G. F. Unger Sonder-Edition 238 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 238 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Das ist die Geschichte einer gnadenlosen Gold- und Juwelenjagd auf dem Missouri. Es ist die Geschichte zweier Dampfbootkapitäne, die - einst Partner und Freunde - von einer Frau in diese Jagd verwickelt und wegen ihr zu Todfeinden wurden. Es ist die Geschichte einer schönen Abenteuerin und Glücksjägerin, die jeden Mann kalt und berechnend für ihre ehrgeizigen Zwecke einspannte und ausgerechnet am Ziel ihrer Wünsche gezwungen war, eine folgenschwere und nie für möglich gehaltene Entscheidung zu treffen...


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Seitenzahl: 187

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Steamboat Ritter

Vorschau

Impressum

Steamboat Ritter

In jener Zeit damals, als General Lee in Appomattox die Kapitulation des Südens unterzeichnete, wurden in den nördlichen Rockys – also in Montana – riesige Goldfunde gemacht. Der Goldrausch brach aus, und dieser Goldrausch war um so gewaltiger und schlimmer, als es nach dem Krieg sehr viele Menschen gab, die alles verloren hatten und völlig neu anfangen mussten.

Der ganze Süden war verarmt. Die Sklaverei war verboten. Und so machten sich Menschen aller Sorten auf den Weg nach Montana, um dort das Glück zu finden.

Fort Benton – einst ein Handelsfort – war der äußerste Punkt am Oberen Missouri, der mit Dampfbooten erreichbar war. Noch im Jahre 1865 hatten einunddreißig Dampfboote diesen Punkt erreicht und luden jede Art von Gütern aus.

Fort Benton wurde eine wilde Stadt mit schäbigen Bars, Tanzhallen und Freudenhäusern. Hier drängten sich entlassene Soldaten und einstige Kriegsgefangene, davongelaufene Lehrer, Ladenclerks, Prediger, Farmer, Excowboys aus dem Süden, Mexikaner, Spieler, Revolverhelden, Banditen und billige Tanz- und Amüsiermädchen.

Von Fort Benton aus gingen Post- und Frachtlinien zu den Goldgräber- und Minencamps, welche wilde Städte waren. Das große Problem war damals für die Goldgräber und Minengesellschaften, ihre Goldausbeute sicher zur Schiffslandestelle bei Fort Benton und dann den Fluss hinunter bis nach Saint Louis zu bringen. An Bord dieser kleinen Dampfboote befand sich besonders im Herbst oft genug Gold im Wert von mehr als einer Million Dollar.

Die Banditen warteten nur darauf, und sie ließen sich eine Menge einfallen, um den großen Coup landen zu können.

G.F. Unger

Als Robin Monyhan die Lichter von Fort Benton in der Nacht erkennt, flucht er wie ein Mann, der das Schlimmste hinter sich hat und dankbar ist, dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein.

Auf seinem stolpernden Indianermustang erreicht er bald schon die wilde Stadt am Endpunkt der Schifffahrtslinien und überlegt, wo er jetzt in der Nacht Blake Scotthunter wohl finden könnte.

Aber da gibt es wahrscheinlich nur eine Möglichkeit.

Er reitet bald darauf in den Hinterhof von Beas Spielhalle und sagt dem Wächter, der hier mit einem abgesägten Schrotgewehr aufpasst, dass niemand die abgestellten Pferde und Wagen stiehlt und auch nicht so ohne weiteres durch die Hintertür in die noble Spielhalle kann: »He, Charly, kümmere dich ein wenig um den Gaul. Gib ihm gutes Futter.«

»Aber das ist doch nur ein verdammter Indianermustang«, sagt Charly. »Der kennt doch gar kein gutes Futter. Meinst du Hafer und Kleie?«

»Es kann auch Mais sein.« Robin Monyhan grinst und geht zur Hintertür. Dort hält er nochmals inne und sagt: »Der Gaul hat mir den Skalp gerettet. Aber sag es keinem, Charly. Sonst wird dir Bea Mitshel den Kopf abreißen. Ich bin gar nicht hier.«

Er geht hinein.

Der Wachmann aber führt das Pferd hinüber zum halb offenen Schuppen, in dem bevorzugte Pferde von besonders wichtigen Gästen stehen und gut versorgt werden.

Robin Monyhan betritt bald vom Gang aus Bea Mitshels privates Zimmer. Da er nicht anklopft, überrascht er Bea Mitshel und Blake Scotthunter mitten in inniger Umarmung und einem langen Kuss, der ihnen beiden offensichtlich den Atem nahm.

Als sie sich bei seinem Eintritt voneinander lösen, verwandelt sich ihr bisher so glücklicher Gesichtsausdruck in wilde Wut.

»Verdammt«, stößt die schöne Bea zornig hervor, »hat man dir nie beigebracht, dass du anklopfen sollst, wenn du in ein fremdes Zimmer willst!«

»Ich werde ihm die Ohren abschlagen«, grollt Blake Scotthunter. »Mit seinem Benehmen ging es die letzte Zeit immer mehr bergab.«

Er setzt sich in Bewegung.

Aber Robin Monyhan hebt die Hände und zeigt ihnen grinsend seine Handflächen.

»Ihr werdet mir noch dankbar sein, werdet richtig jubeln, und Bea wird mich küssen, so wie eben dich, Blake — wenn ihr erst gehört habt, warum ich wiedergekommen bin.«

»Ja, warum bist du plötzlich wieder hier? Du bist doch vor drei Tagen mit der kleinen RIVERCAT stromab gefahren — als Passagier, hahaha!«

Die drei letzten Worte kommen spöttisch aus Blake Scotthunters Mund.

Und das hat seinen Grund.

Denn vor vier Tagen verlor Robin Monyhan seinen Anteil an der DIANA hier in diesem Spielsaloon an die schöne Bea Mitshel.

Er verlor mit einem Vierling in der Hand gegen einen kleinen Flush.

Und seinem Partner Blake Scotthunter schien es sehr recht zu sein, nun die schöne Bea als Partnerin zu haben. Die DIANA aber ist ein prächtiges Dampfboot.

Der Mann und die Frau sehen wachsam auf Robin Monyhan.

Dieser grinst, zeigt blinkend seine weißen Zahnreihen, schüttelt den Kopf mit der blonden Mähne.

»Denkt von mir, was ihr wollt«, sagt er. »Doch ich bin gekommen, um euch zu einer halben Million in Gold zu verhelfen. Wir brauchen nur die wunderbare DIANA, die vor vier Tagen noch zur Hälfte mir gehörte. Und ich brauche dich, Blake, weil du trotz allem ein Bursche bist, auf den ein Mann sich in der Gefahr verlassen kann.«

Nach diesen Worten geht er zu einem Ledersofa und streckt sich darauf aus.

»Zieht mir die Stiefel aus«, verlangt er. »Ich bekomme sie allein gewiss nicht von den Füßen. Ich bin mehr als hundert Meilen auf einem Indianergaul ohne Sattel geritten und musste vorher noch den Krieger umbringen, dem der Gaul gehörte. Die RIVERCAT ist gesunken. Die Indianer haben auch alle Passagiere, die nicht ertrunken sind, umgebracht. Nur ich kam wahrscheinlich davon, weil ich nicht an Land schwamm, sondern bis hinter der Strombiegung unter Wasser blieb, obwohl ich dabei fast ertrank. Habt ihr verstanden? Ich weiß, wo die RIVERCAT liegt — und ich kann mir auch ausrechnen, wo die vielen Leichen der Männer angetrieben wurden, die wegen der mit Gold gefüllten Taschen und Gürtel untergingen wie Steine. Ich weiß auch, wo an Bord der RIVERCAT das Gold verwahrt wurde. Ich nehme euch — weil ihr die DIANA habt und ich mich auf Blake in Gefahr verlassen kann — zum halben Anteil ins Bergungsgeschäft rein. Na? Zieht mir endlich die Stiefel aus und gebt mir einen Drink.«

Sie verharren noch und staunen ihn an und scheinen das Gehörte noch nicht glauben zu können.

Aber dann werden sie sich darüber klar, dass schon viele Dampfboote hier auf dem Oberen Missouri verloren gingen, besonders an seiner engsten Stelle am Citadel Rock, etwa siebzig Meilen flussabwärts von Fort Benton.

Dort ist der Missouri nur wenig mehr als siebzig Yards breit, die Fahrrinne aber noch viel schmäler wegen der Klippen. Und die Strömung ist oft so tückisch wie ein unvermutet ausschlagendes Maultier — nur noch sehr viel vernichtender in seiner Wirkung.

Blake Scotthunter bewegt sich endlich. Er zieht seinem Expartner tatsächlich die Stiefel aus. Und Bea bringt Robin Monyhan einen Drink. Es ist bester Whisky.

Dann warten sie auf weitere Erklärungen. Sie fragen nichts. Sie warten nur. Aber in ihren Augen ist ein hartes Fordern.

Bea Mitshel ist schön. Ja, man kann sie eine rassige Schönheit nennen mit honigfarbenem Haar und grünen Augen. Doch sie kann auch hart sein, sehr kühl, spröde und voller Berechnung.

Blake Scotthunter ist dunkel, indianerhaft, verwegen, ein Mann mit grauen Augen und einigen Narben im Gesicht.

Und wenn man die Cowboys im Süden als Ritter der Weide bezeichnet, dann müsste man ihn und Robin Monyhan Steamboat-Ritter nennen. Denn auch sie sind verwegene Individualisten. Robin Monyhan sagt dann: »Die RIVERCAT war ja auch nur ein kleines Schiff, nicht größer als die DIANA. Für die Indianer auf dem Citadel Rock war es ganz einfach. Sie hatten einen Scharfschützen, der den Steuermann mit einem einzigen Schuss in den Kopf tötete. Das Boot lief sofort aus dem Ruder, verließ die Fahrrinne und setzte auf die Klippen auf. Es gab einen schlimmen Ruck. Der Kessel explodierte. Schon da gingen viele Passagiere über Bord und ertranken. Die Strömung riss das schwer beschädigte Boot wieder von den Klippen. Indes es immer mehr sank und den heißen Dampf aufsteigen ließ, wurden wir in ruhigeres Fahrwasser getrieben. Am Ufer warteten die Indianer auf alle, die nicht schon ertrunken waren. Ich ließ mich unter Wasser von der Strömung treiben, bis ich fast ohnmächtig war. Als ich hochkam, um Luft zu schnappen, befand ich mich hinter einer Flussbiegung. Ich kroch an Land. Als dann ein Indianer geritten kam, holte ich ihn vom Pferd. Ich schwamm mit dem Tier durch den Strom und machte mich auf den Weg zu euch, meine Lieben. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, dass ich euch zu reichen Leuten mache — oder?«

Er fragt die letzten Worte grinsend.

Blake und Bea sehen sich an.

»Er war schon immer ein edler und nobler Mensch«, sagt Blake schließlich. »Und er liebt uns wie ein Freund, obwohl er dich, Bea, auch noch gerne anders lieben würde.«

»Aber sie hat sich für dich entschieden, wie ich vorhin erkennen konnte«, erwidert Robin Monyhan. »Deshalb bin ich jetzt frei für all die anderen schönen Frauen auf dieser Erde und muss nicht einer einzigen treu sein. Das ist doch auch etwas, oder?«

Er sieht Bea an und entdeckt einen nachdenklichen Ausdruck in ihren Augen.

Dann reicht er ihr das leere Glas zurück, dreht sich auf dem Sofa auf die Seite und schläft von einem Atemzug zum anderen ein.

Sie betrachten ihn, lauschen auf seine tiefen Atemzüge.

»Ja, so ist er«, murmelt Blake schließlich. »Ich glaube, es hat ihn tief getroffen, dass er seinen Anteil an unserem Dampfboot an dich verlor, Bea. Sein Stolz war schlimm verletzt, denn eigentlich wollte er deine Spielhalle und damit dich gewinnen. Er konnte dann nicht länger bei uns bleiben. Als er dich vorhin in meinen Armen sah, hat es ihn gewiss nochmals schlimm getroffen. Bea, ich glaube, er hat sich fürchterlich in dich verliebt.«

»Mehr als du dich in mich verliebt hast?« Sie fragt es geradezu.

Sie spürt, dass er tief in sich hineinlauscht, sich ernsthaft fragt. Denn er mochte ihr eine ehrliche Antwort geben. Sie weiß, dass sie von ihm immer eine ehrliche Antwort erhalten wird. Das schätzt sie so sehr an ihm. Auf ihn ist stets Verlass.

Er erwidert nach einigen Atemzügen. »Vielleicht anders, Bea. Vielleicht lieben wir dich nicht auf die gleiche Art, Bea. Robin tarnt sich zu sehr mit flotten Sprüchen. Er ist sensibler als ich. Vielleicht — wenn du ihn besser und gründlicher kennen gelernt hättest — würde ich keine Chance gehabt haben.«

Sie schweigen dann beide und blicken noch einige Atemzüge lang auf den Schläfer.

Dann verlassen sie Beas privates Zimmer und begeben sich in ihr kleines Arbeitszimmer, von dem aus sie ihre Spielhalle leitet.

»Ich glaube, wir sollten auf seinen Vorschlag eingehen«, murmelt Blake. »Aber du kannst das hier alles in Ruhe abwarten. Wir werden uns holen, was zu holen ist und dann hierher zurück...«

»Nein«, unterbricht sie ihn. »Mein Spielsaloon läuft auch ohne mich. Ich habe gute Leute. Und Pete Finch, der alte Spieler, der mir ein guter Onkel ist, wird das Lokal in meinem Sinne leiten, sauber und fair. Ich will mit. Vergiss nicht, dass ich auf einem Flussboot geboren wurde und bei meinem Vater einst als Steuermannsgehilfe auf seinen Dampfbooten mitfuhr. Mein ganzes Leben bin ich auf dem Strom gefahren, bis mir die verdammten Yanks im Krieg die LUSIANAS wegnahmen.«

Blake nickt.

»Ja, ich kannte die LUSIANAS. Warum eigentlich hieß sie nicht LOUISIANA? Oder hatte der Name nichts mit dem Südstaat zu tun?«

»Nein«, erwidert Bea. »Der erste Eigner des Schiffs hieß so. Aber wir sollten nicht vom Thema abschweifen. Wenn wir für Robin fahren, dann fahre ich mit. Basta!«

Er grinst sie an.

»Wir fahren nicht für Robin, sondern mit ihm. Die ganze Sache macht uns zu Partnern, denn wir sind die Schiffseigner, er aber brachte als seinen Anteil die Coup-Chance und sein Wissen in unsere Partnerschaft ein. Und pass nur auf, Bea. Eines Tages spielt er noch mal mit dir um alles oder nichts. Und Revanche bist du ihm schuldig — oder?«

Sie presst die Lippen zusammen und nickt dann stumm.

Die DIANA ist ein kleines, doch sehr starkes Dampfboot, knapp über dreißig Yards lang und ausgerüstet mit zwei starken Maschinen, die Dampf von zwei Hochdruckkesseln erhalten.

Auf dem Kabinendeck gibt es zwei Reihen Kabinen, dazwischen befindet sich der Saloon. Man kann von den Kabinen aus also in den Saloon, aber zur anderen Seite hinaus auch auf Deck und an die Reling gelangen.

Vor den Kabinenaufbauten ragt das Ruderhaus empor.

Auf dem Hauptdeck ist vorn und achtern je eine Haubitze montiert. Und vor allem deshalb ist das kleine Dampfboot etwas Besonderes.

Die Besatzung der DIANA besteht nur aus sieben Mann, nämlich zwei Heizern, die zugleich Maschinisten sind, dem Bootsmann und vier Decksmännern. Einer dieser Decksmänner ist ein Chinese, der mal Pirat im Chinesischen Meer war. Ein zweiter Mann ist schwarz wie die Nacht. Als Sklave gehörte er einst einem Weißen, der ihn als Preiskämpfer am Mississippi zwischen New Orleans und Saint Louis kämpfen ließ.

Es ist grauer Morgen, als Bea Mitshel, Robin Monyhan und Blake Scotthunter an Bord gehen. Die Maschinisten haben schon vor zwei Stunden Feuer unter die Kessel gemacht. Mehrmals schon ließen sie Dampf ab.

Die DIANA legt sofort ab und dampft den Strom hinunter. Die genau sechsundsiebzig Flussmeilen bis zum Citadel Rock wird sie stromabwärts in weniger als zehn Stunden bewältigen, obwohl der Strom zur Zeit Niedrigwasser führt und manchmal höchstens noch ein Yard tief ist. Nur dort, wo hinter Landzungen die Strömung dreht und sich Strudel bilden, sind manchmal sechs Yards tiefe Löcher von bis zu zwanzig Yards Durchmesser, in deren Tiefen gewaltige Fische stehen.

Robin Monyhan, der immer noch nicht genug geschlafen hat, legt sich im Ruderhaus auf das Ledersofa und schläft weiter.

Bea Mitshel aber, die beweisen will, dass sie Dampfboote steuern kann, kommt bald ins Ruderhaus herauf. Sie trägt Hosen wie ein Mann, eine grüne Hemdbluse und eine Lederweste. »Jetzt lass mich mal ans Ruder«, verlangt sie von Blake.

Dieser zögert nur kurz. Dann macht er ihr den Platz am Ruderrad frei.

Seine Sorgen schwinden schnell. Denn Bea kennt sich tatsächlich aus mit Schiffen. Sie erkennt auch genau die kritischen Stellen im Fluss an der Wasserfärbung, an den Strudeln und der Strömung.

Ja, sie ist erfahren auf dem Strom.

Blake weiß es eine halbe Stunde später, und so verlässt er sie, um das Schiff noch einmal zu inspizieren und der Mannschaft zu sagen, um was es geht. Er wird den Männern prozentuale Anteile am Gewinn zusagen müssen. Es wäre einfach ungerecht, ihnen nur normalen Lohn zu zahlen, wenn sie mithelfen, eine Million in Gold zu bergen.

Als er verschwunden ist, regt Robin sich auf dem Ledersofa an der Wand des Ruder- und Kartenhauses. Er erhebt sich und tritt neben Bea.

Einen Moment dreht sie den Kopf und sieht zu ihm hoch mit einem kritisch prüfenden Blick. Dann aber muss sie sich wieder voll nach vorn konzentrieren, auf Wasserfärbung, Strudel und Strömung achten.

Er fragt: »Was gefällt dir an ihm besser als an mir?«

»Ach«, erwidert sie, »eigentlich seid ihr euch ähnlich wie Brüder. Der Unterschied ist nur der, dass er mich nicht kleinmachen wollte, indem er mir die Spielhalle abgewann. Das ist es, was du falsch gemacht hast, Robin. Du wolltest meine totale Abhängigkeit von dir. Solchen Burschen habe ich schon immer mit aller Kraft vor die Schienbeine getreten. Du verdammter Narr wolltest alles oder nichts.«

»Das will ich immer«, erwidert er ein wenig rau. »Und du meinst, Blake lässt dir alle Freiheit, wie ein Kater einer Katze? Ihr kommt nur dann und wann in einem Bett zusammen — aber sonst...«

»O du Narr«, unterbricht sie ihn, »du verstehst nichts von Frauen meiner Sorte, gar nichts.«

»Und Blake versteht was?«

»Richtig«, erwidert sie. »Ich sage es dir nochmals: Dir ging es mit uns nicht schnell genug. Deshalb wolltest du mich kleinmachen, mir die Spielhalle abgewinnen und mich von dir abhängig machen. Doch ich habe...«

»Oha, ich weiß genau, was du getan hast«, unterbricht nun er sie.

Sie blickt wieder von der Seite her zu ihm empor.

»He, du hast mit einer merkwürdigen Betonung gesprochen. Wie meinst du deine Worte?«

»Das hast du gewiss genau begriffen.« Er grinst auf sie nieder. »Du hast deinen Flush, mit dem du meinen Vierling schlagen konntest, mit Hilfe eines Zauberkunststücks in die Hand bekommen. Ich war zu nobel, dich dabei erwischen zu wollen. Da überließ ich dir lieber meinen Anteil an der DIANA. Was sind schon zwei- bis dreitausend Dollar? Mehr ist die Hälfte der DIANA nicht wert. Aber ich war sehr enttäuscht von dir, Süße. Ja, du hast mir kräftig vor die Schienbeine getreten. Aber das wird Blake nie passieren. Denn er lässt dir deine persönliche Freiheit. Der besteht nicht darauf, dass ihr auch außerhalb des Bettes ein Herz und eine Seele seid.«

Er tritt von ihr weg und legt sich wieder auf das Ledersofa.

Sie schweigt eine Weile, weil der Ruß nun ihre vollste Konzentration verlangt.

Doch dann sagt sie über die Schulter zu ihm zurück: »Robin, ich würde dich immer wieder betrügen, wenn du mich kleinmachen willst, immer wieder bis in die Hölle und zurück.«

Aber er gibt ihr keine Antwort. Er scheint schon wieder zu schlafen.

Es ist zehn Stunden später, als sie die Engstelle bei Citadel Rock passieren und dabei scharf nach Indianern Ausschau halten, besonders nach jenem Scharfschützen, der den Steuermann der RIVERCAT in den Kopf traf.

Doch nichts regt sich auf dem steilen Felsen oder unten am Ufer, gar nichts.

Robin Monyhan steht nun am Ruder und gibt die Befehle durch den Sprachschlauch zur Maschine hinunter.

Die DIANA verlässt die Strommitte und gelangt in das stille Wasser einer Bucht. Die Strömung dreht weiter flussabwärts von einer Landzunge in die Bucht und wird in dieser zu einer leichten, kaum erkennbaren Gegenströmung, die weiter oberhalb wieder hinausdreht.

Als sie sich durch das seichte Wasser der Bucht schieben, bis der Kiel der DIANA sachte den Grund berührt, da sehen sie drüben die ersten Toten. Sie wurden an Land geschwemmt.

Die Indianer machten sich nicht die Mühe, an den Steilufern hinunter bis zum Wasser und zu den Toten zu klettern.

Robin verlässt das Ruderhaus, nachdem er Bea heraufgerufen hat.

Dann springen die meisten Männer der DIANA von Bord. Das Wasser reicht ihnen nur bis zu den Bäuchen, nicht einmal bis zu den Gürteln.

Sie waten hinüber, und dort, wo die Leichen liegen, reicht ihnen das Wasser nur wenig bis über die Fußknöchel. Der Fluss ist in den vergangenen Tagen noch um einige Zoll gesunken.

»Also«, sagt Robin laut genug. »Wir nehmen ihnen nicht nur die Goldgürtel und die Goldbeutel aus den Taschen, nein, wir werden sie auch wie Christen beerdigen. Wir sind keine Leichenfledderer. Sie würden uns ihr Gold gönnen, wenn sie wüssten, dass wir sie in der Erde bestatten und nicht im Fluss verfaulen lassen.«

Die Männer sagen nichts. Sie knurren und brummen nur.

Aber sie sind seiner Meinung. Und jeder sagt sich, dass es schade um das Gold wäre, würden sie es nicht bergen. Sie glauben mehr oder weniger, dass sie es sich verdienen, wenn sie den Unglücklichen ein christliches Begräbnis bereiten.

Denn dieses Gold wurde sozusagen herrenlos. Man kennt die Toten nicht. Sie wurden namenlos mit ihrem Tod. Und selbst wenn einer von ihnen irgendwelche Papiere in seinen Taschen hätte, Briefe, Ausweise, Entlassungspapiere aus der Armee oder der Gefangenschaft, wären diese längst aufgeweicht, wäre die Tinte verlaufen, die Schrift unleserlich geworden.

Das Gold der Toten wurde also herrenlos.

Und es sind viele Tote, die sie in den Buchten finden, wo die sich drehende Strömung sie hineintrieb. Einige dieser Toten wurden wahrscheinlich durch die Kesselexplosion schon bewusstlos über Bord geworfen, aber die meisten ertranken, weil sie ihr Gold bei sich trugen, entweder in gefüllten Goldgürteln auf dem bloßen Leib oder in Ledersäckchen auf alle Taschen verteilt, manchmal auch beides. Denn sie misstrauten sich alle.

Das Gold zog sie hinunter. Viele waren Nichtschwimmer, und selbst die Schwimmer unter ihnen waren gewiss keine guten Schwimmer.

Einige der Toten haben Schusswunden.

Die Indianer schossen also von den Steilufern auf die wenigen Schwimmer nieder, die sich sonst vielleicht hätten retten können.

Die Männer der DIANA fluchen immer wieder bitter. Vielleicht kommen sie sich irgendwie doch wie Leichenfledderer vor.

Sie fahren mit der DIANA etwa fünf Meilen den Strom abwärts, suchen in allen Buchten und Winkeln des Stromes unter den hohen Steilufern.

Den Indianern war es zu gefährlich, an den Steilufern von oben hinunter zum Fluss zu klettern. Sie begnügten sich damit, das Dampfboot vernichtet zu haben. Und ertrunkene Goldgräber waren für sie keine im Kampf getöteten Feinde. Solche Skalpe brachten keine Ehre.

Als es dunkel wird, kehrt die DIANA dorthin zurück, wo — wie Robin Monyhan behauptet — die zerstörte RIVERCAT auf dem Grunde eines gewaltigen Strudellochs vor einer Landzunge liegen muss.

Sie gehen in dieser Bucht vor Anker. Denn erst bei Tageslicht können sie nach dem zerbrochenen und gesunkenen Schiff sehen.

Die beiden Männer und die Frau sitzen dann oben im Ruderhaus im Schein der Karbidlampe beisammen.

Auf dem Kartentisch liegt all das Gold. Sie haben es aus den Goldgürteln und den Ledersäckchen ausgeschüttet. Nun bildet es auf dem Kartentisch einen Haufen. Im Goldstaub liegen Nuggets aus den sogenannten Goldtaschen oder Goldnestern der Creeks, aber auch Goldbrocken, wie sie aus Goldadern losgebrochen werden. Der Goldstaub aber wurde aus dem Erdreich herausgeschwemmt.

Vor ihnen liegt also die zerstörte Hoffnung all jener Glücksucher, die zwar Gold fanden, doch nicht zuletzt wegen dieses Goldes elend ertranken.

»Welch ein Schatz«, sagt Blake Scotthunter heiser.

»Und im Schiffswrack liegt noch mehr.« Robin Monyhan grinst. »Selbst wenn wir unseren Männern ein Viertel davon abgeben — so wie wir es mit ihnen ausgehandelt haben — sind wir schwerreiche Leute. Im Wrack sind Goldbarren.«

»Und man weiß nicht, von wem?« So fragt Bea.

Robin Monyhan hebt die breiten Schultern, grinst und schüttelt den Kopf.

»Da waren einige Gruppen an Bord«, sagte er. »Von irgendwelchen Minen oder Goldgräbergemeinschaften — vielleicht sogar Banditenbanden. Sie alle brachten Kisten mit Goldbarren mit und sollten sie in Saint Louis an die Banken verkaufen. Diese Kisten befinden sich in den Kabinen. Jede dieser Kabinen war eine bewachte Schatzkammer, versteht ihr?«

Sie nicken. Denn sie können sich das alles gut vorstellen.

Auf den Goldfeldern im Gallatin Valley, in der Last Chance Gulch und anderswo wurde für Millionen von Dollars Gold gewonnen. Das große Problem war dann, dieses Gold an den vielen Banditen vorbei in die Zivilisation zu bringen und dort gegen Geld umzutauschen.

Und so hatten die großen Minen und die Goldgräbergemeinschaften ihre vertrauenswürdigen Goldtransportbegleiter.

An Bord der RIVERCAT waren mehrere solcher Gruppen, außer den einzelnen Goldgräbern, die ihre Ausbeute bei sich trugen.

Die Goldtransporte der großen Gruppen bestanden aus Goldbarren.

Und die meisten Gruppen reisten sogar anonym, um nicht zu verraten, wo die großen Goldfunde gemacht wurden.

»Wir werden die RIVERCAT heben«, sagte Robin Monyhan.