G. F. Unger Sonder-Edition 142 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 142 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Auf seinem Weg durch den Westen kommt Clay Jennison zu Jake Lonnegan auf die Spanish Bit Ranch. Obwohl es nur ein kurzer Besuch sein soll, weil Clays Vater und Jake Lonnegan einmal Freunde waren, bleibt der Satteltramp und Revolvermann dort hängen. Der Rancher und seine Mannschaft aus verwegenen Revolverreitern imponieren ihm. Als Clay von der mächtigen Colombus Company erfährt, die die Spanish Bit mit allen Mitteln vernichten will, ist es für ihn schon zu spät. Er ist längst einer von Lonnegans Reitern geworden, entschlossen, der Spanish Bit auf Gedeih und Verderben die Treue zu halten...

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EPUB

Seitenzahl: 184

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Reiten für Spanish Bit

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6610-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Reiten für Spanish Bit

Spanish Bit, was so viel bedeutet wie spanisches Gebiss, war nichts anderes als eine besonders gnadenlose Kandare, die das Pferd zum blitzschnellen Gehorsam zwang. Und hat das Tier dies begriffen, dann fügte ihm diese »Vaquero-Kandare« keine Schmerzen mehr zu. Es gehorchte dem Cowboy zuverlässig bei der Herdenarbeit mit halbwilden Rindern. Und darauf kam es an.

Das Brandzeichen der Lonnegan Ranch stellte eine solche Kandare dar, also ein Spanish Bit. Deshalb nannte man die Reiter dieser Ranch »Spanish-Bit-Rider«. Sie waren damals eine der härtesten Mannschaften, und es war eine Herausforderung und Ehre, für Spanish Bit und Big Jake Lonnegan reiten zu dürfen. Ja, sie fühlten sich wie Ritter mit Stolz und Ehre. Doch diese Sorte gab es wahrscheinlich nur in Heldensagen.

Aber diese Geschichte ist keine Heldensage. Sie schildert nur, wie es tatsächlich war …

1

Es war ein weiter Ritt zu den Two Dance Hills für Clay Jennison. Doch nun sieht er die Lichter der Ranch unter sich im weiten Tal. Sie werden im gleichen Maße heller wie die Dämmerung zur Nacht wird, unter deren schwarzen Mantel sich tausend Geheimnisse zu bergen scheinen.

Es wird eine schwarze Nacht ohne Mond und Sterne. Und so können die Coyoten auf Hügeln keinen Mond anheulen. Es wird eine stille Nacht, in der auch keine jagende Nachtfalken am Himmel sind.

Clay Jennison reitet den langen Hang abwärts zum Tal hinunter. Er hält sich auf dem schmalen Reit- und Wagenweg, der von der kleinen Stadt Two Dance zur Ranch führt. Und zuvor war er einige Tage und Nächte nach Two Dance unterwegs gewesen.

Nun aber sieht er das Ziel vor sich.

Es sind noch fast zwei Meilen bis zur Ranch, und sie erweist sich als eine Ansammlung von Gebäuden und Corrals rings um das Ranchhaus. Aber er wird das alles erst bei Tageslicht richtig sehen können.

Aus dem langen Bunkhouse der Mannschaft fällt Licht über den weiten Hof.

Ein großer Hund taucht vor Clay Jennisons Pferd auf und versperrt knurrend den Weg.

Jennison hält an und wartet. Doch er muss nicht lange warten, dann spricht eine Stimme ruhig aus der Dunkelheit eines Schuppen: »Gut, dass Sie angehalten haben, wer Sie auch sind. Beißer hätte Sie aus dem Sattel geholt. Also, Freund, wer sind Sie? Was wollen Sie? Woher kommen Sie?«

Es sind drei knappe Fragen, und der Frager taucht als Schatten auf, hält sich dem Lichtschein fern. Denn auch drüben aus dem Ranchhaus fällt Licht über den Hof.

»Ich möchte zu Mr. Lonnegan. Ich kam den Oregon Trail herauf. Mein Name ist Jennison, Clay Jennison.«

»Und Sie reden wie ein Texaner. Was macht ein Texaner so weit im Westen zwischen Nebraska und Wyoming?«

»Das werde ich Mr. Lonnegan sagen, wenn dieser mich dies fragen sollte.«

In Clay Jennisons Stimme ist nun ein Klang fast wie eine Warnung.

Und noch bevor der Nachtmann der Ranch etwas sagen kann, tönt von der Veranda des Haupthauses eine tiefe Stimme: »Schicke ihn her, Sly. Er soll kommen.«

Clay Jennison wartet nicht länger, sondern reitet wieder an. Und der große Hund trottet nun an der rechten Seite des Pferdes und wittert ständig zu ihm hoch.

Da sie nun in den Lichtbereich gelangen, kann Clay erkennen, dass dieser Hund wahrscheinlich zur Hälfte ein Wolf ist, ständig bereit, zu ihm hochzuspringen, sollte er einen kurzen Zuruf bekommen.

Als Clay wenig später vor der Veranda verhält, da sieht er den Mann im Schaukelstuhl auf der anderen Seite des Geländers.

Und dieser Mann fragt: »Jennison …? Habe ich richtig gehört? Jennison?«

»Yes, Sir, Jennison, Clay Jennison. Und mein Vater war Barton Jennison. Er hat mir eine Menge von Ihnen erzählt von jener Zeit, da Sie und er noch zusammen geritten sind. Das hat mich neugierig gemacht. In Dodge City hörte ich von der großen Ranch, die Sie hier gegründet haben, der Spanish Bit Ranch. Als mein Vater starb, da sagte er mir noch, dass ich Sie suchen soll irgendwo im Nordwesten. Und nun habe ich Sie gefunden.«

Als er verstummt, da schweigt Jake Lonnegan eine Weile.

Dann murmelt er: »Barton hat mir damals in Texas das schönste Mädchen der Welt weggeschnappt. Und nun hat er auch noch deren Sohn zu mir geschickt. Fast hätte ich ihn damals zum Duell herausgefordert. Verdammt, was hat er sich vor seinem Sterben nur gedacht?«

»Er hat mir gesagt, dass ich ebenso gut auch Ihr Sohn hätte werden können, wenn Sie ihm das schöne Mädchen weggeschnappt hätten. Doch die Wahl hatte sie getroffen. Ich soll Sie um Vergebung bitten. Er hat all die Jahre darunter gelitten, dass eure Freundschaft so geendet hat.«

Er macht eine kleine Pause. Dann zieht er seinen Wallach herum und will anreiten.

Doch da klingt Jake Lonnegans tiefe Stimme: »Steig ab, Junge! Ich will sehen, was Bart und Clementine zustande gebracht haben!«

Clay Jennison zögert kurz. Dann gehorcht er.

Der Hund aber schnüffelt nun an ihm und grollt nicht mehr.

Lonnegans Stimme ruft nun über den Hof: »Jemand soll ich um sein Pferd kümmern! Und Doc soll ihm ein Abendbrot herüber bringen!«

Dann erhebt Lonnegan sich und wartet, bis Clay Jennison vor ihm steht.

Sie sind fast von gleicher Größe, also etwa sechs Fuß und drei Zoll, und so können sich im Halbdunkel der Veranda geradewegs in die Augen sehen. Einige Atemzüge lang verharren sie so. Dann murmelt Lonnegan: »Gehen wir hinein, Junge, damit ich dich bei Licht besser sehen kann.«

»Yes, Sir – aber nennen Sie mich bitte nicht mehr Junge. Mein Name ist Clay.«

Lonnegans Augen unter den buschigen Braunen werden einen Moment schmal. Und er strömt in diesen Moment eine drohende Härte aus. Ja, er ist ein King, ein Cattle-King, dessen Ranch größer ist als ein europäisches Fürstentum. Und er ist ein Boss, sozusagen ein Herrscher fern von Recht und Gesetz.

Sie gehen hinein, und drinnen betrachten sie sich noch mal im Lampenschein der groß Lampe. Es ist eine Karbidlampe mit einem großen Kessel, welcher mit Karbid gefüllt ist, auf den Wasser tropft, sodass sich Gas entwickelt. Es ist ein besonders helles Licht, viel heller als das Licht von Kreosotöl-Lampen.

Einige lange Atemzüge lang betrachten sie sich schweigend, und jeder von ihnen strömt etwas aus, was der Gegenüber deutlich spürt.

Dann nickt Jake Lonnegan und spricht ruhig: »Ja, du bist sein Sohn. So wie du jetzt so sah er damals aus, als sich deine Mutter für ihn entschied. Was wurde aus ihr? Konnte er sie wenigstens glücklich machen?«

Clay Jennison nickt langsam. »Ja, das hat er getan. Sie waren fünfzehn Jahre lang ein sich liebendes Paar. Dann kamen Bandoleros über der Rio Grande und überfielen unsere Ranch. Wir kämpften, bis unsere Nachbarn uns zu Hilfe kamen. Auch meine Mutter kämpfte, schoss mit einem Gewehr aus dem Fenster, bis eine Kugel sie traf. Das war vor zwölf Jahren. Und mein Vater nahm sich keine zweite Frau mehr.«

Als er verstummt, da schweigen sie wieder einige Atemzüge lang und sehen sich dabei fest an.

Immer noch stehen sie am Tisch voreinander, nehmen nicht Platz.

Dann fragt Lonnegan hart: »Und was geschah dann? Warum bist du weg vom Rio Grande?«

»Das ist eine längere Geschichte, Sir.«

»Verdammt, dann erzähle sie mir! Nimm Platz! Der Koch wird gleich mit dem Essen kommen. Auch ich habe noch nicht zu Abend gegessen. Ich sitze gerne draußen auf der Veranda, wenn es Nacht wird, und frage mich dann stets, warum ich mir ein Königreich geschaffen habe – wozu, verdammt! Setz dich!«

Sie nehmen Platz.

Dann kommt auch schon der Ranchkoch mit einem Tablett herein und betrachtet Clay mit einem schrägäugigen Blick aus seinem Wolfsaugen.

»Das ist Curly«, grinst Lonnegan unter seinem Sichelbart. Dieses Grinsen verändert sein hartes Gesicht und lässt ahnen, dass in diesem harten Cattle-King tief im Kern noch eine andere Seite seines Wesens verborgen ist.

Clay Jennison grinst nicht, denn der Koch, den man hier offenbar nur Curly nennt, hat einen kahlen Kopf, der im Lampenlicht glänzt wie eine große, polierte Billardkugel. Er spürt instinktiv, dass der Koch von Fremden dieses Wort als Spott empfindet, denn welcher Glatzkopf lässt sich schon gern Locke nennen?

Und so nickt Clay ihm nur wortlos zu.

Es gibt Steak mit Bratkartoffeln und geschmortem Gemüse, also Tomaten, Bohnen, Mais und anderem Zeug. Alles ist gut gewürzt.

Clay grinst den schrägäugigen Koch an. »Wenn es so gut schmeckt wie es riecht …«, sagt er.

»Was ist dann?« Curly fragt es trocken.

»Dann habe ich Glück gehabt, Doc.«

Der Koch – fast alle Ranchköche werden Doc genannt – grinst nun zurück.

Dann geht er hinaus.

»Der war mal Koch auf einem Walfänger«, murmelt Lonnegan und beginnt zu essen.

Auch Clay tut es. Und immer wieder heben sie ihre Blicke von den Tellern und sehen sich an.

»Also, warum bist du weg von daheim? Und an was starb dein Vater, an einer Krankheit oder an einer Kugel? Oder brach er sich das Genick beim Zureiten eines verdammten Biestes?«

Clay Jennison kratzt erst noch den Teller leer, überlegt dabei.

Dann lehnt er sich zurück und beginnt zu erzählen: »Als Texas noch den Spaniern gehörte, bedachte die Spanische Krone viele Hidalgos, die sich verdient gemacht hatten, mit großzügigen Landschenkungen, die später von Mexiko anerkannt wurden. Als Texas dann nach Alamo Republik wurde, waren all diese Landschenkungen zumeist in Vergessenheit geraten. Und so wurden viele Ranches gegründet auf Land, welches gar nicht mehr frei war. So war es auch mit unserer Ranch damals. Es gehörte zu einer Schenkung der Spanischen Krone, um das sich länger als hundert Jahre niemand gekümmert hatte. Doch dann verschaffte sich eine mächtige Bodenverwertungs-Gesellschaft der Yankees diese alte Schenkungsurkunde und kaufte sie von einem Erben jenes spanischen Granden. Es gab einen Gerichtsstreit. Mehr als ein Dutzend Ranches wurden enteignet. Aber wir wollten nicht weichen, uns nicht davonjagen lassen auf Grund alter Schenkungsurkunden. Wir schlossen uns zusammen und führten Krieg gegen die Revolvermannschaft der mächtigen Gesellschaft, deren Bosse im Osten saßen. Wir verloren. Mein Vater gehörte zu den Toten. Und ich musste vor den US Marshals die Flucht ergreifen wie auch andere von uns. Auf unsere Ergreifung sind Steckbriefe ausgesetzt wegen Landraub und Landfriedensbruch und wer weiß noch aus anderen Gründen. Ich bin also auf der Flucht nach Norden, will eigentlich nach Oregon. Doch in Two Dance hörte ich von der großen Spanish Bit Ranch und Big Jake Lonnegan. Und da fiel mir wieder ein, was mein Vater mir damals in seinem letzten Sterbeminuten sagte. Es hatte ihn schwer belastet, dass eure Freundschaft zerbrach. Er starb vor fast zwei Jahren. Seitdem bin ich unterwegs, hielt mich nie lange an einem Ort auf. Und morgen reite ich weiter. Ich danke für das Essen. Sicher ist drüben im Bunkhouse eine Schlafstelle für mich frei.«

Er erhebt sich nun und greift nach seinem Hut, den er auf den Stuhl neben sich legt.

Als er sich zur Tür wenden will, spricht Jake Lonnegan ruhig: »Du bleibst, Clay, verdammt, du wirst bleiben.«

Clay verharrt und blickt auf den harten Cattle-King nieder, kann spüren, dass es diesem nicht passt, zu ihm aufsehen zu müssen.

Und so setzt er sich wieder, sodass sie auf gleicher Augenhöhe sind.

»Und was soll ich hier, Sir?«

»Du hast es schon vorhin draußen gesagt. Du könntest mein Sohn sein, wenn die schöne Clementine nicht ihn, sondern mich genommen hätte. Und ich bin hier das Gesetz. Hie können dir selbst US Marshals nichts anhaben. Du kannst hier für Spanish Bit reiten, und das ist eine Ehre für all meine Reiter. Versuche es wenigstens ein paar Wochen. Dann kannst du immer noch weiter. Lass uns mal ausprobieren, ob wir miteinander auskommen können. Und du wirst hier keine Sonderrechte haben. Auch wirst du den Jungs beweisen müssen, dass du in diese Mannschaft passt. Einer von ihnen hat jetzt dein Pferd versorgt. Du bist ihm was schuldig. Also gehe hinüber ins Bunkhouse und füge dich ein. Der Vormann heißt Benbow, Joshua Benbow. Und er ist der beste meiner Reiter. Erwerbe dir seinen Respekt. Gut so, Clay?«

Dieser erhebt sich, verharrt noch etwas unschlüssig wirkend und nickt schließlich.

»Ich hätte mir ohnehin einen Job suchen müssen«, murmelt er und geht hinaus.

Als er draußen ist, starrt Jake Lonnegan noch lange auf die zur Veranda offene Tür.

Nach einer Weile murmelt er: »Er ist das Ebenbild von Barton geworden. Ich will herausfinden, was er taugt. Und er ist Clementines Sohn. Warum kann ich Clementine immer noch nicht vergessen, obwohl inzwischen ein Vierteljahrhundert verging? Warum träume ich immer noch manchmal von ihr?«

Es ist ein langes Bunkhouse, in dem gewiss Platz ist für drei Dutzend Reiter.

An einem langen Tisch sitzen vier Mann beim Poker. Auch einige Schlafstätten sind belegt. Etwas abseits am anderen Ende des Tisches sitzt ein riesiger Bursche und stopft seine Socken. Er bietet einen seltsamen Anblick. Und auf einer der Schlafstätten sitzt ein kleiner, doch sehr drahtig wirkender Reiter und spielt auf einer Mundharmonika.

Ein anderer Mann hockt auf einem Schemel und ölt sein Revolverholster, sodass ein schnelles Ziehen möglich ist.

Doch nun richten sich alle Blicke auf den eintretenden Clay Jennison.

Dieser verhält einige Sekunden lang, bis sich seine Augen an das Licht der beiden Öllampen gewöhnt haben. Und er spürt die forschenden Blicke der Männer.

»Ich bin Clay Jennison«, spricht er ruhig. »Der Boss meint, dass ich es mal hier versuchen soll. Wer von euch hat sich um mein Pferd gekümmert?«

»Ich«, meldet sich der Mundharmonika-Spieler, der sein Spiel unterbrach.

»Dann bin ich dir was schuldig.«

»Sicher – und mein Name ist Hurly, Hurly Miles. Ich reite den verrückt gefleckten Pinto mit der weißen Nase.«

»Gut, Hurly.«

Clay sieht sich nun um und entdeckt seine Sattelrolle und all sein anderes Zeug auf einer der Schlafpritschen. Er geht hin und setzt sich dort, zieht sich die Stiefel aus, legt erst dann seinen Hut ab.

Und immer noch beobachten sie ihn schweigend. Er spürt den Anprall ihrer Wachsamkeit, ihres instinktiven Forschens.

Denn er ist ein Neuer, und sie fragen sich, ob er zu ihnen passen wird.

Die vier Pokerspieler setzen ihr Spiel fort. Doch jener Mann, der sein Revolverholster so sorgfältig ölte, der spricht bedächtig: »Ich bin Walker, Joe Walker. Du wirst uns ja alle der Reihe nach kennen lernen. Aber was sind schon Namen?«

Als er verstummt, da hören sie alle trommelnden Hufschlag, und sie wissen, dass ein Reiter in den Hof gejagt kommt.

Einer der Pokerspieler erhebt sich und geht hinaus in die Nacht, wo der Reiter nun sein Pferd vor dem Haupthaus anhält.

2

Jemand sagt zu Clay: »Das ist der Vormann Joshua Benbow. Ich bin Bret Johnstone. Jetzt kennst du schon die Namen der halben Revolvermannschaft vom Spanish Bit.«

»Revolvermannschaft?« So fragt Clay ruhig.

»Was sonst? Wir sind die Ritter des Kings, Revolver-Ritter. Die Cowboys sind bei den Vorwerken und den Grenzhütten stationiert. Die Entfernungen sind sonst zu weit. Wer da soeben auch geritten kam, er hatte einen weiten Weg.«

Bret Johnstones Stimme verstummt klirrend, und es liegt irgendwie Spannung in der Luft hier im Bunkhouse. Clay Jennison kann es nun spüren. Es weht ein kalter Hauch von einem irgendwo dort draußen lauernden Unheil.

Sie warten alle schweigend auf die Rückkehr des Vormannes.

Gewiss wissen sie jetzt schon, dass es Verdruss geben wird, weil irgendwo auf dem weiten Ranchgebiet ein Unheil geschehen ist.

Auch Clay Jennison wartet mit einem Gefühl von Ungeduld. Und dieses Gefühl macht klar, dass er sich nun schon dieser Mannschaft zugehörig fühlt.

Doch sie müssen nicht lange warten.

Dann kommt der Vormann Joshua Benbow zurück, verharrt in der offenen Tür. Seine Stimme klingt kühl, als er sagt: »Clay Jennison, du sollst reiten. Big Jake will es. Du sollst ihm und uns zeigen, was du taugst, und bringst auf diese Weise deinen Einstieg in diese Mannschaft – oder auch Ausstand.«

Zuletzt klingt seine kühle Stimme ein wenig spöttisch.

Oder es ist ein Klang von Herausforderung, kein Spott. Clay Jennison weiß es nicht richtig zu deuten.

Benbow spricht dann weiter. »Shorty Wells von der Grenzhütte am Aspen Creek ist gekommen. Sie haben seinen Partner Slade erschossen, eine Herde von etwa fünfzig Rindern zusammengetrieben und sind damit in Richtung zur Bahnlinie irgendwo zwischen Cheyenne und Omaha. Sie haben nun einen ganzen Tag Vorsprung.«

Benbow macht eine Pause und kommt drei Schritte in den Raum herein.

Er sieht zu Clay Jennison hin, der am Stützbalken des Daches lehnt.

»Deine Aufgabe ist ganz einfach, Jennison«, spricht er. »Sie haben einen von uns erschossen, um eine kleine Herde stehlen zu können. Bevor du sie tötest, musst du herausfinden, wohin sie die gestohlenen Rinder bringen. Sie können die Tiere nur bei einer kleinen Station verladen. Und genau dort hält sich auch der Aufkäufer auf. Vielleicht ist es der Stationsmann. Du musst sie alle umbringen, denn sie sind eine Mörderbande, die nie wieder einen von uns umbringen darf. Die kleine Herde wird ihnen im besten Falle tausend Dollar einbringen. Und dafür haben sie Slade erschossen.«

Benbows Stimme klirrt nun noch härter.

»Ich wäre gerne selbst geritten«, spricht er weiter. »Doch Big Jake hat anders entschieden.«

Er macht eine kleine Pause, verharrt breitbeinig und holt sein Rauchzeug hervor, beginnt sich eine Zigarette zu drehen. Seine Finger zittern nicht, sondern arbeiten ruhig, obwohl er von einem bösen Zorn erfüllt ist.

Als er die Zigarette angeraucht und zwei Züge davon in sich eingesogen hat, sprich er endlich weiter: »Shorty reitet mit dir zurück zum Aspen Creek. Er zeigt dir den Anfang der Fährte. Du bekommst ein frisches Pferd und Proviant für einige Tage. Und vergiss deine Winchester nicht. Hast du genügend Munition?«

»Habe ich«, erwidert Clay Jennison kurz. »Wie weit ist es bis zum Aspen Creek?«

»Mehr als ein Dutzend Meilen. Der Creek fließt zum North Platte, neben dem der Oregon Trail verläuft. Ich werde zehn Dollar auf dich setzen, Jennison, dass du wiederkommst. He, hält jemand dagegen?«

Er fragt es in die Runde. Und in seiner Stimme ist der Klang von drohender Herausforderung.

Aber es meldet sich keiner. Nur eine Stimme kichert: »Dann würden wir ja auch gegen Big Jake wetten, hihihihi.«

Clay Jennison aber nimmt seine beiden Satteltaschen und die Sattelrolle von seiner Schlafstätte und geht zur Tür.

Dort wendet er sich noch einmal halb um und blickt zurück.

Alle Gesichter im Raume sind ihm zugewandt. Er sieht sie im Lampenschein.

»Dieser Slade – was war er für ein Bursche?« So fragt er ernst.

»Ein Cowboy«, murmelt eine Stimme, »einer von den Jungs, die wir beschützen sollen. Und jeden Monat kaufte er sich in Two Dance für eine Stunde die süße Betsy. Dar betrank er sich. Und das waren seine einzigen Sünden. Jetzt kann er diese nicht mehr begehen. Denn im Himmel gibt es das nicht. Da wird sogar er ein reiner Engel.«

Clay Jennison hört nicht länger zu. Er geht hinaus.

Von drüben, wo sich die Corrals befinden, kommt ein Reiter herüber, der ein lediges Sattelpferd bei sich hat.

»He, bist du Jennison?«

»Bin ich.«

»Ich bin Shorty und bringe dich hin. Wenn wir uns beeilen, kann der Vorsprung dieser Hurensöhne nicht noch größer werden.«

Sie reiten durch die Nacht, lassen die frischen Pferde stetig traben.

Clay Jennison, der in den vergangenen Tag schon viele Meilen geritten war, spürt nur doch zunehmende Müdigkeit. Und er denkt über Big Jake Lonnegan nach. Dieser wusste genau, dass er lange geritten war. Er musste ihm das beim Abendessen angesehen haben.

Dennoch schickte er ihn los, einen Auftrag zu erledigen. Und auch die Reiter im Bunkhouse wussten Bescheid. Ja, es ist eine Prüfung. Erst wenn er sie besteht, wird er ein Spanish-Bit-Rider sein.

Die am Anfang so schwarze Nacht wandelt sich. Zuerst sind nur Wolkenlöcher am Himmel. Dann aber – gegen Mitternacht – beginnen Mond und Sterne die Nacht zu verwandeln und ihr all die Geheimnisse zu nehmen, welche sonst in ihrer Schwärze zu lauern scheinen.

Alles wird hell und freundlich. Doch auch dies ist gewiss nur Schein.

Von den Hügeln heulen jetzt Coyoten den Mond an. Und am Himmel tönen die scharfen Pfiffe der Nachtfalken.

Der Hufschlag zweier Pferde erfüllt die Nacht und ist meilenweit zu hören.

Und dann erreichen sie ihr Ziel.

Shorty durchreitet den flachen Creek und hält an.

»Hier haben sie die Herde durchgetrieben. Du musst von hier allein weiter. Ich habe Slade noch in der Grenzhütte liegen. Man holt ihn von dort mit einem Wagen ab und schafft ihn auf den Friedhof der Spanish Bit. Dort liegen schon mehr als ein Dutzend von uns. He, Jennison, wir leben hier im Krieg. Denke stets daran.«

Er zieht sein Pferd herum und reitet am Creek entlang davon.

Clay Jennison aber verharrt noch im Sattel.

Er kann in der nun hellen Nacht die Fährte der kleinen Herde gut erkennen.

Ja, es mögen an die fünfzig Rinder sein, die von drei Reitern scharf getrieben wurden, gewiss mit Bullpeitschen vorwärts geprügelt.

Clay Jennison bleibt im Sattel und dreht sich eine Zigarette.

Rauchend überdenkt er noch einmal die ganze Sache.

Er könnte einfach seiner Wege reiten und sich nicht mehr um seinen Auftrag kümmern. Denn was ist er denn Big Jake Lonnegan schuldig?

Eigentlich nichts, gar nichts, höchstens ein gutes Abendessen.

Denn wenn er jetzt dieser Fährte folgt, dann wird er an deren Ende kämpfen und wahrscheinlich auch töten müssen.

Warum sollte er dies auf sich nehmen wie eine schwere Last?

Gewiss, er hat da und dort schon gekämpft und musste auch töten. Denn er wurde ein Revolvermann.

Und jetzt ist es wieder so. Und wenn er länger an einem Ort bleiben will, dann muss er seinen Einstand geben. Dann wird er zu Jake Lonnegans Spanish-Bit-Reitern gehören, zu einer besonderen Mannschaft, die vergleichbar ist mit den Rittern eines herrschenden Königs, von denen sich jeder ständig bewähren musste.