G. F. Unger Sonder-Edition Collection 11 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition Collection 11 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

5 spannende Westernromane von G. F. Unger lesen, nur 4 bezahlen!


G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.

Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 51 bis 55 der G. F. Unger Sonder-Edition:

Folge 51: Concho Creek

Folge 52: Black Lady

Folge 53: Horse Queen

Folge 54: Sterben für dreizehn Dollar

Folge 55: Einmal verlieren sie alle

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Seitenzahl: 931

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Manuel Prieto/Norma ISBN 978-3-7325-7440-7

G. F. Unger

G. F. Unger Sonder-Edition Collection 11 - Western-Sammelband

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Sonder-Edition 51 - WesternAls Paco Alvarez und Reece Clum auf der anderen Seite des Creeks auftauchten, wusste ich, dass meine Stunde geschlagen hatte. Hier am Concho Creek hatten mich die Sonora-Lobos nun endgültig in die Enge getrieben wie einen einsamen angeschossenen Wolf. Sie zügelten ihre Pferde, und ich sah ihren Gesichtern an, wie sie sich bereitmachten für die böse, schwarze, gewalttätige Sekunde. Und dann bewegten sie sich unheimlich schnell und die Mündungsfeuer ihrer Revolver zuckten auf mich zu ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 52 - WesternSamantha Donovan war eine Spielerin. Sie und Oven Quaid lernten sich kennen, als sie im Begriff war, aus einer Pokerrunde auszusteigen, obwohl sie einen Straight Flush auf der Hand hatte. Das Geld war ihr ausgegangen. Doch Oven half ihr aus der Klemme. Spontan gab er ihr einen unbegrenzten Kredit, denn bei Samanthas Anblick erkannte er schlagartig, dass er die Frau seines Lebens vor sich hatte. Auch bei Samantha war es Liebe auf den ersten Blick, und ohne zu zögern sagte sie ja, als er sie auf seine River Shark zur Fahrt ins Goldland einlud. Die Fahrt war nicht ungefährlich, denn auf dem Big Muddy herrschte der Trust, der Jagd auf alle freien Kapitäne machte. Doch auch das konnte Samanthas Entscheidung nicht beeinflussen. Sie war bereit, Oven zu folgen, und wenn es bis in die Hölle und zurück sein sollte. Noch ahnte sie nicht, welche grausamen Konsequenzen dieser Entschluss haben würde...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 53 - WesternEs ist in Santa Fé, als Hay McRae sie zum ersten Mal sieht. Sie ersteigert einen Zuchthengst, für den sie ein Vermögen hinlegen muss. Hay ist fasziniert, noch nie sah er eine solche Frau. Und als sie kommt und ihn bittet, den Hengst nach Texas zu bringen, erklärt er sich auf der Stelle bereit. Dabei weiß er, dass er einen Höllenauftrag übernimmt, denn Sheere Harris hat Feinde, und alle Banditen des Landes sind scharf auf den Wunderhengst. Aber Hay weiß, was er sich zutrauen kann, und zudem will er Sheere für sich gewinnen. Groß ist seine Enttäuschung, als er erkennt: Je mehr er sich seinem Ziel nähert, umso deutlicher schrumpfen seine Chancen bei der Angebeteten. Welch düsteres Geheimnis umgibt diese schöne Frau?Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 54 - WesternEs war ein Job, wie man ihn sich mieser nicht denken kann. Ich fuhr als Begleitschutz mit einer Postkutsche, die Gold, Silber und Lohngelder beförderte. Und die Bezahlung war genauso mies, nämlich ganze 13 Dollar pro Fahrt. Schon dachte ich daran, den Job an den Nagel zu hängen, aber dann erhielt ich das Angebot der Minen-Marder. Es war ganz einfach. Ich brauchte nur die Hände vom Schießeisen zu lassen, wenn sie unsere Kutschen um einige Kisten Gold erleichterten. Sie versprachen mir einen saftigen Brocken der Beute. Andernfalls würde ich sterben. Sterben - für 13 lausige Dollar ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 55 - WesternIm Morgengrauen kam ich mit meinem kleinen Bruder Ollie in den Mietstall, wo unser ältester Bruder Bill im Stroh lag. Der arme Bill war von einer Ladung Indianerschrot fast in Stücke geschossen worden, und dass er noch so lange lebte, bis wir bei ihm waren, war nur seiner unwahrscheinlichen Energie zuzuschreiben. Er grinste etwas mühsam und sah mich dabei an. "So ist das immer", flüsterte er tonlos. "Eines Tages erwischt es jeden von uns. Der Kleine hat jetzt nur noch dich, Jesse. - Ich weiß, dass du mit dem Colt noch schneller werden könntest als ich. Aber werde nie ein Revolvermann - nie! Denn einmal verlieren sie alle!" Damit hatte er mir gesagt, was er noch sagen wollte. Es musste ihm sehr am Herzen gelegen haben. Er starb von einem Atemzug zum anderen.Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Concho Creek

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Vorschau

Concho Creek

1

Ich kam noch durch die Furt, aber ich ertrank fast darin, weil ich kaum noch die Kraft aufbringen konnte, mich zu erheben. Und schwimmen konnte man in diesem knietiefen Wasser nicht. Ich schaffte es noch bis ans nördliche Ufer und den verdammten Weg hinauf bis zum Saloon. Es war nicht so, dass ich im Saloon einen Drink nehmen wollte. Flüssigkeit hatte ich im Concho Creek genug schlucken müssen. Nein, ich wollte nur zu Menschen. Denn es ging mir verdammt schlecht.

Übrigens: Concho Creek! Es gab im ganzen Südwesten eine Menge Concho Creeks, so wie es auch Orte gab, die Santa Cruz hießen. Den Leuten damals ist eben nicht mehr eingefallen. Jener Concho Creek, in dem ich fast ertrunken wäre, bildete ein Stück Grenze zwischen Mexiko und dem Arizona-Territorium.

Nun, ich schaffte es noch bis zur ersten Stufe der Veranda des Concho Saloons. Danach war es so gut wie aus mit mir. Und mein letzter müder Gedanke war noch: Aaah, rutscht mir doch alle mal …

Ich glaubte also damals, es wäre alles aus und vorbei. Aber das war es nicht. Denn irgendwann kam ich wieder zu Bewusstsein.

Und da lag ich in einem Bett und sah einen Engel mit grünen Augen und rotem Haar über mir. Diese Erscheinung verschwand immer wieder in grauen Nebelschleiern – aber sie kam immer wieder zum Vorschein, als die Schleier wichen.

Irgendwann begriff ich, dass dieser Engel eine schöne Frau war, die sich um mich kümmerte. Und irgendwann brachte ich es fertig, etwas zu sagen.

»Hallo, Honey«, sagte ich, und meine Stimme klang wie eine Blechbüchse, in der ein paar Kiesel klapperten.

Aber sie lächelte auf mich nieder und gab mir zu trinken.

Nun erkannte ich sie auch. Es war Stella Clayton, die Besitzerin des Concho Saloon. Ich hörte sie sagen: »Cash Cannon, was war das für eine Verletzung an Ihrem Arm?«

»Klapperschlange«, sagte ich. »Das war eine Klapperschlange. Ich musste dann ziemlich tief schneiden, damit es genug blutete. Und zum Glück biss mich das Biest dort, wo ich mit dem Mund saugen und ziehen konnte wie ein Kalb am Euter der Kuh. Hab ich es wirklich überstanden?«

Ich sah sie nicken. Ich hatte zuvor nur von ihr gehört, sie jedoch noch nie gesehen. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie Stella Clayton war. Denn es gab hier nur einen Concho Saloon, und auf ein paar hundert Meilen gewiss nur eine solche Frau. Sie war bekannt an der Grenze. Das war kein Wunder.

Sie hatte mich bei meinem Namen genannt. »Wieso wissen Sie, dass ich Cash Cannon bin, Stella?«, fragte ich. Meine Stimme war nun schon klarer.

»Ach, einer der Gäste erkannte Sie«, sagte sie und trat etwas zurück, sodass sie hinter das Fußende treten und die beiden Messingkugeln des Bettgestells umfassen konnte.

Wir betrachteten uns eine Weile stumm. Meine Gedanken waren ohnehin sehr langsam. Aber ich begriff, dass sie eine sehr beachtliche Frau war. Sie war nicht nur sehenswert und hatte eine Menge Ausstrahlung – nein, sie musste auch eine Menge Haare auf den Zähnen haben und ziemlich hartgesotten sein. Denn sonst könnte sie nicht hier an der Grenze diesen Saloon führen. Dies war ein Job, den so mancher harte und erfahrene Bursche nicht bewältigen konnte.

Ich staunte sie an.

Dann fragte sie: »Sie haben kein Pferd mehr und …«

»… keinen Sattel – nicht mal mehr einen Colt«, sagte ich. »Ja, Schwester, ich bin abgebrannt und blank. Ich kann nicht mal das Essen bezahlen, auch nicht das Bett hier. Muss ich jetzt raus?«

Sie hatte einen etwas zu breiten und vollen Mund. Aber es war zugleich auch ein energischer Mund. Er war lebendig und verriet manchmal gewiss mehr, als es Stellas Absicht war.

Dieser Mund wurde nun für einen Moment herb.

»Ich bin ein kranker, armseliger Hund«, sagte ich. »Und sehr viele Freunde, die mir etwas leihen würden, besitze ich auch nicht. Da man aber in diesem Land nichts geschenkt bekommt auch nicht von einer schönen Frau, frage ich Sie, Ma’am, ob ich raus muss. Oh, ich finde auch auf dem Stroh in einer Scheunenecke einen guten Platz.«

Sie begriff plötzlich, was in mir war. Sie sah auf mich nieder und spürte meinen verletzten Stolz. Sie ahnte, wie mir meine Hilflosigkeit zusetzte. Und endlich begriff sie auch, dass ich ein Bursche war, der wahrscheinlich zum ersten Mal auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen war.

»Ich glaube nicht, dass Sie jemandem etwas schuldig bleiben«, sagte sie plötzlich. »Irgendwie zahlen Sie immer. Ich habe schon von Ihnen gehört, Cash Cannon. Wer an dieser Grenze und in diesem Land westlich des Pecos hat noch nicht von Ihnen gehört?«

Damit ging sie hinaus. Ich verfiel schon wieder in einen Halbschlaf. Dieses Gift der Klapperschlange war noch in mir und von meinem Körper längst noch nicht absorbiert worden. Das konnte noch Wochen dauern.

***

Als ich erwachte, hätte ich normalerweise hungrig sein müssen wie ein Wolf nach einem langen Blizzard. Doch ich spürte keinen Hunger. Ich war viel zu schwach und schlapp, um überhaupt noch etwas anderes zu wollen als Ruhe und bewegungsloses Dahinschlummern.

Aber dann kam diese so herrlich anzusehende Stella Clayton wieder. Diesmal brachte sie eine Fleischsuppe. Sie fütterte mich mit einem Löffel. Und danach gab sie mir einen Tee zu trinken, der nach einem toten Hund schmeckte, den man in einer Büffelkuhle gewässert hatte.

Ich schüttelte mich zaghaft, denn viel bewegen konnte ich mich noch nicht.

Sie sagte: »Das ist Blutreinigungstee. Ich habe ihn von Juana, der alten Kräuterhexe, mischen lassen. Sie sagt, dass dieser Tee nach einigen Wochen das Schlangengift aus dem Blut treiben wird.«

»Wochen?«, fragte ich erschrocken.

»Sicher – Wochen, Mister«, sagte sie trocken. »Ich habe mir da etwas aufgeladen mit Ihnen, nicht wahr? Dabei wollte ich nie wieder mildtätig sein und kranke Hunde pflegen. Denn das bringt nichts ein. Warum haben Sie denn das Pferd und Ihren Colt verloren? War auch da die Klapperschlange dran schuld?«

»Nein«, sagte ich. »Aber darüber möchte ich nicht sprechen. Hat man meinen Hut gefunden? Ich muss ihn am Creek verloren haben. Mein Hut hatte ein aus Goldfäden geflochtenes Hutband. Das war ein paar Dollar wert.«

»Pah«, machte sie nur und verließ mich wieder.

Ich war satt und dachte träge über ihre Worte nach.

Jawohl, ich war ein kranker Hund. Und sie hatte sich mit mir etwas aufgeladen. In diesem Land bekam man nichts geschenkt. Und wenn eine Frau wie Stella Clayton erst damit anfing, kranke Tramps aufzulesen und zu pflegen, konnte sie schnell bettelarm werden.

Aber ich durfte nicht ständig an diese Stella Clayton denken. Ich hatte eine verdammte Menge anderer Sorgen. Es wurde Zeit, dass ich mal an Paco Alvarez und Reece Clum dachte.

Denn diesen beiden Schuften hatte ich meine gewiss nicht rosige Lage zu verdanken. Und ich wusste, sie würden nach mir suchen, würden eines Tages – vielleicht sogar schon in der nächsten Minute – nach Concho Creek kommen.

Was dann?

Ich hatte nicht mal einen Colt, mit dem ich von meinem Bett aus auf die beiden Schufte schießen konnte.

Aber wahrscheinlich hätte ich einen Colt gar nicht halten können. Ich fühlte mich so schrecklich schwach. Es war eine Kraftlosigkeit, die aus dem Innern kam. Dieses Klapperschlangengift hatte mich zwar nicht töten können, doch ich war bis ins Mark ausgehöhlt.

Oha, wie sollte das weitergehen?

***

Drei Tage später ging es mir wenigstens wieder so gut, dass ich aus dem Bett kriechen konnte wie ein kranker Sonora-Wolf aus seiner Höhle.

Stella Clayton hatte mir neues Zeug aus dem Store gebracht.

Nun kam sie mit einem großen Glas Milch und sagte: »Es schmeckt so süß, weil eine Menge Honig darin verrührt ist. Honig und Milch können gewiss nicht schaden, nicht wahr?«

Oha, ich hätte auch Schwefelsäure getrunken, wenn ich die Hoffnung gehabt haben würde, es könnte mir helfen und mir etwas Kraft zurückgeben.

Und so trank ich auch dieses Zeug.

»Ich stehe immer tiefer in Ihrer Schuld, Stella«, sagte ich. »Was werden Sie eines Tages dafür verlangen? Nur Geld?«

Sie trug an diesem Vormittag einen rehledernen, geteilten Reitrock, eine grüne Hemdbluse und eine ärmellose Weste. Darin wirkte sie gar nicht wie eine Saloonbesitzerin, eher wie eine junge Rancherin. Ihr Haar war etwas zerzaust. Wahrscheinlich war sie ein Stück geritten. Sie hielt sich also körperlich fit und scheute sich auch nicht vor einem harten Ritt.

Sie hatte schmale Augen, während sie mich jetzt ansah und über meine Frage nachdachte.

»Wir werden sehen«, sagte sie. »Auf jeden Fall sind Sie mir etwas schuldig, Cash Cannon. Es wird sich schon eine Gelegenheit ergeben, dass Sie Ihre Schuld bezahlen können.«

Sie nahm das leere Glas und ging zur Tür.

Noch bevor sie öffnen konnte, sagte ich: »Mein Fieber vorgestern war wohl schlimm, nicht wahr?«

Sie sah mich über die Schulter an.

»Ja, sehr schlimm«, sagte sie. »Ich ließ Sie pausenlos den Tee von Juana schlucken. Sie hat für jede Art von Krankheit einen Tee. Und weil Sie vom Fieber eine Menge Durst hatten, schluckten Sie stets auch recht brav.«

Ich nickte. Sie wollte nun endgültig gehen. Da fragte ich schnell: »Und was habe ich im Fiebertraum alles geredet?«

Nun sah sie mich nicht länger über die Schulter an, sondern wandte sich mir wieder voll zu.

»Verworrenes Zeug«, sagte sie. »Aber etwas konnte ich mir zusammenreimen. Sie waren mit etwas Gold unterwegs. Irgendwo hatten Sie Gold gefunden. Aber dann bekamen Sie es mit Banditen zu tun. Sie wurden nachts in Ihrem Camp überfallen und konnten nur noch Ihre nackte Haut retten. Sie mussten alles zurücklassen, also Pferd, Ausrüstung und das Gold. Sie suchten sich einen Weg zu Fuß durch die Berge, wo Reiter keine Chancen hatten. So entkamen Sie der Bande. Es waren wohl am Anfang mehr als nur zwei Banditen. Doch jene, deren Namen Sie im Fieber manchmal nannten, waren wohl die Anführer. Aber dann wurden Sie unterwegs von der Klapperschlange gebissen. Es ist wie ein Wunder, dass Sie noch leben. Was macht der Arm? Ist die tiefe Schnittwunde über der Bissstelle gut verheilt?«

Ich sah sie an und nickte stumm. Und dabei dachte ich darüber nach, ob ich im Fiebertraum dies alles freiwillig losgeworden war, oder ob Stella Clayton mir gezielte Fragen gestellt hatte. Ja, ich erinnerte mich irgendwie tief in meinem Innern, dass ich im Fieber meine letzten Abenteuer noch einmal durchlebt hatte.

Stella hatte an meinem Bett gesessen und wusste nun einigermaßen über mich Bescheid.

Ich sagte: »Stella, ich habe keine Goldader gefunden. Es war nur der Rest einer Goldader in einer alten, stillgelegten Mine drüben in Mexiko. Es war kaum mehr als für dreihundert Dollar Gold. Aber ich machte den Fehler, damit in einem kleinen, mexikanischen Dorf ein paar dringende Einkäufe zu bezahlen. Mein Pferd hatte neue Eisen nötig. Nun, dass ich mit diesem Gold bezahlte, brachte mir die Banditen auf den Hals. Wahrscheinlich sind sie immer noch hinter mir her, weil sie an eine Goldader glauben. Paco Alvarez und Reece Clum sind ja bekannt genug als Grenzwölfe. Ich habe ein paar von ihren Leuten umgelegt, darunter auch Pedro Alvarez, den kleinen Bruder von Paco.«

»Dann sitzen Sie aber mächtig in der Klemme«, sagte Stella trocken und ging hinaus.

Ich war einigermaßen verblüfft, denn ich hatte erwartet, dass sie mich nun aus ihrem Haus weisen würde. Sie musste jetzt begriffen haben, dass man sich mit mir nur Verdruss einhandeln konnte.

Aber sie ging ruhig hinaus, als hätte ich ihr eine ganz unwichtige und gar nicht aufregende Geschichte erzählt.

Ich staunte nicht länger, sondern machte mich endlich auf den Weg, um den Saloon und den kleinen Ort zu besichtigen.

Die Treppe knarrte unter meinem Gewicht, als ich nach unten ging. Ich hatte gewiss mehr als zehn Kilo in den vergangenen Tagen verloren und fühlte mich nur noch als ein Strich.

Doch ich wusste, dass ich auch jetzt noch gute siebzig Kilo wog bei einer Länge von einssechsundachtzig. Und weil ich auch mit knapp neunzig Kilo nicht massig wirkte, kann man sich vorstellen, wie dünn ich jetzt aussah.

Es war ein großer Saloon, der von den wenigen Leuten des kleinen Ortes niemals hätte leben können. Für diese Gegend hier war der Concho Saloon sogar sehr nobel eingerichtet. Er war mehr als eine billige Bodega, wie sie sonst in den kleinen Nestern üblich war.

Es mussten also viele Gäste nach hier kommen, die nicht im Ort lebten.

Ein Mexikaner stand hinter der Bar und putzte Gläser. Er war nicht sehr groß, doch kompakt. Er hatte hängende Schultern, die in einen massigen Hals übergingen, der mit Muskelsträngen nur so gepanzert war. Ein paar Narben in seinem Gesicht waren Zeichen, die mir sagten, dass er einmal Preiskämpfer gewesen sein musste.

Er nickte mir zu.

Dann griff er unter den Schanktisch und holte einen Revolvergürtel hervor.

Im Holster steckte ein Colt.

Der Mexikaner sagte: »Ich bin Toro. Die Señora sagte, dass ich Ihnen dieses hier geben soll.«

Ich trat näher, sah auf die Waffe und erkannte sogleich, dass es die Kanone eines Könners gewesen war.

Zuerst wollte ich nicht – doch dann nahm ich die Waffe aus dem Holster.

Nun fühlte ich es. Der Kolben war besonders gut geformt und innen mit Blei ausgegossen. Oh, er lag prächtig und wie eingewachsen in meiner Hand. Die Waffe hatte einen bunt gehärteten Stahlrahmen und keinen Abzug mehr. Auch vorn das Korn war abgefeilt worden.

Und der Hammer hatte – damit man ihn leichter mit dem Daumen zurücklegen konnte – eine eigenartig geschwungene Form.

Aber sonst war es ein 1860 Army-Colt, Kaliber 44 mit einem zwanzig Zentimeter langen Lauf. Die Trommel war hübsch graviert.

Es war damals das technisch beste Colt-Modell, speziell für die Nordstaaten-Armee entwickelt.

»Er ist geladen«, sagte der Mexikaner hinter der Bar und sah zu, wie ich die Waffe in der Hand wog. Obwohl ich noch keine Kraft in dieser Hand hatte, entging es ihm gewiss nicht, dass ein Fachmann vor ihm stand, der sich in dieses Schießeisen hineinfühlen konnte wie in ein lebendiges Wesen.

»Wem gehört er?«, wollte ich wissen.

Toro, der mexikanische Barmann, leckte sich erst die Lippen, so, als müsste er Zeit gewinnen.

Doch dann sagte er etwas leiser: »Dem Señor. Er war nicht schnell genug damit, als er mit Don Pytaja Coronada kämpfte.«

»Mit Pytaja, dem Banditen?«, fragte ich schnell.

»Mit Don Pytaja de Coronada, der schon einmal General war und eine Armee gen Mexiko City führte«, sagte Toro.

Und nun wusste ich es.

»Welcher Señor?«, fragte ich. »Welchem Señor gehörte diese Waffe. Sie sagten einfach nur Señor. Aber wie war sein Name?«

»Señor Clayton.«

Und nun wusste ich es wieder. Ich erinnerte mich daran, einmal irgendwo die Geschichte gehört zu haben. Stella Clayton war früher nicht allein die Wirtin des Saloons in Concho Creek gewesen. Es gab auch einen Wirt. Und der hieß Jim Clayton. Er war als Spieler und Revolvermann bekannt. Hier an diesem Grenzübergang war er so etwas wie eine Autorität. Durch ihn war Concho Creek zu einem neutralen Ort geworden.

Aber dann – vor etwas mehr als zwei Jahren – war der mexikanische Bandit Pytaja über die Grenze gekommen. Pytaja war wirklich einmal Revolutions-General gewesen. Doch das hatte wenig zu bedeuten.

Jedenfalls kam er über die Grenze und wollte die schöne Wirtin haben. Daher musste er mit ihrem Mann kämpfen.

Pytaja tötete Jim Clayton. Das hatte ich damals gehört und bald wieder vergessen.

Toro beobachtete mich.

Und ich hatte plötzlich viele Fragen auf der Zunge. Ich wollte brennend gern wissen, ob dieser Pytaja damals die schöne Wirtin des Grenz-Saloons bekommen hatte. Aber dann verzichtete ich darauf. Ich würde schon noch dahinter kommen.

Ich band den Revolvergurt mit dem Holster um und sah auch nach, ob die beiden Taschen daran gefüllt waren mit all den nötigen Dingen. Da waren Kugeln, Zündhütchen, eine Pulverflasche, Filzscheiben und andere notwendige Kleinigkeiten.

Ich rückte die Halfter zurecht und band sie unten am Bein fest. Es passte alles wie für mich angefertigt. Stella Claytons Mann musste meine jetzige Statur gehabt haben.

Toro beobachtete mich.

Plötzlich lächelte er schief. Doch in seinen Augen war keine Abneigung. Er konnte vielleicht nur auf diese Art lächeln.

»Ich habe schon von Ihnen gehört, Señor Cannon«, sagte er. »Und es gibt nicht viele Menschen, die einen Klapperschlangenbiss überstanden haben. Man sagt hier in diesem Land zu beiden Seiten der Grenze, dass solche Menschen eines Tages im Bett sterben, weil sie sonst nicht totzukriegen sind.«

Ich grinste zu seinen Worten.

Dann ging ich hinaus und blinzelte gegen die Sonne. Ich sah mich um und merkte, wie klein der Ort war.

Es gab außer dem Saloon einen Wagenhof, eine Schmiede und eine Poststation. Dazu kamen ein Store, ein Hotel, ein paar Corrals und zwei oder drei Häuser mit den dazugehörigen Nebengebäuden.

Hier in Concho Creek lebten kaum mehr als dreißig Menschen.

Aber es kamen gewiss Reisende, Wagen- und Packtierkolonnen und eine Menge Reiter hier durch. Hier an der Furt war der einzige Übergang weit und breit, wollte man nicht mühsam zu Fuß über die Berge und Hügel klettern oder Umwege reiten.

Ich ging langsam hinunter zum Creek, und ich erinnerte mich wieder daran, wie mühsam ich vor einigen Tagen diesen Weg heraufgetorkelt war und wie sehr ich mir gewünscht hatte, dass jemand mir helfen würde.

Als ich den Creek erreichte, suchte ich mir einen schattigen Platz. Es gab hier ein paar alte Cottonwoods, aber auch Espen. Der Creek führte klares, gut mundendes Wasser. Ich holte mir einige Handvoll heraus.

Und dann dachte ich wieder darüber nach, ob ich schon wieder kämpfen konnte.

Ich erhob mich von dem Stein, auf dem ich saß, und zog einige Male zur Probe den Colt. Oha, war der schwer! Er schien fünfzig Pfund zu wiegen. Mein Handgelenk schien nur die Kraft eines Knabenhandgelenks zu haben. Zum Glück hatte mich die Klapperschlange nicht in meinen Revolverarm gebissen.

Ich war – was den Colt betraf – Linkshänder.

Nachdem ich einige Male gezogen und Anschlag genommen hatte, gab ich es auf. Denn ich war gewiss nicht schneller als ein Farmer. Aber ich war Cash Cannon, ein Revolvermann und Abenteurer der Grenze. Ich war so etwas wie ein Grenzwolf, und wenn ich bis jetzt auch noch nicht vom Gesetz verfolgt wurde, so konnte sich das von einem Tag zum anderen durch einen dummen Zufall ändern.

Ich wusste das.

Als ich vor einiger Zeit drüben die alte Mine durchsucht und dabei ein paar Goldbrocken gefunden hatte, war das eigentlich Diebstahl. Denn die Mine gehörte ja nicht mir. Gewiss, sie war verlassen, wahrscheinlich auch aufgegeben. Aber es war nicht meine Mine. Mein Besitzanspruch auf das Gold war zumindest fragwürdig.

Und von gleicher Fragwürdigkeit waren viele Dinge, die ich in den vergangenen Jahren getan hatte.

Indes ich so am Creek im Schatten der Bäume auf einem Stein saß, dachte ich über mein Leben nach. Ja, irgendwie war auch ich nur ein Grenzwolf.

Und was würde ich in Zukunft sein?

Ich hatte mich noch niemals so sehr in der Klemme befunden.

Und ich war einer schönen Frau verpflichtet, um die schon Revolvermänner und Banditen gekämpft hatten.

Doch ich besaß immer noch eine Menge Stolz. Und dies hatte Stella Clayton ganz klar und sicher erkannt. Deshalb würde sie wohl auch mit mir keinen Fehler machen. Dies wünschte ich ihr – und auch mir.

Ich hätte vielleicht noch viel über mich nachgedacht in dieser Stunde am Creek. Doch dann sah ich drüben zwei Reiter kommen.

Ich erkannte sie sofort, denn es waren Paco Alvarez und Reece Clum.

Ich wusste, sie ritten immer noch auf meiner Fährte. Sie suchten immer noch nach mir. Aus diesem Grund kamen sie auch nach Concho Creek.

Sie kamen viel zu früh für mich.

Denn ich war noch zu schwach, zu krank, zu langsam.

Ich war ihnen längst noch nicht gewachsen.

Und dennoch musste ich mich ihnen stellen.

Es gab kein Ausweichen.

2

Sie konnten mich im Schatten der Bäume auf dem Stein am Wasser noch nicht erkennen. Und so hatte ich noch etwas Zeit, mich auf das Unvermeidbare vorzubereiten.

Ich musste all meine Wünsche nach Schonung des eigenen Körpers zurückstellen.

Ich musste mich zu jenem unheilvollen Entschluss durchringen, der mir den Tod bringen konnte.

Als sie die Mitte der Furt erreicht hatten, in der ich vor einigen Tagen fast ertrunken war, weil ich vor Schwäche nicht mehr aufstehen konnte im seichten Wasser, da erhob ich mich und ging ihnen bis zum Rand des Wassers entgegen.

Sie hielten nebeneinander an und betrachteten mich.

Die Entfernung betrug etwa acht Schritte, also ungefähr sechs Yard.

Ich begriff, dass sie mich nicht sofort erkannten. Aber das war ja auch kein Wunder. Ich hatte unheimlich an Gewicht verloren. Ich war dünn wie eine Bohnenstange geworden, und dabei knochig. Die Kleidung umschlotterte mich. Und meine ganze Körperhaltung hatte sich verändert.

Früher war ich bei aller sehnigen Hagerkeit doch ein schwergewichtiger Bursche gewesen, dessen Proportionen stimmten. Ich trug jetzt andere Kleidung und war auch nicht mehr bärtig, sondern glatt rasiert.

Das alles gab mir ein völlig verändertes Aussehen.

Doch nach einigen Atemzügen dämmerte es ihnen dann doch. Sie grinsten.

Und Paco Alvarez sagte aus dem Mundwinkel zur Seite: »Reece, sieh dir diesen Amigo an. Kennst du ihn noch?«

»Der könnte in einem Flintenlauf baden«, sagte Reece Clum. »Er ist dünn geworden seit jenem Tag, als wir ihn zum letzten Mal sahen. Vielleicht hat er Fuchsleberpulver gefressen und muss immerzu die Hosen herunterlassen, weil alles, was er ins Maul nimmt, auch schon hinten wieder herausschießen möchte. Hey, er ist es!«

In seiner Stimme schwang unversöhnlicher Triumph.

Seine Augen glitzerten. Er war ein weißblonder Texaner mit sichelförmigem Bart, dessen Spitzen tief über die Mundwinkel hingen.

Und auch Paco Alvarez hatte glitzernde Augen. Er sah aus wie ein Yaqui-Indianer. Er war untersetzt, ein wenig schlitzäugig und hatte hohe Wangenknochen.

»Du hast meinen Bruder Pedro umgelegt«, sagte er. »Du hast ihn einfach in den Bauch geschossen. Weißt du das?«

Ich schluckte mühsam.

»Ihr habt mich mit sechs oder sieben Mann in meinem Camp überfallen«, sagte ich. »Wer ihr wart, bekam ich erst später heraus, als ihr mich in die Berge jagtet. Und ich habe deinen Bruder Pedro nicht absichtlich in den Bauch geschossen. Es gab in dieser finsteren Nacht nicht viel zu sehen – nur gleitende Schatten und Mündungsfeuer. Ich habe auf alle Mündungsfeuer geschossen. War das nicht mein gutes Recht, Compadres?«

Sie grinsten ohne jede Freundlichkeit.

Und ich konnte es von ihren Gesichtern ablesen, wie sie sich innerlich bereitmachten für die böse, schwarze, gewalttätige Sekunde.

Paco Alvarez sagte: »Vielleicht könnte ich den Tod meines kleinen Bruders Pedro hinnehmen, Amigo – wenn –, ja wenn du uns zu Partnern deiner Goldader machen würdest. Es war Adergold, das du bei dir hattest. Also, in welcher der alten Minen bist du auf eine neue Ader gestoßen?«

Nun wusste ich es. Sie glaubten an eine von mir entdeckte Goldader. Und sie würden jede gegenteilige Behauptung als Lüge werten.

Deshalb sagte ich einfach nur: »Geht zur Hölle!«

Es hatte keinen Sinn, ihnen die Wahrheit zu erzählen.

Sie dachten darüber nach, und kamen endlich zu der Erkenntnis, dass ich nicht mit mir handeln lassen wollte, und auch nicht umzustimmen war.

»Hombre«, sagte Paco Alvarez, »du bist ja loco! Ja, loco!« Er schrie das letzte Wort, aber er wollte mir nicht nur mit diesem scharfen Ruf klar machen, dass ich verrückt war. Sein Ruf war zugleich auch ein Zeichen für seinen Begleiter.

Sie saßen zwar noch in den Sätteln, doch sie riskierten es. Wahrscheinlich sah es für sie so aus, als könnte ich mich gerade aufrecht auf den Beinen halten.

Ich beeilte mich mit meinem Colt.

Doch ich war ja so langsam, so verdammt langsam.

Ich sah schon in ihre Mündungsfeuer, bevor ich den Revolver heraushatte.

Ich spürte jedoch keine Treffer. Und erst als ich meinen Revolver mit beiden Händen hielt und auf ein Knie fiel, um besser schießen zu können, da begriff ich, was ich noch instinktiv getan hatte.

Es war ein gemeiner Trick, doch ich wollte überleben.

Ich hatte den kreischenden Schrei eines Pumas ausgestoßen. Und das mochten ihre Pferde nicht.

Diese Tiere waren zwar an Revolverfeuer gewöhnt, aber bei diesem fauchenden und kreischenden Schrei gingen sie hoch, als wäre der Puma über ihnen auf einem Baum.

Und deshalb trafen mich die beiden Reiter nicht, obwohl sie mich im Ziehen glatt schlugen.

Ich traf besser, denn ich kniete, stützte einen Ellenbogen auf mein Knie und hielt den Colt mit beiden Händen. Es war die einzige Möglichkeit, die beiden Banditen zu schlagen.

Sie fielen beide von den Pferden ins Wasser. Ich war zu schwach, um sie herausholen zu können. Meine Knie zitterten. Ich musste mich auf den Stein setzen, der schon vorher mein Ruheplatz gewesen war.

Von dem kleinen Ort oben am Creekufer kamen nun ein paar Leute.

Toro, der Barmann vom Concho Saloon, führte sie an. Auch der rauchgeschwärzte Schmied war dabei.

Und dann sah ich Stella.

Sie lief schnell. Erst als sie sah, dass ich ruhig auf dem Stein saß – sie konnte es vom Wagenweg aus gut erkennen –, fiel sie in Schritt.

Die Männer von Concho Creek machten ihr Platz. Sie starrten indes auf mich und die beiden Toten im Creek.

Ich sagte: »Holt sie heraus. Und wenn ihr bei ihnen Gold findet, das gehört mir. Sie haben es mir vor vielen Tagen in den Bergen geraubt. Es gehört mir.«

Dann erhob ich mich. Mein Wunsch war es, in mein Bett zu kommen. Ich musste mich hinlegen, sonst würde ich einfach umkippen.

Stella war plötzlich neben mir. Sie nahm meinen Arm und legte ihn über die Schulter, sodass ich mich auf sie stützen konnte.

Sie war kräftig und geschmeidig.

Stella brachte mich hinauf in mein Zimmer. Und sie zog mir, während ich schon auf dem Bett lag, die Stiefel aus.

Dann betrachtete sie mich vom Fußende her aufmerksam. Ich erwiderte ihren Blick ruhig. Mein Kopf war klar. Ich konnte wieder mühelos denken. Nur in all meinen Gliedern schien Blei zu sein und eine Kraftlosigkeit, wie ich sie bisher noch niemals gekannt hatte.

»Wie konntest du nur mit ihnen zurechtkommen – wie hast du das nur geschafft?«, fragte sie und setzte hinzu: »Es waren Paco Alvarez und Reece Clum. Sie kamen oft genug hier durch. Das waren zwei gefährliche Tiger, die jeder fürchtete. Wie konntest du gegen sie am Leben bleiben? Hast du zuerst geschossen?«

»Nein«, sagte ich. »Doch sie trafen mich nicht. Ihre Pferde tanzten zu sehr, weil ich einen Pumaschrei ausstieß.«

Nun begriff sie.

»Du findest wohl immer einen Trick, Cash Cannon?«

»Meist«, erwiderte ich. »Weiß du, Red, ich bin in diesem Land geboren. Hier kann man oft nur mit Hilfe eines Tricks überleben. Aber das musst auch du ja längst selbst begriffen haben.«

Sie hatte wieder etwas schmalere Augen als zuvor. Sie bekam stets solche Augen, wenn sie nachdachte und von ihren Gedanken nichts verraten wollte.

Aber was sie auch bedacht haben mochte, es hing gewiss nicht mit ihrer plötzlichen Frage zusammen: »Du nennst mich Red?«

Ich nickte im Kopfkissen, indem ich das Kinn gegen Brust und Halsansatz stieß.

Dann fragte sie plötzlich: »Willst du allein sein? Soll ich gehen?«

»Warum fragst du mich, Red?«

»Zum Teufel, nenn mich nicht Red!«

Ich grinste, obwohl mir gar nicht danach war.

»Warum fragst du, ob ich allein sein will?«

Sie umklammerte wieder die Messingkugeln des Bettgestells. Ihr Mund war nun sehr viel lebendiger als ihr Blick. Dieser Mund verriet mir viel.

»Du hast getötet«, sagte sie. »Du hast gekämpft und getötet, um am Leben zu bleiben. Vielleicht wolltest du dich auch nur nicht unterwerfen. Aber ich weiß von meinem Mann, dass es nachher schwer ist, allein zu sein. Denn man erlebt den Kampf immer wieder. Man kommt viele Stunden nicht los davon. Soll ich bei dir bleiben und dir helfen, soll ich …?«

Oh, ich wusste genau, was sie meinte.

Ja, die ersten Stunden nach einem Kampf, bei dem es Tote gegeben hatte, waren schlimm. Man erwachte wie aus einem bösen Traum, und dann durchlebte man alles immer wieder neu.

Es waren die schwarzen Stunden nach jenen unheilvollen schwarzen Sekunden, in denen man nur noch instinktiv handelte, nur allein angetrieben und beherrscht von dem Instinkt, zu überleben, sich zu behaupten.

Während des Kampfes konnte man nicht denken.

Doch jetzt danach! Diese Stunden waren schlimm.

Und sie wollte mir helfen, sie zu überwinden. Sie wollte mich nicht allein lassen mit der Bitterkeit und den Fragen, ob es denn nicht auch anders gegangen wäre.

Ich zögerte. Denn ich spürte, dass sie dann noch mehr von mir besitzen würde als nur meine Dankbarkeit.

Sie war schön und begehrenswert.

Ich sagte: »Red, mach nicht den Fehler, mich mit Haut und Haaren haben zu wollen. Lass mir nur all meine Freiheit. Versuch nur nicht, in mich hineinzukriechen wie das Schlangengift. Das wäre falsch.«

Sie verstand mich. Oha, sie begriff es sofort. Sie würde mich nicht mit Haut und Haaren fressen und mich zu ihrem Sklaven machen können.

Nein, ich hatte sie jetzt gewarnt.

Aber dann kam sie zu mir.

***

Irgendwann in der Nacht erwachte ich, und die Erinnerung kam wie ein Hammerschlag, schwer und ohne Gnade.

Aber dann spürte ich Stella neben mir – ihre Wärme.

Ich war nicht allein.

Plötzlich spürte ich noch etwas. Stella war wach. Sie zitterte. Ich begriff endlich, dass sie neben mir lag und weinte.

Da nahm ich sie in meinen gesunden Arm und fragte: »Was ist so verdammt auf dieser Erde, dass du darüber weinen musst? Sag es mir, Red.«

Sie ließ mich lange ohne Antwort. Aber dann fragte sie: »Sobald du gesund bist, wirst du reiten, nicht wahr, Cash? Du bist kein abgebrannter Teufel mehr. Die beiden Pferde deiner Gegner gehören dir, auch das Gold aus den Satteltaschen. Du bist kein mittelloser Tramp mehr. Du wirst reiten, nicht wahr?«

Ich dachte über ihre Frage nach. Hatte sie deshalb geweint. Ich konnte es mir nicht vorstellen.

»Vielleicht werde ich reiten«, murmelte ich. »Aber vielleicht bleibe ich auch hier. Mir ist schon klar geworden, dass du hier in Concho Creek einen Beschützer nötig hast. Wie konntest du überhaupt die beiden Jahre nach dem Tod deines Mannes überstehen?«

Als ich diese Frage gestellt hatte, begann sie heftiger zu vibrieren. Sie weinte nun hemmungslos. Ich begriff, dass sie jetzt so dicht neben mir in der Dunkelheit des Zimmers nicht länger mehr die kluge und beherrschte Besitzerin eines Saloons an der Grenze spielen konnte. Nun war sie auch nur eine Frau, nur allein eine Frau, die so verdammt einsam war.

Doch plötzlich beantwortete sie meine Frage: »Wie ich es die letzten zwei Jahre hier ausgehalten habe? Oh, Cash, das ist doch so einfach zu erklären. Jim, mein Mann, hat mit Pytaja um mich gekämpft und verloren. Jeder Mann zu beiden Seiten der Grenze wusste dies schon bald. Ich gehörte Pytaja. Von Zeit zu Zeit kommt er aus Mexiko herüber. Und wenn er dich hier findet, wird er dich töten. Es ist nur gut für dich, wenn du baldmöglichst von hier fortreitest. Denn obwohl du gegen Paco Alvarez und Reece Clum bestehen konntest, die doch wahrhaftig gefährliche Burschen und Revolverkämpfer waren, so wäre Pytaja doch ein ganz anderer Gegner. Überdies hat er immer seine Leibwache dabei – die besten Pistoleros von ganz Sonora. Verstehst du nun, warum ich weine, Cash Cannon?«

Oha, wie ich das verstand!

Sie gehörte einem mexikanischen Banditen, der schon mal General war und heute in Sonora jenseits des Creeks eine Macht besaß wie ein General.

Ich hatte mich gewissermaßen in das private Revier eines zweibeinigen Tigers gewagt, der schon ganz anderen Burschen als mir den Kopf abgebissen hatte.

Ich war ein Narr.

Es war wirklich gut, wenn ich mich auf die Socken machte. Stella hörte plötzlich mit dem Weinen auf. Sie erhob sich und verließ mich.

Von der Tür sagte sie: »Du kannst mir nicht helfen. Ich müsste hier alles stehen und liegen lassen und mit dir fortrennen – weit, sehr weit. Ich müsste dann vielleicht wieder irgendwo in einem Saloon anfangen so wie damals, als ich Jim Clayton kennen lernte. Ich hoffe immer noch, dass sie Pytaja drüben in Mexiko eines Tages hängen – oder dass ein Revolvermann ihn tötet.«

»Ein Revolvermann wie ich?«, fragte ich ein wenig grimmig.

»Jawohl, so ist es!«, rief sie herb. Und dann öffnete sie die Tür und glitt hinaus. Sie schloss die Tür ziemlich heftig.

Ich war allein in der Dunkelheit des Zimmers.

Das Fenster war ein helles Rechteck. Ich stieg aus dem Bett. Nun hatte ich mich erholt. Es ging mir wieder besser. Ich trat ans Fenster und blickte hinaus in die sterbende Nacht.

Glaubte Stella vielleicht, dass ich aus schierer Dankbarkeit diesen Don Pytaja tötete?

Hielt sie mich für den Joker, der ein Spiel entscheiden konnte und auf den sie ihre Chips gesetzt hatte, weil es sonst gar keine Hoffnung gab für sie?

Sie hatte mir geholfen, als ich fast schon am Ende war und Hilfe brauchte wie noch nie zuvor in meinem Leben.

Aber jemand ihrer Gäste hatte mich auch von Anfang an erkannt, sodass sie wusste, wer ich war.

Und ich war kein kleiner Wolf hier an der Grenze! Nein, gewiss nicht! Unter den Revolverkämpfern, die man zuerst aufzählte, wenn man ein halbes Dutzend nennen sollte, nahm ich nicht die letzte Stelle ein.

Ja, es konnte sein, dass Stella von Anfang an nach mir gegriffen hatte wie eine Ertrinkende nach jedem auch noch so fragwürdigen Strohhalm.

Sollte ich ihr helfen?

Bei diesem Gedanken spürte ich Furcht.

Denn wenn ich mich mit Pytaja einließ, durfte ich nicht auf ein faires Duell hoffen, obwohl es Pytaja gewiss in jeder Beziehung mit mir aufnehmen konnte.

Aber Pytaja war ein Despot.

Und Despoten erkannten niemanden als gleichwertig an und erwiesen ihm deshalb auch nicht die Ehre eines persönlichen Zweikampfes. Despoten herrschten und vernichteten jede Art von Widerstand.

Ich starrte immer noch hinaus in die sterbende Nacht – unentschlossen, zaudernd und mit einer Furcht, die tief in meinem Innern saß.

Da hörte ich Hufschlag.

Es waren viele Reiter. Da kam eine starke Mannschaft. Plötzlich wusste ich, dass jetzt Pytaja geritten kam.

Vielleicht sagte mir das schon allein der wilde Hufschlag. Man konnte daran erkennen, dass dort aus der Nacht eine wilde und verwegene Mannschaft geritten kam, mehr schon eine Kriegshorde, die mit einer animalischen Wildheit ritt.

Ja, das hörte man schon am Hufschlag.

Und wenn es also nicht Apachen waren, die Concho Creek angriffen – wer sollte es dann sein, außer Pytaja mit seinen Sonora-Wölfen?

Ich hatte meinen Atem angehalten. Nun atmete ich langsam aus und blieb mit meinem Oberkörper im offenen Fenster. Das Zimmer hinter mir war dunkler als die sterbende Nacht. Man konnte mich gewiss nicht so leicht im Fenster-Rechteck entdecken.

Ich dachte plötzlich wieder daran, dass ich gestern gekämpft und getötet hatte. Dass ich diesen Kampf gewonnen hatte und am Leben geblieben war – ja, das war ein Wunder.

Doch wenn ich mich jetzt mit Pytaja einließ, gab es keine Wunder mehr.

Wir kannten uns, denn wir hatten in den vergangenen Jahren zu beiden Seiten der Grenze einige Berührungspunkte.

Einmal hatte ich drüben in Sonora einen herrlichen Wildhengst gefangen und schon halb gezähmt und zugeritten.

Doch dann war Pytaja mit seiner Bande gekommen, hatte den Hengst gesehen und mir auch schon klar gemacht, dass dieser ihm vor einiger Zeit entlaufen war, bevor er ihm ein Brandzeichen aufdrücken konnte.

Ich hatte ihm den Hengst lassen müssen. Denn sonst würde ich seine Behauptung bezweifeln und ihn somit einen Lügner genannt haben. Seine Männer hätten mich mit dem Rücken gegen einen Stachel-Kaktus gedrückt – oder etwas Anderes in dieser Preislage.

Es gab einige solcher Zusammentreffen, und wenn auch nicht stets ich der Leidtragende war, so konnte ich doch fast immer sehen, wie Pytaja sich überall nahm, was er wollte. Auch Frauen.

Er war ein wilder Tiger auf zwei Beinen.

3

Die wilde Horde hielt draußen vor dem Ort. Dann kamen drei Reiter hereingejagt, um zu sehen, dass Concho Creek frei war und es keinen Hinterhalt gab für Pytaja.

Als dies geklärt war, stießen die drei Späher schrille Pfiffe aus und ließen ein dreistimmiges »Ayyyyyyyyaaaahayyyyyyy!« hören.

Und dann warfen sie sich auch schon vor dem Saloon aus den Sätteln und traten ungeduldig gegen die Tür.

Dabei riefen sie lachend durcheinander: »Macht auf, ihr Maulwürfe! Macht auf die Tür zur Tränke! Denn wir sind durstig wie die Mulis, die aus der Wüste kommen. Wir werden saufen, bis es uns aus den Ohren läuft! Ay, Caramba! Macht auf diese Tür oder wir reißen die ganze; Hausseite ein! Denn wir sind Pytajas Lobos! Hört ihr da drinnen? Wir sind Pytajas Lobos!«

Ich zog mich vom Fenster zurück.

Aber ich hörte, wie unten die Tür geöffnet wurde und die tiefe Stimme des Barmanns Toro beruhigende Worte sprach.

Ich achtete kaum darauf, denn ich sah nun Pytaja mit seiner Bande kommen. Es waren an die vierzig Mann. Er ritt an der Spitze.

Aber bevor er absitzen ließ und selbst vom Pferd glitt, rief er seinen Reitern zu: »Hier benehmt ihr euch wie Menschen und nicht wie wilde Affen! Hier in Concho Creek seid ihr echte Caballeros, Hidalgos, ehrenwerte Dons! Oder ihr lernt mich kennen! Hier in Concho Creek zahlt ihr für alles! Habt ihr verstanden, ihr Cabrons?«

Sie erwiderten im Chor, dass sie ihn verstanden hätten. Wahrscheinlich waren sie von ihm solche Sprüche gewöhnt und hatten ihre vielstimmige Antwort mittlerweile eingeübt wie ein Gesangverein.

Er stieg ab und ging unten hinein. Ich hörte ihn rufen: »Hey, Katze! Heh, du rote Katze mit den grünen Augen! Wo bist du, du …«

Ich hörte nicht mehr weiter zu. Ich wandte mich ins Zimmer – zurück, hielt mir die Ohren zu und setzte mich auf den Bettrand. Verdammt noch mal, was musste ein Wurm wie ich nicht alles ertragen, ohne es ändern zu können? Ja, ich fühlte mich wie ein Wurm, so hilflos und unwichtig.

Ich stellte mir vor, wie Pytaja dort unten nun Besitz ergriff von Concho Creek, dem Saloon und der schönen Wirtin.

Besonders Letzteres stand mir vor Augen.

Ich wollte es wegwischen, beiseiteschieben, verdrängen, doch es gelang mir nicht. Ich sah es immer deutlicher und klarer vor meinen Augen.

Und dann nahm ich meinen Colt und lauschte auf die Geräusche vor der Tür. Ich wusste, ich würde Pytaja und Stella hören, sollten sie heraufkommen, um in ihr Zimmer zu gehen. Dann konnte ich meine Zimmertür öffnen und ihn mit Blei füllen.

Seine wilden Lobos würden mich dann zwar in Stücke reißen und vielleicht nicht nur diesen Saloon, sondern wahrscheinlich auch den ganzen Ort zerstören, doch das würde mich nicht kümmern. Ich wusste nur, dass ich es nicht ertragen konnte, Stella in seiner Hand zu sehen. Mochte er ein General, ein Despot oder ein Bandit sein, dem in jedem Ort die Weiber nur so zuliefen – mir war es gleich!

Diese Entschlossenheit war plötzlich in mir.

Und so wartete ich mit dem Colt in der Hand dicht an der Tür, sodass ich jedes Geräusch auf der Treppe hören musste.

Doch sie kamen nicht herauf. Es war laut dort unten. Viele Stimmen riefen und lachten durcheinander. Ich wusste, die Bande betrank sich dort unten.

Aber dann begannen brettharte Hände zu klatschen, und die Stimmen riefen nun nicht mehr durcheinander, sondern im Chor.

Oha, ich begriff schnell, dass sie alle verlangten, Stella solle singen und Gitarre spielen.

Und sie nannten sie »Bella Donna Stella«.

Dann wurden sie still.

Ich öffnete die Tür einen schmalen Spalt, durch den ich gerade meinen Finger hätte schieben können. Denn auch ich wollte Stella hören.

Ich brauchte nicht lange zu warten.

Ihre Stimme klang kehlig und hatte ein Timbre, das unter die Haut ging. Sie sang spanisch wie eine Mexikanerin. Das Lied handelte von einem Banditenführer, der mit seinen Gefährten den Reichen das Gold nimmt, um es den Armen zu geben. Und weil es zu viele Arme gibt überall, muss er immer wieder reiten, kann nicht bei der Frau bleiben, die ihn liebt.

Solche Lieder wollten Pytajas Sonora-Lobos hören.

Ich schlich mich aus meinem kleinen Zimmer bis zur Treppe und spähte hinunter. Denn ich wollte Stella sehen, nicht nur hören. Ich wollte sehen, wie sie von den Banditen umgeben war und ich wollte sehen, wo Pytaja sich befand. Sang sie für ihn allein – oder für alle?

Als ich mich vorbeugte, sah ich es.

Doch dann trat mich jemand in den Hosenboden, jemand, der hier oben war und den ich zuvor nicht hatte kommen hören.

Pytajas Männer konnten leise wie Schatten sein.

Und während er unten im Saloon feierte, um seinen Männern nach einem langen und wilden Ritt eine Verschnaufpause zu gönnen und auch selbst ein Wiedersehen mit Stella zu erleben, da wachten ein paar besondere Männer für ihn und die Bande.

Auch hier oben war also einer. Vielleicht wollte er vom Dach des Saloons beim ersten Tageslicht auf ihrer Fährte zurückblicken.

Aber dann hatte er mich aus dem Zimmer schleichen sehen.

Und dann gab er mir den Tritt ins Gesäß.

Ich stürzte kopfüber die Treppe hinunter, überschlug mich mehrmals und landete unten im Saloon vor Pytajas Füßen.

Er und die ganze Bande hatten die Revolver schon auf mich gerichtet. Viel hätte wahrscheinlich nicht gefehlt, und sie hätten mich mit Blei gefüllt, sodass ich gar nicht mehr auf die Füße gekommen wäre.

Zum Glück hatte ich oben auf der Treppe meinen Colt verloren. So fühlten sie sich nicht von mit bedroht.

Ich begriff schnell, dass mich nur noch gute Nerven retten konnten.

Und so sagte ich noch vom Boden aus zu Pytaja: »Hey, Compadre, wie geht es dir?«

Dabei erhob ich mich.

Er starrte mich aus seinen etwas schrägen Augen an.

Dann endlich erkannte er mich und grinste. Dabei zeigte er zwei makellose, blendend weiße und blitzende Zahnreihen. Oha, er war ein prächtiges Exemplar von einem Mann!

»Bist du Cash Cannon oder nur dessen Schatten, Compadre?«, fragte er.

»Ich werd schon wieder, Amigo«, sagte ich, streifte meinen Ärmel hoch und zeigte ihm den Kreuzschnitt.

»Klapperschlange«, sagte ich. »Und ich lebe, Amigo. Soll ich darüber klagen, dass ich nur noch die Hälfte bin von früher?«

»Nein«, sagte er. »Wer nach einem Klapperschlangenbiss noch lebt, der sollte nicht klagen, sondern der Jungfrau ein paar Kerzen spenden.«

Seine Augen wurden noch etwas schmaler und richteten sich auf Stella.

»Warum ist er hier bei dir, mein Engel?«

»Weil er vor meiner Tür umfiel«, sagte sie ruhig und klimperte dabei auf der Gitarre.

Pytaja nickte nachdenklich.

Wieder sah er mich an. Es war still in der Runde. Alle sahen auf mich. Die meisten hatten schon von mir gehört.

»Bist du immer noch so schnell mit dem Revolver?«, fragte Pytaja, und in seiner Stimme war eine Gier zu erkennen.

»Ich kann die Waffe kaum halten«, erwiderte ich.

Doch da rief eine Stimme von der Tür her über einige Köpfe hinweg: »General, er hat gestern am Creek mit Paco Alvarez und Reece Clum gekämpft. Sie waren auf seiner Fährte. Er hat sie getötet. Er kann seine Waffe gut genug halten!«

Alle wandten sich nach dem Sprecher um. Auch ich sah natürlich hin. Ich erkannte Fernando Rodriges, einen säbelbeinigen und schwarzbärtigen Burschen, dessen Haar sich schon lichtete. Aber er war ein echter Grenzwolf und Pytajas besonderer Vertrauter. Damals, als Pytaja General war, bekleidete Fernando Rodriges den Rang eines Colonels, und zu ihrer »Armee« gehörten ein paar hundert wilde Yaquis.

Fernando Rodriges war tüchtig. Während die Bande sich mit Pytaja im Saloon amüsierte, hatte er schon mit den anderen Bewohnern von Concho Creek geredet und alle Neuigkeiten erfahren.

Er sah Pytaja immer noch an. »Alle Pferde sind getränkt und alle Wasserflaschen gefüllt worden«, sagte er ruhig. »Auch der Proviant ist aufgenommen. Wir können reiten, General!«

Pytaja zögerte, und seine Männer schnauften und brummten. Doch von ihrer Unwilligkeit hätte er sich gewiss nicht beeinflussen lassen. Es gab einen anderen Grund, der ihn noch nicht reiten ließ.

Sein Blick suchte Stella. Sie stand in seiner Reichweite, lehnte leicht mit dem Rücken am Schanktisch und hielt die Gitarre noch in den Händen.

Sie sah ihn starr an – und ich dachte mir: Wie ein Kaninchen die Schlange.

»Fernando, wir haben noch etwas Zeit. Sorg nur dafür, dass unsere Pferde bereitstehen und keiner der Muchachos sich so schlimm betrinkt, dass er vom Pferd fallen könnte.«

Dann wandte er sich an mich und sagte: »Solange du ein kranker Hund warst, durfte sie dich pflegen. Doch wenn du schon wieder kämpfen und töten kannst, so bist du nicht mehr krank. Schleich dich von hier fort – besonders von ihr. Denn sie ist mein, verstehst du, Amigo? Sie gehört mir. Hau ab!«

Er nahm Stella bei der Hand und ging mit ihr zur Treppe. Sie legte die Gitarre mit einer Armbewegung auf den Schanktisch, in der ich deutlich die Resignation erkannte.

Und hätte ich jetzt noch meinen Revolver gehabt, so würde ich es versucht haben damit.

Doch ist stand waffenlos unter den Banditen. Sie alle grinsten.

Einer rief: »El Pytaja und Bella Donna Stella – sie sind ein schönes Paar, wie es kein zweites gibt!«

Und dann jubelten sie regelrecht und freuten sich, dass ihr Anführer mit einer so schönen Frau nach oben ging.

Nun kam ich mir noch mehr wie ein jämmerlicher Wurm vor, der froh sein musste, wenn ihn kein Vogel wegpickte.

Stella blickte nicht zurück, doch sie ging mit ruhiger Sicherheit die Stufen hinauf. Sie waren wirklich ein prächtiges Paar. Don Pytaja de Coronada sah aus wie ein ganz besonders gut gelungener Abkömmling der spanischen Eroberer, wie ein echter Hidalgo.

Ich konnte mir vorstellen, dass er überall nur wenig Mühe hatte, die schönsten Frauen zu bekommen.

Es war mir, als hätte ich eine Lanze in der Magengegend, so elend fühlte ich mich. Ich schwitzte am ganzen Körper.

Sie verschwanden beide dort oben. Und die ganze Bande im Saloon brüllte beifällig los. Dann wollten sie weitertrinken. Zwei oder drei Mann standen schon neben dem Barmann Toro hinter dem Schanktisch, um ihm zu helfen.

Doch da kreischten draußen Schüsse. Stimmen brüllten. Jemand kam durch die offene Tür herein und kreischte gellend: »Los! Reiten wir! Die Gringo-Soldaten kommen! Die Blaufüchse kommen!«

Und da drängten alle hinaus.

Fernando Rodriges schrie Befehle.

Und von oben kam Pytaja heruntergesprungen; er nahm drei Stufen auf einmal.

Bei mir verhielt er kurz.

»Geh fort hier, Amigo«, schnaufte er. »Oder ich werde böse auf dich!«

Und dann lief auch er hinaus. Er war der letzte Mann.

Ich sah die Treppe hinauf.

Oben – im Halbdunkel – stand Stella. Sie bewegte sich nicht, stand nur da und sah zu mir nieder.

Es kam uns unsere Hilflosigkeit zu Bewusstsein, und die Scham ließ mich heftiger schwitzen und schien mir die Luft abschneiden zu wollen.

Ich ging hinaus vor den Saloon.

Die Horde saß schon in den Sätteln.

Und als Pytaja die Spitze übernahm, ritten sie aus dem Stand in einem wilden Galopp davon. Ich hörte, wie ihre Pferde im Creek spritzten.

Und dann sah ich nach Norden. Durch den aufgewirbelten Staub kamen andere Reiter. Wahrhaftig, es waren Soldaten, reguläre Soldaten der US-Kavallerie, wahrscheinlich aus Fort Grant.

Sie jagten an mir vorbei, ließen Concho Creek hinter sich und durchritten ebenfalls den Creek.

Toro trat neben mich. Der bullige Barmann schnaufte.

»Der Creek ist doch die Grenze«, sagte ich.

Er grinste und nickte.

»Solch ein Offizier kann sich in der Hitze der Verfolgung auch mal irren. Aus den Gesprächen der Banditen entnahm ich, dass sie weiter nördlich einen Wagenzug überfallen haben und reiche Beute machten. Diese Armee-Patrouille kam vielleicht nur zufällig vorbei. Hoffentlich reiten sie nicht in einen Hinterhalt.«

Er kehrte wieder um und verschwand im Saloon.

Ich stand immer noch da und fürchtete mich, ihm zu folgen. Ich fürchtete mich davor, Stella ansehen zu müssen. Denn ich hatte sie nicht beschützen können.

Dies traf meinen Stolz schlimm.

Und dann hörte ich ihren Schritt hinter mir. Sie trat neben mich und reichte mir meinen Colt.

»Zum Glück hattest du ihn verloren«, sagte sie. »Sonst wärst du jetzt gewiss tot. Wenn du jetzt reitest, dann vergiss nur den Colt nicht. Denn eines Tages wirst du deinen alten Stolz wiederfinden. Eines Tages ist dies nur eine Erinnerung für dich.«

Sie verharrte nach diesen Worten zwei Atemzüge lang neben mir. Vielleicht hoffte und wartete sie auf etwas, was von mir ausgehen musste. Sie wollte mich gewiss sprechen hören.

Aber ich sagte nichts. Ich konnte nichts sagen. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich steckte mechanisch meinen Revolver weg – den Revolver, der ihrem Mann gehört hatte.

Es war schrecklichstes, finsterstes Mittelalter.

Und einen Moment wünschte ich mir, dass dies alles nur ein Fiebertraum sein möge. Aber es war nicht so.

Ich begriff in diesen Sekunden, dass Stella immer noch ihren Mann rächen wollte und ihre Chips deshalb auf mich gesetzt hatte.

Doch ich hatte kläglich versagt.

Pytaja war zu früh gekommen.

Und überdies hatte ich mich wie ein Trottel benommen. Ein einziger Tritt in meinen Hosenboden hatte genügt, um mich kopfüber eine Treppe hinunterrollen zu lassen bis vor Pytajas Füße.

Und dann war ich hilflos wie ein Wurm in der Sonne.

Oh, ich konnte kaum atmen vor Scham.

Deshalb konnte ich auch nichts sagen. Und ich konnte auch nicht hinter Stella hergehen.

Es war wohl gut für mich, einfach fortzureiten.

Und so setzte ich mich mechanisch in Bewegung. Es gab beim Wagenhof und bei der Schmiede einige Korrals, in denen sich jetzt auch die Pferde von Paco Alvarez und Reece Clum befanden.

Ich würde Paco Alvarez Pferd nehmen.

Jawohl, es war besser, wenn ich fortritt.

Ich erledigte alles mechanisch und wie in Trance. Und ich kam erst wieder aus meiner Leere und Verlorenheit zurück, als Concho Creek hinter mir lag und ich von einem Hügelsattel, über den die Wagenstraße führte, noch einmal verhielt, um einen Blick zurückzuwerfen.

Da lag Concho Creek an der Furt eines sich windenden Grenzflusses, dessen Ufer sonst überall so steil waren, dass Reiter und Fahrzeuge keine Chance hatten. Nur die flache Furt war ohne Steilufer. Aber wahrscheinlich hatten hier einst die Spanier nachgeholfen und diesen Übergang ausgebaut.

Aber das war mir völlig gleichgültig. Ich verschwendete nur einen flüchtigen Gedanken daran.

In mir war ein großes Bedauern.

Denn ich spürte instinktiv, dass ich etwas aufgab, das mir schon recht viel bedeutete.

Aber ich hätte nur bleiben können, wenn ich groß genug gewesen wäre, Pytaja klein zu machen.

Und diese Größe fehlte mir.

Selbst wenn ich bald wieder gesund werden und zu vollen Kräften und in den Wiederbesitz all meiner Fähigkeiten kommen sollte, so war ich Pytaja doch stets hoffnungslos unterlegen, weil ich allein war und er stets eine starke und wilde Horde bei sich hatte.

Einen Moment keimte in mir eine Hoffnung auf, als ich an die Armee-Patrouille dachte, die ihn verfolgte und ihm sogar über die Grenze nachsetzte, obwohl sie damit politische Verwicklungen riskierte. Wahrscheinlich aber würden die mexikanischen Behörden niemals etwas davon erfahren, denn es gab sie dort drüben gar nicht.

Der Herr dort drüben war Pytaja.

Vielleicht würde er die US-Armeepatrouille in einen Hinterhalt locken und vernichten.

Und dann würde er wahrscheinlich nach Concho Creek zurückreiten und das unterbrochene Fest fortsetzen.

Ich murmelte einen Fluch und zog mein Pferd herum.

Dann ritt ich auf der Wagenstraße über den Hügelsattel. Und als ich mich nach einer Weile umblickte, konnte ich Concho Creek nicht mehr sehen.

4

Gegen Mittag erreichte ich die Reste des Wagenzuges, und ich sah hier, wie Pytaja mit seiner wilden Horde gearbeitet hatte.

Der Wagenzug war recht klein gewesen. Zu den sechs Wagen gehörte wenig mehr als ein Dutzend Menschen. Offenbar waren es Siedler, denn in den verkohlten Überresten waren auch Teile von Pflügen zu erkennen.

Die Armee-Patrouille hatte lange genug angehalten, um die Toten zu begraben, damit Geier und Coyoten die Unglücklichen nicht zerfleischen konnten.

Nun verstand ich auch, warum die Soldaten an der Grenze nicht anhielten, sondern ihre Verfolgung mit unversöhnlicher Härte fortsetzten – zumal sie der Bande ja schon so dicht auf den Fersen saßen.

Ich sah mir den verbrannten Wagenzug an, dann das große Gemeinschaftsgrab. Ich schluckte mehrmals.

Ja, es wäre gut, wenn jemand Pytaja umbringen würde.

Er war zu einem Schrecken der Grenze geworden. Offenbar wollten er und seine Bande hier den Eindruck hinterlassen, Apachen hätten den Wagenzug überfallen. Deshalb hatten sie nur Tote hinterlassen und die Wagen niedergebrannt.

Doch der Rauch musste die Patrouille herbeigelockt haben.

Ich konnte nichts mehr tun, und es hatte auch keinen Sinn, hier länger zu verweilen. Ich ritt weiter. Und immerzu dachte ich jetzt daran, dass Stella sich gewissermaßen in den Händen eines Mörders befand.

Warum war sie nicht schon längst fortgegangen aus Concho Creek?

Hing sie so sehr an diesem Saloon?

Hatte sie Angst davor, irgendwo noch einmal neu anfangen zu müssen?

Oder blieb sie nur, weil sie auf eine Gelegenheit wartete, Pytaja sterben zu sehen, Rache zu nehmen?

Hatte sie mich nur deshalb hochpäppeln wollen?

Oder liebte sie mich?

Oha, ich glaubte an diesem Tag, dass ich auf diese Fragen keine Antwort mehr bekommen konnte.

Ich war überzeugt, Stella nie wieder zu begegnen.

Aber das Leben – und besonders hier in diesem Land – sorgt noch immer wieder für die merkwürdigsten Überraschungen. Und das Schicksal, das uns vorgezeichnet ist, führte auch mich dorthin, von wo es folgerichtig weitergehen musste im Sinn eben diesen Schicksals – und zwar nicht nur meines, sondern auch jener von Stella, von Pytaja – und von Concho Creek.

Jawohl! Denn diese Geschichte fing ja erst richtig an.

Ich wusste es nur noch nicht.

Auch als ich auf die Abzweigung der Fährte stieß, ahnte ich noch nichts.

Ich hielt an und betrachtete diese Fährte. Mir wurde schnell klar, dass sich hier zwei Wagen vom Wagenzug getrennt hatten. Sie waren von der Wagenstraße in die Hügel im Westen abgebogen.

Ich überlegte.

Sollte ich einfach weiterreiten? Oder sollte ich der Fährte folgen und den Leuten die Nachricht von der Vernichtung des Wagenzuges bringen? Vielleicht hatten sie gute Freunde oder gar Verwandte bei diesem Wagenzug?

Diese Möglichkeit gab den Ausschlag, zumal ich sicher war, dass ich nicht weit würde reiten müssen, gewiss nur bis hinter jene Hügel dort. Und vielleicht war noch was vom Mittagessen übrig.

Ich verließ also die Wagenstraße und folgte den beiden Wagenfährten in die Hügel im Westen. Ich sah an den Spuren, dass die Leute auch ein paar ledige Pferde und Rinder bei sich haben mussten.

Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, kam ich über den Hügelsattel. Zu meinen Füßen öffnete sich ein schönes Tal.

Unten rauchten die beiden Wagen noch – oder besser gesagt deren Überreste.

Ich konnte die Toten liegen sehen.

Verdammt noch mal, waren auch hier Pytajas Banditen?

Diese Frage schoss mir durch den Kopf. Doch ich wischte sie beiseite, bevor ich sie auch nur richtig zu Ende gedacht hatte.

Nein, ich sah schon von hier oben, dass diesmal Apachen am Werk gewesen waren.

Es gab Zeichen.

Denn im Gegensatz zum anderen Überfall lagen hier keine toten Zugtiere, Pferde oder Rinder herum. Und ein Toter war mit einer Lanze in die Erde gespießt. Ich konnte von hier oben die Fährten sehen. Die Apachen hatten die beiden Wagen umkreist und waren dann von allen Seiten über die Unglücklichen hergefallen.

So war dieses Land.

Wer hier überleben wollte, musste kämpfen.

Sollte ich hinunter?

Ich zögerte, und ich prüfte die Hügelketten in der Runde. Ich hatte scharfe Augen, denen nichts entging – nicht mal das ferne Glitzern von Steinglimmer in der Sonne. Ich kannte dieses Land und all seine Zeichen. Und selbst im hitzeflimmernden Dunst vermochte ich in weiter Runde die geringsten Bewegungen wahrzunehmen. So etwas lernt man erst in vielen Jahren.

Aber es war nirgendwo etwas. Nur die Geier kreisten über dem Ort des Überfalls.

Ich sah auch von hier oben die breite Fährte, die von den Apachen stammte, welche mit den erbeuteten Tieren nach Westen abgezogen waren.

Ich ritt hinunter.

Vielleicht konnte ich die Toten identifizieren und der Armee Meldung machen.

Aber ich kam nicht bis zu den Wagen hinunter.

Denn plötzlich hörte ich das Weinen eines Kindes.

Ich verhielt erstaunt und glaubte, mich verhört zu haben. Dann dachte ich an irgendein winselndes Tier.

Aber ich hatte mich nicht verhört, und es war auch kein winselndes Tier. Ein Kind weinte dort rechts von mir – etwas unterhalb des Hanges – zwischen Gebüsch und großen Steinen.

Es muss ein sehr kleines Kind sein, vielleicht gar ein Säugling.

Ich saß eine Weile starr im Sattel.

Ich dachte: Verdammt noch mal, ein kleines Kind.

Das musste ich ausgerechnet finden, ich!