist ein alter Mann. Er ist groß, aber er bewegt sich langsam und vorgeneigt. Sein weißes Haar flattert im Wind. Er geht zur Seilfähre hinunter und stößt ab. Mit der Strömung treibt die Fähre langsam herüber, und nur manchmal hängt der Alte den Handspaken ins Seil und zieht einige Schritte.

Dann stößt die Fähre am diesseitigen Ufer auf. Der Alte wirft eine breite Holzklappe ans Ufer, so dass der Wagen auf die Fähre fahren kann.

»Für das Sattelpferd ist kein Platz mehr«, sagt er ruhig.

»Es wird schwimmen«, erwidert Alamo Brittlee, bindet das Tier los und jagt es mit einer Handbewegung und einigen Worten ins Wasser. Der Rappwallach schnaubt willig und gehorcht.

Dann führt Alamo das Gespann mit dem Wagen auf die Fähre und schiebt die Holzkeile unter die Räder.

Der alte Mann stößt ab, und wieder beginnt die Strömung ihre Arbeit. Nun kommt der Fährmann langsam nach vorn. Er nickt der Frau zu und richtet seine alten Falkenaugen dann auf den blonden Mann.

»Sie sind Alamo Brittlee, nicht wahr?«, fragt er.

»Yeah, als ich Ihre Anzeige im Cheyenne-Kurier las, da habe ich Ihnen geschrieben«, erwiderte Alamo Brittlee sanft. »Sie haben inzwischen doch wohl nicht verkauft?«

»Nein«, sagt der Alte. »Sie sind der einzige Interessent. Der Store und die Fähre, mitsamt den beiden Grundstücken diesseits und jenseits des Flusses sind noch zu haben. Der Preis beträgt achthundert Dollar. Sie können sofort kaufen, wenn Ihnen die Sache achthundert Dollar wert ist.«

Alamo Brittlee erwidert nichts. Er blickt zum anderen Ufer hinüber und betrachtet den Store und die wenigen Häuser einer sehr kümmerlichen Siedlung. Er begreift, dass diese Siedlung einst mal eine kleine Stadt werden wollte. Aber das hat sie nicht geschafft. Sie ist aus den Anfängen nicht herausgekommen.

Alamo Brittlee sieht, dass es sich um einen sehr kümmerlichen Store handelt. Aber das hat er alles gewusst. Für achthundert Dollar kann man nicht mehr bekommen.

Er blickt zum Fluss hinunter und fragt dann sanft: »Dort hinter der Biegung liegt ›Waggoners Further‹?«

»Yeah«, sagt der Alte, von dem Alamo weiß, dass er Hamp Bowie heißt. Und Hamp Bowie hat sich indes den Texaner genau angesehen und ihn begutachtet.

Wie aus einem plötzlichen Impuls heraus sagt er: »Ich würde es mir noch überlegen, junger Mann. Waggoners Further liegt zehn Meilen von hier hinter der Biegung. Der Fluss ist dort so breit und flach, dass das Wasser selbst dann, wenn der Fluss hier braust und orgelt, den Wagen nur bis an die Radnaben reicht. Sie haben dort unten eine prächtige Furt und brauchen keine Brücke. Die Stadt lebt vom durchgehenden Frachtverkehr, und sie würde sterben, wenn es hier eine Brücke gäbe – oder auch nur eine große Fähre, auf der auch die schweren Frachtwagen mit ihren Achtergespannen übersetzen können. Vance Grant, der die Stadt dort unten leitet, wird niemals zulassen, dass wir hier eine Brücke bauen oder eine größere Fähre in Betrieb nehmen. Schlagen Sie sich diese Idee nur aus dem Kopf, junger Mann. Als ich vor drei Jahren mit meinem Sohn ins Land kam und wir drüben Owyhee Bridge gründeten, waren unsere Köpfe voller Pläne. Mein Sohn war tüchtig, und er konnte auch kämpfen. Aber es hat ihm nicht viel genützt. Eines Tages war er tot. Und ich habe mit Vance Grant ein Abkommen geschlossen, dass ich hier nur einen sehr kleinen Fährbetrieb für Reiter und leichte Wagen aufrechterhalte. Der große Wagenverkehr und die Postlinie gehen über Waggoners Further. Das sind zwar insgesamt zwanzig Meilen Umweg, aber dort gibt es eine bequeme Furt. Und hier wird es nie eine Brücke geben, solange Vance Grant diese Stadt dort unten leitet.«

»Aber eine Brücke würde den Wagenweg zum Nordpass um zwanzig Meilen verkürzen«, murmelte Alamo Brittlee.

Hamp Bowie sieht ihn an. Dann deutet er zum Wagen und sagt: »Sie haben eine junge und sehr hübsche Frau. Sie würde um Sie gewiss mehr weinen, als ich um meinen Sohn geweint habe. Aber gut, es ist Ihre Sache, mein Junge!«

Inzwischen hat die Strömung die Fähre in ruhigeres Gewässer getragen. Der Alte muss nun mit der Handspake am Seil ziehen. Bald darauf führt Alamo das Gespann mit dem Wagen ans Ufer und zum Store hinauf.

Einige Menschen haben sich eingefunden, Männer, Frauen und Kinder und einige Indianer aus der nahen Reservation, die hier im Store Einkäufe gemacht hatten.

Hamp Bowie sagt zu diesen Menschen: »Das ist Alamo Brittlee mit seiner Frau. Wahrscheinlich werden sie meinen Store und die Fähre übernehmen.«

Die kleine Menschengruppe starrt das junge Paar aus Texas an. Connie lächelt ihnen ernst zu. Alamo nickt und hebt leicht die Hand.

»Wir werden uns sicherlich alle bald gründlicher kennen lernen, Ladys und Gentlemen«, sagt er ruhig und gedehnt.

Aber sie erwidern nichts. Sie blicken ihn und Connie nur an, und sie sehen alle sehr armselig und verbittert aus.

In ihren Augen ist nichts anderes als eine bittere Resignation zu erkennen.

Hamp Bowie stößt indes die Tür zum Store auf.

»Bringen Sie Ihre Frau und das Gepäck ins Hinterzimmer, Brittlee«, sagt er trocken. »Ich werde mich um das Gespann kümmern. Aaah, da kommt ja auch Ihr Rappe! Ein prächtiges Tier!«

»Er kann gut für sich sorgen«, murmelt Alamo. Und dann wendet er sich Connie zu. Zum ersten Male, seit sie den Fluss überquert haben, sieht er sie voll an.

Sie lächelt tapfer und nickt ihm zu.

»All right, Mister Brittlee«, sagt sie. »Wir sind also angelangt, nicht wahr? Nun, du brauchst mich nicht so anzusehen. Ich bin nicht enttäuscht. Es sieht für mich besser hier aus, als ich dachte. Und es ist gut für eine Frau, wenn ihr Mann sie nach langer Reise endlich an einen festen Platz gebracht hat.«

Sie lächelt nochmals warm, vertrauensvoll und mutig. Sie lässt ihn spüren, wie sehr sie mit allen Dingen einverstanden ist, die er tut. Ja, sie ist seine vertrauensvolle Kameradin. Und weil das so ist, muss sie ihn wohl sehr lieb haben. Sie muss auch seine Kraft und Stärke ganz genau kennen. Denn sonst wäre in ihren Augen jetzt vielleicht der Ausdruck von Sorge und Furcht.

Und er lächelt zurück. Es ist ein ruhiges, starkes und sicheres Lächeln. So lächelt ein Mann, der an sich glaubt, der sicher ist, in jeder Lage bestehen zu können. Vielleicht ist er um sehr vieles größer als man ihm ansehen kann.

Sie laden ihr Gepäck aus. Die Menschengruppe vor dem Store beobachtet sie. Hamp Bowie fährt dann den Wagen ums Haus. Der noch vom Fluss nasse Rappwallach folgt, als wüsste er genau, dass er jetzt in einen Corral zu gutem Futter kommt.

Connie und Alamo aber tragen ihr Gepäck hinein.

Der Store ist primitiv. In den Regalen längs der Wände sind nur wenige Waren aufgestapelt. Eine Tür führt in eine kleine Küche. Eine andere führt in ein Hinterzimmer und von da aus in eine kleine Schlafkammer.

Das ist alles.

Der Mann und die Frau stellen das Gepäck ab.

Und wieder sehen sie sich an. Sie brauchen keine Worte.

Aber eines ist sicher, nämlich: Der Mut und die innerliche Stärke von Connie ist bestimmt nicht kleiner als die ihres Mannes.

Sie wendet sich dann um und betrachtet die wenigen und primitiven Möbel im Zimmer.

»Wir werden es hier sehr gemütlich haben«, sagt sie. »Lass mich nur machen, Alamo. Ich kann zaubern.«

Er betrachtet sie ernst. Eine starke Freude ist in seinen Augen.

»Mädel«, sagt er etwas rau, »ich bin ein Glückspilz. Habe ich dir schon gesagt, dass du die beste und prächtigste Frau der Welt bist? Habe ich dir das schon gesagt?«

»Schon oft.« Sie lächelt warm, und ihr hübsches und ausdrucksvolles Gesicht wirkt jetzt schön, weil sich auf ihm alles Glück der Welt widerzuspiegeln scheint. Aber dann schüttelt sie den Kopf und sagt: »Ich bin nicht die beste und prächtigste Frau der Welt – ganz bestimmt nicht. Aber ich liebe dich, Alamo!«

Sie kommt in seine Arme. Sie küssen sich sehr zärtlich. Als sie Hamp Bowies Schritte im Store hören, lösen sie sich voneinander.

Dann kommt der alte Mann herein und sagt: »Ich habe ja gewusst, dass Sie in diesen Tagen hier eintreffen würden. Ich habe meine Sachen schon ausgeräumt und kann im Stall schlafen. Brauchen Sie noch Bedenkzeit, Brittlee?«

»Nein«, sagte Alamo ruhig. »Es ist hier alles so, wie Sie es mir geschrieben haben. Sie haben nichts beschönigt. Wir fanden genau das, was wir auf Grund des Briefes erwarteten. Wir können abschließen. Das Geld habe ich bei mir.«

Der Alte nickt, tritt zu einer Kommode, öffnet eine Schublade und bringt den Kaufvertrag heraus. Er tritt an den alten Tisch und stellt ein Tintenfass hinzu. Er unterschreibt wortlos und auch Alamo tut es. Achthundert Dollar wechseln ihren Besitzer.

Hamp Bowie sieht dann einige Sekunden die junge Frau an.

»Ich wünsche Ihnen Glück«, sagte er dann. »Ich nehme morgen die Postkutsche nach Salem, wo meine Tochter gut verheiratet ist. Hier bin ich fertig, sobald ich noch die Hinterwand des Stalles ausgebessert habe.«

Er will hinaus, aber Alamos Frage hält ihn noch einmal an.

»Sie schrieben mir, dass Sie fertige Baupläne für die damals geplante Brücke hätten«, murmelt er.

Der Alte nickt. »Sie liegen dort im Fach der Kommode. Ein guter Brückenbaumeister hat uns damals diese Pläne gemacht. Es liegen auch genaue Anweisungen über jeden einzelnen Bauabschnitt dabei. Diese Pläne haben damals fünfhundert Dollar gekostet. Jetzt sind sie keinen Hosenknopf mehr wert. Ich sage Ihnen, dass Sie sich diesen Gedanken mit der Brücke aus dem Kopf schlagen sollen. Schon Ihrer jungen Frau zuliebe. Vance Grant und ganz Waggoners Further werden nicht dulden, dass hier eine Brücke gebaut wird. Es war eine Dummheit von mir, dass ich Ihnen von der Möglichkeit mit der Brücke schrieb. Aber ich wollte einen Käufer finden. Jetzt tut es mir Leid, dass ich Ihnen diese Illusion in den Kopf gesetzt habe. Denken Sie daran, dass mein Sohn wegen dieser verdammten Brücke gestorben ist. Ein von Waggoners Further ausgesandter Mörder hat ihm was auf den Kopf gegeben und ihn ins Wasser geworfen. Das kann auch einem Texasmann passieren. Ich habe Sie jetzt gewarnt. Sie können von dem Store und von der Fähre einigermaßen leben, wenn sie keine hohen Ansprüche stellen. Und da Ihre Frau den Store gewiss besser leiten wird, als ich alter Mann es konnte, wird der Gewinn langsam steigen. Das sollte einem jungen Paar für den Anfang genügen, nicht wahr?«

Nach diesen Worten geht er hinaus.

Alamo sieht Connie an.

Die lächelt.

»Ich werde jetzt ein Essen kochen. Und dann werde ich dieses Zimmer verwandeln. Pass auf, wie anders alles aussehen wird, wenn erst an den Fenstern bunte Gardinen sind. Und ich habe Tischdecken. Wir könnten auch einige bunte Indianerdecken als Teppiche verwenden. Es gibt Arbeit, Mr. Brittlee!«

»Yeah«, sagt er und geht in den Store. Er sieht sich um und überlegt, was er tun soll, wenn jemand hereinkommen würde und Nägel, Bohnen oder Tabak oder andere Dinge haben möchte.

Er ist ein Mann der Weide – und eine gewisse Zeitlang hat er sogar für Revolverlohn gekämpft.

Aber das ist vorbei. Um eine Ranch aufzubauen, braucht man viele Jahre. Als er von der Möglichkeit las, eine Zollbrücke bauen zu können, die einen wichtigen Wagenweg um zwanzig Meilen verkürzen würde, saß diese Idee sofort fest in seinem Kopf.

Nur weiß er noch nicht, wie sich diese Idee verwirklichen lassen wird.

Vorläufig ist er jetzt Fährmann und Storegehilfe seiner Frau. Aber damit wird er sich nicht zufriedengeben. Er ist ein Kämpfer.

Und hier ist für einen Kämpfer die Möglichkeit vorhanden, sein Glück zu machen. Er darf sich nur nicht von den Leuten in Waggoners Further einschüchtern lassen. Er hat zwei gegenüberliegende Grundstücke am Fluss erworben. Und da dieses Land ein freies Land ist, kann ihm niemand verwehren, eine Brücke zu bauen. Das ist sein gutes Recht. Und gerade er ist einer jener Männer, die sich ihre Rechte nicht nehmen lassen, sondern dafür zu kämpfen beginnen.

Er verlässt den Store, um sich draußen umzusehen.

2

Am Nachmittag hat Connie ihr Wohnzimmer und die Schlafkammer wirklich sehr verwandelt. Er sieht es sich an und kommt zu der Erkenntnis, dass Frauen mit wenigen Mitteln wahrhaftig einem Mann eine freundliche und angenehme Umgebung schaffen können. Er hat früher nur in primitiven Ranchschlafhäusern oder Hotelzimmern gelebt. Jetzt hat er ein Heim und eine Frau. Und diese Frau hat von diesem Heim binnen weniger Stunden schon so sehr Besitz genommen, dass ihr Vorhandensein auch dann noch zu spüren wäre, wenn sie nicht zugegen wäre.

Alamo hilft ihr etwas. Dann muss er einige Kunden bedienen, die ihn aufmerksam beobachten und abschätzen. Es sind Leute, Männer und Frauen der kleinen Siedlung. Sie kaufen Kleinigkeiten, und wahrscheinlich tun sie das nur, um den neuen Storehalter und Fährmann noch einmal begutachten zu können. Sie kaufen Angelhaken, Tabak, Angelschnüre, Öl, Bohnen und andere Dinge.

Einmal muss Alamo mit der Fähre über den Fluss, um einen Reiter herüberzuholen, der dann auf dem schmalen Fahrweg wortlos nach Westen auf die fernen Berge zureitet. Es sind dunkelgrüne Berge, denn der alte Wald reicht bis zu ihren Kämmen hinauf. Es gibt sicherlich auch einige kleine Rinderranches in diesem Land. Aber wichtig sind eigentlich nur die Minen und die großen Holzfällercamps hinter den Bergen. Es gibt auch einige kleine Städte dort und große Schaffarmen.

Dorthin rollen die Frachtzüge. Und sie kommen wieder zurück mit Edelholz und Erz beladen. Der Frachtverkehr ist sehr rege.

Alamo geht dann zur Rückwand des Stalles, wo Hamp Bowie noch die letzten Handgriffe erledigt.

»Das hätte ich ebenfalls machen können, denn ich werde hier bestimmt viel Zeit haben«, sagt er zu dem Alten.

Aber der schüttelt eigenwillig den Kopf und sagt: »Ich habe es repariert, weil es sich so gehört, wenn man etwas verkauft. Es war meine Pflicht.«

Dabei sieht der Alte den jungen Mann an. Sein Blick richtet sich auf den Colt an Alamos Schenkel. Ja, die alte Waffe ist jetzt am Oberschenkel festgeschnallt.

Der Alte sagt: »Tragen Sie den immer?«

»Ich konnte es mir noch nicht abgewöhnen.«

»Vielleicht sollten Sie es jetzt doch tun, junger Freund.«

»Warum?«

»Weil Vance Grants wilde Burschen sonst auf die Idee kommen könnten, Sie wären ein Revolvermann.«

»Und was geschieht dann?« Alamo fragt es mit sehr ruhiger und sanfter Stimme. Aber zum ersten Mal erscheint in seinen blaugrauen Augen ein hartes Leuchten. Sein sonnenverbranntes Gesicht wird ausdruckslos. Aber die Flügel seiner kurzen Nase vibrieren leicht, als bekäme er eine bestimmte Witterung.

»Vance Grants Bande ist ehrgeizig«, sagt Hamp Bowie. »Wenn eine Wolfsmeute von einem Einzelgänger in ihrem Jagdrevier Wind bekommt, dann probiert sie ihn gerne aus. Und wenn …«

Er bricht mitten im nächsten Satz ab und späht fast erschreckt über Alamos Schulter den Weg entlang, der am Ufer des Flusses nach Süden und zu der Stadt Waggoners Further führt.

Alamo wendet sich ebenfalls um. Er sieht zwei Reiter kommen. Einer ist sehr groß und schwer, massig und mit Muskeln bepackt. Und der andere ist hager und sehnig.

Als sie nahe genug sind, denkt Alamo bei ihrem Anblick an einen hageren Wüstenwolf und einen schweren Grizzly.

Er hört Hamp Bowie neben sich gepresst ausatmen und dann seufzen.

»Junger Mann«, sagt Hamp Bowie dann, »gehen Sie jetzt zu Ihrer Frau in den Store. Ich möchte mit diesen beiden Gentlemen lieber allein reden.«

Alamo zögert, aber dann nickt er stumm und geht um den Stall herum. Er bleibt jedoch sofort hinter der Ecke stehen und lehnt sich gegen die Wand.

Wenig später verstummt der Hufschlag der beiden Reiter. Ihre Pferde schnauben und stampfen noch etwas. Aber dann hört Alamo nur noch das Knarren des Sattelleders. Er weiß, dass die beiden Reiter nun vor dem Alten angehalten haben, sich bequem in den Sätteln zurechtsetzen und schweigend auf Hamp Bowie niederstarren.

Alamo Brittlee weiß schon irgendwie ein wenig Bescheid, denn er ist früher selbst auf rauen Wegen geritten. Er kennt sich aus in vielen Dingen, und er hat schon oft herausgefunden, dass sich Schema und Stil nirgendwo ändern. Gewisse Dinge werden überall – mag es in Texas, Kansas, Nebraska oder hier in Oregon sein – auf die gleiche Art und im gleichen Stil abgewickelt. Dieses Schema ändert sich nur wenig.

Indes Alamo bitter darüber nachdenkt, hört er eine kühle und auf eine böse Art lässige Stimme sagen: »Wir haben in Waggoners Further gehört, dass du deinen Besitz verkauft hast, alter Mann.«

»Das habe ich«, sagte Hamp Bowies Stimme gepresst.

»An den Burschen vielleicht, den wir eben noch hier bei dir sahen?«

»Genau!«

»Aber Mr. Vance Grant hat dir doch verboten, an jemanden zu verkaufen, nicht wahr? Nur an ihn selbst hättest du verkaufen können.«

»Vance Grant ist nicht der große Gott im Himmel«, erwidert Hamp Bowies Stimme.

»Das vielleicht nicht, aber er ist der große Mann hier am Fluss. Er ist der Boss in diesem Land am Fluss. Er bestimmt und gibt die Befehle. Und wenn jemand nicht gehorchen will, dann schickt er uns. Nun, Großvater, du wirst den überraschenden Verkauf sofort rückgängig machen. Wir werden dir dabei helfen, den neuen Besitzer dazu zu überreden, dass es besser ist, wenn Vance Grant diese Fähre und die beiden Flussgrundstücke übernimmt. Komm, Großvater, führe uns zu deinem kurzfristigen Nachfolger!«

»Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Und überdies weiß der neue Mann hier von mir ganz genau, dass er nichts tun darf, was Vance Grant nicht haben will. Lasst nur den Jungen. Er hat eine junge Frau. Lasst ihn zufrieden. Es muss Vance Grant doch gleichgültig sein, wer hier den Store führt und die Fähre bedient. Ich bin alt und will zu meiner Tochter nach Salem. Und ich habe einen Preis bekommen, den Vance Grant nie gezahlt hätte. Sagt ihm, er soll den jungen Mann zufriedenlassen. Er wird euch keine Schwierigkeiten machen. Dazu ist er viel zu klug. Schon wegen seiner jungen Frau wird er nichts riskieren.«

Die Worte des Alten kamen immer drängender und beschwörender. Aber sie sind nutzlos.

Denn die kalte und lässige Stimme sagt jetzt schärfer und deutlich drohend: »Vorwärts, Großvater! Vance Grant denkt mit seinem Kopf anders als du. Er hat eine Menge Großmut bewiesen, dass er dich, deine Fähre und den Store hier duldete. Aber diese Großmut galt nur dir. Vorwärts, führe uns zu …«

Weiter kommt der Sprecher nicht, denn Alamo tritt nun um die Ecke und hält inne. Er steht ruhig da. Seine Arme hängen lässig nieder.

Sein gebräuntes und scharfes Gesicht ist ausdruckslos. Er sagt: »Er braucht euch nicht zu führen. Ich bin da. Was soll es sein, Männer?«