G. F. Unger Sonder-Edition 269 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 269 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die drei Savage-Brüder hatten mich eingekeilt, und ich wusste, ich war schon so gut wie tot. Aber als die rothaarige Frau mit einer Schrotflinte auf dem Hotelbalkon erschien, schöpfte ich wieder Hoffnung. Und wirklich, mit ihrer Hilfe kam ich zurecht.
Die Schöne rettete mir also das Leben, und ich stand in ihrer Schuld. Fast glaubte ich, sie hatte es darauf abgesehen, denn sie verlangte sogleich eine Gegenleistung von mir. Ich sollte sie nach Clearwater bringen, wo sie einige Männer suchte. Mir war, als träfe mich ein Maultierhuf, und plötzlich konnte ich über meine Rettung überhaupt keine Freude mehr empfinden. Denn Clearwater war ein schlimmes Nest, um das sogar der Teufel einen Bogen machte...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 184

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Clearwater

Vorschau

Impressum

Clearwater

Die Savage-Brüder hatten mich eingekeilt an diesem grauen Morgen, als ich aus Molly Dunns Etablissement trat. Es war das nobelste Sündenhaus von Fort Benton.

Fort Benton war längst kein Fort mehr. Ein Armeefort war es nie gewesen, sondern von weißen Händlern erbaut worden. Am oberen Missouri gelegen, war es der Endpunkt für jede Art von Schiffen. Denn oberhalb von Fort Benton gab es die Great Falls. Sie waren unüberwindlich. Nur Kanus konnte man um sie herumtragen, um weiter stromaufwärts zu kommen.

Nun, ich hatte also bei Molly Dunns Schönen eine lange Nacht verbracht, zuletzt mit der wirklich wunderbaren Sally in deren Bett. Und so war ich richtig zufrieden mit mir und der ganzen Welt. Ich hatte meinen Spaß gehabt hier in Fort Benton, das eine hektische Stadt geworden war am großen Strom, den man auch Big Muddy nannte.

Nun wollte ich so schnell wie möglich von hier fort. Denn die Savage-Brüder, Tom, Clark und Jesse waren schon lange scharf auf meinen Skalp. Ich hatte erfahren, dass auch sie sich in Fort Benton aufhielten, und wollte ihnen aus dem Weg gehen.

Deshalb verließ ich das Haus der sieben Sünden im Morgengrauen.

Dabei hätte ich ebenso gut noch eine Weile bei Sally im Bett bleiben können. Da hätte ich wenigstens noch etwas Spaß und Freude gehabt.

So aber – das wusste ich – musste ich um mein Leben kämpfen. Tom und Clark standen vor mir. Sie waren aus einer Gasse getreten und versperrten mir mitten auf der staubigen Fahrbahn den Weg. Sie grinsten mich im ersten Morgengrauen voll böser Freude an und kamen sich wie Jäger vor, die ein Wild endlich in die Enge getrieben und zum Abschuss gestellt hatten.

Ja, ich saß also mächtig in der Klemme.

Tom Savage rief mir zu: »Wenigstens hast du noch mal deinen Spaß gehabt, Cliff Adams. Jetzt machen wir dich alle, so wie du damals unseren Bruder Cabe allegemacht hast.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Lasst es lieber sein, Tom!«, rief ich ihm zu. »Einer oder gar zwei von euch werden es auch nicht überleben. Und überdies hatte euer Bruder Cabe eine faire Chance. Er hätte mir nicht die Pelzausbeute eines ganzen Jagdwinters zu stehlen versuchen sollen. Er war ein verdammter Pelzräuber. Als ich ihn stellte, gab ich ihm dennoch eine faire Chance. Doch er war nicht schnell genug. Lasst es also sein mit mir.«

»Nein, Cliff Adams, nein!«, rief Tom Savage heiser zurück. »Wir lassen es nicht sein. Unser Bruder würde aus dem Jenseits auf uns spucken, wenn wir ihn nicht rächen würden. He, da hinter dir steht Jesse mit einer Schrotflinte. Er wird gleich ein mächtiges Loch in dich schießen, durch das ein Hase springen könnte, Du bist tot, Cliff Adams, mausetot wie unser Bruder Cabe!«

Ich warf einen Blick über die Schulter.

Ja, da stand Jesse Savage mit einer doppelläufigen Schrotflinte und zielte auf mich. Er hielt das Ding im Hüftanschlag, aber er würde nicht vorbeischießen. Das wusste ich.

Ich war wirklich schon so gut wie tot.

Dass sie mich nicht aus dem Hinterhalt abschossen, lag wohl daran, dass sie mir noch sagen und mich begreifen lassen wollten, warum ich zur Hölle fuhr.

Sie wollten ihren Triumph und ihre Rache genießen.

Und vielleicht hofften sie auch, dass ich vor ihnen auf die Knie fallen und um mein Leben betteln würde.

Doch diesen Gefallen würde ich ihnen nicht tun.

Ich würde ihnen einen Kampf liefern. Und so spannte ich mich schon, um herumzuwirbeln, mich dabei zu ducken und zu schießen. Meinen Colt würde ich gewiss höllisch schnell herausbekommen.

Dennoch war ich schon so gut wie tot. Da biss keine Maus mehr einen Faden von ab.

Ich lebte also nur noch wenige Sekunden.

Oha, ich hätte wirklich noch gerne mit Sally im Bett gelegen.

Aber irgendwann hätte ich Molly Dunns wunderschönes Etablissement verlassen müssen.

Es war seltsam, was einem alles für Gedanken durch den Kopf schossen, wie sich alles im Hirn jagte in einer solchen Situation.

Und dann sah ich etwas, was mir Hoffnung machte.

Denn dort, wo Jesse mit der Schrotflinte stand, da befand sich links von ihm ein Hotel. Auf dem umlaufenden Balkon im oberen Stockwerk stand plötzlich eine rothaarige Frau mit einem Gewehr. Sie zielte damit auf Jesse Savage. Ihre Stimme klang dunkel, kraftvoll und selbstbewusst.

Sie rief: »He, Mann, wenn du abdrückst, bekommst du es von mir in deinen dummen Kopf geballert! Lass es also sein!«

Jesse Savage warf einen schnellen Blick über die Schulter und hinauf zu ihr.

Ich aber rief: »He, Lady, ich bin Ihnen sehr dankbar! Werden Sie wirklich auf ihn schießen?«

»Darauf können Sie sich verlassen, mein Freund!«, rief sie zurück.

Es war ja zu dieser Morgenstunde noch still auf der Hauptstraße. Wir waren allein, ganz unter uns. Und so mussten wir nicht besonders laut rufen, um jedes Wort verstehen zu können.

Ich wandte mich wieder Tom und Clark Savage zu.

»Seht ihr, Jungs, so ist das manchmal im Leben. Denn jetzt sind eure Karten gar nicht mehr so gut. Euch beide schaffe ich. Jesse hinter mir wird es sich nun mächtig überlegen. Na, wie soll's denn jetzt weiter gehen? Ihr habt die Wahl.«

Ich konnte erkennen, wie jäh sie nun von Zweifeln geplagt wurden. Nun fragten sie sich, ob sie überleben konnten. Ja, sie begannen sogar zu zittern vor ohnmächtiger Wut, denn sie begriffen wohl, dass der Preis für ihre Rache zu hoch sein würde.

Und da gab Tom Savage endlich das Zeichen.

»Wir bekommen dich ein anderes Mal«, stieß er heiser hervor und wandte sich ab. Auch Clark tat es. Sie verschwanden wieder in der Gasse, aus der sie hervor und mir in den Weg getreten waren.

Und auch Jesse hinter mir verschwand in einer Gasse.

Ich sah zu der Lady hinauf. Sie stand immer noch mit dem Gewehr auf dem umlaufenden Balkon des City Hotels, nahm endlich langsam das Gewehr herunter und rief mir zu: »Kommen Sie herauf, Cliff Adams! Wir haben miteinander zu reden!«

Ich staunte, denn sie kannte meinen Namen.

Wieso kannte sie mich? Und hatte sie mir deshalb beigestanden?

Ich begann zu ahnen, dass etwas auf mich zukam.

Aber was war es?

Hatte auch diese rothaarige Lady darauf gewartet, dass ich aus dem Haus der Sünden kommen würde? Denn auch ich hatte ja im City Hotel ein Zimmer genommen, weil ich zuvor einige Geschäfte zu erledigen hatte. Mein Besuch dann in Molly Dunns Etablissement war sozusagen der Abschluss meines Hierseins in Fort Benton.

Nun, ich machte mich also auf den Weg.

Der Portier stand noch nicht hinter dem Anmeldepult in der Empfangshalle.

Ich ging zum Schlüsselbrett, nahm meinen Zimmerschlüssel und stieg dann die Treppe hinauf. Oben erwartete mich die schöne Lady im Gang vor ihrem Zimmer.

»Kommen Sie, Cliff Adams«, sagte sie ruhig. »Wir haben miteinander zu reden.«

Ich trat ein, folgte ihr also in ihr Zimmer, schloss hinter mir die Tür und lehnte mich mit dem Rücken dagegen, verschränkte meine Arme vor meiner Brust.

»Sie kennen mich also, Lady?«

Sie nickte. Im noch grauen Tageslicht betrachteten wir uns.

Ja, sie war schön. Sie hatte ein klares und zugleich rassig und eigenwillig wirkendes Gesicht, schwarze Augen und kupferrotes Haar.

Sie war mittelgroß und prächtig gewachsen. Es war alles richtig an ihr.

Ja, sie war eine junge Frau, die man nicht so schnell vergisst, selbst nicht nach einer nur kurzen Begegnung.

Aber was wollte sie von mir?

»Ich bin Fee Clayton«, sprach sie dann ruhig. »Und ich habe Sie gesucht, Cliff Adams. Mein Vater sagte mir, wo ich Sie finden könnte.«

Als ich ihren Namen hörte, wusste ich ein wenig besser Bescheid.

Denn ein gewisser Bill Clayton stand mir einmal bei, als eine Bande von Crows hoch oben in den Bitter Roots meinen Skalp haben wollte.

Und dann blieben wir einen ganzen Jagdwinter zusammen und hatten eine gute Pelzausbeute. Ja, ich erinnerte mich wieder an alles, so als wäre es erst vor wenigen Wochen geschehen. Dieser Bill Clayton war ein feiner Kerl, ein guter Partner. Und ich verdankte ihm mein Leben, so wie jetzt seiner Tochter.

Ich stand also in doppelter Schuld bei den Claytons. Dies wurde mir jetzt klar.

»Woran konnten Sie mich erkennen?«, fragte ich sie.

Ihr Lächeln war irgendwie nachsichtig, und wie sie da so vor mir stand, gefiel sie mir immer besser. Sie trug ein flaschengrünes Reisekostüm, aber im Zimmer lagen ein Sattel und anderes Gepäck, zum Beispiel auch eine Sattelrolle, so wie jeder Reiter sie mitführt, wenn er im Freien kampieren und an einem Lagerfeuer die Nächte verbringen muss. Ja, sie war für einen langen Ritt ausgerüstet. Ihr Gewehr lehnte neben der Fensterbank.

Ich wartete immer noch auf ihre Antwort. Und da sprach sie: »Cliff Adams, Sie sind leicht zu erkennen, nachdem Sie mir von meinem Vater beschrieben wurden. Mein Vater sagte damals in seiner letzten Stunde: Suche Cliff Adams. Er wird dir helfen, denn er ist mir das schuldig. Von Zeit zu Zeit kommt er aus den Bitter Roots nach Fort Benton, um Vorräte zu holen oder seine Pelzausbeute zu verkaufen. Und er begeht dann auch einige Sünden, denn er ist ein gesunder Mann, der...«

»Schon gut«, unterbrach ich sie, aber sie sprach unbeirrt weiter: »... sich zumeist in Molly Dunns Etablissement vergnügt. Wenn du einen baumlangen Kerl siehst, der zu einem Viertel ein Cheyenne ist, einen schwarzhaarigen und grünäugigen Burschen, der sich so leicht wie ein Berglöwe bewegt, obwohl er bei aller Hagerkeit schwergewichtig ist, dann hast du ihn gefunden.«

Sie machte nun eine Pause und lächelte stärker. Dann sprach sie weiter: »Und dann die drei Kerle vorhin... Einer nannte ja laut genug Ihren Namen, Cliff Adams. Es ist also leicht, Sie zu finden. Und Sie stehen in meiner Schuld, wie in der meines Vaters. Und das gefällt mir. Ja, so musste es sein. Und so ist es auch.«

Sie verstummte zuletzt mit einem Klang von Zufriedenheit in der Stimme.

Ich aber ahnte nichts Gutes.

Und so fragte ich ziemlich mürrisch. »Lady, was wollen Sie von mir? Und warum ist Bill Clayton tot?«

Nun lächelte sie nicht mehr. Sie wandte sich um, trat an die Fensterbank und setzte sich dort, dabei sich wieder mir zuwendend.

Erst nach einer Weile sprach sie: »Sie überfielen ihn, um auch das letzte Stück des genauen Lageplans in ihre Hände zu bekommen. Mein Vater besaß ein Viertel des Puzzles. Aber sie bekamen es nicht. Mein Vater hatte zu gut gekämpft und sie alle drei angeschossen, so wie sie auch ihn. Aber er lag im Sterben. Sie konnten entkommen, als die Nachbarn meinem Vater zu Hilfe kamen, alarmiert durch die Schüsse. Es waren drei Männer aus Clearwater.« Als sie verstummte, da wandelte sich meine ungute Ahnung in eine böse.

Denn Clearwater, dies war ein böser Name, obwohl es doch klares oder reines Wasser bedeutete und deshalb eigentlich ein guter Name sein sollte.

Aber Clearwater war ein böses Nest.

Dort lebte der ganze Abschaum, lebten die Bösen des ganzen Goldlandes und der Bitter Roots Mountains.

Clearwater war die letzte Zuflucht aller Gesetzlosen von Montana.

Und weil sie ja auch dort möglichst erträglich oder gar gut leben wollten, kamen sie immer wieder aus den Bitter Roots heraus, um zu rauben, zu plündern, zu morden und alle denkbar schlimmen Dinge zu tun.

Und natürlich raubten sie auch Frauen. Dabei kam es ihnen auf die Hautfarbe nicht an.

Dies alles wusste ich. Einige dieser Kerle kannte ich sogar, denn auch ich lebte in den Bitter Roots. Dort war mein Jagdrevier. Sie respektierten mich fast alle, wussten zu gut, dass ich sozusagen ein zweibeiniger Berglöwe war, den man besser nicht am Schwanz packte.

Mit einigen dieser Banditen hatte ich gekämpft. Seitdem ließen sie mich zufrieden in den Bergen in meinem Tal.

All dies schoss mir durch den Kopf.

Dabei starrte ich Fee Clayton an. Und dann fragte ich hart: »Was wollen Sie von mir, Fee Clayton? Sagen Sie es endlich. Kommen Sie zur Sache oder auf den Punkt.«

Meine Stimme klang barsch und abweisend. Denn mir schwante Ungutes.

Und ich stand in ihrer Schuld.

Verdammt, dies war kein guter Morgen für mich.

Sie ließ mich nicht lange warten. Spröde sprach sie: »Ich will, dass Sie mich nach Clearwater bringen und mich dort beschützen, Cliff Adams. Mein Vater sagte mir, dies könnten Sie gewiss.«

Als sie verstummte, da wusste ich es endlich.

Und plötzlich war alles so einfach.

Ich sollte mit ihr nach Clearwater reiten, mitten hinein in dieses böse Nest und sie dort beschützen.

»Was wollen Sie dort, Fee? Rache nehmen? Oder die drei anderen Stücke des Puzzles an sich bringen? Was ist das für eine Karte? Etwa ein Lageplan einer Goldader?«

Sie schüttelte leicht den Kopf.

»Das werde ich Ihnen vielleicht irgendwann einmal sagen«, murmelte sie. »Vorerst will ich nur nach Clearwater und dort Ihren Schutz. Vielleicht werde ich herausfinden, ob ich Ihnen so vertrauen kann wie mein Vater. Cliff Adams, ich fordere von Ihnen die Einlösung Ihrer Schuld. Basta!«

Ich sah sie nur an und hörte es auch am Klang ihrer Stimme, dass sie alles gesagt hatte.

Nun lag es bei mir und meiner Ehre.

Als ich mir dessen bewusst wurde von einem Atemzug zum anderen, da wusste ich, dass sie mich in der Klemme hatte.

Ich stieß mich von der Tür ab, an der ich immer noch mit meinem Rücken lehnte und näherte mich der schönen Fee Clayton, bis wir uns so nahe waren, dass ich nach ihr hätte greifen können.

In ihren schwarzen Augen erkannte ich das Funkeln und begriff, dass sie eine Pantherkatze war, eine junge Frau, der nicht mehr viel fremd war auf dieser Erde und die schon rauen Wege wanderte.

Bill Clayton hatte mir damals von seiner Tochter erzählt, während in den Bitter Roots die Blizzards tobten und wir nicht hinaus und nach unseren Fallen sehen konnten. Ja, er war stolz auf seine Tochter, die er in einem Internat im Osten erziehen ließ und die dann ihre eigenen Wege ging, ihm nur manchmal schrieb. Ihre Briefe lagen dann manchmal Monate bei der Posthalterei von Fort Benton, bevor Bill Clayton sie abholen konnte.

Ich fragte grob: »He, Fee, ist dir klar, auf was du dich womöglich einlässt? Auch mit mir? Es könnte sein, dass ich eines Tages auch noch einen anderen Preis von dir verlangte. Würdest du ihn zahlen?«

Sie lächelte nun blinkend. Ja, sie hatte blinkende Zahnreihen. Und dann sprach sie ganz ruhig: »Vielleicht – aber vielleicht auch nicht. Wir werden sehen.«

Ich starrte ihr immer noch in die Augen und erkannte darin die funkelnde Härte.

Was für eine Frau, dachte ich. Sie ist schön und stolz und hat schon eine Menge erlebt, ging ihre eigenen Wege, brauchte ihren Vater nicht mehr. Blieb nur noch brieflich mit ihm in Verbindung.

Ich trat wieder einen Schritt zurück und fragte: »Wo starb Bill?«

»In Saint Louis«, erwiderte sie. »Wir hatten uns brieflich zu diesem Wiedersehen verabredet. Aber als ich zu ihm kam, lag er schon im Sterben. Was ist, Cliff Adams, heh, was ist? Bringst du mich nach Clearwater? Wirst du dort mein Beschützer sein?«

Ich nickte langsam und erwiderte: »Ich begleiche immer meine Schulden und zahle alles mit Zinsen zurück, mag es im Guten oder im Bösen sein.«

Es war noch Vormittag, als wir Fort Benton verließen. Wir hätten auch mit einer der Postkutschen nach Westen ins Goldland fahren können.

Doch ich war ja mit meinen Pferden nach Fort Benton gekommen. Meine drei Packtiere hatten die Pelzausbeute eines langen Jagdwinters getragen. Ich hatte mehr als viertausend Dollar dafür vom Händler bekommen.

Ich selbst saß auf einem wunderschönen Appaloosa. Für Fee hatten wir eine zähe Pinto-Stute gekauft.

Meine Packtiere trugen nun andere Lasten. Denn ich hoffte, nicht lange in Clearwater bleiben zu müssen und bald in mein Jagdtal heimkehren zu können.

Nun, wir ritten also aus Fort Benton hinaus in Richtung Westen.

Ich wusste, dass die Savage-Brüder irgendwo auf mich lauern würden, um mich aus dem Hinterhalt abschießen zu können. Denn sie hatten ihre Rache bestimmt noch nicht aufgegeben.

Fee Clayton saß prächtig im Sattel. Und auch daran erkannte ich, dass sie auf vielen Wegen gewandert und geritten war.

Was mochte es mit der Karte, von der es vier Teile gab, für eine Bewandtnis haben? Es konnte sich doch eigentlich nur um eine Schatzkarte handeln, welche von vier Partnern in vier Teile gerissen worden war.

Aber das würde ich gewiss noch irgendwann erfahren oder herausfinden.

Nun, wir ritten also aus Fort Benton nach Westen und hielten uns etwas abseits des Wagenweges.

Ich dachte immer intensiver an die drei Savage-Brüder, und ich wusste, dass ich mich auf meinen Instinkt verlassen konnte. Ich war ein Viertelcheyenne und hatte von meiner Großmutter eine Menge von jenen geheimnisvollen Instinkten geerbt, welche Naturvölker, die im besonderen Einklang mit der Natur leben, noch unverbildet besitzen.

Ich wusste, dass ich eine Gefahr wittern würde wie ein Wolf den Stahl einer verborgenen Falle.

Ich hatte mal solch einen erfahrenen Wolf beobachtet. Er war in eine Falle getreten und dann dennoch schneller hochgesprungen, als die Stahlbügel zuschnappten. Ich machte mir also wegen der Savage-Brüder keine besonderen Sorgen. Doch ich dachte ständig an sie und hielt so in meinen Gedanken Verbindung mit ihnen.

Ja, ich würde ihre lauernde Nähe spüren.

Indes ritten wir schweigend Meile um Meile. Es war ein weiter Weg durch unsicheres Land nach Clearwater. Wir würden fast eine ganze Woche unterwegs sein und jeden Tag weiter als dreißig Meilen reiten müssen.

Ich wusste, hier lauerten auf allen Wegen Goldräuber, welche auf Goldgräber warteten, die sich aus den Goldfundgebieten mit ihrer Ausbeute davonstehlen konnten und zu einer Schiffslandestelle wollten.

Und Fee Clayton war eine schöne Frau. Diese Burschen würden auch solch eine Beute nicht verschmähen.

Ich dachte auch über Bill Clayton nach, dem ich mein Leben verdankte und der einen langen Jagdwinter mein Partner gewesen war. Freunde wurden wir, obwohl er dem Alter nach fast mein Vater hätte sein können.

Was hatte es mit dem Viertelstück eines Planes für eine Bewandtnis? Wie war er an dieses Stück gekommen? Ich hatte Bill Clayton länger als zwei Jahre nicht gesehen. Was trieb er in dieser Zeit?

Es waren eine Menge Fragen in mir.

Doch alle Antworten waren gewiss in Clearwater zu finden.

Und so würde ich mich gedulden müssen. Auf jeden Fall aber war ich nun mit einer schönen Frau unterwegs. Ja, sie gefiel mir, und es ging etwas von ihr aus, was mich reizte, mich herausforderte.

Ohne mich würde sie nicht nach Clearwater kommen – jedenfalls nicht sicher und sozusagen ›unbeschädigt‹.

Und in Clearwater...

Verdammt, dort würde ich immer wieder kämpfen müssen, denn es würde dort mehr als nur einen Burschen geben, der sich für groß genug hielt, um sie mir abnehmen zu können. So war das nun mal unter diesen Wilden, Primitiven, Bösen und Verlorenen.

Fee und ich, wir ritten den ganzen Tag, legten nur dann und wann kleine Rastpausen ein. Dann hockten wir uns gegenüber und sahen uns schweigend an.

Ich spürte ihr ständiges tastendes Abschätzen. Sie fragte immer wieder ihren Instinkt und versuchte damit gewissermaßen in mich einzudringen.

Ja, sie war voller Misstrauen und Wachsamkeit.

So verging also der lange Tag. Wir kamen gut vorwärts, und von den Savage-Brüdern war nichts zu sehen. Dennoch wusste ich, dass sie immer noch meinen Tod wollten. Sie hatten ihre Rache nicht aufgegeben. Das war nicht ihre Art. Sie waren Wilde, die von ihren schnellen Colts lebten und sich stets durch Kühnheit zu behaupten versuchten.

Ihrem Bruder Cabe war das nicht geglückt. Der war an mich geraten.

Ich ließ meine Blicke während des ganzen Tages immer wieder in die weite Runde schweifen, beobachtete die Hänge der Hügelketten, versuchte Bewegungen in den tiefen Schatten zu erkennen. Aber ich sah nicht einmal ein Blinken oder Glitzern. Es gab auch keine aufgescheuchten Vögel.

Scheinbar ritten wir allein abseits aller Wege und Pfade durch das Land.

Doch ich ließ mich nicht täuschen. Die Savage-Brüder waren erfahrene, zweibeinige Wölfe, die sich auch auf Menschenjagd verstanden.

Und wenn sie mich abschießen konnten, dann hatten sie Fee Clayton.

Ob sie das begriffen hatte?

Als wir einmal in einem flachen Creek nebeneinander anhielten, um unsere Pferde etwas Wasser nehmen zu lassen, da sah sie mich von der Seite her an und fragte: »Und du machst dir keine Sorgen wegen dieser Kerle, die dich in Fort Benton abschießen wollten?«

Ich grinste sie an. Dann sprach ich: »Sorgen nicht. Aber ich werde mit ihnen kämpfen müssen. Und wenn sie mich erledigen können, dann haben sie auch dich. Sorgen solltest du dir machen. Aber du willst ja mit aller Macht nach Clearwater...«

»Will ich«, unterbrach sie mich.

Wir ritten weiter und erreichten bei Sonnenuntergang einen guten Platz und schlugen unser Camp auf.

Indes ich die Pferde versorgte, machte sie ein Feuer und begann Kaffee zu kochen und Pfannkuchen mit Speck zu braten, denn dies war in diesem Land stets die Nahrung unterwegs. Dazu gab es eine Handvoll Trockenobst. Sie war also eine gute Gefährtin unterwegs während eines langen Ritts. Sie kannte sich aus.

Als wir dann noch eine Weile am Feuer saßen und ich meine Pfeife rauchte, da fragte sie: »Immer noch sorglos?«

Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: »Ich spüre ihre Nähe. Sie sind hier irgendwo. Es ist mir, als könnte ich sie wittern. Diese Nacht – wahrscheinlich erst kurz vor Morgengrauen – werden sie kommen.«

»Warum nicht jetzt?« So fragte sie.

Ich schüttelte den Kopf. »In Fort Benton hatten sie mich eingekeilt. Da stand einer mit der Schrotflinte hinter mir. Da war alles ungefährlich für sie. Sie wollten mir unbedingt noch sagen können, von wem ich getötet werden sollte, wollten ihre Rache mit Triumph genießen. Das ging schief. Jetzt wissen sie, dass ich wachsam bin. Deshalb ließen sie einen ganzen Tag verstreichen und werden auch fast die ganze Nacht abwarten, bevor sie kommen. Sie hoffen, dass wir dann fest schlafen, weil wir sorglos wurden. Sobald es dunkler wird und unser Feuer nur noch schwach glüht, werden wir unsere Decken ausstopften und alles so herrichten, als schliefen wir dort beim Feuer. Wir werden uns in die Büsche zurückziehen. Und du wirst flach am Boden liegen bleiben und dich nicht aufrichten, bevor es vorbei ist.«

Ich konnte erkennen, dass sie würgend schlucken musste. Aber als sie dann sprach, klang ihre dunkle und etwas kehlige Stimme ganz ruhig und beherrscht.