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10 spannende Westernromane von G. F. Unger zum absoluten Sparpreis in einem Band!
G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.
Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 231 bis 240 der G.F. Unger Sonder-Edition:
Folge 231: Kein Tag der Rache
Folge 232: Gefährliche Beute
Folge 233: Die Brüder
Folge 234: Verlorene Patrouille
Folge 235: Slade holt sie alle
Folge 236: Sieben Towns
Folge 237: Red-River-Furt
Folge 238: Steamboat-Ritter
Folge 239: Verdammter Deputy
Folge 240: Mann aus den Bitter Roots
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 1881
Veröffentlichungsjahr: 2025
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2021/2022 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Für diese Ausgabe:
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Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Covermotiv: © Manuel Prieto/Norma
ISBN: 978-3-7517-8307-1
https://www.bastei.de
https://www.luebbe.de
https://www.lesejury.de
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
G. F. Unger Sonder-Edition 231
Kein Tag der Rache
G. F. Unger Sonder-Edition 232
Gefährliche Beute
G. F. Unger Sonder-Edition 233
Die Brüder
G. F. Unger Sonder-Edition 234
Verlorene Patrouille
G. F. Unger Sonder-Edition 235
Slade holt sie alle
G. F. Unger Sonder-Edition 236
Sieben Towns
G. F. Unger Sonder-Edition 237
Red-River-Furt
G. F. Unger Sonder-Edition 238
Steamboat Ritter
G. F. Unger Sonder-Edition 239
Verdammter Deputy
G. F. Unger Sonder-Edition 240
Mann aus den Bitter Roots
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Contents
Kein Tag der Rache
Als er die Station bei Comanche Springs erreicht, sieht er unter dem Vordach drei Sattelpferde am Haltebalken stehen. Die Reiter lungern im Schatten auf der Veranda. Einer hält ein halbvolles Bierglas in der Hand. Die beiden anderen Männer haben ihre leeren Gläser auf das Verandageländer gestellt.
Auch Lin Tanner würde gerne ein großes Glas Bier trinken. Doch er versagt sich diesen Genuss. Er hält nur beim Brunnen und den Wassertrögen so lange an, bis er und sein Pferd sich erfrischt haben und er auch seine Wasserflasche wieder gefüllt hat.
Die drei Männer auf der Veranda beobachten ihn aufmerksam...
Von den Stationsleuten ist nichts zu sehen. Eine Postkutsche kommt hier nur alle drei Tage durch und hält dann nur so lange, bis ihr Gespann ausgetauscht wurde.
Auch Lin Tanner macht sich wieder auf den Weg.
Da er reitet, muss er nicht auf dem Wagenweg bleiben, sondern kann einige Abkürzungen nehmen, die für eine sechsspännige Kutsche zu schwierig wären. Einige Male hält er an geeigneten Punkten an und beobachtet seine Fährte. Doch es folgt ihm niemand.
Immer wieder denkt er an die drei Männer auf der Stationsveranda, und immer wieder verspürt er dann ein ungutes Gefühl, ja fast schon eine unheilvolle Ahnung.
Er weiß, dass dies Warnsignale seines Instinktes sind. Lin Tanner ist ein Mann, dessen Wege oft rau und gefährlich waren. Und stets konnte er sich auf seinen Instinkt verlassen.
Deshalb wird er immer vorsichtiger. Und auch das Land vor sich beobachtet er aufmerksam. Er beginnt alle Stellen zu meiden, die sich für einen Hinterhalt eignen könnten. Doch das unheilvolle Gefühl will nicht weichen.
Kurz vor Anbruch der Abenddämmerung reitet er aus den Hügeln auf eine kleine Ebene hinaus. Wenn er die Hügel auf der anderen Seite erreicht, wird es bereits eine Stunde Nacht sein. Er wird dann rasten müssen, denn sein Pferd trägt ihn schon seit dem ersten Morgengrauen.
Als er etwa eine halbe Meile geritten ist, blickt er sich wieder einmal um.
Und da sieht er die drei Reiter.
Er erkennt die Pferde sofort an ihren Farben wieder. Es sind ein Rappe, ein Fuchs und ein Pinto. Die Reiter galoppieren, und sie kommen schnell. Ihre Pferde sind ausgeruht.
Lin Tanner seufzt leise.
Eine Flucht wäre wenig erfolgversprechend. Sein Pferd lief schon an die vierzig Meilen durch zumeist raues Land. Die drei Reiter würden ihn noch vor Anbruch der Nacht einholen können. Ihre Pferde liefen nur wenige Meilen.
Lin Tanner seufzt bitter. Seine Fingerspitzen berühren den Revolverkolben.
Und er weiß, dass er – wenn er die nächsten Minuten lebend überstehen will – gewiss kämpfen und Blut vergießen muss. Noch einmal denkt er an Flucht. Doch dann entschließt er sich.
Er zieht sein Pferd herum.
Bisher blickte er nur über die Schulter, indes sein Pferd müde trabte.
Nun hält er und blickt den Reitern entgegen.
Und es ist typisch für ihn, wie er das tut – nämlich ruhig und beherrscht. Er ist ein großer, dunkler Mann mit hellen Augen. Und er gehört zu jener Sorte, die auch dem größten Unheil gefasst und mutig entgegensieht.
Er ist ein Kämpfer. Anders kann es nicht sein. Denn er gerät nicht in Panik, spürte keine wild nach einem Ausweg oder einer Rettung suchende Verzweiflung. Er sieht den kommenden Dingen gefasst entgegen und vertraut auf sich selbst.
Die drei Reiter wissen wahrscheinlich nicht, in was sie hineinreiten.
Aber wie sollten sie auch? Denn sie kennen ihn nicht.
Oder doch?
Als sie bis auf Steinwurfnähe heran sind, lassen sie ihre Pferde in Schritt fallen.
Langsam kommen sie näher, und sie lassen an drei Wölfe denken, die ihr Wild stellten und sich nun Zeit nehmen wollen.
Etwa ein Dutzend Schritte vor dem im Sattel wartenden Lin Tanner halten auch sie an. Und eine Weile noch schweigen alle vier, betrachten sich im Schein der Abendsonne. Dabei wirkt es so, als »lauschten« sie tief in sich hinein.
Lin Tanner fragt schließlich: »Was soll's denn sein, Freunde?«
Besonders beim letzten Wort bekommt seine Stimme einen kalten, sarkastisch höhnenden Klang.
Die drei Reiter schweigen noch einige Sekunden.
Dann erwidert der in der Mitte haltende Mann: »Nach der Beschreibung und nach dem Brandzeichen deines Pferdes müsstest du Lin Tanner von der TT-Ranch sein.«
»Und wenn?«, fragt Lin Tanner zurück.
»Dann hast du eine Option über fünfhundert Rinder zum Kaufpreis von drei Dollar das Stück in deiner Brieftasche oder sonst wo bei dir.«
»Und wenn?« Lin Tanner fragt es zum zweiten Mal – doch diesmal noch trockener, härter, kälter. Denn jetzt ist ihm schon alles klar.
»Wir wollen diese Option«, erwidert der Sprecher. »Und wenn du klug bist, mein Freund, dann rückst du sie einfach heraus und reitest wieder heim. Das ist ein Vorschlag in Güte. Na?«
Lin Tanner atmet langsam aus.
Nun weiß er, warum sein sehr viel älterer Partner Frank Tilburne, der ihm ein väterlicher Freund war, daheim in den Antelope Hills aus dem Hinterhalt erschossen wurde. Es handelte sich also nicht um Rinder- oder Pferdediebe oder um eine alte Fehde, die Frank Tilburne eingeholt hatte. Frank Tilburne war gewiss ein Mann mit Schatten auf der Fährte. Deshalb hatte er sich auch in den Antelope Hills verkrochen. Doch der Mord an ihm hatte etwas mit der Option zu tun.
Lin Tanner war damals fast zwei Wochen abwesend. Als er heimkam, war es zu spät, die Fährten des oder der Mörder aufzunehmen.
Doch jetzt bekommt alles einen Sinn.
All diese Gedanken gehen ihm in diesen Sekunden, indes der Sprecher auf eine Antwort von ihm wartet, durch den Kopf.
Aber dann entschließt er sich schnell. Er gleitet mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem Sattel. Selbst ein Comanche hätte es nicht leichter aussehen lassen können.
Und als er am Boden steht, sagt er mit unbeugsamer Härte: »Dann kommt und holt euch, was ihr so gerne bekommen möchtet. Holt es euch!«
Sie staunen. Ja, sie sind verblüfft, ungläubig. Und für einen Moment halten sie ihn für einen Narren, der sich entweder überschätzt oder den Ernst seiner Situation gar nicht verstanden hat.
Dann aber begreifen sie, an was für einen Mann sie gerieten.
Sie waren es, die ihn unterschätzten.
Er will es mit ihnen aufnehmen, obwohl sie zu dritt sind und er nur allein ist.
»Heiliger Rauch«, sagt ihr Sprecher zu ihm hinüber, »du willst es doch nicht mit uns auskämpfen? Bist du dir auch richtig darüber klar, dass wir keine drittklassigen Revolverschwinger sind, sondern Burschen, die...«
»Ich weiß«, unterbricht er ihn. »Wart ihr die Burschen, die meinen Partner aus dem Hinterhalt in den Antelope Hills vom Pferd schossen? Wart ihr das?«
Sie schüttelten alle drei heftig die Köpfe.
»Nein«, sagt ihr Sprecher, »zu dieser Sorte gehören wir nicht. Dann hätten wir auch dich aus dem Hinterhalt abschießen können. O nein. Wir übernahmen den Job erst, nachdem bekannt wurde, dass Frank Tilburne noch einen Partner hatte. Und wir würden dir eine Chance geben, wenn du uns die Option aushändigst. Na?«
Aber Lin Tanner schüttelt den Kopf.
Da sitzen auch sie ab, und sie seufzen und fluchen dabei, so als hätten sie eine unangenehme Arbeit vor sich, die aber dennoch verrichtet werden muss.
Sie scheuchen ihre Pferde zur Seite, sodass die Tiere nicht hinter ihnen von den Kugeln Lin Tanners getroffen werden können, ziehen dann ihre Colts und gehen vorwärts.
Man könnte sie fast für faire Kämpfer halten – aber das sind sie nicht, weil sie ihre Überzahl einsetzen. Ihre Art, einen einzelnen Mann anzugreifen, ist gewiss nicht fair. Und dennoch glauben sie, weil sie es offen tun, sich damit ihren Stolz erhalten zu können. Sie sehen ihr Tun wohl auch mehr als ein Bestrafen für Ungehorsam an.
Als sie dann – dabei vorwärtsschreitend – zu schießen beginnen, fällt Lin Tanner auf ein Knie, stützt beide Ellenbogen auf den Oberschenkel des anderen Beines und hält den Coltkolben mit beiden Händen.
Und als er dann zu schießen beginnt, trifft er mit jedem Schuss.
Doch die drei Revolverschwinger gehören zu der zähen und wirklich harten Sorte. Sie geben auch getroffen noch nicht auf. Selbst am Boden liegend kämpfen sie weiter und schießen zurück auf den vor ihnen knienden Mann, den der Pulverrauch einhüllt.
Als er dann nicht mehr kniet – sie sehen es erst, als der Pulverrauch ihn nicht mehr einhüllt und er auch nicht mehr schießt –, da seufzen und fluchen sie noch einmal, diesmal noch bitterer, schmerzvoller.
Einer sagt mit letzter Kraft: »Oha, er hat mich böse erwischt. Ich glaube, es ist aus mit mir.«
Nach diesen zuletzt nur noch fast tonlos geflüsterten Worten atmet er für immer aus.
Die beiden anderen stöhnen und seufzen noch. Schließlich sagt einer gepresst: »Hank, ich glaube, Bill ist wirklich erledigt. Wie geht es dir, Hank?«
»Nicht gut, Butsh«, flüstert jener Hank mühsam. »Ich glaube, er hat auch mich so schlimm getroffen, dass ich nicht mehr auf mein Pferd komme. Wie ist es mit dir, Butsh?«
»Ich könnte nicht mal mehr bis zu ihm kriechen, um ihm die Option wegzunehmen, Hank. Ich glaube, er hat uns geschlagen.«
»Und wir ihn, Butsh – wir ihn aber auch. Der kann nicht mehr nach Palisade reiten und fünfhundert Rinder zu drei Dollar das Stück holen – der nicht mehr.«
»Na gut – aber was haben wir davon, wenn wir hier verrecken?«
Sie schweigen nun, denn sie fallen in halbe Bewusstlosigkeit. Aus ihren Wunden fließt das Blut. Und niemand ist da, der ihnen helfen kann. Sie befinden sich abseits vom Wagenweg. Und selbst auf dem Wagenweg kommt manchmal einen ganzen langen Tag niemand.
Lin Tanner liegt eine ganze Weile bewegungslos und wie tot am Boden.
Sein Pferd schiebt sich sachte an ihn heran und beschnüffelt ihn dann fast wie ein Hund. Schließlich schnaubt das Tier und stößt ihn mit der Nase in die Seite, so als wollte es damit zu verstehen geben: Aufstehen! Aufwachen! Bleib nicht liegen, Lin Tanner. Aufstehen!
Und tatsächlich bewegt sich Lin Tanner nach einer Weile und richtet sich stöhnend auf. Sein Blick wird allmählich klarer. Auch die Erinnerung kommt zurück.
Er blickt hinüber, dorthin, wo sich seine Gegner befanden, und er sieht sie am Boden liegen – vielleicht tot, aber vielleicht auch nur bewusstlos.
Doch er kann nicht nach ihnen sehen.
Er begreift plötzlich, dass er dabei seine Kraft zu sehr verbrauchen würde. Denn sie wird vielleicht nicht einmal reichen, um auf das Pferd zu kommen. Und wenn er das nicht schaffen sollte, dann ist er verloren. Er muss aufs Pferd und auf ihm zum Wagenweg.
Nur dann hat er eine Chance – aber auch nur, wenn ihn dort rechtzeitig jemand findet und ihm die beiden Kugellöcher zustopft.
Sein Pferd steht neben ihm. Er zieht sich am Steigbügel hoch. Als er steht, schwankt der Boden unter ihm. Er hält sich am Sattel fest und konzentriert sich voll auf den Moment des Aufsitzens.
Denn wenn er nicht beim ersten Versuch in den Sattel kommt, wird er es erst recht nicht mehr bei einem zweiten oder dritten Versuch schaffen.
Und so konzentriert er sich also zu einer für ihn in seinem Zustand ungeheuren Leistung.
Als er es dann versucht, ist es ein verzweifelter Ausbruch seines Selbsterhaltungswillens.
Und er schafft es. Fast fällt er auf der anderen Seite des Pferdes wieder herunter. Nur mühsam hält er sich am Sattelhorn fest. Dann aber sitzt er richtig im Sattel. Wieder beginnt sich alles um ihn zu drehen. Aber auch das übersteht er. Als er dann anreitet, denkt er nicht an die drei Revolverschwinger, die ihn töten wollten und die er niederkämpfte.
Er ist zu sehr in Not, ganz darauf konzentriert, es bis zum Wagenweg zu schaffen, und zu keinem anderen Gedanken und keiner anderen Handlung mehr fähig.
Wird er es schaffen?
✰
Als er erwacht, liegt er in einem Wagen. Es ist ein Kastenwagen, gewissermaßen eine fahrende Hütte, die innen sehr wohnlich eingerichtet ist, mit Fenstern nach allen Seiten, die sogar mit Gardinen versehen sind.
Er kennt solche Wagen. Sie gehören zumeist Zirkusleuten, Schaustellern, fahrenden Händlern, Theaterleuten. Nach einer Weile ist er sich darüber klar, dass seine Wunden erstklassig versorgt wurden. Er verspürt nur leichtes Wundfieber, und darüber wundert er sich besonders. Man muss ihm etwas eingeflößt haben, was dem unvermeidlichen Wundfieber entgegenwirkt. Anders kann es nicht sein.
Vorne öffnet sich eine Tür. Er sieht drei Menschen auf der Fahrerbank, denn die ist fast so breit wie der Wagen. Ein Mädchen – oder ist es schon eine junge Frau? – kommt nach hinten. Sie muss über die Rücklehne der Bank klettern. Wenn er gesund wäre, würde Lin Tanner die Beine des Mädchens bewundert haben, lange und schlanke Beine.
Aber er betrachtet nur ihr Gesicht. Dieses Gesicht ist nun über ihm und lächelt auf ihn nieder.
»Nun, Mister, wie geht es Ihnen? Hier, trinken Sie noch einige Schlucke Tee. Es war mühsam, Ihnen den Tee mit dem Löffel einzuflößen. Aber er bekämpft das Fieber und reinigt das Blut. Nun...«
Sie hält ihm eine Schnabeltasse an die Lippen und fasst mit der anderen Hand unter seinen Nacken, um ihn mit dem Kopf etwas anzuheben. Er trinkt folgsam. Es ist ein bitterer Teesud.
Dann liegt er wieder flach und blickt in ihr Gesicht.
Es ist ein schönes Gesicht, fast so lieblich wie das eines blonden Engels auf einem alten Ölgemälde. Ja, so kommt das Gesicht ihm vor.
»Wo fahren wir hin?«, fragt er. »Und wo ist mein Pferd?«
»Nach Palisade fahren wir«, erwidert er. »Und Ihr Pferd ist hinten am Wagen angebunden.«
»Seid ihr Theaterleute?«
Sie schüttelt den Kopf, fragt dann lächelnd: »Haben Sie noch nie etwas von Doktor Archibald Conestogas Wundermedizin gehört? Und hat Ihnen Mamie Conestoga noch nie die Zukunft aus der Hand gelesen?«
Nun weiß er Bescheid über die Art der Leute, denen er wahrscheinlich sein Leben verdankt. »Und was machen Sie, mein Engel?« So fragt er und setzt hinzu: »Verzeihen Sie mir, aber Sie kommen mir tatsächlich wie ein Engel vor – und das nicht nur, weil Sie so schön sind, sondern auch, weil wohl nur ein Engel mit Zauberkraft mich finden und am Leben erhalten konnte.«
Sie lächelt wieder und lässt ihn nochmals trinken.
»In einer halben Stunde halten wir an, um für die Nacht zu rasten. Dann bekommen Sie auch etwas zu essen. Und was mich betrifft – nun, ich heiße Peggy, Peggy Maryland. Und ich gehöre zu den Conestogas.«
Nach diesen Worten klettert sie wieder nach vorn.
Er ist plötzlich auch so müde, dass er keine weitere Unterhaltung mehr führen könnte.
✰
Er erwacht erst wieder, als sich jemand um seine Wunden kümmert und die Verbände erneuert. Im Lampenschein sieht er ein Männergesicht über sich, das ihn an einen Seelöwen denken lässt.
Und solche Seelöwen sah er einmal am Pazifik bei San Francisco, als ihn seine Zickzackfährte einmal dorthin führte.
Der »Seelöwe« aber spricht nun zu ihm nieder: »Na, mein junger Freund, Sie können sich darauf verlassen, dass Doc Conestoga Sie wieder wie neu macht. Die Wunden sind noch sauber. Nichts ist entzündet. Ich bin begeistert von meiner Wundermedizin. Und wenn ich in der nächsten Stadt meine Vorträge halte, dann kann ich doch gewiss auf Ihre Unterstützung rechnen, ja? Sie brauchen den Leuten nur zu erzählen, wie prächtig Ihnen meine Wundermedizin innerlich und äußerlich geholfen hat. Oha, dann werden wir diesmal gewiss ein gutes Geschäft machen! Die Vorsehung hat Sie uns bei Nachtanbruch über den Weg reiten lassen.«
Lin Tanner schließt einen Moment die Augen. Und mit geschlossenen Augen sagt er: »Ja, ich werde allen Leuten erzählen, wie sehr Sie mir mit Ihrer Medizin geholfen haben. Aber wie weit ist es noch bis Palisade?«
»Morgen gegen Mittag sind wir dort«, sagt eine andere Stimme.
Lin Tanner öffnet wieder die Augen.
Nun sieht er eine Frau. Es ist eine gewaltige Frau, die zu dem unförmigen Doc Conestoga passt.
Und als Lin Tanner sie noch anstaunt wie ein gewaltiges Monument – also ein Denkmal –, da ergreift sie seine Hand und dreht die Handfläche nach oben. Dabei sagt sie: »Ich habe es schon aus der Hand gelesen, denn die Handlinien lügen nie. Sie werden steinalt, junger Mann, ja steinalt! Darauf können Sie sich verlassen. Und nun wird unsere liebe Peggy Sie füttern. Komm, Peggy, ich höre schon seinen Magen knurren. Gib ihm was zwischen seine Beißer. Dann wird er wieder.«
Sie rückt zur Seite. Er sieht nun wieder Peggy, und neben der massigen, monumentalen Frau wirkt sie noch mehr wie ein bildhübscher, zarter Engel. Sie beginnt ihn sofort mit einer Fleischsuppe löffelweise zu füttern.
Draußen ist es Nacht. Ein Feuer brennt. Grillen zirpen. Weil im Wagen eine Lampe brennt, kommen allerlei Insekten hereingeflogen und prallen immer wieder gegen den Lampenzylinder. Manche verbrennen über ihm.
Lin Tanner wird schon nach einigen Löffeln wieder müde.
Aber als er mit seinem Bewusstsein wieder in bodenlose Tiefen versinkt, da behält er Peggys Engelsgesicht im Sinn.
Er träumt von ihr. Aber er wird später nicht sagen können, was eigentlich er träumte.
✰
In den nächsten zwei Tagen erholt er sich ziemlich schnell, rascher jedenfalls als ein normaler und durchschnittlicher Mensch. Sein Körper scheint verlorene Substanz besonders schnell erneuern zu können.
Der Wagen ist innen jetzt durch einen Vorhang geteilt.
Hinter dem Vorhang liegt er auf seinem Lager, das eigentlich das Ehebett der Conestogas ist.
Vor dem Vorhang findet so allerlei statt, was er ständig anhören muss, ob er will oder nicht.
Denn immer wieder kommen Menschen in den Wagen und lassen sich von Mamie Conestoga aus der Hand lesen oder die Karten legen.
Manchmal aber, wenn Arch Conestoga wieder einmal draußen seine Wundermedizin angepriesen hat und seine »Beweise« vorführen will, wird der Vorhang zur Seite geschoben. Leute kommen herein, um ihn sich anzusehen.
Und dann sagt er stets mit schwacher Stimme zu den Neugierigen: »Doc Conestogas Wundermittel hat mir wirklich geholfen. Ich habe zwei Durchschüsse bekommen von Wegelagerern. Aber die Wunden entzündeten sich nicht und schließen sich sehr schnell. Das alles verdanke ich Doc Conestogas Wundermedizin, die äußerlich und innerlich angewandt wird bei mir, immer je eine Flasche pro Tag.«
»Aber das ist verdammt teuer«, sagt einmal ein magerer Mann. »Wer kann sich das denn leisten?«
»Es ist immer noch billiger als der Tod«, spricht da Arch Conestoga. »Denn schon ein Sarg kostet eine Menge Geld, nicht wahr?«
Lin Tanner ist froh, wenn der Vorhang wieder zugezogen wird und er allein ist. Er weiß nun, dass sie mitten auf dem Platz in der kleinen Stadt Palisade stehen. Manchmal hört er Peggy Maryland draußen zum Gitarrenspiel singen, wahrscheinlich, um Kundschaft anzulocken. Er möchte raus aus dem Wagen. Es wäre sicherlich möglich, dass ihn einige Männer ins Hotel tragen. Doch die Conestogas und auch Peggy kümmern sich rührend um ihn.
Sie behaupten auch, dass sie jetzt – da sie ihn als Beweis vorzeigen können – bedeutend mehr Flaschen von der Medizin des Docs verkaufen. Und sie bitten ihn dann durch die Blume sozusagen, dass er noch eine Weile in ihrem Wagen bleiben und ihnen als Beweis dienen möge.
Wenn es Nacht wird, ist er stets für einige Stunden allein im Wagen. Denn die Conestogas mit ihrer »Pflegetochter« sind auch dann bei der Arbeit. Es gibt auf der Westseite des Platzes einen Saloon, der sich »Palisade-House« nennt. Von seinem Lager aus kann Lin Tanner durch das kleine Fenster ein Stück des Platzes übersehen und auch den Saloon mit der großen Veranda davor beobachten.
Es geht jede Nacht hoch her in diesem Saloon.
Und die Conestogas und die engelsgesichtige Peggy Maryland machen mit.
Peggy Maryland singt dort zur Gitarre ziemlich zweideutige Lieder. Mamie Conestoga legt die Karten und liest aus der Hand die Zukunft. Und Doc Archibald Conestoga wirft sozusagen Perlen vor die Säue, denn er trägt Verse aus der Weltliteratur vor, deklamiert Shakespeare mit pathetischer und gewaltiger Wucht. Und er beschränkt sich dabei nicht nur auf die bekannten Worte von Hamlet – nein, er deklamiert aus König Lear, Othello, Romeo und Julia, Cäsar, Antonius und Kleopatra – ja, auch aus den englischen Königsdramen. Wahrhaftig, er muss sehr gebildet sein oder einmal viele Jahre Schauspielausbildung bekommen haben.
Lin Tanner kann sich vorstellen, dass die zumeist ungebildeten Gäste des Palisade-House ihn anstaunen wie ein Weltwunder, wie etwas, das sie zwar nicht verstehen können, doch für so gewaltig halten wie den Ausbruch eines Vulkans.
Erst spät nach Mitternacht kommen die Conestogas und Peggy Maryland in den Wohnwagen zurück und blicken nach ihm. Er stellt sich dann stets fest und tief schlafend. Aber er ist wach. Denn er hat längst schon zu viel geschlafen, sozusagen auf Vorrat für Wochen.
Denn beginnen die Conestogas und die engelsgesichtige Peggy sich leise zu unterhalten. Und auch in der dritten Nacht ist es so. Doch so leise sie auch tuscheln, Lin Tanner versteht fast jedes Wort.
Er hört den Doc zufrieden glucksend sagen: »Denen habe ich aber heute wieder das Fell abgezogen. Mit meinen Kartentricks könnte ich im Osten auf den großen Bühnen auftreten als Zauberkünstler – so im Frack, ganz nobel. Eigentlich ist es unter meiner Würde, hier solche Kunst darbieten zu müssen, um einen Pokertopf gewinnen zu können, in dem sich nur sieben oder zehn Dollar befinden, kaum mehr. Aber immerhin habe ich diese Nacht siebenundfünfzig Dollar gewonnen, hahaha.«
Er verstummt mit einem selbstgefälligen Lachen.
Seine Frau Mamie lacht mit und sagt dann: »Ja, du bist schon ein tüchtiger Bursche, Archi, ein sehr tüchtiger Bursche. Doch vergiss nicht, dass sie uns schon aus einigen Städten jagten, weil du zu sehr übertrieben hast beim Nachhelfen zum Kartenglück. Vergiss es nicht. Denn wenn wir hier Ärger bekommen, wird es schlimm. Dies ist eine raue Stadt ohne Gesetz. Wir sind hier im finstersten Winkel des Countys gelandet. Wenn uns die Burschen hier vornehmen, dann...«
»Aaah, Peggy verzaubert sie alle«, unterbricht Arch Conestoga seine Frau. »Wenn sie Peggy ansehen und singen hören, dann glauben sie nur noch an das Reine auf dieser Erde. Mach dir nur keine Sorgen, Mamie. Wir hatten bisher nur einige Male Pech, weil wir erst noch lernen mussten. Aber wir wurden immer besser. Jetzt beherrschen wir unsere Rollen. Was habt ihr denn eingenommen?«
Lin Tanner spitzt die Ohren. Er weiß, dass sie auf der anderen Seite des Vorhanges am kleinen Tisch sitzen und das eingenommene Geld zählen.
»Siebzehn Dollar«, erwidert Mamie Conestoga. »Mehr war nicht zu holen. Ich habe nun fast schon allen Burschen, die in den Saloon kommen, die Karten gelegt und aus der Hand gelesen. Heute wollte mich einer reinlegen. Der war schon am ersten Tage da. Und er hatte sich auch etwas verkleidet, glaubte, ich würde ihn nicht wiedererkennen. Hahaha, der hat vielleicht gestaunt, als ich ihm noch einmal fast wortwörtlich die gleiche Voraussage aus den Karten und aus der Hand machte wie vor drei Tagen, hahaha. Der hat vielleicht gestaunt. Und du, Peggy, was haben sie dir in den Ausschnitt gesteckt für deinen Gesang, dein Gitarrenspiel und deine schönen Augen im Engelsgesicht?«
»Neunzehn Dollar«, erwidert Peggy Marylands Stimme, und sie klingt nicht lieblich und zart, sondern ziemlich herb. Nach einer Pause fügt sie hinzu: »Ich könnte diesen Bullen ganz anders das Fell über die Ohren ziehen, wenn ihr mich machen ließet. Ich hätte heute hundert Dollar machen können, wenn ich mit diesem oder jenem Hombre mal durch die Hintertür...«
»Nein«, sprechen da die beiden Conestogas zweistimmig.
»Nein, das wirst du nicht tun, Peggy. Du hast es bei uns nicht nötig, ein Flittchen zu werden, eine Puta. Niemals!« Arch Conestoga spricht die Worte nach ihrem zweistimmigen Nein.
Und seine Frau setzt hinzu: »Peggy, wir lieben dich wie eine Tochter. Und solange du das Erscheinungsbild eines unschuldigen Engels bist, sind auch wir in den Augen aller Leute seriöse Menschen. Wir kommen auch so zurecht. Du hast es nicht nötig, dich mit diesen Kerlen ins Heu zu legen. Niemals! Bist du verrückt, überhaupt so etwas in Erwägung zu ziehen?«
Ihre Stimme wird ungewollt laut, so empört ist sie.
»Pssst, leise«, mahnt Arch Conestoga. »Vergesst nicht, dass wir noch einen Gast im Wagen haben.«
»Pah, der schläft fest«, sagt Peggy. »Und ich will euch mal sagen, dass es mir nicht schnell genug geht, bis wir Geld genug für einen großen Amüsierpalast haben. Wenn wir noch mal Rückschläge erleben, sind wir auch in einigen Jahren nicht weiter. Ich will lange Schritte machen. Ja, ich bin mir nicht zu schade, wenn ich mir Zärtlichkeiten teuer bezahlen lasse. Ich bin schon siebenundzwanzig Jahre. Bald bin ich eine alte Frau. Meine Mutter sah auch bis dreißig Jahre aus wie achtzehn. Aber dann wurde sie mit jedem weiteren Jahr fünf Jahre älter. Das liegt in unserer Familie, verdammt noch mal. Ich will schneller zu Geld kommen!«
Offenbar hat sie sich erhoben, aber nicht, um sich in der Ecke auf ihr karges Lager zu legen. Nein, man hört die Tür des Wohnwagens knarren.
»Bleib hier, Engelchen«, sagt Mamie Conestogas Stimme traurig, so als wüsste Mamie genau, dass ihre Bitte nutzlos ist.
Aber die Tür schlägt zu. Peggy ist offensichtlich noch einmal hinaus in die Nacht gegangen.
Die Conestogas schweigen eine Weile.
Dann sagt Mamie bitter: »Jetzt verlieren wir sie. Ich wette, es ist der Wirt des Saloons, den ich für einen Spieler und Revolverhelden halte. Ich wette, er hat ihr ein Angebot gemacht. Sie wird diese Nacht noch in seinem Bett liegen. Oh, Archi, sie ist undankbar zu uns. Hättest du gedacht, dass sie schon siebenundzwanzig Jahre alt sein könnte?«
»Nein, Mamie«, erwidert Arch Conestogas Stimme bitter. »Aber ich glaube auch, dass wir sie jetzt verloren haben. Wir sind für sie nur kleine Pinscher, die sich ihr Geld zu mühsam verdienen. Sie will größere Schritte machen, du hast es von ihr gehört. Also ziehen wir morgen weiter. Wir sind wieder allein, wir zwei, so wie früher. Was machen wir mit diesem Lin Tanner? Er hat zwölfhundert Dollar bei sich, dazu einen Optionsschein auf fünfhundert Rinder – und eine Quittung für eine Vorauszahlung von siebenhundertundfünfzig Dollar. Wollen wir...«
»Nein«, unterbricht ihn Mamie. »Dieser Mann ist – das glaube mir – ein zweibeiniger Tiger. Um den zu betrügen, müsstest du ihn töten. Und wir sind zwar Betrüger, doch keine Mörder. Wir werden hundert Dollar für Pflege und Hilfe von ihm verlangen. Aber ich könnte mir denken, dass Peggy ihn von uns wegholen lässt, wenn sie hier etwas anderes finden konnte in dieser Nacht. Die hat auch von Anfang an gewittert, dass er ein zweibeiniger Tiger oder Wolf ist. Und sie hat sich mehr um ihn gekümmert als wir. Er ist ihr etwas schuldig – oder wird das jedenfalls glauben. Peggy ist schlau, viel schlauer, als wir bisher dachten. Gehen wir schlafen, mein Alter. Das Leben ist mies auf dieser Erde. Aber wir werden uns schon behaupten. Immer!«
Sie legen sich seufzend und schnaufend auf ihre rasch zubereiteten Lager. Der Wohnwagen schwankt nicht wenig, denn sie wiegen zusammen gewiss fünf Zentner. Doch dann wird es still – nur die tiefen Atemzüge lassen erkennen, dass sie beide sofort einschliefen.
Lin Tanner liegt noch lange wach, und er ist sich darüber klar, dass er soeben sehr menschlichen Entscheidungen beiwohnte. Denn der Mensch ist nun einmal nur in Ausnahmen edel und gut, sauber und rein. Die Menschen sind kleine und große Sünder, und jeder versucht auf seine Art den Lebenskampf zu bestehen. Und je kleiner das Format ist, umso armseliger ist die Behauptung inmitten dieser Welt.
Er liegt noch lange wach. Einmal tastet er nach dem Colt neben sich. Er hat sich am Tag zuvor schon die Waffe wiedergeben lassen. Sie war noch leer, so wie er sie mitgenommen hatte, als er mit allerletzter Kraft auf sein Pferd kletterte, um zum Wagenweg zu reiten.
Am Wagenweg war er dann vom Pferd gefallen. Die Waffe war ihm aus dem Holster gerutscht. Aber als die Conestogas und Peggy Maryland ihn fanden und in den Wagen hoben, da nahmen sie auch seinen Colt mit.
Nun ist die Waffe wieder geladen. Es gibt ihm eine gewisse Sicherheit in seinem kranken und so schwachen Zustand, sie fühlen zu können.
Was wird werden?
Und wenn er in dieser Stadt gesund werden sollte, was wird er dann tun mit seiner Option über fünfhundert Rinder zum Stückpreis von drei Dollar, von denen die Hälfte des Preises schon von seinem Partner Frank Tilburne gezahlt wurden?
Das war vor einem Jahr. Damals gab es noch keine Absatzmärkte für die Rinder in Texas.
Inzwischen entstanden jedoch an der Kansasbahn Verladebahnhöfe, die auf den Rindersegen aus Texas begierig warten. Endlos lange Viehwagenzüge transportieren Tag und Nacht Rinderherden nach Osten zu den Fleischfabriken. Es gibt Kühlschiffe, die die Rinderhälften nach Europa schaffen.
Und auch die Konservenfabrikation macht Fortschritte.
Deshalb ist ein Longhornrind jetzt um die dreizehn Dollar wert.
Wer damals Optionen für drei Dollar je Rind erwarb, macht heute ein gutes Geschäft. Denn selbst in Texas sind die Rinder schon sieben bis acht Dollar wert geworden.
An all diese Dinge denkt Lin Tanner.
Er kennt auch den Namen des Ranchers, von dem sein Partner Frank Tilburne damals die Option erwarb.
Davenport heißt der Mann.
Und seine Ranch liegt nur fünfzehn Meilen von Palisade entfernt am Lon Creek.
✰
Gegen Morgen schläft er nun doch wieder ein. Als er erwacht, ist er allein im Wagen. Er fühlt sich einigermaßen kräftig und wagt es, aufzustehen. Seine Wunden halten es aus. Sie brechen nicht auf, beginnen nicht wieder zu bluten.
Vorsichtig kleidet er sich an. Einige Male muss er ausruhen und warten, bis sich das Schwindelgefühl wieder legt.
Als er vorsichtig die Stufen der Wagentreppe abwärts geht, kommen die beiden Conestogas um den Wagen herum. Sie haben offenbar einige Einkäufe im Store getätigt, denn sie tragen gefüllte Körbe. Der Wagen steht unter einem gewaltigen Baum, einer Burreiche, deren Wurzeln wahrscheinlich bis zu einer unterirdischen Quelle reichen.
Der gewaltige Baum überdacht fast den ganzen Platz der kleinen Stadt, und vielleicht ist er sogar tausend Jahre alt.
»Aaah, es geht also schon wieder, junger Freund«, sagt Arch Conestoga.
»Wie schön.« Mamie lächelt süß. »Da freuen wir uns aber. Und nun wollen Sie wohl ins Hotel ziehen, ja?«
Lin Tanner sieht sie an und nickt.
Und was sie auch für Menschen sein mögen, er hat ihnen eine Menge zu verdanken, ihnen und Peggy. Denn sie fanden ihn und nahmen ihn mit. Sie pflegten seine Wunden. Sogar seine Kleider wurden gewaschen.
Selbst wenn sie keine kleinen, sondern große Gauner wären, er wäre ihnen etwas schuldig.
»Mein Pferd...«, beginnt er.
»... ist im Mietstall«, unterbricht ihn Arch Conestoga. »Und wenn Sie sich für unsere Hilfe und Pflege etwas erkenntlich zeigen wollen, dann tun Sie sich nur keinen Zwang an, junger Freund. Sie haben ja wohl schon mitbekommen, dass wir ein sehr armseliges Leben führen. Und unsere liebe Peggy hat uns inzwischen auch verlassen...«
»Wo ist sie hin?« Lin Tanner fragt es scheinbar erstaunt.
Die beiden Conestogas deuten wie auf Kommando quer über den Platz auf den Saloon.
»Dort ist sie jetzt – bei Mr. Wess Marshall, dem Besitzer, der ein Spieler und Revolverheld ist. Ja, bei solch einem Menschen ist sie nun. Sie hat uns verlassen, weil wir ihr nicht so viel bieten konnten, wie er es kann. Aber die Jugend war ja schon immer undankbar. Vielleicht war Ihnen unsere Hilfe und Pflege zweihundert Dollar wert, Mister, ja?«
Mamie Conestoga, die die Worte zu ihm mit klagender Stimme wie eine Entsagende spricht, hätte sicherlich auch mit sich handeln lassen. Er weiß ja, dass die Conestogas eigentlich nur hundert Dollar erwarteten. Denn so hörte er sie in der Nacht reden. Doch er handelt nicht. Er hätte ihnen sogar vierhundert Dollar ohne jedes Wort des Handelns gezahlt. Denn er lebt, weil sie sich um ihn kümmerten.
Und aus was für einem Zeug Arch Conestogas Wundermedizin auch besteht – ihm hat sie offenbar geholfen. Seine Wunden entzündeten sich nicht, sondern sind schon jetzt sauber verharscht.
»Hier, nehmen Sie«, sagt er. »Ich gehe ins Hotel hinüber. Würden Sie mein Gepäck nachbringen, Mr. Conestoga? Ich kann es noch nicht tragen.«
»Aber sicher, mein junger und so großzügiger Freund«, beeilt sich Arch Conestoga zu versichern.
Lin Tanner nickt.
Als er sich umwendet, sieht er zum ersten Mal den Wagen, der vier Tage und vier Nächte sein Zuhause war.
Es ist ein bunt angemalter Kasten, eine kleine Baracke auf Rädern.
Doktor Archibald Conestoga , so kann man an den Seiten lesen.
Dazu Anpreisungen seiner Wundermedizin.
Lin Tanner geht zum Hotel hinüber, das dem Saloon gegenüber auf der anderen Seite des Platzes liegt. Er bewegt sich unsicher wie ein Betrunkener und fühlt sich bei jedem Schritt schwächer. Aber irgendwie schafft er es.
3
Die nächsten drei Tage und Nächte verbringt er in seinem kleinen Hotelzimmer, durch dessen Fenster er den Platz und auch die Straßenmündungen beobachten kann. Und immer wieder lässt er sich etwas zu essen aufs Zimmer kommen. Sein Hunger stellt sich stets sehr schnell wieder ein. Aber seine verlorene Substanz erneuert sich in diesen drei Tagen und Nächten außergewöhnlich gut.
Über die Stadt wird er sich in diesen Tagen und Nächten, da er am Fenster hockt und beobachtet, sehr schnell klar.
Er kennt solche Städte. Sie waren dann und wann Haltepunkte seiner Zickzackfährte, bevor er mit seinem Partner Frank Tilburne die TT-Ranch aufzubauen begann.
Palisade entstand einst aus einem kleinen Fort, das wohl nur ein Geviert von Palisaden war, in dessen Schutz sich einige Hütten verbargen. Man nannte den Platz offenbar einfach nur Palisade, und das blieb dann auch später der Name für die entstehende Stadt.
Vielleicht, wenn dieser Ort mehr Bedeutung erlangt hätte, würde man ihn anders benannt haben.
Doch Palisade ist nur ein Versorgungspunkt in einem wilden, unübersichtlichen Land, in dem es tausend verborgene Winkel gibt, verborgene Pfade und verborgene Camps.
Das Land ist ein gutes Land für Menschen, die abseits der menschlichen Gemeinschaft leben wollten – entweder, weil sie auf der Flucht sind oder die menschliche Gemeinschaft aus anderen Gründen meiden.
Lin Tanner sieht sie stets kommen – all die einsamen Reiter.
Nach Anbruch der Dunkelheit reiten sie in die Stadt, wachsam, lauernd, aber doch irgendwie begierig. Er kennt solche Reiter. Und er kennt solche Camps, aus denen sie kommen. Er weiß um ihre Einsamkeit und ihre Wünsche.
Sie wollen das Lachen einer Frau hören, menschliche Stimmen überhaupt. Und sie möchten Licht und Wärme haben in einem Haus. Sie möchten an einer Bar stehen, vielleicht auch Karten spielen.
Für all diese Reiter ist Palisade wie eine Wasserstelle in der Wüste.
Doch es kommen auch andere Reiter in den Ort. Diese Reiter kommen in Gruppen. Es können Ranchmannschaften sein. Oder Viehdiebe. Denn seitdem die Rinder an der Kansasbahn eine Menge wert sind, kämpfen Viehdiebe und Rinderzüchter um die Herden.
Manchmal kommen auch durchziehende Reiter, Treibmannschaften zum Beispiel auf dem Heimweg. Und fast jeden Tag fährt ein Frachtwagenzug durch. Zumeist rastet er draußen vor der Stadt an den Wasserstellen, die von unterirdischen Quellen gespeist werden.
Von all diesen Menschen lebt die kleine Stadt. Das Hauptgeschäft macht der Saloon, an zweiter Stelle der Store. Alle drei Tage macht eine Postkutsche Halt.
Als für ihn die achte Nacht anbricht in Palisade, da verlässt Lin Tanner das Hotel. Er tritt hinaus in die Dunkelheit und lehnt sich gegen die Hauswand, wartet, bis seine Augen sich an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt haben, und macht sich auf den Weg zum Mietstall.
Der Stallmann sitzt auf einer Futterkiste und löffelt aus einem großen Blechnapf mexikanische Bohnen. Manchmal sticht er mit einem Messer in ein Stück Fleisch und hebt es aus dem Napf, um etwas davon abzubeißen.
Er betrachtet Lin Tanner kauend.
»Ich weiß schon«, sagt er, »Sie sind der angeschossene Fremde, dem der graue Wallach gehört. Doc Conestoga brachte das Tier. Wollen Sie endlich das Stallgeld bezahlen kommen?«
Lin Tanner grinst, tritt zu ihm und setzt sich neben ihn auf die große Futterkiste. Er greift in die Tasche und legt zehn Dollar zwischen ihnen auf die Kiste.
»Es macht aber nur fünf Dollar«, knurrt der Mann kauend. »Und ich kann nicht rausgeben.«
»Vielleicht können Sie mir alles über diese Stadt und dieses Land erzählen, Bronco Buster«, sagt Lin Tanner und grinst.
Der Stallmann knurrt fast böse.
»Woher wissen Sie, dass ich mal Zureiter war?«
»Aaah, das sieht man doch.« Lin Tanner lächelt. »Sie sind einer von den Burschen, die in ihrer besten Zeit alles reiten konnten, was vier Beine hatte, und irgendwann mal von solch einem Biest erledigt wurden.«
Der Mann schweigt, kaut und schnauft.
Schließlich sagt er: »Ja, so ist es. Genauso, nicht anders. Und was diese Stadt betrifft, Fremder – nun, sie gehört meinem Boss Wess Marshall. Er ist auch am Store und am Hotel zur Hälfte beteiligt, ebenso an der Schmiede und der Sattlerei. Und selbst der Barbier schneidet ihm umsonst die Haare und rasiert ihn täglich. Was das weite Umland betrifft – nun, da war bisher Morg Davenport der große Mann. Aber vor drei Wochen etwa fand man ihn tot im Lon Creek liegen mit einem Loch im Rücken. Und damit hat sich dort draußen im Land die Welt verändert. Seine Frau, die ihm vor einem halben Jahr weggelaufen war, kam gestern zurück. Aber die Viehdiebe werden ihr jeden Stier und jede Kuh von der Weide stehlen. Sonst gibt es hier im Land nur noch ein halbes Dutzend kleine Rancher und ein paar Siedler und Farmer in den Hügeln. Das wäre alles, Mister. Ist es fünf Dollar wert?«
Lin Tanner erwidert nichts.
Er erhebt sich, geht den Stallgang entlang – und als er vor einer der Boxen verharrt, da hört man das freudige Schnauben seines Pferdes. Ja, es ist offensichtlich ein freudiges Schnauben.
Lefty Skade, der krumme Stallmann, hält inne beim Kauen.
Denn er fühlt sich an alte Zeiten erinnert. Auch er besaß einmal ein Pferd, das freudig schnaubte, wenn er nur in seine Nähe kam. Plötzlich mag er den Fremden.
Eine Weile später kommt Lin Tanner wieder nach vorn.
»Es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich wieder reiten kann«, sagt er. »Sorgen Sie nur gut für den Grauen.«
»Bestimmt«, sagt der Stallmann. »Ich bin Lefty Skade.«
»Lin Tanner«, sagt dieser und geht langsam hinaus.
Langsam wandert er durch die kleine Stadt, hält immer wieder an und lauscht, wittert, lässt unbestimmbare Strömungen in sich eindringen.
Als er schließlich den Saloon erreicht, ist es nur noch eine Stunde bis Mitternacht. An den Haltebalken sind einige Dutzend Sattelpferde angebunden. Auch zwei Wagen sind abgestellt.
Aus dem Saloon tönt nun Gitarrenklang, auch das Klappern von Kastagnetten.
Und dann hört er Peggy Marylands Stimme.
Er kennt diese Stimme längst, wenn sie solche Lieder singt. Denn er hat sie in den ersten Nächten gehört, als er im Wohnwagen der Conestogas lag und in den Nächten durch das Fenster zum Saloon hinüberlauschte.
Peggy Marylands Stimme ist wie ihr Gesicht, nämlich rein und engelhaft, jedenfalls so, wie man sich die Stimme eines Engels vorstellt, der auf die Erde kam, um hier mit den Menschen zu leben.
Es ist eine samtige Jungmädchenstimme voll scheinbarer Naivität.
Und diese Stimme ist ein totaler Kontrast zum Text der Lieder, die sie singt. Denn diese Texte sind frivol, fast eindeutig.
Und für die Kerle ist das ein besonderer Reiz. Es ist, als bekämen sie die primitivsten Wahrheiten des menschlichen Zusammenlebens sozusagen in einer kunstvollen Schmuckschatulle dargeboten, in einem Schatzkästchen also, das die gröbsten und einfachsten Dinge als Kunstwerke erscheinen lässt.
Sie ist ein raffiniertes Biest, denkt Lin Tanner. Und wenn sie wirklich schon siebenundzwanzig Jahre alt ist, wie sie sagte – und nicht erst achtzehn, wie sie aussieht –, dann waren ihre Wege gewiss rau und führten immer wieder über Höhen und durch Tiefen. Als sie wieder einmal ganz unten war, landete sie bei den Conestogas. Aber nun ist sie wahrscheinlich wieder auf dem Weg nach oben. Denn sie machte sich gewissermaßen selbstständig. Also muss sie eine Chance gewittert haben. Aber was ist das für eine Chance? Mamie Conestoga tippte auf den Saloonbesitzer, auf diesen Wess Marshall, den ich noch nicht kenne, von dem ich aber nun schon weiß, dass ihm Palisade gehört, jedenfalls fast, wie der Stallmann mir sagte. Nun gut, sehen wir uns alles mal an!
Nach diesen Gedanken setzt er sich wieder in Bewegung und betritt bald darauf den Saloon.
Schon nach dem ersten Rundblick ist er überrascht.
Denn er hat einen primitiven Saloon erwartet, wie er in solchen kleinen und einsam gelegenen Ortschaften üblich ist, wenn es keine Konkurrenz gibt.
Aber dieser Saloon ist nobel eingerichtet, halb wie eine Bodega oder Fonda, mit alten, spanischen Möbeln also. In diesem Saloon kann man sich wahrhaftig wohlfühlen, besonders dann, wenn man aus einem einsamen Camp kommt oder lange Zeit unter freiem Himmel kampieren musste.
Eine breite und geschwungene Treppe führt nach oben. Und es gibt auch einige Mädchen.
Gäste sind genug vorhanden. Es sind zumeist die Reiter, deren Sattelpferde draußen an den Haltebalken stehen. Auch zwei Billardtische sind vorhanden. Und in den Ecken stehen runde Tische, an denen gepokert wird.
Aber im Moment wird nirgendwo gespielt. Alle Augen sind auf Peggy Maryland gerichtet. Sie trägt ein wunderschönes Kleid mit vielen Rüschen. Es zeigt nicht viel von ihrem Körper, nein, es lässt ahnen. Und wahrscheinlich ist das wieder die gleiche Raffinesse wie der Kontrast ihrer Stimme zum Text ihrer Lieder.
Sie wandert im Raum umher, singt, spielt dazu auf der Gitarre – und sie wird dabei gefolgt von zwei jungen Burschen mexikanischer Abstammung, die sie auf einer Hirtenflöte und einer Mundharmonika begleiten.
Und es ist erstaunlich, was alles sie musikalisch bieten, obwohl sie doch gewiss noch nicht richtig miteinander üben konnten.
Niemand beachtete Lin Tanners Eintreten, obwohl er doch ein Bursche ist, den man sonst gewiss beachtet. Aber alle Augen sind auf Peggy gerichtet, verfolgen jede ihrer Bewegungen.
Lin Tanner schiebt sich langsam bis ans Ende der langen Bar.
Und wie zufällig nähert sich ihm Peggy singend, sich drehend, dabei mit blitzenden Augen umherblickend, so als wollte sie ihren Liebreiz jedem der Anwesenden schenken, keinen auslassen, jeden beachten.
Als sie dann vor Lin Tanner steht und, während sie zu ihm aufblickt, singt: »... schenkte er ihr goldene Schuhe«, da erst nehmen ihn die Gäste wahr. Denn es scheint ihnen, als verharrte Peggy besonders lange vor diesem Mann und würde zwischen ihnen eine Strömung vorhanden sein, ja, eine so genannte stumme Zwiesprache stattfinden.
Lin Tanner achtet nicht mehr auf das, was sie singt. Er blickt in ihre Augen hinein und erkennt darin das Funkeln. Er begreift, dass für diese Peggy ein völlig neuer Lebensabschnitt begann. Die Zeit bei den Conestogas war nur ein Ausruhen, ein Kräfteschöpfen. Sie glich wahrscheinlich einem Vogel, dem man die Flügel stutzte. Sie mussten erst wieder nachwachsen.
Doch jetzt...
Sie wendet sich singend ab, wandert weiter.
Lin Tanner spürt neben sich die Nähe eines Mannes. Er wendet den Kopf und blickt zur Seite. Der Mann neben ihm ist so groß wie er, doch sehr viel massiger. Selbst wenn Lin Tanner sein altes Gewicht von etwa hundertundsiebzig Pfund wiederhaben wird, ist dieser Mann sicherlich noch dreißig Pfund schwerer. Es ist ein rothaariger, löwenhafter Bursche, der eine Brokatweste über einem gefalteten Rüschenhemd trägt.
»Ich bin Wess Marshall«, sagt der Mann. »Und Sie sind der Fremde aus dem Wagen der Conestogas, nicht wahr? Sie sehen aber noch recht dünn aus. Bekamen Sie auch immer genug zu essen?«
Er fragt es grinsend mit scheinbar wohlwollender Ironie. Doch seine gelbbraunen Augen sind ohne Freundlichkeit. Sie sind scharf, hart – und sie prüfen unbeirrbar. Dabei spürt Lin Tanner, wie der Instinkt des Mannes an ihm herumtastet und in ihn einzudringen versucht.
»Ich bin Lin Tanner«, erwidert er sanft. »Und im Moment fühle ich mich so, wie ich aussehe. Sie haben hier einen hübschen Laden, Mr. Marshall.«
»Und ich lade Sie zum ersten Drink ein.« Wess Marshall grinst und schnackt mit der Hand einem seiner Barmänner zu.
»Vom besten Stoff, Jorge«, sagt er dabei.
Sie bekommen Bourbon eingeschenkt und trinken sich zu. Wess Marshalls Blick richtet sich dann schräg abwärts auf Lin Tanners Colt.
»Lin Tanner«, sagt er, »Lin Tanner – diesen Namen habe ich noch nie gehört. Und dennoch halte ich Sie für einen Burschen, dessen Namen man nicht wieder vergisst.«
Lin Tanner grinst wieder. »Nein, ich habe keinen Kriegsnamen«, sagt er. »Ich bin nur ein kleiner Rancher auf der Durchreise...«
»... der von Wegelagerern überfallen und aus dem Sattel geschossen wurde«, vollendet Wess Marshall.
Sie trinken sich wieder zu, leeren die Gläser.
Wess Marshall sagt dann scheinbar freundlich und leicht: »Dann werden Sie wohl bald heimreiten, nicht wahr? Ich denke, Sie brauchen nur noch wenige Tage Erholung. Aber bis dahin sollten Sie sich wohl fühlen hier in meiner Stadt. Verstehen Sie, es ist meine Stadt.«
»Das hörte ich schon«, erwidert Lin Tanner. »Und der Whisky ist wirklich gut. Vielen Dank für den Drink.«
Er nickt ihm zu und wendet sich zum Gehen. Denn er fühlt sich nun doch ziemlich unsicher auf den Beinen. Das auf sein war schon fast zu viel für ihn.
Fast wie ein Betrunkener – so unsicher nämlich – geht er zur Schwingtür.
Peggy Maryland singt indes schon ein zweites Lied. Niemand außer Wess Marshall achtet auf Lin Tanners Weggehen.
Als er schon fast die Schwingtür erreicht hat, wird diese von draußen heftig aufgestoßen. Er wird zur Seite gestoßen, und weil er ja ohnehin noch sehr unsicher auf den Beinen ist, taumelt er und findet erst an der Wand neben der Tür festen Halt. Er wendet sich um und lehnt sich mit dem Rücken an die Wand.
Er sieht zwei Männer, eigentlich noch junge Burschen. Einer hält eine Schrotflinte im Hüftanschlag, der andere ein Revolving Carbine, ein so genanntes Revolvergewehr, das wie ein Revolver funktioniert, also eine Trommel besitzt, jedoch mit einem langen Gewehrlauf und einem Gewehrkolben versehen ist.
Einer der beiden Burschen ruft wild und drohend: »Rosy, komm her! – Komm her, Rosy, denn wir nehmen dich jetzt mit!«
Es wurde still. Peggys Stimme verstummte jäh. Auch die Instrumente verklangen auf einen Schlag.
Eines der Tanz- und Amüsiermädchen beginnt schrill zu lachen. Dann ruft es böse und wütend: »Seid ihr verrückt, ihr zwei Dummköpfe! Wie könnt ihr es wagen, herzukommen und mir Befehle zu geben? Schleicht euch! Verdammt noch mal, ihr armseligen Schollenbrecher, wenn ich auch nur den kleinen Finger hebe, werden euch die Gentlemen hier, die alle meine Freunde sind, Beine machen. Haut ab!«
Lin Tanner begreift die Sache sofort.
Da sind zwei Wild Bills aus den Hügeln gekommen, Siedlerburschen. Und sie wollen ein Mädchen zurückholen, das fortlief, um im Saloon zu arbeiten. Wahrscheinlich war sie einem dieser beiden Burschen versprochen.
Aber die beiden Burschen schütteln eigensinnig die Köpfe.
Und der Sprecher von vorhin sagt heiser: »Nein, Rosy, wir gehen nicht allein. Wir gehen nur mit dir oder gar nicht. Und wenn uns jemand Beine machen will, dann muss er uns erst niederkämpfen. Wir tragen es aus! Es geht um dich, Rosy. Die Verantwortung trägst du für alles, was nun kommen wird. Also, Rosy!«
Lin Tanner weiß in diesen Sekunden schon, dass die beiden jungen Burschen in der Klemme sitzen. Denn Rosy wird nicht mit ihnen gehen. Das ist klar. Und wenn die beiden Wild Bills nicht nachgeben und wieder verschwinden, dann wird bald Blut fließen. Denn dieser Saloon ist voll hartbeiniger Reiter, die jener Rosy gewiss beistehen werden.
Denn diese Rosy ist hübsch und reizvoll.
Nun mischt sich Wess Marshall ein. Denn er verharrte immer noch dort am Schanktischende, wo Lin Tanner ihn verließ. Wess Marshalls Stimme klingt nicht besonders laut, doch für jeden hörbar und unmissverständlich.
»Jungens, ihr seht doch, dass Rosy nicht will. Das allein sollte euch genügen. Also verschwindet! Oder...«
»Nein, wenn sich hier jemand außer Rosy bewegt, den machen wir alle!« Einer der Burschen brüllt es wild.
Und sie sind beide außer sich.
Gewiss haben sie Furcht. Aber zugleich auch wollen sie nicht aufgeben. Wenn sie noch mehr die Nerven verlieren, wird es gewiss böse enden. Denn sie werden etwas tun, was nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Wenn es erst einmal zu einem Gewaltausbruch gekommen ist, werden sie verloren sein.
Lin Tanner sieht, dass einige der Gäste schon zu lauern beginnen.
»Dich schießen wir zuerst von den Beinen, Marshall«, sagt einer der Burschen. »Du hast Rosy doch hergelockt, hast sie verdorben und...«
Lin Tanner zögerte nicht länger.
Er will die beiden jungen Kerle vor dem Schlimmsten bewahren. Und so müde und erschöpft er auch ist, jetzt bewegt er sich schnell. Er hält plötzlich seinen Colt in der Hand und gleitet hinter die beiden Wild Bills. Blitzschnell schlägt er zu.
Der Mann mit der Schrotflinte feuert einen Schritt vor sich in die Dielen, macht dort ein großes Loch.
Und der andere Bursche drückt nicht einmal mehr sein Revolvergewehr ab.
Sie brechen zusammen.
Und Lin Tanner steckt den Colt weg und geht hinaus. Langsam überquert er den Platz. Auf der Hotelveranda dreht er sich noch einmal um.
Er kann sehen, wie man die beiden bewusstlosen Kerle aus dem Saloon wirft.
Bitter seufzt er und geht ins Hotel.
Bald liegt er auf seinem Bett.
Mehr konnte er für die jungen Burschen nicht tun.
Diese Rosy tut ihm leid. Aber dann müsste ihm auch Peggy leidtun.
Und alle anderen Mädchen in allen Saloons dieses Landes.
Dies aber wäre dumm.
Indes er sich entspannt und darauf wartet, dass er einschläft, denkt er: In diesem Land ist eine Menge Geld im Umlauf. Dieser Saloon ist zu nobel. Nur Banditen, Pferdediebe und Viehdiebe haben in dieser miesen Zeit reichlich Geld. Sie verdienen es leicht und geben es ebenso leicht aus. Denn hier wird ja wohl kein Gold oder Silber gefunden. Also kann das Geld nur auf die anderen Arten so schnell verdient werden. Und dieser Wess Marshall ist hier in der Stadt der Boss. Nun, ich werde bald zur D-Ranch am Lon Creek reiten.
✰
Schon am nächsten Tag wagt er den Ritt. Denn die letzte Nacht schlief er wunderbar bis zum frühen Vormittag. Als er sich erhob, fühlte er sich wie durch Zauberei gekräftigt, und er glaubt auch nicht mehr, dass seine Wunden noch einmal aufbrechen könnten.
Doch er reitet langsam und vorsichtig. Den Weg ließ er sich vom Stallmann beschreiben. Und so folgt er dem Wagenweg drei Meilen weit bis zu einem mächtigen Baum neben einer Felsengruppe, aus der eine Quelle rinnt, die ein Wasserloch füllt, das wohl nur allein deshalb nicht austrocknet, weil es die meiste Zeit des Tages im Schatten der Felsen liegt. Sonst wäre die Verdunstung sicherlich größer als die zufließende Wassermenge.
Als er vom Wagenweg auf den schmalen Reitpfad abbiegt, sieht er die beiden Burschen vom Vortag, die in den Saloon kamen, um Rosy von dort wegzuholen. Sie liegen unter einem Busch. Ihre Pferde stehen zwischen den Felsen.
Er hält an und legt die Hände übers Sattelhorn. Schweigend betrachtet er die beiden jungen Männer. Diese setzen sich nun langsam auf. Er sieht, dass sie ziemlich übel zugerichtet wurden. Man hat sie, bevor man sie aus dem Saloon warf, grün und blau geschlagen, so richtig kleingemacht. Und sie schafften es dann in der Nacht nur noch bis zu dieser Quelle und kühlten all ihre Beulen, Brauschen und Risse.
Nun starren sie ihn an.
Er erwidert ihre Blicke, und er wartet darauf, dass sie ihn wiedererkennen. Doch das tun sie nicht. Sie waren im Saloon zu sehr auf Rosy und Wess Marshall konzentriert, dass er sie von hinten niederschlagen konnte, bevor sie ihn überhaupt zu erkennen vermochten.
Daran erkennt er, dass sie gewiss keine Raufbolde sind. Er hält sie nicht für richtige Cowboys, eher für ehemalige Farmer- und Siedlerjungen, die Cowboys werden möchten und dies erst halb geschafft haben.
Er fragt nach einer Weile: »Was ist mit dieser Rosy? Warum wolltet ihr sie dort rausholen?«
Sie starren böse und abweisend zu ihm her.
Dann sagt einer mürrisch: »Aaah, Sie waren wohl auch bei der verdammten Bande, als sie uns so leicht kleinmachen konnte, weil uns zuvor ein hinterlistiger Hurensohn mit einer Keule fast die Schädel einschlug?«
Lin Tanner nickt. Er macht es sich im Sattel etwas bequemer und beginnt sich eine Zigarette zu drehen.
»Der Hurensohn«, sagt er, »war ich. Und es war keine Keule, sondern nur der Revolverlauf.«
Sie staunen zuerst. Dann holen sie fauchend Atem. Und sie wollen auch aufspringen und hätten ihn gewiss angegriffen.
Doch schon bei den ersten Bewegungen verspüren sie zu starke Schmerzen. Sie halten stöhnend inne. In ihrem Zustand könnten sie nicht einmal mit einem kleinen Jungen kämpfen, denn der wäre dreimal schneller als sie.
»Na gut«, sagt einer. »Das verschieben wir auf einen anderen Tag. Wir sind zurzeit nicht besonders rüstig. Aber...«
»Junge, wenn ich euch nicht niedergeschlagen hätte«, unterbricht ihn Lin Tanner, »dann wäre es zu einer Schießerei gekommen. Ihr würdet jetzt wahrscheinlicht entweder böse angeschossen oder tot sein. Und wenn das nicht in eure Hirne geht – ich meine diese Erkenntnis –, dann ist euch nicht zu helfen. Dann seid ihr einfach zu blöd, um weiterleben zu können. Also, was habt ihr für ein Verhältnis zu dieser hübschen Rosy?«
Sie starren ihn immer noch böse und rachsüchtig an. Aber er kann ihnen ansehen, dass in ihren Köpfen nun doch ein wenig Verstand zu arbeiten beginnt.
Schließlich sagt einer: »Rosy ist allein auf der Welt. Ihr Vater wurde von Viehdieben erschossen. Wir haben für ihn gearbeitet und halten immer noch seine kleine Ranch in Gang. Eigentlich ist es noch eine Farm. Wissen Sie, als die Rinder plötzlich etwas wert wurden, sattelten wir gewissermaßen um. Aus Farmern wurden Rancher. Aber dann gab es mit den Viehdieben Streit um die Rinder. Sie erschossen ihn. Und Rosy ging nach Palisade in den Saloon. Dabei war sie unser Boss geworden. Wir hätten alles für sie und die Ranch getan. Auf uns konnte sie sich verlassen. Dort im Saloon geht sie vor die Hunde. Oder?«
Er fragt es herausfordernd.
Lin Tanner nickt. »Vielleicht wird sie später wieder zu euch kommen«, murmelt er. »Manche Mädchen kommen plötzlich wieder zur Besinnung. Aber vielleicht gefällt ihr dieses Leben auch mehr als das Bisherige. Dann lasst sie doch.«
Er will mit der nun brennenden Zigarette im Mundwinkel wieder anreiten. Doch dann fragt er: »Wie heißt ihr denn?«
Zuerst wollen sie ihm böse antworten.
Dann aber sagt jener, der zumeist das Sprechen übernimmt: »Ich bin Pete Clayborne. Und das ist Ollie Jackson. Und wie heißen Sie?«
»Tanner, Lin Tanner«, sagt er. »Und wenn ihr von mir Revanche haben wollt, dann werde ich mir einen Arm am Handgelenk an den Gürtel binden, und ihr könnt es dann beide zugleich gegen mich einarmigen Burschen versuchen. Verstanden?«
Sie geben ihm keine Antwort, starren ihm nur nach, als er davonreitet.
Erst nach einer Weile sagt der sonst zumeist schweigsame Ollie Jackson: »Du, Pete, ich glaube nicht, dass Lin Tanner ein großmäuliger Aufschneider ist. Ich hatte immerzu solch ein seltsames Gefühl, wenn ich in seine rauchgrauen Augen sah. Du nicht auch?«
»Ja, ich auch«, bekennt Pete Clayborne. Und nach einer Weile sagt er: »Vielleicht hat er uns doch das Leben gerettet, als er uns was auf unsere Bumsköpfe gab. Was machen wir jetzt eigentlich?«
»Wir reiten heim, halten alles in Gang und warten auf Rosy«, erwidert Ollie Jackson. »Jawohl das tun wir, verdammt noch mal.«
✰
Es gibt überall Wasserstellen. Fast in jeder Senke ist eine vorhanden. Und überall in der Nähe dieser Wasserstellen erblickt er Rinder. Es sind prächtige Rinder. Denn in diesem Land ist nicht nur reichlich Futter und Wasser vorhanden. Der Boden muss überdies auch noch besonders wertvolle Mineralien enthalten, sodass sich schon seit vielen Generationen eine besonders prächtige Rasse von Longhornrindern entwickelte. Longhorns – die man oftmals »Gehörnte Karnickel« nennt – sind hier größer und schwerer als anderswo.
Nun kann Lin Tanner schon besser verstehen, warum sein Partner damals eine Option auf fünfhundert Rinder kaufte. Sie konnten die Herde damals noch nicht auf ihrer Ranch gebrauchen, denn sie mussten erst einige Wasserstellen benutzbar machen, Brunnen abteufen, das Ranchhaus und die Corrals errichten und viele, viele andere Dinge tun, die ihnen für die Weidearbeit keine Zeit ließen. Auch Raubwild gab es noch zu viel auf ihrer Weide.
Und dann wurde Lin Tanners Partner Frank Tilburne aus dem Hinterhalt erschossen.
Auch ihn, Lin Tanner, wollte man umbringen. Die drei Revolverschwinger, die ihn bei der Station an den Comanche Springs erwarteten, wollten die Option. Und sie wussten, dass er kommen würde, weil die Option ja sonst abgelaufen wäre.
Bisher glaubte er, dass der Mann, der den Liefervertrag erfüllen musste, also fünfhundert Rinder zu drei Dollar das Stück zu liefern hatte, hinter dem Mord an seinem Partner steckte und auch der Auftraggeber der drei Revolverschwinger war.
Doch dieser Mann, der Morg Davenport hieß, soll ja schon drei Wochen tot sein. Und seine Frau, die ihm einst weggelaufen war, kam zurück, um das Erbe anzutreten. So hörte es Lin Tanner vom Stallmann.
Indes er reitet, manchmal anhält, um zu verschnaufen und das Land zu betrachten, denkt er einige Male: Aaah, es wird also kein Tag der Rache werden heute. Morg Davenport, von dem wohl alles ausgegangen sein muss, ist tot. Ich werde ihn nicht mal fragen können. Und seine Witwe schon gar nicht. Also kein Tag der Rache. Aber die Rinder will ich haben. Verdammt ja, die fünfhundert Rinder will ich.
Als er endlich den Lon Creek erreicht, dem er folgen muss, will er die D-Ranch erreichen, stößt er auf eine Brennmannschaft, die dabei ist, Mavericks mit Brandzeichen zu versehen.
Er ist der Meinung, dass es sich um Reiter der Ranch handeln muss. Denn die D-Ranch kann ja nur noch wenige Meilen entfernt sein.
Es sind ein halbes Dutzend Reiter bei der Arbeit.
Zwei Reiter treiben Rinder herbei. Zwei andere Reiter lassieren sie und bringen sie möglichst dicht beim Brennfeuer zu Boden. Und zwei weitere Männer besorgen das Bränden.
Diese sechs Männer beachten ihn kaum.
Erst als er dicht beim Feuer ist, in dem zwei Brandeisen liegen und die Bränder mal eine kleine Verschnaufpause einlegen können, weil noch kein Rind zum Bränden bereit liegt, wenden sie sich ihm zu.
»Na, was soll's denn sein?«, fragt einer.
Lin Tanner sah schon beim Heranreiten den frischen Brand an den brüllend davonspringenden Tieren. Es war kein D, wie er erwartet hat, sondern eine Sieben, ja die Zahl Sieben.
Er fragt nun: »Brandet ihr für die D-Ranch? Ist das ihr Brandzeichen?«
Da grinsen sie ihn an. Und von hinten nähern sich zwei der Reiter. Er blickt über die Schulter zurück.
Und plötzlich weiß er Bescheid. Sie brauchen ihm kein Wort mehr der Erklärung zu sagen.
»Die D-Ranch«, sagt einer der beiden Bränder, »aaah, die D-Ranch, die gibt es nicht mehr. Sicher, die Gebäude stehen noch. Aber sonst...«
Er verstummt und macht eine geringschätzige Handbewegung.
Einer der Reiter hinter Lin Tanner fragt: »He, Freund, was interessiert dich die D-Ranch? Davenport ist tot. Bist du ein Freund von ihm? Oder wolltest du bei ihm Arbeit? Die kannst du auch bei uns haben. Wir brauchen noch Reiter, die alle ungebrändeten Rinder zusammentreiben. Na?«
Der Sprecher ist offenbar der Vormann dieser Brennmannschaft.
Lin Tanner wendet sein Pferd zur Seite, sodass er nun das Feuer mit den beiden Brändern rechts und die beiden Reiter links von sich hat.
Er deutet auf die Brandeisen im Feuer.
»Dieser Brand, die Sieben – wem gehört er? Wer wäre mein Boss?«
»Sag uns erst mal, wer du bist, woher du kommst und warum du hier herumreitest«, klingt es barsch zurück.
»Ach, ich reite nur ein wenig durch die Gegend«, erwidert er lässig. »Es ist mein erster Ausritt seit zwei Wochen etwa. Die Welt ist schön, wenn man wieder im Sattel sitzen kann. Für richtige Lassoarbeit bin ich noch nicht rüstig genug. Aber vielleicht komme ich noch einmal auf euer Angebot zurück. Wie hoch wäre denn der Lohn?«
Nun hat er ihnen abermals eine unangenehme Frage gestellt.
Ranchcowboys verdienen zwanzig Dollar im Monat. Rustler aber arbeiten auf eigene Rechnung oder für mehr als doppelten Cowboylohn.
Und wenn sie ihm jetzt sagen, was er bei ihnen verdienen kann, dann wird er wissen, wer sie sind.