G. F. Unger Sonder-Edition 48 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 48 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Eine faszinierende Frau erfüllt sich einen Männertraum. Mit einer Riesenherde zieht sie von Texas nach Montana. Mit Hilfe von Pierce Newton, ihres Scouts, und ihrer harten Texasmannschaft will sie sich im Gallatin Basin ein Rinderreich schaffen. Tausende von Gefahren und Widerwärtigkeiten türmen sich vor ihr auf. Doch sie lässt sich nicht beirren.

Bewundernd nennt man sie "Montana-Katze", denn wie eine Katze scheint sie sieben Leben zu haben. Aber wie eine Katze ist sie auch berechnend, mitleidlos und kalt, und immer mehr Männer in ihrer Umgebung fragen sich, ob Paula Stuart überhaupt ein Herz hat und Liebe geben kann. Und dann kommt der Tag, an dem Pierce sie verlässt und die Mannschaft gegen sie rebelliert ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Montana-Katze

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-0564-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Montana-Katze

Montana ist das spanische Wort für Gebirge, und es blieb lange nur ein Territorium der USA. Erst im Jahr 1884 wurde es in die Union als Staat aufgenommen. Das Gebiet nannte man damals auch »den jungen Riesen«. Die Nez Percès, die Sioux und Cheyenne verteidigten Montana viele Jahre gegen den Ansturm der Weißen und verloren schließlich den Kampf um ihre letzten Jagdgründe.

Denn sie hatten keine Chance. Zuerst war Montana ein Paradies für die weißen Pelzjäger. Dann wurden Silber, Gold und Kupfer gefunden. Und schließlich entdeckten auch die texanischen Rinderzüchter die gewaltige freie Weide dort, besonders im Gallatin, wo der Bozeman Trail hinführte, aber auch östlich der Crazy Mountains zu beiden Seiten des Musselshell.

Und damit kommen wir zum Thema dieser Geschichte …

Es gab damals den jungen Abenteurer Nelson Store. Er war kein Texaner, sondern ein reinblütiger Yankee. Während des Krieges war er Frachtwagenfahrer und Goldsucher. Und besonders als Letzterer musste er eine Menge Glück gehabt haben. Denn nach dem Bürgerkrieg im Jahr 1866 kaufte er in Texas eine Longhornherde und begann sie nach Norden zu treiben. Schon als Goldsucher in Montana hatte er das prächtige Weideland im Gallatin und zu beiden Seiten des Musselshell kennen gelernt. Und dort wollte er hin.

Dass dieses Gebiet den Indianern und den Büffeln gehörte, Tausende von Gold- und Silbersucher widerrechtlich in dieses Gebiet eingedrungen waren und er mit gewaltigen Schwierigkeiten zu rechnen hatte, störte ihn nicht.

Nun, er brachte seine Herde ohne Verluste bis nach Kansas, und schon dies allein war eine großartige Leistung. Er schoss sich den Weg durch die so genannte »Todeslinie« frei und erreichte Fort Leavenworth. Dort kaufte er noch einen ganzen Frachtwagenzug und belud ihn mit Waren jeder Art, die auf dem Big Muddy dorthin geschafft worden waren.

Die fast zwei Dutzend Ochsenwagen voller Waren würden ihm in Montana ein großes Vermögen einbringen.

Davon war er überzeugt.

Doch das war noch nicht alles, was Nelson Story erwarb und ihn letztlich zum Sieger und Gewinner machte.

Er kaufte eine Menge der neuen Remington-Gewehre. Mit diesen Repetiergewehren – sie waren den Indianern noch unbekannt – besaßen seine Reiter und Frachtfahrer eine gewaltige Feuerkraft. Und die Indianer glaubten zuerst, man könnte mit diesen Zauberwaffen pausenlos schießen.

Nun, auch jetzt schoss sich Nelson Store – wie schon durch die Todeslinie der Siedler in Kansas – den Weg frei.

Nach neun Monaten erreichte er Virginia City, verkaufte den Wagenzug mitsamt der Fracht mit gewaltigem Gewinn und, gründete im Gallatin die erste Rinderzucht in Montana.

Sein Erfolg sprach sich bis nach Texas herum.

Und so versuchten es in den Jahren danach noch andere Männer, zumeist Texaner. Manche scheiterten und verloren alles, andere schafften es wie Nelson Story.

Und einer dieser Gewinner war eine Frau. Was sie leistete, war Männerarbeit, deshalb ist sie in dieser Hinsicht mit einem Mann zu vergleichen. Aber sie war eine Frau, und man erzählte sich, dass sie sogar eine schöne Frau gewesen sei.

Man nannte sie in Montana nicht mit ihren Namen Paula Stuart, sondern respektvoll oder erbost Montana-Katze.

Hier also ist ihre Geschichte.

1

Pierce Newton sitzt auf der Veranda des Long Trail Saloons mit einem Glas Bier in der einen und einer Zigarre in der anderen Hand. Er hat seinen Stuhl weit zurück mit der Lehne an die Wand gekippt und seine langen Beine mit den Füßen auf der Verandabrüstung liegen, als er das Paar hereinreiten sieht.

Heiliger Rauch, denkt er, wer kommt denn da geritten?

Ja, es ist ein Staunen in ihm, und gewiss ergeht es nicht nur ihm beim Anblick dieser Frau so. Vielen Männern erscheint sie wie ein Wunder, manche bekommen offene Mäuler, andere wischen sich über die Augen.

Doch das Staunen bleibt.

Sie ist kein Trugbild, sondern Wirklichkeit.

Das Paar reitet an ihm vorbei, strebt offenbar dem Mietstall zu.

Die Reiterin trägt Weidetracht, so als wäre sie ein Cowgirl. Doch ihr Zeug ist von bester Qualität, vom schwarzen Stetson bis hinunter zu den zierlichen Stiefeln mit den Silbersporen.

Es sind ihre Haltung im Sattel, ihre geschmeidigen Bewegungen, die sich lässig denen des Pferdes anpassen, ihr erhobenes Kinn und die ganze Ausstrahlung, die sie als ein einmaliges Exemplar von einer Frau erscheinen lassen.

Ihr grünäugiger Blick trifft ihn im Vorbeireiten.

Und dann – als sie vorbeigeritten sind – da wird er sich bewusst, dass er sich den Mann neben ihr gar nicht angesehen hat.

Er fragt sich nun, was es für ein Mann sein mag, ihr Mann – oder nur ein Begleiter? Doch auch der Mann, den Pierce nun nur noch von hinten sieht, sitzt wie ein Mann im Sattel, der zu der besonderen Sorte gehört, wie ein Boss. Nein, Pierce glaubt nicht, dass dieser Mann neben ihr ein Untergebener ist, ein Begleiter, der sie in dieser wilden Stadt Dodge City beschützen soll.

Nein, die beiden Menschen da im Sattel auf erstklassigen Pferden sind ein Paar. Ein stolzes Paar.

Pierce Newtons Neugierde ist nun stark. Denn der grünäugige Blick dieser stolzen Reiterin hat ihn bis tief in den Kern getroffen.

Er verspürt ein Gefühl von Bedauern in sich aufsteigen und denkt: Solche Frauen sind nicht mehr zu haben. Die wurden von Männern längst schon geangelt, von Burschen, die eher eine Chance hatten.

Er leert nun das Glas, pafft einige Züge aus der Zigarre und starrt dem Rauch nach. Gestern kam er von der Kansas Prärie rein mit seinem Wagenzug voller Büffelhäute. Er hat sie gut verkauft, auch den Wagenzug. Er zahlte seine Abhäuter aus und war sich darüber klar, dass er nie wieder auf Büffeljagd gehen wird.

Denn eigentlich ist die so genannte Büffeljagd gar keine richtige Jagd. Es ist ein gnadenloses Abschießen friedlicher Tiere, die den Menschen als Feind noch gar nicht begriffen haben.

Indianer jagen noch die Büffel wie Jäger, nämlich mit Pfeil und Bogen oder Lanzen. Und sie jagen niemals mehr als sie Fleisch und Häute benötigen.

Die weißen Büffeljäger wollen Häute, nichts anderes als Häute und lassen die blutigen Kadaver dem Raubwild, den Aasfressern.

Büffelmorden ist ein blutiges Geschäft.

Pierce Newton hat manchmal einige Dutzend Büffel aus großer Entfernung mit seiner schweren Sharps getötet, ohne dass die Herde in Stampede geriet. Die getroffenen Tiere am Rand der Herde fielen einfach um, und manchmal sah es so aus, als würden sie sich zur Ruhe legen. Das Knallen beunruhigte die Herde nicht. Sie zog dann zumeist ruhig grasend weiter.

Doch Pierce Newton weiß, dass dies nicht so bleiben wird. Irgendwann werden die Büffel instinktiv begreifen, dass sie auf diesem Kontinent einen mörderischen Feind haben, den Menschen.

Und dann wird es Stampeden geben beim ersten Donnern einer Sharps. Dann wird alles anders sein.

Er will also keine Büffel mehr jagen.

Gestern hat er in der Badeanstalt hinter dem Barbierladen länger als eine Stunde im heißen Wasser einer hölzernen Wanne gelegen und reichlich Fliederseife geschäumt. Denn er möchte auch nicht mehr wie ein Büffeljäger stinken, der das Kochfeuer mit Büffelmist nähren muss, der wie Torf brennt.

Er trägt nun neues Zeug und hat dreitausend Dollar in seinem Geldgürtel, etwa hundert noch lose in der Tasche.

Er erhebt sich und folgt dem Paar zum Mietstall, denn er meint, dass er nun auch mal nach seinem grauen, narbigen Wallach sehen müsste.

Dieser Wallach ist so etwas wie ein vierbeiniger Freund für ihn, ein echter Partner, auf den er sich verlassen kann.

Aber insgeheim gibt er vor sich selbst zu, dass er auch aus Neugierde dem Mietstall zustrebt. Und als er in den Hof tritt, in welchem einige Wagen abgestellt sind, da kann er noch sehen, wie die schöne Frau in Weidetracht sich vom Pferd schwingt.

Nun endlich kann er auch den Mann von vorn sehen. Und da weiß er auf den ersten Blick, dass er einen besonderen Mann sieht, ja, einen Burschen, der dieser Frau gewiss angemessen ist, oder sie ihm.

Und so lässt er jede Hoffnung fahren, sich mit ihr näher beschäftigen zu können, also irgendwie ihre Bekanntschaft zu machen. Er begreift, die beiden Menschen da sind ein Paar. Im Vorbeigehen kann er sehen, wie sie den Mann anlächelt und wie dieser das Lächeln zurückgibt.

Er verschwindet im Stall, wo ihm der Stallmann entgegenkommt, um sich um die Ankömmlinge zu kümmern.

Im Vorbeigehen sagt der alte Cowboy zu ihm: »Das ist ein vierbeiniger Oglala, nicht wahr?«

»Richtig, Cowboy. Sie kennen den Brand?«

»Ja, Mister. Und wie! Das ist die schwarze Hand der Hundesoldaten. Die habe ich kennen gelernt, als ich für Nelson Story die Pferderemuda trieb. Und jetzt habe ich noch eine Pfeilspitze im Hintern, sodass ich nicht mehr reiten kann. Kein Doc kann mir das Ding herausschneiden, kein Doc.«

Er geht weiter und verschwindet draußen. Pierce Newton aber besucht seinen Wallach in einer der Boxen.

»Na, Grauer«, murmelt er, »ich sehe, man hat dich gut versorgt. Und du musst mir nicht so heftig ins Gesicht blasen. Ich weiß auch so, dass du hier wieder hinaus auf die weite Prärie möchtest. Lass mir noch einen einzigen Tag und eine Nacht in dieser hässlichen Stadt. Denn ich will noch etwas Spaß haben. Gedulde dich bis morgen. Dann verschwinden wir. Wenn ich nur wüsste, wohin.«

Er klopft dem Wallach noch mal gegen Hals und Brust und verlässt die Box. Doch noch bevor er aus dem Halbdunkel des Stalles in den Hof gelangt, hört er die harten und scharfen Stimmen eines Streits.

Er hält inne, tritt im Stallgang sogar hinter einen der starken Stützpfosten und blickt hinaus.

Und da begreift er die ganze Sache schnell.

Drei Männer kamen in den Hof. Zwei von ihnen gehören zu jener Sorte, die man in diesem Lande als Revolverschwinger bezeichnet. Sie sind Revolverhelden, die von ihren schnellen Colts leben. Man kann sie anwerben zum Schutz – oder auch für andere Revolverarbeit.

Sie sind offensichtlich die Begleiter eines Mannes, der wie einer der Viehaufkäufer wirkt, welche hier in Dodge City auf Herden warten, um sie für die Fleischfabriken im Osten verladen zu lassen.

Diese Viehaufkäufer stehen untereinander in einem harten Konkurrenzkampf und stürzen sich manchmal wie die Geier auf einen Herdenführer, wenn längere Zeit keine neuen Herden gemeldet wurden und seine Herde weit und breit die einzige ist.

Denn wenn die Fleischfabriken im Osten keinen Nachschub bekommen, gibt es Leerlauf. Dann können Lieferverträge nach Übersee nicht erfüllt werden, warten also Seeschiffe vergebens und werden Strafen fällig.

Pierce Newton hört den Viehaufkäufer hart und fordernd sagen: »Mr. Stuart, ich zahle Ihnen den Höchstpreis, denn ich muss Ihre Herde haben. Ich muss – verstehen Sie? Und so sage ich Ihnen, dass Sie mit der Herde keine zehn Meilen weiterkommen würden. Sie haben gar keine andere Wahl, Sie müssen an mich verkaufen. Also?«

Pierce Newton hört das »Also« und ist nun neugierig auf die Antwort des Mannes der schönen Frau. Offenbar heißt er Stuart.

Nun wird es sich zeigen, was für ein Mann er ist. Wird er angesichts der beiden Revolverschwinger kneifen oder ihnen sagen, dass sie zur Hölle gehen sollen?

Pierce muss nicht lange warten, dann hört er Stuart erwidern: »Mann, Bullock, ich habe keinen Liefervertrag mit Ihnen. Ich treibe meine Herde, wohin ich will, also auch nach Montana hinauf. Geben Sie auf, Bullock. Ich habe Ihr Angebot gestern schon abgelehnt. Dabei bleibt es! Basta!«

Er will sich dem Stallmann zuwenden, welcher in der Nähe verharrt, um ihm seine Wünsche bezüglich der beiden Sattelpferde zu sagen.

Doch da grollt jener Bullock, der offenbar in der Klemme steckt wegen Lieferschwierigkeiten an seine Auftraggeber: »Stuart, was wäre, wenn Ihre schöne Frau sehr schnell eine Witwe wäre? Würde sie dann mit der Herde immer noch nach Montana wollen?«

Als Bullock dies gesagt hat, greift Stuart nach seiner Waffe, die er tief genug trägt, um sie schnell ziehen zu können.

Und er ist schnell, sehr schnell.

Doch er kann nicht auf jenen Bullock, sondern muss auf dessen zwei Revolverhelden schießen, weil die ebenfalls ziehen und nicht langsamer sind als er.

Die Schüsse krachen zur gleichen Zeit, erfüllen den Hof mit ihrem Donnern.

Und dann fallen drei Männer auf verschiedene Weise in den Staub.

Stuart fällt nach vorn auf die Knie und legt sich langsam auf die Seite.

Einer der Revolvermänner dreht sich halb zur Seite, gestoßen von Stuarts Kugel, taumelt noch zwei Schritte und bricht zusammen.

Und der zweite Revolvermann geht auf die Knie wie Stuart, hält sich den Bauch und fällt aufs Gesicht. Jener Bullock aber ruft: »Er zog zuerst die Waffe, er zog zuerst! He, Stallmann, Sie sind Zeuge! Er zog zuerst, dieser verdammte Rebell aus Texas!«

Pierce Newton hört dies und nimmt jedoch alles nicht mehr so richtig wahr. Denn er beobachtet die Frau. Sie ist unbewaffnet. Aber nun springt sie zu ihrem Pferd, will dort das Gewehr aus dem Sattelschuh holen.

Und gewiss wird sie damit auf Bullock schießen. Doch Bullock stößt einen bösen Ruf aus. Er hat plötzlich einen Taschencolt in der Hand, eines dieser kleinen Dinger, welche Spieler bevorzugen.

Er ruft: »Versuchen Sie es nicht – nur nicht!«

Doch sie hält nicht inne, bekommt das Gewehr aus dem Holster, wirbelt damit herum und lädt gleichzeitig mit dem Unterhebel durch.

Da schießt Bullock tatsächlich auf die Erde, trifft auf die Entfernung jedoch mit der kurzläufigen Waffe nicht.

Schließlich stehen sie mehr als zwanzig Schritte auseinander.

Dafür trifft Pierce Newton aus dem Stallgang heraus mit der schweren Kugel seines Colts. Bullock bekommt sie in den dicken Bauch und bricht zusammen.

Und dennoch feuert die Frau mit dem Gewehr in ihn hinein, tötet ihn endgültig. Sie konnte offensichtlich nicht mehr innehalten.

Sie sieht sich dann nach Pierce Newton um, wirft ihm nur einen schnellen Blick zu, eilt dann aber zu ihrem Mann hin und wirft sich bei ihm auf die Knie.

»Nun holt doch einen Doc!«, ruft sie Sekunden später über die Schulter. »Oder gibt es in diesem Drecknest keinen Doc? Wenn ja, dann holt ihn! Ihn oder eine andere Hilfe!«

Pierce nickt dem Stallmann zu: »Na los, Cowboy, lauf schon!«

Er selbst geht hin zu der Frau und dem am Boden liegenden Stuart und kniet dort ebenfalls nieder.

Leute kommen von der Mainstreet hereingelaufen in den Hof, füllen diesen rings um die Toten und Verwundeten.

Und in ganz Dodge City verbreitet sich die Kunde von einem weiteren Revolverkampf. Doch dies ist nicht selten in der wilden Treibherdenstadt auf der Kansasprärie am Ende eines Schienenstranges, der allein wegen der Treibherden geschaffen wurde und mitten zwischen Verladecorrals endet.

Dodge City – nach General Dodge benannt, der in der Nähe ein Fort befehligte – hieß früher Buffalo City und entstand aus einem Büffeljägerfort aus Grassoden.

Nun ist es eine wilde Stadt ohne Gesetz. Zwar heuerten die Bewohner immer wieder Revolvermänner als Marshals an, aber die waren keine wirklichen Gesetzesmänner, sondern schützten nur die wenigen Bürger von Dodge City.

Deshalb geschieht an diesem Vormittag nicht viel nach dem Revolverkampf im Hof des Mietstalls.

Während die schöne Frau und Pierce noch bei dem schwer angeschossenen Stuart knien, kommt ein Mann angelaufen, der sich durch den dichten Kreis der Neugierigen drängen muss. Dieser Mann schnauft atemlos und stößt hervor: »Ich bin der einzige Doc. Soll ich mich um Ihren Mann kümmern? Er ist doch Ihr Mann – oder, Lady?«

»Holen Sie, ihm die verdammte Kugel heraus«, erwidert die schöne Frau.

Pierce, der ja dicht neben ihr kniet, kann sie aus der Nähe betrachten. Und so ernst und bitter die ganze Situation auch ist, er spürt ihre Ausstrahlung. Er wittert etwas, was ihn irgendwie berührt und er noch niemals in der Nähe einer Frau verspürte.

Er erhebt sich. Denn der Doc gibt nun einigen Männern, die er offensichtlich kennt, Befehle. Sie alle gehorchen ihm, denn wer will es sich schon in solch einer wilden Stadt mit dem einzigen Doc verderben? Und so tragen sie den schwer angeschossenen Stuart davon.

Ein Mann, mit einem Marshalstern an der Weste, bleibt bei Pierce und dem Stallmann zurück und lässt sich alles genau schildern.

Zuletzt nickt er wortlos, wendet sich an den Leichenbestatter, der mit einem Wagen und einem Gehilfen kam, und sagt trocken: »Da hast du wieder Arbeit, Slade. Dein Geschäft ist eine Goldgrube.«

Er wendet sich nach diesen Worten an Pierce und den Stallmann und nickt ihnen zu. »Ich muss eure Unterschriften haben für das Protokoll nach der Leichenschau. Kommt heute noch in mein Office.«

Er sieht Pierce schärfer an und spricht dann: »Die Lady hat Ihnen also ihr Leben zu verdanken, Büffeljäger. Es wäre wirklich schade gewesen um die Schöne.«

Nach diesen Worten geht er davon.

Der Leichenbestatter beginnt mit seinem Gehilfen die Toten aufzuladen.

Und der Stallmann bringt die Pferde der Stuarts in einen Corral, sattelt sie dort ab, indes auch Pierce Newton den Hof des Mietstalls verlässt.

Die wilde Treibherdenstadt hat wieder einige Tote mehr.

2

Pierce Newton verbringt den Tag weiterhin auf der Veranda des Long Trail Saloon und holt sich von Zeit zu Zeit ein Bier, raucht manchmal eine Zigarre, geht auch zum Mittagessen und beobachtet das Leben und Treiben in der Stadt.

Er kennt es inzwischen – denn er kam ja am Vortag schon her. Und so weiß er, dass Dodge City bis zum späten Nachmittag fast tot ist, besonders dann, wenn keine Herden angekommen sind und auch keine Verladung stattfindet.

Und auch jetzt ist nur die Stuart-Herde in der Nähe. Selbst wenn deren Mannschaft abwechselnd Stadturlaub bekommt, wird nicht viel mehr los sein. Nur Büffeljäger, Frachtfahrer und die Verlademannschaft der Eisenbahn werden etwas Leben in die Saloons und Bordellen bringen.

Das kann sich aber in der nächsten Woche schon ändern, wenn draußen auf der Prärie viele Texasherden lagern und auf die Verladung warten müssen, weil die Leerzüge nicht so schnell heranrollen.

Pierce Newton denkt an diesem Tag wieder über seine Zukunft nach.

Was soll er anfangen? Wie müsste er seine dreitausend Dollar einsetzen, um sie zu vermehren? Die Büffeljagd ist für ihn vorbei. Und als Trapper Pelze jagen irgendwo in den fernen Bergen, vom Herbst bis zum Frühling, in einer einsamen Hütte leben, das möchte er auch nicht mehr.

Was also soll er tun?

Oh, er hat viele Möglichkeiten. Er könnte einen eigenen Frachtzug nach Westen bringen zu den Goldfundgebieten in Colorado. Er könnte eine Holzfäller- und Flößermannschaft ausrüsten und mit ihr den Missouri hinaufgehen, um an einem der Nebenflüsse Holz zu schlagen und einige Riesenflöße den Strom abwärts schaffen.

Er kennt sich ja aus im Land bis hinauf zur kanadischen Grenze. Er kennt die Indianer gut genug, denn seine Großmutter war eine Arapahosquaw.

Er könnte also eine ganze Menge anfangen, Dinge, die nur ein ganzer Mann anfangen könnte.

Doch er denkt wieder an die schöne Frau, die wahrscheinlich ihren Mann verlieren wird und der draußen auf der Prärie eine Treibherde gehört, die sie beide mit Hilfe ihrer Mannschaft nach Montana hinauftreiben wollten.

Was wird sie nun tun?

Oh, er weiß, dass nach Nelson Story noch einige andere Texasherden nach Montana durchkamen, dass es aber auch andere es nicht schafften, weil sie in Büffelstampede gerieten, die Mannschaften von Indianern umgebracht wurden, ihre Rinder in Präriefeuern verbrannten oder in den reißenden Strömen ertranken.

Denn bei solchen Trails kommt es nicht zuletzt auf das Glück, sondern auf den Trailboss und die Mannschaft an.

Und diese Frau, deren Vornamen er immer noch nicht kennt, wird sicherlich aufgeben müssen. Nur Bullock wird die Herde nicht kaufen können. Bullock ist tot. Er – Pierce Newton – hat ihn getötet. Er hat im Laufe seines Lebens schon mehrmals töten müssen. Und als Knabe wuchs er bei den Arapahos auf, bis ihn Pater de Smet in die Missionsschule aufnahm und ihm sagte, dass er ein Dreiviertelweißer wäre.

Und weil seine Arapahomutter während eines Blizzards an einem bösen Fieber gestorben war, hatte er nichts dagegen, nun ein Weißer zu sein und in die Schule zu gehen.

Er denkt wieder an die schöne Frau, die ihn durch ihre Erscheinung und Ausstrahlung so sehr beeindruckt hat.

Sie hat grüne Augen, denkt er. Und ihr Haar ist so schwarz wie die Federn eines Raben. Sie reitet wie eine Amazone und …

Seine Gedanken werden jäh gestört, denn er sieht sie nun.

Sie kommt die Straße entlang, wahrscheinlich aus dem Haus des Doc, wo man ihren Mann hingeschafft hat.

Wo will sie jetzt hin? Dies fragt er sich und denkt, dass sie wohl zum Mietstall unterwegs ist, um dort die Pferde zu holen. Und dann wird sie zur Herde reiten, um der Mannschaft zu sagen, dass ihr Boss vielleicht sterben muss.

Als sie die Veranda des Saloons erreicht, da sieht sie zu ihm hoch. Und plötzlich begreift er, dass sie zu ihm will. Ja, sie hat sich gewiss über ihn erkundigt. Und so hat man ihr wohl gesagt, dass er ein Büffeljäger sei, der schon fast den ganzen Tag auf der Saloonveranda hocken und Bier trinken würde.

Ja, sie steigt die drei Stufen von der Fahrbahn hoch und tritt zu ihm.

Er erhebt sich und greift an den Hut.

»Ma’am?« So fragt er. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

Sie betrachtet ihn ernst, und wahrscheinlich sieht sie ihn nun erst so richtig.

Von oben bis unten geht ihr Blick, dann wieder hinauf. Seine Augen, in die sie nun blickt, sind rauchgrau. Sein dunkles Gesicht hat einige tiefe Linien, auch einige Narben. Und seine Nase wurde gewiss einmal gebrochen.

Aber es ist ein gut geschnittenes Gesicht mit einem Mund, der sehr harte Lippen bekommen kann, aber auch freundlich zu lächeln vermag.

Trotz ihrer Bitterkeit und Not gefällt ihr dieser Mann.