G. F. Unger Sonder-Edition Großband 9 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition Großband 9 E-Book

G. F. Unger

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

10 spannende Westernromane von G. F. Unger zum absoluten Sparpreis in einem Band


G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens, deren Grenzen von unerschrockenen Frauen und Männern immer weiter nach Westen verschoben werden, bis sie schließlich die Küste des Pazifiks erreichen.

Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 81 bis 90 der G. F. Unger Sonder-Edition.

Folge 81: Kriegerehre

Folge 82: Killer auf der Fährte

Folge 83: Und niemand kommt davon

Folge 84: McGillens Weg

Folge 85: Die Slatermans

Folge 86: Rainbow River

Folge 87: Maddegan ist härter

Folge 88: Ein Mann wie sonst keiner

Folge 89: Cimarron Johnny

Folge 90: Die mächtigen Vier

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 1880

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Manuel Prieto/Norma ISBN 978-3-7325-7546-6

G. F. Unger

G. F. Unger Sonder-Edition Großband 9 - Western-Sammelband

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Sonder-Edition 81 - WesternIn blindem Rassenwahn fiel General Custer über Red Falcons Dorf her, machte es dem Erdboden gleich und metzelte alle Frauen und Kinder bestialisch nieder. Seitdem hat der Cheyenne-Häuptling allen Weißen den Tod geschworen und verfolgt sie mit gnadenlosem Hass. Aber dann steht der Revolvermann Bud Lonnegan vor ihm und fordert ihn zum Zweikampf um seine Frau heraus, die der Häuptling nach einem Postkutschenüberfall am Leben ließ und als Squaw in sein Tipi schleppte. Roter Falke sieht sich jäh vor eine harte Entscheidung gestellt, denn er muss wählen zwischen seinem abgrundtiefen Hass auf die Weißen und seiner bisher unbefleckten Ehre als Cheyennne-Krieger ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 82 - WesternIn dieser Nacht erlebt Bac Chishum die Hölle. Im flammenden Inferno des gewaltigen Präriebrandes sieht er die Banditen auf sich zujagen. Es sind die Killer, die ihn schon seit vielen Tagen hetzen. Er zieht sein Gewehr aus dem Scabbard, sitzt ab und beginnt zu schießen. Er darf diese Halunken nicht schonen. Er ist gezwungen, sie zu vernichten. Voller Bitterkeit denkt er daran, dass er sich hier zum Richter und zum Henker macht. Aber ihm bleibt keine andere Wahl. Was diese Männer getan habe, war zu schrecklich ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 83 - WesternAls Herb Buckmaster nach Mitternacht an die Hintertür des Saloons klopft, hält er sich für den glücklichsten Mann der Welt. Und als die rassige Catherine McCrown ihm öffnet, verspricht er sich einige wunderschöne Stunden bis zum Morgen. Aber dann weicht er entsetzt zurück. Ein kaltes, gnadenloses Lächeln spielt um die Lippen der schönen Saloonbesitzerin. Und plötzlich weiß Herb Buckmaster, dass die Vergangenheit ihn eingeholt hat. Anstelle einer liebenshungrigen Frau steht eine Rächerin vor ihm. Die Zeit ist gekommen, da er und seine fünf Komplizen für ein grausiges Unrecht sühnen müssen ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 84 - WesternVerzweifelt sucht Sheriff McGillen nach einer Chance für seine gelähmte Frau. Nur eine Operation könnte ihr Hilfe bringen, und dazu braucht er viertausend Dollar. Aber in der Stadt, für die er immer wieder sein Leben riskiert hatte, stößt er auf taube Ohren. In einer wilden Anwandlung von Zorn und Enttäuschung wirft McGillen den Stadtvätern den Stern vor die Füße. Von jetzt ab wird er seinen Revolver nur noch für einen Viertausend-Dollar-Job vermieten. Es ist ein folgenschwerer Entschluss. Er treibt McGillen auf einen Weg, der unaufhaltsam ins Verderben führt ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 85 - WesternIch war noch ein Junge, als Parradine mit seinen Reitern unser Haus niederbrannte und behauptete, mein Bruder Adam hätte seinen Sohn erschossen. Er nannte mich und meine Brüder eine elende Banditenbande, und meiner Mom und mir drohte er, uns zu töten, sollte er uns am nächsten Tag noch auf der Farm antreffen. Meine Mom weinte, aber sie unterwarf sich wortlos Parradines Willen. So verließen wir unsere Heimat in den Bergen von Tennessee und brachen nach Colorado auf. Hier hofften wir, meine Brüder wiederzusehen. Es war ein beschwerlicher Treck, besonders für Mom, aber ich war sicher, dass sich die Strapazen lohnen würden. Wie hätte ich das Grauen ahnen können, das uns in Colorado erwartete ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 86 - WesternIch hatte es mir in den Kopf gesetzt: Am Rainbow River würde ich mein Glück machen. Dabei wusste ich nicht einmal, ob es einen Fluss dieses Namens überhaupt gab. Ich war von der Idee derart besessen, dass ich sogar zwei Vollblutfrauen den Laufpass gab. Und eine davon war genau die, von der ich ein Leben lang geträumt hatte. Aber der Rainbow River ließ mich nicht los. Und jetzt kommt der Hammer, Freunde: Eines Tages schenkte mir ein sterbender Sattelstrolch eine Karte, in die ein Goldversteck eingezeichnet war. Ich traute meinen Augen nicht, als ich den Flussnamen las: Rainbow River. Fast wäre ich übergeschnappt vor Freude. Dabei hätte ich besser daran getan, auf der Stelle mein Testament zu machen ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 87 - WesternAls wir die Wasserstelle erreichten, sahen wir, dass sie ausgetrocknet war. Das gab meinen Begleitern den Rest. Ein mörderischer Ritt lag hinter uns. Lange hatten die Männer durchgehalten. Denn Banditen hatten die Bank ausgeraubt, und ohne das erbeutete Geld sah es schlecht aus für Opal. Doch nun war das Aufgebot am Ende. Erschöpft rutschten sie aus den Sätteln. Ich, John Maddegan, Deputy Sheriff der Stadt, zögerte. Sollte ich ebenfalls absitzen und aufgeben? Nein! Ich war das Gesetz, und das Schicksal einer ganzen Stadt hing von mir ab. Ich gab meinem Pferd die Sporen und ritt weiter. Zum Glück ahnte ich nicht, welch ein höllischer Train vor mir lag ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 88 - WesternAuf dem Ritt nach Golden City begegnete ich Paradise Sue und ihren Honeygirls. Sie schlug mir ein verlockendes Geschäft vor. Es hätte mir mehr eingebracht als eine Goldmine. Aber ich war nicht unterwegs, um Geschäfte zu machen. Übrigens, mein Name ist Jake Clayman, und es gab nicht wenige Leute, die fluchten, wenn sie meinen Namen hörten. Ja, ich besaß eine Menge Feinde. Die Zahl meiner Freunde dagegen war klein. Eigentlich hatte ich überhaupt keinen Freund mehr. Den letzten verlor ich vor einem halben Jahr in El Paso. Das war auch der Grund, weshalb ich keine Zeit für Geschäfte hatte. Ich ritt nach Golden City auf der Fährte eines Mörders ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 89 - WesternNie hätte Johnny Lane es für möglich gehalten, dass er für den verhassten Großrancher einmal Kopf und Kragen riskieren würde. Denn lange Zeit hielt er Big Bill Bannon für einen Despoten und eiskalten Mörder. Doch dann erkannte er, dass Bannon das Opfer einer teuflischen Verschwörung geworden war und für einen Mord hängen sollte, den ein anderer begangen hatte. Von dieser Stunde an gab es für den furchtlosen Mann vom Cimarron kein Halten mehr, denn nun kannte er den Weg, den er zu gehen hatte ...Jetzt lesen
G. F. Unger Sonder-Edition 90 - WesternOha, in was für ein mächtiges Spiel war ich da hineingeraten! Dabei war ich nur nach Santa Verdad gekommen, um mir von Pat O'Quinn meine tausend Rinder zu holen. Doch Pat war tot - ermordet von den mächtigen Vier, die im Land um Santa Verdad ein Schreckensregiment errichtet hatten. Sogar den Creek hatten sie umgeleitet, der vielen Ranches und Farmen das notwendige Wasser spendete. Die Folge war, dass sämtliche Rinder nach Süden ins Weidegebiet der mächtigen Vier abwanderten. Auch meine tausend gehörnten Biester waren darunter. Aber nicht mit mir! Nicht mit Johnny Kelso! Ich hätte mir diese vier Halbgötter, die skrupellos ein ganzes Land sterben ließen, schon wegen eines einzigen gestohlenen Rindes vorgeknöpft!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Kriegerehre

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Vorschau

Kriegerehre

General Philip Sheridan war es, der den Satz prägte, der auf sehr unrühmliche Weise in die Geschichte der Besiedlung des Westens und der Indianerkämpfe einging: »Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.«

General Sheridan wurde 1869 Befehlshaber des Militärbereichs Missouri, und seine Einstellung gegenüber der roten Urbevölkerung übertrug sich natürlich auch auf die ihm unterstellte Armee. Deshalb fanden immer wieder schreckliche Massaker statt, Massaker von unvorstellbarer Brutalität, die einer gnadenlosen Vernichtung der roten Ureinwohner Amerikas gleichkamen.

So wuchsen der Hass und die Unversöhnlichkeit auf beiden Seiten ins Unermessliche, und viele menschliche Schicksale, rote und weiße, gerieten in den Verderben bringenden Sog dieser lebensverachtenden Diskriminierung einer ganzen Rasse …

1

Red Falcon, also Roter Falke, ist ein kleiner Häuptling vom Volk der Cheyenne, und sein Dorf besteht nur aus etwa fünfzig Tipis. Aber es ist ein gesundes Dorf mit guten Zelten. Es gibt schon seit vielen Jahren keine Krankheiten. Die Sterberate ist unterdurchschnittlich. Denn das Dorf bringt auch die Alten durch die harten Winter. Red Falcon und seine Krieger haben stets eine gute Büffeljagd.

Auch die Pferdeherde des Dorfes ist groß. Mehr als fünfhundert Tiere besitzt es. Da man auf jedes Tipi durchschnittlich fünf Bewohner zählen kann, ist Red Falcon das Oberhaupt von etwa zweihundertfünfzig Seelen – angefangen von den Alten bis zu den Neugeborenen. Etwa fünfzig Krieger schützen das Dorf und versorgen es mit allen lebenswichtigen Dingen, von denen der Büffel den Hauptanteil ausmacht.

Red Falcons ganzer Stolz und seine ganze Liebe aber ist seine Frau und die Mutter seiner drei Söhne. Immer wenn er sie in den Nächten in den Armen hält, dankt er Wakan Tanka, dem Großen Geist, für das wunderbare Geschenk und all die Gnade, die ihm dieses Glück ermöglichen.

Roter Falke ist also ein glücklicher Häuptling.

Doch wie so oft überall auf der Erde unter den Menschen, kann solch ein Glück schnell ins Gegenteil umschlagen und das Böse niederstürzen wie ein Raubvogel auf ein argloses Wild.

In Red Falcons Fall heißt dieser Raubvogel Custer, George Armstrong Custer, einst während des Bürgerkrieges Zweisternegeneral, nun aber heruntergestuft auf den Rang eines Lieutenant Colonel.

Man hatte ihn schon einmal suspendiert und unter Arrest gestellt wegen disziplinloser Vergehen und unmenschlicher Behandlung seiner Soldaten. Doch sein großer Beschützer General Sheridan brauchte ihn als Werkzeug zur Vernichtung der Indianer in seinem Militärbereich. Custer ist Sheridans Ziehsohn. Und er ist jung, schneidig, mutig und besessen von einem selbstzerstörerischen Ehrgeiz.

Ja, Custer war und ist General Sheridans williges Werkzeug.

Und so wurde er wieder in den aktiven Dienst übernommen, das Urteil gegen ihn vorzeitig aufgehoben und ihm das Kommando über das erstklassige Siebte Kavallerieregiment übergeben.

Sein gnadenloses Wirken beginnt am 27. November 1868 am Washita River in Oklahoma, als er das Dorf von Black Kettle überfällt – und es setzt sich in den folgenden Monaten fort. Immer wieder überfällt Custer mit seiner Truppe friedliche Indianerdörfer. Und an diesem Tag ist das Dorf von Red Falcon oder Roter Falke an der Reihe.

Es ist im Morgengrauen, als die Hunde des Dorfes anschlagen und wütend zu kläffen beginnen. Roter Falke lauscht nicht lange, dann löst er sich von seiner Squaw, steigt über einen seiner schlafenden Söhne hinweg und gleitet aus dem Zelt.

Einer der noch ganz jungen Krieger, die bei der Pferdeherde wachten, nur eine Viertelmeile vom Dorf entfernt, kommt herangeritten und hält bei seinem Häuptling an.

»Mila Hanska«, flüstert er heiser zu Roter Falke nieder, »viele Mila Hanska. Sie kommen leise und umzingeln unser Dorf im weiten Kreis.«

Roter Falke verharrt einige Sekunden bewegungslos. O ja, er hat von der Vernichtung anderer Dörfer gehört – aber auch von Friedensgesprächen.

Nun wird ihm klar, dass es kaum eine Chance gibt für seine Dorfgemeinschaft.

Wenn die Mila Hanska gekommen sind, um zu töten, dann werden sie alle hier sterben – nicht nur die Krieger, nein, auch die Alten, die Frauen und Mädchen, die Knaben und die Säuglinge.

Was also kann er als Häuptling tun? Mit seinen vier Dutzend Kriegern angreifen?

Ihre Kriegerehre würde das eigentlich von ihnen fordern. Denn sie sind freie Cheyenne in einem von ihren Vorvätern seit grauer Vorzeit ererbten Land. Es war immer ihr Land. Sie bekamen es von Wakan Tanka zugeteilt. Er ließ sie hier leben.

Aber dann kamen die Wasicuns, die Weißen, und ihre Soldaten, die Mila Hanska. Und jetzt wollen sie seinen Stamm vernichten.

Was kann er tun, um sein Dorf zu retten?

Wenn er kämpft, führt er seine Krieger in den Tod. Und wenn er nicht kämpft, lässt er sich mit seiner Dorfgemeinschaft wehrlos abschlachten.

Er verharrt also noch bewegungslos und lauscht. Aber er kann außer dem Gekläffe der Dorfhunde nichts hören.

Doch mit seinem nun wachen Instinkt wittert er die Gefahr.

Ja, da im Morgengrauen lauert das Unheil rings um sein Dorf.

Er wendet sich ab und kehrt in sein Zelt zurück. Dort findet er schnell die Fahne der USA, die damals nach einem der vielen Friedensverträge jedem Dorfhäuptling geschenkt wurden.

Er nimmt eine der Lanzen, die rechts und links neben dem Zelteingang im Boden stecken, und hängt die Fahne daran auf.

Der junge Krieger auf dem Mustang verhält immer noch und beobachtet ihn schweigend.

»Gib mir dein Pferd«, verlangt Roter Falke und sitzt wenig später auf dem Tier.

Mit der Fahne, deren Stock die Lanze ist, reitet er in die Dunkelheit der weichenden Nacht hinein, also nach Westen. Denn er glaubt, dass der Häuptling der Mila Hanska dort zu finden sein wird, wo die Nacht am längsten dauert.

Denn von Osten her kommt nun die erste Helligkeit heraufgezogen.

Er muss nicht weit von seinem Dorf wegreiten.

Dann sieht er die Mila Hanska, die US-Kavallerie. Sie warten auf das Hornsignal zum Angriff. Und so beeilt er sich, reitet schneller und schwenkt die Fahne.

Als er nahe genug ist, erkennt er im Morgengrauen auch den Mann, den die Indianer Gelbhaar nennen. Ja, es ist Custer, den er schon mehrmals bei den Friedensverhandlungen sah.

Er ruft von seinem trabenden Mustang hinüber: »Adlerhäuptling Gelbhaar, ich komme, um über Frieden zu reden!«

Aber als Antwort kommt eine Kugel, die ihn vom Pferd fegt.

Als er am Boden aufschlägt, tönt das Hornsignal zum Angriff.

Aber das hört Roter Falke nicht mehr.

Um ihn herum bricht nun die Hölle los.

Mehr als zweihundert Mila Hanska fallen über das Dorf und dessen Menschen her und beginnen mit einem gnadenlosen und unmenschlichen Gemetzel. Sie schonen kein Leben – selbst das der Säuglinge nicht. Inzwischen hat der junge Krieger, dessen Mustang Roter Falke verlangte, das Dorf einigermaßen geweckt. Und so gibt es einigen Widerstand. Die Krieger kämpfen verzweifelt und versuchen den Frauen, Kindern und Alten Fluchtwege zu schaffen.

Es wiederholt sich auch hier am Beaver Creek, der in den Little Big Horn fließt und ein schönes Tal durcheilt, was zuvor schon so oft und immer wieder geschehen ist.

Denn nur tote Indianer sind gute Indianer.

So sagte es General Sheridan.

Und eines Tages wird sich eine ganze Nation dafür schämen. Doch das wird erst sehr viel später sein.

Vorerst wird Lieutenant Colonel Custer, der einstige Bürgerkriegsgeneral, in den Zeitungen des Ostens als Kriegsheld gegen die roten Bestien gefeiert werden. Roter Falke liegt viele Stunden lang wie tot am Boden, halb zugedeckt mit der Fahne der Union, mit der er um Frieden bitten wollte.

Der Tag vergeht, es wird Nacht.

Und da erwacht er endlich und tastet nach der Kopfwunde, die so böse schmerzt, sodass sein Kopf bei jedem Pulsschlag zu zerspringen droht.

Er liegt noch eine Weile unbeweglich und versucht sich zu erinnern. Dies geschieht nur zäh und langsam. Die ganze Kopfhälfte ist mit verkrustetem Blut bedeckt. Aber mit seinen zitternden Fingern kann er die tiefe Kerbe ertasten, die ihm die Kugel gerissen hatte. Fast hätte die Kugel ihm den Schädel gespalten wie ein Axthieb.

Roter Falke möchte bewegungslos liegen bleiben, denn er weiß, dass er stehend wie ein Betrunkener schwanken und wahrscheinlich gleich wieder umfallen wird.

Doch die Sorge um seine Squaw und seine Söhne treibt ihn schließlich doch hoch.

Ja, er kommt auf die Füße, verharrt benommen und muss wieder in die Hocke. Doch als er sich nach einer Weile erneut aufrichtet, bleibt er aufrecht stehen.

Es wurde eine helle Nacht. Mond und Sterne leuchten. Er weiß, dass er im abgebrannten Dorf nur Tote finden wird, und dennoch hofft er bis zum letzten Moment.

Aber als er seine Squaw und seine Söhne findet, stößt er einen schrecklichen Schrei aus.

Schmerzhaft muss er erkennen, dass seine Squaw vergewaltigt wurde. Man hat ihr die Kleidung vom Leib gerissen. Nackt, tot und misshandelt liegt sie im Mondlicht zu seinen Füßen.

Offensichtlich hat sie sich wie eine Wildkatze gewehrt, gekämpft mit all ihren Kräften. Vergeblich. Und er konnte sie nicht beschützen, ihr nicht beistehen.

Er wollte mit der Fahne der Wasicuns um Frieden und Schonung bitten.

Abermals stößt er jenen schrecklichen Schrei aus. Dann ruft er: »Ihr Mila Hanka habt keine Kriegerehre! Ihr seid der verkommenste und stinkendste Dreck dieser Welt!«

Im Klang seiner Stimme ist bitterste Verachtung.

Er ist ein Mann, ein Krieger und Häuptling, der alles verloren hat, was ein Mann verlieren kann, und der nun ohne jede Hoffnung ist.

»Oh, Gelbhaar-Custer, auf was kannst du stolz sein! Eines Tages werden wir dich vernichten!«

Er ruft noch viele andere Flüche und Verwünschungen.

Dann aber sieht er, dass er nicht mehr allein ist.

Einige Gestalten näherten sich ihm. Er sieht, dass sie ebenfalls verwundet wurden und sich kaum auf den Beinen halten können. Er erkennt Gelbvogel, Bunter Hirsch, Regentöter und Büffelhorn.

Ja, es sind Krieger wie er, die man für tot hielt, weil sie ja reglos und starr in ihrem Blut lagen.

Sie betrachten sich eine Weile wortlos. Dann aber spricht Regentöter: »Wir sind die letzten Krieger unseres Dorfes. Alle sind tot. Einige unserer Frauen und Kinder haben die Mila Hanska mitgenommen als Gefangene. Sie werden sie irgendwohin bringen.«

»Ja, zu einem Ort, den die Wasicuns Reservat nennen«, murmelt Roter Falke.

Er sieht seine vier letzten Krieger an.

»Aber wir werden kämpfen und Rache nehmen, wenn unsere Wunden verheilt sind.«

So spricht er nun ganz ruhig, obwohl in ihm ein wildes Feuer brennt.

Die vier Krieger, deren Wunden wirklich böse und schlimm sind und die allesamt eine Menge Blut verloren haben, nicken wortlos. Dann spricht Gelbvogel: »Das verlangt die Kriegerehre von uns. Ja, wir werden Rache für alles nehmen, was Gelbhaar-Custer uns antat. Eines Tages wird er seinen Skalp verlieren.«

***

Wochen vergehen. Roter Falke, Gelbvogel, Bunter Hirsch, Regentöter und Büffelhorn werden gesund.

Und sie bleiben nicht allein. Es stoßen noch andere Krieger von anderen Dörfern zu ihnen. Und so werden sie eine Bande von Rächern. Sie machen das Land westlich des Bozeman Trails unsicher, überfallen kleine Wagenzüge, Postkutschen, Siedlercamps und greifen sogar Armeepatrouillen an.

Einmal fällt der Lieutenant einer solchen Patrouille lebend in ihre Hände. Dieser Offizier ist noch jung, sehr jung, und die Furcht ist so stark in ihm, dass er sich in die Hosen macht. Er kann das nicht verhindern.

Und so stinkt er sozusagen aus allen Knopflöchern, als sie ihn vor Roter Falke zu Boden stoßen. Doch er fleht und wimmert nicht trotz seiner Furcht und der ihn so beschämenden Not. Er weiß, dass er sterben muss, glaubt es jedenfalls, und so wünscht er sich sehnlich, dass sie ihn schnell töten und nicht langsam in Stücke schneiden werden.

Er richtet sich auf, kommt auf die Füße, vergisst seine stinkende Schmach, starrt fest in Roter Falkes graue Augen, und versucht Furchtlosigkeit zu zeigen, obwohl ihm die Furcht bis hoch in den Hals hinaufklopft.

»Du hast Glück, Pferdesoldat«, spricht Roter Falke zu ihm in seiner Sprache. »Denn ich werde dich heute nicht töten. Ich brauche dich als Boten. Gelbhaar-Custer hat vor einigen Wochen mein Dorf überfallen und nicht nur Krieger, sondern auch viele Frauen und Kinder getötet. Seine Soldaten erschlugen auch meine Frau und meine Söhne. Und zuvor wurde meine Frau vergewaltigt. Ich bin Roter Falke und nehme Rache. Und wenn ich eine besonders schöne weiße Frau zu meiner Gefangenen machen kann, dann wird sie mir meine Frau ersetzen. Sie wird eine Squaw werden. Am liebsten wäre mir die Frau eines eurer hohen Offiziere, vielleicht die von Gelbhaar-Custer. Melde das deinem Adlerhäuptling in Fort Laramie. Vielleicht hole ich mir seine Frau. Jetzt bekommst du ein Pferd und kannst reiten.«

Der junge Lieutenant schluckt mühsam. Eigentlich ist er nur noch ein armer Junge, gar kein stolzer und arroganter Zögling von West Point mehr, der berühmten Offiziersakademie.

Ja, er ist wirklich nur noch ein armer Junge, der die Hosen voll hat und unter dem Gestank und der damit verbundenen Schmach fast wahnsinnig wird.

Es ist ein grauenhafter Zustand für ihn, und er zerbricht ihn in diesen Minuten völlig.

Dann begreift er, dass der Rote ihn am Leben lässt und er zurück zum Fort reiten darf. Aber was hat er davon? Was ist ihm sein Leben jetzt noch wert?

Er wurde zerbrochen. Die Armee hat ihn mit der ihm gestellten Aufgabe überfordert. Er wurde ein Versager, eine Niete. Und er beginnt schon in dieser Minute zu ahnen, dass er von nun an ein erbärmliches Leben führen wird in einer Uniform, auf die er so stolz war, die ihn hoch über die anderen Menschen stellte und aus ihm etwas Besonderes machte.

Doch jetzt stinkt es aus seiner Hose.

2

Es ist an diesem Tag etwa zehn Stunden später, als der Spieler Bac Lonnegan in Laramie am Pokertisch einen Mann erschießen muss, der mit einem Zauberkunststück ein fünftes Ass ins Spiel brachte. Es ist das Ass, das dem Kartenhai zu einem Royal Flush verhalf, das Bac Lonnegan jedoch gerade erst abgelegt hat, um eine vierte Dame bekommen zu können. Er bekam sie auch. Aber was sind schon vier Damen gegen einen Royal Flush?

Als Lonnegan dem Kartenhai sein abgelegtes Ass zeigt, da greift dieser zur Waffe.

Aber Lonnegan ist sehr viel schneller.

Wenig später sagt ihm der Marshal von Laramie, dass er mit der nächsten Postkutsche verschwinden solle. Denn der Kartenhai hätte Freunde. Und wenn die eingriffen, würde es noch mehr Tote geben.

Also geht Bac Lonnegan an diesem grauen Morgen ins Hotel und weckt Fee Lorne. »Wir müssen wieder einmal weiter, Fee«, sagt er. »Heute kann ich nicht zu dir ins Bett kommen und dich lieben. Ich musste einen verdammten Narren erschießen.«

Fee Lorne setzt sich im Bett auf. Sie ist nackt, denn es war eine schwüle Nacht.

Sie hat bis Mitternacht in der großen Amüsierhalle auf der Bühne für mehr als zweihundert männliche Gäste gesungen. Es waren zumeist Arbeiter der nun mit dem Bau beginnenden Union-Pacific-Eisenbahn, auch Frachtfahrer und Büffeljäger.

Und sie musste viele Zugaben folgen lassen, denn sie ließen sie lange nicht von der Bühne.

Und so sang sie immer wieder die Lieder von Männern, die fortgingen, um das Glück zu finden, es manchmal fanden, manchmal aber auch zu Verlierern wurden. Und sie sang von Frauen, die zu Haus saßen und vergebens auf ihre Männer warteten.

Ihre Stimme ist immer wieder eine starke Zauberkraft und schlägt alle Zuhörer in Bann. Und überdies ist sie mehr als schön, denn Schönheit kann leer sein, ohne besondere Ausstrahlung und Faszination. Tote Dinge können auch schön sein, und manch eine Frau ist nur schön auf diese Weise.

Doch Fee Lorne strahlt etwas aus, was alle trifft und unter die Haut geht.

Und so kam sie erst nach Mitternacht ins Bett.

Nun soll sie schon wieder aufstehen.

Sie starrt Bac Lonnegan im Lampenlicht an. Er hat – das Flämmchen der Lampe nach seinem Kommen höher gedreht.

»Verdammt, Bac«, spricht sie, »schon wieder müssen wir weiter. Was für ist das ein Leben. Wann endlich haben wir genug?«

»Bald«, erwidert er, »bald, schöne Fee. Aber jetzt steh endlich auf.«

Sie zögert noch, sitzt mit nacktem Oberkörper im Bett. Er würde sonst ihre Brüste bewundern. Doch im Augenblick steht ihm nicht der Sinn danach.

Er beginnt ihre beiden Koffer zu packen.

Sie erhebt sich indes, und sie ist völlig nackt. Er aber hat keinen Blick für ihre so makellose Schönheit.

Da beginnt sie sich anzukleiden mit flinken Bewegungen, als hätte sie Übung darin, weil es nicht das erste Mal ist, dass sie rasch reisefertig sein musste.

Dann hilft sie Bac Lonnegan beim Packen.

Sie schaffen es wahrhaftig noch. Gewissermaßen in letzter Minute schaffen sie es zur Postkutsche nach Norden.

Von Osten her zieht der neue Tag herauf und vertreibt die Nacht nach Westen.

Es ist eine neunsitzige Abbot & Downing Stage, und sie ist nun voll besetzt. Die Koffer und die Reisetasche liegen auf dem Dach bei dem anderen Gepäck, das im Gepäckkasten keinen Platz mehr hatte.

Das Sechsergespann schlägt einen zügigen Trab an. Der Fahrer auf seinem hohen Sitz ruft immer wieder: »Braaah! Braaah! Lauft, meine Süßen, ihr braven Tanten! Macht mir Freude an diesem schönen Morgen!«

Als sie am Fort vorbeifahren, kommt dort die Patrouille herausgeritten, von der die Kutsche bis nach Fort Reno eskortiert werden soll.

Eine heisere Männerstimme sagt nach einer Weile laut genug, sodass sie es alle durch den Hufschlag und all die anderen Geräusche hören können: »Vielleicht haben wir Glück und kommen den verdammten Bozeman-Weg hinauf, ohne unsere Skalpe zu verlieren.«

»Halt’s Maul«, sagt eine andere Stimme. »Wir haben eine Lady in der Kutsche. Macht ihr nur nicht unnötig Sorgen.«

***

Bis nach Fort Reno – es wurde erst vor wenigen Wochen fertig – sind es von Fort Laramie siebzig Meilen.

Sie bekommen dort das dritte Sechsergespann und eine neue Eskorte.

Und dann geht es weiter, immer weiter.

Außer Büffeln ist längs des Bozeman-Wegs nichts zu sehen. Als es Abend wird, nähern sie sich dem Powder-River-Land.

Jemand sagt: »Und wir haben noch keinen Indianer gesehen, keine einzige, verdammte Rothaut.«

Da spricht ein anderer Passagier: »Die haben auch hier am Bozeman-Weg nichts zu suchen, denn der wurde durch den Friedensvertrag uns Weißen als Straße mitten durch das Indianerland garantiert. Wir dürfen nur nicht vom Weg abkommen.«

Doch da lacht ein anderer Passagier bitter und spricht: »Dieser Friedensvertrag gilt nicht mehr für die Roten, seit Fort Reno gebaut wurde und weiter im Norden Fort Phil Kearny im Bau ist. Die Roten sind jetzt bei der Büffeljagd. Aber wenn sie genug Fleisch und Häute für den Winter haben, dann wird der Krieg losgehen.«

Es entsteht nun eine Diskussion, aber Bac Lonnegan nimmt nicht daran teil, hört auch nicht zu. Er geht vielmehr seinen eigenen Gedanken nach und erinnert sich wieder einmal mehr an seinen Weg und daran, wie ihn das Schicksal mit Fee Lorne zusammengeführt hat.

Ja, sein Lebensweg …

Er wuchs in einer primitiven Hütte am Brazos in Texas auf. Und er war der jüngste von fünf Brüdern.

Und als sie alt genug waren, da nahm ihr Vater sie mit nach Mexiko. Sie stahlen dort den reichen Hazienderos edle Pferde aus hervorragenden Gestüten.

Doch dann kam der Krieg zwischen Nord- und Südstaaten.

Er meldete sich zur Texasbrigade und wurde Offizier. Das verdankte er nicht zuletzt seiner Mutter, denn die brachte ihren Söhnen – bevor der Vater deren Erziehung übernahm und sie mit ihm reiten mussten – eine ganze Menge an Schulbildung bei. Sie konnte das, weil sie Lehrerin gewesen war, bis sie dem Vater ihrer Söhne ins Brazos-Land folgte.

Nun, Bac Lonnegan tat sich in der Texasbrigade immer wieder durch besondere Tapferkeit und kluge Entschlossenheit hervor. Zuletzt war er Captain. Und er lernte an jedem Tag noch hinzu von seinen gebildeten Offizierskameraden.

Seine ganze Lebensart wurde mehr und mehr die eines Gentlemans aus dem Süden.

Doch nach dem Krieg war er wie die meisten Gentlemen des Südens nichts Anderes mehr als ein Satteltramp, ein Verlierer des Krieges, weil er auf der falschen Seite gekämpft hatte.

Und so wurde er ein Spieler und Revolvermann, ein Glücksjäger und Abenteurer.

Und dann trat die schöne Fee Lorne in sein Leben.

Heiliger Rauch, er liebte sie vom ersten Moment an, da er ihr in die dunkelblauen Augen sah. Ja, es ging ein Zauber von ihr aus. Aber ihr erging es ebenso, was ihn betraf.

Und schon bald wurde ihnen klar, dass sie füreinander bestimmt waren. Es konnte gar nicht anders sein. Und so wurden sie ein Paar auf der Jagd nach Beute.

Sie zogen von Stadt zu Stadt, und weil der Süden arm und ausgebeutet worden war von den Siegern, strebten sie nach Norden. Er wurde mehr und mehr ein erfolgreicher Spieler, doch er spielte stets ehrlich, wandte keine Tricks an. Dieser Ehrenkodex gehörte zu seiner Selbstachtung. Dennoch musste er immer wieder seinen Colt ziehen und auch benutzen. Denn es gab ständig Männer, die nicht verlieren konnten.

Fee Lorne trat in den Amüsierhallen als Sängerin auf. Sie hatte große Erfolge. Man nannte sie bald überall Golden Fee.

Und so zogen sie den Mississippi hinauf bis Saint Louis und dann weiter auf dem Missouri bis nach Kansas City, immer auf der Suche nach einer ganz besonderen Chance.

Inzwischen besaßen sie ein kleines Vermögen, denn er war ja ein stets erfolgreicher Spieler. Und sie trat auch nicht gerade für ein paar Dollars auf.

Aber immer noch suchten sie nach einer viel versprechenden Anlagemöglichkeit für ihr Geld. Sie hätten sich längst schon eine große Spiel- und Amüsierhalle kaufen können, ja sogar einen Missouri-Steamer, ein nobles Dampfboot also.

Doch das war nicht so einfach. Denn sie hatten Schatten auf ihrer Fährte. Bac Lonnegan hatte sich Feinde gemacht. Die machte sich fast jeder erfolgreiche Spieler, der sich den Weg freischießen musste gegen die Verlierer und dessen Freunde oder Verwandte.

Und so kamen sie nach Laramie und glaubten, ihre Fährte für eine Weile verwischt zu haben.

Es war ein Irrtum.

Es dauerte nicht lange, und die Verfolger hatten sie eingeholt, und so waren die beiden schon wieder gezwungen gewesen, verdammt schnell zu flüchten und in eine abfahrende Kutsche zu springen.

Er sieht zur Seite auf Fee. Sie hat ihren Kopf auf seine Schulter gelegt und ist eingeschlafen. Das Rütteln und Schütteln der Kutsche stört sie nicht. Daran ist sie gewöhnt.

Ja, sie schläft in den Morgen hinein.

Auch einige andere Passagiere versuchen dies zu tun.

Doch Bac Lonnegan bleibt wach. In ihm sind zu viele Gedanken.

Schon seit einiger Zeit fragt er sich, wann, wie und wo sie eines Tages zur Ruhe kommen können werden. Wo gibt es einen festen Platz für sie, und wo können sie ihr kleines Vermögen investieren, damit es Gewinn bringt und er nicht länger mehr die Nächte an den Spieltischen verbringen und Fee nicht mehr in verräucherten Hallen singen muss für noch mehr brüllende Burschen.

Sie hörten von den Goldfunden im Nordwesten Montanas und in den Bitter Roots. Sie hörten auch Wunderdinge von Oregon.

Und weil Oregon so weit ist, würden ihnen die Schatten von Bac Lonnegans rauchiger Vergangenheit dorthin gewiss nicht folgen.

Denn es gibt im Süden einen mächtigen Mann, der fünftausend Dollar auf Bac Lonnegans Kopf ausgesetzt hat – fünftausend Dollar, eine gewaltige Summe also.

Bac Lonnegan hat nämlich beim Spiel einen wilden Jungen erschießen müssen. Dieser wilde Junge, der nicht verlieren konnte, hatte einen mächtigen Vater, und immer dann, wenn Bac Lonnegan an diesen Mann denkt, da macht er sich große Sorgen.

Blinky Jim Bronson war der einzige Sohn eines mächtigen Cattlekings, nämlich der Kronprinz von Big Jim Bronson, den sie in Texas auch Duke Bronson nennen. Und Duke, das bedeutet ja soviel wie Herzog.

Nun, Bac Lonnegan bleibt also wach in der rüttelnden Kutsche, indes Fee an seiner Schulter schläft. Er denkt an seine Vergangenheit und an Big Jim Bronson und fragt sich, was die Zukunft für Fee und ihn wohl bringen wird.

Er kann all das Böse und Schreckliche nicht einmal ahnen, was auf Fee und ihn da weiter im Norden wartet.

***

Es geschieht dann kurz vor Sonnenuntergang, als die Sonne hinter den Rattlesnakes verschwindet, dass die Eskorte angegriffen wird und die Kutsche zum Stehen kommt, weil plötzlich überall Indianer sind.

Die sechs Kavalleristen vor der Kutsche werden binnen weniger Sekunden aus den Sätteln geschossen. Die Indianer liegen in guter Deckung und sind kaum zu sehen. Man sieht vorerst nur die Mündungsfeuer ihrer Gewehre und die aufsteigenden Rauchwölkchen über ihren Deckungen. Die Führungspferde der Kutsche werden ebenfalls von Kugeln getroffen. Und so steht die Kutsche jäh und kippt fast um.

Die sechs Kavalleristen hinter der Kutsche aber ergreifen die Flucht. Denn der Sergeant, der mit ihnen die Nachhut bildet, ist kein Narr, der den Heldentod sterben will, nachdem die Kutsche im Hinterhalt festsitzt und der Lieutenant sich mit seinen Reitern verabschieden musste von dieser Welt. Dennoch schaffen es nur noch drei der flüchtenden Kavalleristen.

Roter Falke hat seine Krieger gut postiert. Er schickt einige von ihnen den drei flüchtigen Soldaten nach. Dann richtet er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Kutsche.

In dieser regt sich nichts, und so ruft er in der Sprache der Weißen aus seiner Deckung hervor. »Hoiii, Wasicuns, kommt heraus und sterbt wie Krieger! Oder müssen wir erst diesen Räderkasten in Fetzen schießen? Kommt heraus zum Sterben!«

In der Kutsche hören sie jedes Wort. Sie wissen auch, dass der Fahrer und dessen Begleitmann vom hohen Bock geschossen wurden und gewiss so tot sind wie die Vorhut der Eskorte.

In der Kutsche sind außer Fee Lorne und Bac Lonnegan noch sieben Männer.

Und einer von ihnen – offenbar ein Trapper – sagt heiser: »Sie haben uns. Macht euch keine Hoffnungen mehr. Ja, wir müssen wirklich raus zum Sterben. Nur die Lady sollte in der Kutsche bleiben und sich auf den Boden legen. Wir aber wollen noch mal kämpfen und es ihnen geben, so gut wir können. Oder wollt ihr in diesem Käfig ohne Gegenwehr sterben? Kämpfend stirbt es sich leichter. Also springen wir jetzt raus zu beiden Seiten. Seid ihr bereit?«

Die anderen Männer fluchen.

Nur Bac Lonnegan sagt leise zu Fee: »Tut mir leid, mein Engel, tut mir von Herzen leid. Ich …«

Er kann kein weiteres Wort zu ihr sprechen, denn die Stimme des Trappers ruft in der Kutsche: »Raus! Kämpfen wir! Jetzt!«

Sie alle gehorchen dieser Stimme, denn sie sind erfahrene Männer, die sich keine Illusionen machen. Und wenn sie nun sterben sollen, dann nicht zitternd vor Furcht, sondern kämpfend. Die Worte des Trappers: »Kämpfend stirbt es sich leichter«, leuchten ihnen ein. Und wenn man kämpft, dann gibt es vielleicht doch einen Schimmer von Hoffnung. Denn der Mensch hofft ja stets bis zum letzten Atemzug.

Sie werfen sich zu beiden Seiten schießend aus der Kutsche und in den Kugelhagel hinein und schießen zurück, solange noch Leben in ihnen ist.

Auch Bac Lonnegan schießt mit seinen beiden Revolvern. Ja, er trägt nun zwei dieser Waffen im Kreuzgurt, verharrt bei der Kutsche stehend und feuert auf die roten Mündungsfeuer, die in der Abenddämmerung gut zu erkennen sind.

Dann treffen ihn zwei Kugeln, und er fällt um und weiß nichts mehr für kurze Zeit. Dann aber wecken ihn die Schmerzen. Ein Fuß tritt ihn in die Seite. Als er die Augen öffnet, steht ein Indianer breitbeinig über ihm und lässt sein Wasser auf ihn ab. Das hat ihn offenbar schneller zu Bewusstsein kommen lassen, als es sonst der Fall gewesen wäre.

Er spürt die Schmerzen seiner Wunden, aber der Zorn über die Demütigung lässt ihn alle Schmerzen vergessen.

Und so knirscht er zu dem Krieger hinauf: »Aaah, du verdammter Bastard, hast du keine Kriegerehre? Ich bin ein Krieger wie du und habe gekämpft wie ein Krieger. Warum besudelst du mit deinem stinkenden Urin meine Ehre?«

Der Rote – ja, es ist Roter Falke selbst – starrt zuerst böse auf ihn nieder.

Dann spricht er: »Du redest stolze Worte, so als wärest du ein stolzer Krieger. Aber ich sage dir, dass die Weißen, zu denen du gehörst, keinerlei Ehre besitzen. Rede also nicht von Kriegerehre. Gelbhaar-Custer hat mein Dorf vernichtet. Seine Soldaten haben Gräuel begangen, grausame, unmenschliche Dinge verübt, wie sie nur Ehrlose vollbringen können. Rede mir nicht von Ehre, Wasicun. Ihr Wasicuns seid Dreck. Zu wem gehört die weiße Frau, die wir aus der Kutsche holten?«

Die Frage zuletzt überrascht den stöhnenden Bac Lonnegan für einige Atemzüge, indes sich in seinem Kopf die Gedanken jagen.

Dann aber erwidert er, immer noch am Boden liegend, zu dem Roten hinauf: »Sie ist meine Frau. Und wenn du mehr Ehre besitzen solltest als wir Weißen, dann lass uns um sie kämpfen. Und gib sie frei, wenn ich dich besiege. Vorwärts, sag das deinen Kriegern, du stolzer Roter Mann mit Kriegerehre! Zeig mir endlich, wie es mit dieser Ehre bei dir steht!«

In Roter Falkes Augen erkennt er für einen Moment den Ausdruck des Staunens. Dann aber wird das Gesicht des anderen wieder hart und starr. Man kann nichts mehr auf diesem Gesicht lesen.

Aber der Rote tritt nun einen Schritt von ihm weg und verharrt neben ihm. Gnadenlos starrt er auf den blutenden Bac Lonnegan nieder und spricht nach einer Weile: »Ja, du würdest kämpfen. Doch du kannst nicht. Du bist zu schlimm verwundet. Es wäre leicht für mich, dich zu töten. Deshalb will ich mit dir ein Abkommen schließen. Ich nehme deine Frau mit mir. Sie ist schön und wird mir als meine Squaw neue Söhne schenken. Denn die Mila Hanska haben meine Frau getötet – auch meine Söhne. Also sind sie mir etwas schuldig. Das habe ich schon vor Wochen dem Adlerhäuptling im Fort mitteilen lassen. Solltest du wieder gesund werden, hier nicht sterben an deinen Wunden, dann kannst du nach mir und deiner Frau suchen. Und dann will ich dir die Ehre erweisen, mit mir um sie zu kämpfen. Dann will ich dir Kriegerehre erweisen.«

Nach diesen Worten wendet er sich ab und ruft seinen Kriegern zu, die einen Kreis um sie gebildet haben und zuhörten, so gut sie das konnten, weil viele von ihnen die Sprache der Weißen nur unvollkommen verstehen: »Hopo, gehen wir!«

Sie bewegen sich nun schnell und sind binnen einer Minute verschwunden.

Bac Lonnegan bekommt Fee Lorne nicht einmal mehr zu Gesicht. Er weiß nur, dass sie mitgenommen wird. Von wem, weiß er nicht, denn der Rote hat ihm seinen Namen nicht genannt.

3

Er liegt nicht lange allein in seinem Blut zwischen den anderen Toten neben der ausgespannten Kutsche, deren Pferde die Kriegshorde mitnahm.

Soldaten kommen, und jene drei Kavalleristen, die dem Gemetzel entkommen konnten, sind dabei. Denn sie stießen auf ihrer Flucht auf eine Patrouille von Fort Phil Kearny, das noch im Bau ist, sich aber nach allen Seiten durch Patrouillen sichert.

Bac Lonnegan wird versorgt. Der Scout der Patrouille hockt sich dann nach Indianerart neben ihm nieder und grinst ihn aus seinem Vollbart hervor an.

»Glück gehabt, Bruder«, spricht er. »Warum ließen sie dich lebendig noch mit dem Skalp auf dem Kopf zurück?«

Da berichtet ihm Bac Lonnegan alles.

Als er verstummt, nickt der Scout und murmelt: »Ja, die Kriegerehre! Das ist das Wichtigste für einen stolzen Krieger. Die will er nicht verloren haben, wenn er nach Wanagi Yata kommt, dem Sammelplatz aller Seelen. Denn ohne Ehre wird man nicht eingelassen ins Paradies der Roten. Das ist so, als würde bei uns Weißen Petrus nicht die Himmelstür öffnen, sondern die Seele in die Hölle schicken. Kriegerehre! Oha, die Roten besitzen sie, wenn sie zu der Sorte gehören, die ohne Selbstachtung nicht leben kann. Aber es gibt ja auch unter uns Weißen Ehrenwerte und Ehrlose. Du hast es mit Roter Falke zu tun gehabt, Bruder. Dessen Dorf wurde wie einige andere Dörfer auch von Custer vernichtet. Es war ein schreckliches Gemetzel. Denn Sheridan sagte seinen Soldaten, dass nur ein toter Indianer ein guter Indianer wäre. Roter Falke hat damals durch einen Lieutenant, den er lebend entkommen ließ, eine Botschaft an der Colonel von Fort Laramie gesandt. Und jetzt hat er die Ankündigung wahr gemacht. Er hat sich eine Weiße zur Squaw genommen. War deine Frau besonders schön?«

»So schön wie keine andere unter zehntausend und noch mehr«, knirscht Bac Lonnegan. »Und er wird mit ihr Bastarde zeugen. Wie werde ich ihn finden können, Lederstrumpf?«

Der Scout zuckt mit den Achseln.

»Bruder«, spricht er, »die Armee sucht den Hurensohn schon viele Wochen. Denn er verübt mit seiner ständig wachsenden Horde überall grausame Überfälle. Er bekommt Zulauf von Kriegern, die ihre Dörfer verloren und keine Angehörigen mehr haben, weil Gelbhaar-Custer überall für gute Indianer sorgt. Wenn der nicht will, dann findet man ihn auch nicht. Seine Horde ist beweglich. Sie besitzt kein Dorf mehr und zieht nur noch umher, um zu töten. Du musst dir das weite Land wie eine gewaltig große See vorstellen, auf der du dich verirren kannst und die dennoch voller Haifische ist, die dir gerne die Beine und den Kopf abbeißen möchten. Du kannst allein kaum etwas machen. Wenn du ihn finden möchtest, dann brauchst du besondere Scouts.«

»Was für dich?« Bac Lonnegan fragt es hart und mit letzter Kraft, denn ihm schwinden allmählich die Sinne.

Der Scout grinst mitleidig auf ihn nieder und murmelt: »Werde du erst mal wieder gesund, mein Junge.«

Aber das hört Bac Lonnegan schon nicht mehr.

***

Indes dies geschieht, sitzt Fee Lorne auf einem Kavalleriepferd, dessen Zügel Roter Falke in der Hand hält.

Sie reiten also nebeneinander. Manchmal wenden sie ihre Köpfe und sehen sich an.

In Fee Lorne jagen sich die Gedanken. Doch ihr Verstand sagt ihr, dass sie nun mit ihrer ganzen Lebenskraft alles ertragen muss, will sie nicht verzweifeln und hilflos untergehen.

Immer wenn sie den Roten ansieht, erkennt sie in dessen Augen, dass er sie haben will, so wie ein Mann nun mal eine Frau haben möchte.

Aber in diesem Fall ist sie seine Gefangene.

Sie fragt nach einer Weile des Reitens: »Nun, du roter Wilder, was hast du mit mir vor? Ich bin deine Gefangene und dir somit ausgeliefert. Und weil du ein roter Wilder bist, hast du gewiss keine Ehre. Du bist kein Gentleman. Weißt du, was ein ritterlicher Gentleman ist? Hast du eine Ahnung davon?«

Nun grinst er sie an wie ein Weißer.

»Du nennst mich einen Wilden«, spricht er und gibt sich Mühe, wie ein gebildeter Weißer zu reden. Denn viele Siedler und Neuankömmlinge sprechen die Sprache ihres neuen Heimatlandes sehr viel primitiver. In Europa, wo sie herkommen, gibt es viele Sprachen, hier nur eine.

Und er sagt grinsend wie ein Weißer: »Squaw, ich ging als Knabe einige Jahre auf die Missionsschule von Pater de Smet. Wenn du willst, kann ich dir ausrechnen, wie der Rauminhalt eines abgestumpften Kegels ist. Frag das mal einen Weißen. Verdammt, ich wurde dazu erzogen, einer der Führer unseres Volkes zu sein, der mit den Weißen auf gleicher Ebene verhandeln kann. Ich wurde damals als Knabe sogar getauft und ein Christ. Doch das bin ich nicht mehr. Denn die Weißen lügen, betrügen, stehlen und morden. Sie leben nicht nach den Zehn Geboten Gottes. Die Weißen sind Dreck.«

»Und dennoch willst du mich als Squaw?«, fragt sie höhnend.

Da grinst er wieder, und in seinen grauen Augen funkelt es. »Die Söhne, die du mir schenken wirst, werden zur Hälfte mein Blut in sich haben. Und die Töchter werden so schön sein wie du. Das ist gut.«

Er verstummt hart und grinst nicht mehr.

Erst nach einer Weile spricht er: »Wenn du mir meine ermordete Squaw ersetzen kannst, dann werde ich dich achten.«

Sie schweigt, aber sie weiß nun, was sie erwartet. Dann denkt sie an Bac Lonnegan.

Und plötzlich rinnen ihr Tränen über die Wangen.

Schließlich fragt sie hart: »Roter, habt ihr alle Männer getötet? Konnte keiner entkommen? Ich würde gerne wissen, wie mein Mann gestorben ist. Sag es mir!«

Er starrt sie lange an, indes sie nebeneinander reiten.

Dann spricht er: »Ich fand heraus, wer von den Männern derjenige war, zu dem du gehörtest. Ja, ich fand es heraus. Ich ließ ihn lebend zurück, blutend zwar, aber lebend. Und wir trafen miteinander ein Abkommen. Wenn er wieder gesund werden sollte und mich finden kann, dann werde ich ihm die Gunst erweisen, dass er nach Kriegerart mit mir um dich kämpfen kann. Er könnte dich mir so wieder abnehmen. Ich werde ihm Kriegerehre erweisen, wie es unter uns Roten üblich ist, obwohl er ein Wasicun ist – keiner von unserer Rasse.«

Als Fee Lorne dies hört, da beginnt ein winziges Fünkchen Hoffnung tief in ihrem Kern zu glimmen. Und sie sagt: »Er wird dich finden, Roter, wer du auch bist und wie auch dein Name sein mag. Er wird dich finden und töten. Denn er ist ein großer Krieger und war während des Krieges unter uns Weißen ein Häuptling der Pferdesoldaten des Südens. Er trug eine graue Uniform und tötete viele Blauröcke. Wie ist dein Name? Bist du auch ein Häuptling wie er?«

Ihre Stimme klirrt. Sie hat sich mit ihrer Situation sehr schnell abgefunden. Ihre Lebenskraft ist stark genug, um überleben zu wollen, selbst wenn sie bittere Wege wird gehen müssen.

Sie sieht den Häuptling von der Seite her fest an. Denn er ist nun der Mann, dem sie gehört. Sie wird seine Squaw sein. Und ihr Leben wird davon abhängen, ob sie seinen Respekt bekommen kann. Wenn sie das nicht schafft, wird ihr Leben an seiner Seite erbärmlicher sein als das einer Sklavin.

Sie betrachtet ihn also jetzt abschätzender und prüfender.

Und sie sieht einen roten Mann, der prächtig proportioniert ist, einen sehr gut aussehenden Indianer. Wenigstens ist er kein hässliches Tier, denkt sie.

Sie hört ihn nun sagen: »Ich bin Roter Falke. Die Patres der Mission tauften mich damals Noah – ja, wie jener Mann, der die Arche baute. Und ich sollte mein Volk in eine bessere Zeit führen, ich und andere Knaben, die jetzt Häuptlinge sind. Nenn mich einfach Roter Falke. Wie ist dein Name?«

»Fee«, erwidert sie, »ich heiße Fee.«

»Gut, Fee.« Er nickt. »Du gehörst jetzt mir.«

Seine letzten vier Worte sind so einfach und klar.

Fee Lorne muss plötzlich an die Männer denken, die ihr auf ihren Wegen begegnet sind und denen sie eine Weile gehörte, bis sie herausfand, dass es besser war, sich wieder von ihnen zu trennen. Ja, es waren einige Männer, die sie zu einer erfahrenen Frau machten, der kaum noch etwas fremd blieb.

Erst Bac Lonnegan war für sie der richtige Mann, bei dem sie bis ans Ende ihrer Tage bleiben wollte.

Jetzt aber gehört sie einem Roten.

Sie lauscht tief in sich hinein. Doch das schwache Fünkchen Hoffnung ist wieder erloschen.

***

Sie bringen Bac Lonnegan in der Kutsche nach Fort Phil Kearny. Die Toten beerdigten sie an Ort und Stelle, also dort, wo sie starben.

Lonnegan liegt auf der Rückbank. Außer ihm sind noch zwei Soldaten in der Kutsche. Und zwei weitere sitzen auf dem hohen Bock. Denn die vier Soldaten mussten ihre Pferde vor die Kutsche spannen.

Doch sie sind nicht böse darüber, weil sie ja nun gefahren werden.

Einer sagt zu Lonnegan: »Es ist ein weiter Weg bis Kearny. Morgen erst werden wir gegen Abend dort ankommen – wenn uns die Roten nicht vorher umbringen unterwegs. Aber wenn du dann noch lebst, Revolvermann, dann bekommst du allerbeste Hilfe von unserem Doc im Fort. Der versteht sich auf Schusswunden und Knochenbrüche.«

Bac Lonnegan ist wieder einigermaßen bei Besinnung.

Und so fragt er: »Warum nennst du mich einen Revolvermann, Pferdesoldat?«

»Weil du einen Kreuzgurt für zwei Revolver um die Hüften hattest«, grinst der Soldat. »Deine Waffen nahmen die Roten mit. Aber sie tragen keine Revolvergurte. Du bist ein texanischer Revolvermann, und wahrscheinlich hast du in der Rebellenarmee gegen uns gekämpft. Ist es so?«

»Der Krieg ist vorbei«, erwidert Lonnegan nur.

Er schließt die Augen und überdenkt noch einmal seine Situation.

Seine Wunden schmerzen. In einer Schulter steckt noch eine Kugel, die nur ein Doc herausholen kann. Eine andere Kugel wurde von einer seiner Rippen abgelenkt, aber sie brach die Rippe und riss eine böse Wunde wie von einem Schwerthieb. Die Wunde blutete besonders stark. Sie wird genäht werden müssen.

Die Schmerzen sind also ziemlich schlimm, weil die Kutsche rüttelt und stößt. Sie fahren ja nicht auf einem Wagenweg, sondern über Stock und Stein, wie man so sagt.

Aber er hat nun Hoffnung, dass er bis zum Abend des nächsten Tages durchhalten wird. Zumindest hat der Sanitätssoldat der Patrouille die Blutungen stoppen können.

Um die Taille trägt er immer noch seinen Geldgürtel, in dem er in großen Scheinen sein gesamtes Spielkapital stecken hat.

Da Roter Falke ihn am Leben ließ, zogen sie ihn nicht aus, so wie die anderen Passagiere, die ja tot waren. Sie nahmen nur seine Waffen.

Und so besitzt er etwa siebentausend Dollar in großen Scheinen. Auch in seiner Kleidung und in den Schäften seiner Stiefel ist noch Geld verteilt. Nur seinen Hut hat er nicht mehr, hinter dessen Schweißband auch noch einige Scheine steckten.

Aber er ist – was sein Vermögen betrifft – recht gut davongekommen. Er ist kein armer Mann.

Wieder denkt er an Fee Lorne.

Es ist ein starkes Gefühl von Mitleid in ihm, und er denkt: Dieser Rote wird ihr Kinder machen, Bastarde, Halbbluts. Hoffentlich bringt sie sich nicht um, sondern kann alles ertragen, bis ich sie gefunden habe und mit ihm um sie kämpfen kann. Verdammt, ich werde bis an mein Lebensende nach ihr suchen!

Er wird sich trotz seiner Schmerzen in der rüttelnden und stoßenden Kutsche darüber klar, dass er Fee mehr liebt als sein eigenes Leben.

Ja, er schafft es bis Fort Phil Kearny. Die Wunden haben sich zwar entzündet, doch ist die Entzündung nicht so stark fortgeschritten, dass der Feldarzt des Forts nicht damit fertig werden könnte.

Unterwegs wurden sie einmal von Indianern angegriffen.

Der Scout klärt Lonnegan bei einer Rast dann auf und spricht: »Die Roten – es sind Sioux, Cheyenne und Arapaho – schwärmen ständig um das Fort umher wie gereizte Hornissen. Sie überfallen die Holzkommandos, denn das Fort benötigt Unmengen von Holz zum weiteren Aufbau. Palisaden, Häuser, Magazine und Stallungen müssen gebaut werden. Und für den Winter sind Feuerholzvorräte nötig. Die Menschen im Fort würden erfrieren, wenn die Blizzards aus dem Powder-River-Gebiet kommen. Doch im Moment herrscht noch kein richtiger Krieg. Die roten Stämme müssen erst Fleisch erbeuten, noch viele Büffel und anderes Jagdwild töten, für Vorräte bis zum nächsten Frühling sorgen. Die Frauen und Kinder der Dörfer sammeln zu dieser Zeit Beeren, Pilze, essbare Wurzeln. Sie sammeln auch Tee und Heilkräuter zu dieser Jahreszeit. Irgendwann ist diese Zeit der Jagd und des Sammelns vorbei. Dann ziehen die Roten dorthin, wo sie ihre Winterdörfer aufschlagen. Und dann werden etwa fünftausend Krieger dieser Stämme frei für den Krieg sein. Und wenn Colonel Carrington bis dahin das Fort nicht fertig hat, dann …«

Der Scout verstummt neben Lonnegan in der Kutsche und klatscht nur die brettharten Handflächen zusammen, so als würde er eine Fliege in der Luft zerquetschen.

Nun, Lonnegan erinnert sich wieder an die Worte des Scouts, indes er im Lazarettbau des Forts liegt, der einer der Gebäude ist, die zuerst fertig gestellt wurden.

Und das war auch nötig, denn Carringtons Soldaten haben jeden Tag Verluste. Es gibt immer wieder Tote oder Verwundete. Besonders die Holzkommandos leiden unter den noch kleinen indianischen Horden.

Und immer wieder in diesen Tagen und Nächten, wenn er nicht schlafen kann, da denkt er an Fee Lorne.

Wie mag es ihr ergangen sein und ergehen? Was hat Roter Falke mit ihr inzwischen angestellt?

Die Ungeduld setzt ihm immer mehr zu. Aber noch ist er hilflos, muss liegen und auf die Heilung seiner Wunden warten.

Manchmal besucht ihn der Scout Pierce Laquer. Sie haben sich inzwischen ein wenig angefreundet und nennen sich beim Vornamen.

Einmal fragt er Pierce: »Was kann ich tun, wenn ich wieder gesund genug bin? Du sagtest damals zu mir, dass ich besondere Scouts benötigen würde, um nach Roter Falke suchen zu können. Was für Scouts?«

Pierce Laquer starrt ihn eine Weile an, und es ist ein Ausdruck von Mitgefühl in seinen Augen – vielleicht gar Mitleid.

Dann jedoch spricht er: »Crows. Du musst dir die Hilfe von Crows-Scouts kaufen oder dich dieser Hilfe sonst wie versichern. Was weißt du über Crows, Texas?«

Er nennt Lonnegan manchmal nur Texas. Und dann nennt Lonnegan ihn Frenchman, denn Pierce Laquers Vorfahren waren kanadische Pelzjäger französischer Abstammung.

»Crows«, erwidert Lonnegan, »he, Crows sind Krähenindianer. Was ist so besonders mit ihnen?«1)

Der Scout Pierce Laquer grinst nun grimmig.

»Crows hassen die Sioux, Cheyenne und Arapaho. Sie haben sich von Anfang an auf die Seite der weißen Eindringlinge geschlagen und wurden von diesen gut bewaffnet. Crows kämpften schon immer und auch jetzt wieder auf der Seite der Weißen gegen ihre roten Vettern, obwohl auch sie zur Sprachfamilie der Dakotas gehören. Frag mich nicht, warum dies so ist – ich weiß es nicht. Der Hass muss in uralten Zeiten geboren worden sein, denke ich mir. Jedenfalls ist es so. Und was dich betrifft und dein Anliegen, Freund Lonnegan: Crows kennen das Land und ganz gewiss auch Roter Falke. Wenn jemand herausfinden kann, wo Roter Falke mit deiner Frau zu finden ist, dann sind es Crows. Wir haben auch einige hier bei Colonel Carrington Truppe. Sie genießen ein besonderes Ansehen und besitzen Privilegien. Solch eine Aufgabe wird sie reizen. Du brauchst zwei oder drei Crows für die Suche nach Roter Falke und deiner Frau.«

Als er verstummt, da fragt Lonnegan: »Und du? Wie ist es mit dir, mein Freund? Würdest auch du mit mir reiten? Ich kann dir mehr zahlen als der Colonel, dreimal soviel.«

Da schüttelt Pierce Laquer den Kopf.

»Von dir würde ich kein Geld nehmen«, murmelt er dann. »Aber ich habe mit der Armee einen Vertrag, den ich erfüllen muss. Ich bin ein Armeescout. Doch irgendwie werden wir schon einen Weg finden. Aber erst musst du wieder reiten können.«

Er erhebt sich von Lonnegans Bettkante und geht hinaus.

In Bac Lonnegan aber wird die Ungeduld noch unerträglicher.

Er weiß ja Fee Lorne irgendwo in den Händen von Roter Falke. Und er kann noch nicht nach ihm und seiner Gefangenen suchen. Er ist zu quälendem Nichtstun verdammt, muss warten, warten, warten.

Und wenn er sich vorstellt, dass Fee diesem Roten zu Willen sein muss, dann möchte er wild losbrüllen in seiner Hilflosigkeit.

4

Fee Lorne geht es schlecht in diesen Tagen und Nächten, indes sie mit Roter Falke und dessen Horde durch das weite Land reitet.

Sie ist für ein langes Reiten ja gar nicht gekleidet. Ihr flaschengrünes Reisekostüm, das so modern und elegant war, ist längst zerfetzt, schmutzig und in Auflösung begriffen.

Der enge Rock rutschte ihr beim Reiten immer wieder hoch. Und da schlitzte Roter Falke ihn mit seinem Messer einfach auf bis zu den Oberschenkeln.

»Du hast Beine, die einem Krieger schon beim Ansehen Freude machen«, sagt er. »Und du solltest sie fest um mich schlingen, wenn wir dabei sind, mir einen neuen Sohn zu zeugen. Ich verlor drei Söhne und will neue. Gib dir Mühe. Dann werde ich dich achten und dir den Respekt erweisen, der einer Squaw, die die Mutter meiner Söhne ist, zusteht.«

Es ist am dritten Tag, als sie ein verborgenes Dorf der Cheyenne erreichen. Hier bekommt Fee Lorne endlich die praktische Ledertracht einer Squaw.

Man könnte sie nun für eine Squaw halten, wenn ihr Haar nicht so gelb wie reifer Weizen wäre.

Sie ziehen am nächsten Tag weiter. Die Horde von Roter Falke wurde um einige Krieger verstärkt. Und nun sind auch einige Squaws bei ihnen.

Wenige Tage später, als die Horde einen kleinen Wagenzug überfällt, der von irgendwo nördlich von Fort Phil Kearny und Fort Smith zum Bozeman Trail stieß und hinauf zu den Goldfundgebieten im nordwestlichen Montana wollte, kennt Roter Falke wieder keine Gnade.

Fee und die anderen Squaws sehen von einem Hügel auf das Gemetzel nieder.

Die Squaws jubeln ihren Kriegern zu. Fee aber hat Mitleid mit den Menschen des Wagenzuges. Aber dann fragt sie sich, wer denn mit ihr Mitleid hat.

Roter Falkes Horde macht reiche Beute.

Denn der Wagenzug wollte Handelsware jeder Art ins Goldland zu den Goldgräbern bringen, also Proviant, Werkzeuge, Kleidung, Waffen, sogar ein Klavier und Spieltische für eine Spielhalle – natürlich auch viele Fässer Whiskey.

Und so feiert Roter Falke mit seiner Horde ein wildes Fest. Er ist es selbst, der dann angetrunken auf dem Klavier herumhämmert. Aber dann verlangt er von Fee, dass sie ihnen etwas vorspielt.

Sie kann es nicht ablehnen. Er würde jede Art von Weigerung bestrafen. Und offenbar glaubt er, dass jede Weiße auf solch einem Instrument spielen kann.

Er hat sich in Bezug auf Fee nicht getäuscht, denn sie kann einigermaßen gut einfache Lieder spielen.

Und so lauschen die Roten staunend, wirken für eine Weile wie staunende Kinder. Dabei ist es nicht lange her, da haben sie an diesem Platz gnadenlos getötet, ein grausames Gemetzel veranstaltet, so wie es die Weißen – und besonders die Armee – immer wieder mit den Angehörigen des Roten Volkes taten und tun. Roter Falke nahm wieder einmal Rache für die Vernichtung seines Dorfes und dem Morden an seiner Familie und seiner Dorfgemeinschaft.

Und indes die Toten noch da und dort herumliegen, muss Fee Klavier spielen. Die Roten aber tanzen zu den Klängen aus dem schwarzen Kasten, dessen weiße und schwarzen Tasten auf sie wie die Zähne eines Tieres wirken, auf die man nur schlagen muss, um diesem Tier seltsame Töne oder Klänge zu entlocken.

Fee muss lange spielen. Denn das Fest dauert Stunden. Und sie betrinken sich hemmungslos. Es sind ja noch viele Fässer auf einem der Wagen.

In Fee Lorne wächst ein Funken von Hoffnung.

Denn wenn die Horde total betrunken ist, wenn sie alle umfallen und ohnmächtig werden, weil sie ja die Wirkung des Feuerwassers gar nicht richtig kennen, dann könnte sie vielleicht die Chance zur Flucht bekommen.

Und so hofft sie auf die Stunde, da einer nach dem anderen umfallen wird wie von einem Hammer auf den Kopf geschlagen.

Auch die Squaws der Horde – es sind etwa ein Dutzend – bekommen Whiskey und feiern mit bei der Siegesorgie. Auch sie sind bald sinnlos betrunken.

Fee Lorne beobachtet das alles, indes ihre flinken Finger auf die Tasten hämmern. Und so groß auch ihre Not ist, es wird ihr dennoch bewusst, wie schmachvoll der Niedergang dieser stolzen Indianer ist, der jetzt begonnen hat.

Roter Falke ist kein guter Häuptling oder Anführer dieser Horde. Er hat etwas in Gang gebracht, was jeder der großen Häuptlinge verhindert hätte.

Aber vielleicht geht es ihm wie so vielen Menschen auf dieser Erde, die ihren Schmerz nicht ertragen können und deshalb Vergessen suchen in jeder Form. Die meisten werden dann zu Säufern, verfallen der Trunksucht, werden krank aus Schwäche gegenüber ihrem Schicksal.

Eigentlich wäre die Horde verloren gewesen, wenn jetzt eine starke Armeepatrouille gekommen wäre. Sie hätten nicht mehr kämpfen können, zumal sie immer betrunkener werden. Es beginnt dann die Stunde, da sie umfallen, einer nach dem anderen. Immer mehr liegen am Boden. Es wurde längst Nacht. Ein großes Feuer brennt, um das sie tanzten. Der Lärm des Festes musste meilenweit in der Runde zu hören sein.

Doch niemand kommt.

Fee Lorne beendet ihr Spiel. Die Finger schmerzen ihr. Noch nie im Leben hat sie so viele Stunden ohne Pause Klavier gespielt.

Aller Lärm ist nun verstummt. Nichts ist mehr zu hören als die Schnarchtöne der sinnlos betrunkenen Roten. Sie alle wollten vergessen, und der Rausch half ihnen dabei.

Es machte sie glücklich. Sie kamen sich großartig vor, wie Menschen, die noch nie von Leid und Schicksalsschlägen heimgesucht wurden.

Der Katzenjammer am nächsten Tag jedoch wird gewaltig sein. Viele von ihnen werden sich schämen. Denn was sie taten, hat ihre Kriegerehre und ihren Stolz besudelt. Viele werden begreifen, dass sie schwach wurden und die hemmungslose Sauferei der Anfang vom Ende ist.

Fee Lorne erhebt sich von der Bank und sieht sich um.

Nichts rührt sich. Auch das große Feuer ist fast erloschen. Doch Mond und Sterne leuchten mit ihrem unirdischen Licht auf die Erde nieder, deren Bewohner sich seit Urzeiten gegenseitig umbringen, weil sie die bösesten Raubtiere der Schöpfung sind.

Fee Lorne atmet tief ein und dann langsam aus, so als verspürte sie eine Befreiung. Die Wagen des Handelszuges stehen da und dort herum. Und überall liegen die sinnlos betrunkenen Roten, Krieger und Squaws – aber auch die toten Weißen des Wagenzuges, für die der Angriff der Roten so überraschend kam, dass sich die Wagen nicht zu einer Wagenburg formieren konnten.

Da und dort stehen Sattelpferde. Fee Lorne muss nicht weit zu einem dieser Tiere gehen und hebt unterwegs einen Revolver auf, den einer der Roten erbeutet hatte, dann aber wieder verlor in seiner Trunkenheit.

Mit der Waffe in der Hand erreicht sie auf dem Weg zu einem der Pferde auch Roter Falke. Ja, auch er liegt total betrunken am Boden und schnarcht.

Sie könnte ihn jetzt mühelos töten, ja, sie zielt sogar schon mit der Waffe auf ihn. Dabei murmelt sie heiser: »He, du roter Hurensohn, du bist gar kein stolzer Krieger mehr. Du hast als Anführer deiner Horde versagt. Ich könnte dich jetzt töten. Verdammt, warum tue ich es nicht?«

Sie geht weiter zum Pferd. Das Tier schnaubt fast dankbar, als sie aufsitzt und anreitet. Sie schlägt den Weg nach Süden ein. Denn sie glaubt, dass der Bozeman-Weg sie in dieser Richtung nach Fort Smith führen wird.

Sie fühlt sich frei und möchte dieses Gefühl als Schrei durch die Nacht gellen lassen – als Schrei der Befreiung und des Triumphes zugleich.