G. F. Unger Sonder-Edition Collection 12 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition Collection 12 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

5 spannende Westernromane von G. F. Unger lesen, nur 4 bezahlen!


G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.

Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 56 bis 60 der G. F. Unger Sonder-Edition:

Folge 56: Ironman

Folge 57: Weiße Bullen

Folge 58: Gamble King

Folge 59: Die Alamo-Mannschaft

Folge 60: Falken sterben stolz

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Seitenzahl: 956

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Manuel Prieto/Norma ISBN 978-3-7325-7441-4

G. F. Unger

G. F. Unger Sonder-Edition Collection 12 - Western-Sammelband

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Sonder-Edition 56 - WesternEine Frau war vergewaltigt worden. Am helllichten Tag. Die Gesetzlosen wurden immer dreister und die kleine Stadt wollte ein Exempel statuieren. Ich, der Wildpferdjäger Jake Ringold, sollte den Frauenschänder nach Jacinto holen, damit er dort vor ein Gericht gestellt werden konnte. Man hielt mich nämlich für einen Ironman, einen Mann aus Eisen. Ich brachte den Verbrecher tatsächlich zurück, obwohl ich halbtot war, als ich mit ihm in Jacinto ankam. Doch ich hatte es geschafft, und die kleine Stadt konnte stolz auf sich sein. Irrtum! Der Frauenschänder war der Bruder des mächtigsten Mannes im Pecosland, und als er drohte, die Stadt zu vernichten, bekamen die Bewohner kalte Füße. Dass ich ein Ironman war, sollte ich erst noch beweisen müssen ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 57 - WesternShad Latimer hatte den Siouxhäuptling zum Gespött seiner Krieger gemacht, als er ihm die geraubte weiße Frau wieder abnahm. Water Elk schwor Latimer grausame Rache, und er lebte fortan nur noch für das Ziel, den eisenharten Frachtwagenboss und dessen riesigen Wagenzug zu vernichten. Water Elk wollte Latimers Skalp. Und dieser Skalp würde für ihn so wertvoll sein wie das Fell eines legendären weißen Bullen ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 58 - WesternEr hatte die Frau, die an sein Bett tritt, noch nie im Leben gesehen, und obwohl ihr eigenmächtiges Eindringen ihn ergrimmt, verliebt sich Steve Nelson Hals über Kopf in die schöne Unbekannte. Ja, er weiß sogar, dass es nichts gäbe, was sie nicht von ihm verlangen könnte, dass er auch bereit wäre, für sie durch die Hölle zu gehen, wenn sie es von ihm verlangte. Als jedoch die schöne Lily Cloud mit ihrem Anliegen herausrückt, kommt für den kaltblütigen Gambler zum ersten Mal in seiner wilden Spielerlaufbahn der Augenblick, da er beinahe die Fassung verloren hätte. Denn die geheimnisvolle Frau ist gekommen, ihn zu einem Pokerspiel zu holen, in dem er den Platz eines Toten einnehmen soll und es buchstäblich um alles oder nichts gehen wird ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 59 - WesternNach dem Krieg kehrten wir heim. Abgerissen, verwundet und des Kämpfens müde. Für die Yankees waren wir üble Sattelstrolche und Straßenräuber. Für die Texaner waren wir Helden, die ihr Leben für eine gerechte Sache aufs Spiel gesetzt hatten. Doch das nützte uns überhaupt nichts. Denn Texas war arm, und es gab nicht mal Nägel für Hufeisen oder Stiefelsohlen. Wir fühlten uns wie hungrige Wölfe nach einem langen und harten Winter. Doch dann kam für uns die große Chance. Fünf verwegene Partner sollten den sagenhaften Alamo-Schatz nach Texas zurückholen. Es war ein Job, der uns mitten in die Hölle führte ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 60 - WesternDie sechs Raubfalken sind die Ausgeburt der Hölle. Dennoch macht Master Sergeant Trige Quint gemeinsame Sache mit ihnen. Denn er hat den drei bei den Indianern gefangenen Frauen Rettung versprochen, und er will sein Wort auch dann nicht brechen, als die Armee ihm jede Hilfe verweigert ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Ironman

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Vorschau

Ironman

1

Ich hatte ein Rudel zugerittener Wildpferde bei der Agentur der Post- und Frachtlinie abgeliefert und genau vierhundert Dollar dafür kassiert. Damit begab ich mich in den Lonestar Saloon und ließ mir zum Bier ein Steak bringen.

Als ich den ersten Bissen kaute, kamen sie herein. Es war ein Schwarm fluchender, böser Männer. Solche Männer hatte ich schon da und dort in blindem Zorn böse Dinge tun gesehen, die nicht wieder rückgängig zu machen waren – zum Beispiel Hängepartien.

Aber dann kamen noch zwei Männer, die bald schon die ganze Sache unter Kontrolle bekamen. Einer dieser Männer wirkte würdig, weise und ganz so, als wäre ihm nichts mehr fremd auf dieser Erde.

Der andere Mann trug einen Stern, doch er hinkte, ging an einer Krücke. Entweder hatte er sich vor einiger Zeit das Bein gebrochen oder sich eine Kugel eingefangen.

Aber dieser Mann sagte laut: »Seid ruhig, Leute! Fluchen und Toben hilft nicht. Nur Taten helfen. Allerdings dürfte das im Augenblick ziemlich schwierig für mich sein. Ihr seht ja, dass ich nicht reiten kann. Deshalb kann ich auch kein Aufgebot über den Pecos führen, selbst wenn wir imstande wären, ein Aufgebot zu bilden, das gewillt wäre, viele Tage und Nächte zu reiten und sich mit der Wilden Horde dort drüben anzulegen. Also, klären wir das jetzt mal, Leute. Wer würde mitreiten? Wer wäre bereit?“

Nun war auch ich neugierig. Ich kannte diese kleine Stadt und die Leute hier ein wenig. Denn ich war Wildpferdjäger und kam alle paar Monate nach Jacinto, um Pferde zu verkaufen, meine Helfer auszuzahlen und mich ein wenig zu amüsieren. Bald würde ich mich wieder ausrüsten für eine lange Wildpferdjagd.

So war das – also.

Ich kaute bedächtig an meinem Tisch in der Ecke, sah mir alles an und hörte zu.

Denn jetzt war ich verdammt neugierig.

Ich hatte eines begriffen: Etwas war geschehen, und es musste etwas Schlimmes sein. Wenn die Leute dieser Stadt keine Pfeifen waren, mussten sie ein Aufgebot in die Sättel bringen und durch den Pecos nach drüben reiten, in das Land der Banditen, in das sich nicht mal die Texas Rangers wagten, es sei denn, sie ritten mit hundert Mann.

Der Pecos war die Grenze zwischen Gesetz und Ordnung auf der einen und dem Gesetz der Banditen auf der anderen Seite.

Alle Geächteten, Banditen, Deserteure und sonstige Gesetzlosen waren in Sicherheit vor dem Gesetz, sobald sie den Pecos überquert und sich drüben dem Gesetz der Wilden Horde unterworfen hatten.

So einfach war das.

Manchmal kamen solche Gesetzlose durch die kleine Stadt hier und stellten irgendetwas an.

Und auch diesmal musste es so gewesen sein.

Die Frage des Sheriffs stand noch immer im Raum.

Ja, wer war bereit, hinüberzureiten?

Ich zählte die Anwesenden. Es waren mehr als drei Dutzend, und es kamen immer noch mehr herein. Die Nachricht sprach sich offenbar immer noch herum und breitete sich auch außerhalb der kleinen Stadt aus.

Aber es meldete sich niemand. Keiner wollte das große Wagnis eingehen.

Einer sagte schließlich: »Verdammt, wenn wir da hinüberreiten, um diesen verdammten Frauenschänder zu erwischen, dann kommt wahrscheinlich nur die Hälfte von uns wieder zurück. Und viele von uns haben Frauen und Kinder. Wir müssen die Armee um Hilfe bitten. Der Gouverneur …«

Nun ging seine Stimme unter im aufbrausenden Stimmengewirr. Sie riefen und brüllten durcheinander, fluchten und schimpften.

Und dennoch war es nichts Anderes als Hilflosigkeit, so drohend es sich auch anhörte.

Sie taten mir leid. Nein, ich verachtete sie nicht, denn ihre Feigheit war begründet. Sie waren Bewohner dieser Stadt, Handwerker und Geschäftsleute. Sie waren redliche Leute und einige von ihnen waren auch Soldaten während des Krieges gegen die Nordstaaten, den der Süden verlor.

Dieser Krieg war erst drei Jahre vorbei. Sie alle wollten Frieden und Sicherheit. Ihre Frauen würden sie nicht reiten lassen.

Nach einer Weile wurde es still.

Nun sprach der andere Mann, der mit seinen weißen Haaren und klugen Augen so weise und erfahren wirkte. Ich wusste, dass er hier der Richter war. Sein Name war John Field.

Er sagte: »Bürger von Jacinto, was ist geschehen: Es kam ein steckbrieflich gesuchter Verbrecher durch unsere Stadt. Er ging in den Store und traf dort auf die junge Witwe Sarah Gates, deren Mann aus dem Krieg so krank heimkehrte, dass er ein Jahr später starb. Dieser Verbrecher schändete Sarah Gates und schlug sie fast tot, weil sie sich mit aller Kraft wehrte. Danach raubte dieser Verbrecher ihr ganzes Geld und ihren ganzen Schmuck und ritt aus der Stadt, bevor jemand von uns etwas von der schrecklichen Tat bemerken konnte, denn es war um die Mittagszeit. Nur wenige von uns sahen ihn kommen und dann wieder fortreiten. Doch einer erkannte ihn. Es handelt sich um den steckbrieflich gesuchten Jesse McLowry, der vor einiger Zeit aus dem Zuchthaus Yuma entkommen konnte, was allein schon für die Härte und Gefährlichkeit des Mannes spricht. Nun ist er jenseits des Pecos. Wenn wir ihn nicht wieder auf diese Seite des Pecos holen können, bleibt sein Verbrechen ungestraft. Dann können wir ihn nicht hängen. Denkt mal darüber nach, was aus dieser Stadt werden soll, wenn die Bösen hier ungestraft ihre Untaten verüben können. Dann wird unsere Stadt bald einem Wurm gleichen, der sich am Boden krümmt und den jeder zertreten kann. Ich will euch sagen, was wir tun müssen.«

Nach diesen Worten machte der Richter eine Pause.

Sie alle hatten sich ihm zugewandt, und sie drehten mir dabei den Rücken zu. Die meisten dieser Männer hatten mich in der Ecke dort hinter dem Tisch noch gar nicht wahrgenommen. Auch der Agent der Post- und Frachtlinie, dem ich meine Pferde verkauft hatte, war unter ihnen. Er sah einmal über seine Schulter zu mir herüber. Offenbar staunte er missbilligend, weil er mich essen sah. Aber er hatte ja auch nicht meinen Hunger.

»Richter, dann sagen Sie uns endlich, was wir tun müssen, verdammt!« Eine heisere Stimme rief es aus dem Hintergrund der Versammelten.

Wieder wurde es still.

Dann aber sprach die Stimme des Richters trocken: »Wir müssen eine sehr hohe Belohnung aussetzen, eine sehr hohe. Und wir müssen einen richtigen Ironman finden, einen Burschen wie aus Eisen, der hinüberreitet und Jesse McLowry herbringt. Dann werden wir ihn hängen. Und dann wird jeder Verbrecher begreifen, dass unsere Stadt nicht wehrlos ist wie ein Wurm. So einfach ist das.«

Wieder redeten sie durcheinander.

Dann hob einer der Männer die Hand. Es war der Bürgermeister. Und er sagte laut genug: »In der Stadtkasse sind zur Zeit eintausendfünfhundertsiebzig Dollar. Die könnten wir als Kopfgeld aussetzen.«

»Und zweitausend Dollar sind von der Regierung ausgesetzt, seit McLowry aus Yuma ausgebrochen ist. Er erschlug einen Wärter. – Das ergibt zusammen eine hübsche Summe als Prämie, für die sich ein Ironman interessieren könnte.«

Der Richter sprach die letzten Sätze, nachdem der Bürgermeister endete.

Die Versammlung verharrte einige Sekunden schweigend.

Dann rief eine Stimme erleichtert: »Nun, dann ist ja alles geklärt, nicht wahr, Richter? Sie und der Sheriff werden für diese hohe Kopfgeldprämie gewiss einen Ironman finden. Dann läuft ja alles in unserem Sinne, nicht wahr?«

Nach diesen Worten ging der Mann. Er trug die Lederschürze eines Schmiedes. Auch ihn kannte ich. Er hatte schon mal mein Pferd beschlagen.

Ihm schlossen sich andere Männer an. So schnell wie sie in den Saloon kamen, so schnell strebten sie wieder hinaus – und alle waren sie erleichtert über diese Lösung.

Denn nun fühlten sie sich nicht mehr verpflichtet, über den Pecos in das Land der Banditen zu reiten.

Sie glaubten, dass mit Geld alles zu regeln war.

Es blieben der Richter, der Sheriff und der Wirt zurück – und plötzlich sahen sie zu mir her.

Ich kaute die letzten Bissen und spülte mit Bier alles hinunter.

Dann begann ich mir eine Zigarette zu drehen.

Dabei dachte ich an Sarah Gates, die junge Witwe, deren Mann krank aus dem Krieg heimkehrte, ein langes Jahr dahinsiechte und schließlich starb.

Ich hatte stets bei ihr eingekauft, wenn ich in dieser Stadt war, mich auch in ihrem Store für jede Wildpferdjagd ausgerüstet. Zumeist ritt ich mit zwei Helfern und drei Packtieren ins Wildpferdgebiet.

Ja, ich kannte sie, und nur weil sie noch zu sehr um ihren Mann trauerte, hatte ich noch nicht versucht, sie für mich zu gewinnen. Denn sie gefiel mir sehr. Sie sah so aus wie die Frau meiner Träume. Ich hätte sie jetzt gleich nach dem Essen aufgesucht im Store, um sie wiederzusehen und mit ihr zu reden. Da ich vier Monate weg war, konnte es sein, dass sie nun nicht mehr so sehr um ihren verstorbenen Mann trauerte und ich eine Chance bei ihr bekam.

Aber nun war alles anders.

Ich hatte ja gehört, was mit ihr geschehen war. Sie tat mir so leid. Aber was geschehen war, konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Sie musste da irgendwie hindurch.

Gewiss konnte ich ihr dabei nicht helfen. Wir waren ja nur sehr oberflächlich miteinander bekannt, obwohl sie gewiss stets gespürt hatte, dass ich sie mochte und nur nicht aufdringlich sein wollte.

Sie tat mir leid.

Als ich meine Zigarette anzündete, traten der Sheriff und der Richter zu mir an den Tisch und sahen auf mich nieder. Ich stieß einige Qualmwolken aus und sah dann durch den Rauch zu ihnen hoch.

»Was wollt ihr?« So fragte ich, obwohl ich wusste, was sie von mir wollten.

»Jake Ringold, Sie sind ein Ironman«, sprach der Richter. »Sie sind ein Mann wie aus Eisen, Stahl und zähem Leder. Sie sind ein Ironman. Wollen Sie uns den Kerl herholen?«

Als er verstummte, sprach Sheriff Abe Scott, indes er sich auf die Krücke stützte und so sein linkes Bein entlastete: »Dreitausendfünfhundertsiebzig Dollar Prämie insgesamt. Wie viele Wildpferde müssen Sie dafür fangen und zureiten, Jake Ringold?«

Das war mein Name: Jake Ringold.

Ich grinste und erwiderte: »Dreihundertsiebenundfünfzig, wenn die Preise nicht besser werden, Abe.«

Sie schwiegen und sahen mich nur an.

Dann murmelte der Sheriff: »Diese Sarah Gates wird vielleicht sterben. Sie mochten Sarah, nicht wahr, Jake Ringold?«

Ich stieß wieder einige Rauchwolken aus.

Dann sagte ich: »Also gut, ich hole ihn. Es darf nicht sein, dass er davonkommt. Es darf nicht sein.«

Sie nickten grimmig.

Dann sprach der Richter: »Sie reiten als Sheriff. Ich nehme Sie unter Eid. Und dieser Eid gilt auch dann, wenn Sie den Stern, in der Hosentasche tragen müssen, um nicht erkannt zu werden als Gesetzesmann.«

Ich nickte.

»Und wie erkenne ich diesen Mistkerl?«

So fragte ich.

»An zwei Dingen«, erwiderte der Sheriff. »Er ist auf besondere Art tätowiert. Und überdies nahm er die kostbare Uhr von Sarahs Mann mit. Diese Uhr spielt alle Stunden eine kleine Melodie – auch wenn er sie in der Tasche trägt, hört man es genau.«

»Und die Tätowierungen?« So fragte ich neugierig.

»Auf jeder seiner Arschbacken ist ein Pumakopf zu bewundern, fast so gut wie von einem Künstler auf Leinwand gemalt.«

Wieder war es der Sheriff, der es sagte.

»Aber er läuft nicht jenseits des Pecos mit nacktem Hintern herum«, knurrte ich und begann zu ahnen, dass es noch eine Menge Schwierigkeiten geben würde, bevor ich den Kerl hierher nach Jacinto brachte.

Aber dass ich ihn herschaffen würde, nun, daran zweifelte ich nicht.

In jedem Fall würde es leichter sein, ihn zu fangen, als dreihundertsiebenundfünfzig Wildpferde.

2

Eine gute Stunde später ritt ich auf meinem grauen, narbigen Wallach durch den Pecos, dessen Wasser hier bei der Furt meinem Pferd nur bis zum Bauch reichte. Ich sah ziemlich abgerissen aus, denn ich hatte mich ja in Jacinto nach der langen Pferdejagd noch nicht wieder mit sauberem Zeug eingekleidet, auch nicht gebadet. Mein Hunger war größer gewesen.

Nun war es mir recht, dass ich so abgerissen aussah, ganz wie ein Bursche, der schon viele Tage und Nächte im Sattel saß, so als hätte er es eilig gehabt, von irgendwo möglichst schnell zu verschwinden und seine Fährte zu verwischen.

Meinen Stern trug ich in der Tasche, eingewickelt in ein schmutziges Taschentuch. Ich wusste zu gut, dass es schlimm für mich sein würde, wenn man in diesem Land hier westlich des Pecos erfahren sollte, dass ich ein Bursche war, der mit einem Stern in der Tasche ritt.

Nun, ich hielt dann am Westufer des Pecos noch mal an und blickte zum Ostufer hinüber, so wie es wahrscheinlich jeder Reiter getan hätte, der sich nach Verfolgern umsah, denen er auf dieser Seite des Pecos entkommen zu sein glaubte.

Nach einer Weile ritt ich weiter und erreichte den bewaldeten Kamm der Hügel des Pecos Valley. Sie waren nicht hoch, aber dennoch hatte man von ihren Kammrücken einen guten Überblick.

Von der Furt führte ein Weg herauf, der von Rädern und Hufen seit der Zeit der spanischen Eroberer geprägt worden war, die mit ihren eisengepanzerten Soldaten überall hier nach den sieben sagenhaften Städten Cibolas suchten, welche voller Gold sein sollten.

Oben saßen zwei Reiter im Schatten der Bäume. Ihre Pferde standen hinter ihnen mit hängenden Zügeln. Es waren erstklassige Rinderpferde, die gelernt hatten, sich nicht von der Stelle zu bewegen, wenn die Zügelenden am Boden lagen.

Einer der Männer war ein Mexikaner, der andere ein gelbhaariger und sommersprossiger Bursche, den man auf den ersten Blick für einen noch nicht erwachsenen Jungen hielt.

Aber ich kannte ihn. Wir hatten in El Paso schon mal zusammen gewürfelt und gepokert und uns auch schon mal in Dolly Mollys Etablissement getroffen, wo es die schönsten Mädchen weit und breit gab. Er war älter als er aussah.

Ich nickte ihm zu und sagte: »Hey, Lefty, so sieht man sich wieder. Wie war denn diese Chinesin damals?«

Er grinste und klatschte in die Hände.

»Das war eine Japanerin«, sagte er, »und sie konnte alles, einfach alles, Pferdejäger. Was suchst du hier diesseits des Pecos? Doch wohl keine Wildpferde?«

Ich schüttelte den Kopf und blickte über meine Schulter zurück zum Pecos hinunter.

Dann sah ich jenen Lefty und den Mexikaner wieder an und grinste.

»Ach, ich wollte schon immer über den Pecos«, erwiderte ich. »Vielleicht ist die Luft hier für mich gesünder. Wohin führt dieser Weg?«

Sie grinsten mich an. Ja, sie glaubten, dass ich auf der Flucht war, und sie hatten volles Verständnis dafür, dass ich nicht mit ihnen darüber reden wollte. Das wollte gewiss niemand in solch einer von ihnen vermuteten Situation: Und dies wurde gewiss von allen Menschen hier in diesem Lande respektiert.

Lefty sagte: »Dieser Weg führt nach Cibola, doch es ist nicht die goldene Sagenstadt, o nein. Trotzdem ist es ganz hübsch dort, wenn du ein paar Dollars ausgeben kannst.«

»Ich kann«, grinste ich und ritt weiter.

»Amüsiere dich gut«, rief mir Lefty nach. »Kommt noch jemand hinter dir?«

»Ich hoffe nicht«, rief ich über die Schulter zurück. Dass sie mich reiten ließen, war mir eine Beruhigung. Denn ich wusste, sie saßen hier als Wächter bei der Furt. Ich war für sie nur einer der Reiter, die über den Pecos kamen, um unterzutauchen.

Und Lefty kannte mich als Wildpferdjäger.

Ich fragte mich, wie weit es bis nach Cibola sein würde. Ich hatte vergessen zu fragen. Aber es war ja wohl egal, wie weit es war. Irgendwann würde ich hinkommen und dann nach diesem Burschen suchen, der eine Uhr in der Tasche hatte, die alle Stunden eine kleine Melodie spielte – und auf dessen Hinterbacken je ein Pumakopf tätowiert war.

O Moses, aus welcher Laune mochte er sich diese Darstellungen auf seine Hinterbacken tätowiert haben lassen? Ich nahm mir vor, ihn danach zu fragen. Denn es interessierte mich sehr.

Natürlich hätte ich jenen Lefty und den Mexikaner fragen können, wer in den vergangenen acht Stunden vor mir durch die Pecos-Furt ritt. Ich hätte nach einem braunhaarigen, gelbäugigen und bullig wirkenden Burschen fragen können.

Aber damit hätte ich schon den Verdacht erweckt, dass ich hinter ihm her war. Hier in diesem Land westlich des Pecos schützten sie sich alle gegenseitig und lebten nach bestimmten Regeln. Es war zwar ein Land der Gesetzlosen, Geächteten und vom Gesetz Verfolgten, aber auch sie lebten hier nach einer gewissen Ordnung. Ich wusste es, denn ich hatte viel davon gehört.

Es gab hier sogar Sheriffs, Town Marshals und sogar Richter.

Nur amtierten diese Männer nicht nach den Rechten der Verfassung, sondern nach den Regeln und der Ordnung der Gesetzlosen, welche sich westlich des Pecos eine Zuflucht schufen.

Der große Trick war, dass sie allen Aufgeboten oder Gesetzesmännern aus diesem Grund verbieten konnten, in ihrem Gebiet tätig zu werden, weil ja hier schon Behörden etabliert waren, die man nur um Amtshilfe zu bitten brauchte. Allerdings brachte diese Amtshilfe niemals Erfolge. Sie wurden stets nur zum Schein tätig.

So also lagen die Dinge.

Ich war deshalb nicht überrascht, dass ich nach etwa zwölf Meilen, als mich die von Osten kommende Nacht eingeholt hatte und am Himmel im Westen das letzte Violett verschwand, die Lichter einer Stadt erkannte.

Es war eine zwar kleine, doch sehr lebendige Stadt, zur Hälfte mexikanisch, denn es gab hier eine alte Mission mit einem Glockenturm, die gewiss noch von den Spaniern damals errichtet wurde, als sie hier überall nach Gold suchten und ihre Padres die Heiden bekehren wollten.

Es gab Lokale verschiedenster Art.

Ich hielt vor einem Saloon an und drängte die Sattelpferde an einem Haltebalken auseinander, um Platz für meinen Wallach zu schaffen.

Dabei dachte ich: Vielleicht ist er hier in diesem Saloon. Er ist angloamerikanischer Abstammung, also wird er nicht in einer Fonda oder Bodega sein, höchstens in einem Putahaus. Aber wenn er keinen Wein und keinen Tequila und Mescal säuft, sondern lieber Brandy oder Whiskey, dann werde ich ihn in solch einem Saloon finden. Mit diesen Gedanken im Kopfe ging ich hinein.

Es war voll. Eine Drei-Mann-Kapelle spielte. Es gab Tanzmädchen.

Drei Barmänner bedienten die durstigen Kehlen. Auch die Tische waren besetzt. Man spielte da und dort Karten.

Ich drängte mich zwischen die durstigen Kehlen an die Bar und bestellte einen Brandy und ein Bier. Mein Nebenmann zur Rechten sah mich prüfend an und witterte dann mit vibrierenden Nasenflügeln. Ich wusste, er roch den Staub und den frischen Pferdeschweiß an mir trotz der schlechten Luft hier im Raum.

»Erst frisch angekommen, Bruder?« So fragte er, nachdem ich das Bier in mich hineingegossen hatte.

Ich nickte.

»Es ist ganz hübsch hier in diesem Lande«, grinste er. »Nur wenn man pleite ist, muss man stets sehr weit reiten, um sich Bucks zu besorgen. Denn hier sind die Regeln zu beachten.«

Seine letzten Worte waren eine Warnung, die man wahrscheinlich jedem Neuankömmling zukommen ließ.

Wir würfelten dann um die nächsten Drinks. Er gab mir noch einige Tipps und Verhaltungsregeln.

Und die ganze Zeit überlegte ich, wie ich diesen Jesse McLowry finden konnte, diesen Mistkerl, der eine Uhr in der Tasche haben musste, die alle Stunden eine kleine und zarte Melodie spielte, und auf dessen Hinterbacken Pumaköpfe tätowiert waren.

Selbst wenn er hier in dieser kleinen Stadt war, musste mir schon ein kleines Wunder zu Hilfe kommen. Denn Fragen stellen, dies durfte ich nicht. Wer hier nach einem Mann fragte, der musste schon sein Freund, sein Partner oder guter Bekannter sein.

Denn sonst war das gejagte Wild bald gewarnt und wurde selbst zum Jäger.

Ich war müde und ausgebrannt und begriff, dass ich mir Zeit nehmen musste. Also sollte ich mir ein Quartier für mich und meinen Wallach suchen.

Und so verließ ich bald den Saloon, brachte mein Pferd in den Mietstall und fand dann in der alten Mission Unterkunft in einer der einfachen Kammern, die wie Zellen waren und in denen einst die Jesuitenpadres hausten. Ich bekam im Gastraum auch noch ein Abendessen. Am langen Tisch saß noch ein anderer Gast, ein verwegen aussehender, blonder, sommersprossiger Bursche.

Er grinste mich an, hob achtungsheischend die Gabel und sagte: »Das sind Mönchszellen, nicht wahr, in denen wir schlafen sollen. He, Bruder, weißt du eigentlich, wie Nonnen und Mönche sich vermehren? Ja? Nein? – Oh, dann will ich es dir verraten. Das ist einfach. Durch Zellenteilung, hahaha, durch Zellenteilung, hahahaha!«

Er wollte sich ausschütten vor Lachen.

Ich grinste anstandshalber, denn ich kannte den Witz schon.

Wenig später lag ich auf dem schmalen Lager und dachte: Ja, so mochte es wohl gewesen sein, wenn hier ein Padre weiblichen Besuch hatte. Hier auf diesem schmalen Bett konnte man nur übereinander liegen. Dann schlief ich ein.

***

Am nächsten Tag war ich unterwegs in der kleinen Stadt, die El Pablo hieß. Ich hatte eine Beschreibung von Jesse McLowry, so wie diese einst auf seinem Steckbrief stand, bevor man ihn damals nach Yuma schaffte, wo er fünfzehn Jahre bleiben sollte.

Aber diese Beschreibung passte auch auf viele andere Männer.

Seine besonderen Merkmale waren auf seinen Hinterbacken. Aber wie konnte ich mir Hunderte oder gar Tausende von Hintern ansehen?

Das war in bescheidener Zahl nur in der Badeanstalt beim Barbier möglich. Und überdies hätte ich bei den Mädchen in den Bordells fragen können. Letzteres aber wäre schon wieder gefährlich gewesen. Denn Fragen stellte man nicht in diesem Land nach irgendwelchen Männern, die man suchte, wenn man nicht deren Freund war.

Ich beschloss es also gegen Mittag in der Badeanstalt zu versuchen, nachdem ich mir zuvor neues Zeug in einem Store kaufte.

Wenn dieser Jesse McLowry hier in El Pablo war, so musste er wenige Stunden vor mir hier angekommen sein. Vielleicht sehnte auch er sich nach einem Bad und nach einem Haarschnitt.

Auch er brauchte gewiss frisches Unterzeug und wollte nicht nach Pferdeschweiß und all den anderen Gerüchen stinken, die unvermeidlich waren, wenn man endlose Meilen ritt. Ich war sicher, dass er in ein Bordell gehen würde. Dieser Bursche war verrückt nach Frauen. Sonst hätte er Sarah Gates nicht etwas so Scheußliches angetan.

Im Hinterhof des Barbierladens gab es sechs Holzfässer.

Darin saßen die badenden Kunden. Unter einem großen Waschkessel, der auf großen Steinen stand, brannte ein Feuer. Ein riesiger Neger hielt alles in Gang, füllte Wasser in den Kessel und von dort – wenn es warm genug war, in die Holzfässer der Badenden.

Manche rauchten Zigarren. Fast alle hatten sie Flaschen bei sich im Badefass, die sie schwimmen ließen, aber immer wieder hochnahmen, um daraus zu trinken.

Ich wunderte mich nicht über die vielen Badenden, denn ich hatte längst begriffen, dass alle, die nach El Pablo kamen, hungrigen Wölfen glichen, die schon zu lange in der Einsamkeit lebten. Es gab in diesem Land gewiss tausend verborgene Winkel mit versteckten Camps.

Und wenn diese Männer dann nach El Pablo kamen, dann sehnten sie sich nach den Dingen, die sie schon so lange vermissten.

Ich musste mit drei anderen Burschen eine Weile warten. Wir unterhielten uns über Belangloses, und keiner von uns sprach über sich. Es ging niemanden etwas an, woher man kam und was man hier in diesem Lande tat.

Auch Witze wurden erzählt.

Ich sah jedoch stets unauffällig, doch sehr genau auf die Hinterbacken der Badenden, wenn sie aus den Holzfässern stiegen, um sich abzutrocknen.

Gewiss, einige der Burschen waren tätowiert. Doch keiner hatte Pumaköpfe auf den Hinterbacken.

Vielleicht war dieser Jesse McLowry gar nicht in El Pablo – und wenn, dann hatte er vielleicht schon gebadet oder fühlte sich in seinem Dreck und Gestank so wohl, dass er nur dann badete, wenn er einen Fluss auf seinem Pferd durchschwimmen musste oder mal durch ein Gewitter ritt.

Ja, das konnte sein.

Meine Hoffnungen waren also nicht besonders groß. Ich war mir darüber klar, dass ich auf ein kleines Wunder wartete. Aber wie oft geschehen kleine Wunder?

Endlich wurde auch für mich ein Fass gefüllt, und ich durfte hinein mit einem Stück Fliederseife.

Nun, es war herrlich im heißen Wasser, das mich den letzten Dreck aus den Poren schwitzen ließ. Auch als ich mir den Kopf wusch, war das ein herrliches Gefühl, das ich mir eigentlich schon in Jacinto hatte verschaffen wollen.

Das Bad war ein Genuss, und ich freute mich auch schon auf das saubere Zeug, das ich danach anziehen würde.

Aber trotz dieser Wonnegefühle vergaß ich nicht die Augen offen zu halten und auf die Hinterbacken der Badenden zu sehen, sobald sie in die Badefässer stiegen oder diese verließen, um sich abzutrocknen.

Doch was konnte ich erwarten?

Es wäre ein Wunder gewesen, wenn ausgerechnet in dieser Stunde, da ich hier im Bad des Barbiers verweilte, jener Jesse McLowry aufgetaucht wäre. Diese Chance war äußerst gering. Denn da er einige Stunden vor mir hier angekommen war, hatte er wahrscheinlich längst schon gebadet, wenn überhaupt.

Es war möglich, dass er dies in den nächsten Wochen gar nicht mehr tat und ich hier nur die Zeit verschwendete.

Oder hatte er die Badeanstalt noch nicht besucht, weil er wichtigere Dinge zu tun hatte? Es konnte sein, dass er sich erst betrank oder in eine Pokerpartie geraten war. Es war auch möglich, dass er gar nicht mehr in dieser Stadt war, sondern schon bald weiter ritt.

Alles war möglich.

Ich war also sehr unsicher und lauschte immerzu auf meinen Instinkt, der mich stets richtig geführt und gewissermaßen »beraten« hatte.

Und dieser Instinkt ließ mich hier verweilen. Er trieb mich nicht fort. Es war mir immerzu so, als müsste ich hier bleiben und warten, obwohl mein Verstand mir das Gegenteil riet.

Ich besaß die Geduld eines Jägers, der in aller Ruhe auf das gejagte Wild warten konnte, wenn ihm sein Instinkt sagte, dass dies richtig sei.

Aber ich konnte nicht ewig in dem Badefass und dem zuletzt nach Fliederseife duftenden Wasser bleiben. Als ich das Gefühl hatte, schrumpelig zu werden, stieg ich raus und trocknete mich ab.

Einer der Barbiergehilfen kam und warf einen Blick auf meine langen Haare, die nun schon fünf Monate nicht gestutzt worden waren.

»Schneiden?« So fragte er.

Ich nickte und bekam wenig später einen Haarschnitt, so dass ich nochmals in diesem Badehof verweilen konnte, um mir nackte Hinterbacken zu betrachten. Es war schon eine merkwürdige Jagd, auf der ich mich befand.

Aber wie anders konnte ich mein Wild erkennen?

Nun, lieber Leser meiner Geschichte, ich will diese Schilderung nicht zu sehr ausdehnen. Wahrscheinlich war es dumm und nutzlos, hier auf einen Mann zu lauern, der sein Kennzeichen so mühelos verbergen konnte, so dass man gezwungen war, ihn nackt zu sehen. Er kam nicht an diesem Tage und zu jener Stunde, und ich konnte mich auch nicht ewig in der Badeanstalt des Barbiers aufhalten. Das hätte mich letztlich wahrscheinlich in den Verdacht gebracht, lieber nackte Männer zu sehen anstatt nackte Frauen.

Aber ich ging auch in den nächsten fünf Tagen in die Badeanstalt.

Am sechsten Tage fragte mich der Neger, indes er mir heißes Wasser nachgoss: »Sir, haben Sie keine Angst, dass Ihnen Schuppen wachsen? Ich habe noch niemals einen so ausdauernden Badegast bedient.«

»Das mag sein, mein Freund«, erwiderte ich. »Aber ich habe Rheuma. Das heiße Wasser ist eine Wohltat für mich. Da würde ich mich sogar mit Schuppen auf der Haut abfinden.«

Er nickte ernst. »Ich habe eine Tante«, sagte er, »die heilt solche Krankheiten mit Hilfe von Tees.«

Er sagte mir dann, wo ich die Hütte seiner Tante am Rande der Stadt finden konnte.

Dann ließ er mich wieder allein.

Ich aber dachte: Heute sitze ich zum letzten Male in diesem Badefass. Vielleicht bekomme ich zwar keine Schuppen wie ein Fisch, dafür aber einen Biberschwanz.

Ich hatte es kaum gedacht, da sah ich es.

Ja, da war es zu sehen auf einem der Hinterbacken eines Mannes, der in eines der Badefässer stieg. Es gab keinen Zweifel, da war die saubere Tätowierung eines Pumakopfes auf den Batzen. Er war am ganzen Körper tätowiert, überall.

Oha, verdammt, da hatte mich mein Instinkt am Ende doch richtig beraten!

Ich sah mir den Burschen an.

Ja, es konnte dieser Jesse McLowry sein. Er war ein bulliger Typ, braunhaarig und gelbäugig. Wenn er jetzt noch jene Uhr besaß, welche alle Stunden eine zarte Melodie hören ließ, dann hatte ich den Mann gefunden, den sie in Jacinto hängen wollten.

In meinen Gedanken seufzte ich, denn ich wusste nun, da ich ihn sah, dass er eine besonders hartgesottene und gefährliche Nummer war. Diesen Burschen nach Jacinto zu schaffen, würde ein höllisch schweres Stück Arbeit sein.

Ich konnte ja nicht einfach zu ihm gehen, ihm den Colt unter die Nase halten und ihn aus dem Fass steigen lassen, um ihn mitzunehmen. O nein, so ging es nicht. Da würde er hier schnell alle harten Jungens auf seiner Seite haben.

Wenn sie dann meine Taschen durchsuchten und den Stern fanden – oha, oweia und Moses, dann ging es mir schlecht.

Ich musste vorsichtig sein wie kaum zuvor in meinem Leben und erst noch herausfinden, wie ich mir den Hombre schnappen konnte, um ihn auf die andere Seite des Pecos bringen zu können.

Ich wartete dann wie einer der Müßiggänger draußen auf der Straße, bis er aus der Badeanstalt kam. Ja, nun kannte ich ihn endlich, aber hundertprozentig war ich mir ja immer noch nicht sicher.

Erst etwa eine Stunde später stand ich neben ihm an einer Bar. Er war nun in Gesellschaft zweier Männer, welche nicht weniger hart gesotten und gefährlich wirkten wie er. Oha, das war ein höllisches Kleeblatt, und sie waren mehr oder weniger übel und verkommen. Das war allein schon an ihrer Redeweise erkennbar. Sie redeten nicht nur primitiv und machten zotige Bemerkungen und erzählten sich dreckige Witze, nein sie ließen mich immerzu erkennen, dass ihnen auf dieser Erde nichts mehr heilig war.

Ich konnte kaum noch hinhören. Sie waren verkommen und zogen alles in den Dreck. Aber sie waren auch gefährlich wie Wölfe mit wachen Instinkten. Diese beiden anderen Kerle waren seine Brüder. Er nannte sie Bart und Ted. Und sie hatten hier auf ihn gewartet, nachdem sie ihm in Yuma zur Flucht verhalfen. Irgendwo hatten sie sich getrennt, um drei Fährten zu hinterlassen in der Gila Wüste zwischen Yuma und Nogales.

So etwa mochte es gewesen sein.

Sie tranken ziemlich viel. Dann sagte jener Jesse McLowry: »Und jetzt geh ich zu Lily. Ich bleibe bei ihr bis morgen Vormittag. Dann können wir reiten. Mein Pferd muss noch beschlagen werden. Bringt es zum Schmied.«

Er ging. Ich folgte ihm. Denn ich wollte wissen, wo ich ihn diese Nacht finden würde.

Dann aber musste ich zur Schmiede gehen, um dort sein Pferd zu sehen.

Denn dieses Pferd würde ich brauchen für seinen Transport.

Ich dachte nicht im Traum daran, eines für ihn zu kaufen oder gar zu stehlen. Nein, er sollte auf seinem eigenen Tier nach Jacinto reiten.

3

Es war etwas nach Mitternacht, als ich in das Putahaus ging, in welchem jene Lily wie andere Mädchen Gäste empfing. Auch McLowrys Brüder waren hier zu Gast. Sie hockten an der langen Bar mit durstigen Mädchen, mit denen sie offensichtlich schon oben waren und jetzt nur noch zum Abschied einen Drink nahmen.

Ich sah, dass sie nun schon ziemlich betrunken waren. Als sie endlich aufbrachen und zum Ausgang schwankten, da wandte sich eines der Mädchen zu mir um und lächelte mich an.

Es war ein noch junges Ding. Und dennoch erkannte ich in ihrem Gesicht jene Linien, die mir verrieten, dass sie erfahren war wie eine alte Frau.

»Hallo, Großer«, sagte sie, »soll ich dir Gesellschaft leisten oder bin ich nicht der Typ, den du haben möchtest?«

»Oh, du bist hübsch und niedlich«, erwiderte ich und grinste auf sie nieder.

»Dann komm«, erwiderte sie und nahm mich an der Hand. »Es ist auch hübsch oben in meinem Zimmer. Ich mache dir das Tor zum Paradies weit auf. Du musst nur hindurchgehen. Komm, Großer. Wie ist dein Name?«

»Jake«, grinste ich. »Und deiner, Süße?«

»Mary-Lou.«

Wir gingen also nach oben in ihr Zimmer. Es war wirklich hübsch, auch sauber.

Sie verhielt mitten im Zimmer vor mir und sah zu mir hoch.

»Du riechst nach Fliederseife«, sagte sie. »Möchtest du lange bei mir bleiben, vielleicht bis zum Frühstück, ja? Du gefällst mir. Und dann müsste ich nicht mehr hinunter.«

Ich wusste, ich musste nun Farbe bekennen.

Und so nahm ich erst einmal zwei Zwanzig-Dollarstücke und ließ sie in ihren Ausschnitt fallen, der mir ihre festen Brüste mehr als nur zur Hälfte zeigte.

Dann sagte ich: »Mary-Lou, ich würde gerne mit dir bis zum Frühstück zusammen sein. Aber es geht nicht. Bei Lily ist ein Kerl, den ich haben möchte.«

»Jesse McLowry«, sagte sie, und ihre Stimme klang plötzlich spröde und kalt. Auch in ihren blauen Augen war nun abschätzende Kühle.

Ja, sie mochte noch sehr jung sein, vielleicht noch keine zwanzig, aber sie war erfahren und kannte das Leben von der miesen Seite.

Ich nickte.

»Er hat in Jacinto mein Mädchen halbtot geschlagen und vergewaltigt«, sprach ich zu ihr nieder. »Trink eine halbe Flasche Wein – von dem roten, den ich da auf dem Tisch sehe – und leg dich schlafen. Du kannst später sagen, dass ich dich zum Trinken zwang, bis du nicht mehr wusstest, was geschah. Gut so?«

Sie sah zu mir hoch – lange, kritisch, prüfend, misstrauisch.

»Oh, Großer«, murmelte sie dann, »weißt du denn, auf was du dich einlässt? Dieser Jesse McLowry hat drei Brüder. Zwei sind so wie er, aber der dritte – er heißt Morgan McLowry – ist der Boss in dieser Stadt und fast im ganzen Land westlich des Pecos. Wer einem McLowry etwas antut, der bekommt alles dreifach zurück. Reite lieber aus der Stadt und bilde dir ein, dass du Jesse McLowry nicht finden konntest. Es wäre besser für dich.«

Aber so eindringlich auch ihre Stimme klang und sie auch mit ihrem Blick auf mich einzuwirken versuchte, ich schüttelte stumm den Kopf. Und in meinen Augen erkannte sie meinen unumstößlichen Entschluss und meine Härte.

»Ironman«, murmelte sie, »oh, du Ironman. Ich kenne deine Sorte. Ich wünschte, auch mich hätte damals solch ein Bursche …«

Sie brach ab und wandte sich dem Tisch zu. Aus der Rotweinflasche goss sie sich ein Glas voll und hob es an die Lippen.

»Lilys Zimmer ist gleich links neben diesem«, sprach sie noch. Dann trank sie gierig wie eine Verdurstende.

»Also, tu, was du nicht lassen kannst!«, murmelte sie schließlich und füllte das Glas zum zweiten Male. »Ja, ich werde sagen, dass du mich betrunken gemacht hast«, sprach sie bitter. »Und dabei hast du mir so gut gefallen. In dieser Welt ist alles merde, einfach merde, verdammt!«

Sie ging zum Bett, nachdem sie zuvor das zweite Glas gierig geleert hatte. Es war schwerer, spanischer Wein.

Aber weil sie noch nicht zu betrunken war, begann sie zu weinen.

Sie tat mir leid.

Ich ging hinaus und schloss leise die Tür.

Als ich in Lilys Zimmer trat, hielt ich meinen Colt in der Faust.

Aber es war keine Vorsicht nötig. Jesse McLowry lag auf dem Bett und schnarchte wie ein Eber im Kober.

Das Mädchen Lily stand am offenen Fenster und atmete die frische Nachtluft, die ein leichter Wind von draußen hereinblies. Sie trug nur ein kurzes Hemdchen.

Als sie sich zu mir umwandte und schon den Mund öffnete, um mir zu sagen, dass ich mich zum Teufel scheren solle, legte ich meinen Zeigefinger auf meine Lippen.

Sie schwieg abwartend. Ich schloss die Tür und näherte mich Lily. Auch sie war hübsch und jung. Sie glich Mary-Lou nebenan fast wie eine Schwester.

Ich sagte auf sie nieder: »Lily, ich will nur den da. Sein großer Bruder will ihn auf der Stelle sehen.«

»Aaaah, der ist halbtot«, erwiderte sie. »Der kann nicht mal mehr lallen. Dieser Narr geht betrunken mit mir aufs Zimmer und säuft hier oben noch weiter. Ja, mir ist es recht, wenn du ihn mitnimmst. Du wirst ihn tragen müssen. He, dich kenne ich noch gar nicht. Bist du neu hier?«

Ich nickte nur, trat zum offenen Fenster und blickte hinaus und hinunter.

Drunten sah ich niemanden im Hof. Nur einige Wagen und Pferde standen dort. Auf einem Wagen war Heu. Er stand unter dem Fenster.

Ich holte den schnarchenden Jesse McLowry vom Bett, trug ihn zum Fenster und ließ ihn fallen. Der Heuwagen stand nicht dicht genug unter dem Fenster, so dass Jesse McLowry nicht richtig auf ihn fiel. Aber dennoch wurde sein Sturz gebremst und abgemildert.

»Ich besuche dich bald mal privat«, sagte ich zu Lily und folgte Jesse McLowry, der unten halb unter den Wagen gerollt war und immer noch schnarchte.

Alles war plötzlich so einfach.

Die Pferde hatte ich schon vorhin in den Hof gebracht.

Nun musste ich Jesse McLowry nur noch aufladen und konnte nach Jacinto mit ihm reiten.

Ja, alles war so leicht und einfach.

Als ich mich nach ihm bückte, um ihn mir aufzuladen, da hörte ich aus seiner Tasche das zarte Klingeln der Taschenuhr und dann die Melodie.

Es musste zwei Uhr morgens sein.

Und noch zum Frühstück konnte ich den Burschen in Jacinto haben.

Ja, so einfach schien es zu sein.

***

Bis zur Furt waren es etwa zwölf Meilen.

Im Osten kam das erste Grau hoch und ließ die Sterne verblassen, als ich den Pecos erreichte. Ich musste durch die Furt, denn sonst war überall Treibsand. Es gab nur wenige Übergänge durch den Pecos.

Das war es ja, was die Banditen westlich des Pecos zu gut schützte. Sie vermochten alle Zugänge in ihr Gebiet so leicht zu bewachen und unter Kontrolle zu halten.

Ich musste also durch die Furt.

Und ich wusste, ich würde hier wie bei meinem Herritt auf Wächter treffen. Wahrscheinlich würden es heute nicht jener Lefty und der Mexikaner sein, die ich bei meinem Hinritt traf. Es würden wahrscheinlich andere Männer hier auf der Lauer liegen.

Jesse McLowry lag immer noch quer über seinem Sattel. Er hatte sich mehrmals unterwegs erbrochen und gestöhnt. Wahrscheinlich hatte er sich auch in die Hosen gemacht.

Dieser Sohn von tausend Vätern war so betrunken wie ein ganzer Indianerstamm und hatte sein Blut in Alkohol umgewandelt.

Ich nahm mir vor, ihn in der Furt ins Wasser zu werfen und ihn dort eine Weile zu wässern. Aber erst musste ich wahrscheinlich mit den beiden Furtwächtern zurechtkommen. Irgendwie musste ich das einfach schaffen.

Ich blieb ganz ruhig, als ich den Fluss im letzten Schein der verblassenden Sterne noch ein wenig schimmern sah und zwei Reiter von rechts aus dem Schatten einiger alter Bäume auf den Weg geritten kamen.

Sie warteten auf mein Kommen. Als ich nahe genug war, hielt auch ich an.

»He, ist Lefty nicht hier?« So fragte ich.

»Nein«, erwiderte einer der Reiter. »Ich bin Larry, nicht Lefty. Sag mal, wer bist du denn? Und wen hast du da quer über dem Sattel des anderen Gauls?«

Ich lachte scheinbar sorglos und auch ein wenig verächtlich. Dann erwiderte ich: »Aaah, das ist nur Jesse McLowry. Der ist zu betrunken, um im Sattel sitzen zu können. Der hat sich so sehr beschlaucht, dass ihm das Feuerwasser aus den Ohren lief. Auch sonst ließ er alles laufen. Ich werde ihn erst mal im Pecos baden. Vielleicht wird er dadurch nicht nur wieder sauber, sondern auch ein wenig nüchtern. Dann kann er auf seinem Hintern reiten. Also, Freunde, lasst mich durch.«

Ich wollte anreiten, aber sie wichen nicht zur Seite. Und jener Larry sagte: »Warte. Wir haben noch einige Fragen. Denn aus unserem Lande wird niemand – und schon gar nicht Jesse McLowry – hinaustransportiert, wenn er so stinkbetrunken ist. – Also, wo willst du mit ihm hin? Und warum hast du es mit ihm so eilig, dass er nicht erst nüchtern werden kann?«

Es waren zwei klare Fragen.

Nun konnte ich nur noch hoffen, dass sie sich bluffen ließen. Deshalb ließ ich meine Stimme lässig und sorglos klingen, ganz so wie ein Bursche mit einem reinen Gewissen bezüglich seines Tuns.

Ich erwiderte also: »Ach, Jesse hat eine Verabredung. Und es ist wichtig, dass er sie einhält. Es ist ein großer Coup geplant. Wir alle treffen uns in …«

Ich verstummte wie ein Mann, der den Namen des Ortes, welcher der Treffpunkt sein sollte, nicht verraten wollte. Das war nur logisch.

»Ich muss ihn hinbringen«, fügte ich nach einer kleinen Pause hinzu und wollte abermals anreiten.

Doch die beiden Kerle waren stur. Sie wichen nicht.

»Wir werden ihn gemeinsam nüchtern machen und ihn dann fragen«, entschied jener Larry. Und er fügte hinzu: »Weißt du, wir kennen dich nicht. Du könntest ein Kopfgeldjäger sein – oder ein Bursche, der einen Stern in der Tasche trägt. Ich sage es dir noch mal: Aus unserem Lande wird niemand hinaustransportiert und schon gar nicht Jesse McLowry, nicht auf diese Weise. – Also, bringen wir ihn in den Fluss und machen wir ihn gemeinsam nüchtern.«

Als er verstummte, war ein Klang in seiner Stimme, der mir sagte, dass ich ihn mit Worten nicht mehr umstimmen konnte.

O verdammt, wenn wir ihn im Pecos tatsächlich lange genug badeten, wurde Jesse McLowry wahrscheinlich doch nüchtern genug – zumal er ja unterwegs alles erbrochen hatte –, dass er seine Entführung zu begreifen vermochte.

Ich konnte also nicht mehr auf ein friedliches Durchkommen hoffen.

Also musste ich den harten Weg gehen.

Ich sagte ruhig, indes ich mich in den Steigbügeln aufstellte und die langen Zügel von McLowrys Pferd losließ: »Jungs, ich lass mir von euch keine Befehle erteilen. Und ich habe auch keine Zeit mehr für lange Reden. Gebt den Weg zur Furt frei oder …«

Ich kam nicht weiter. Sie hatten an meiner Stimme erkannt, dass ich nicht bluffte. Und so zogen sie.

Vielleicht wollten sie mich nur einschüchtern und mir zeigen, wie schnell sie waren. Aber sie zogen – und dies bewirkte meinen Reflex. Es geschah ganz instinktiv, schneller als jeder Gedanke. Weil sie zogen, zog auch ich. Es war nicht mehr aufzuhalten.

Ich war um jenen Sekundenbruchteil schneller als sie, auf den es so sehr ankam. Als ich den Burschen links von mir mit meiner Kugel traf – es war jener Larry, der eine Winzigkeit schneller war als sein Partner –, da bekam dieser Partner seine Chance. Denn er konnte auf mich abdrücken, indes ich meinen Revolver von Larry auf ihn richten musste.

Aber er traf mich nicht richtig. Er wollte zu schnell sein. Seine Kugel fetzte nur durch den Ärmel meines Hemdes.

Und fast im selben Moment traf ich auch ihn.

Ja, ich war schnell mit dem Revolver, obwohl ich kein Revolverheld, sondern ein Wildpferdjäger war. Aber wer im Apachenland Wildpferde jagte, der musste auf allen Gebieten besser sein als der Durchschnitt. Das gehörte zum Überleben in diesem Lande.

Die beiden Kerle schwankten in den Sätteln. Alle Pferde standen ruhig, tanzten nicht. Sie waren an Revolverfeuer gewöhnt. Das war eine ihrer wichtigsten Lektionen.

Larry stöhnte und ließ den Colt fallen, um mit beiden Händen das Sattelhorn umklammern zu können.

Dann aber ritt er vorwärts und an mir vorbei in Richtung El Pablo.

Im Morgengrauen sah ich sein verzerrtes Gesicht. Er sah starr geradeaus, und ich wusste, er wollte nach El Pablo, weil er nur dort Hilfe bekommen konnte.

Sein Partner aber fiel nun nach der Seite aus dem Sattel. Er landete schwer am Boden. Wahrscheinlich war er tot.

In mir stieg Bitterkeit hoch. Ich ließ meinen Colt ins Holster gleiten.

Oha, verdammt noch mal, so einfach war es also doch nicht, Jesse McLowry nach Jacinto zu bringen und die hohe Prämie zu kassieren. Es hatte nur am Anfang so einfach ausgesehen.

Jener Larry war nun an mir vorbei.

Ich beugte mich nach der Seite aus dem Sattel tief nieder, um die Zügel von McLowrys Pferd aufzunehmen, welche ich ja mit deren Enden zu Boden fallen ließ.

Als ich mich mit ihnen aufrichtete und anreiten wollte, da bekam ich es.

Ein Gewehr feuerte rechts von mir aus dem Grau unter den Bäumen, von wo ja auch die beiden Reiter gekommen waren. Die Kugel traf mich in die Seite, traf mich mit einem Schlag, den ich wie einen Huftritt spürte. Ich schwankte – und dann fiel ich vom Pferd, schlug hart am Boden auf, und weil ich auch noch mit dem Kopf aufschlug, was wie ein Keulenhieb wirkte, verlor ich mein Bewusstsein.

Doch ich blieb nicht lange bewusstlos. Der Schmerz in oder an meiner Seite machte mich schnell wieder wach.

Und verdammt noch mal, war ich vielleicht kein harter Bursche, kein Ironman, der sehr viel mehr als alle anderen vertragen konnte? War ich keine zähe Nummer, kein Bursche, der erst richtig loslegte, wenn andere schon aufgaben?

Ich begann wieder zu denken, und der Schmerz in meiner Seite half mir abermals, ließ mich so richtig wach werden. Meine Gedanken jagten sich, so als eilten sie tausend Meilen in der Sekunde.

Da war also noch ein dritter Mann mit im rauen Spiel, ein Bursche, den die beiden anderen unter den Bäumen zurückgelassen hatten. Vielleicht schlief er sogar oder sie waren der Meinung, dass zwei von ihnen ausreichten, bei mir sozusagen nach dem Rechten zu sehen.

Aber dann hatten wir mit den Colts aufeinander geschossen. Und so hatte der Bursche mit dem Gewehr genügend Zeit gehabt.

Ich wusste, er würde kommen.

Vorsichtig tastete ich nach meinem Revolver, den ich ins Holster geschoben hatte, bevor ich die Zügelenden von McLowrys Pferd wieder aufnahm. War die Waffe noch im Holster? Oder war sie herausgerutscht, als ich vom Pferd fiel?

Ich erschrak tief in meinem Kern und vergaß den Schmerz meiner Wunde, als meine Finger nur das leere Holster berührten.

O verdammt, die Waffe war nicht mehr im Holster. Wo mochte sie liegen? Das war die scharfe und heiße Frage in dieser erbarmungslosen Minute.

Ich wusste, der Gewehrschütze würde kommen. Und wenn ich da keine Waffe hatte, würde er mir ohne meine Gegenwehr den Gnadenschuss geben. Das war sicher. Hier im Banditenland gab es keine Gnade, keine Schonung.

Und so begann ich am Boden umherzutasten.

Wo war meine Waffe, in der sich noch vier Kugeln befinden mussten? Vier Kugeln, welche wie vier Freunde waren, mit deren Hilfe ich mein Leben retten konnte.

Ich hörte den Hufschlag seines Pferdes im stillen, grauen Morgen. Ja, er kam nun herangeritten, obwohl der Weg von ihm zu mir gar nicht weit war. Aber in diesem Lande gingen Reiter keine drei Dutzend Schritte zu Fuß.

Und viel weiter hatte er es nicht.

Ich fand endlich meinen Colt.

Zwischen dem sich nähernden Reiter und mir stand mein Pferd. Es deckte mich ein wenig, denn ich war nach der dem Schützen abgewandten Seite aus dem Sattel gefallen. Die Schmerzen in meiner Seite waren immer noch höllisch. Manchmal wollte mir die Luft wegbleiben, denn ich vermochte nur ganz flach zu atmen.

Als ich den Reiter unter dem Bauch meines Pferdes hindurch gut genug erkennen konnte, da schoss ich und sah, wie meine Kugel ihn aus dem Sattel stieß. Ich hörte seinen Aufprall am Boden.

Nun endlich kam ich hoch. Zuerst an den Steigbügeln meines Pferdes, dann am Sattel und schließlich am Sattelhorn zog ich mich hoch. Und die Luft fehlte mir immer noch, weil ich vor Schmerzen nicht zu atmen wagte.

Aber verdammt, ich war ein Ironman, ich war härter und zäher als sie alle.

Und so kam ich in den Sattel. Das Blut lief mir aus der Wunde. Nun spürte ich es endlich. Das Hemd klebte an meinem Körper über der Wunde.

Verdammt, was war das für eine Wunde?

Ich bekam irgendwie die Zügel des anderen Pferdes in die Hand und ritt durch die Furt des Pecos.

Bis nach Jacinto war es nicht weit. Ja, das würde ich schaffen. Jede Wette würde ich da eingehen.

Es war jener Trotz in mir, ja Trotz, welcher Kämpfer schon immer über sich hinauswachsen ließ.

Und ein Kämpfer war ich, jawohl! Das war kein Eigenlob, nein, denn diese Eigenschaften hatte ich – schon oftmals bewiesen.

Und so machte ich mich mit meinem Gefangenen auf den Weg nach Jacinto.

Irgendwie schaffte ich es, halb schon bewusstlos, doch beherrscht von jenem Willen des Durchhaltenwollens, der so gnadenlos alles, einfach alles von einem Mann meiner Sorte verlangte.

Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als ich nach Jacinto kam.

Und ich hatte mir sogar zuvor den Stern aus der Hosentasche geholt und an die Brusttasche meines Hemdes gesteckt.

Als ich vor dem Stadthaus verhielt, in welchem sich auch das Gefängnis befand, da holte ich meinen Colt heraus und schoss die letzten drei Kugeln gen Himmel. Das Krachen der Waffe weckte die noch schlafende Stadt.

Und dann fiel ich aus dem Sattel – diesmal nicht von einer Kugel, sondern vor Schwäche. Wahrscheinlich hatte ich zu viel Blut verloren.

Ich wusste nicht mehr, was geschah.

Mein letzter Gedanke war: Jetzt können sie ihn hängen.

Denn ich hatte ihnen ja Jesse McLowry gebracht. Jawohl, er lag immer noch betrunken quer über seinem Pferd, dieser Mistkerl.

Sie hatten ihn also.

4

Irgendwann war mein Kopf wieder in der Lage, sich an alles zu erinnern und sich auch bewusst zu werden, dass ich aufgewacht war, also noch lebte.

Als ich die Augen öffnete, sah ich Sarah Gates.

Ja, sie war es, nicht irgendein Bild meiner Einbildungskraft.

Sie saß an meinem Bett.

Dann beugte sie sich vor und ließ mich aus einer Schnabeltasse trinken.

Ich ließ dann ein Krächzen hören und stellte fest, dass bei jedem tieferen Atemzug meine linke Seite böser schmerzte als die rechte.

»Hey, Sarah«, sagte ich heiser. »Es ist schön, dich zu sehen.«

Sie blickte ernst auf mich nieder. In ihrem hübschen und rassigen Gesicht waren noch ein paar blaue Flecke. Jesse McLowry musste sie mit seinen Fäusten geschlagen haben.

Aber er würde dafür und auch für seine andere Tat hängen.

Das war gerecht.

Ihr ernstes Gesicht veränderte sich nun zu einem kaum merklichen Lächeln.

»Ich danke dir, mein Freund«, murmelte sie. »Du befindest dich in meinem Haus, in einem der Zimmer über dem Store. Unser Doc hat dich gut versorgt. Und es war selbstverständlich, dass ich deine Pflege übernahm. Ich bin es dir schuldig, Jake Ringold.«

»Nein«, murmelte ich, »du bist mir nichts schuldig. Ich holte ihn nach Jacinto zurück, weil es eine hohe Fangprämie gab. Du bist mir nichts schuldig, Sarah.«

Sie schüttelte unwillig den Kopf. Aber dann murmelte sie sanft: »Wir wollen nicht darüber streiten, Jake. Nicht wahr? – Mit dir möchte ich am wenigsten streiten. Ich will dir eine Suppe holen. Du musst Hunger haben. Dein Körper lechzt nun gewiss nach neuen Säften.«

Sie ließ mich nochmals den Tee trinken, dann erhob sie sich und ging zur Tür.

Als sie von dort noch einmal zurückblickte, fragte ich: »Wie lange war ich ohne Bewusstsein?«

»Vier Tage«, erwiderte sie. »Du hattest starkes Fieber und wilde Träume. Ich hole jetzt die Suppe.«

»Haben sie ihn schon gehängt?« So fragte ich, denn jetzt war mir alles wieder gegenwärtig.

Sie wandte sich mir wieder zu.

»Nein«, erwiderte sie und lehnte sich von innen mit dem Rücken gegen die noch geschlossene Tür, so als suchte sie einen Halt. »Nein«, wiederholte sie. »So schnell geht das nicht nach Recht und Gesetz. Und überdies gibt es nicht wenige Leute unter den Bürgern dieser Stadt, die wollen ihn gar nicht hier hängen, die haben Angst vor der wilden Horde, vor seinen Brüdern. Diese Stadt hat schon eine Drohung erhalten. Ich glaube nicht, dass sich hier jemand findet, der ihm den Strick um den Hals zu legen wagt. – Aber das macht nichts. Ich werde ihn erschießen.«

Nach diesen Worten, die sie mit fast tonloser Stimme sprach, ging sie.

Ich aber wusste nun, dass die Dinge noch längst nicht ausgestanden waren.

Ich hatte ihnen zwar einen steckbrieflich gesuchten Mörder, einen flüchtigen Zuchthäusler und Frauenschänder gebracht – aber nun zögerten sie, ihn aufzuhängen.

Nichts war einfach auf dieser Erde, nichts ging stets glatt vonstatten.

Diese Stadt wollte mutig und stark sein.

Vielleicht sandte sie mich nur aus, um sich ein Alibi zu verschaffen, etwas unternommen zu haben.

Doch ich brachte ihr den Kerl.

Und nun?

Ich konnte nicht mehr darüber nachdenken, denn Sarah kam mit einem Topf, aus dem sie mich mit kräftiger Fleischsuppe zu füttern begann.

»Die Wunde über deiner geknickten Rippe wurde vom Doc genäht«, sagte sie einmal. »Die Kugel drang von der Seite ein und glitt dann über eine Rippe wieder nach draußen.«

Ich hörte ihre Worte zuletzt nur noch wie aus weiter Ferne und fiel nach wenigen Löffeln der kräftigen Suppe wieder in einen Schlaf.

Ich musste ausruhen, Kräfte sammeln.

Doch was würde dann sein?

Zum Glück konnte ich noch nicht darüber nachdenken.

***

Irgendwann wurde ich wieder wach. Diesmal war mein Kopf von Anfang an klarer. Und die Schmerzen, die ich spürte, stammten nicht von meiner Wunde, nein, es war ein böser, wilder, gieriger Hunger, der in mir biss wie ein ausgehungerter Wolf.

Ich war nicht allein.

Sarah Gates saß wieder an meinem Bett. Auf dem Nachtschränkchen stand eine Schüssel, aus der es nach Fleischsuppe duftete. Wahrscheinlich hatte mich dieser Duft wach gemacht.

Aber es waren noch zwei Personen im Zimmer. Einer war der Doc, ein ziemlich alter Bursche schon, der vielleicht gar kein richtiger studierter Doc war, sich aber auf alle Krankheiten von Menschen und Tieren verstand, besonders auf Schusswunden, Knochenbrüche und Geburten.

Er saß auf der anderen Seite des Bettes.

Am Fußende stand der Sheriff. Er hatte keine Krücke mehr unter der Achselhöhle, sondern stützte sich nur noch auf einen Stock.

Sie alle betrachteten mich ernst.

Dann begann Sarah Gates, mich wortlos ein wenig mit dem Oberkörper höher zu betten und aus der Schüssel mit der Fleischsuppe zu füttern. Es waren auch ein paar Mehlklößchen in der Suppe. Eigentlich war es eine dicke Brühe, denn das Fleisch war sehr klein gemacht oder zerkocht.

Ich konnte alles gut schlucken.

Und sie schwiegen immer noch.

Zwischen zwei Schlucken sagte ich: »Na los, dann sagt es endlich. Ihr habt doch etwas auf dem Herzen und zögert, es zu sagen. Raus damit! Was ist los?«

Immer noch zögerten sie.

Dann sagte der Doc: »Die Kugel drang von der Seite her ein und glitt auf dem Rippenbogen ab. Sie knickte die Rippe und riss über ihr eine Furche wie von einem Schwerthieb. Ich habe alles zusammengenäht. Wenn wir Sie in die Kutsche bringen, werde ich noch einen korsettartigen Verband anlegen. Dann wird es gehen. Sie sind ja ein harter Bursche, Wildpferdjäger, ein Ironman, wie man so sagt, nicht wahr?«

»In die Kutsche bringen?« So fragte ich zwischen zwei Löffeln Suppe.

»So ist es«, sagte da der Sheriff. Und nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Wir haben nur die Wahl, ihn laufen zu lassen oder ihn und euch fortzubringen. Wenn er hier in Jacinto bleibt, kommt die wilde Horde herüber und holt ihn heraus. Und dabei macht sie unsere Stadt klein. Auch ich muss mit nach El Paso, ebenso der Richter und Sarah. Nur in El Paso können wir den Mistkerl anklagen oder zumindest dem Gesetz und dem Henker übergeben. Hier geht das nicht. Diese Stadt ist zu klein und zu schwach. Wir müssen fort. In einer Stunde ist es Nacht. Dann brechen wir auf.«

Er verstummte wie ein Mann, der alles gesagt hatte.

Auf seinen Stock gestützt, hinkte er hinaus.

Nur der Doc und Sarah blieben. Sarah fütterte mich schweigend. Der Doc aber machte nun einige Binden für den Korsettverband bereit.

Ich schwieg noch, schluckte nur und dachte nach. Dass ich jetzt endlich etwas in den Magen bekam, meinem Körper Speise zuführte, die sich zu Säften und Kräften verwandelte, dies spürte ich dankbar. Denn das Hungergefühl linderte sich.

Ich dachte über diese Stadt nach.

Und weil ich drüben westlich des Pecos gewesen war, im Land der Banditen und Gesetzlosen, da konnte ich die Furcht der Leute hier besser verstehen.

Jesse McLowry hatte drei Brüder. Zwei waren primitiv wie er, aber der Dritte war anders. Ich hatte ihn nicht gesehen, nur von ihm gehört. Er war einer der großen Burschen dort drüben.

Und nicht nur, weil Jesse sein Bruder war, würde er ihn hier herausholen und vor dem Strick retten wollen. Es ging um mehr, nämlich darum, dass ich Jesse McLowry mitten aus El Pablo herausgeholt hatte.

Wenn sie ihn hier hängen konnten, würde sich drüben keiner mehr in Sicherheit fühlen können.

Darum also ging es.

Als diese Stadt mich aussandte, Jesse McLowry zu holen, da hatte man das hier nicht bedacht. Man war nur empört gewesen und war zufrieden damit, etwas veranlasst zu haben. Wahrscheinlich glaubten sie nicht, dass ich Erfolg haben würde.

Ja, so war es wohl.

Aber ich brachte ihn her.

Und nun steckten sie in der Klemme.

Ich sah in die leuchtend blauen Augen von Sarah Gates. Sie hatte mir den letzten Löffel in den Mund geschoben. Mein Hunger war nun besänftigt.

Ja, sie hatte wunderschöne blaue Augen. Es war ein dunkles Blau. Sie bildeten zu ihrem schwarzen Haar einen Kontrast. Auf ihrer Nase waren einige Sommersprossen, auch auf ihren Backenknochen.

Ihr Mund war jetzt herbe, nicht mehr so wie früher. Sie war angefüllt mit Bitterkeit, wahrscheinlich auch mit Hass. Man hatte ihr Schlimmes angetan.