G. F. Unger Sonder-Edition 147 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 147 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Unter den Nimipu erzählt man sich die Legende von lltswetix, dem schrecklichen Ungeheuer der Vorzeit, das von einem Kojoten besiegt wurde, weil dieser sich von ihm verschlingen ließ, um ihm von innen das Herz abzubeißen. An diese Legende erinnern sich Rollender Donner und sein Volk, als die Armee mitten im Wallowa Valley das Fort Walla Walla errichtet und es ganz deutlich wird, dass man sie aus ihrem angestammten Gebiet vertreiben will.

Gibt es eine Hoffnung für die friedlichen Nimipu? Findet sich auch diesmal ein Kojote, der dem Ungeheuer, das sich in ihrem Heimattal festgesetzt hat, das Herz abbeißen wird?

***

G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.

Erstmals präsentieren wir in Neuauflage jene Bände, die der große Western-Autor als Leih- und Taschenbücher verfasst hat, in ungekürzter Form!

Diese Bücher sind längst vergriffen; nun haben Sie die Gelegenheit, sie in voller Länge zu genießen!

Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Erscheint alle vierzehn Tage neu.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Romanen der Reihe gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Walla-Walla-Legende

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7138-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Walla-Walla-Legende

Dies ist die Geschichte der Nez-Percé-Indianer, die im pazifischen Nordwesten der USA lebten, wo sich Washington, Oregon und Idaho mit ihren Grenzen vereinigen. Der Mittelpunkt ihrer Heimat war das Wallowa Valley. Und als dort die Weißen das Fort Walla Walla errichteten, begann im Jahre 1877 der Überlebenskrieg des stolzen Nez-Percé-Volkes.

Dazu gibt es viele überlieferte Stimmen. Dr. Cyrus T. Brady sagte: »Es war eine der bittersten Ungerechtigkeiten gegenüber einem kleinen, aber freien Volke, das den USA stets in Freundschaft verbunden war.« Und William Cody, der als Buffalo Bill in die Geschichte des Wilden Westens einging, sagte: »Die Indianer haben niemals einen Vertrag gebrochen, aber wir Weißen haben niemals einen gehalten.«

Die Nez Percé nannten sich selbst »Nimipu«. Ihren Namen Nez Percé erhielten sie von den franko-kanadischen Trappern, weil diese auf einige Nimipu stießen, die sich ihre Nasen durchbohrten und mit Muscheln schmückten.

Nez Percé, englisch Pierced Noses, bedeutet also Durchbohrte Nasen.

Es war im Jahre 1804, als die beiden Forscher Lewis und Clark auf ihrer Forschungsreise über die Rocky Mountains zur Pazifikküste ins Land der Nimipu kamen und zum ersten Mal in ihren Berichten dieses kleine Volk erwähnten.

Es vergingen viele Jahre, aber dann, im Somme 1840, wurde dem Häuptling Tu-eka-kas ein Sohn geboren, der den Namen »Hin-mut-too-yah-latkekht« erhielt, was soviel hieß wie »Rollender Donner über den Bergen«.

Doch die Missionare gaben dem Jungen den Namen Jung-Josèph.

Im Jahre 1871 wurde er nach dem Tod seines Vaters der Häuptling der Nez Percé.

Doch diese waren seit 1863 geteilt, weil einige Gruppen von ihnen sich nach dem Vertrag von Lapwai, dem Tal, wo die Schmetterlinge fliegen, in Reservate abschieben ließen und Reservationsindianer wurden.

Josèph aber wurde der große Häuptling der freien Nimipu, zu denen noch die Häuptlinge Weißvogel, Spiegel und Alokut gehörten. Letzterer war der jüngere Bruder von Josèph.

Die Geschichte der freien Nez Percé ist die Tragödie eines kleinen, freiheitsliebenden Volkes, das bis zum bitteren Ende um seine Freiheit kämpfte – und die Geschichte der Weißen, die immer wieder Völkermord betrieben, wenn es um Land oder Bodenschätze ging.

Es ist an einem schönen Morgen, als der uralte Medizinmann von den Bergen herunter in das Dorf am Wallowa-See kommt. Er ist älter als hundert Jahre und bewegt sich mühsam mit einem Stock als Gehhilfe.

Dennoch stieg er noch einmal hinauf, um dem Großen Geist »Tah-ma-ne-wes« so nahe wie nur möglich zu sein.

Nun aber kommt er mit letzter Kraft ins Dorf zurück und verlangt mit heiserer Stimme, dass sich die Häuptlinge und wichtigsten Krieger versammeln sollten, denn er hätte ihnen die Zukunft zu verkünden.

Ein junges Mädchen bringt ihm einen Saft zu trinken, indes er vor seinem Tipi am Boden hockt und in die Flammen des Feuers starrt, das für ihn in Gang gebracht wurde. Er trinkt den Saft und wirkt bald darauf etwas frischer.

Die Häuptlinge und wichtigen Krieger finden sich ein, und ihr Anführer und oberster Häuptling ist Rollender Donner, den die Weißen Josèph nennen. Aber Rollender Donner über den Bergen, dies ist sein indianischer Name. Und so soll er auch stets in dieser Geschichte genannt werden.

Sie alle warten geduldig, bis Spi-li-yai, was soviel wie Coyote bedeutet, mit heiserer Fistelstimme zu sprechen beginnt. Seine Augen sind weit geöffnet und starren ins Feuer, als könnte er dort in den Flammen wie in einem Buch lesen.

»Ich beginne mit der Geburt der Nimipu. Ihr kennt diese Sage, aber ich erzähle sie euch noch einmal, denn der Große Geist ließ mich das Ende sehen – das Ende der Nimipu. Macht eure Ohren auf!«

Er macht eine kleine Pause und beginnt: »Jener große Iltswetsix, dieses Wesen, das einst in grauer Vorzeit aus der Welt hinter den Sternen auf unsere Erde niederkam, in das Große Wasser stürzte, darin noch gewaltiger wurde und dann mit einem gewaltigen Hunger aus der Tiefe stieg, das verschlang alles, was ihm in den Weg geriet, einfach alles, selbst riesige Bäume, große Felsen, alle Tiere. Es verschlang auch einen listigen Coyoten, der sich in einem Busch versteckt hatte. Es verschlang ihn mit dem ganzen Busch. Und so kam der Coyote unverletzt in den Magen des gewaltigen Ungeheuers. Doch so klein der Coyote auch war, er war mutig und bereit zum Kampf gegen das gewaltige Ungeheuer, das die Erde zu einer Wüste machen wollte. Der Coyote fand in der Finsternis das Herz des Ungeheuers und biss es ab, sodass kein Blut mehr durch das Ungeheuer fließen konnte. Dann biss der kleine Coyote sich durch den Leib des Iltswetsix und war wieder frei. Es kamen alle Tiere herbei, die das Ungeheuer noch nicht gefressen hatte. Sie berieten lange und überlegten, was sie mit dem Riesenkörper des Ungeheuers machen sollten. Es war dann der Fuchs, der vorschlug, den Riesenleib in Stücke zu zerlegen und aus jedem Stück ein Volk zu machen. Und die anderen Tiere waren einverstanden. So entstanden die Flachkopfindianer aus dem Kopf des Ungeheuers, aus den Füßen die Schwarzfüße, aus dem Bauch die Dickbäuche und viele andere Völker. Zuletzt war nur noch das Herz übrig, das immer noch blutete und zuckte. Und aus jedem Tropfen Blut wurde abermals ein Volk. Diese Völker waren mutiger, klüger und friedliebender als die anderen. Es wurden die Stämme und Sippen der Nimipu. Das alles gefiel Tah-mah-ne-wes, dem Großen Geist. Und damit die Nimipu stets mutig, klug und friedliebend bleiben sollten, verbannte er das Herz des Ungeheuers in einen riesigen Felsen, den wir alle kennen und immer wieder im Kamiah-Tal besuchen und verehren.«

Der alte Medizinmann Spi-li-yai verstummt erschöpft in seiner langen Rede. Er muss noch einmal von dem Saft trinken.

Die Häuptlinge und Krieger aber warten geduldig. Was er ihnen bisher erzählte, das kennen sie alle. Diese Legende gehört zur Geschichte ihres Volkes. Sie lernten sie schon als Kinder.

Doch jetzt wissen sie, dass diese Legende noch eine Fortsetzung haben wird. Der uralte Spi-li-yai hat dort oben in den Bergen über dem Wallowa-Tal Verbindung mit den Großen Geist aufnehmen können, der die Zukunft aller lebenden Wesen bestimmt.

Sie müssen nicht lange warten. Dann spricht Spi-li-yai mit seinem letzten Atem: »Ein anderes Ungeheuer wird kommen, um die Nimipu zu vernichten. Es ist schon unterwegs. Und nur ein listiger Coyote, so wie damals, wird es besiegen können.«

Nach diesen Worten legt der Alte sich zur Seite und haucht seinen letzten Atem aus.

Langes Schweigen herrscht.

Dann richten sich alle Blicke auf Rollender Donner, denn dieser ist ihr oberster Häuptling, dem sie vertrauen.

Sie sehen, wie er sich über Stirn und Augen wischt, als könnte er so irgendwelche Bilder wegwischen.

Dann aber sieht er sie der Reihe nach fest an.

Langsam spricht er, so als könnte er in die Zukunft sehen: »Die Weißen wollen unser Land. Und sie werden kommen und im Wallowa-Tal ein Fort errichten. Ich erhielt über diese Absicht vertrauliche Hinweise von unseren Vettern in der Reservation. Sie erfahren dort eine Menge von den Weißen, die sich wichtig machen wollen.«

Er macht eine Pause und blickt fest in alle Gesichter.

Dann spricht er langsam Wort für Wort: »Ich werde versuchen, Frieden zu halten. Aber wenn uns die Weißen zu sehr bedrängen und wir nur die Wahl haben, uns zu unterwerfen und uns aus unserem Land vertreiben zu lassen oder zu kämpfen, dann werden wir ihnen einen solch harten Krieg liefern, dass sie keinen mit uns geschlossenen Vertrag mehr zu brechen wagen. Ich habe gesprochen.«

Er hat nun alles gesagt.

Weißvogel spricht dann für alle: »Das neue Ungeheuer sind also die Weißen. Und so werden wir ihnen das Herz abschneiden müssen. Aber wer ist dieses Herz? Und wo können wir es finden? Sie bilden einen noch größeren Riesenkörper, als damals jener Iltswetsix es war. – Müssen wir ihren Großen Vater in ihrer Hauptstadt töten?«

Er verstummt etwas ratlos.

Doch da spricht Alokut: »Wir müssen uns Respekt verschaffen. Sie müssen begreifen, dass ein Sieg über uns zu teuer für sie werden würde.«

Nun nicken sie alle – nur Rollender Donner nicht, der in die Flammen starrt, als könnte er so wie zuvor der Alte darin die Zukunft lesen. Langsam spricht er: »Wir werden Spi-li-yai auf dem Felsen bestatten, in dem das Herz des Iltswetsix eingesperrt wurde vom Großen Geist.«

Ja, sie schaffen Spi-li-yai ins Kamiah-Tal, und als sie nach Tagen zurück ins Wallowa-Tal kommen – sie sind eine große Reiterschar von fast hundert Kriegern – da geht das Leben im Dorf und im großen Wallowa-Tal weiter wie bisher.

Doch in ihren Herzen sind Hoffnung und Sorge zugleich.

Aber je mehr die Wochen vergehen, umso mehr nehmen die Sorgen ab.

Nur Rollender Donner macht sich keine Illusionen.

Denn von allen Seiten drängen Landsucher ins Land, Siedler, Viehzüchter, Goldsucher. Und je mehr es werden, umso sicherer wird es Probleme geben.

Doch noch leben sie glücklich in ihrem wunderschönen Land, dessen Mittelpunkt das Wallowa-Tal ist. Sie jagen das Wild, fischen in den Flüssen und Seen. Und ihre Frauen mit all den fröhlichen Kindern sammeln Wurzeln, Beeren, Pilze.

Das Land der Nez Percé macht sie immer wieder stolz und glücklich. Ja, sie sind stolz und dankbar für die Berge, die Täler, die Flüsse, die sich alle im Laufe der Jahrtausende ihre Wege zum gewaltigen Columbia in die Erde schnitten.

In ihrem Land gibt es viele Wildarten, also Rehe, Hirsche, Bären, Büffel, Bergschafe – und auch Berglöwen.

Wurzel- und Gemüsespeisen vervollständigen ihre Ernährung, zum Beispiel »poh-poh«, ein Zwiebelmus – oder »spatlam«, »cammas«, »ihtwak« und andere Köstlichkeiten.

Ja, es ist ein herrliches Leben für alle Nimipu in ihrem wunderschönen Land.

Und ihr ganz besonderer Reichtum sind ihre Pferde, die berühmten Appalousa.

Diese Pferderasse war 500 Jahre v. Chr. in China ein geheiligtes Eigentum der Dynastien nach Kaiser Wu Ti. In der persischen Kunst des vierzehnten Jahrhunderts sind diese gefleckten Pferde dargestellt, und von Afrika kamen sie wahrscheinlich nach Spanien und von dort mit den Conquistadores nach Nordamerika.

Appalousa sind weiße und cremefarbige Pferde, deren Fell von eirunden, schwarzen, braunen und rotbraunen Flecken bedeckt ist.

Der Nez-Percé-Stamm der Palouse nahm sich damals der Weiterzüchtung dieser Tiere an, und so kamen die Tiere zu ihren neuen Namen.

Einen Apalousa zu haben, dies ist auch jetzt noch der Wunschtraum eines jeden Reiters. Denn die Tiere sind überdies auch noch klug, so klug fast wie Hunde.

Cowboys nennen sie mit neidvollem Spott auch Apple Lucy, Polka Dot oder Leopard Blanket Hip, ja, neidvoll, weil sie zu arm sind, um einen Appalousa erwerben zu können.

Diese kostbaren Tiere sind also der besondere Reichtum der Nez Percé.

Es ist im Jahre 1875, als Rollender Donner in seinem Dorf Besuch bekommt.

Die Regierungsdelegation wird angeführt von einem Colonel der Armee und einem Regierungsrat des Indianeroffice.

Beschützt wird sie von einer Schwadron US-Kavallerie, und begleitet von einem Zivilscout, dessen Name Jim Slater ist.

Rollender Donner und Jim Slater kennen sich gut, denn Slater wurde in diesem Land geboren. Sein Vater trieb Handel mit den Nez Percé. Und Slaters Mutter war eine Viertel-Nez-Percé oder besser gesagt Nimipu.

Er spricht die Sprache der Shahapti-Sprachfamilie wie ein Nimipu. Und so ist er es auch, der die ersten Worte spricht.

Er und die ganze Delegation sitzen noch in den Sätteln, als er zu Rollender Donner sagt: »Ich sehe dich, Rollender Donner, und freue mich über deinen Anblick.«

»Mir geht es ebenso, Adlersohn. Aber warum hast du diese Soldaten hergeführt?«

»Weil sie mit dir einen Vertrag schließen wollen und ich dich dabei wie ein Freund beraten kann – und das in der Sprache der Nimipu, in der wir ja auch jetzt reden und die keiner deiner Besucher versteht außer mir.«

Als Rollender Donner dies hört, nickt er langsam und erwidert: »Also willst du immer noch unser Freund sein, Adlersohn?«

»Zu einem Viertel fließt Nimipu-Blut in mir. Meine Großmutter war eine Nimipu.«

»Dann sitzt ab. Doch die Soldaten sollen außerhalb des Dorfes bleiben. Wer ist der Zivilist? Den Adlerhäuptling kenne ich bereits. Sein Name ist Sturges.«

»Ja, es ist Colonel Samuel David Sturges. Er trägt immer noch das gleiche Rangabzeichen an seinem Kragen, den Adler. Der Zivilist ist ein gewisser John Henderson. Er kommt im Auftrag des Großen Vaters in Washington.«

Sie sitzen nun ab, und der Colonel gibt seinem Lieutenant den Befehl, sich mit der Schwadron aus dem Dorf zu entfernen und außerhalb zu warten.

Es geht dann aber alles sehr schnell.

Denn als sie vor Rollender Donners Zelt Platz genommen haben, da spricht der Regierungsbeauftragte John Henderson ungeduldig: »Also los, Slater, sagen Sie es ihm. Machen wir es kurz und bündig. Ich habe kein Vergnügen daran, mit meinem Hintern auf dem Boden zu sitzen wie ein Wilder. Also los, Slater! Teilen Sie ihm alles kurz und bündig mit!«

Seine Stimme schnarrt vor Arroganz.

Und dann wundert er sich, als Rollender Donner in einem klaren und präzisen Schulenglisch erwidert: »Gut, Mister, machen wir es kurz. Warum kamen Sie her?«

»Wir werden mitten im Wallowa-Tal ein Fort bauen. Und das Land kaufen wir euch Nez Percé ab. So hat es meine Regierung beschlossen.«

»Und warum wollt ihr Weißen in meinem Land ein Fort errichten?«

In der Stimme des Häuptlings klingt nachsichtiger Spott.

»Zu eurem Schutz, Josèph, zu eurem Schutz. Denn der Wagenweg nach Seattle führt von Fort Benton am Missouri entlang durch euer Land. Auf diesem Wagenweg werden immer mehr Wagenzüge zur Küste des Pazifik fahren, viele Siedlertrecks. Und damit sie alle auf diesem Wagenweg bleiben und sich nicht zu beiden Seiten davon festsetzen und euer Land zu stehlen versuchen, soll die Truppe des Forts das alles überwachen. Es geschieht zu eurem Schutz. Und ihr erhaltet überdies auch noch Geschenke. Wir werden einen Vertrag schließen wie unter Freunden – und dies jetzt gleich und hier. Du solltest klug sein und ihn mit uns schließen. Ich hörte, dass du ein kluger Häuptling bist. Also enttäusche den Großen Vater in Washington nicht.«

Seine letzten Worte klingen wie ein Befehl.

Rollender Donner richtet seinen Blick auf Jim Slater und fragt in der Sprache seines Volkes: »Er ist doch nicht betrunken? Oder warum kläfft er sonst wie ein sich fürchtender Hund?«

»Er hält dich für einen Wilden«, erwidert Slater gelassen.

»Und was für einen Rat gibst du mir, Adlersohn?«

Jim Slater schweigt eine Weile, denkt offensichtlich nach.

»Ich kann dir keinen Rat geben, der dir gefällt. Die Armee wird das Fort so oder so errichten, also mit oder ohne Vertrag. Vielleicht solltest du erst herausfinden, ob sie diesmal einen geschlossenen Vertrag hält und euch wirklich alle durchziehenden Weißen vom Leib hält, dafür sorgt, dass keiner den Wagenweg verlässt. Denn wenn du das Fort im Wallowa-Tal nicht haben willst, dann musst du jetzt schon Krieg führen. Ich kann dir nicht helfen, Rollender Donner, weiß keinen Rat, nur den, dass du mit dem Vertrag Zeit gewinnst und die schwache Hoffnung hegen kannst, dass der Vertrag nicht gebrochen wird.«

Jim Slater hat nun alles gesagt.

Rollender Donner aber richtet seinen Blick nun fest auf Mister John Henderson.

Dieser will seinem Blick standhalten, schafft es jedoch nicht. Er kann nicht lange in die Augen des Häuptlings sehen, muss seinen Blick senken.

Und das macht ihn so richtig böse, wütend und noch arroganter.

Deshalb stößt er hart hervor: »Nun, was ist, Josèph? – So nennen wir dich, weil dein Vater dich einst taufen ließ. Aber gewiss wurdest du kein Christ, sondern bist ein Wilder geblieben. Was ist also, Josèph?«

Dieser richtet seinen Blick nun auf Colonel Sturges, der bisher schweigend dabei gesessen hat und dem man unschwer sein Unbehagen ansehen kann.

Doch er hat nichts zu sagen. Er wurde nur zum Schutz des Regierungsbeauftragten befohlen mit einer Schwadron, obwohl er sonst ein ganzes Regiment befehligt.

Und er hält dem Blick des Häuptlings stand.

Rollender Donner fragt ganz ruhig: »Werden Sie das Fort bauen und dann der Kommandant sein?«

»Wahrscheinlich, Häuptling.«

»Und Sie werden den Vertrag nicht brechen?«

»Ich bin Soldat und führe Befehle aus. Ich kann keine andere Antwort geben, Häuptling.«

Rollender Donner nickt. »Also müssen wir es ausprobieren, Colonel. Ich will mit meinem Volk in Frieden leben und will alles versuchen. Wenn ich mich mit meinen Unterhäuptlingen beraten habe in einer Ratsversammlung, dann werden wir den Vertrag unterschreiben.«

Er hat nun alles gesagt und erhebt sich.

Alle erheben sich und stehen sich noch einige Atemzüge lang schweigend gegenüber.

John Henderson will lospoltern mit drohender Arroganz. Doch der Colonel sagt hart: »Gehen wir, Mister Henderson. Verdammt, gehen wir! Schlagen wir ein Camp auf, wenigstens eine halbe Meile weit von diesem Dorf entfernt.«

Er nickt Rollender Donner zu und geht davon.

Henderson folgt ihm etwas verwirrt und unsicher.

Nur Slater bleibt noch zurück. Er sieht Rollender Donner an und spricht ruhig: »Ich konnte nichts für euch tun. – Aber ich reite nun wieder meiner Wege. Denn wie ihr Nimipu bin ich ein Sohn dieses Landes. Es ist meine Heimat, und ich werde niemals gegen euch sein.«

Schon am nächsten Tag trennt sich Jim Slater von der kleinen Truppe mit den Worten: »Mein Job für die Regierung ist hiermit beendet. Ich komme nicht mehr nach Fort Shaw zurück. Mister Henderson, ich möchte Ihnen und der Regierung nur noch einen Rat geben. Halten Sie den Vertrag. Sonst bekommen Sie mehr Ärger, als Sie sich vorstellen können. Denn ich denke, dass Sie Rollender Donner unterschätzen, gewaltig unterschätzen. Wenn Sie ihn betrügen – also den Vertrag nicht einhalten –, dann zahlen Sie einen hohen Preis.«

»Das lassen Sie unsere Sorge sein«, bellt Henderson giftig zurück.

Da erwidert Slater nichts mehr, sondern reitet nach Norden zu davon.

Denn dort im Norden in den Bergen, da hat er seine Jagdhütte hoch oben in einem Tal, dessen See voller Biber ist.

Und es wird Zeit, sich auf die Winterjagd vorzubereiten.

Es ist später Sommer, so genannter Indianersommer.

Wahrscheinlich wird er einige Monate sehr einsam sein.