1,99 €
Jim Chester kommt aus einer der vielen Bergfalten des Blue-Mountains-Valley geritten. Er treibt einen mächtigen Stier und sieben Kühe vor sich her und knallt mit der schweren Bullpeitsche. Der Stier ist böse und trotzig. Es ist ein prächtiges Tier, so prächtig, wie es nur die Stiere der Herz-Ranch sind; denn hier wird eine der besten Rinderrassen von Arizona gezüchtet. Der Stier hatte sich mit den sieben Kühen von der großen Herde entfernt und war durch einige Canyons gezogen; er dachte wohl, dass er nun ein eigenes Volk gründen könnte. Aber da waren die Straymen, Cowboys, die nach verirrten Rindern suchen, und die machen solch eigenwilligen Bestrebungen stolzer Stiere rasch ein Ende.
Jim Chester, der mit seinen Freunden Dick Hanson und Billy Jenkins seinen Urlaub auf der heimatlichen Herz-Ranch verbringt, reitet schon seit einigen Tagen als Strayman durch die Canyons und Nebentäler des großen Blue-Mountains-Valley. Heute hat er den Pascha mit den sieben Kühen gefunden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
RÄTSEL UM JONNY
DIE ABRECHNUNG - Teil 2
Vorschau
Wissenswertes
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Heinrich Berends
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7474-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Liebe Western-Leser, liebe Unger-Freunde!
Das Werk von G.F. Unger, einem der größten und beliebtesten Wildwest-Autoren über die Grenzen Deutschlands hinaus, ist umfangreich. Dazu zählen auch seine Beiträge zu den Serien BILLY JENKINS, TOM PROX, JOHNNY WESTON und PETE in den 50er-Jahren.
Als »sein« Verlag wollen wir Ihnen – zusätzlich zur Sonder-Edition, in der wir Ungers Taschenbücher ungekürzt im Heftformat auflegen –, in einer Classic-Edition jetzt auch diese Romane präsentieren, die neben ihrem nostalgischen Reiz nichts von ihrer Dramatik verloren haben. Wir beginnen mit seinen Billy-Jenkins-Romanen – 71 Hefte und 8 Leihbücher. Die Serie wurde erstmals im Werner-Dietsch-Verlag in den Jahren 1934–1939 veröffentlicht und zwischen 1951 und 1958 vom Uta-Verlag neu aufgelegt und fortgeführt. G.F. Unger stieg bei Band 50, mit dem wir auch die Classic-Edition begonnen haben, in die Serie ein.
Wir wünschen allen Sammlern und Lesern viel Vergnügen und spannende Unterhaltung bei dieser Zeitreise!
Ihre G.F Unger-Redaktion
PS: Einige Bezeichnungen in den Romanen wie »Neger« gelten heutzutage als diskriminierend. Sie waren zur Zeit der Romanhandlung aber gebräuchlich und sollten im historischen Kontext verstanden werden, weshalb sie im Text belassen wurden.
Rätsel um Jonny
Nach Berichten des Westmannes Billy Jenkins
Erzählt von G.F. Unger
Jim Chester kommt aus einer der vielen Bergfalten des Blue-Mountains-Valley geritten. Er treibt einen mächtigen Stier und sieben Kühe vor sich her und knallt mit der schweren Bullpeitsche. Der Stier ist böse und trotzig. Es ist ein prächtiges Tier, so prächtig, wie es nur die Stiere der Herz-Ranch sind; denn hier wird eine der besten Rinderrassen von Arizona gezüchtet. Der Stier hatte sich mit den sieben Kühen von der großen Herde entfernt und war durch einige Canyons gezogen; er dachte wohl, dass er nun ein eigenes Volk gründen könnte. Aber da waren die Straymen, Cowboys, die nach verirrten Rindern suchen, und die machen solch eigenwilligen Bestrebungen stolzer Stiere rasch ein Ende.
Jim Chester, der mit seinen Freunden Dick Hanson und Billy Jenkins seinen Urlaub auf der heimatlichen Herz-Ranch verbringt, reitet schon seit einigen Tagen als Strayman durch die Canyons und Nebentäler des großen Blue-Mountains-Valley. Heute hat er den Pascha mit den sieben Kühen gefunden.
»Hoiho! Du dickschädeliger Witzbold, nun geh schon!«, ruft Jim und knallt mit der Peitsche. »Da hast du eins! Ho, hier gibt es keine Seitensprünge, mein Junge! Lauf und mach keine Dummheiten!«
Der Stier will ausbrechen, doch da klatscht ihm wieder die Peitschenschnur über den Nacken. Dieser Hieb ist selbst für einen Bullen schmerzhaft. Der Pascha brüllt wütend, senkt den Kopf und wirbelt wie eine Katze herum. Es ist erstaunlich, wie flink dieses massige Tier sein kann.
Jims Cowpony macht eine elegante Wendung. Der Stier stößt vorbei, und dann klatschen die Hiebe in schneller Folge.
»Kann’s ja versteh’n, dass du nicht so willst wie ich, aber einer muss immer nachgeben, und das wirst du sein, Bully!«
Der Stier steht sekundenlang mit gesenktem Kopf. Seine blutunterlaufenen Augen wirken starr und furchteinflößend. Speichel tropft aus seinem Maul. Die langen Hörner, die einem Pferd den Bauch aufschlitzen können, sind drohend auf den Reiter gerichtet.
Jim fegt wieder heran und lässt den breiten Lederriemen der Peitsche durch die Luft sausen. Es knallt wie ein Schuss.
Brüllend wendet sich der Stier ab. Er rennt ein Stück, und seine »Damen« folgen muhend. Jim hetzt die Tiere nun schneller. Er will endlich aus den Canyons hinauskommen. Ihm ist es hier zu eng, und sein Pferd hat zu wenig Spielraum, wenn der Bulle wieder angreifen sollte.
Vor ihnen tut sich der Ausgang des Canyons wie ein Riesenmaul auf. Die Sonne steht im Zenit, und ihre Strahlen fallen senkrecht in den Canyon. Noch einmal wendet der Stier. Jim reißt den Colt aus dem Futteral und schießt. Die Kugel pfeift dicht über den massigen Schädel des Bullen hinweg. Wütend brüllt der Stier auf und läuft weiter, von seinen Kühen gefolgt.
»Nun hab ich’s leichter!«, schnauft der Mann.
Der Bulle ist wütend in das weite Tal hineingestürmt, das sich vor dem Canyon ausbreitet. Das Tier ist erregt und wird beim geringsten Anlass toll werden.
Plötzlich passiert es. Ein Kaninchen springt dicht vor dem Bullen aus dem hohen Grase auf und läuft davon. Erschrocken bleibt der Stier stehen, wirbelt plötzlich herum, sieht den verhassten Mann mit der Bullpeitsche und greift an.
Jim steckt die Peitsche weg und löst das Lasso vom Sattelhorn. Er muss den Bullen zu Fall bringen, um dem rasenden Tier zu zeigen, wer hier der Herr und Meister ist.
Jim reitet nicht seinen prächtigen Fuchs, sondern eins der kleinen, flinken und wendigen Cowponys. So schnell der mächtige Stier auch ist – das Pferd ist immer eine Idee schneller. Jim rast nun im Bogen um den Bullen herum, lässt sein Lasso kreisen und will die Schlinge eben sausen lassen, da tritt sein Pony in den Bau eines Präriehundes, stürzt und überschlägt sich. Jim fliegt über den Kopf des Pferdes hinweg ins Gras. Etwas benommen sitzt er da, während die Hörner des Bullen dem Pony den Todesstoß versetzen.
Jim springt auf, greift nach dem Revolver, doch der ist beim Sturz aus dem Futteral gerutscht. Und da greift der Stier auch schon an. Fußgänger sind ihm noch verhasster als Reiter. Der Cowboy muss um sein Leben laufen. Hakenschlagend und keuchend rennt er davon, von dem rasenden Bullen gefolgt.
Plötzlich trommelt Hufschlag heran. Ein fremder Cowboy erscheint auf der Bildfläche und galoppiert auf den fliehenden Jim zu. »Eeeeh! Sitz auf, Kamerad!«
Noch nie ist Jim einer Einladung so schnell gefolgt wie dieser. Er greift nach der rettenden Hand; ein Schwung, und er sitzt hinter dem Fremden auf dem Pferd. Merkwürdigerweise stutzt der Stier vor dem gelben Pferd des Fremden, wendet sich um und trottet zu seinen Kühen hin. Nun geht alles glatt vonstatten. Die beiden Cowboys reiten auf dem Falben hinter den Rindern her und treiben sie quer durch das weite Tal.
»Wir werden nachher einen zusammen trinken, Kamerad!«, sagt Jim.
»Wie wär’s mit ’n paar Fäden Tabak?«
Jim greift in die Brusttasche seines Reithemdes, zieht den Tabaksbeutel hervor und dreht zwei Zigaretten. »Hier!«, sagt er und steckt seinem Retter eine in den Mund. Dann gibt er Feuer.
Der Fremde wendet den Kopf. Er ist noch jung, kaum zweiundzwanzig Jahre alt. »Okay«, sagt er. »Jonny King heiße ich.«
»Ich bin Jim Chester.«
»Von welcher Ranch?«, fragt der Fremde.
»Ho, du bist also fremd in dieser Gegend, was? Sonst wüsstest du, dass ich für die Herz-Ranch reite!«
»Well, ich komme von New Mexico rüber. Habe schon von den Herzass-Boys gehört. Ist hier das Weideland der Herz-Ranch?«
»Sure. Alles, was du ringsum siehst. – Suchst du einen Job, Jonny?«
»Yeah – bin abgebrannt.«
»Hör mal, Jonny! Du siehst aus wie ’n harter Boy, der was vom Rindergeschäft versteht. Weshalb kommst du von New Mexico hierher, und wieso hast du keinen Job? Gute Reiter sind selten und …«
»Mein Rancher hatte ’ne Tochter, und ich bin nur ’n einfacher Reiter.«
»Okay. Und wo ist deine Heimat, Jonny?«
»Nevada … aber bis auf einen Onkel, der in New Mexico eine Ranch hat, habe ich keine Angehörigen mehr.«
»Und warum gehst du nicht zu deinem Onkel?«
»Ich wollte zu ihm, habe ihn auch besucht, aber er meinte, ich sollte mich erst mal in der Welt umseh’n und mir die Hörner abstoßen. Er sagt, ich hätte kein Sitzfleisch.«
»Aha … und hat er recht damit, Jonny?«
Der Cowboy lacht. »Stimmt allerdings. Ich will immer sehen, was hinter dem Horizont ist, und wenn ich dann dort bin, treibt’s mich weiter!«
»Verstehe, aber du bist jetzt in einem Alter, in dem man bald wissen muss, was man will. Well, wenn du willst, kannst du für die Herz-Ranch reiten – bis dich der nächste Horizont lockt.«
»Bin sehr damit einverstanden, Jim!«, sagt der Cowboy lachend.
Drei Stunden später reiten Jim und Jonny in den Hof der Herz-Ranch und gleiten vom Pferd.
Einige Cowboys schlendern herbei. Schweigend mustern sie den Fremden. Einer ruft Jim zu: »Wenn du Dick wärst, so bestünde die Möglichkeit, dass du deinen Gaul aufgefressen hast, aber …«
Auf den Verandastufen hockt ein athletisch gebauter Mann träge in der Abendsonne. Dieser Cowboy hebt jetzt seinen runden Kopf, und seine Stimme grollt im tiefsten Bass: »Vorsichtig, Blinky! Keine Anspielungen, sonst zieh ich dir das Fell über die Ohren!«
In diesem Augenblick tritt der chinesische Koch vor das Küchenhaus und bearbeitet eine Eisenplatte mit kräftigen Hammerschlägen.
Der Athlet mit der Bassstimme erhebt sich mit einer Geschwindigkeit, die man seinem massigen Körper gar nicht zugetraut hätte, und verschwindet im Essraum. Die anderen Cowboys folgen langsamer.
Von der Veranda kommt jetzt ein großer sehniger Mann. Jonny weiß mit einem Mal, dass dies Billy Jenkins ist. Er hat von ihm und den Herzass-Boys schon viel gehört. An den Lagerfeuern der Cowboys erzählt man sich von dem Captain der Special-Police und seinen Ranchboys, die als beste Cowboy-Mannschaft von Arizona gelten. Nun sieht Jonny diesen Mann zum ersten Mal. Lässig und dennoch geschmeidig kommt Billy Jenkins über den Hof. Er macht große Schritte, und seine breiten Schultern wiegen sich im Rhythmus des Schreitens. Das sonnenverbrannte, scharfgeschnittene Wikingergesicht mit der kühnen Adlernase und den blaugrauen Augen zeugt von Energie und Selbstbewusstsein. Dann steht Billy Jenkins vor dem Fremden.
»Das ist Jonny King«, sagt Jim Chester. »Er sucht einen Job, und ich bin sehr dafür, dass er ihn erhält!«
Jonny hält den durchdringenden Blicken des Ranchers stand.
»Okay. Du bist uns willkommen!«, sagt Billy Jenkins und reicht Jonny die Hand zu männlich festem Druck.
Jonny King gehört jetzt zur Herzass-Mannschaft. Stolz trägt er das rote Halstuch mit den eingestickten Herzen. Wie viele Reiter würden es wohl als höchstes Glück betrachten, in der berühmten Mannschaft zu sein! Jonny King hat dieses Glück. Bald kennt er sämtliche Herzass-Boys, und langsam findet er bei ihnen Anerkennung, denn – das muss man Jonny lassen – er ist beste Klasse, und er passt zu dieser Auslese der besten Reiter Arizonas. Jim Chester hatte das sofort erkannt.
Nach zwei Wochen ist Jonny King auch von den zurückhaltendsten Reitern als Kamerad anerkannt. Und er ist stolz auf diese Freundschaft, denn es sind ganz prächtige Kerle. Da ist zunächst Jim Chester, der schwarzhaarige schmale Mann mit dem rassigen Spaniergesicht. Dessen spezieller Freund und Partner ist der Athlet Dick Hanson, der stärkste Mann der Ranch. Ferner ist da der lange Vormann Charly Skinner, der von der Rinderzucht fast so viel versteht wie sein Boss Billy Jenkins. Dann wären noch zu nennen: Phil Morel, genannt »Schwarzer Phil«, der kleine, krummbeinige Shorty, der eierköpfige Little-Egg, die hässlichen, aber diamantharten Brüder Lin und Len, der hübsche, aber listige und spottsüchtige Blinky, der schweißfüßige Ted und die anderen alle.
Jonny ist glücklich. Noch nie ist er mit solch prächtigen Boys über die Weiden geritten.
Nun ist er also schon zwei Wochen auf der Herz-Ranch. Heute hat er einen besonders schönen Tag vor sich – er soll die Post in Bluetown holen. Den kleinen Ort kennt er noch nicht, da er von Osten her ins Tal kam. Erwartungsvoll bricht er am frühen Morgen auf. Gegen Mittag will er in Bluetown sein.
»Grüße das Schulfräulein von uns!«, rufen ihm die anderen noch nach.
»Ich werde sie mir anseh’n«, antwortet Jonny und verschwindet durch das Ranchtor, um sofort auf den Weg nach Bluetown abzubiegen.
Trence Girty, Jack Gallenger und Bruce Band sehen in ihrer netten Cowboy-Kleidung zwar sehr respektabel aus, sind aber keine ehrenwerten Gentlemen. Ihre Colts hängen tief, ihre Gesichter sind ziemlich verschlossen, und die Augen blicken kühl und lauernd. Diese drei Männer bilden ein gefährliches Kleeblatt. Jetzt sitzen sie auf der Veranda von Sammy Woods Lokal »Stiller Frieden« und blicken stumm auf die staubige Straße. Schräg gegenüber lockt die Reklame des Lokals »Good Fellow«. Daneben befindet sich der General-Store, der zugleich auch Postoffice ist.
»Damned! Wir haben die Spur verloren und damit auch zehntausend Dahler1) !«, sagt Trence Girty.
»Der Boy ritt über den Pass und muss noch im Tal sein!«, meint Jack Gallenger. »Vielleicht hat er auf einer Ranch Arbeit bekommen. Wir müssten alle Ranches in diesem Tal abklappern, dann hätten wir ihn bald!«
»Nonsens!«, knurrt Bruce Band, ein bullig wirkender Mann, dessen Gesicht an eine Bulldogge erinnert. »Wenn der Boy für eine Ranch reitet, so wird er eines Tages nach Bluetown kommen, denn das ist hier der Mittelpunkt im Tal. Warum herumreiten, wenn wir auf ihn warten können?«
»Er könnte ebenso gut weitergeritten sein!«, gibt Girty zu bedenken. Sein hageres Raubvogelgesicht bewegt sich kaum, wenn er spricht, und auch die schmalen Lippen öffnen sich nur knapp.