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Auf der kleinen Waldlichtung erscheinen drei Reiter, die ein Packpferd mit sich führen. Sie sind wie Cowboys gekleidet und tragen Waffengürtel, an denen schwere Coltrevolver hängen.
"Wollen mal sehen, wo wir sind!", ruft der große blonde Cowboy und zügelt seinen herrlichen Rappwallach. Dann kramt er eine Landkarte aus der Satteltasche hervor und breitet den Plan vor sich aus. Die beiden anderen Reiter drängen ihre Pferde dicht neben den Rappen und beugen sich im Sattel vor, um besser sehen zu können.
"Nun, wo sind wir, Billy?", fragt der breitschultrige, athletisch gebaute Cowboy, dessen großer Weißfuchs prächtiges Sattel- und Zaumzeug trägt. "Inzwischen hängt mir der Magen in den Kniekehlen, und einen Durst hab ich ... das ist nicht mehr feierlich!"
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Seitenzahl: 97
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
BOY IN NOT
RETTER IN DER NOT - Teil 3
Vorschau
Wissenswertes
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Heinrich Berends
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9619-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Liebe Western-Leser, liebe Unger-Freunde!
Das Werk von G.F. Unger, einem der größten und beliebtesten Wildwest-Autoren über die Grenzen Deutschlands hinaus, ist umfangreich. Dazu zählen auch seine Beiträge zu den Serien BILLY JENKINS, TOM PROX, JOHNNY WESTON und PETE in den 50er-Jahren.
Als »sein« Verlag wollen wir Ihnen – zusätzlich zur Sonder-Edition, in der wir Ungers Taschenbücher ungekürzt im Heftformat auflegen –, in einer Classic-Edition jetzt auch diese Romane präsentieren, die neben ihrem nostalgischen Reiz nichts von ihrer Dramatik verloren haben. Wir beginnen mit seinen Billy-Jenkins-Romanen – 71 Hefte und 8 Leihbücher. Die Serie wurde erstmals im Werner-Dietsch-Verlag in den Jahren 1934–1939 veröffentlicht und zwischen 1951 und 1958 vom Uta-Verlag neu aufgelegt und fortgeführt. G.F. Unger stieg bei Band 50, mit dem wir auch die Classic-Edition begonnen haben, in die Serie ein.
Wir wünschen allen Sammlern und Lesern viel Vergnügen und spannende Unterhaltung bei dieser Zeitreise!
Ihre G.F Unger-Redaktion
PS: Einige Bezeichnungen in den Romanen wie »Neger« gelten heutzutage als diskriminierend. Sie waren zur Zeit der Romanhandlung aber gebräuchlich und sollten im historischen Kontext verstanden werden, weshalb sie im Text belassen wurden.
Boy in Not
Nach Berichten des Westmannes Billy Jenkins
Auf der kleinen Waldlichtung erscheinen drei Reiter, die ein Packpferd mit sich führen. Sie sind wie Cowboys gekleidet und tragen Waffengürtel, an denen schwere Coltrevolver hängen.
»Wollen mal sehen, wo wir sind!«, ruft der große blonde Cowboy und zügelt seinen herrlichen Rappwallach. Dann kramt er eine Landkarte aus der Satteltasche hervor und breitet den Plan vor sich aus. Die beiden anderen Reiter drängen ihre Pferde dicht neben den Rappen und beugen sich im Sattel vor, um besser sehen zu können.
»Nun, wo sind wir, Billy?«, fragt der breitschultrige, athletisch gebaute Cowboy, dessen großer Weißfuchs prächtiges Sattel- und Zaumzeug trägt. »Inzwischen hängt mir der Magen in den Kniekehlen, und einen Durst hab ich… das ist nicht mehr feierlich!«
»Du tust so, als seiest du der einzige Mensch auf der Welt, der Durst hat, Dicker!«, spottet der dritte Reiter, ein schmaler, sehniger Bursche, der mit seinem rassigen Gesicht und dem blauschwarzen Haar wie ein Spanier wirkt. Er klopft seinem rehbraunen Wallach den schlanken Hals und sagt zärtlich: »Ruhig, Hektar! Wir kommen bald ans Wasser!«
»Ja, meiner Schätzung nach kommen wir bald an die Wasserstelle!«, bestätigt der blonde Billy. Er tippt mit dem Zeigefinger auf eine Stelle der Karte. »Hier sind wir. In ’ner halben Stunde müssen wir aus ’m Wald raus sein. Dann geht’s wieder abwärts. Vielleicht können wir das Wasserloch von oben sehen, wenn wir am Waldrand sind.«
»Und wie weit ist’s von dort aus noch bis Two Fork?«, will Dick Hanson wissen.
»Dreiunddreißig Meilen Luftlinie!«
»Dann sind’s auf der Erde noch mal so viel!«, seufzt Dick und wischt sich mit dem Reittuch den Schweiß vom runden Gesicht.
»Na, wir bleiben die Nacht über auf jeden Fall am Wasserloch«, sagt Billy Jenkins, die Karte zusammenfaltend. »Dort trennen wir uns. Jim reitet gleich morgen früh los. Er soll als Erster in Two Fork sein und die Lage sondieren. Ich folge später, und du kommst zuletzt an, Dick. Du bringst auch das Packpferd mit. Jim und ich markieren Cowboys auf der Stellungssuche.«
»Und Dick markiert den feinen Pinkel, der’s nicht nötig hat, zu arbeiten!«, sagt Jim Chester, der unverbesserliche Spötter. »Hat er nu geerbt? Oder was soll er den Kaffern erzählen? He – du musst dich doch in deiner feinen Kluft und dem neuen Stetson ganz fremd fühlen, Dick! Kommst dir vor wie auf der Brautschau, was?«
»Die großpopelige Reitjacke ist mir auf jeden Fall zu eng, und wenn wir nicht bald am Ziel sind, platzt sie noch auseinander!«, seufzt der athletische Dick, wieder den Schweiß vom Gesicht wischend.
»Na wenigstens hält sie hübsch warm. Siehst gut aus, Dicker! Wie ’n Cowboy, der seinen Jahreslohn auf einmal kassiert hat und nu den vornehmen Rancher markiert. Das kannst du übrigens ruhig den Leuten von Two Fork auf die Nase binden. Vielleicht vermuten dann die Gangster von der Blizzard-Bande Geld bei dir und rücken dir auf ’n Pelz!«
»Und bringen gleich das Geld mit, dass sie in der Compton-Bank geklaut haben, was?«, lacht Dick. »Dann hätten wir gleich unseren Auftrag erledigt, was? Feine Sache! Is ja noch gar nich erwiesen, dass die Blizzard-Bande in Two Fork steckt!«
»Vermutlich … vermutlich ist sie dort oder in der Umgebung zu suchen!«, meint Captain Jenkins. »Los! Weiter geht’s!«
»Ich werde mal der Sache ’n bisschen Schwung geben!«, sagt Dick Hanson und klopft seinem Weißfuchs auf die Kruppe. »Los, Diamant! Es geht zum Wasser! Lauf, mein Meerschweinchen! Zeig die Eisen!«
»Diamant« wirft den Kopf hoch und wiehert, als hätte er jedes Wort verstanden. Dann galoppiert er los, das am Sattelhorn angeleinte Packpferd hinter sich her reißend.
Lachend folgen Billy und Jim ihrem Kameraden.
Nach viertelstündigem Ritt lichtet sich der Wald.
Dick, der immer noch mit dem Packpferd voranreitet, lässt seinen Weißfuchs in Schritt fallen. Dann ist der Waldrand erreicht.
»Na, siehst du das Wasserloch?«, ruft Jim, der mit Billy noch ein ganzes Stück zurückgeblieben ist.
»Hoiho!«, brüllt Dick nach hinten. »Ich sehe das Wasser … aber beim Loch liegt ’n richtiges Pferd!«
»Kein Schaukelpferd?«, fragt Jim prompt. »Vielleicht ist’s doch ausgestopft, Dicker!«
Billy und Jim galoppieren rasch heran und zügeln ihre Pferde neben Dick. Dann starren die drei Reiter den Abhang hinunter nach dem Wasserloch, das inmitten von Büschen am Fuße des Hanges zu sehen ist.
Dick deutet mit der Hand. »Seht ihr’s? Hinter dem Strauch auf der linken Seite! Ein richtiges Pferd liegt da!«
»Da es in dieser Gegend wohl kaum nachgemachte oder ausgestopfte Gäule gibt, wird’s wohl tatsächlich ’n richtiges Hottehü sein!«, sagt Jim Chester grinsend. Seine dunklen Augen funkeln belustigt.
Dicks rundes Vollmondgesicht wendet sich dem Spötter zu. »Deine verdammte Wortklauberei wird dir eines Tages mal ’n paar prächtige Maulschellen Marke ›Dick Hanson‹ eintragen, du blauhaariger Hundefloh!«, warnt der athletisch gebaute Mann.
»Vergiss nicht, dass du ’n feiner Mann bist!«, erwidert Jim grinsend. »Feine Pinkels schlagen nicht roh mit der Hand anderen Leuten ins zarte Marzipangesichtchen, alter Junge! Denke auch an deine schöne Reitjacke … die würde auseinanderplatzen, wenn du mit der Hand ausholst!«
»Das is allerdings wahr«, sagt Dick nachdenklich. Dann klopft er dem Fuchs, der zum Wasser hinwittert und schnaubt, den Hals. »Ruhig, Diamant! Gleich gibt’s zu saufen, mein Honigjunge! Ich habe auch mächtigen Durst und muss mich beherrschen!« Dick wischt sich mit der Hand über das hochrote Gesicht. »Verdammt! Ich schwitze wie ’n Fieberkranker, den man ins Bett gesteckt hat!«
»Ich habe«, sagt Jim Chester, »einmal gelesen, dass Menschenschweiß giftig ist. Von einem Esslöffel voll kann man sterben.«
»Wird wahrscheinlich wieder Quatsch sein, was du da erzählst. Aber ich kann dir mal gelegentlich einen Löffel voll echten Dick-Hanson-Schweiß in ’n Kaffee tun. Dann werden wir ja sehen! Vorläufig hätte ich erst gern mal gewusst, was der Gaul dort unten zu suchen hat.«
Dick Hanson blickt bei seinen Worten fragend auf Captain Jenkins. Dessen große, sehnige Gestalt ruht lässig im Sattel. Er bewegt sich kaum. Nur seine scharfen, blaugrauen Augen spähen wachsam die Buschreihen ab, versuchen sie zu durchdringen, tasten und prüfen. Dann richtet er seinen Blick wieder auf das bewegungslose Pferd.
»Bleibt hier – ich sehe mal nach!«, sagt Billy Jenkins schließlich kurz und drängt sein Pferd den Hang hinunter. Er hält die Zügel lose in der Linken und lässt die Rechte frei herabhängen. Schon jetzt erkennt er, dass das Pferd am Wasserloch nicht tot ist. Aber er sieht auch, dass dieses Tier zuschanden geritten wurde.
Der Captain reitet auf eine Lücke der Buschreihe zu, durch die er auch das Pferd weiter beobachten kann, als er den Grund der Senke erreicht.
Plötzlich kracht ein Schuss.
Billys Hut fliegt herunter, wird aber von der Windschnur gehalten.
Er selbst wirft sich seitwärts aus dem Sattel, rollt über den Boden und in einen Busch.
Kugeln fetzen um Billy durch die dünnen Zweige. Eine streift sein Hemd. Da erwidert er das Feuer mit dem Colt.
Vom Rande des Waldes aus knallen Jims und Dicks Gewehre.
Ein gellender, wilder Schrei ertönt aus den Büschen und geht sofort in ein stöhnendes Wimmern über. Der heimtückische Schütze im Busch ist anscheinend nicht besonders hart.
Der Police-Captain hört die Hufschläge von Jims und Dicks Pferden.
Dick brüllt saftige Flüche. Er gibt schon jetzt bekannt, was er von Leuten hält, die friedliche Reiter nicht an die Wasserstelle lassen wollen.
Billy Jenkins schnellt auf und stürzt durch die Büsche. Als er das wimmernde Stöhnen dicht vor sich hört, macht er einen langen Sprung. Zweige brechen unter ihm, peitschen sein Gesicht, geben jedoch seinem Körper Raum. Er landet auf einem brüllenden Menschen, der seiner Stimme nach noch sehr jung sein muss.
Als der Captain den Kerl packt und aus dem Busch schleift, erkennt er schon am leichten Gewicht, dass er einen Halbwüchsigen gefangen hat. Der Boy wehrt sich kaum, obwohl er, wie Billy bald sieht, nur leicht am Arm verwundet ist.
Der Captain lässt das Bürschlein neben der Wasserstelle los. Wimmernd geht der Boy zu Boden, wälzt sich auf den Bauch und drückt das Gesicht Deckung suchend zwischen die Arme.
Dick Hanson kommt herbei und rutscht mit einem Fluch aus dem Sattel. Auch er hat inzwischen schon erkannt, dass der Bursche nur leicht verwundet ist.
»Ich werde dem verdammten Knallfrosch erst mal die Hinterbacken versohlen. Er hätte ja einen von uns in ewige Fegefeuer schicken können! He, du kleiner Lumpensack! Steh auf und lass dein Gewimmer sein!«
Dick packt den Boy im Genick, stellt ihn auf die Beine und hält schon seine flache Hand bereit. Doch dann sieht er die wahnsinnige Angst in den Augen des Bürschleins. Es ist eine Angst, die nicht zu beschreiben ist. Die Augen des Jungen sind aufgerissen, und es ist ein Ausdruck des Grauens in ihnen.
»Nicht töten«, fleht er. »Ich will nicht umgebracht werden! Bitte nicht! Ich wollte doch nur – aaah, was nützt es euch denn, wenn ich tot bin? Ich werde auch keiner Menschenseele verraten, woher ich …« Er bricht mitten im Gewinsel ab, wird schrecklich bleich und verliert die Besinnung.
Dick legt den Kerl ins Gras. Dann steht er auf und, sich an Billy wendend, sagt er leicht erschüttert: »Seh ich denn wirklich so furchtbar aus, dass der Knirps gleich ohnmächtig wird?«
»Nur starke und hartgesottene Menschen können deinen Anblick ertragen«, sagt Jim Chester spöttisch. Er kommt aus dem Busch und bringt zwei Satteltaschen mit, die fast zum Bersten gefüllt sind. »Vielleicht ist das der Grund«, spricht er weiter, kniet mit den Taschen nieder und öffnet sie. »Oha«, sagt er dann überrascht.
»Mann o Mann o Männlein!«, staunt Dick.
Billy Jenkins stößt einen leisen Pfiff aus – und das ist bei ihm ein Zeichen äußerster Überraschung.
»Das scheint ja ’n lieber netter, höllischer Salzknabe zu sein!«, sagt Dick erschlagen.
Billy und Jim sehen sich derweil aufmerksam in die Augen. Dabei erkennen sie, dass jeder dasselbe denkt. Zur Vorsicht bückt sich Billy jedoch und nimmt einige Dollarbündel aus den Satteltaschen. Die Päckchen mit den kleinen Werten lässt er fallen. Nur eines bleibt in seiner Hand zurück. Es sind hundert Hundertdollarnoten.
Der Captain blättert das Bündel durch und liest die Nummern ab. »Stimmt«, sagt er dann hart.
Jim Chester grinst zufrieden.