G. F. Unger Sonder-Edition 250 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 250 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als ich nach Santa Rosa kam, ritt ich einen prächtigen Hengst, der unter Freunden gut und gern seine tausend Dollar wert war. Ich hatte ihn selbst gefangen und gezähmt und wollte eine Pferdezucht mit ihm aufbauen. Aber zunächst wollte ich ein Bad, etwas Entspannung, die Nähe einer schönen Frau.
Isabel Fernando war mir von einem Freund empfohlen worden. Ich war gleich hingerissen von ihr. Nur - andere waren das auch, und als ich den Sohn des mächtigsten Mannes am San Pedro River aus ihrem Haus warf, war es aus mit der Erholung. Joel Hickman rächte sich, indem er mir den Hengst raubte und ihm das Brandzeichen der Spanish Bit gab. Das konnte ich natürlich nicht hinnehmen. Mir hatte noch nie jemand ungestraft etwas weggenommen...


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Seitenzahl: 183

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Starretter

Vorschau

Impressum

Starretter

Ich wusste nicht genau, wo die Grenze zwischen Sonora und dem Arizona-Territorium verlief, aber irgendwie führte sie quer durch das San Pedro Valley. Wahrscheinlich hatte ich sie in den letzten Stunden längst schon passiert.

Es war ein hitzeflimmernder Tag, und ich sehnte mich nach einer langen Rast. Ich war nämlich in den vergangenen Tagen und Nächten unablässig geritten, immer nur geritten, um aus Sonora herauszukommen.

Ich saß auf einem prächtigen Hengst. Es war ein besonderes Tier, wie es unter zehntausend gewiss kein zweites gab. Dieser rote Hengst war ein Tausend-Dollar-Hengst, ein einmaliges Tier, das durchaus der »Stammvater« einer berühmten Pferdezucht werden konnte, führte man ihm die richtigen Stuten zu.

Ich hatte den Hengst selbst gefangen und gezähmt.

Na gut, ich besaß also ein Tausend-Dollar-Pferd, und überdies befanden sich noch tausend Dollar in meiner Tasche.

Man kann also sagen, dass ich als erfolgreicher Mann aus Sonora kam.

Denn ein Tausend-Dollar-Pferd und tausend Dollar in der Tasche, das war schon was hier im Südwesten in diesen mageren Zeiten kurz nach dem Krieg.

Als ich in der Ferne die Häuser einer kleinen Stadt erblickte, wusste ich, dass es Santa Rosa war. Der Ort war einst von den Spaniern gegründet worden, die hier eine Mission errichteten, um die Heiden zu bekehren.

Von Santa Rosa hatte ich schon gehört. Auch von der schönen Isabel Fernando, die dort wohnte. Sie sollte was ganz Besonderes sein und nur besonderen Burschen ihre Gunst schenken.

Und ich hielt mich für einen besonderen Burschen.

Ich ritt langsam näher und erinnerte mich das, was mein ehemaliger Partner Jesse Maddegan mir über die schöne Isabel erzählt hatte. Wir waren lange zusammen für einen reichen Don geritten, hatten ihn und seine Familie beschützt und seine entführte Tochter befreit, für die er Lösegeld zahlen sollte.

Jesse Maddegan war dabei so böse angeschossen worden, dass er nach zwanzig Meilen tot aus dem Sattel fiel.

Nun, ich würde Isabel Fernando von ihm grüßen.

Und dann?

Oh, ich war ziemlich sicher, dass ich bleiben durfte. Denn Maddegan und ich, wir gehörten zur selben Sorte. Und eine Frau wie Isabel Fernando würde das sofort spüren.

Ich ritt also mit frohen Erwartungen auf die kleine Stadt am San Pedro River zu. Nicht nur wegen der schönen Isabel, sondern auch, weil ich mich nach einem Bad sehnte, verschwitzt und verdreckt, wie ich war.

Aber diese Isabel Fernando sollte eine wunderschöne Badewanne haben, so ein emailliertes Ding mit bunten Blumen drauf und allem Pipapo.

Während ich mich den ersten Hütten und Häusern näherte, hielt ich Ausschau nach Isabels Haus. Jesse Maddegan hatte es mir genau beschrieben. Ein reicher Don hatte es einst für seine Geliebte errichten lassen. Seitdem war es immer gut erhalten und gepflegt worden mitsamt dem wunderschönen Garten, in dem eine natürliche Quelle sprudeln sollte.

Nun, ich entdeckte also das schöne Anwesen bald schon rechts vom staubigen Wagenweg inmitten von Bäumen und umgeben von einer dichten Hecke.

Und so ritt ich hinüber.

Das weiß angestrichene Holztor stand offen. Deshalb ritt ich bis vor die Veranda. Und hier sah ich Isabel Fernando.

Oh, ich wusste sofort, dass sie es war. Denn Jesse Maddegan hatte sie mir trefflich beschrieben. Er sagte es mit den Worten: »Wenn du sie zu sehen bekommst, dann durchfährt es dich heiß. Du denkst an ein bisher unbekanntes Wunder der Weltgeschichte. Und wenn sie dich ansieht und zu dir spricht, bist du verloren.«

Ja, das sagte Jesse damals zu mir, als wir an einem Campfeuer saßen und uns verdammt einsam fühlten, weil wir nicht wussten, ob wir am nächsten Tag noch leben würden und in Erinnerungen schwelgten, die uns mal das Leben versüßten.

Nun sah ich sie also.

Sie saß in einem bequemen Schaukelstuhl und las ein Buch, das sie bei meinem Heranreiten in den Schoß legte, um mich zu mustern.

O Moses, was für ein Weib!

Dies dachte ich, und es war wie ein Schrei des Staunens in mir. Sie sah aus wie eine spanische Donna, also eine gebildete, stolze und glutäugige Adlige. Und sie strömte dabei etwas aus, was wie das Locken der Sünde war. Als sie mit dem Schaukelstuhl ein wenig zu wippen begann, sah ich ihre Füße bis hinauf zu den Fesseln. Oh, ich wusste sofort, dass alles an ihr makellos war, was ihr Äußeres betraf.

Dann hörte ich ihre dunkle Stimme.

Sie sprach das Englisch einer gebildeten Donna.

»Hallo, Fremder«, sagte sie. »Was führt Sie zu mir?«

Ich zog meinen alten Hut und schwenkte in wie ein spanischer Grande.

Dann sagte ich: »Wenn Sie Donna Isabel Fernando sind, dann bin ich hier richtig Und weil es keine zweite so wunderschöne Frau auf tausend Meilen in der Runde geben kann, muss ich richtig sein. Jesse Maddegan hat Sie mir nämlich beschrieben. Er sagte mir, dass man bei Ihrem Anblick glaubt, der Blitz hatte einen getroffen, und man eine Weile den Atem anhält. Mein Name ist Starretter, John Starretter. Jesse Maddegan und ich waren fast wie Brüder.«

Nach diesen Worten verharrte ich im Sattel meines herrlichen Hengstes und wartete. Ich spürte, wie ihr Instinkt gegen mich prallte und in mich einzudringen versuchte. Dabei starrte sie in meine Augen.

Ich war ein langer, sehniger und hagerer Bursche, dunkel fast wie ein Comanche, mit einigen tiefen Linien im Gesicht. Ja, ich sah hart aus und war ganz sicher kein schöner oder auch nur hübscher Bursche. Doch ich sah wie ein Mann aus. Und noch niemals hatte ich Schwierigkeiten bei Frauen – auch nicht bei den ganz stolzen und scheinbar so unnahbaren. Die waren später sogar die wildesten in meinen Armen.

Ich spürte also ihre Ausstrahlung.

Dann fragte sie: »Jesse Maddegan?«

Ich bewegte bedauernd den Kopf. »Wir müssen allemal sterben«, murmelte ich. »Eine Nacht vor seinem Tode hockten wir an einem Feuer, und er erzählte mir von Ihnen, Donna Isabel.«

Sie sah mir immer noch gerade in die Augen. Dann erhob sie sich mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem Schaukelstuhl und trat zum Rand der Veranda. Sie streckte ihre Hand aus, und mein roter Hengst schnupperte daran wie ein Hund.

Sie sagte: »Ein wunderbares Tier. Aber es trägt noch kein Brandzeichen. Haben Sie da keine Sorge, dass es Ihnen jemand wegnehmen könnte?«

»Mir nimmt niemand etwas weg, das ich mir nicht wieder zurückholen könnte«, erwiderte ich. »Diesen Hengst fing ich aus einer Herde, deren King er war.«

Wieder sah sie mich an. Dann nickte sie.

»Ja, das glaube ich, John Starretter. Steigen Sie ab. Finden wir heraus, ob wir uns gegenseitig etwas geben können. Sie kommen aus Sonora herüber? Waren Sie dort erfolgreich?«

Ich nickte.

»Doch, Isabel, ich denke schon!«, erwiderte ich. »Jedenfalls so erfolgreich, dass ich mir einige Tage und Nächte der Erholung gönnen kann, um mich für gewisse Entbehrungen zu entschädigen.«

Sie lachte kehlig.

Ihre Lippen waren voll und lebendig. Und ihre Zahnreihen blinkten.

Ich saß ab und trat zu ihr auf die Veranda. Isabel war einen Kopf kleiner als ich. Sie trat dicht vor mich hin und sah zu mir empor.

»Ich bin nicht für jeden zu haben, mein Freund«, sprach sie. »Aber einen Mann der mir gefällt und der in der Lage ist, meine Dienste zu bezahlen, weise ich nicht ab. Und du bist wie Jesse Maddegan. Ja, diese Sorte ist mir immer recht gewesen.«

Wir gingen hinein.

Denn für mein Pferd würde Pedro sorgen, sagte sie mir.

O Leute, für einen Burschen wie mich war alles so, als wäre ich ins Paradies gekommen.

Dass ich bei einer Nobelputa war, vergaß ich ganz und gar. Denn die schöne und rassige Isabel ließ mich dies nicht merken.

Auch meinem Hengst ging es gut im kleinen Corral hinter dem Haus unter den alten Bäumen. Es war alles wunderschön. Jesse Maddegan hatte wirklich nicht übertrieben. Und so war ich ein Bursche, der sich wirklich für sein langes Reiten und Kämpfen einmal richtig belohnte.

Am dritten Tag – es war schon Nachmittag – saßen wir beim Kaffee und Kuchen auf der Veranda, als ein rotköpfiger Bursche angeritten kam.

Er gehörte ganz offensichtlich zu der stets herausfordernd wirkenden Sorte, die erst dann Ruhe gab, wenn man sie kleingemacht hatte. Aber weil dies nur selten passierte, wurde sie immer herausfordernder, je weiter sie kam mit ihrem großspurigen und besitzergreifenden Stil.

Diese wilden und verwegenen Jungens wollten stets den Vortritt, das Beste, das Vorrecht auf alles, so als wären sie Königssöhne mit besonderen Rechten.

Er hielt vor der Veranda sein Pferd an und sagte: »Isabel, schick ihn weg! Denn jetzt bin ich hier. Ich komme in einer halben Stunde wieder. Dann muss er verschwunden sein.«

Er grinste mich herausfordernd an, ganz so, als hätte er alle Trümpfe in der Hand.

Ich sah schon an seinem Pferd, dass er kein mittelloser Bursche war. Auch sein Sattel war ein teures Stück.

Bevor er das Tier herumziehen konnte, sagte ich: »Lass dich nur nicht in den nächsten zwei oder drei Tagen hier blicken, Rotkopf. Ich bleib noch eine Weile. Wenn du mich störst, hau ich dir die Ohren ab. Verstanden?«

Er staunte. Dann lachte er schallend und sagte schließlich: »Isabel, klär ihn mal auf. Sag ihm, wer ich bin, bevor er zu weit geht und ich ihm die Haut abziehen muss.«

Er zog sein geschecktes Pferd herum und ritt wieder weg.

Isabel aber seufzte und sagte dann schlicht: »Das ist ein Königssohn, John, mein Lieber. Das war Joel Hickman. Schon was von Orson Hickman und der Spanish-Bit-Ranch gehört?«

Sie sagte es mit einem warnenden und zugleich auch bedauernden Klang in der Stimme.

Ich wusste nun Bescheid, denn natürlich hatte ich schon von der Spanish-Bit-Ranch gehört. Sie war ein Kingdom, und Orson Hickman war der King. Sein Wort war Gesetz in seinem Machtbereich. Und dieser großspurige Rotkopf war sein Sohn.

Ich sah Isabel an und fragte: »Soll ich gehen? Oder macht es dir etwas aus, wenn ich noch bleibe?«

»O John...«, sagte sie, verstummte und schien in sich hineinzulauschen. Dann sah sie mich an und murmelte: »Er ist ein großmäuliger Lümmel. Aber er ist gefährlich wie eine Giftviper. Nein, ich schicke dich wegen eines solchen Kerls nicht fort. Bleib hier, wenn du dich traust. Aber du solltest wissen, dass du dir einen Feind machst.«

Damit hatte sie alles gesagt.

Ich grinste sie an.

»Dann bleibe ich noch, schöne Isabel.«

Es war schon nach Mitternacht, als ich in Isabels Armen lag und durch das offene Fenster das böse Wiehern meines Hengstes hörte, den ich Sonora getauft hatte, weil ich ihn in Sonora fing. Ich wusste sofort, was sein Wiehern zu bedeuten hatte.

Mit dem Colt in der Hand – und nackt wie ich war – sprang ich aus dem Fenster in den Garten hinter dem Haus und rannte zum Corral, in dem Sonora stand.

Doch sie hatten ihn schon weggebracht.

Sonora hatte zu oft gegen ein Lasso angekämpft und stets verloren. Deshalb kämpfte er nicht mehr, wenn sich eine Lassoschlinge um seinen Hals gelegt hatte. Und so war es gewiss auch jetzt gewesen.

Deshalb hatten sie ihn so leicht wegbringen können.

Er war zu schlau, um gegen eine Lassoschlinge anzukämpfen nach all seinen Erfahrungen aus der Zeit, in der ich ihn einbrechen und zähmen musste.

Da stand ich nun, nackt, mit einem Revolver in der Faust und erst einmal geschlagen.

Oh, ich wusste genau Bescheid.

Dieser verrückte Rotkopf Joel Hickman hatte sich das ausgedacht, um mich von Isabel fortzuholen. So einfach war das für einen wilden Jungen, der sich für größer hielt, als er es war.

Doch so einfach es war, so gefährlich war es aber auch.

Er hatte mir mein Pferd gestohlen.

Und im ganzen Süden – von Texas bis nach Arizona – hängte man Pferdediebe oder erschoss sie, wenn sie lieber kämpfend starben.

Isabel sah oben aus dem Fenster zu mir nieder, als ich mich wieder dem Haus näherte.

»Komm herein«, sagte sie. »Nackt kannst wohl nicht nach deinem Pferd suchen.«

Nein, das konnte ich wirklich nicht.

Und jetzt in der Nacht hatte es auch nicht viel Sinn.

Aber morgen, wenn es Tag war...

Ich ging zurück zu Isabel. Und oben nahm sie mich wieder in die Arme und schenkte mir ihre ganze Zärtlichkeit.

Vielleicht fürchtete sie, dass ich bald ein toter Mann sein würde, so tot wie Jesse Maddegan, der ein Bursche war wie ich, zum Untergang bestimmt wie alle von unserer Sorte.

Er hatte auf mich gewartet. Es war das alte, harte, raue Spiel. Und ich kannte es aus dem Effeff.

Dieser verdammte, dumme, großspurige Narr hätte es wissen müssen.

Ja, ich hatte Abschied genommen von der wunderbaren Isabel Fernando, indes sie noch schlief – oder auch nur so tat. Ich hatte mich davon geschlichen und ihr fünf goldene Doppeladler zurückgelassen.

Dafür musste ein guter Cowboy fünf lange Monate arbeiten.

Aber sie war solch ein nobles Geschenk wert, und ich wusste, ich durfte jederzeit wiederkommen.

Ich ging in die Stadt hinein mit meinem Bündel unter dem Arm und dem Gewehr in der Hand. Es war noch früher Morgen. Die Stadt war noch gar nicht richtig in Betrieb und ahnte nicht, was bald geschehen würde.

Vor dem Cowboy-Dream-Saloon stand mein Hengst und trug einen prächtigen, silberbeschlagenen Sattel.

Er war an der Haltestange festgebunden und nahm sein Maul aus dem Wasserbecken. Schnaubend sah er mir entgegen, denn der leichte Morgenwind hatte ihm meine Witterung zugetragen.

Ich sah, was sie mit ihm gemacht hatten. Denn auf seinem linken Hinterschenkel war das Brandzeichen. Es war frisch, und gewiss schmerzte es noch böse, obwohl sie es mit Fett bestrichen hatten, wie es nach dem Bränden üblich war.

Ich begriff beim Näherkommen, dass sie meinen Hengst noch in der vergangenen Nacht – also gleich nachdem sie ihn mir gestohlen hatten – mit diesem Brandzeichen versehen hatten.

Das Ding glich einem etwas verschnörkelten H, aber auch einer alten spanischen Kandare, also einem Spanish Bit.

Und dies war das Brandzeichen von Orson Hickman.

Oha, dieses Spiel wurde immer böser und der Einsatz immer höher. In mir war nun ein bitterer Zorn, und ich wusste, ich hatte nun die Wahl.

Ich konnte aufhören und mich fortschleichen, sozusagen meine Strafe akzeptieren und hinnehmen, ich konnte aber auch weitermachen.

Doch wenn ich weitermachte, dann wurde es eine riesengroße Sache. Das war mir klar. Und ich war verdammt allein in dieser fremden Stadt am Rande eines Kingdoms, in dem Orson Hickman herrschte.

Dann sah ich den rotköpfigen Joel aus dem Saloon kommen, gähnend und sich reckend. Ihm folgten noch einige Burschen, offenbar die Mannschaft, die er führte und zugleich seine »Spielgefährten«, wie sie einem Königssohn gewissermaßen zustanden, damit er sich als Anführer üben konnte. Es waren grinsende, ihm ganz und gar ergebene Burschen, jung wie er, großspurig und stolz, weil sie sich wie Auserwählte fühlten, da sie für die mächtige Spanish-Bit-Ranch ritten, deren Brandzeichen für sie wie das Symbol eines Ordens war.

Sie alle sahen mir entgegen mit grinsender Herausforderung und verächtlicher Drohung zugleich.

Denn was konnte ihnen schon passieren?

Ich war ein Fremder in ihrer Stadt und verdammt allein.

Nur wenn ich ein kompletter Narr war, würde ich mich mit ihnen anlegen.

Einen Moment dachte ich darüber nach, ob es in dieser Stadt einen Sheriff oder einen Town Marshal gab. Aber ich wusste im selben Moment, dass solche Sternträger gewiss von Orson Hickman eingesetzt worden waren und ich von ihnen keine Hilfe hätte erwarten können. Aber wahrscheinlich gab es gar keine Gesetzesmänner hier, weil die mächtige Ranch in diesem Lande das einzige Gesetz war.

Ich hielt etwa sechs Schritte vor der Saloonveranda an und sah auf Joel Hickman, der breitbeinig dastand, die Daumen am Revolvergürtel eingehakt, und mich höhnisch angrinste.

Ich ließ meine Sattelrolle unter meinem Arm zu Boden fallen. In der Hand hielt ich das Gewehr um den Kolbenhals gefasst. Es war durchgeladen und schussbereit. Ich konnte damit einhändig schießen wie mit einem Colt.

Meine Rechte aber hing über dem Revolverkolben.

Ich war also für alles bereit. Und jeder konnte das begreifen.

Aber die wilden Jungens auf der Saloonveranda glaubten es wahrscheinlich nicht. Sie kamen gar nicht auf die Idee, dass es einen Narren geben könnte, der es gegen sie versuchte.

Und das war ihr großer Fehler.

Ich sagte: »Junge, ich weiß jetzt, dass du einen mächtigen Vater hast. Doch der kann dir jetzt auch nicht helfen. Denn du hast mein Pferd gestohlen. Und Pferdedieb ist Pferdedieb. Überdies hast du nicht nur mein Pferd gestohlen, sondern ihm Schmerzen zugefügt durch das unberechtigte Bränden. Junge, ich muss dich erschießen.«

Aber er lachte wild und stieß einen Schrei aus, der wie: »Jetzt!«, klang.

Dabei schnappte er nach seinem Colt.

Seine Spielgefährten taten es ebenfalls, und wahrscheinlich glaubten sie nicht, dass es richtig ernst werden könnte. Sie waren gewiss der Meinung, dass sie mir nur ihre Revolver unter die Nase halten müssten, um mich zum Aufgeben zu zwingen. Das hatte wahrscheinlich bisher stets genügt, denn die mächtige Spanish Bit stand ja hinter ihnen.

Sie waren fünf Mann.

Und noch bevor sie ihre Revolver heraus hatten, schoss ich schon. Mein Gewehr krachte in der Linken und mein Colt in der Rechten.

Sie kamen gar nicht zum Schuss. Ich selbst gab nur drei Schüsse ab, die sämtlich trafen. Die restlichen zwei ließen ihre Waffen fallen wie glühende Eisen. Sie warfen die Hände in die Höhe und kreischten, dass es genug wäre.

Ja, es war mehr als genug. Ich hatte drei von ihnen ziemlich böse angeschossen. Und ich hatte mein Pferd wieder, das jedoch jetzt das Brandzeichen der Spanish-Bit-Ranch von Orson Hickman trug.

Nun, das war es also. Ich nahm meine Sattelrolle auf, in der sich alles befand, was ich an Ausrüstung besaß. Ich trat damit zu meinem Hengst, der erregt schnaubte, und drauf und dran war sich loszureißen, weil er noch nicht an Gewehr- und Revolverfeuer gewöhnt war. Dies würde er erst noch lernen müssen.

Bevor ich die Sattelrolle an die Schnallen des Hinterzwiesels befestigte, überlegte ich kurz, ob ich den Sattel behalten sollte. Es war nicht mein Sattel. Dieser lag noch in dem Schuppen bei Isabels Corral. Aber auch mein Sattel war ein erstklassiges Stück, von einem wirklichen Meister gearbeitet. Und überdies war mir dieser Joel Hickman etwas schuldig.

Ich hörte ihn auf der Veranda stöhnen und dann wimmernd sagen: »Holt Hilfe, Hilfe. Ich verblute. Dieser Hurensohn hat mich fast totgeschossen. Helft mir doch, Leute! Sonst laufe ich aus und muss sterben.«

Ja, er wimmerte.

Ich sah zu ihm und zu den beiden anderen angeschossenen Burschen hin.

»Sterben müssen wir allemal«, sagte ich hart. »Und ihr blöden Hammel wart schon dicht dran.«

Dann wandte ich mich den beiden unverletzt gebliebenen Burschen zu, die immer noch mit erhobenen Händen verharrten.

»Helft ihnen!«, befahl ich. »Nun macht schon endlich!«

Sie bewegten sich.

Ich schnallte meine Sattelrolle fest. Das Gewehr hatte ich in den Scabbard geschoben. Nun band ich Sonora los und saß auf.

Als ich mich umsah, erkannte ich, dass die halbe Stadt zusah und vielleicht schon von Anfang an zugesehen hatte.

Die Leute sahen aus den Fenstern, standen vor den Häusern und Geschäften. Es waren die Bürger dieser kleinen Stadt Santa Rosa am San Pedro River. Und sie sahen mich an wie einen Geist.

Ich begriff, dass ich etwas getan hatte, was sie geradezu für ungeheuerlich hielten und was sie kaum glauben konnten, obwohl sie es mit eigenen Augen sahen.

Ich ritt durch die Stadt nach Norden.

Denn nach Norden wollte ich. Und es war mir gewissermaßen schnuppe, dass ich durch das Gebiet der Spanish-Bit-Ranch musste. Der Wagenweg führte durch das San Pedro Valley, und dieser Wagenweg war frei für alle Leute, also auch für mich.

Nur Narren würden mich aufhalten, nur Narren, jawohl.

Die Leute starrten mich an wie einen Geist, als ich durch die Stadt zum nördlichen Ausgang ritt. Ich sah vom Sattel aus zu ihnen nieder – oder empor, wenn sie aus den Fenstern blickten. Ich ließ sie meinen Stolz spüren – und auch meine mitleidige Verachtung.

Denn ich kannte solche Städte. Für manche hatte ich gekämpft und ihnen geholfen, den verlorenen Stolz zurückzugewinnen. Ich kannte das System der Macht eines Großen, das ganze Schema, nach dem alles vonstattenging. Es war das gleiche Spiel, das im alten Europa die Fürsten spielten.

Und hier in der sogenannten Neuen Welt spielten es die rücksichtslosen Mächtigen. Es war so alt wie der Mensch.

Ich ritt aus der Stadt nach Norden. Links von mir floss der San Pedro River. Es war ein schönes, grünes, sattes Weideland auf der Ostseite der Catalina-Berge, die einst von den Spaniern nach der Heiligen Katharina benannt worden waren.

Einige Male dachte ich an die schöne Isabel Fernando.

O Mann, ich wusste, ich würde noch lange an sie denken, so wie es ja auch Jesse Maddegan getan hatte, als er noch lebte.

Und ich ritt jetzt auf einem Tausend-Dollar-Hengst mit dem Spanish-Bit-Brand.

Natürlich machte ich mir einige Sorgen.

Eigentlich wäre ich noch ganz gern in Santa Rosa geblieben. Es schien eine nette Stadt zu sein, mit reichlich Wasser in den Brunnen und Abwässern zum San Pedro hinunter.

Vielleicht hätte ich in der näheren Umgebung ein Stück Blaugrasland kaufen können. Denn Blaugras war gut für eine Pferdezucht. Die blaue Farbe des Grases zeigte an, dass es bestimmte Mineralien enthielt, die für die Pferdezucht in besonderem Maße wichtig waren, sodass sie sich prächtiger entwickelten als auf normaler Weide.

Und ich wollte eine Pferdezucht anfangen. Mit meinem Hengst war das geradezu eine Pflicht. Wenn ich ihm die richtigen Stuten besorgte, konnte der Erfolg gar nicht ausbleiben.

Was also musste ich tun?

Die Antwort war eigentlich ganz einfach.

In den Santa Catalinas gab es Wildpferde, die von den edlen Tieren der Spanier abstammten. Ich musste also nur zwei oder drei Helfer anwerben und auf Pferdejagd gehen, bis ich etwa zwei Dutzend erstklassige Stuten eingefangen hatte. Dann musste ich ein gutes Stück Land mit Blaugras haben und eine Hütte, einige Corrals und Weidekoppeln darauf errichten.

Dann konnte ich warten.

Und meine fast neunhundert Dollar würden Jahre reichen, jedenfalls so lange, bis meine Fohlen herangewachsen waren.

Das also schwebte mir vor.

Denn ich wollte nicht länger mehr von meinem Colt leben.

Ich war dieses Leben satt, und ich hatte es auch vor einigen Wochen meinem sterbenden Freund Jesse Maddegan versprochen.