G. F. Unger Sonder-Edition Collection 13 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition Collection 13 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

5 spannende Westernromane von G. F. Unger lesen, nur 4 bezahlen!


G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.

Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 61 bis 65 der G. F. Unger Sonder-Edition:

Folge 61: Longhorn Queen

Folge 62: Sein Name ist Fess Mackay

Folge 63: Die Jones-Brüder

Folge 64: Böse Town

Folge 65: Chaccos Krieg

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Seitenzahl: 967

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Manuel Prieto/Norma ISBN 978-3-7325-7442-1

G. F. Unger

G. F. Unger Sonder-Edition Collection 13 - Western-Sammelband

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Sonder-Edition 61 - WesternIch hatte das Leben eines Revolvermannes satt, und eines Tages verkroch ich mich auf eine einsame Ranch in den Antelope-Hügeln, um Rinder zu züchten. Ich hatte mich schon richtig an das neue Leben gewöhnt, als einige Narren mir meine kleine Herde raubten. Davonkommen lassen konnte ich die Kerle nicht, denn die Rinder waren alles, was ich besaß. Als ich mich auf ihre Fährte setzte, ahnte ich noch nicht, dass ich den ganzen Verdruss einer Frau verdankte, die den Rinderdiebstahl im großen Stil betrieb, und die so schön war, dass sie alle Männer um den kleinen Finger wickeln konnte. Auch mich würde sie zum Werkzeug ihres unversöhnlichen Hasses machen ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 62 - WesternDer Herdenboss Linc Callahan hat der schönen Pat Cane gerade den Verlobungsring angesteckt, als Bill Baker, der Mannschaftskoch, ins Zimmer stürmt. Mit Baker ist eine deutliche Veränderung vorgegangen, und bevor Callahan sich von seiner Überraschung erholt hat, hört er Baker zu Pat sagen: "Miss, dieser Mann gab Ihnen soeben den Ring, den mein Bruder seiner Braut schenken wollte. Mein Bruder kam nicht mehr dazu. Er wurde heimtückisch ermordet, und der Mann, der diesen Ring besitzt, ist der Mörder!" Nach diesen Worten wirbelt Baker zu Callahan herum und sagt mit kalter Stimme: "Dein Spiel ist aus, Callahan! Ich bin Fess Mackay, Arch Mackays Bruder!"Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 63 - WesternAls Bronco Ringloke dem Freund das Pferd stiehlt und ihn in die Gewalt der Verfolger fallen lässt, beginnt für ihn äußerlich ein schwindelnder Aufstieg. Auf der Heimatweide angekommen, erzählt er Jennifer Claymaster, dass Chance Jones, ihr Verlobter, auf der Flucht aus der Gefangenschaft getötet wurde. Jennifer heiratet Bronco, und er wird der Schwiegersohn des mächtigsten Ranchers im Land. Innerlich jedoch wird er zu einem Verlorenen, der immer neue Verbrechen begeht, um sein Lügengebäude vor dem Einsturz zu bewahren. Aber so skrupellos er ist und so mächtig er wurde, als Chance heimkehrt, hat Bronco ausgespielt. Denn in der kleinen Stadt Concho, die zum Einflussbereich der Claymaster Ranch gehört, trägt Chances Bruder Gil den Sheriffstern. Und gemeinsam sind die Jones-Brüder unbesiegbar ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 64 - WesternVon Golden Town hatte ich schon gehört. Und eines Tages ritt ich hin. Ich war in den Bergen beim Goldsuchen ein hungriger Wolf geworden - hungrig auch nach menschlichen Sünden. Ich hatte für etwa tausend Dollar Goldstaub bei mir. Das war ein Monatsverdienst von mehr als zweihundert Dollar - etwa zehnfacher Cowboylohn. Damit konnte ein Bursche wie ich zufrieden sein. Ich nahm mir vor, in Golden Town nicht mehr als zwanzig Dollar auf den Tisch zu hauen. Übrigens - mein Name ist Ben Yates, und ich schreibe die Geschichte so, wie sie mir gerade einfällt. Ich ritt also aus den Bergen der Grand Mesa in Richtung Süden zum Gunnison River hinunter. Aber noch bevor ich das Gunnison Valley erreichte, begann mein Pech...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 65 - WesternDie Weißen hatten sein Dorf zerstört, alle Frauen und Kinder ermordet. Seit jenem Tag führte Chacco Krieg. Und auf seiner Seite waren zwei mächtige Verbündete: die wasserlose Wüste, in die er die Patrouillen der Armee lockte, bis sie vor Durst zugrunde gingen, und die Borniertheit der Offiziere, die sich in ihrem blindwütigen Hass von ihm immer wieder die Regeln des grausamen Katz-und-Maus-Spiels aufzwingen ließen. In diesem Krieg hatte Chacco alle Trümpfe auf der Hand, und dennoch verlor er ihn. Sein Schicksal war besiegelt, als er den Fehler machte und dem Armeescout John Laredo die Frau raubte ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Longhorn Queen

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Vorschau

Longhorn Queen

1

Drei Tage und drei Nächte hatte ich in Fortune Spaß gehabt. Nach einem langen Winter in den Hügeln auf meiner kleinen Ein-Mann-Ranch war ich endlich wieder unter Menschen gekommen.

Ich hatte getrunken, Karten gespielt und war auch in der Badeanstalt von China-Dollys Etablissement gewesen, bevor die mehr als hübsche und noch sehr junge Rosy Polomsky mich dann mit auf ihr Zimmer nahm. Sie sprach kaum mehr als zehn Worte englisch, aber ich war ja nicht zu ihr gegangen, um lange Gespräche zu führen. Wir verstanden uns auf andere Weise prächtig.

Nun, ich kam also am vierten Tag von meinem Ausflug nach Fortune wieder zu meiner kleinen Hügelranch zurück, war ziemlich verkatert und schämte mich überhaupt nicht meiner Sünden.

Als ich dann nach meinen Rindern Ausschau zu halten begann, die um diese Tageszeit zumeist bei dem kleinen See versammelt waren, der zu meiner Weide gehörte, da sah ich nichts – einfach gar nichts.

Ich staunte nicht lange. Denn die Sache war ziemlich klar.

Meine Rinder waren ganz gewiss nicht aus eigenem Antrieb von dieser prächtigen Weide rings um den See weggewandert, die mussten weggetrieben worden sein.

Und indes ich mich in Fortune amüsierte und von einem einsamen Hügelwolf wieder zu einem Menschen wurde, hatten die Viehdiebe mehr als drei Tage und drei Nächte Zeit dazu gehabt.

Ich saß eine Weile bewegungslos im Sattel.

In mir stieg ein bitterer Zorn hoch.

Da hatte ich nun einen harten und einsamen Winter lang in den Hügeln ausgehalten und meine Rinder vor dem Raubwild beschützt. Ich hatte mich auf die vielen Kälber gefreut und daran gedacht, dieses Jahr meinen ersten Helfer einzustellen, der einigermaßen kochen können musste. Denn ich war es leid, mein selbst gekochtes Essen zu vertilgen. Es wären auch weitere Corrals und eine Scheune zu errichten gewesen.

Doch jetzt sah alles wieder anders aus.

Meine Rinder waren weg. Daran biss keine Maus mehr einen Faden von ab.

O Moses, dachte ich, jetzt ist es mit dem friedlichen Leben vorbei.

In mir war ein grimmiges und bitteres Bedauern: Ich hatte mich auf dieser Hügelranch eingenistet, weil ich einen Schlussstrich unter mein bisheriges Leben ziehen wollte. Ich hatte die Absicht, friedlich und zurückgezogen zu leben und meinen Namen in Vergessenheit geraten zu lassen.

Ja, ich hatte einen Namen gehabt, den manche Menschen wie einen Fluch aussprachen, der andere aber mit der Zunge schnalzen ließ. Es kam ganz darauf an, zu welcher Sorte sie gehörten.

Mein Name ist Whitehead, Bruce Whitehead, und ich war nicht irgendein Whitehead, sondern der mit dem schnellen Colt.

Deshalb hatte ich mich eines Tages in den Hügeln verkrochen.

Doch jetzt …

Ich ahnte, dass es wohl für mich ein Schicksal gab, dem ich nicht entkommen konnte.

Da hatten mir ein paar Narren meine Rinder gestohlen.

Ich konnte sie nicht davonkommen lassen. Denn diese Rinder waren alles, was ich besaß. Also musste ich den Kerlen folgen und sie klein machen.

Was blieb mir anderes übrig?

Ich fand in meiner zweiräumigen Hütte, die aus Bruchsteinen und Holz gebaut war, ein Stück Pappe von einer großen Schachtel. Darauf schrieb ich mit der Bleispitze einer Gewehrpatrone:

Diese Ranch ist nicht aufgegeben.

Ich reite nur für eine Weile fort.

Wenn sich hier jemand einnistet,

dem schieße ich nachher die Ohren ab.

Whitehead

Ich legte dieses Warnschreiben auf den Tisch.

Und wenig später ritt ich auf der Fährte meiner Rinder davon. Es war eine deutliche Fährte. Meine Herde zählte genau einhundertsiebenundzwanzig Tiere. Ich wusste es, weil ich sie immer wieder zählte.

In meinem Corral hatten überdies auch noch drei Pferde und ein Maultier gestanden. Auch diese Tiere waren verschwunden.

Und weil die Diebe es eilig hatten, trieben sie meine Tiere hart und schnell und machten keinen Versuch, ihre und meiner Rinder Fährte zu verwirren. Nein, sie trieben geradeaus. Es waren fünf Reiter, und sie verstanden ihr Handwerk als Viehtreiber. Ich stellte das immer wieder fest.

Vor allem war ihr Vorsprung recht groß. In den vergangenen drei Tagen und drei Nächten mussten sie mehr als dreißig Meilen vorangekommen sein. Und bis ich sie eingeholt hatte, würden sie mehr als vierzig Meilen zurückgelegt haben, vielleicht sogar fünfzig.

Dann aber würden die Rinder nicht mehr können und durch nichts mehr zu bewegen sein, auch nur noch einen einzigen Schritt zu machen.

Was also wartete fünfzig Meilen weit voraus auf mich?

Ich kannte das Land dort vor mir nicht, war noch niemals dort gewesen. Nur eines wusste ich. Es war ein unübersichtliches Land, ein Land mit vielen grünen Hügeln und Tälern, ein unübersichtliches Land mit tausend verborgenen Winkeln, ein Land mit Creeks und Canyons.

Eine Stadt sollte es dort geben. Ich hatte mal von ihr gehört.

Longhorn hieß diese Stadt.

Brachten die Viehdiebe meine Herde dorthin? Und wenn, an wen würden sie meine Rinder verkaufen? Gab es in Longhorn oder Umgebung jemanden, der gestohlene Rinder kaufte?

Ich begriff, dass es gut wäre, wenn ich die Viehdiebe vorher einholen würde.

***

Ich ritt den ganzen Tag und schwitzte dabei den Rest des Feuerwassers aus, überwand auch meinen Kater. Als es dunkel wurde, hatte ich gut zwanzig Meilen hinter mir. Die Tage waren jetzt im Frühjahr noch sehr kurz. Es wurde eine dunkle Nacht. Und hier in den Hügeln war die Fährte nicht mehr zu verfolgen. Zähneknirschend musste ich anhalten und eine windige Nacht an einem Feuer verbringen. Am nächsten Morgen ritt ich weiter, kaute an einem Happen Rauchfleisch und erreichte dann bald die Stelle, an der die Viehdiebe ihre Richtung änderten.

Damit hatte ich gerechnet. Sie waren erfahrene Burschen. Wäre ich nachts auf gut Glück in der alten Richtung weitergeritten, darauf hoffend, bei Tage wieder die Fährte zu finden, hätte ich umkehren müssen.

Nun hatten sie wieder viele Stunden Vorsprung bekommen.

Meine Stimmung wurde immer böser.

Und ich konnte nur hoffen, dass die nächste Nacht mond- und sternenhell sein würde.

Denn nur dann konnte ich aufholen.

Es waren wahrhaftig erstklassige Viehtreiber, denn die Fährte meiner Herde führte durch schwieriges und raues Gelände, in welchem man schnell einige Tiere verlieren konnte. Es ging über Hügelsättel in enge Täler und Canyons hinunter, durch Creeks und an Bergketten entlang.

Aber die Kerle schienen keine Schwierigkeiten mit den Rindern zu haben. Dennoch holte ich an diesem Tag mächtig auf, denn ich kam mindestens viermal so schnell vorwärts wie sie. Als es Abend wurde, sah ich immer wieder zum Himmel hinauf. Doch heute zeigte sich kein Wölkchen. Es würde eine helle Nacht werden. Diesmal blieben Mond und Sterne nicht hinter dichten Wolken verborgen. Und so würde ich auf der Fährte bleiben können.

Und dann?

Ich dachte manchmal darüber nach, was dann sein würde.

Mit fünf Gegnern musste ich rechnen. Und ich war allein.

Aber die Kerle würden um meine Herde verteilt sein und sich mir nicht mit ihrer Übermacht entgegenstellen können.

Ja, ich würde sie einzeln aus den Sätteln schießen. Für Rinder- und Pferdediebe gab es keine Gnade.

Mein Pferd wurde müde und begann zu stolpern. Ein kalter Wind wehte immer stärker durch die helle Nacht, in der alle aufragenden Dinge einen tiefen Schatten auf die vom Mondlicht beschienene Erde warfen.

Das Land wurde immer rauer. Nun gab es immer wieder Felsgruppen in bizarren Formationen, zernagt von der Erosion der Jahrtausende.

Ich ritt immer vorsichtiger.

Denn wenn die Viehdiebe nicht nur erfahrene Viehtreiber waren, sondern auch erfahrene und mit allen Wassern gewaschene Banditen, dann hatten sie vielleicht einen Mann auf ihrer Fährte zurückgelassen.

Und dieser Mann lauerte dann irgendwo in einem Hinterhalt auf mich.

Vielleicht visierte er mich schon über Kimme und Korn seines Gewehres an.

Ich fluchte in Gedanken über diese Welt. Es gab stets welche, die von Raub lebten, von Beute irgendwelcher Art.

Es gab jene, die fraßen, und jene, die gefressen wurden.

Und es gab wenige, die sich nicht fressen ließen.

Zu Letzteren wollte ich gehören.

Und so ritt ich weiter.

Dann aber – es war bereits nach Mitternacht – erreichte ich den Rand eines steilen Abfalls. Ich blickte hinunter auf ein unübersichtliches, geheimnisvolles Land mit tiefen Schluchten, Felsbarrieren, Waldstücken, durchzogen von einigen Creeks, die alle nach Westen abflossen.

Und weit, weit im Westen, da konnte ich in der hellen Nacht die freie Weide, die Prärie, ahnen – nein, nicht sehen, sondern ahnen, so wie man auch das Meer ahnen kann.

Indes ich so verhielt und mit allen Sinnen witterte, horchte, spähte und auf meinen Instinkt lauschte, da sah ich dort unten für einen Moment ein Licht. Es war so, als wenn eine Tür geöffnet wurde und aus einem erhellten Raume Lichtschein fiel. Und weil das in einer schattigen Schlucht geschah, die das Mondlicht nur zur Hälfte ausleuchtete, erfasste mein Blick das kurze Aufleuchten.

Ob meine Herde nun dort in jener Schlucht rastete?

Nun, ich würde es bald herausfinden.

Denn in einer guten Stunde konnte ich dort unten sein.

Also machte ich mich auf den Weg und fand auch bald schon den Abstieg, den auch meine Rinder und deren Treiber genommen hatten.

Abermals fragte ich mich, was ich tun würde. Und da gab es nur eine Antwort: töten.

Töten. Sollte ich das auf mich nehmen? Waren meine Rinder diesen Preis wert? Ich hatte mich vor zwei Jahren auf meine einsame Hügelranch zurückgezogen, um nicht mehr töten zu müssen – ja, müssen. Denn ich hatte den Stern getragen und die Guten vor den Bösen beschützt. Man nannte mich einen Revolvermarshal. Die Schwachen und Furchtsamen kauften meinen Revolver zu ihrem Schutz gegen das zweibeinige Raubwild. Besonders unten am Rio Grande, wo immer wieder mexikanische Banditen herüberkamen, um zu rauben und zu morden, hatte ich mir Revolverruhm erworben.

Dann wollte ich nicht mehr. Ich verschwand in den Hügeln und baute eine kleine Ranch auf.

Doch jetzt – das wusste ich mit untrüglicher Sicherheit – würde ich abermals Blut vergießen, töten.

Lohnte sich das für einhundertsiebenundzwanzig Rinder, zwei Pferde und ein Maultier?

Als ich mir diese Frage stellte, hielt ich sogar einen Moment an in der kalten, windigen Mondnacht. Einige Atemzüge lang war ich versucht, umzukehren. Denn nun, da der Kampf dicht bevorstand, verspürte ich den Widerwillen, die Abscheu.

Doch dann ritt ich weiter.

Denn ich wollte und konnte nicht der Hammel sein, der sich von den Wölfen fressen ließ. Ich war Bruce Whitehead, und ich ließ mir nichts wegnehmen.

2

Ich brauchte fast zwei Stunden bis zu jener Schlucht hinunter. Dann sah ich die große Hütte und deren Nebengebäude. Es gab auch einige Corrals. In diesen Corrals waren Rinder. Sie verhielten sich sehr ruhig. Es waren sicherlich meine Rinder, die erschöpft waren vom harten Treiben.

Aber ich musste es genau wissen. Und so ließ ich mein Pferd zurück und machte mich zu Fuß auf den Weg.

Wenig später wusste ich es. Ja, es waren meine Rinder. Sie alle trugen mein Brandzeichen. Aber einige meiner Rinder waren schon umgebrändet worden. Aus meinem W hatte man eine Heugabel gemacht.

Im Mondlicht konnte ich es einigermaßen gut erkennen. Mein Brandzeichen war geschickt verändert worden. Auch in dieser Hinsicht waren die Kerle hier erstklassige Fachleute.

Sie waren gewiss müde. Das harte Treiben hatte nicht nur die Rinder erschöpft.

Vielleicht hatten sie deshalb keine Wache hier draußen.

Als ich mich das fragte, da sagte hinter mir eine Stimme: »Du bist schneller gekommen, als wir dachten. Wie konntest du nur so dumm sein?«

Ich verharrte, und ich wusste, er stand etwa sechs Schritte hinter mir und zielte auf mich. Er musste hinter einem Stapel Corralpfosten gehockt haben.

Es war dumm von mir gewesen, mir die Brandzeichen der Tiere in den Corrals ansehen zu wollen. Man hatte das vorausgesehen und hier auf mich gelauert.

War er allein? Oder gab es noch mehr Gegner?

Das war die Frage. Aber seine Stimme klang zu selbstsicher, ganz und gar wie die Stimme eines Mannes, der sich mit einem Colt in der Hand fast alles zutraute, wenn die Situation so war wie jetzt.

Ich fluchte in Gedanken. Und ich wusste, ich würde eine Kugel auffangen. Aber ich musste alles riskieren. Sie würden mich auf keinen Fall davonkommen lassen. Denn ich hatte den Ort gefunden, wo Viehdiebe die gestohlenen Rinder umbrändeten.

Und so zögerte ich nicht länger.

Noch als ich herumwirbelte, traf mich seine Kugel. Und als ich aus der Drehung heraus auf sein zweites Mündungsfeuer schoss, streifte mich seine zweite Kugel.

Doch dann fiel er um.

Ich stöhnte vor Schmerz und schwankte. Doch jetzt musste ich weitermachen.

Zwei Gestalten kamen aus der Hütte herausgesprungen. Eine Stimme rief heiser: »Ringo, hast du ihn?!«

In der Dunkelheit – denn die Hütte und die Corrals lagen ja im Mondschatten – kamen sie näher. Als sie endlich erkennen konnten, dass ich ein Fremder war, begannen sie zu schießen. Doch die Entfernung für sichere Revolverschüsse war noch recht weit. Vielleicht hätten sie mich treffen können, würden sie angehalten und sorgfältig gezielt haben.

Sie fehlten mich.

Ich stand ruhig, breitbeinig und zielte sorgfältig.

Und so schoss ich sie von den Beinen.

Dann wartete ich stöhnend und presste meine Hand gegen die Seite. Dort steckte eine Kugel. Warum war sie nicht wieder herausgeflogen, sondern stecken geblieben? O verdammt! Und an meinem rechten Oberschenkel brannte der Streifschuss wie von einem Schwerthieb.

Und immer noch nicht war es vorbei.

Aus der Hütte klangen Rufe, Flüche, dann die wild gebrüllte Frage: »Was ist? Müssen wir herauskommen? He, Ringo! Larry! Jake! Was ist los dort draußen? Ist er nicht allein gekommen?«

Ich begriff, dass sie dort drinnen nicht glauben konnten, drei von ihnen könnten mit mir nicht fertig geworden sein.

Und so setzte ich mich in Bewegung, hinkte bis zur Hüttenecke und holte ein Schwefelholz aus meiner Westentasche. Ich hielt es über mich an das Strohdach. Dann trat ich zurück und lud meinen Revolver wieder auf.

Ich musste eine Weile warten. Dann endlich steckte einer den Kopf aus der Tür und sah den Feuerschein des brennenden Strohdaches.

Er brüllte wild auf, schrie dann: »Die Hütte brennt! Feuer! Man will uns ausräuchern!«

Ich musste nicht lange mehr warten, denn sie kamen aus der Hütte gehechtet und rollten sich durch den Staub, wollten schnell sein und hofften, so den Kugeln zu entgehen.

Aber das Strohdach brannte nun lichterloh, erhellte den schattigen Teil des Schluchteingangs.

Ich feuerte und traf sie beide.

Die Schüsse hallten durch die Schlucht zu deren anderem Ende hin. Dann war es still bis auf das Knistern der Flammen.

Die Tiere in den Corrals waren zu erschöpft, um unruhig zu werden. Überdies blies der Wind auch von den Corrals weg.

Ich verharrte seufzend und voller Bitterkeit.

Das war es also. Meine Vergangenheit hatte mich eingeholt. Ich hatte ihr nicht entkommen können. Mit dem Colt in der Hand hatte ich wieder einmal gekämpft und getötet.

In diesem Moment wusste ich, dass ich hätte umkehren und meine Rinder aufgeben sollen. Denn dieser Preis war zu hoch für einhundertsiebenundzwanzig Rinder, zwei Pferde und ein Maultier.

Ich hatte sie nun wieder zurück.

Aber der Preis war zu hoch.

Doch es war nichts mehr rückgängig zu machen. Es war geschehen. Kein Bedauern konnte das ändern.

Und so stand ich da und wurde mir bewusst, wie sehr ich in der Klemme steckte. Es war ja nicht nur so, dass ich gekämpft und getötet hatte wie ein gnadenloser Halbgott, der sich anmaßte, Richter und Henker zu sein – nein, ich war böse angeschossen und würde meine Rinder gar nicht mehr zurück auf die Heimatweide treiben können.

O verdammt, in was hatte ich mich da eingekauft, nur weil Zorn und Stolz mich dazu trieben, mir nichts wegnehmen zu lassen und mich unbedingt behaupten zu müssen in einer harten Welt, ja, in was hatte ich mich eingekauft!

Ich zog mich vorsichtig zurück, denn die lichterloh brennende Hütte verbreitete eine unerträgliche Hitze. Meine Schmerzen wurden immer böser.

Und dann kam noch jemand aus der Hütte gesprungen.

Diesmal schoss ich nicht. Nein, ich wollte nicht mehr.

Ich sah auch, dass es kein Mann war, sondern eine Frau oder ein Mädchen. Sie trug zwar Hosen und eine Jacke, sodass man sie beim flüchtigen Hinsehen für einen jungen Burschen halten konnte – doch da waren ihre langen, hellblonden Haare, die sie verrieten.

Solche Haare besaß nur eine Frau.

Sie rief zu mir herüber: »Und warum schießen Sie nicht auf mich, Sie verdammter Killer?«

Sie kam nun näher, öffnete ihre Jacke und zeigte mir ihre nur mit einem dünnen Hemdchen bedeckte Brust. »Schieß doch«, verlangte sie wild und wie von Sinnen. »Oh, du Sohn von tausend Vätern, schieß doch auch mich über den Haufen!«

Dann aber griff sie mich wie eine Furie an, trat nach mir, versuchte, mir das Gesicht zu zerkratzen, gebärdete sich wie eine fauchende Panterkatze. Sie trat mir gegen die Schienbeine und auch gegen die Beinwunde.

Ich stöhnte vor Schmerz, und ich schwankte und wankte. Jede Bewegung, die ich machen musste, um mir diese zweibeinige, fauchende Katze vom Leibe zu halten, bereitete mir höllische Schmerzen.

Natürlich hätte ich dieses sich wie verrückt gebärdende Wesen mit einem einzigen Hieb ausschalten können. Doch ich hatte schon als kleiner Junge keine Mädchen schlagen können, und so konnte ich das jetzt noch weniger.

Aber als sie mich wieder ansprang, da wischte ich sie zur Seite, sodass sie zu Boden fiel und fast einen Purzelbaum schlug.

Da blieb sie endlich keuchend liegen.

Nun begann sie zu weinen. Sie schluchzte herzerweichend, so richtig voll Schmerz und Bitterkeit.

Dann aber kroch sie auf Händen und Knien zu einem der leblos am Boden liegenden Männer, verharrte bei ihm, und ich hörte sie schluchzend sagen: »Jim, o Jim, du bist nicht tot – nein, nein, das kann nicht sein. Jim, wach auf, du darfst nicht tot sein. Denn wir wollten doch beide von hier aus zu einem neuen Anfang. Jim, du wolltest mit mir fort von hier. Lass mich doch nicht im Stich, Jim. Wach auf, oh, wach wieder auf!«

Ich begriff die ganze Sache schnell.

Dieses Mädchen da hatte all ihre Chips auf einen der Viehdiebe gesetzt. Er hatte ihr etwas versprochen, einen neuen Anfang, ein neues Leben. Sie hatte hier auf ihn gewartet. Vielleicht war meine Herde die letzte Herde, die sie stahlen, um sie zu Geld zu machen.

Ja, so mochte es wohl sein.

Doch da war ich gekommen, hatte ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Aber nachdem ihr Wächter mich vor seinem Colt hatte, blieb mir kein anderer Ausweg als der Kampf.

Ich trat schwankend zu der bei dem Toten kauernden und schluchzenden jungen Frau.

»Was sollte ich denn tun?« So fragte ich bitter auf sie nieder. »Sollte ich mir zuerst meine Herde stehlen und mich dann auch noch totschießen lassen? War es das, worauf Sie mit diesem Jim eine neue Zukunft gründen wollten? Oha, zum Teufel, was wäre das für ein neuer Anfang gewesen! Und jetzt kommen Sie in die Hütte da drüben. Zünden Sie drinnen eine Lampe an und versorgen Sie meine Wunden. Na los, vorwärts!«

Sie richtete sich auf. Ihr wimmerndes Schluchzen verstummte.

Einen Moment lang sah es so aus, als würde sie mich wieder angreifen wollen. Sie öffnete auch schon den Mund, um mich erneut zu verfluchen.

Im Feuerschein der brennenden Hütte konnte ich sie sehr genau betrachten. Sie war ein hübsches Mädchen, noch sehr jung und von der Sorte, wie man sie als Animiermädchen, Tanzgirls oder in den Etablissements für käufliche Liebe trifft.

O ja, sie war noch jung an Jahren, doch reich an Erfahrung mit Männern.

Denn im Feuerschein wurde ihr Blick nun abschätzend.

Ihr Schmerz, ihre Enttäuschung, ihre fauchende Wut – dies alles war nun weg.

Sie lebte davon, dass Männer etwas von ihr wollten, und hatte längst gelernt, diese Vorteile auszunutzen. Das war ihr sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen und zum Selbsterhaltungstrieb geworden.

Wer konnte dies einem Mädchen wie ihr in dieser harten Welt verdenken?

»O ja«, sprach sie kehlig, »du brauchst Hilfe, Rindermann. Alle Männer wollen zumeist was von mir. Nur wenn ich mal was von ihnen will, dann …«

Ich hatte, als ich sie aufforderte, in die Hütte zu kommen und dort eine Lampe anzuzünden, natürlich nicht die brennende Hütte gemeint. Nein, es gab da auf der anderen Seite der Corrals noch eine andere Hütte. Sie war kleiner und kaum mehr als eine Art Stall. Aber ich hoffte, dass sie mich dort versorgen konnte. Denn gleich konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten. Gleich würde ich umfallen. Vor meinen Augen wurde es manchmal dunkel. Dann sah ich den Feuerschein nicht mehr. Und der Boden unter mir schien sich in die Plattform eines sich drehenden Karussells zu verwandeln.

Sie sprach nicht weiter, sondern setzte sich in Bewegung.

Ich folgte ihr mit letzter Kraft. Und als ich in die Hütte kam, hatte sie drinnen tatsächlich eine Kerze angezündet, die spärliches Licht verbreitete.

In der Hütte waren Sättel, Werkzeuge, Vorräte.

Ich hatte auf eine Lagerstatt gehofft, eine Schlafpritsche, auf der ich mich ausstrecken konnte. Doch es gab nur eine große Futterkiste, in der man während des Winters zusätzliches Kornfutter für die Pferde aufbewahrte. Ich sah es, als ich den Deckel anhob. Da der Winter vorbei war, gab es nur noch einen winzigen Rest in der Kiste.

Das Mädchen sah mich an, hielt die brennende Kerze noch in der Hand.

Im Kerzenschein sah sie hübsch aus, fast schön.

Aber es war ein Mädchen in einer unheilen Welt. Und deshalb war es hart und auf den eigenen Vorteil bedacht.

»Wenn ich dir helfe, Rindermann«, sprach sie herb, »dann bist du mir eine Menge schuldig, mehr noch als ohnehin, weil du Jim erschossen hast. Leg dich auf die Futterkiste. Ich will sehen, ob ich in den Satteltaschen da bei den Sätteln etwas finde, um deine Wunden zu versorgen. Du hast allein gegen fünf harte Burschen gekämpft. Am Ende bist du gar kein Rinder-, sondern ein Revolvermann. He?«

Ich seufzte.

»Aaah, ich bin ein kleiner Rancher aus den Antelope-Hügeln«, knirschte ich und begann meine Hose herunterzulassen und mir Jacke und Hemd auszuziehen, indes sie einige Satteltaschen durchsuchte.

Die brennende Kerze hatte sie auf eine Kiste gestellt, nachdem sie zuvor flüssiges Wachs darauf tropfen ließ und die Kerze hineinstellte.

Als ich seitlich auf der Kiste lag, wurde mir schwarz vor Augen.

Ich erwachte erst nach einer Weile und wurde mir klar, dass mich das Mädchen hätte umbringen können, wäre es immer noch so wütend und außer sich gewesen wie zuvor.

Doch nun war sie eher ruhig und gefasst, wirkte dadurch sehr viel reifer und älter.

Sie sagte knapp: »Mann, ich konnte dir nicht viel helfen, nur die Blutungen stoppen. Deine Streifwunde am Bein muss genäht werden. Und die Kugel in deiner Seite muss herausgeholt werden. Dann kann nur ein Doc. Du musst nach Longhorn. Denn da gibt es einen Doc, der sich auf Wunden und Brüche versteht. He, du musst nach Longhorn!«

Mein Hirn war noch nicht wieder richtig in Betrieb, aber allmählich begann ich zu begreifen. Ja, ich musste zu dieser kleinen Stadt.

»Wie weit ist es dorthin?« So fragte ich.

»Drei Meilen durch die Schlucht«, erwiderte sie. »Noch vor der Prärie, also in den Hügelausläufern. Soll ich dich hinbringen?«

»Und warum willst du das für mich tun, obwohl ich deinen Jim erschossen habe?«

Ich fragte es heiser, obwohl ich mir ihre Antwort bereits denken konnte.

Sie ließ ein leises Lachen hören, in dem die Bitterkeit einer erfahrenen Frau lag, die sich keine Illusionen mehr machte.

Und dann sagte sie: »Weißt du, Mann, ich gehöre zu jener Sorte, die sich alles, was sie gibt, auf irgendeine Art bezahlen lässt. Und du stehst jetzt schon verdammt in meiner Schuld. Weißt du, ich muss nun in diese Stadt zurück, der ich schon entkommen zu sein glaubte, weil Jim mich mitnehmen wollte. Nun muss ich mir einen neuen Jim suchen. Da bist du mir gerade recht. Oder bezahlst du deine Schulden nicht?«

Es war eine brutale Frage, und im Hintergrund ihrer Stimme lauerte ihre ganze Verachtung.

Ich sagte: »Mach dir keine Sorgen. Ich bezahle jede Art von Schuld. Wie ist dein Name, Mädchen?«

»Bea, Bea McClure. Und deiner?«

»Bruce. Und du musst nicht nur mein Pferd holen und eins für dich satteln, sondern auch alle Tiere aus den Corrals lassen. Sie würden sonst darin verhungern. Denn es kann lange dauern, bis ich mich wieder um meine Tiere kümmern kann.«

»Sicher«, erwiderte sie. »Das kann lange dauern, wenn überhaupt.«

3

Ich wusste nicht mehr, wie ich nach Longhorn kam, und vielleicht hätte ich es allein auch gar nicht dahin geschafft. Denn zuletzt lag ich nach vorn gebeugt über dem Pferdehals, hielt diesen umklammert. Das Sattelhorn drückte mich. Aber nur so vermochte ich im Sattel zu bleiben.

Manchmal hörte ich wie aus weiter Ferne Beas Stimme, die immer wieder sagte: »Halt durch, Bruce, oh, halte nur durch. Wenn du aus dem Sattel fällst, bekomme ich dich nicht wieder auf den Gaul.«

Wir ritten dann nach einer Ewigkeit in den erhellten Vorraum eines Mietstalls. In einer Ecke lagen Strohballen.

Beas Stimme rief: »He, Lefty, hilf mir! Der wiegt gewiss fast zweihundert Pfund und soll nicht so hart fallen. Da auf das Stroh lassen wir ihn rutschen.«

»Was ist mit ihm?« So fragte jener Lefty, und seine Stimme klang ein wenig wie die eines Betrunkenen. Sie gab ihm keine Antwort.

»Warum hast du ihn nicht ins Hotel gebracht, Bea?«, fragte er weiter, indes sie mich vom Pferd zogen, mein Gewicht aufzufangen versuchten und mich ins Stroh gleiten ließen.

»Weil er keinen einzigen Dollar in der Tasche hat«, erwiderte ihre Stimme.

Dann hörte und fühlte ich eine Weile nichts mehr. Ich wurde erst wieder wach durch einen scharfen, bösen Schmerz.

Und ich hörte eine Stimme sagen: »Da ist das Miststück, ja, da ist die Kugel. Ich wette, sie hätte ihn umgebracht. Er muss dir sehr dankbar sein, Bea, und es ist ja mal ganz was Anderes, dass du dich auf diese Weise um einen Mann kümmerst. Ist das der Bursche, mit dem du …«

»Nein, er ist es nicht«, unterbrach ihn Beas Stimme schrill. »Verdammt, er ist es nicht. Und ich möchte wieder mein Zimmer über dem Saloon haben.«

»Wenn du mir sagst, wer ihn angeschossen hat.«

»Das weiß ich nicht. Ich fand ihn unterwegs, als ich auf dem Rückweg war nach Longhorn, weil mich ein gewisser Jim Parker versetzte. Gehen wir, Bac Robinson?«

»Ja, wir gehen«, erwiderte die Stimme des Mannes.

Ich hörte das alles und hatte meine Augen noch geschlossen. Es fiel mir schwer, sie aufzumachen. Und als ich es endlich schaffte, waren sie weg.

Nur ein Bursche hockte bei mir und betrachtete mich grinsend. Ich erkannte nach einigen Sekunden, dass der Bursche deshalb so grinste, weil seine Oberlippe zu kurz war. Deshalb war sein Grinsen zwangsbedingt und eine Täuschung.

Er nickte auf mich nieder. »Willkommen in Longhorn«, sagte er mit Sarkasmus in der Stimme. »Willkommen in der fairsten Stadt am Rande der Nebraska-Prärie. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen wegen deines Unterhalts. Denn dein Pferd und dein Sattel sind zusammen gewiss vierzig Dollar wert.«

»Zweihundert«, protestierte ich heiser und mühsam, »zweihundert unter Brüdern.«

»Aber hier gibt es dafür nur Kredit bis zu vierzig Dollar«, erwiderte er. »Ich hole dir eine Decke und auch einen Topf Tee. Denn wenn das Wundfieber kommt, wirst du verdammt durstig werden. Mit wem hast du dich denn geschossen? Aaah, du willst es nicht sagen? Nun, macht nichts, es kommt ja doch heraus. Ganz gewiss.«

Ich hörte nicht länger zu.

Denn nachdem nun die Kugel heraus war und die Schmerzen der Operation nachließen, konnte ich endlich entspannt ausruhen.

***

Ich schlief lange, nämlich den Rest der Nacht und dann fast den ganzen Tag. Mein Wundfieber war erträglich. Es wurde nicht so schlimm, dass mir die Sinne schwanden und mich wirre Träume plagten. Ich behielt einigermaßen die Übersicht.

Dann und wann kamen Leute in den Vorraum des Stalles, um mich zu betrachten. Auch jener Doc, den Bea mit Bac Robinson angeredet hatte, kam, um nach mir zu sehen.

»Es sieht nicht so aus, dass die Wunden sich entzünden werden«, sagte er. »Doch Sie sollten die Verbände mit Alkohol feucht halten. Dann könnte es sein, dass Sie Glück haben. Mir sind Sie zehn Dollar schuldig, aber ich kann auf mein Honorar warten.«

Er ging wieder.

Lefty trat näher mit seinem Grinsen, das kein Grinsen war und sagte: »Dem gehört der Longhorn Saloon. Der ist auf Doc-Honorare nicht angewiesen. Aber ich kann jetzt nur noch für dreißig Dollar Dienstleistungen erbringen, wenn der Doc schon allein zehn Dollar fordert. Kapiert?«

»Genau«, grinste ich schief. »Ihr seid hier alles edle Christenmenschen. Longhorn muss tatsächlich die fairste Stadt am Rande der Nebraska-Prärie sein. Nun beginne ich das zu begreifen.«

Er lachte schallend und ging zu einer Futterkiste, die ihm beim Reparieren von Zaum- und Sattelzeug als Sitz diente.

Er stellte offenbar auch Maultiertreiberpeitschen her, denn am offenen Stalltor hing eine ganze Auswahl.

Ich dachte an die fünf Toten bei der abgebrannten Hütte und den Corrals.

Hatte man sie noch nicht gefunden?

Und wohin waren meine Rinder gewandert, nachdem Bea sie freiließ?

Wann würde ich wieder reiten und sie zusammentreiben können? Und wie sollte ich sie auf die Heimatweide zurücktreiben können?

Aber vielleicht kam mit der Zeit auch Rat.

Ich hatte wirklich keinen einzigen Dollar in der Tasche. Denn bei meiner dreitägigen Feier in Fortune hatte ich mein ganzes Geld bis auf den letzten Cent ausgegeben. Natürlich hätte ich überall in unserer Stadt Kredit gehabt.

Doch hier in Longhorn kannte mich keiner. Hier gab mir niemand ohne Sicherheiten Kredit.

Als ich noch über alles nachdachte, zwischendurch mal einen Schluck Tee trank, der bitter schmeckte, doch offenbar wirklich gut gegen das Fieber war, hörte ich den Hufschlag mehrerer Pferde. Reiter kamen in den Hof des Mietstalls. Stimmen tönten durch das Stampfen und Schnauben der Tiere, Knarren des Sattelzeugs und Klimpern der Metallteile des Zaumzeugs.

Lefty ging hinaus.

Und dann kam jemand mit leichtem Schritt in den Stall.

Ich hob ein wenig den Kopf und drehte mein Gesicht in die Richtung zum offenen Stalltor.

Und da sah ich sie.

O Mann, was ich da sah, vermochte ich zuerst nicht zu glauben.

Denn da stand eine Frau, gekleidet wie ein Mann, mit einem Revolver in der Halfter des Waffengurtes. Ihre Hosen waren ziemlich eng und ließen erkennen, wie makellos sie gewachsen war. Ihr Stetson hing an der Windschnur im Rücken, und ihr rotbraunes Haar fiel ihr bis über die Schultern.

Sie bot das Bild einer modernen Amazone, wirkte verwegen, stolz und entschlossen. Sie war ein weiblicher Boss und strömte Autorität aus. Dabei war sie noch jung, ganz gewiss keine dreißig Jahre alt, also noch jünger als ich.

Nun bewegte sie sich wieder auf ihren hochhackigen Reitstiefeln. Noch niemals sah ich eine Frau sich auf diese Art bewegen.

Heiliger Rauch! Dies war wie ein Ruf des Staunens und der Bewunderung in mir.

Sie hatte nun mein Strohlager in der Ecke neben dem Stalltor erreicht, hielt inne und sah auf mich nieder. Ich blickte zu ihr empor. Eine Weile betrachteten wir uns schweigend.

Dann sprach sie mit einer dunklen, kehligen Stimme, in der irgendwie etwas Geheimnisvolles mitschwang, so wie der Klang einer fernen Glocke: »Das sind Sie also.«

»Und Sie?« So fragte ich. »Wer sind Sie?«

Nun lachte sie leise.

»Ich bin Amanda Queen«, sprach sie dann. »Und Sie müssen wahrhaftig wenig Bescheid wissen über dieses Land, wenn Sie mich nicht zumindest vom Hörensagen her kennen. Ich bin Amanda Queen. Mir gehört die Heugabel-Ranch.«

»Aha«, sagte ich, »jetzt weiß ich Bescheid. Die Rinderdiebe, die mir die Herde stahlen und sie in dieses Land brachten, waren dabei, meine Rinder umzubränden. Sie veränderten meinen W-Brand in einen Heugabel-Brand.«

Als ich verstummte, war ich auf ihre Antwort gespannt.

Aber sie stand nur da, wippte auf ihren Fußsohlen und lächelte auf mich nieder.

»Wissen Sie«, sprach sie nach einer Weile, »mir ist es gleich, wer mir Rinder bringt. Ich kaufe alle Tiere für zehn Dollar das Stück, wenn sie schon umgebrändet sind und meinen Reitern dadurch die Arbeit erspart wird. Wie viele Tiere waren es denn?«

»Einhundertsiebenundzwanzig, zwei Pferde und ein Maultier, Miss Queen.«

»Mrs. Queen«, verbesserte sie mich. »Aber es gibt keinen Mister mehr. Sie können sich bei der Bank eintausenddreihundertundfünfzig Dollar abholen, Mister. Dann sind wir quitt. Und Sie können mir jede Menge Rinder und auch Pferde zu diesem Preis bringen. Ich zahle. Übrigens, die fünf Toten haben meine Leute weggeschafft und beerdigt. Wie ist Ihr Name, Mister? Es muss ein besonderer Name sein, denke ich. Denn es war ein großer Kampf dort bei der Eingangshütte der Longhorn-Schlucht. Wie ist Ihr Name?«

»Bruce«, erwiderte ich, »einfach nur Bruce. Und meine Rinder sind in Dodge City oder Abilene den doppelten Preis wert. Ich verschenke nichts, Lady.«

»Überlegen Sie es sich.« Sie lächelte. »Und besuchen Sie mich mal auf der Heugabel-Ranch. Ich habe eine Vorliebe für besondere Männer. Und Sie sind einer. Das weiß ich jetzt.«

Nach diesen Worten ging sie hinaus.

Draußen klang dann ihre Stimme: »Nach dem Abendessen und einem Drink reiten wir weiter, Jungens!«

Ich lag da und dachte nach.

Was für eine Frau!

Sie kommandierte Männer. Ihre Stimme war befehlend und duldete – obwohl ruhig und gelassen – keinen Widerspruch.

Abermals dachte ich: Was für eine Frau! Nein, es war keine Frage, mehr ein bewunderter Ausruf in meinen Gedanken.

Aber sie kaufte gestohlene Rinder. Und meine wollte sie für den halben Preis des wirklichen Wertes. Eigentlich war sie eine Hehlerin. Denn meine Rinder waren ja keine Mavericks, sie hatten ein Brandzeichen. Es gab Rancher, die Mavericks kauften und denen man deshalb nichts anhaben konnte.

Aber sie setzte sich über alles hinweg und kaufte auch gebrändete Rinder, wenn diese nur zuvor von den Viehdieben umgebrändet wurden.

Das war gefährlich.

Oder war sie so mächtig in diesem Land, dass sie sich dies erlauben konnte?

Als ich noch darüber nachdachte, kam der Stallmann Lefty mit seinem stets grinsenden Gesicht. Er hatte sich irgendwo draußen aufgehalten und offenbar dennoch alles gehört.

Seine Stimme klang nun anders, als er zu mir sprach. Sie hörte sich nun vorsichtig und respektvoll an. Und er sagte ›Sir‹ zu mir, nämlich: »Sir, jetzt haben Sie aber mächtig viel Kredit überall. Jetzt könnten Sie das nobelste Zimmer in unserem einzigen Hotel beziehen. Denn eines ist klar, Mister. Es wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als das Angebot von Mrs. Amanda Queen anzunehmen und Ihre Rinder zu ihrem Preis an sie zu verkaufen. Denn sonst bekommen Sie keinen Cent. Aber eintausenddreihundertfünfzig Dollar sind ja eine gewaltige Menge Geld. Wer könnte da widerstehen?«

Ich ging auf seine Worte nicht ein, sondern sagte: »Ich bin fremd hier, Lefty. Erzähle mir mal was über diese Stadt, dieses Land und Mrs. Amanda Queen. Kläre mich mal über die Verhältnisse hier auf.«

Er zögerte. Dann ging er zu der Futterkiste, die ja nur drei oder vier Schritte von mir entfernt an der Holzwand der ersten Pferdebox stand. Er konnte von der Futterkiste aus durch das offene Stalltor auf den Hof und auf die Corrals sehen, aber auch leise genug zu mir sprechen, wenn er den Kopf zur Seite wandte.

Er setzte sich und nahm seine Näharbeit am Zaumzeug wieder auf. Dann ließ er mich eine Weile warten. Schließlich sagte er: »Diese Stadt … Oh, es ist eine sehr selbstgerechte Stadt, so richtig voller Heuchelei und Lüge. Wer am Sonntag nicht in der Kirche ist, der ist so etwas wie ein Aussätziger. Einst wollte unser ›Dreigestirn‹ hier große Geschäfte machen. Man sprach davon, mehr als tausend Siedler mit deren Familien ins Land zu holen. Und da Siedlerfamilien zumeist sehr vielköpfig sind, rechnete man mit sechs- bis zehntausend Menschen, für die dann diese Stadt der Nabel der Welt sein sollte. Aber unser großes Dreigestirn hatte sich verrechnet. Denn da war Duke Queen.«

»He, Lefty«, murmelte ich. »Was meinst du mit ›Dreigestirn‹?«

»Ach ja, Sie sind ja fremd hier«, erinnerte er sich. »Also, unser großes und unfehlbares Dreigestirn besteht aus den drei Gründern dieser Stadt, aus Juke Davis, dem Richter, Herb Jonas, dem Prediger und Henry Plummer, dem Bürgermeister, der auch den General-Store besitzt. Diese drei Männer halten sich für die Vertreter Gottvaters auf Erden. Dabei sind sie so hart wie Glas und erbarmungslos gegen alle, die sich ihren Interessen entgegenstellen.«

»Aha«, machte ich da nur ahnungsvoll. »Und da war Duke Queen, ja? War er der Mann von Amanda Queen? – Und warum war?«

»Weil er mit einer weit reichenden Sharps aus mehr als dreihundert Yard Entfernung aus dem Hinterhalt erschossen wurde. Es muss eine Sharps mit einem Zielfernrohr gewesen sein; so wie die Büffeljäger sie benutzen. Er war den Siedlern im Weg, ja, er jagte sie mit seinen Reitern von seiner Weide. Denn nach dem alten Weiderecht gehört die Rinderweide dem, der zuerst seine Rinder darauf stehen hat. Und Duke Queen kam zuerst mit seinen Rindern in dieses Land. Er war hier, bevor diese Stadt gegründet wurde.«

Ich begann nun eine Menge zu begreifen. Es war ja auch einfach genug.

Ein Cattle-King hatte mit seiner Herde ein grenzenloses Stück Weide gesucht und hier gefunden. Er hatte diese freie Weide nach Weiderecht in Besitz genommen.

Aber dann waren drei Städtegründer gekommen und hatten begonnen, ihm diese Weide mit Hilfe von Siedlern streitig zu machen.

Schließlich wurde er aus dem Hinterhalt ermordet. Das alles war jetzt in den siebziger Jahren gar nicht so ungewöhnlich und passierte überall dort, wo das Land frei wurde, weil man es den Indianern wegnahm, indem man sie vertrieb und in Reservate einsperrte.

Es war der Kampf um freies Land. Und manchmal mischten da auch noch die Schafzüchter mit.

»Und die schöne Witwe?« So fragte ich.

»Die brachte er eines Tages aus Kansas City mit, als er von dort eine Rinderherde holte, die eigentlich als Fleischherde zu den Goldgräbern nach Colorado sollte. Ja, er brachte diese Frau mit und machte sie zu Mrs. Queen. Zu ihr passte der Name besser als zu ihm, nicht wahr? Wie kann ein Mann nur Queen heißen! Aber er war ein großer Bursche, ein Mann wie sonst kein zweiter unter zehntausend und noch mehr. King hätte besser zu ihm gepasst als Queen. Nun, er brachte also die schöne Amanda aus Kansas City mit. Und als er dann aus dem Hinterhalt ermordet wurde, da trat sie an seine Stelle. Nun kauft sie Rinder so viel sie bekommen kann. Denn sie will diese Stadt einschnüren mit Rindern. Verstehen Sie, Mister Bruce? Sie will diese Stadt erledigen, ihr keine Chance mehr geben. Longhorn ist eine sterbende Stadt. Denn ihr Umland wird mit Rindern besetzt. Und von Rindern und ein paar Cowboys kann eine Stadt nicht leben. Unser Dreigestirn hat falsch investiert. Es steht mit dem Rücken an der Wand. Und deshalb wird es einen Krieg geben. Verstehen Sie, einen richtigen Krieg? Denn bevor diese drei harten Burschen aufgeben, fliegen erst noch die Fetzen. Und jeder, den sie mit Versprechungen hergeholt haben, steht auf ihrer Seite. Nun wissen Sie ja wohl einigermaßen Bescheid, Mister Bruce.«

O ja, nun wusste ich einigermaßen Bescheid.

Und nun sah ich diese Amanda Queen mit anderen Augen. Irgendwie imponierte sie mir. Man hatte ihren Mann ermordet.

Aber sie war an seine Stelle getreten und wollte nun dieser Stadt jeden Lebensraum nehmen, sie gewissermaßen abwürgen. Das musste Krieg geben. Doch sie wollte die Angegriffene sein.

Ja, das war es wohl.

Ich schloss die Augen und sank in einen Halbschlaf. Denn das Denken hatte mich müde gemacht. Mein Blutverlust war noch zu groß.

Lefty ließ mich in Ruhe.

Ich erwachte erst wieder aus meinem Dämmerzustand, als es draußen dunkel war, im Vorraum des Stalles eine Laterne brannte und ich die sporenklingelnden Schritte von Amanda Queen hörte.

Ja, diesen leichten Schritt und das melodische Klingeln der Sporen erkannte ich sofort wieder.

Lefty war nicht da. Ich hörte seine Stimme draußen bei den Reitern, die ihre Pferde losbanden, die Sattelgurte anzogen und sich für den Abritt fertigmachten. Amanda Queen aber trat zu meinem Strohlager und sah auf mich nieder.

Im Laternenschein konnte ich wieder ihre Schönheit bewundern, spürte ich ihre Ausstrahlung. O ja, da strömte etwas von ihr zu mir.

Aber als ob sie spüren könnte, dass es mir nicht passte, wenn eine Frau auf mich niederblickte und ich in solch einer Situation zumindest Unbehagen empfinden musste, hockte sie sich nieder.

»Ja, besuchen Sie mich mal auf der Heugabel-Ranch«, wiederholte sie ihre Einladung von vorhin. »Bis dahin werde ich auch wissen, wer Sie sind, Mister Bruce, und wie sonst Sie noch heißen.«

Sie erhob sich wieder.

Dann sprach sie: »Was sind schon einhundertsiebenundzwanzig Rinder, zwei Pferde und ein Maultier? Was sind sie schon? Sie werden das herausfinden, wenn Sie mich besuchen. Werden Sie schnell gesund.«

Nach diesen Worten ging sie.

Es war ein Bedauern in mir. Denn sie hatte schon zu viel von sich auf mich überströmen lassen. Ich wusste, ich würde sie jetzt nicht mehr aus meinen Gedanken bekommen. Gern hätte ich mich jetzt noch mit ihr eine Weile unterhalten und weiterhin ihre Ausstrahlung verspürt.

O verdammt, was war geschehen? Hatte sie mich verzaubert?

Oder lag es einfach nur daran, dass ich krank und schwach war?

4

Da lag ich nun während der nächsten Tage und Nächte. Lefty versorgte mich, und seitdem er wusste, dass ich Geld von der Heugabel-Ranch bekommen würde, war er sehr freundlich und aufmerksam.

Nein, ich zog nicht ins Hotel. Das billige Wohnen im Stall – auch Lefty wohnte und lebte in einem Verschlag – war mir lieber.

In den nächsten Tagen kamen fast alle Leute der kleinen Stadt zu mir. Sie hieß Longhorn, weil sie aus der Longhorn-Station der Postlinie nach Colorado entstanden war. Ihre Gründer, Mister Juke Davis, Herb Jonas und Henry Plummer, besuchten mich nacheinander, ebenso auch der Schmied, der für ein symbolisches Gehalt von einem Dollar pro Monat auch Town Marshal war.

Und natürlich sah auch der Doc und Saloonwirt Bac Robinson einige Male nach mir und meinen Wunden.

Aber eines bekamen sie nicht heraus – auch nicht durch Befragen von Bea McClure, dem hübschen Mädchen aus dem Saloon, das wieder ihr altes Zimmer im oberen Stockwerk bezogen hatte, wo man sie auch über die Außentreppe besuchen konnte. Von Lefty wusste ich, dass sie für dieses Zimmer jeden Tag fünf Dollar zahlen musste. Und so viel nahm sie auch von jedem Besucher für eine halbe Stunde.

Ich fragte Lefty, ob sie wohl mehr als einen oder zwei Besucher am Tag hätte.

Da kicherte er und sagte: »Oh, die schleichen alle mal zu ihr hinauf, alle Männer dieser Stadt. Denn sie ist noch jung und knackig. Die liefert noch einen echten Gegenwert. Sogar unser Prediger, der am Sonntag stets so schön predigt und allen Sündern die Hölle heißmacht, geht zu ihr. Ich sagte doch schon, dass in dieser Stadt nur Heuchler wohnen.«

Er kicherte verächtlich.

Ich aber dachte: Die ganze Welt ist voller Heuchler. Und nicht gerade selten regieren sie auch noch und haben das Sagen. Alle wissen es, doch keiner regt sich noch darüber auf. Die breite Masse ist dumm wie eine Hammelherde. Daran wird sich niemals etwas ändern. O ja, ich hatte manchmal in diesen Tagen und Nächten bittere Gedanken.

Ich lag hier fern von meiner kleinen Ranch in einem Stall auf einem Strohlager.

Meine Rinder hatten sich jetzt gewiss längst unter die Herden der Heugabel-Ranch gemischt. Die konnte ich allein gar nicht mehr aussortieren.

Doch ich komme vom Thema ab. Ich hatte vorhin erwähnt, dass sie alle eines nicht herausbekamen, nämlich, mit wem ich gekämpft und wer mich so schlimm angeschossen hatte. Auch Bea hatte geschwiegen.

Die fünf toten Viehdiebe, von denen einer mit Bea McClure ein neues Leben beginnen wollte, nachdem sie meine Herde an Amanda Queen verkauft hatten, waren verschwunden.

Und dass die Hütte am jenseitigen Eingangsmaul der Schlucht abgebrannt war, konnte man nicht mit mir in Verbindung bringen. Aber natürlich stellten die drei Städtegründer und auch der Schmied in seiner Eigenschaft als Marshal diesbezügliche Fragen.

Aber ich sagte immer nur: »Nun, ich habe von Lefty gehört, dass hier schon mal ein Mann aus dem Hinterhalt erschossen wurde. Mit mir wollte man das Gleiche tun. Vielleicht können Sie mir sagen, warum man mich umbringen wollte.«

Meine Worte verblüfften sie alle.

Sie wussten nichts mit mir anzufangen – noch nicht.

Doch ihr Misstrauen strömte gegen mich, und ich wusste, wenn sie darüber informiert gewesen wären, dass ich gegen fünf Mann kämpfte, am Leben blieb und mein Name nicht einfach nur Bruce, sondern Bruce Whitehead war, dann hätten sie mir gewiss ein Angebot gemacht.

Denn Angebote ähnlicher Art hatte ich schon oft von Städten bekommen, die ums Überleben kämpften und meinen Revolver gern auf ihrer Seite hatten.

Ja, so wäre es auch hier gewesen.

Doch ich wollte meinen Colt nicht mehr vermieten. Überdies hatte ich diese Amanda Queen im Blut wie ein süßes Gift.

Ja, ich wollte zu ihr auf die Heugabel-Ranch reiten, sobald ich wieder lange genug im Sattel sitzen konnte.

Die drei sogenannten Städtegründer Davis, Jonas und Plummer gefielen mir nicht. Ja, sie waren scheinheilige Heuchler. Mein Instinkt warnte mich vor ihnen. Denn sie konnten mich nicht täuschen. Sie waren hartgesottene Burschen in einer geschickten Tarnung. Und sie hatten noch längst nicht aufgegeben.

Nach einigen Tagen kam Bea McClure, deren Geliebten ich getötet hatte, sodass sie wieder als Freudenmädchen arbeiten musste.

Sie hockte sich bei mir nieder, und sie trug ein ziemlich frivol wirkendes, schulterfreies Kleid an diesem späten Nachmittag.

»Ich habe immer noch nicht verraten, dass du gegen fünf Mann Sieger geblieben bist und einer der ganz großen Revolverkämpfer sein musst«, sagte sie nach einer Weile. »Und dafür bist du mir etwas schuldig, ja?«

Ich nickte.

»Und für noch eine Menge mehr, Bea. Was willst du? Ja, ich bin in deiner Schuld. Was willst du dafür?«

Sie erhob sich von meinem Strohlager.

»Wir werden sehen«, sagte sie. »Vorerst möchte ich nur wissen, ob ich auf deine Hilfe zählen kann. Ich wollte mich dessen noch mal vergewissern.«

»Hilfe gegen wen, Bea?«

»Ach«, lächelte sie bitter, »ein Mädchen wie ich erfährt manchmal viel, wenn ihre Gäste betrunken sind. Irgendwann wird das dann einmal gefährlich. Es könnte sein, dass ich eines Tages bei Nacht und Nebel von hier weg will – besser, die Flucht ergreifen muss. Bringst du mich dann in Sicherheit? Beschützt du mich dann mit deinem schnellen Colt?«

»Ja, Bea«, erwiderte ich schlicht. »Aber du willst mir nicht sagen, was du erfahren hast und was so gefährlich ist?«

»Nein«, erwiderte sie ruhig, »noch nicht.« Dann ging sie davon.

Ich dachte noch lange über sie nach.

Sie war so jung und mehr als hübsch.

Warum war sie das geworden, was sie war?

Aber sie wollte ja heraus aus diesem Leben. Und sie hatte auch schon einen Burschen gefunden, den ihre Vergangenheit nicht störte und der mit ihr einen neuen Anfang machen wollte.

Nur noch der Erlös für die letzte Herde – meine Herde – sollte kassiert werden.

Doch dann kam es zum Kampf einer gegen fünf.

Ja, vielleicht war ich ihr wirklich eine Menge schuldig, dieser hübschen Bea, die sich für Geld verkaufte.

***

Ich stand am nächsten Tag auf, lief ein wenig umher, zwar noch schief und hinkend, doch wenigstens war ich schon wieder auf den Beinen.

In meiner Sattelrolle hatte ich etwas Reservewäsche und ein zweites Hemd. Aber ich brauchte dringend eine neue Hose, denn meine alte war von dem Streifschuss nicht nur in Höhe des Oberschenkels zerfetzt worden, sondern auch von meinem Blut getränkt. Lefty hatte sie mir ausgewaschen, doch Blut kriegt man nur schlecht aus Kleidung heraus.

In den nächsten zwei Tagen spielte ich mit Lefty auf der Futterkiste immer wieder Halma. Er war richtig süchtig danach.

Wahrscheinlich hielt er sich für den besten Halmaspieler der Welt. Wir spielten um einen Vierteldollar. Er gab mir einen auf Kredit.

Nach zwei Tagen hatte ich vier Dollar gewonnen und seinen Glauben, ein unschlagbarer Halmaspieler zu sein, schwer erschüttert.

Ich schickte ihn in den Store, um dort für mich eine Hose zu kaufen, und er brachte tatsächlich eine an, die mir passte. Nun fühlte ich mich endlich etwas wohler. Im Übrigen wäre ich nur ungern mit meiner alten Hose zur Heugabel-Ranch geritten.

Denn dorthin wollte ich unbedingt, dahin zog es mich mit Macht.

Oha, ich machte mir nichts vor, belog mich nicht. Und so war mir klar, dass ich die schöne Amanda Queen wiedersehen wollte. Nein, es ging mir gar nicht mehr so sehr um meine Rinder oder um einen fairen Preis dafür.

Ich hatte diese Amanda Queen im Blut, war irgendwie von ihr infiziert worden. Und je länger ich an sie dachte und je öfter ich ihr Bild vor meinem geistigen Auge sah, umso ungeduldiger wurde ich.

Sie hatte mich eingeladen, wollte mir die Heugabel-Ranch zeigen.

Dass sie dabei etwas im Sinn hatte, war mir klar. Wahrscheinlich wollte sie auf irgendeine Art meinen Colt kaufen.

Und wahrscheinlich hatte sie inzwischen herausgefunden, wer ich wirklich war. Das war einfach für sie. Sie brauchte nur einen Reiter auf der Fährte meiner gestohlenen Herde nach Fortune zu schicken. Es waren ja kaum mehr als fünfzig Meilen.

Dann wusste sie, dass ich nicht irgendein Bruce, sondern Bruce Whitehead war.

***

Endlich kam der Tag, da ich es wagen konnte, für einen längeren Ritt in den Sattel zu klettern. Inzwischen kannte ich sämtliche Bewohner der kleinen Stadt.

Als ich durch den Staub der einzigen Straße zum westlichen Stadtausgang ritt, da standen sie alle vor ihren Häusern und Läden. Ich ritt im Schritt an ihnen vorbei, zuerst an Al Allison, dem Schmied, der für einen Dollar im Monat ehrenamtlicher Town Marshal war.

Dann erreichte ich den General-Store, vor dem der Bürgermeister Henry Plummer stand, die Daumen in die Westentaschen gehakt und auf den Sohlen wippend.

Drüben auf der anderen Seite lag der Saloon. Dort war Bac Robinson herausgetreten, der Mann, der mir wie ein guter Wundarzt geholfen hatte.

Ich nickte ihm zu und rief hinüber: »Sie bekommen Ihre zehn Dollar noch, Mister Robinson.«

Er nickte nur schweigend.

Ich ritt weiter und erreichte die City Bank. Sie befand sich in einem kleinen Haus, welches nur aus zwei Räumen bestand. Unter dem Schild ›City Bank‹ hing noch ein zweites, auf dem zu lesen stand:

Kredite für Bodenverwertung

Jones Hawkins, der Bankier, stand davor. Er war ein unscheinbares Männlein. Von Lefty wusste ich, dass er nur ein Angestellter der drei Städtegründer war, also kaum mehr als ein Buchhalter.

Ich ritt nun am City House vorbei, das am Sonntag als Gotteshaus diente, in dem Herb Jonas seine Predigten hielt und den Menschen dieser merkwürdigen Stadt sagte, was sie zu tun und zu lassen hatten.

Hier standen Herb Jonas und Richter Juke Davis.

Sie, die ich jetzt aufzählte, waren die wichtigsten Leute von Longhorn City. Alle anderen Menschen – es gab noch eine Sattlerei, den Schreiner und Zimmermann, einen Brunnenbauer und die Saatgut- und Futtermittelhandlung – waren unwichtig. Denn sie waren bereits so gut wie pleite. Sie waren nur noch hier, weil sie auf ein Wunder hofften – oder darauf, dass die drei Städtegründer die fast schon gestorbene Stadt wieder zum Leben erwecken könnten.

Als ich Herb Jonas und Juke Davis erreichte, trat der Richter etwas vor und bedeutete mir mit einer Handbewegung, dass ich anhalten solle: Ich tat es und sah auf sein rosiges Gesicht nieder, das von einem weißen Backenbart so würdig umrahmt wurde, dass man glauben konnte, er wäre ein Gottesmann aus der Bibel.

»Junger Mann«, sprach er, »in diese Richtung führt der Weg zur Heugabel-Ranch. Von Lefty wissen wir, dass Sie auf der Fährte von Rinderdiebe waren, die Ihre Rinder an die Heugabel-Ranch verkauften. Wollen Sie nicht lieber Anzeige erstatten, Mister Bruce?«

Ich schüttelte den Kopf und ritt weiter.

Dabei dachte ich über diesen Lefty nach. Er hatte damals eine Menge gehört von meinem Gespräch mit Amanda Queen, aber offenbar nicht, dass ich die fünf Viehdiebe getötet hatte und Amanda Queens Reiter die Toten fortschafften, sodass sie spurlos verschwanden.

Denn sonst hätte er auch dies dem Richter und dessen Partnern erzählt, und Juke Davis würde anders zu mir gesprochen haben. So aber glaubten sie hier in Longhorn City nur, dass ich auf der Fährte meiner gestohlenen Rinder herkam, aus dem Hinterhalt angeschossen wurde und nun zu Amanda Queen wollte, die mich besucht und eingeladen hatte, wahrscheinlich, um sich mit mir gütlich zu einigen und mich zu entschädigen.

Dieses aber wollten sie verhindern. Sie waren an einer Anzeige interessiert.

Und dies wieder sagte mir, dass sie Amanda Queen irgendwie ans Leder wollten und eine Anzeige ihnen die Berechtigung dazu verschaffen sollte. Doch wenn sie Amanda Queen ans Leder wollten, dann brauchten sie eine Revolvermannschaft, die stärker war als die Mannschaft der Heugabel-Ranch.

Und genau das war der Punkt, um den sich meine Gedanken drehten.

Sie würden also nicht mehr lange eine kleine, wehrlose Stadt sein, die von den Rinderherden einer großen Ranch eingekreist und belagert wurde und an Auszehrung sterben musste.

Nein, sie hatten noch Trümpfe im Ärmel.

Ich dachte darüber nach, indes ich nach Westen in die offene Prärie hinunterritt. Es war schön, wieder reiten zu können. Meine gut vernarbten Wunden schmerzten nicht mehr. Ich war wieder ziemlich auf dem Damm. Nur zwei oder drei Kilo Gewicht fehlten mir noch.

Allmählich begann ich mehr und mehr an Amanda Queen zu denken.

Ja, verdammt noch mal, ich wollte sie wiedersehen, mit ihr reden und ihre Ausstrahlung spüren.

Und so ritt ich weiter und weiter.

Doch dabei sah ich mich aufmerksam um, hielt auch manchmal an auf einer Anhöhe und versuchte, mich mit diesem Land vertraut zu machen, wie ein Wolf, der ein neues und unbekanntes Revier betritt.

Ich dachte wieder an mein früheres Leben. Ich dachte an meine rauchigen Fährten, an die Kämpfe und die Jagden. Ja, ich war wieder ein Wolf geworden, bereit für alles.

Das alte Leben hatte mich wieder eingeholt.

Es war ein Bedauern in mir – aber zugleich auch eine Neugierde.

Denn da war diese Amanda Queen.

5

Ich sah eine Menge.

Da waren vor allem die vielen Rinder. Sie grasten überall in Rudeln, standen oder lagen wiederkäuend im hohen Gras. Es war ein gutes Weideland, fast zu gut schon für Rinder, fast schon ideal als Ackerland. Farmer würden hier gute Ernten einbringen können.

Vor wenigen Jahren hatten hier noch riesige Büffelherden allerbeste Weide gefunden. Indianer lebten hier inmitten einer fast unberührten Natur, mit der sie schonend umgingen, weil sie sich von ihr nur das nahmen, was sie für sich brauchten – und das war nicht viel.

Ich sah auch einige niedergebrannte Hütten da und dort.

Ja, das mussten die Hütten von Heimstättern gewesen sein, die hier Fuß fassen wollten und vertrieben worden waren.

Als ich am Fuße eines flachen Hügels um ein kleines Waldstück ritt, traf ich auf zwei Reiter. Wahrscheinlich hatten sie hier auf mich gewartet.

Es waren harte Burschen, das sah ich sofort.

Wie stolze Ritter saßen sie in den Sätteln, so richtig selbstbewusst, als gehöre ihnen die Welt. Oha, ich wusste sofort Bescheid. Solche Reiter und Mannschaften hatte ich da und dort schon kennen gelernt. Sie ritten für ein Brandzeichen wie damals die eisengepanzerten Ritter und später die degenfechtenden Kavaliere für ein Banner. Und sie waren stolz auf ihren König oder ihre Königin, weil diese ihnen etwas gaben, was sie nicht mehr missen wollten: Bedeutung, Ansehen, in einer Umgebung, die im Vergleich zu ihnen nur zweitrangig oder gar drittrangig war.

Allein wäre jeder von ihnen ein Nichts gewesen.

Doch zusammen unter einem Banner waren sie eine Macht. Und das gab ihnen Stolz.

So ist das nun mal mit uns Menschen – jedenfalls bei vielen.

Sie grinsten hart.

Dann fragte einer: »Was reitest du denn hier herum? Weißt du nicht, dass dies hier die Weide der Heugabel-Ranch ist?«

»Und wenn?« Ich grinste zurück.

Nein, ich dachte nicht daran, ihnen irgendeine Erklärung abzugeben oder sie vielleicht sogar darum zu bitten, mich zu ihrer Rancherin durchzulassen.

Ich fühlte mich herausgefordert. Und verdammt noch mal, diese Ranch war mir eine Menge schuldig. Meine Rinder waren hier zwischen den Herden verschwunden, so wie ein Wassertropfen in einem Teich.

Mein »und wenn« ließ sie noch stärker grinsen. Dann sagte ihr Sprecher: »Mann, dann musst du aber einen guten Grund haben. Heraus damit! Oder wir machen dir Beine!«

Es war eine großspurige Drohung, eine verächtliche Überheblichkeit gegen alles, was nicht zu ihnen gehörte und für ihren Brand ritt.

Ich war ihnen inzwischen nahe genug herangekommen, denn ich hatte mein Pferd ständig mit den Schenkeln vorwärts gedrückt. Es hatte sich wie zufällig näher geschoben, sich bewegt, wie es unruhige Tiere nun mal tun, ohne dass der Reiter viel dagegen machen kann, es sei denn, er risse das Tier hart zurück.