G. F. Unger Western-Bestseller 2352 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2352 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Vormann Amos Ross weiß, dass er die Shamrock Ranch nur halten kann, wenn er die Rustler ohne Gnade bekämpft. Doch kann er all das Blutvergießen und Töten auf sein Gewissen nehmen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 150

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Shamrock

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6251-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Shamrock

Als sie nach Beartown kommen, erblicken sie etwa fünfzig Menschen. Sie hätten nicht gedacht, dass sie in diesem Land eine solche Menge auf einmal sehen könnten. Die Menschen bestaunen einen feuerroten Hengst.

Gus Pearchmeal und Jim Doolin, die langsam heranreiten, begreifen schnell, warum die Leute hier versammelt sind. Ein massiger, stiernackiger, braunhaariger und rotgesichtiger Mann, der einen Zigarrenstummel im Mundwinkel hat und dessen gelbe Augen merkwürdig stumpf wirken, sagt noch einmal laut: »Also, Leute, wir sind nur auf der Durchreise, doch wir nehmen jedes Geschäft mit – auch das kleinste. Wir halten jede Wette, dass niemand unseren Hengst Red King auf einer Distanz zwischen einer Meile und zwanzig Meilen schlagen kann. Wer wagt es? Wer hat ein Pferd, das er gegen Red King laufen lassen will? Wir halten jede Wette ab hundert Dollar!«

Der bullige Mann blickt auf die beiden hinzugekommenen Reiter. »Nun, Jungs, ihr seht wie echte Cowboys aus. Und eure Pferde sind gewiss nicht schlecht. Wollt ihr es riskieren? Wir könnten uns sogar über eine gewisse Vorgabe einig werden, damit die Chancen ausgeglichener sind. Wie ist es?«

Gus Pearchmeal und Jim Doolin sehen sich an. Dann leckt sich Pearchmeal über die Lippen und betrachtet den Hengst. »Wir hätten hundert Dollar«, sagt er. »Aber wie groß wäre die Vorgabe für meinen Schecken, wenn es über zehn Meilen ginge?«

Der bullige Mann geht langsam um Gus Pearchmeals Schecken herum. Er sieht ein struppiges, doch bestimmt außergewöhnlich zähes und katzenhaft geschmeidiges Tier. Es zeigt ihm das Weiße seiner Augen und bleckt die Zähne, als wüsste es genau, dass es kritisch abgeschätzt wird.

»Eine Viertelmeile«, sagt er schließlich.

Gus Pearchmeal blickt wieder zu dem roten Hengst hinüber.

Die Leute halten ihre Blicke auf ihn gerichtet und warten auf seine Entscheidung. Sie sehen einen rothaarigen, sommersprossigen, ziemlich kleinen Burschen, der gewiss nicht mehr als hundertvierzig Pfund wiegt. Selbst im Sattel wirkt er krummbeinig.

Aber er ist bestimmt so zäh wie ein Wildkater und so hart wie ein Kiesel aus dem Bear Creek, der dieser Siedlung hier den Namen gab.

Gus Pearchmeal blickt auf seinen Freund und Partner Jim Doolin.

Jim ist nicht weniger massig als der Besitzer des roten Hengstes. Er reitet einen mächtigen Wallach.

Jim versteht Gus Pearchmeals Blick als stumme Frage. Er schüttelt den Kopf.

»Tut mir leid, Mister«, sagt Gus. »Wir sind nicht mehr interessiert. Nur, wenn wir eine halbe Meile Vorgabe bekommen.«

»Bin ich verrückt?«, fragt der bullige Mann und spuckt den Zigarettenstummel zu Boden.

Gus und Jim nicken nur. Dann reiten sie weiter. Ihr Ziel ist der Store, zu dem auch ein Hotel, ein Saloon und eine Gaststube gehören. Das ganze Gebäude besteht aus einem halben Dutzend Anbauten.

Aber bevor sie es erreichen, gelangen sie zu einem bunt angemalten Kastenwagen, wie ihn auch Zirkusleute benutzen.

Davor ist ein Stand aufgebaut, der nur aus zwei über Holzböcke gelegten Brettern besteht.

Auf der ganzen Wagenbreite kann man lesen: »Ledbetter’s Wundermedizin heilt jede Krankheit innerlich und äußerlich, macht Alte wieder jung.«

Daneben sind Plakate aufgehängt, auf denen man in großer Schrift lesen kann, dass Ledbetters Wundermedizin nach einem uralten chinesisch-indischen Geheimrezept hergestellt wird, das Ike Ledbetter von seinem Freund, dem weltbekannten Gelehrten Dr. Fu Wu Wang, als Vermächtnis erbte.

Als Gus Pearchmeal und Jim Doolin das lesen und zwischendurch die vielen Flaschen betrachten, die mit ihrer bunt schillernden Pracht auf dem Brettertisch aufgereiht sind, kommt ein kleines Männchen in einem grünen Gehrock aus dem Wagen die Treppenleiter herunter. Der kleine Mann tritt hinter den Verkaufsstand, lüftet den grauen Zylinder und zeigt dabei seine spiegelnde Glatze.

»Meine Freunde«, sagt er mit tiefer Bassstimme, die ihm gar nicht zu gehören scheint, »welche Leiden führen Sie zu mir? Vertrauen Sie mir ruhig Ihre Sorgen an, denn ich bin bestrebt, Dr. Fu Wu Wangs Vermächtnis bis zu meinem letzten Atemzug in der selbstlosesten Weise zu erfüllen. Meine Zaubermedizin macht Kranke gesund, Greise jung, stärkt alle Schwachen, heilt alle Gebrechen, macht die Frauen schön, lässt kranke Pferde aufstehen. Sehen Sie, meine Freunde, wie mich – der ich doch schon ein betagter Mann bin – dieses Lebenselixier noch jung erhalten hat!«

Nachdem er die letzten Worte geradezu jauchzend gerufen hat, springt er plötzlich aus dem Stand über seinen Verkaufstisch hinweg, ohne sich aufzustützen. Er macht einen sogenannten Schlusssprung über den etwa zwei Fuß hohen und drei Fuß breiten Tisch mitsamt den darauf aufgebauten Flaschen.

»Was? Das ist was für einen alten Mann, nicht wahr? Das macht meine Zaubermedizin! Wollt ihr mal probieren, meine Freunde?«

Gus und Jim staunen.

Sie sind gewiss nicht halb so alt wie dieser kleine Mann. Doch sie könnten nicht aus dem Stand über den Tisch springen, ohne die Flaschen zu beschädigen.

Gus betrachtet misstrauisch die Flasche, die ihm Ledbetter hinaufreicht.

»Das soll ich probieren?«, fragt er und rutscht unruhig im Sattel herum. »Was ist denn da drin? Pumaspucke mit geriebenem Kautabak und …«

Er nimmt die Flasche und riecht an der Öffnung.

»Aaah«, macht er, »das riecht gar nicht so übel. Das riecht nach Kakteenblüten und Honig. Und wenn das so schmeckt …«

Er setzt plötzlich die Flasche an und nimmt einen vorsichtigen Schluck.

Dann schließt er die Augen und scheint mit all seinen Sinnen nach innen zu versinken wie ein Stein im Wasser eines Brunnens.

Als er drei Sekunden später die Augen aufreißt, quellen sie ihm hervor, und er schnappt nach Luft.

»Hei-hei-hei-heiliger Rauch!« Er keucht, sieht seinen Gefährten Jim Doolin an und fragt: »Ko-kommt Qualm aus meinen Ohren?«

»Nein«, erwidert Jim ernst. »Doch vorhin sprangen dir zwei Knöpfe vom Hemd.«

Gus Pearchmeal bedeckt seine Magengegend mit der Hand.

»Das brennt wie flüssiges Blei«, keucht er. »Ich glaube, ich werde gleich auseinanderplatzen wie ein überhitzter Dampfkessel. Jim, grüß mir die Jungs der alten Mannschaft. Ich …«

»Es ist nur vorübergehend«, mischt sich Ike Ledbetter ein. »Gleich wird er sich wie ein Riese fühlen und tausend Wonnen im Leib spüren.«

Und wirklich. Gus Pearchmeals hervorquellende Augen werden wieder normal, verändern sich und bekommen den Ausdruck von Wonne.

»He, jetzt wird es mir anders im Bauch«, sagt er. »Jetzt ist mir nach mehr zumute. Ich versuche es noch mal.«

Er trinkt noch einen Schluck – und es wiederholt sich alles, nur diesmal stärker, weil der Schluck größer war.

»Ich glaube«, sagt er dann schnaufend, »dass ich jetzt aus dem Stand über mein Pferd springen könnte. Hier, Meister, ist die Flasche zurück. Wir nehmen eine. Was kostet sie?«

»Drei Dollar, und das sind reine Selbstkosten«, sagt Ledbetter. »Ich verkaufe es nicht wegen des Verdienstes, sondern weil ich ein Vermächtnis zu erfüllen habe. Und wenn es Ihrem Pferd mal schlecht geht, wenn es müde ist und noch zwanzig Meilen laufen soll, dann füllen Sie eine halbe Flasche in einen Eimer mit Wasser und …«

Er bricht plötzlich ab, und er wirkt wie ein Mann, dem soeben eine Erleuchtung kam, ein grandioser Gedanke, ein Einfall von besonderer Art.

Aber es geht ihm in diesem Moment nicht allein so.

Auch bei den beiden Reitern ist etwas zu erkennen. Auch ihnen ist offenbar eine plötzliche Erleuchtung gekommen.

Die drei Männer sehen sich an, und sie begreifen, dass sie an die gleiche Sache denken.

Sie schweigen, überlegen, betrachten sich – grinsen schließlich.

»Wenn das Zeug wirklich innerlich so viel Dampf macht …«, sagt Gus Pearchmeal.

»… könnte vielleicht sogar eine Viertelmeile Vorsprung für deinen Philippe ausreichen«, meinte Jim Doolin.

Dann betrachten sie Ike Ledbetter hart.

Gus sagt gedehnt: »Aber vielleicht ist so ein Pferd schlauer als wir Menschen und säuft das Zeug ums Verrecken nicht. He, Mister Ledbetter?«

Dieser hat einen Finger gegen seine nicht gerade kleine Nase gelegt. Er betrachtet Gus Pearchmeals Pferd und geht im Halbkreis um das Tier herum.

Dann sagt er: »Ich verstehe nicht wenig von Pferden. Eigentlich habe ich seit vierzig Jahren nichts anderes getan, als mit meinen Ersparnissen auf Pferde gewettet. Auf diesen schafsnasigen Schecken würde ich mein ganzes Geld setzen.«

Gus und Jim nicken langsam. »Wie viel ist es?«, fragt Jim.

»Das weiß ich genau«, erwidert nun Ike Ledbetter. »Zweihundertsiebenundfünfzig Dollar. Und ich würde sie riskieren, wenn es uns gelingt, diesem Gaul mit einem Eimer Wasser eine Flasche von meinem Lebenselixier einzuflößen. Dieser Gaul wird lossausen, als hätte er Feuer am Schwanz hängen. Es fragt sich nur, ob sein Reiter sich so fest anklammern kann, dass ihn der Windzug nicht aus dem Sattel reißt.«

Als Ledbetter die letzten Worte spricht, grinst Gus Pearchmeal.

»Das ist ein Witzbold«, sagt er zu Jim Doolin. »Aber wenn er selbst sein ganzes Geld zu riskieren bereit ist, dann muss doch wohl eine Chance vorhanden sein, oder? Machen wir es, Jim?«

Doolin nickt nur.

»Ich sage drüben Bescheid«, grinst er. »Wir setzen all unser Geld. Das sind einhundertsiebenundzwanzig Dollar – nicht wahr? Und wann soll das Rennen losgehen? Wann wirkt das Feuerwasser besonders stark?«

Bei der Frage blicken sie auf Ledbetter. Der lüftet seine graue Angströhre und kratzt sich hinter dem Ohr.

»Ist der Gaul durstig?«, fragt er.

Die beiden nicken.

»Dann wird er gewiss saufen«, murmelt Ledbetter. »Ich denke, dass er zehn Minuten später das Gefühl hat, dass es ihn zerreißt. Er wird in zehn Minuten laufen wie ein Präriefeuer.«

»Gut!«, sagt Jim Doolin und reitet zu den Corrals zurück. »Ich werde die Wette über dreihundertvierundachtzig Dollar anbieten«, sagt er über die Schulter.

Gus Pearchmeal und Ike Ledbetter sehen sich eine Minute schweigend an. »Das Zeug wird doch meinen Philippe nicht umbringen?«, fragt Gus schließlich.

Ledbetter schüttelt heftig den Kopf.

»Bringen Sie den Gaul hinter den Wagen, und holen Sie den Holzeimer voll Wasser aus den Creek«, sagt Ledbetter.

☆☆☆

Zehn Minuten später ist alles klar.

Der Besitzer des roten Hengstes heißt Bush Joliet, und er kaut schon wieder an einem Zigarrenstummel.

Natürlich nimmt er die Wette an, denn das ist ja sein Geschäft.

Und weil es sich in Beartown herumsprach, kamen noch mehr Menschen herbei, als schon vorher versammelt waren. Sogar der rußgeschwärzte Schmied ließ seine Arbeit an einem Frachtwagen liegen und kam näher.

Da man den roten Hengst schon den ganzen Vormittag und auch am Tag zuvor ausgiebig betrachtet und abgeschätzt hat, richtet sich das Augenmerk der Leute jetzt völlig auf den ramsnasigen Pinto, mit dem Gus Pearchmeal herangeritten kommt. Dieser Schecke wirkt gegen den roten Hengst wie ein Tramp gegen einen Lord oder ein struppiger Gassenköter gegen einen edlen Windhund.

Aber es wird den Betrachtern klar, dass der Schecke so zäh wie ein narbiger Wüstenwolf ist. Zu dieser Zähigkeit kommt noch eine erstaunliche Wildheit. Der Gaul rollt fortwährend die Augen, zeigt das Weiße, schnaubt und stampft und ist von seinem Reiter kaum unter Kontrolle zu halten.

Die Leute begreifen, dass dieses Tier voller Feuer ist.

Und da der Ritt über zehn Meilen geht und der Pinto überdies noch eine Viertelmeile Vorgabe bekommt, sind seine Chancen vielleicht gar nicht so aussichtslos. Plötzlich setzt das Wetten ein. Manchmal sind es nur ganz geringe Dollarbeiträge. Doch da Kleinvieh auch Mist bringt, wenn es nur zahlreich genug ist, sind insgesamt gar nicht so wenige Dollars gesetzt worden.

Der Bürgermeister von Beartown macht den Schiedsrichter.

»Es ist ganz einfach«, sagt er. »Die Vorgabe beträgt eine Viertelmeile. Dort bei der großen Burreiche muss der Pinto sein, wenn der Hengst hier losprescht. Ich habe zwei Leute creekaufwärts geschickt. Dort, wo diese beiden Reiter warten, geht es durch den Creek, auf der anderen Seite creekabwärts und durch die Furt auf unsere Seite. Wer von den Reitern beim fünften Mal zuerst mit dem Tier auf trockenem Boden ist, hat gewonnen. Gibt es noch irgendwelche Fragen?«

Gus Pearchmeal und Jim Doolin schütteln ihren Kopf.

Auch Bush Joliet ist einverstanden.

Neben dem massigen Mann steht ein scheinbar junger Bursche, der so aussieht, als wäre er aus Milch und Blut gemacht. Er hat wunderbare blaue Augen und auf den ersten Blick ein richtiges Engelsgesicht.

Doch er ist gewiss sehr zäh und geschmeidig. Er trägt zwei Revolver im Kreuzgurt und hat einen harten Mund, schmal und blass wie die Narbe eines Messerschnitts.

Gus und Jim betrachteten diesen scheinbar milchgesichtigen Burschen schon mehrmals – und immer wieder kamen sie zu der Erkenntnis, dass es keinen Irrtum gibt. Dieser Milchknabe ist keiner, sondern eine ganz gefährliche Nummer. Dieser scheinbare Sonnyboy ist Bush Joliets Revolvermann, der dafür Sorge trägt, dass man Bush Joliet nicht betrügen oder berauben kann.

In diesem Land ist ein solcher Schutz besser als ein guter Geldschrank, denn diesen kann man meistens irgendwie öffnen. Einen gefährlichen Revolverschwinger aber muss man erst niederkämpfen.

Gus Pearchmeal und Jim Doolin sind erfahrene Burschen. Sie spüren instinktiv die Gefährlichkeit dieses Revolvermannes.

Aber sie erfahren seinen Namen nicht – noch nicht.

Der Wettritt geht los. Gus muss anreiten, und der nutzt seine Chance. Er jagt nicht wild los, denn er weiß, dass der rote Hengst erst starten darf, wenn er bei der mächtigen Burreiche angelangt ist. Deshalb lässt er seinen scheckigen Philippe nur mäßig traben.

Doch er muss ihn dauernd zügeln und zurückhalten. Der Schecke ist von Ledbetters Zaubergetränk etwa im gleichen Zustand wie eine voll unter Dampf stehende Lokomotive, die vorerst nur langsam fahren darf. Philippe hat tatsächlich einen Eimer voll Wasser mit dem ganzen Inhalt einer Flasche von Ledbetters Wundermedizin getrunken.

»Heiliger Rauch«, sagt Gus zu ihm, »du wirst von dem Zeug doch wohl nicht explodieren wie eine Sprengladung? Verzeih mir, Philippe, wenn es dich zerreißen sollte. Wenn ich nicht wüsste, was für ein zäher Bursche du bist, hätte ich dir dieses Feuerwasser nicht zu saufen gegeben. Weißt du, es ist ja auch nicht so sehr wegen des Geldes – es ist noch mehr der Spaß, diesen roten Hengst schlagen zu können. Oder nicht? Er hat längere Beine als du, eine breitere Brust und gewiss einen langen Stammbaum, der irgendwo in Spanien begann. Du bist nur ein Mustang aus dem Brazos-Land. Aber …«

Er spricht nicht weiter, denn jetzt ist er bei der Burreiche.

Nun lässt er Philippe laufen. Er gibt ihm den Kopf frei, und das genügt schon. Der Pinto rennt los wie eine gesengte Katze, und ehe Gus sich versieht, sind sie bei den beiden Reitern, die winkend auf den Creek zeigen.

Gus saust mit seinem Pinto hindurch. Das Wasser reicht dem Tier kaum bis zu den Knien.

Dann geht es auf der anderen Creekseite zurück.

Jetzt endlich sieht er den roten Hengst kommen, denn sie begegnen sich ja – nur durch den Creek getrennt im Gegenverkehr. Ein kleiner, pockengesichtiger Mexikaner reitet den Hengst, und er reitet ihn wie ein Könner.

Gus merkt sich genau den Punkt, bei dem sie sich begegnen.

Dann macht er sich leicht, arbeitet mit seinem Pferd, versucht mit ihm die Verbindung einzugehen, die man als mit dem Pferd verwachsen bezeichnet.

Oha, er kann reiten, dieser Gus Pearchmeal! Und er kann auch kämpfen.

Dann prescht er auch schon wieder mit seinem Schecken durch den Creek. Hier stehen die Leute von Beartown, die Frachtfahrer und die Siedler des Wagenzuges.

Sie jubeln ihm zu. Er hört ihr vielstimmiges Gebrüll, denn sie alle sind auf der Seite des ramsnasigen Pintos, wie sie auch auf der Seite eines Gassenköters wären, der mit einem Windhund um die Wette läuft. Die Menge ist immer auf der Seite des Schwächeren, wenn dieser nur sein Bestes gibt.

Sie haben nun zwei Meilen hinter sich.

Philippe läuft immer noch wild und ungestüm, angetrieben von einem Feuer, von scheinbar überschüssiger Kraft und dem heißen Verlangen nach Bewegung.

Als sie bei den beiden Männern am oberen Wendepunkt ankommen, liegen drei Meilen hinter ihnen.

Als sie drüben sind und dem roten Hengst begegnen, muss Gus feststellen, dass dieser aufgeholt hat.

Aber das war trotz Ledbetters Wundermedizin zu erwarten.

Sie fegen dann bei Beartown durch den Creek, hören die Leute abermals brüllen, diesmal noch wilder und anfeuernder. Gus winkt seinem Freund und Sattelgefährten Jim Doolin zu, stößt einen heiseren Schrei aus – und ist auch schon außer Hörweite. Unter den Hufen des Pintos spritzen die Kiesel des Creek-Ufers nach allen Seiten.

Jim Doolin sieht dem Freund nicht nach. Er behält Bush Joliet und dessen milchgesichtigen Revolvermann unter Beobachtung und kann erkennen, dass diesen beiden Männern nicht besonders siegesgewiss zumute ist.

Bush Joliet hat seine Zigarre schon zu einem Pinsel gekaut. Er wirft sie jetzt mit einer wütenden Bewegung zu Boden.

Dann sagt er aus dem Mundwinkel etwas zu seinem Revolvermann. Der bekommt schmale Augen und nickt kurz.

Jim Doolin presst grimmig seine Lippen aufeinander. Oha, denkt er, diese Hombres sollen nur nicht auf krumme Gedanken kommen! Da würde diesem Bush Joliet auch der Revolverschwinger nichts nützen. Auf solche gestreiften Tiger verstehen wir uns. Wenn man’s genau nimmt, dann gehören Gus und ich zur gleichen Sorte – aber nur dann, wenn es sein muss.

Nach diesen grimmigen Gedanken wartet Jim geduldig auf das Ende des Rennens. Einmal wendet der Revolvermann den Kopf und blickt zu ihm herüber.

In den blauen Augen des Mannes erkennt Jim Doolin ein kaltes Funkeln. Es ist wie das Flackern eines Nordlichts.

Inzwischen prescht Gus Pearchmeal schon wieder eine Meile oberhalb der Stadt durch den Creek, und als er auf der anderen Seite ist und sich seinen Vorsprung ausrechnet, kommt er zu der Erkenntnis, dass der Verfolger bis auf eine Achtelmeile herangekommen ist.

Und es sind noch fast fünf volle Meilen bis zum Ende des Rennens.

Gus Pearchmeal begreift, dass Ledbetters Wundermedizin wohl doch keine Wunder vollbringen kann, sondern sogar daran schuld ist, dass Philippe vor dem Rennen zu viel saufen musste.

Obwohl er gewiss schon fast alles ausgeschwitzt hat – denn er ist nun mit flockigem Schaum bedeckt –, war es bestimmt nicht gut. Sein anfängliches Feuer lässt merklich nach.

Gus Pearchmeal ruft ihm zu: »Kämpfe, Philippe! He, kämpfe, Amigo! Willst du dich vielleicht von diesem langbeinigen Roten schlagen lassen?«

In Gus Pearchmeals wildem Geheul ist der ganze Trotz und der Kampfeswille eines echten Rebellen, der nicht aufgeben kann, solange er noch einen Finger zu bewegen vermag.