G. F. Unger Sonder-Edition 151 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 151 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Mit siebenundfünfzig Mustangs kommen Drango und seine beiden Helfer aus den Bradshaws. Es sind die besten Tiere aus einem halben Dutzend Wildpferdherden. In einem kleinen Tal haben die drei Männer die Tiere zugeritten und zu zuverlässigen Sattel- und Zugpferden gemacht. Ja, sie haben hart gearbeitet - Wochen und Monate. Doch jetzt ist es geschafft und sie freuen sich auf die Heimkehr.
Drango denkt an Kim. Sie werden heiraten, werden eine kleine Ranch kaufen und eine Familie gründen. Der junge Wildpferdjäger kann das Wiedersehen mit seiner schönen Braut kaum erwarten. Noch ahnt er nicht, dass seine Träume schon in wenigen Stunden wie Seifenblasen zerplatzen werden, weil das Schicksal ihm einen anderen Weg bestimmt hat...

***

G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.

Erstmals präsentieren wir in Neuauflage jene Bände, die der große Western-Autor als Leih- und Taschenbücher verfasst hat, in ungekürzter Form!

Diese Bücher sind längst vergriffen; nun haben Sie die Gelegenheit, sie in voller Länge zu genießen!

Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Erscheint alle vierzehn Tage neu.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Romanen der Reihe gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Drango, der Kämpfer

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7366-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Drango, der Kämpfer

Er kommt als Erster aus der engen Schlucht der Bradshaw Mountains geritten, hält seitlich des kaum erkennbaren Pfades an und blickt witternd über den Kopf seines grauen Wallachs hinweg in die Runde. Vor sich sieht er wildes Land, das zweihundert Meilen weiter westlich am Colorado endet. Weit im Süden beginnt die Gila-Wüste, und im Norden steigt das Land in weiter Ferne aus dem Tonto Basin zur Mogollon Mesa empor.

Er wittert also in das Land vor sich von Süd nach West und dann nach Nord. Aber er kann nichts erkennen, worüber er sich Sorgen machen müsste. Nur die Vögel am Himmel fliegen nicht, als wären sie aufgescheucht worden.

Er zieht seinen Wallach halb herum und wartet auf Miguel, der im nächsten Moment an der Spitze der Pferdeherde auftauchen muss.

O ja, die Herde …

Ein halbes Jahr hat er sie mit seinen beiden Helfern in den Bradshaws gejagt. Die siebenundfünfzig Tiere sind die besten aus einem halben Dutzend Wildpferdherden.

In einem kleinen Tal haben sie die Tiere zugeritten und zu zuverlässigen Sattelpferden gemacht. Dann haben sie die Tiere auch noch zu Zugpferden gemacht, die im Geschirr traben und ziehen, auf Kommandos und Zurufe reagieren.

Weil sie keinen Wagen im kleinen Tal hatten, mussten die Gespanne Schleppschlitten ziehen, die mit Steinen beladen waren.

Ja, sie haben hart gearbeitet, Wochen und Monate.

Doch jetzt sind die Tiere nach ihren Maßstäben ein kleines Vermögen wert, denn als Cowboy hätte jeder von ihnen in diesem halben Jahr etwa hundertfünfzig Dollar verdient, allerdings bei freier Verpflegung auf einer Ranch.

Miguel taucht aus der Schlucht auf, gefolgt von den ersten Tieren.

Er grinst breit unter seinem Schnurrbart und winkt herüber.

Drango Wade grinst ebenfalls und winkt zurück.

Die Pferde kommen zumeist in Doppelreihe aus der Schlucht, denn diese ist sehr eng, eigentlich nur ein Riss, der vor Urzeiten entstanden ist, als die Felswand der Bradshaws sich spaltete.

Drango Wade betrachtet die auftauchenden Tiere mit Stolz und Wohlgefallen, erfreut sich an ihrem Anblick und ihren Bewegungen.

Drango Wade ist ein noch junger Mann, kaum älter als zwei Jahrzehnte. Und dennoch ist er ein erfahrener Wildpferdjäger. Denn als Kind wuchs er bei den Apachen auf, bis ihn ein weißer Händler kaufte.

Und weil er danach nur drei Jahre auf eine Missionsschule gehen konnte, würde er nicht erklären können, was ästhetisch bedeutet.

Dennoch ist er, was Pferde betrifft, gewiss ein Schöngeist.

Ja, er mag sie. Für ihn sind es edle Lebewesen.

Dennoch musste er sie einfangen, einbrechen und ihnen all die notwendigen Lektionen beibringen. Er kann in der Welt, in der er leben und sich behaupten muss, nicht edel und gut sein, denn er will immer überleben.

Er zählt die Tiere, und es sind immer noch siebenundfünfzig.

Zuletzt kommt Paco aus der Schlucht mit den beiden Packtieren, die ihre ganze Ausrüstung tragen.

Auch Paco – der eigentlich mit vollem Namen Francisco Alvarez heißt – grinst blinkend und winkt herüber.

Drango Wade denkt nachsichtig: O Paco, du träumst jetzt gewiss schon von den Schönen in der Puta Casa von Pices House.

Er reitet an und an der linken Flanke der Herde entlang, drängt einige Tiere in die Reihe zurück.

Auch er freut sich auf Pices House.

Es ist noch früher Vormittag. Sie werden die kleine Stadt im Rinderland am späten Nachmittag erreichen.

Und dann?

Als er sich die Frage stellt, da wird sofort noch eine andere Frage in ihm mächtig, nämlich die Frage: War Kim Carfield mir länger als ein halbes Jahr treu?

Diese Frage hat er sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gestellt, wenn er im Camp am Feuer unter seiner Decke lag und nach einem harten Tag ausruhte.

Denn Kim ist ein wunderschönes Mädchen, das in Pices House umschwärmt wird wie das Licht von den Motten.

Und welchem Mädchen gefiele das nicht?

Ja, sie wollte auf ihn warten.

Er verspürt wieder ein Gefühl von Stolz, denn er kommt ja wie ein Sieger zurück nach langer Pferdejagd. Selbst wenn er seine beiden Helfer ausgezahlt hat, werden ihm noch mehr als zweitausend Dollar an Gewinn bleiben.

Und für zweitausend Dollar müsste ein einfacher Cowboy fast acht Jahre arbeiten.

Er wird eine kleine Ranch kaufen können und mit Kim in einem Haus leben und im gleichen Bett liegen.

Heiliger Rauch, er ist voll dabei, etwas zu schaffen.

Im letzten Tageslicht erreichen sie Pices House. Die kleine Stadt ist aus einer Post- und Pferdewechselstation entstanden und wurde in diesem Land zum Nabel einer Welt, die einen Umkreis von hundert Meilen hat.

Der Wagenhof mit der Schmiede und den Corrals des Pferdehändlers befindet sich neben der Poststation.

Als sie die Pferde in einen der großen Corrals treiben, kommt der Postagent mit seinen beiden Gehilfen, dann auch der Schmied.

Und jeder von ihnen ist ein Pferdekenner.

Sie nicken und winken den drei Wildpferdjägern zu und haben dann nur noch Augen für die Tiere, die sich in dem fremden Corral unruhig bewegen, dann aber zu den Wassertrögen gehen und vorsichtig daraus trinken.

Ja, sie kosten zuerst vorsichtig.

Jack Warwick, der Postagent, wendet sich nach einer Weile Drango Wade zu, der immer noch im Sattel sitzt, ebenso seine beiden Helfer.

»Ja, das ist was«, sagt er und nickt. »Das sind prächtige Caballos. Aber sind sie auch zu gebrauchen oder noch wild?«

Drango Wade grinst nur mitleidig, aber die Frage ist ja auch nicht ernst gemeint. Sie grinsen nun alle. Denn sie kennen sich zu gut. Der Postagent weiß längst, dass Drango Wade ihm nur erstklassige Pferde bringt, die unter dem Sattel und auch als Gespann vor einem Wagen oder einer Kutsche gehen und auf Zurufe reagieren.

Doch die Männer haben längst mit kundigen Blicken entdeckt, dass mehr als ein halbes Dutzend Zweihundert-Dollar-Pferde unter der Herde sind, besonders edle Tiere, deren Vorfahren einst von den spanischen Eroberern ins Land gebracht wurden und deren arabisches Blut stets die Oberhand behielt.

Auch all die anderen Tiere sind weit über dem Durchschnitt.

In diesem Land kann man schon für zwanzig Dollar ein brauchbares Reitpferd bekommen, doch von diesen Tieren ist keines unter fünfzig Dollar wert.

Jack Warwick, der hier der Boss ist, nickt Drango Wade zu.

»Ihr habt es gewiss eilig nach einem halben Jahr in den Bradshaws?«

»Si, Señor«, ruft Miguel aus dem Sattel herüber. »Uns juckt es mächtig!«

Sie sitzen nun ab, doch nur Drango geht mit dem Agenten Jack Warwick ins Haus hinein, wo sich das Office und der Geldschrank befinden.

Drinnen wendet sich Warwick dem Wildpferdjäger zu. »Drango, Sie wollen von hier jetzt gewiss auf dem kürzesten Weg zu Kim Carfield?«

»Richtig, Mister Warwick, sobald ich meine beiden Helfer ausgezahlt habe. Ich brachte Ihnen diesmal besonders gute und wertvolle Tiere. Viele sind mehr als hundert Dollar und einige mehr als zweihundert wert. Ich denke, dass viertausend Dollar für die Herde ein fairer Preis wären.«

Jack Warwick betrachtet ihn ernst und mit einem Ausdruck von Besorgtheit.

Dann murmelt er: »Drango, Sie waren mit Ihren beiden Helfern länger als ein halbes Jahr in den Bradshaws wie auf einer einsamen Insel, abseits der Welt und deren Menschen. Inzwischen hat sich eine Menge verändert.«

»Was, Mister Warwick, was?« Drango fragt es ungeduldig, und man sieht ihm an, dass er jetzt auf unerfreuliche Dinge vorbereitet ist, weil sein Instinkt ihn dies wittern lässt.

»Kim Carfield ist weg«, spricht Jack Warwick. »Sie hat nicht auf dich gewartet, mein Junge. Und weil das so ist, solltest du sie nicht als einen Verlust beklagen, sondern froh sein, dass sich jetzt schon zeigte, was ihre Liebe wert war. Sie ist mit einem prächtig aussehenden Burschen weg, der ein Spieler und Revolvermann ist und der ihr vormachte, dass er ihr die ganze Welt erobern würde. Sie hat ihm in Mary Millers Laden Hemden verkauft. Und dabei hat er sie wohl verzaubert. Vergiss sie, mein Junge.«

Er verstummt mit einem väterlich wirkenden Klang in der Stimme. Und sein Blick ist nun mitfühlend.

Und weil Drango noch schweigt, fügt er hinzu: »Es gibt manchmal Frauen, die sind treu bis in die Hölle und zurück, aber auch welche, die wie Schmetterlinge nach köstlichem Blütenstaub suchen. Vergiss sie also.«

Als Warwick diesmal verstummt, hat seine Stimme einen härteren Klang.

Drango nickt langsam. »Und was gibt es noch?«

Nun staunt Warwick einen Moment, fragt dann: »Ihr habt es wirklich noch nicht gehört? Wart ihr in den Bradshaws wirklich am Ende der Welt und auf einem anderen Stern?«

»Was gibt es noch?« Drangos Stimme klingt trügerisch sanft.

Jack Warwick hebt die Hände, so als würde er sich ergeben, lässt sie wieder fallen und spricht hart: »Seit dem elften April haben wir Krieg. Und am zwölften April wurde der Krieg mit der Beschießung von Fort Sumter praktisch begonnen. Dann hatten wir am einundzwanzigsten Juni die erste wirklich große Schlacht am Bull Run, einem Seitenarm des Potomac. Die Konföderierten unter den Generalen Beauregard, Johnston und Jackson schlugen die Truppen des Nordens, also der Unionsarmee. Und weil General Jackson besonders standhaft kämpfte, nennt man ihn nun Stonewall-Jackson. Und davon habt ihr bisher noch nichts gehört?«

Warwick verstummt ungläubig staunend.

»Wir waren von der Außenwelt abgeschlossen«, erwidert Drango. »Wir hatten es nur mit einigen Apachen zu tun, die uns die Pferde abnehmen wollten.«

Warwick betrachtet Drango Wade ernst und forschend.

Er sieht einen jungen, indianerhaft wirkenden Mann von etwas über sechs Fuß Größe und etwas über achtzig Kilo Gewicht, einen jungen Mann, der das Leben in diesem Land längst schon kennt und von dem ein unerschütterlich wirkendes Selbstvertrauen ausgeht, aber auch eine ständige Wachsamkeit.

Und obwohl er an Jahren noch recht jung ist, gibt es bereits einige dunkle Linien in seinem Gesicht, und man fragt sich, wenn man ihn jetzt betrachtet, ob sein hartlippiger Mund lachen kann.

Der Agent Warwick erkennt jetzt nur die Härte und das Misstrauen des jungen Mannes, und er spürt auch, dass in seinem Kern noch eine Menge mehr verborgen ist.

Er wendet sich dem Geldschrank zu und holt das Geld heraus.

Sie wechseln nicht mehr viele Worte, doch als Drango sich zum Gehen wenden will, da fragt er: »Wirst du in den Krieg ziehen, Drango, mein Junge?«

Aber dieser hebt nur die breiten Schultern, lässt sie wieder sinken uns geht wortlos hinaus.

Und so murmelt Warwick bitter: »Der leidet jetzt wie ein angeschossener Wolf, verdammt!«

Als Drango Wade seinen beiden Helfern den Lohn mit einer noblen Prämie auszahlt, da grinsen sie. Paco sagt: »Wir haben es soeben schon vom Stallmann gehört. Die Südstaaten kämpfen gehen die Nordstaaten und haben die erste große Schlacht gewonnen. Aber uns geht das nichts an. Wir sind Halbbluts. Unsere Mütter sind mexikanische Hombras, unsere Väter wahrscheinlich Yaguis von Sonora. Doch die Putas werden uns dennoch verwöhnen, weil wir mit Dollars zahlen. Viel Glück, Patron! Wir würden gerne wieder für dich reiten.«

Sie steckten inzwischen das Geld ein, gehen zu ihren Sattelpferden und schwingen sich hinauf in die Sättel. Und als sie die Tiere anspringen lassen, um aus dem Hof auf die staubige Straße zu gelangen, da stoßen sie scharfe Schreie aus, als ritten sie in eine Schlacht.

Denn für ihre Verhältnisse sind sie jetzt wohlhabende Hombres. Jeder von ihnen bekam fünfhundert Dollar. Und das sind zwei Jahresgehälter erstklassiger Vaqueros.

Ja, sie fühlen sich reich und wollen nachholen, was sie über ein halbes Jahr entbehrten, nämlich Frauen, Tequila, Karten und andere Sünden.

Drango aber verharrt noch einige langsame Atemzüge neben seinem grauen Wallach.

Er fühlt sich leer, ausgebrannt, verraten, einsam und allein.

Kim Carfield hat nicht auf ihm gewartet.

Was nützen ihm nun die dreitausend Dollar?

Eine kleine Ranch hätten sie sich dafür kaufen können.

Er macht eine wegwerfende Handbewegung und sitzt dann auf, reitet langsam im Schritt auf die staubige Hauptstraße der kleinen Stadt Pices House hinaus.

Es wurde inzwischen Nacht. Die Sonne verschwand als roter Ball im Westen weit hinter den Bergen des Colorado Ridge.

In Pices House gingen überall die Lichter an. Aus Fenstern und Türen fallen Lichtbahnen, die wie goldene Schranken anmuten, deren Licht immer kräftiger wird, je dunkler die Nacht mit all ihren verborgenen Geheimnissen sich ausbreitet.

Im Schritt reitet er weiter in die kleine Stadt hinein. Als er an Mary Millers Store vorbei müsste, hält er an, verharrt bewegungslos im Sattel.

Die Stadt ist still geworden. Man sitzt jetzt beim Abendessen. Und von den umliegenden Ranches, Farmen und Minen kamen noch keine durstigen Kehlen herein.

Als er wieder anreiten will, tritt die füllige Mary Miller aus dem Store und verharrt auf dem Plankengehsteig.

»Drango, ich hörte schon, dass Sie zurück sind von der Pferdejagd. Kim Garfield ließ einen Brief für Sie bei mir zurück. Wollen Sie ihn haben?«

»Nein, Mrs. Miller«, erwidert er und reitet weiter.

Und wieder fühlt er das Gefühl der Leere, Einsamkeit und des Verratenseins stark in sich. O ja, er wird sich betrinken und vielleicht einen Streit anfangen.

Er spürt die Wildheit eines Mannes in sich aufsteigen, der sich irgendwie entladen muss, will er nicht daran ersticken.

Er erreicht die Plaza und sieht auf der anderen Seite die Lichter des Saloons, davor an der Haltestange eine Reihe von Sattelpferden.

Zum Saloon gehören auch eine Cantina und eine Fonda für die Gäste mexikanischer Abstammung.

O ja, er will sich betrinken, und vielleicht gibt es da drinnen einen Mann, mit dem er einen Streit anfangen kann. Er erinnert sich wieder an einige Burschen, die bei ihm noch etwas »im Salz liegen« haben.

Doch als er seinen Wallach an die Haltestange lenkt, da erkennt er den Pinto von Rusty Scott. Er muss gar nicht auf das Brandzeichen blicken. Dieser Pinto ist zu einmalig.

Als er abgesessen ist, betrachtet er die Brandzeichen der drei anderen Pferde neben dem Pinto.

Er stößt einen zufriedenen und grimmig klingenden Laut aus.

Und er fragt sich, ob es ein Spiel des Schicksals oder nur ein dummer Zufall ist, dass zu dieser Stunde seine vier Freunde im Saloon sind, so als hätten sie sich mit ihm treffen wollen.

Als er eintritt, verspürt er immer noch die grimmige Vorfreude. Denn er wird sich nicht allein betrinken müssen. Er wird die Gesellschaft von Freunden haben.

Doch vorerst hält er inne, wartet die Sekunden ab, um seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Er kommt ja aus der Nacht in einen hellen Raum. Aber dann sieht er sie am Schanktisch lehnen, die noch halb vollen Gläser vor sich zwischen den Fingern drehend.

Ja, da ist Rusty Scott, mit dem er vor Jahren, als sie noch ganz junge Burschen waren, drüben in Sonora Pferde stahl.

Neben Rusty lehnt Latigo, der eine besondere Vorliebe für ölgetränkte Lederstreifen hat, sei es als Zaumzeug, am Sattel statt Schnallenriemen, als Zwischenstück am Sattelgurt oder als geflochtenes Wurfseil.

Eigentlich heißt er Jube Benbow, aber man nennt ihn nur Latigo, denn er ist ein »Hechicero de cuero«, was so viel heißt wie »Zauberer mit dem Lederseil«.

Rechts von Latigo lehnt Santiago Slade. Santiago die spanische Form von Jakobus, dem Heiligen, obwohl seine Eltern Angloamerikaner waren. Vielleicht gefiel seiner Mutter Santiago besser als Jakobus.

Der letzte Mann in der Reihe am Schanktisch ist Stacy Kellog, der als Schmied im Land umherzieht und auf den Ranches und bei den Minen Schmiedearbeiten verrichtet. Er versteht sich besonders auf das so genannte Feuerschweißen, bei dem es darauf ankommt, das Eisen nicht verschmoren zu lassen, sondern die flüssige Oberfläche mit schnellen Hammerschlägen rechtzeitig zu verbinden. Er ist deshalb auch ein erstklassiger Kettenschmied und weiß den Quarzsand richtig zu dosieren.

Er ist es, der nun über die breite Schulter zum Eingang blickt und Drango Wade erkennt. Er wendet sich sofort und ruft scheinbar erschrocken: »Ein Geist, ein Geist ist gekommen! Seht doch, Jungs, da kommt ein Geist zur Pumaspucken-Tränke!«

Sie wenden sich alle um, lehnen mit aufgestützten Ellenbogen an der Bar und grinsen ihn an.

»Nein, der lebt noch richtig«, ruft Rusty. »Den haben die Apachen noch nicht erwischen können. Heiliger Rauch, o Vater im Himmel, dass wir ihn noch mal wiedersehen …«

Santiago und Stacy sagen nichts, grinsen nur.

Der Wirt hinter der Bar aber – sein Name ist Bill Garretter – spricht fast feierlich:

»Halleluja, es ist einer gekommen, der eure Zeche bezahlen wird. Also macht eure Gläser leer, damit wir aufs Neue die Luft rauslassen können!«

Und so nehmen sie die halb leeren Gläser und prosten Drango zu: »Willkommen im Reich der Guten und Edlen, du Mann aus dem Jenseits!«

Santiago ruft es begeistert. Sie leeren die Gläser, indes er zu ihnen tritt.

Dann aber rümpfen sie die Nase.

»Könnt ihr es riechen? Er stinkt wie ein Apache!«

Rusty stellt es fest.

Sie wollen lachend losbrüllen, doch dann fällt ihnen wieder ein, was sie schon fast vergessen hatten, weil es vor Monaten geschah.

Und so schweigen sie betroffen wirkend und betrachten ihn ernst und forschend.

Er aber spricht scheinbar ruhig und gelassen, obwohl es in seinem Kern ganz anders aussieht: »Ihr braucht es mir nicht zu sagen, denn ich weiß es schon. Ja, ich möchte mich mit euch besaufen, bis uns die Pumaspucke aus den Ohren herausgelaufen kommt. Oder habt ihr keine Lust?«

Sie nicken heftig.

»Ja, wir werden dir beim Vergessen helfen«, verspricht Latigo.

Und keiner nennt den Namen von Kim Garfield.

Der Wirt Bill Garretter füllt die Gläser, auch eines für sich.

Und als sie die Gläser geleert haben und bevor Bill Garretter sie abermals füllen kann, da hören sie draußen auf der Hauptstraße den trommelnden Hufschlag einer Mannschaft, die im Galopp in die Stadt gejagt kommt, obwohl das verboten ist. Und sie hören die wilden Schreie dieser Reiter.

Der Wirt hinter der Bar spricht bitter: »Du lieber Vater im Himmel, beschütze uns vor allem Übel. Jungs, geht hinten hinaus. Das ist die Bar-X-Mannschaft, und die will euch fressen wie rohes Fleisch. Das hat sie euch angedroht vor drei Wochen. Geht hinten hinaus, verdammt!«

Aber die fünf so unterschiedlichen Freunde rühren sich nicht von der Stelle.

Und Drango fragt: »Was liegt da im Salz?«