G. F. Unger Sonder-Edition 158 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 158 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

G. F. Unger
Der Wolf von Golden City

Die Gier nach Beute machte George Prouster, den ungekrönten König der Goldgräber- und Minenstadt, die sich Golden City nannte und nichts anderes war als ein modernes Babylon in den Bergen, blind. Er war der mitleidloseste Wolf, den man sich denken konnte, und hatte es längst verdient, dass ihm jemand ein Stück von seinem stolzen Fell abzog.
Diese Zeit kam, als er sein Wolfsrudel auf Ty Cane hetzte. Er ahnte nicht, dass seine Männer gegen den gefährlichen Einzelgänger keine Chance haben würden ...

Lesen Sie in der G.F. UNGER SONDER-EDITION erstmals die Leih- und Taschenbücher des großen Western-Autors in einer 80-seitigen, ungekürzten Romanheft-Fassung!

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Wolf von Golden City

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7681-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Wolf von Golden City

Als sie die tausend Lichter von Golden City in der Nacht erblicken, halten sie an und betrachten schweigend das große Goldgräber- und Minencamp.

Der alte Mann wendet sich an das Mädchen. »Das ist es. Und George Prouster ist dort der große Boss. Einst hat er mich reinlegen können, und deshalb ist er mir noch etwas schuldig. In einer Stunde werde ich mich revanchieren. Bell, wir landen jetzt den großen Coup, und du weißt ja, was du zu tun hast. Wir haben alles immer wieder genau durchgesprochen. Der Plan ist gut. Wir werden reich ohne viel Mühe. Und Gewissensbisse brauchst du dir nicht zu machen. George Prouster ist der mitleidloseste Wolf, den du dir denken kannst. Er hat längst verdient, dass ihm jemand ein Stück von seinem stolzen Fell abzieht. Also reite voraus, Mädchen, damit sie uns nicht zusammen ankommen sehen. Ich warte hier noch eine halbe Zigarrenlänge.«

Das Mädchen neben ihm im Sattel des etwas kleineren Pferdes erwidert vorerst nichts. Es ist wie ein junger Bursche gekleidet. Es sitzt locker im Sattel, so als hätte es das Laufen und das Reiten zu gleicher Zeit erlernt.

»Na schön, Onkel Jones«, sagt sie nach einer Weile. »Nachdem ich dich nicht davon abbringen konnte, will ich dir helfen bei deinem Coup. Ja, ja, ich glaube dir, dass George Prouster dir etwas schuldig ist. Aber es ist wohl so, dass ein alter Fuchs einem Wolf ein Stück Beute wegnehmen will. Das könnte dir schlecht bekommen, Onkel Jones. Pass nur gut auf dich auf.«

Nach diesen Worten reitet sie vorwärts, genau auf die Goldgräber- und Minenstadt zu, die sich Golden City nennt und nichts anderes als ein modernes Babylon in den Bergen ist.

Jones Hackberry sieht seine Nichte vor sich auf dem Wagenweg in Richtung Stadt immer kleiner werden und zwischen all den Fußgängern, Reitern und Fahrzeugen verschwinden.

Sie könnte sich auch ohne mich behaupten, denkt er nicht ohne Stolz. Oha, sie gehört nicht zu der Sorte, die sich nur in den Tingeltangels über Wasser halten könnte. Nein, Bell würde sich überall durchsetzen.

Er zündet sich eine Zigarre an. Es ist die letzte, die er schon etwas zerdrückt und beschädigt aus dem Etui zum Vorschein bringt.

Aber sie schmeckt ihm.

Er denkt immer konzentrierter an George Prouster, stellt sich ihn immer wieder vor, erinnert sich an seine Stimme, an viele andere Einzelheiten, die zusammen den ganzen Mann ergeben, einen Mann, der wie ein erfahrener, narbiger, schon grau gewordener Wolf ist und immer noch so gefährlich.

Indes Jones Hackberry die Zigarre raucht, ziehen nur einen halben Steinwurf entfernt auf dem Wagenweg immer noch Fußgänger und Reiter vorbei, dazu Fahrzeuge verschiedenster Art. Der Strom reißt nicht ab.

Das ist jeden Abend so. Von all den Claims und Camps, Minen und von dort, wo an den Creeks die Stampfwerke und Erzmühlen stehen, ziehen die Männer nach Golden City. Sie sind durstig nach allen Dingen, nach denen Männer sich sehnen, also nach Wärme, Freundlichkeit, Geselligkeit – dem Lachen von Frauen. Ja, sie werden sich auch Liebe kaufen oder das, was sie dafür halten. Und sie werden spielen, sich betrinken, raufen und lärmen. Und gegen Ende der Nacht werden sie sich müde auf den Heimweg machen, um nach Sonnenaufgang wieder zu schwitzen bei der Suche nach dem Gold.

Jones Hackberry weiß das alles. Er kennt die Welt. Einst war er ein berühmter Artist. Er wirft die halbe Zigarre weg und macht sich auf den Weg zu George Prouster.

Und er denkt an die Worte seiner Nichte: »Aber es ist wohl so, dass ein alter Fuchs einem Wolf ein Stück Beute wegnehmen will. Das könnte dir schlecht bekommen, Onkel Jones. Pass nur gut auf dich auf.«

Das waren ihre Worte.

»Und wie ich auf mich aufpassen werde und wie … », sagt er grimmig und entschlossen zugleich.

George Prousters Blick ist immer noch so offen und fest und sein Lachen hört sich immer noch so herzlich und ehrlich an wie früher.

Und auch der Händedruck ist von der Art der redlichen Burschen.

Er sagt: »Schön, dich mal wiederzusehen, Jones. Ich habe mich manchmal an dich erinnert und mich dann stets gefragt, wie es dir wohl gehen mochte. Auf unserer Welt verliert man sich manchmal schnell aus den Augen, nicht wahr? Kann ich etwas für dich tun? Du siehst nicht gerade besonders nobel aus. Brauchst du einen Job? Ich habe in einem meiner Spielsaloons gewiss einen Rouletttisch für dich mit Beteiligung am Gewinn. Recht so?«

Jones Hackberry setzt sich unaufgefordert in den bequemsten Sessel des noblen Zimmers, von dem aus George Prouster die Geschichte von Golden City lenkt.

»Es war schwer, zu dir vorzudringen, George«, sagte Hackberry. Er legt seine Hände gefaltet auf den Bauch, streckt die Beine von sich und beginnt die Daumen zu drehen.

Die beiden Satteltaschen, die er mitbrachte, liegen neben ihm auf dem recht kostbaren Teppich.

»Du solltest mir einen guten Whisky und eine gute Zigarre anbieten, George«, redet er weiter. »Denn ich bin gekommen, um mit dir ein Geschäft zu machen ein großes Geschäft.«

Sie betrachten sich und es wirkt so, als beschnupperten sich ein alter, schlauer Fuchs und ein erfahrener Wolf.

George Prouster trägt einen Maßanzug. An ihm wirkt alles gepflegt, solide, seriös. Wer ihn so sieht, der kann ihn sich nicht dreckig und stinkend vorstellen, auch nicht voller Läuse und Flöhe nach einem langen Winter in einem Indianerzelt.

Prouster ist immer noch prächtig proportioniert. Trotz seiner grauen Haare wirkt er in seinen Bewegungen jugendlich. Seine Zähne sind noch makellos. Nur die Narben im Gesicht verraten, dass sein Leben gewiss nicht immer friedlich verlaufen ist.

Seine etwas schrägen Augen haben eine grüngelbe Farbe und sie sind es, die fast immer das Gegenüber beherrschen.

Jones Hackberry ist älter, grauer, kleiner, ein Mann, der seine besten Jahre hinter sich hat.

Als er hereinkam, hinkte er leicht.

Schließlich murmelt Prouster: »Ich mach nur noch große und lohnende Geschäfte. In welcher Größenordnung würde sich denn unser Geschäft etwa bewegen. Na?«

Er fragt es gönnerhaft, dabei schon die Grenze deutlich aufzeigend.

Aber Jones Hackberry grinst mit seinen braunen Zahnstummeln. Sein Gesicht wird noch faltiger. Doch es wirkt triumphierend. Und dies wieder erzeugt in George Prousters Kern Warnsignale.

Oha, Prouster hat noch niemals einen Mann unterschätzt, selbst dann nicht, wenn er ihn eigentlich für einen kleinen Pinscher hielt.

»Na, die Größenordnung?«, fragt Jones Hackberry zurück. »Nun, sagen wir mal fünfzigtausend Dollar. Die müsste ich von dir bekommen. Dann kämen wir zu einem Abschluss. Na?«

Die Warnsignale in Prouster werden stärker. Ja, nun sagt ihm sein Instinkt ganz deutlich; dass eine Gefahr auf ihn zukommt.

»Gib mir erst von deinem guten Whisky und eine deiner vorzüglichen Zigarren«, verlangt Jones Hackberry. »Bei fünfzigtausend Dollar Geschäften sollte man mit den Spesen nicht so knickrig sein. Nicht wahr?«

Georg Prouster macht den Eindruck, als habe er eine Kröte schlucken müssen.

Aber dann schnauft er wie ein Mann, der damit zugleich warnend sagen will: »Nun gut, dies will ich noch tun. Doch dann wird meine Geduld am Ende sein, und das schreib dir hinter deine Segelohren, Jones Hackberry!«

Sie schweigen.

Dann prostet Hackberry dem Boss von Golden City zu, und leert das Glas.

»Der ist wirklich gut«, sagt er. »Das ist der richtige Besiegelungstrunk für unser Geschäft. Und nun zur Zigarre … Aaah, was kostet das Stück? Einen Dollar? Nobel, nobel! Ja, am Whisky und den Zigarren erkennt man den erfolgreichen Geschäftsmann. Aber du brauchst gar nicht so ungeduldig zu schauen, alter Freund und Partner. Ich komme zur Sache, sobald die Zigarre richtig brennt. Bei solch einer Zigarre dauert das seine Zeit. Das ist eine geradezu heilige Handlung. Für einen Dollar das Stück … Du lieber Vater im Himmel, dass ich dies noch erleben darf für einen Dollar das Stück …«

George Prouster setzt sich halb auf die Ecke seines mächtigen Schreibtisches, dessen Transport hier in die Berge ein Vermögen gekostet haben muss. Er lässt ein Bein lässig baumeln und wirkt gelassen.

Doch Jones Hackberry kennt ihn gut genug. Er weiß, dass er seinen Triumph nicht zu lange auskosten darf.

Er raucht nur drei Züge.

Dann öffnet er eine der Satteltaschen, entnimmt dieser einen hühnereigroßen Steinbrocken und wirft ihn Prouster ohne jede Warnung zu.

Doch Prousters Reflexe sind bestens. Er fängt das Ding lässig.

Dann wiegt er es in der Hand und betrachtet es schließlich genau. Er geht damit sogar hinter den Schreibtisch und kratzt mit einem Messer an dem Steinbrocken, der allerdings keiner ist.

Schließlich sieht er Hackberry an und fragt: »Wo?«

Aber Jones Hackberry grinst nur.

»Na, warum kommst du her und zeigst mir das?«, will Prouster knirschend wissen. Hackberry aber hält ihm rauchend das leere Glas hin.

»Solch einen Whisky werde ich mir auch bald leisten können«, sagt er dabei. »So oder so kann ich ihn mir bald leisten. Was glaubst du, George?«

Dieser kommt mit der Flasche und füllt das Glas. Er gießt es doppelt so voll wie zuvor. Vielleicht hofft er, dass der Whisky Hackberry die Zunge löst.

Aber Hackberry hat jetzt listig glitzernde Augen. Er nippt nur an dem bernsteinfarbenen Stoff, grinst dann wieder.

»Deine Geschäfte hier, George«, spricht er dann, »würden aber schnell schlechter gehen, wenn es etwas leerer würde in diesem Land rings um Golden City, nicht wahr? Stell dir vor, wenn all deine Lokale, die Tingeltangels, die Spielhallen, die Freudenhäuser und was sonst noch alles dir gehört oder an dich Beteiligungen zahlt, nur noch zur Hälfte gefüllt wären oder sogar nur zu einem Drittel! Stell dir vor, was dann wäre. Ja, kannst du dir das vorstellen?«

George Prousters schräge Augen werden schmal.

»Willst du mir Angst machen, Jones?«, fragt er scheinbar lässig. Doch in seinen Augenschlitzen glitzert es nun gelb.

»Ach«, sagt Hackberry, »wir waren doch mal vor vielen Jahren als Artisten gute Partner am Trapez. Weißt du noch? Und dann die Jahre danach. Aaah, es täte mir Leid, wenn Golden City plötzlich so leer sein würde wie mein Geldbeutel. Dabei ließe sich das mit meinem Geldbeutel schnell ändern. Ich brauche mit den Erzproben nur zum Claimbüro zu gehen und das Ding zum Laufen zu bringen. Noch in dieser Nacht wären Hunderte unterwegs zu den neuen Fundstellen morgen sogar schon Tausende. Nur die guten Claims und Minen hier würden in Betrieb bleiben. Die vielen anderen Claims, auf denen man in zehn oder zwölf Stunden harter Arbeit nur für wenige Dollars Gold herausholt, wären rasch verlassen. Denn die neuen Fundstellen würden größere Chancen versprechen. Deine Stadt hier, George, brächte nicht mehr viel Gewinn. Sie wäre nicht mehr viel wert. Sehe ich das richtig?«

George Prouster nickt und betrachtet nochmals den Erzbrocken.

Dann erhebt er sich, kommt hinter dem Schreibtisch hervor und tritt zu Hackberry, beugt sich nieder zu diesem und stützt sich rechts und links auf die Lehnen des Sessels.

»Seitdem ich dich damals am Trapez nicht halten konnte als Fänger nach deinem doppelten Salto und du in die Manege stürztest, habe ich immer deinen Hass gespürt, Jones«, murmelt er. »Und ich wusste immer, dass du mich auch mal gern sehr tief fallen sehen würdest. Richtig?«

»Richtig, George«, erwidert Hackberry und sieht zu ihm auf ohne Furcht.

Prouster nickt langsam. »Aber George«, sagt er schließlich, »du weißt doch genau, wie einfach das ist für mich. Meine Jungens brauchen dir nur ein wenig die Haut abzuziehen oder dich mit den Füßen nach Indianerart in ein Feuer zu legen. Dann erzählst du alles, was ich hören möchte. Oder zweifelst du wirklich daran?«

»Nein, daran nicht«, pflichtet ihm Hackberry bei. »So viel könnte ich gewiss nicht ertragen, wenn deine harten Jungens mich erst mal haben und klein machen. Nein, ich hielte das wirklich nicht aus. Aber da ist noch etwas, was du wissen solltest, George. Ich hab einen Partner. Den aber kennt ihr nicht. Und wenn mir etwas zustoßen sollte, wenn mich mein Partner zum Beispiel in der nächsten Stunde nicht umherspazieren sehen sollte, nun, dann wird er in irgendeinem Saloon auf einen Tisch springen, seine Goldbrocken zeigen und in die Gegend brüllen, wo er das Zeug gefunden hat. Es ist zweihundert Meilen weit weg von hier. Du müsstest deine ganze Stadt verlegen, zumindest jedoch dort eine neue bauen. Das alles kannst du dir sparen. Und das müsste dir fünfzigtausend Dollar wert sein, nicht wahr? Überleg doch mal, mein Guter.«

Er nippt wieder am Glas. Dann beugt er sich zur Seite und stellt es auf den Schreibtisch. Wieder faltet er die Hände über dem Bauch und dreht die Daumen.

»Ich habe dich«, sagt er zufrieden. »Diesmal hab ich dich. Weißt du, ich könnte vielleicht auch auf der Fundstelle aus meinem Entdeckerclaim fünfzigtausend rausholen. Doch was für eine Arbeit würde das machen. Überdies ist das Gebiet auch ziemlich unzugänglich. Es gäbe keine Zivilisation bis zum nächsten Frühjahr. Es wäre ja alles so schrecklich primitiv, so wie vor mehr als zwei Jahren hier. Ich habe auch gar keine Zeit mehr zu verschenken. Also, gib mir fünfzigtausend für die Gefälligkeit, dass in dieser Stadt niemand etwas von den neuen Fundstellen erfahren wird und hier alles so bleibt, wie es jetzt läuft. Dann reise ich bald schon über die Bitter Roots zur Westküste. Ich bin alt geworden und möchte keinen einzigen Tag länger fern der Zivilisation leben. Und selbst Golden City ist mir noch zu mies, zu primitiv, zu stinkend. Na, hast du es dir überlegt? Du hast nicht mehr viel Zeit. Du musst fünfzigtausend Dollar rausrücken oder du wirst hier einen neuen Goldrun erleben, der die große Hammelherde, der du die Wolle scherst, in eine andere Gegend lockt. Es gab hier in den letzten Monaten keine weiteren Funde mehr. Viele Leute wären schon weg, wüssten sie nur, wohin. Das weißt du alles genau, mein Guter. Ich hab dich in der Klemme. Und wenn mir etwa zustoßen sollte, wird mein Partner handeln. Mein Tod nützt dir nichts. Im Gegenteil.«

Er verstummt wie ein Mann, der alles gesagt hat.

In seinen Augen funkelt es hart und entschlossen.

George Prouster denkt mit fast geschlossenen Augen nach.

Ja, vor vielen Jahren gehörten sie zu einer berühmten Artistengruppe, die am Trapez arbeitete. Er war der Fänger, und einmal konnte er den Flieger Jones Hackberry nicht halten. Dadurch wurde Hackberry berufsunfähig. Und weil er nicht bei der Truppe bleiben konnte, verlor er auch jede Chance auf Stella. Stella gehörte bald schon ihm, George Prouster. Dies alles fällt ihm wieder ein. Seitdem sind viele Jahre vergangen. Inzwischen brach hier der Goldrun aus, und nun trafen sie sich wieder, und Hackberry will ihm ein Stück Fell abziehen.

Fünfzigtausend Dollar!

So viel wirft eine gute Goldmine nach Abzug der Unkosten vielleicht in einem halben Jahr ab. Prouster rechnet, wie viel Monate er Golden City in Betrieb halten muss, um diesen Reingewinn zu haben. Gewiss, er macht hier viel Geld. Doch er muss auch viele Leute bezahlen. Auf seiner Lohnliste steht zum Beispiel der Revolverheld Harvey Spade, und Spade kostet ihn allein schon mehr als tausend Dollar im Monat.

Nein, so schnell kann er fünfzigtausend Dollar nicht verdienen, wie sich Jones Hackberry das vorstellt.

George Prouster war schon immer ein Mann endgültiger Entscheidungen.

Und so geht er um den Schreibtisch herum, setzt sich und zieht die Schublade auf.

»Ich kaufe dir dein Wissen für dreißigtausend ab und gebe dir jetzt gleich einen Vorschuss von zehntausend«, sagt er.

Doch Jones Hackberry schüttelt den fuchsgesichtigen Kopf.

»Fünfzigtausend sofort«, sagt er. »In großen Scheinen, die ich leicht transportieren kann. Und entscheide dich! Ich muss gleich auf die Straße hinaus, damit mein Partner mich sehen kann und nicht den Goldrun wie einen Präriebrand entfacht. Also!«

Seine Stimme ist zuletzt hart, spröde, erbarmungslos.

»Du hast mich damals zum Krüppel gemacht«, flüstert er tonlos. »Und du konntest mir bald schon Stella wegnehmen. Sie wurde unglücklich bei dir. Ich hätte sie glücklich gemacht. George, heute musst du bezahlen. Ich habe dich in der Klemme.«

Georg Prouster nickt langsam.

Er greift in die Schublade, doch er bringt daraus kein Geld zum Vorschein, sondern einen kurzläufigen Colt.

»Du bist ja verrückt, George«, sagt Jones Hackberry schnell und hebt wie beschwörend seine Hände. »Du kannst mich nicht bluffen. Wenn du mich erledigst, kostet es dich mehr als fünfzigtausend Dollar.«

»Vielleicht«, sagt Georg Prouster ruhig, »aber vielleicht auch nicht. Ich war eigentlich immer ein Spieler, Jones. Du aber, du warst immer ein Narr.«

Nachdem er dies gesagt hat, drückt er dreimal ab. Die Schüsse krachen laut. Doch in der Amüsierhalle nebenan lärmt die Musik.

Prousters Leibwache, die draußen vor der Tür steht, stürzt herein.

»Schafft diesen Narren fort«, sagt Prouster zu den beiden Männern. »Doch durchsucht vor der Beerdigung seine Kleider. Ich will alles haben, was er bei sich hatte, alles. Los, hinaus mit ihm! Er wollte mir fünfzigtausend Dollar stehlen.«

Auch Bell Hackberry hört die Schüsse nicht. Golden City lärmt zu sehr. Das wilde Goldgräber- und Minencamp in den Bergen der Bitter Roots Mountains ist jetzt voll in Betrieb, und es tobt mit all seinen Ausschweifungen wie ein riesenhaftes Untier. Vielleicht ist Golden City ein Geschwür an einem Riesenkörper.

Solche Gedanken jedenfalls sind in Bell.

Sie hat ihr Pferd an eine Haltestange gelenkt, angebunden und ist dann in den Schatten einer Hausnische getreten. Die Männerkleidung ist ihr etwas zu weit, aber das ist gut. So bleibt ihre Figur verborgen. Auch der Hut ist ihr etwas zu groß. Er verbirgt die langen Haare und lässt ihr Gesicht noch kleiner und schmaler erscheinen.

Sie wartete hier bereits länger als eine Stunde. Sie behielt den Eingang fortwährend unter Kontrolle, obwohl ihr nichts vom Leben und Treiben auf der Straße entging.

Aber Onkel Jones kam nicht mehr zum Vorschein auch nicht nach reichlich einer Stunde.

Sein Pferd steht verlassen an der Haltestange zwischen anderen Tieren. Es ist müde und erschöpft. Man sieht ihm den langen Zweihundert Meilen Ritt an. Auch die große Gepäckrolle hinter dem Sattel lässt erkennen, dass der Besitzer dieses Pferdes nicht aus unmittelbarer Nähe nach Golden City geritten kam.

Bells Gedanken jagen sich nun.

Gewiss, Onkel Jones hat ihr genau gesagt, was sie tun soll, wenn er nach einer Stunde nicht mehr zum Vorschein kommt.

Doch sie glaubt nicht mehr, dass Onkel Jones die Entwicklung der Dinge richtig voraussehen konnte. Er war sehr siegessicher und vom Gelingen seines Bluffs überzeugt. Doch er hat sich wahrscheinlich von Anfang an getäuscht.

Sonst wäre er schon herausgekommen, hätte sich zumindest kurz gezeigt. Er wusste ja, dass Bell sonst zum Handeln gezwungen war.