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Phil Morel ist ein hochgewachsener, drahtiger Mann mit schwarzen Haaren und dunklen Augen, die von dicken Brauen überschattet sind. Die Adlernase gibt seinem braungebrannten Gesicht etwas ungemein Kühnes, und in seinem Wesen strahlt dieser Cowboy eine Überlegenheit aus, der sich so leicht niemand entziehen kann. Er kleidet sich mit Vorliebe schwarz und wird deshalb von seinen Kameraden auf der Herz-Ranch auch "Schwarzer Phil" genannt.
Im Augenblick sieht der Cowboy ziemlich mitgenommen aus. Er hat schon einen langen Ritt hinter sich und ist todmüde. Zudem kommt er von einer Hochzeitsfeier - seine Schwester hat geheiratet -, da hat er nicht viel Zeit zum Schlafen gefunden. Das Pferd ist ebenso wie sein Reiter über und über mit Staub bedeckt und hält sich nur noch mühsam auf den Beinen.
Bis zur Herz-Ranch ist es noch ein weiter Weg. Phil hält oben auf der Wasserscheide des Gebirges und blickt in ein kleines Tal hinunter. Grauroter Salbei, Büffelgrasbüschel, grobes Gras und viel Staub. In der Mitte des Tales liegt Stevensville. Die Holzhäuser wirken kümmerlich. Einige Korrals, in denen Viehherden stehen, sind zu sehen.
"Weiter!", krächzt der müde Mann und spuckt den Staub aus der Kehle. Langsam setzt sich sein Pferd in Bewegung...
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G. F. Unger wird zu Recht als der beliebteste und erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor gefeiert und mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Zu seinem umfangreichen Werk zählen auch seine Beiträge zu den Serien BILLY JENKINS, TOM PROX, JOHNNY WESTON und PETE in den 50er-Jahren.
BASTEI präsentiert nun in einer Classic-Edition diese Romane, die neben ihrem nostalgischen Reiz auch nichts von ihrer Dramatik verloren haben. Wir beginnen mit seinen Billy-Jenkins-Romanen, die wir in chronologischer Reihenfolge bringen, mit den originalen, leicht kolorierten Titelbildern von Heinrich Berends.
Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.
Alle vierzehn Tage erscheint eine neue Folge.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 100
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Griff ins Wespennest
DAS RANGER-KLEEBLATT - Teil 5
Vorschau
Wissenswertes
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Heinrich Berends
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7134-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Liebe Western-Leser, liebe Unger-Freunde!
Das Werk von G.F. Unger, einem der größten und beliebtesten Wildwest-Autoren über die Grenzen Deutschlands hinaus, ist umfangreich. Dazu zählen auch seine Beiträge zu den Serien BILLY JENKINS, TOM PROX, JOHNNY WESTON und PETE in den 50er-Jahren.
Als »sein« Verlag wollen wir Ihnen – zusätzlich zur Sonder-Edition, in der wir Ungers Taschenbücher ungekürzt im Heftformat auflegen –, in einer Classic-Edition jetzt auch diese Romane präsentieren, die neben ihrem nostalgischen Reiz nichts von ihrer Dramatik verloren haben. Wir beginnen mit seinen Billy-Jenkins-Romanen – 71 Hefte und 8 Leihbücher. Die Serie wurde erstmals im Werner-Dietsch-Verlag in den Jahren 1934–1939 veröffentlicht und zwischen 1951 und 1958 vom Uta-Verlag neu aufgelegt und fortgeführt. G.F. Unger stieg bei Band 50, mit dem wir auch die Classic-Edition begonnen haben, in die Serie ein.
Wir wünschen allen Sammlern und Lesern viel Vergnügen und spannende Unterhaltung bei dieser Zeitreise!
Ihre G.F Unger-Redaktion
PS: Einige Bezeichnungen in den Romanen wie »Neger« gelten heutzutage als diskriminierend. Sie waren zur Zeit der Romanhandlung aber gebräuchlich und sollten im historischen Kontext verstanden werden, weshalb sie im Text belassen wurden.
Griff ins Wespennest
Nach Berichten des Westmannes Billy Jenkins
Erzählt von G.F. Unger
Phil Morel ist ein hochgewachsener, drahtiger und sehniger Mann mit schwarzen Haaren und dunklen Augen, die von dicken Brauen überschattet sind. Die scharf vorspringende Adlernase gibt seinem braungebrannten Gesicht etwas ungemein Kühnes, und in seinem Wesen strahlt dieser Cowboy eine Überlegenheit aus, der sich so leicht niemand entziehen kann. Er kleidet sich mit Vorliebe schwarz und wird deshalb von seinen Kameraden auf der Herz-Ranch auch »Schwarzer Phil« genannt.
Im Augenblick sieht der Cowboy ziemlich mitgenommen aus. Er hat schon einen langen Ritt hinter sich und ist todmüde. Zudem kommt er von einer Hochzeitsfeier – seine Schwester hat geheiratet –, da hat er nicht viel Zeit zum Schlafen gefunden. Das Pferd, ein Rotscheck, ist ebenso wie sein Reiter über und über mit Staub bedeckt und hält sich nur noch mühsam auf den Beinen.
Bis zur Herz-Ranch ist es noch ein weiter Weg. Phil hält jetzt oben auf der Wasserscheide des Gebirges und blickt in ein kleines Tal hinunter. Grauroter Salbei, Büffelgrasbüschel, grobes Gras und viel Staub. Auf die Landschaft strahlt eine unbarmherzige Sonne. Über den Bergen kreist ein Adler. Von seinem Platz aus kann Phil den Pass erkennen, der durch die Blue-Rockys geht.
In der Mitte des Tales liegt Stevensville. Die Holzhäuser sehen kümmerlich aus. Einige Korrals, in denen Viehherden stehen, sind zu sehen. Ein Fluss zieht sich durch das Tal.
»Weiter!«, krächzt der müde Mann und spuckt den Staub aus der Kehle. Langsam setzt sich der Rotscheck in Bewegung. Jeder Huftritt wirbelt eine Staubwolke auf. Erst weiter unten im Tal wird das Gras frischer und der Staub spärlicher. Dann hält Phil an dem Flusslauf, der sich von Osten nach Westen durch das Tal windet.
Der Fluss ist fast ausgetrocknet – nur in der Mitte fließt noch ein wenig Wasser. Der Reiter steigt ab, denn er will gleich weiter bis Stevensville. Dort will er sich und dem Pferd bis zum anderen Morgen Ruhe gönnen.
Während der Rotscheck säuft, klopft sich Phil den Staub aus den Kleidern. Dann sucht er sich eine geeignete Stelle am Wasser und legt sich auf den Bauch. Er will den köstlichen Trunk möglichst rein genießen und deshalb nicht, wie sonst üblich, den Hut als Trinkgefäß benutzen. Auf die Hände gestützt, beugt er sich auf den Wasserspiegel hinab und schlürft in langen Zügen. Das Wasser ist zwar lau, aber es erfrischt doch.
Plötzlich hört Phil hinter sich eine harte, befehlende Stimme: »Keine Bewegung, Fremder! Ich hab die Hämmer schon unter den Daumen! Wenn ich loslasse, ist’s aus mit dir!«
Phil liegt regungslos und schielt vorsichtig umher. Er kann den Sprecher nicht sehen, da dieser sich genau hinter seinem Rücken befindet. Leichte Schritte knirschen im Sand, dann fühlt der Überrumpelte, wie ihm jemand von hinten die Revolver aus den Futteralen zieht.
»Kannst dich jetzt umdreh’n!«, sagte die Stimme. »Aber nicht aufsteh’n!«
Phil wälzt sich herum. Fünf Meter von ihm entfernt steht ein Mann, bei dessen Anblick Phil die Augen erstaunt aufreißt. Der Kerl trägt einen schwarzen Sombrero, ein schwarzes Reithemd und schwarze Hosen, genau wie Phil. Auch sein Reittuch ist rot. Am verblüffendsten aber wirkt auf Phil das Gesicht des Mannes. Die Ähnlichkeit ist frappant. Das könnte gut und gern ein Bruder von ihm sein.
»Was willst du von mir, he?«, fragt Phil.
»Nicht viel, nur dein Pferd!«
Der Doppelgänger steckt seine Revolver in die Futterale zurück. Da er gut fünf Meter von Phil entfernt steht, kann er das ruhig tun. Bevor der Mann am Boden aufgesprungen wäre, hätte der andere schon die Waffen herausgerissen und geschossen.
Schweigend mustern sich die beiden Männer. Phil hat sich gefasst. Er verzieht keine Miene, als der Fremde jetzt die erbeuteten Waffen entlädt und sie ihm dann wieder vor die Füße wirft. »Jetzt gib mir dein Geld!« Der Fremde fordert es mit scharfer Stimme und legt dabei seine Hände auf die Revolverkolben.
Phil Morel überlegt einige Sekunden, dann zieht er seine Geldtasche heraus und wirft sie dem Fremden vor die Füße.
»Well«, knurrt der Doppelgänger. »Ist zwar ’ne Gemeinheit von mir, doch meine Haut ist mir näher als dein Hemd. Du hättest nicht vor fünf Tagen durch Stevensville kommen sollen. Ich habe dich geseh’n.«
»Hast du mir hier aufgelauert? Woher wusstest du, dass ich den Weg zurückkommen würde?«, fragt Phil. Ihm ist die ganze Sache jetzt klar. Als er vor fünf Tagen auf dem Weg zur Ranch seines Schwagers war, hatte er hinter Stevensville ein sonderbares Erlebnis. Fünf Cowboys versuchten, ihn festzunehmen. Sie behaupteten, er sei Black Carter, der Bandit.
Nur schwer konnte Phil die Männer davon überzeugen, dass er nicht der Gesuchte sei. Den Ausschlag gab das Pferd, denn einer der Cowboys sagte, dass Black Carter einen Rappen reite. Da ließ man ihn ziehen. Phil hatte den Zwischenfall völlig vergessen – die Eindrücke auf der Hochzeit waren stärker gewesen, zumal Phil auf der Ranch seiner Schwester eine kleine Liebelei begonnen hatte.
»Purer Zufall sozusagen!«, lacht der Bandit. »Dein Pech und mein Glück!«
»Du bist Black Carter!«, sagt Phil. »Ich warne dich! Ich soll jetzt an deiner Stelle gejagt werden, und dass dies eine Schuftigkeit von dir ist, weißt du genau. Aber du wirst dir die Finger verbrennen, Mann! Du tust einen Griff ins Wespennest!«
»Lass das meine Sorge sein!«, lacht der Bandit. »Geh jetzt durch den Fluss und klettere drüben die Böschung rauf! Hinter dem Gebüsch dort drüben findest du meinen Gaul! Kannst ihn reiten, haha … wenn du Lust dazu hast.« Er reißt blitzschnell einen Revolver heraus und richtet die Mündung auf Phil. »Los! Hau ab, sonst …«
Der Überrumpelte richtet sich auf und kommt dem Befehl nach, denn es bleibt ihm nichts weiter übrig. Als er sich auf der anderen Seite des Uferrandes umwendet, sieht er, dass der Bandit lauschend neben dem Rotscheck steht.
Phil hört es jetzt auch: Aus der Richtung von Stevensville trommeln Hufschläge heran. Phil begreift sofort. Diese ganze Geschichte kann kein Zufall sein. Man muss ihn, seit er durch Stevensville kam, überwacht haben. Wahrscheinlich ist ihm jemand bis zur Ranch seiner Schwester gefolgt. Das ist eine vorbereitete Falle. Hier hat man ihm aufgelauert. Jemand hat nach Stevensville Signale gegeben, dass der Fuchs prompt in die Falle gegangen ist.
Der Bandit grinst und schwingt sich auf den Rotscheck. Leider ist der Bronco erst kürzlich eingebrochen worden, sodass ihm Phil noch nicht alle Dressurkünste beibringen konnte. Zwar bockt das Tier, als es der Fremde besteigt, aber der Bandit ist ein guter Reiter und hat das Tier bald in seiner Gewalt. Schon lenkt er den Rotscheck durch die Uferbüsche und verschwindet.
Phil springt erst einmal zurück und holt seine Revolver. Er füllt die Trommeln rasch aus seinem Patronengürtel auf.
Die Hufschläge einer Reitergruppe sind schon ziemlich nahe. Jetzt ruft jemand mit lauter Stimme: »Ausschwärmen! Irgendwo in diesen Büschen muss er stecken!«
»Pest!«, murmelt Phil und sucht erst einmal nach dem Pferd des Banditen. Er findet es in einem Gebüsch und schwingt sich in den Sattel. Es ist ein erstklassiger Rappwallach. Phil lenkt ihn in das Flussbett und will ihn nun antreiben, um den Spuren des Banditen zu folgen. Da merkt er plötzlich, dass der Rappe hinkt. Phil hält es zunächst für einen Trick, der dem Tier beigebracht wurde, aber bald ist ihm klar, dass mit dem rechten Hinterhuf etwas nicht stimmt.
Phil flucht nun nicht mehr. Mit hartem Gesichtsausdruck blickt er nach den Uferbüschen, schwingt sich aus dem Sattel und untersucht den lahmen Huf. Im Strahl hat sich ein Stein festgeklemmt. Ein Zufall? Phil glaubt nicht mehr daran. Der Stein ist künstlich in den Strahl eingeführt worden.
»Lang zum Himmel!«, ertönt da eine befehlende Stimme.
Phil Morel kann sehr schnell und mit unwahrscheinlicher Treffsicherheit schießen – er tut es aber nicht, da er hofft, den Reitern der Posse alles erklären zu können.
Wenig später ist Phil von einer Reitergruppe umringt. Es sind Cowboys. Ihre Gesichter haben einen grimmigen Ausdruck, aber Phil erkennt doch, dass es ehrliche Burschen sind. Er ist froh darüber, dass er nicht zu den Waffen gegriffen hat.
Zwischen den Cowboys taucht jetzt ein Reiter auf, dessen Gesicht Phil aufs höchste missfällt. Die lange spitze Nase und das fliehende Kinn geben dem Gesicht etwas Tierhaftes. Die listigen dunklen Augen erhöhen diesen Eindruck noch. Der Mann erinnert Phil an einen Fuchs oder Wolf. Zu Phils Überraschung trägt er den Sheriffstern an der Lederweste.
»Da ist Black Carter!«, sagt einer der Cowboys. »Ich habe ihn zuerst geseh’n und gemeldet. Kriege ich die ausgesetzte Belohnung?«
»Du kriegst sie, denn es ist Black Carter!«, erwidert der Sheriff.
Phil Morel blickt den Mann mit dem Sheriffstern scharf an und sagt: »Ich bin nicht Black Carter! Ich bin Cowboy auf der Herz-Ranch. Sie können den Rancher oder meine Kameraden jederzeit als Zeugen laden, Sheriff! Mein Name ist Phil Morel!«
Der Sheriff lacht: »Was sagt ihr zu diesem frechen Hund, Jungs? Der hat aber Nerven! Aber das wird ihm nichts mehr nützen! Los, bindet ihn! Durchsucht ihn und die Satteltaschen!«
Die Cowboys schwingen sich aus den Sätteln. Phil wird gefesselt und durchsucht. Auch der Rappe und die Satteltaschen werden einer gründlichen Durchsuchung unterzogen.
»Das Tier hat ’nen lahmen Huf!«, meldet einer. »Stein im Strahl.«
»Das sagte George schon, dass der Gaul lahmt«, erwidert der Sheriff. »George hat scharfe Augen. Er merkte es gleich, dass der Bandit nicht mehr weit kommen konnte.« Er wendet sich an Phil: »War verdammtes Pech, was, Carter?«
»Das ist nicht mein Pferd«, gibt Phil zurück. »Ich ritt einen Rotscheck. Carter überfiel mich hier, als ich auf dem Bauch lag und Wasser trank. Jetzt ist er auf meinem Pferd auf und davon.«
»Nicht schlecht ausgedacht!«, lacht der Sheriff und wendet sich an zwei Cowboys: »Was ist in den Taschen?«
»Ein kleiner Beutel mit Goldstaub war in der einen Satteltasche.« Ein Cowboy reicht dem Sheriff den Beutel.
»Sonst nichts? Nun, elf solcher Beutel wurden vor drei Tagen dem Goldsucher Tim Gladis geraubt, nachdem man ihn zum Krüppel geschossen hatte. Du bist überführt, Black Carter!«
Drei Stunden später sitzt Phil Morel in einer festen Zelle des kleinen Gefängnisses von Stevensville.
Das Gefängnis hat nur zwei Zellen. In der zweiten sitzt ein Tramp, den der Sheriff wegen irgendeiner Kleinigkeit eingesperrt hat. Phil unterhält sich in der Nacht mit dem Tramp und erfährt, dass der Mann am nächsten Morgen freigelassen werden soll.
»Willst du dir hundert Dollar verdienen?«, fragt Phil. »Es ist ’ne sichere, einwandfreie Sache! Du musst nur zwei Tage reiten. Vielleicht schaffst du’s auch in anderthalb Tagen, wenn du scharf vorlegst! Kannst du reiten?«
»Das ja, aber ich hab keinen Klepper, Mann!«, erwidert der Tramp. »Oder hast du Geld bei dir, he?«
»Leider nicht«, brummt Phil. »Kennst du die Herz-Ranch im Blue-Mountain-Valley?«