G. F. Unger Western-Bestseller 2351 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2351 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

In Prairie City gerät Kirby Slaterlee zwischen zwei mörderische Fronten, denn für seinen Sohn Jesse kauft er sich in ein Spiel ein, das er kaum gewinnen kann ...

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Seitenzahl: 156

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Inhalt

Cover

Impressum

Prairie City

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6250-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Prairie City

Im letzten Schein der Abendsonne betrachtet Kirby Satterlee seine jämmerliche Herde, die sich um die schlammige Wasserstelle sammelt. Und wieder einmal denkt er bitter: »Dies ist also alles, was mir nach all den Jahren blieb – siebenundfünfzig Rinder!« Er wirft einen Blick zum Camp hinüber. Dort hat Jesse das Feuer in Gang gebracht und den Wasserkessel über die Flammen gehängt. Für einen Jungen von zwölf Jahren ist er sehr geschickt und zuverlässig.

Kirby Satterlee korrigiert sich in Gedanken. Er findet plötzlich, dass ihm eine ganze Menge blieb, nämlich Jesse. Er hat einen Sohn, der in wenigen Jahren erwachsen sein wird. Und in einigen Jahren werden sich auch die siebenundfünfzig Rinder tüchtig vermehrt haben. Er muss nur eine gute Weide für sie finden, wo sie sich von dem langen Treiben erholen können. Die Herde besteht fast nur aus tragenden Kühen. Sie wird sich also bald verdoppeln.

Kirby Satterlee lächelt plötzlich ernst. So schlimm ist es gar nicht, denkt er. Ich habe immer noch Jesse, und ich habe siebenundfünfzig Rinder. Ich bin noch keine fünfunddreißig Jahre alt und kann noch einmal von vorn beginnen – nun gut!

Er blickt noch einmal über die kleine Herde. Die Tiere saufen noch. Sie haben während der letzten Tage zu viel gedurstet und sind sehr erschöpft. Sie werden hier am Wasser und auf dem besonders saftigen Gras der Senke bleiben. Und weil das so ist, wird auch Kirby Satterlee einige Stunden ruhen und schlafen können.

Das schon tagelang andauernde Ein-Mann-Treiben hat an seinen Kräften gezehrt. Und manchmal ist er im Sattel eingeschlafen. Jesse war ihm zwar eine große Hilfe, doch der Junge hatte genügend mit den sechs Pferden und den beiden Packpferden zu tun. Er leistete eine Arbeit, die man einem etwa sechzehnjährigen Jungcowboy überträgt. Und er ist doch vor fünf Tagen erst zwölf Jahre alt geworden.

Kirby Satterlee reitet zum Camp hinüber. Er nickt Jesse zu, gleitet zu Boden und nimmt dem Tier den Sattel ab. Er holt sich eines der frischeren Pferde aus dem Seilcorral und legt ihm den Sattel auf. Er bindet es an einer langen Leine an einen Baum an und hat somit Vorsorge getroffen, dass er binnen weniger Sekunden zur Herde reiten kann.

Nun tritt er ans Feuer und hockt sich auf die Fersen nieder, wie es Cowboyart ist.

Es ist inzwischen dunkel geworden. Die Sonne versank glühend im Westen, und auch die feurige Lohe am Himmel wurde dunkel und von den eilenden Schatten der Nacht bedeckt.

Die beiden Satterlees hocken am Feuer und bereiten ihr Abendbrot. Sie sind sich so ähnlich, wie sich Vater und Sohn nur sein können.

Sie haben das gleiche Haar. Es ist gelbblond wie reifer Weizen. Und sie haben beide graue, weit auseinanderstehende Augen, die selbst bei Jesse schon ruhig und abwägend blicken.

Kirby Satterlee ist ein großer Mann, sehr hager und sehnig. In den Hüften ist er schlank, aber seine Schultern sind breit. Ja, er ist ein typischer Cowboy, einer von der langen, lässig wirkenden und so ruhig erscheinenden Sorte aus Texas, die äußerlich kühl und innerlich heiß und hitzig sein kann.

Und er trägt einen alten Revolver tief an der Hüfte, eine offensichtlich gut gepflegte Waffe mit einem dunklen Holzkolben und in einem steifen und glatten Holster. Solch ein steifes Holster braucht man nicht an den Oberschenkel zu binden.

Dieser alte Revolver wirkt an Kirby Satterlees Seite so selbstverständlich, so zu ihm gehörend wie ein Arm.

Es ist der 12. Mai 1873 irgendwo in Nebraska, nördlich der Union Pacific, weit, weit nördlich, schon fast auf der Laramie-Prärie.

Kirby und Jesse Satterlee essen schweigend, und manchmal blicken sie sich an. Sie wirken trotz ihres Altersunterschieds und obwohl sie ein Mann und ein Junge sind, wie Partner und Sattelgefährten.

Als Jesse dann das Geschirr wäscht und Kirby eine Pfeife raucht, fragt der Junge: »Sind wir noch in Nebraska? Oder ist das hier schon Wyoming oder South Dakota?«

»Ich glaube, es ist noch Nebraska«, brummt Kirby. »Wir wenden uns morgen nach Westen. Dort muss es eine kleine Stadt geben, Prairie City heißt sie. Wir werden uns eine Weide für unsere Rinder suchen und …«

Er bricht ab. Denn er wird sich bewusst, dass es ihm unmöglich ist, irgendwelche Pläne zu machen. Er weiß nur, dass er für seine Rinder einen Weideplatz und für sich selbst eine Arbeit finden muss. Er braucht Bargeld. Ohne Geld kann man nicht leben. Man kann nicht warten, bis sich die kleine Herde vermehrt hat. Bis er Rinder verkaufen kann, werden drei oder vier Jahre vergehen.

Kirby weiß noch nicht, wie er das alles schaffen soll. Aber irgendwie muss es gehen. Es wäre auch gut, wenn Jesse noch mindestens ein Jahr zur Schule gehen könnte. Gewiss, er kann lesen, schreiben und alles, was ein intelligenter Junge innerhalb von vier Jahren auf einigen sehr verschiedenen Schulen lernen kann.

Doch es ist nicht allzu viel. Ja, es wäre gut, wenn er noch zur Schule gehen könnte.

Und vielleicht gibt es das alles in Prairie City für die Satterlees und ihre kleine Herde.

»Ich werde bis nach Mitternacht schlafen, Jesse«, sagt Kirby müde. Er nimmt sich eine Decke, geht damit unter einen Baum und rollt sich ein. Er hat das Gewehr neben sich liegen. Es ist ein gutes Winchestergewehr.

Er schläft sofort ein.

Jesse blickt einige Minuten lang zu ihm hinüber. Er weiß, dass sein Vater während der letzten vier oder fünf Tage keine sechs Stunden Schlaf bekam. Sie mussten die Herde über eine lange Durststrecke treiben, und die Rinder wollten des Nachts immer wieder in die alte Richtung zurück. Sie durften die Herde keine Minute unbewacht lassen.

Und so bekam Kirby keinen Schlaf.

Wenn ich doch größer wäre, denkt der Junge. Wenn ich ihm doch besser helfen könnte.

Er lauscht auf die Herde. Sie ist nun etwas unruhig. In der Ferne heulte mehrmals ein Büffelwolf, um sein Rudel zu versammeln.

Der Junge geht zu seinem Sattelpferd und sitzt auf. Er hat ebenfalls eines von diesen kurzen Winchester-Gewehren im Sattelschuh. Er reitet einen Kreis um die an der Wasserstelle lagernde Herde.

Zwei Stunden nach Mitternacht weckt er dann seinen Vater. Kirby fährt auf und wirft einen Blick nach den Sternen.

»Partner«, sagt er grollend, »du hast mich mindestens eine Stunde zu lange schlafen lassen. Ich werde dich nie auf Herdenwache schicken dürfen, wenn ich mich nicht darauf verlassen kann, dass du mich richtig weckst.«

»Ich hatte es vergessen«, grinst Jesse. Er liegt eine Minute später in seinen Decken und schnarcht.

Und nun reitet Kirby seine Kreise.

Nach einiger Zeit hört er den Hufschlag von Reitern. Da dies die einzige Wasserstelle weit und breit ist und man sicherlich auch das Feuer unter den Bäumen weit genug erblicken kann, ist wohl anzunehmen, dass die Reiter hier anhalten werden.

Denn dies ist eine fremde Weide. Man kann hier nie wissen, was auf einen zukommt. Und dies dort in der Nacht scheint eine starke und sehr schnell reitende Mannschaft zu sein.

Kirby bleibt mit seinem Pferd draußen in der Nacht. Er hält sich sogar etwas in der Senke der Wasserstelle, sodass sich seine Silhouette nicht gegen den Sternenhimmel abhebt. Etwas geduckt und vorgeneigt verharrt er lauschend. Er hat auch die Winchester aus dem Sattelschuh genommen und quer über den Schenkeln liegen.

Die Reiter kommen schnell näher. Ihr Hufschlag schwillt an. Sie galoppieren. Und wenig später ist auch ihre dunkle Traube, die sie bilden, unter den Sternen zu erkennen.

Sie kommen genau auf die Wasserstelle und das Feuer zu.

Und sie sind dann plötzlich da, zügeln ihre Pferde und halten jäh. Die Tiere stampfen, schnauben.

Dann ist es still.

Der Junge ist aufgewacht. Er hat sich erhoben, ist bis zu dem Baum zurückgewichen, an den sein Pferd angebunden ist. Er steht dicht neben dem kleinen Cowpony und könnte schnell das Gewehr aus dem Sattelschuh greifen.

»He, was ist das hier?«, fragt eine lässige Stimme. Es ist die Stimme eines Mannes, der ein Boss ist, dessen Autorität so ohne jeden Zweifel ist, dass er es sich leisten kann, lässig und sanft zu sprechen.

Kirby reitet nun langsam aus der Senke.

»Mein Name ist Satterlee, Kirby Satterlee«, sagt er. »Ich bin mit meinem Sohn und einigen Rindern unterwegs. Wir rasten hier und treiben morgen weiter. Wer sind Sie, Mister?«

Der Mann mit der lässigen Sprechart lacht leise.

»Shorty, sieh mal nach«, sagt er.

Einer der Reiter treibt sein Tier hinunter zur Wasserstelle und reitet dort zwischen den ruhenden Rindern herum. Einige Male zündet er sogar ein Zündholz an.

Dann kommt er wieder herauf und meldet: »Es sind jämmerliche Rinder, die schon viele Tage oder Wochen getrieben wurden. Sie alle tragen ein Flying S als Brand.«

Der Sprecher verstummt trocken. Und der Mann, dem er seine Feststellungen meldete, denkt zwei Sekunden nach.

Dann sagt er, und nun klingt seine Stimme trotz aller Lässigkeit unmissverständlich hart und grob: »Ich bin Noel Wellsberry. Sie sind hier auf meiner Weide und an meiner Wasserstelle. Warum sind Sie mit solch einer jämmerlichen Herde unterwegs?«

»Ich suche Arbeit«, erwidert Kirby und reitet dann näher heran. Er kann einen großen und schwergewichtigen Mann erkennen, der auf einem starken Pferd sitzt.

Hinter diesem beachtenswerten Mann halten acht Cowboys.

»Ich suche Arbeit auf einer Ranch, die es zulässt, dass meine Rinder auf ihrem Gebiet weiden dürfen – für etwa ein Jahr. Und ich möchte meinen Jungen zur Schule schicken können. Das ist alles, Mister Wellsberry. Ich habe mal eine kleine Ranch gehabt, und ich möchte eines Tages wieder eine haben.«

Einige der Reiter schnaufen und lachen auf eine Art, wie es Burschen tun, die sich über einen Mitmenschen lustig machen.

Noel Wellsberry denkt eine volle Minute nach.

Er entschließt sich nun und sagt: »Treiben Sie Ihre Rinder sofort weiter, Satterlee! Ich will Sie hier nicht haben. Sechs Meilen weiter ist ein Creek – dort im Westen. Bringen Sie Ihre Rinder auf die andere Seite! Vorwärts!«

»Erlauben Sie mir, bis Tagesanbruch zu warten«, sagt Kirby sanft.

»Nein!« Die bis jetzt so lässige Stimme klirrt, und sie ist nun drohend und wütend. Noel Wellsberry ist gewiss ein Mann, der schnell in Zorn gerät. »Es gibt genug Sattelstrolche und Nachtfalken in diesem Land. Ich dulde sie nicht auf meiner Weide! Brechen Sie das Camp ab und treiben Sie weiter. Oder ich mache Ihnen Beine!«

Kirby atmet langsam aus, als er dies hört. Er ist mit seinem Sohn schon lange genug unterwegs. Er geriet da und dort auf das Gebiet eines Großen und musste verschwinden.

Und auch jetzt ist es wieder so.

Kirby Satterlee spürt den heißen Wunsch in sich, dichter an diesen unduldsamen Mann heranzureiten und ihn aus dem Sattel zu schlagen. Doch gleich danach sieht er auch schon ein, dass dies dumm wäre. Es würde ihm nicht helfen. Er ist ein Mann, der jedem Streit aus dem Weg gehen sollte. Er hat einen Sohn von zwölf Jahren. Aber auch wenn er nicht für einen Knaben sorgen müsste, wäre es unklug, hier auf dieser fremden Weide Streit zu suchen.

Er wendet sich im Sattel zur Seite und ruft zu Jesse hinüber: »Wir brechen das Camp ab, Jesse!«

Dann sitzt er ab, um dem Jungen zu helfen. Denn Jesse bekommt noch nicht die beiden schweren Packsättel auf die Packtiere.

Inzwischen hat Noel Wellsberry nachgedacht und ist zu einer weiteren Entscheidung gekommen. Er wendet sich nach seinen Reitern um und sagt knapp: »Luke! Kalispel! Ihr treibt diese mageren Flying-S-Rinder schon mal weiter, bis die beiden Tramps ihr Camp abgebrochen und euch eingeholt haben. Ihr bleibt bei ihnen und sorgt dafür, dass die Herde möglichst schnell auf die andere Seite des Creeks kommt.«

Nach diesen Worten reitet er weiter.

Das Rudel folgt ihm. Sie reiten nach Nordwesten, wo die Stadt Prairie City liegen soll.

Zwei Reiter bleiben zurück. Einer von ihnen sagt kühl: »Da seid ihr aber noch glimpflich davongekommen. Nun gut, wir bringen jetzt eure gehörnten Karnickel in Bewegung!«

Kirby Satterlee erwidert nichts. Er ist schweigend damit beschäftigt, die Packsättel aufzulegen und dann die Dinge aufzupacken, die ihre einzige Habe sind. Jesse arbeitet schnell und geschickt. Der Junge sagt nichts, er spricht überhaupt kein Wort.

Aber Kirby weiß, dass Jesse am liebsten weinen möchte und dass er immerzu hart schlucken muss, um die Bitterkeit hinunterzuwürgen.

Denn es ist beschämend für einen Jungen, für den der Vater ein großer und tüchtiger Mann ist, mit ansehen zu müssen, wie dieser Vater zurechtgestutzt wird, wie er kneifen, wie er sich herumstoßen lassen muss.

Sie holen dann die Herde ein, die von den beiden Cowboys rau getrieben wird.

Jesse treibt die Pferde ihrer kleinen Remuda und die beiden Packtiere. Kirby gesellt sich zu den Treibern und hilft. Sie kommen gut vorwärts, denn die Rast bei der Wasserstelle hat den Rindern etwas Kraft gegeben.

Im Osten zieht der neue Tag herauf. Nebel steigen überall, und es wird ein feuchtkalter Morgen. Bald geht die Sonne auf und vertreibt strahlend die Nebel, macht alle Dinge freundlich hell und leuchtend in ihren Farben.

Doch dann dreht der Wind. Von Westen her kommen Regenwolken. Und der Tag, der so strahlend und sonnenhell begann, wandelt sich und wird dunkel und unfreundlich, kalt und hässlich.

Die mageren Rinder wollen nicht mehr weiter. Doch sie werden nun noch rücksichtsloser und rauer angetrieben. Irgendwann am späten Nachmittag sind dann die sechs Meilen geschafft. Der Creek taucht auf – ein dünnes Rinnsal.

Sie treiben die Rinder hinüber auf die andere Seite.

Die beiden Cowboys halten an.

»Das wär’s wohl«, sagt der eine sanft.

Kirby betrachtet sie noch einmal. Und er blickt auch auf die Brandzeichen ihrer Pferde.

Sie tragen den Horseshoe-Brand, und demnach besitzt ihr Boss Noel Wellsberry die »Hufeisen-Ranch« oder Horseshoe Ranch.

Kirby und Jesse treiben die Rinder in eine kleine Mulde dicht beim Creek und errichten wieder ihr Camp. Es ist sicher, dass sie den Rindern nun zwei Tage Ruhe gönnen müssen, um sie wieder zu stärken.

Ihr Mittagessen ist karg, denn ihre Vorräte sind fast aufgebraucht. Kirby überlegt schon die ganze Zeit, ob er Jesse in die Stadt schicken soll. Doch besser ist, wenn er selbst in die Stadt reitet. Dann kann er gleich nach Arbeitsmöglichkeiten Ausschau halten, und er kann sicherlich auch alles Wissenswerte über dieses Land, über die Menschen hier und über verschiedene Möglichkeiten erfahren. Denn sie müssen nun endlich einen festen Platz finden. Kirby muss Geld verdienen können.

Er nickt Jesse zu. »Ich reite in die Stadt, Jesse. Ich will mich umsehen und umhören. Die Herde wird gewiss in der Senke bleiben und dir keine Schwierigkeiten machen. Wenn jemand kommt, so bleib immer ruhig und höflich. Sag den Ankommenden, dass dein Vater in die Stadt geritten ist und bald zurückkommen wird!«

»Du kannst dich auf mich verlassen, Vater«, sagt Jesse ernst.

»Das weiß ich«, lächelt Kirby. »Eines Tages, wenn wir einmal eine große Ranch haben, Jesse, dann wirst du der Vormann und zugleich mein Partner sein. Ja, ich kann mich auf dich verlassen. Und ich bin sicher, wir werden es schaffen. Das schwöre ich dir. Darauf gebe ich dir mein Wort.«

Der Junge schluckt und nickt.

»Das weiß ich, Vater«, sagt er.

Und dann sieht er zu, wie der Vater zur Stadt reitet.

☆☆☆

Zur Stadt ist es nicht sehr weit. Kirby folgt dem Lauf des Creeks nach Nordwesten. Einige Male erblickt er in der Ferne grasende Rinder.

Einmal sieht er auch Rinder drunten am Creek. Er reitet nun näher heran und betrachtet das Brandzeichen der Tiere.

Es ist nicht der Horseshoe-Brand. Nein!

Dieses Brandzeichen ist anders.

Kirby Satterlee erschrickt sehr, als er dieses Brandzeichen erblickt. Denn es ist ein S, und es ist kein stehendes S, nein es liegt genau auf der Nase wie sein »Flying S«.

Es ist fast genau das gleiche Brandzeichen.

Und nun wird ihm heiß. Er nimmt den Hut ab und wischt sich mit dem Unterarm über die Stirn.

Er begreift, dass er mit seiner kleinen Herde auf eine Weide gekommen ist, die mit Tieren besetzt ist, deren Brandzeichen das gleiche ist wie sein eigener Brand.

Er begreift, dass Noel Wellsberry sich mit ihm einen bösen Spaß erlaubt hat, der vielleicht gar kein böser Spaß, sondern eine Gemeinheit ist.

Er begreift auch sofort, dass, wenn der Rancher auf dieser Weide hier genauso unduldsam und hart wie Noel Wellsberry ist, er hier eine Menge Kummer bekommen wird.

Und nachdem er diese drei Dinge begriffen hat, will er umkehren. Er will zurück zu Jesse und seiner Herde.

Doch dann reitet er weiter. Er sagt sich, dass man keine Suppe so heiß isst und dass es unter vernünftigen Menschen doch immer gegenseitiges Verständnis geben wird und er ja in der Lage ist, alle Dinge vernünftig erklären zu können.

Ja, er reitet weiter und gelangt zwischen zwei flachen Hügeln hindurch an den Rand einer weiteren Senke.

Er sieht nun die Stadt vor sich liegen.

Es ist eine kleine Stadt, eine typische Rinderstadt mit einigen Holzhäusern, Scheunen, Ställen und sonstigen Neubauten. Die Poststraße von Osten her führt in die Stadt hinein und nach Westen zu wieder hinaus.

Das ist Prairie City.

Kirby Satterlee reitet weiter, und er hat es nun sehr eilig, in die Stadt zu kommen.

Für einen Mann wie Kirby Satterlee ist es das Richtige, in den Saloon einer solchen Stadt zu gehen. Denn hier erfährt man stets schnell als Fremder alle Dinge über Land und Leute, die man ganz allgemein wissen möchte.

Als Kirby vor dem Saloon aus dem Sattel rutscht, hört er das Bimmeln einer Schulglocke.

Kirby ist zufrieden, dass es hier eine Schule gibt.

Nun betritt er den Saloon, und er ist überrascht, denn dieser Saloon ist viel besser ausgestattet als Saloons in vergleichbaren Städten.

Hier hat jemand Geld investiert. Es gibt eine lange und prächtige Bar mit Messinggeländern für Arme und Füße, mit blinkenden Spucknäpfen, einigen großen Spiegeln, Ölbildern und roten Samtportieren vor den Durchgängen zu Nebenräumen. Es gibt ein oberes Stockwerk und eine Galerie mit einigen Logen, eine kleine Bühne, ein Podium für eine Kapelle und ein Klavier.

Für solch eine kleine Stadt ist dies ein prächtiger Saloon.

Jetzt um die Mittagszeit ist es ziemlich still. Zwei Männer sitzen in einer Ecke und lesen in alten Zeitungen. Ein Billardspieler übt irgendwelche Kunststücke. Und an der Bar würfelt ein Mann mit einem Barkeeper.

Als Kirby Satterlee eintritt, blicken ihn alle aufmerksam an.

Kirby tritt an das Ende des Schanktisches und sieht sich um, als der Barmann langsam zu ihm kommt. Er legt einen Dollar auf den Schanktisch und sagt sanft: »Schenken Sie für uns beide ein, Freund. Ich bin fremd hier und möchte etwas mehr über diese Stadt und dieses Land wissen.«

Der Barmann betrachtet ihn ernst.