G. F. Unger Western-Bestseller 2357 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2357 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Morg Shannon musste mit ansehen, wie Ben Campifer seine Braut aus dem reißenden Fluss rettete. Doch statt ihm dankbar zu sein, hasste er ihn seit jenem Tage ...


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Seitenzahl: 160

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Inhalt

Cover

Impressum

Seit jenem Tage …

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6414-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Seit jenem Tage …

Damals, als man das riesige Dakota-Territorium endlich freigegeben hatte, nachdem es gelungen war, die Indianer zu besiegen und sie in den Reservaten am Rosebud, Standing Rock, Cheyenne River, Pine Ridge, Cow Creek und Lower Brule festzusetzen, da verließen viele texanische Rinderzüchter, denen Texas zu eng geworden war, ihre alte Heimat, um sich in Dakota ein Rinderreich zu schaffen. Sie zogen aus mit ihren Familien oder gar Sippen, und sie führten ihre riesigen Rinder- und Pferdeherden mit.

Sie waren Eroberer – man kann es nicht anders nennen.

Dies ist die Geschichte von Big Jim Quartermane, der sich noch jung genug fühlte, um für seine zu erwartenden Enkel ein riesiges Stück Weide zu erobern.

Und er hatte außer seiner hartbeinigen Texas-Mannschaft noch zwei besondere Männer bei sich.

Der eine seiner Best-Männer hieß Morgan Shannon. Er war mit Big Jims Tochter verlobt und sollte sein Schwiegersohn werden. Der andere Mann war Ben Campifer, und er war der Vormann.

Seit jenem Tage, da die Treibherde den White River erreichte, da war …

Nun, was seit jenem Tage war – ich habe es aufgeschrieben.

G.F. Unger

Als Luke Babsy den Fluss zu sehen bekommt, hält er sein mageres Pferd an und nimmt den Hut ab. Dieser Hut sieht so alt aus wie Babsy, und viele Reiter der Lone-Star-Mannschaft behaupten, dass Luke mit diesem Hut schon auf die Welt gekommen wäre.

Nun lässt Luke Babsy seine siebzehn Haare im Winde flattern und schüttelt dazu seinen Kopf wie ein störrischer Gaul.

»Du lieber Vater«, sagt er, »jetzt muss ich doch wahrhaftig heute noch ein Bad nehmen. Und dabei habe ich erst vor zwei Monaten am Saline River gebadet und versucht, den Fluss leer zu trinken. Seht euch das an, Jungs! Das nennt sich White River! Habt ihr schon mal einen schmutzigeren Fluss gesehen?«

Er blickt die anderen Reiter an, und er ist ein eierköpfiger, chinesenbärtiger und falkenäugiger Bursche, der wie ein Comanche auf dem Pferd sitzt und den Revolver auf eine Art in der Tasche seiner abgenutzten Chaps stecken hat, die so selbstverständlich wirkt wie der Federhalter hinter dem Ohr eines Buchhalters, wenn dieser mal eine Pause macht.

Und auch die beiden anderen Reiter wirken schon auf den allerersten Blick wie reinblütige Gentlemen der Texasweide.

Doch hier ist das Dakota-Territorium. Hier ist nicht Texas. Es war ein weiter Weg von Texas herauf. Man sieht es den Reitern an.

Babsy seufzt.

Die beiden Männer zu seiner Linken betrachten den angeschwollenen Fluss schweigend und prüfend. Sie schätzen ihn ab, und in Morg Shannons grauen Augen erscheint für einen Moment der Ausdruck einer leichten Unruhe. Auch er denkt gewiss an den Flussübergang vor zwei Monaten am Saline River. Dort war die Herde mitten im Fluss in Panik geraten und er, Morg Shannon, wäre fast ertrunken.

Ben Campifer hat ihn herausgeholt – mitten aus dem Hexenkessel der verrückten Longhorns.

Und jetzt? Er nimmt seinen Blick von dem Hochwasser führenden Fluss und richtet ihn auf Ben Campifer.

Der Vormann der Lone-Star-Mannschaft ist nur zwei Jahre älter als er. Er wirkt stiller und ruhiger, ernster und bedächtiger. Ben Campifer ist rotblond, hager, sehnig und grauäugig. Er hat ein ziemlich unregelmäßiges und ganz bestimmt nicht hübsches Gesicht.

Morg Shannon aber ist dunkelhaarig, auf eine männlich verwegene Art hübsch und wirkt auf alle Menschen sehr anziehend. Er ist ein Mann von jener Sorte, die überall Freunde hat und die es gewöhnt ist, stets zu gewinnen.

Sie sind also äußerlich sehr verschieden, diese beiden Männer.

Doch sie beide sind groß und hart. Sie sind die besten Männer einer Texas-Mannschaft, die daheim in Texas einen gewissen Ruf besitzt.

Ben Campifer erwidert Morg Shannons Blick ruhig und sagt dann: »Wir müssen hinüber, Morg. Wir müssen die Herde hinüberbringen. Der Fluss steigt noch an. Wir müssen hinüber, auch wenn es uns einige Dutzend Rinder kostet.«

Er grinst und nickt Luke Babsy zu. »Da du den Fluss nicht leer trinken kannst, Luke, kannst du zurück zur Herde reiten. Die Jungs sollen die Longhorns bremsen und die Herde in vier oder fünf Gruppen von je achthundert oder tausend Tieren aufteilen. Ich will zwischen diesen einzelnen Abteilungen einen Zwischenraum von zweihundert Yards haben. Die Biester sollen sich nicht von hinten stoßen können. Los, Luke!«

Der nickt, setzt seinen alten Hut auf und wirkt damit wie ein chinesischer Flusspirat. Aber er zwingt sein Pferd mit einer geschmeidigen Bewegung herum und reitet zurück.

Morg Shannon und Ben Campifer bleiben noch nebeneinander und betrachten den Fluss.

»Du sorgst dafür, Morg, dass die Wagen und die Pferderemuda gut auf die andere Seite kommen«, sagt Ben dann schlicht. In seiner Stimme ist keinerlei andere Bedeutung enthalten. Seine Worte sind nur eine schlichte und fast nur der Ordnung halber ausgesprochene Anweisung.

Doch Morg Shannon zuckt leicht zusammen.

»Das kannst du nicht machen, Ben«, sagt er gepresst. »Nein, das kannst du mir nicht antun. Gewiss, ich bin am Saline River fast ertrunken – ja, ich war schon so gut wie erledigt, doch ich fürchte mich nicht vor einem Fluss. Und auch nicht vor verrückten Rindern! Ich werde auch nicht die Nerven verlieren, wenn die Furt hier wieder zu einem Hexenkessel wird. Du kannst mich nicht auf ein Nebengleis abschieben, Ben, mein Junge. Ich bin immer mit an der Spitze, wie es sich gehört. Ich bin immer dort, wo der beste Mann nötig ist. Und das ist nicht bei den Wagen und der Pferderemuda!«

Seine Worte enthalten zuletzt eine Menge Stolz, und in seiner Stimme schwingt ein spröder Klang.

Ben Campifer betrachtet ihn forschend. Er kann es nicht erkennen, doch er spürt instinktiv, dass Morg Angst hat vor dem angeschwollenen Fluss.

Oh, sie haben seit dem Saline River viele Flüsse durchfurtet. Doch keiner führte Hochwasser. Alle waren sie zahm. Und immer war Morg Shannon sehr froh darüber.

Die ganze Zeit hat er sich gewiss vor dem nächsten Fluss mit Hochwasser gefürchtet.

Jetzt ist es so weit.

Dort unten ist ein schlimmer Flussübergang.

Und hier oben ist ein Mann, der zwischen verrückt gewordene Longhorns geriet, die sich gegenseitig verletzten und sich auf den Grund des Flusses trampelten.

Auch Morg Shannon ist verletzt und von den Rindern auf den Grund getrampelt worden. Er war schon so gut wie tot. Ben Campifer rettete ihn.

Doch seit jenem Tage hatte er Furcht vor verrückt gewordenen Longhorns in einem gefährlichen Fluss.

Ben Campifer weiß das. So etwas gehört zu den Dingen, die ein guter Vormann, der eine fünftausendköpfige Herde von halbwilden Texasrindern tausendfünfhundert Meilen weit nach Norden bringen soll, wissen muss.

Nun sagt er zu Morg Shannon: »Bruderherz, du solltest nicht so stolz sein. Es gibt immer irgendwelche Dinge, vor denen ein Mann Respekt hat und denen er deshalb aus dem Weg gehen sollte. Du hast ein schreckliches Erlebnis gehabt. Also vergiss es erst einmal.«

»Nein«, sagt Morg Shannon hart.

»Na gut.« Ben Campifer nickte, und seine Stimme klingt nun noch ausdrucksloser. »Dann beteilige dich da an dem ganzen Spaß, wo du glaubst, dass dort der beste Mann nötig ist.«

Er will zur Furt hinunter.

»Und noch etwas«, hält Morg Shannon ihn auf.

»Ja?« Ben Campifer fragt es ernst, und nun wirken auch seine grauen, weit auseinander stehenden Augen ebenfalls ausdruckslos. Alles was in ihm ist, bleibt tief in ihm verborgen.

»Ich verdanke dir mein Leben, Ben«, sagt Morg. »Und ich werde das nie vergessen – bis ich diese Schuld bezahlt habe. Doch wenn ich nochmals in einem Fluss unter die Rinder geraten sollte, dann komm mir nicht wieder zu Hilfe. Ich will es nicht haben, hörst du! Ich will nicht noch einmal vor den Augen der Mannschaft von dir gerettet werden. Ich möchte, dass du es richtig begreifst!«

»Ich begreife es«, sagt Ben Campifer. Dann reitet er zum Fluss hinunter.

Morg Shannon blickt ihm nach und sieht dann zu, wie Ben Campifer ohne zu zögern seinen großen, wohl an die sechzehn Hand hohen, zwölfhundert Pfund schweren roten Wallach ins Wasser lenkt.

Der lehmgelbe Fluss strömt und rauscht, gurgelt und schmatzt, und er bringt immer wieder losgerissenes Gestrüpp, Astwerk und sogar Bäume mitsamt ihren Wurzeln mit. Er ist jetzt gefährlich, dieser Fluss, voller Strudel und anderer Tücken.

Als Ben Campifers Pferd den Boden unter den Hufen verliert und schwimmen muss, werden Reiter und Pferd sofort von der Strömung erfasst und abgetrieben.

Morg Shannon beobachtet, wie sich Ben Campifer flach ins Wasser legt und vom Rücken seines Pferdes gleitet. Er hält sich nun am Schwanz des Tieres fest, rudert mit dem rechten Arm kräftig mit und macht mit den Beinen Schwimmbewegungen wie ein Frosch. Erst als das große Tier wieder Boden unter die Hufe bekommt, zieht sich Ben Campifer wieder auf den Rücken und rutscht in den Sattel.

Und dann sind Reiter und Tier drüben.

Ben Campifer reitet den Uferhang hinauf, sicherlich, um noch ein Stück nach Norden zu reiten, zu erkunden.

Morg Shannon seufzt. Er betrachtet wieder den Fluss. Und dann hört er Hufschlag hinter sich.

Big Jim Quartermane, der Boss der Herde, kommt da mit seiner Tochter herangeritten. Und Chris, die geschmeidig und lebendig neben ihrem Vater reitet, ist Morg Shannons Braut.

Er genießt das Bild, sie so reiten zu sehen, und er ist wieder sehr stolz auf sich, dass er dieses Mädchen erringen konnte.

Sie reitet nun schneller zu ihm und lässt ihren Vater ein Stück hinter sich. Sie ist mittelgroß und geschmeidig, und ihr Haar ist so gelb wie reifer Weizen. Sie hat blaue Augen und ein lebendiges Gesicht, mit einer kurzen Nase, großen, etwas schräg gestellten Augen und einem vollen und ausdrucksvollen Mund. Sie ist ein impulsives Mädel, froh darüber, auf dieser Welt voller Abenteuer und sehr lebendig zu sein.

»Hoii, Cowboy«, sagt sie, »dies ist aber kein sauberes Badewasser!«

Sie lacht und schüttelt ihren zusammengebundenen Haarschopf über die Schulter. Sie späht über den Fluss und sagt: »Aaah, Ben ist schon auf der anderen Seite. Und nass ist er! Oho, heute werden wir alle nass wie die Biber! Ich werde mit meinem Pferd ebenfalls hinüberschwimmen. Sieh, Morg, ich habe mir Hosen angezogen.«

»Das sehe ich.« Er lächelt und fügt etwas anzüglich hinzu: »Das habe ich sofort gesehen. Nichts an dir entgeht mir, Chris.«

Sie wird etwas rot, doch ihre Augen funkeln. Sie können jedoch nicht länger miteinander reden.

Jim Quartermane ist nun bei ihnen angelangt. Er ist schon weißhaarig, und er wirkt verwittert und etwas zerzaust von einem harten Leben auf der Weide. Auch er hat graue Augen. Sie blicken fest und scharf. Sein Gesicht besteht aus festen Winkeln und Kanten und drückt einen unerschütterlichen Glauben an sich selbst aus.

Er ist nur wenige Zoll über Mittelgröße. Doch daheim nannte man ihn »Big« Jim Quartermane. Er war also der Große Jim Quartermane daheim.

Und er hat die Absicht, dort im Norden noch größer zu werden.

Er wirft einen Blick zu Ben Campifer hinüber, der ihm durch ein leichtes Zunicken ein lässiges Zeichen gibt. Dann blickt er Morg Shannon an und sagt schließlich: »Also, wir bringen die Herde sofort hinüber. Bis zur Abenddämmerung kann es vorbei sein.«

Morg Shannon nickt nur. Big Jim betrachtet ihn nochmals prüfend, und Morg spürt diesen prüfenden Blick.

Wenn sie mich doch nicht so prüfend anblicken würden, denkt er. Ben Campifer und er, sie denken wohl, dass ich Angst vor dem Fluss hätte. Nein, ich habe keine Furcht.

Aber er ist irgendwie erleichtert, als Big Jim seinen prüfenden Blick von ihm nimmt und zurück nach Süden blickt.

Denn von dort kommt nun die Herde den langen Hang zum White River Valley herunter. Es sind etwas mehr als fünftausend Rinder. Oh, sie bieten in ihrer Masse einen imposanten Anblick. Sie wirken wie etwas Elementares, das man nicht aufhalten kann.

Zuerst trotten die Leitstiere, allen voran der riesige Mooshorn, der fast so gewaltig wie ein Büffel wirkt.

Und dann folgt das lange Dreieck, welches aus gehörnten Köpfen und knochigen Rücken besteht. So kommen sie herunter ins Tal, und sie bedecken eine Bodenfläche von einer Größe, wie man sie braucht, um eine kleine Stadt darauf zu errichten.

Überall sind Reiter um die Herde, und man sieht, dass man sich nun bemüht, in Gruppen aufzuteilen. Doch das ist nicht leicht. Die Rinder wollen nach diesem heißen und staubigen Tag zum Wasser.

Westlich der Herde wird auch die Pferderemuda getrieben. Es sind mehr als vierhundert Pferde. Dazu kommen fast hundert Maultiere. Und hinter der Remuda folgen fünf Frachtwagen und der Küchenwagen.

Es ist ein stattlicher Zug.

Denn hier ist ein texanischer Rinderkönig unterwegs, dem es in Texas zu eng wurde, der alles verkaufte und aufgab und der mit dreißig Männern und einigen Fuhrleuten und anderen Helfern aufbrach, um sich im Norden ein weites Land zu erobern.

Morg Shannon strafft sich im Sattel, als er dies alles wieder einmal sieht und ihm zu Bewusstsein kommt, dass er eines Tages der Nachfolger von Big Jim sein wird.

Er nimmt seine Treiberpeitsche vom Sattelhorn und reitet von der Seite her auf die Herde zu. Es gilt jetzt, die Herdenspitze durch den Fluss zu treiben.

Big Jim und Chris beobachten nun, wie Morg Shannon und die anderen Reiter, die hier an der Spitze der Herde sind, ziemlich hart und rau vorgehen. Sie sorgen dafür, dass die Leittiere nicht weit hinter dem riesigen Mooshorn zurückbleiben, der von dem hünenhaften schwarzen Cowboy Sam Washington getrieben wird.

Sam Washington ist der größte Mann der Lone-Star-Mannschaft. Doch er ist nicht der stärkste Mann. Stärker noch als er ist Chinok Bradley.

Nun, es geht alles recht gut. Die Männer bringen die Tiere der Herdenspitze gut ins Wasser, treiben sie weiter und stoßen zufriedene Rufe aus, als die Texasrinder zu schwimmen beginnen und von der Strömung abgetrieben werden.

Jetzt kann die Herde folgen.

Chris beobachtet dies alles aufmerksam. Doch es ist nichts Besonderes für sie. Seit sie vor fast sechs Monaten Texas verließen, haben sie viele Flüsse durchschwommen.

Sie sieht sich nun nach Ben um, und sie sieht ihn weiter unterhalb am Ufer auftauchen, dort etwa, wo der Leitstier mit Sam Washington ans Ufer kommen wird. Er wird mit Sam die Spitze der Herde aus dem Fluss und zum Ufer hinauftreiben. Es darf auch hier keinen Stillstand geben. Denn sonst können die nachdrängenden Rinder nicht aus dem Fluss.

Chris blickt sich nach den Wagen um. Die gehen etwas oberhalb über den Fluss.

Chris Quartermane entschließt sich nun ebenfalls zur Durchfurtung des Flusses. Sie weiß, dass Pancake Smith eine knappe Meile vom Fluss entfernt ein Camp aufschlagen wird. Und er wird ihre Hilfe benötigen, da es schon spät ist und die hungrige Mannschaft in nur wenig mehr als einer Stunde mit der Herde drüben sein wird.

Sie lenkt ihr braunes Pferd ins Wasser, und einen Moment hat sie ein ungutes Gefühl. Doch dieser Fluss kommt ihr nicht gefährlicher vor als andere Flüsse, die sie durchschwamm oder auf einem der Wagen überquerte.

Sie treibt ihr Pferd ins Wasser, und wenig später macht sie es wie Ben Campifer. Sie liegt flach und bis zum Hals im Wasser und hält sich am Schwanz des Tieres fest.

Sie werden abgetrieben, doch da auch die Herde abgetrieben wird, bleibt der Abstand gleich.

Plötzlich sieht das Mädchen doch eine Gefahr auf sich zukommen. Es ist ein besonders großer Baum, der nun mit dem Wurzelstock voraus talwärts kommt. Er hakt mit dem Astwerk immer wieder im Flussgrund fest. Dann staut sich das Wasser an ihm und stößt ihn immer wieder mit einem Ruck weiter.

Chris und ihr Pferd müssen sich nun beeilen, wenn sie aus der Reichweite des Baumes kommen wollen. Sie können sich nicht stromab treiben lassen, weil sie dann zwischen die Rinder geraten würden. Sie müssen wie die Rinder auch schräg gegen die Strömung schwimmen. Dabei werden sie zwar abgetrieben, doch zugleich treibt diese Strömung sie auch zum anderen Ufer hinüber.

Auch das Pferd des Mädchens hat die Gefahr nun erkannt. Es hat den Kopf herumgeworfen und sieht den Baum. Es ist ein mächtiger Baumriese, der wohl vom Fluss unterspült worden und dann mitsamt einem Uferstück in den Fluss gefallen ist.

Das Pferd schnaubt erregt und verdoppelt seine Anstrengungen, aus der Gefahrenzone zu kommen. Chris hilft dem Tier, so gut sie kann. Doch sie ist keine besonders gute Schwimmerin. Daheim in Texas gab es keine Möglichkeiten zum Schwimmen.

Und so wird sie natürlich nervös, als die Gefahr auf sie zutreibt. Ein geschickter Schwimmer würde vor diesem Baum keine Angst haben, obwohl der Baumriese immerzu rollt, sich mit seinem Wurzelwerk dreht und gefährlich wirkt.

Chris Quartermanes Pferd bekommt nun sogar Grund unter den Hufen und stößt sich mächtig ab.

Doch dann geschieht es! Das Unglück ist da! Mit dem rechten Hinterhuf sitzt das Tier irgendwie fest, kann sich nicht befreien. Es muss zwischen Felsen eingeklemmt worden oder mit dem Huf in eine Spalte geraten sein. Vielleicht liegt auch ein alter, vollgesogener Baumstumpf im Wasser, der gespalten ist oder eine Astgabel hat, in der sich der Hinterhuf verklemmte.

Chris spürt sofort, wie das Tier kämpft, wie es zappelt und reißt, um freizukommen. Aber es kommt nicht los und taucht schon unter. Die Strömung reißt es herum und drückt es stromab, und das arme Tier kämpft verzweifelt. Doch es sitzt mit dem Huf so übel fest, dass es abermals unter Wasser gerät.

Chris lässt sich aus der Nähe des Tieres gleiten. Sie kann ihrem Pferd nicht helfen, denn sie selbst hat alle Mühe, sich über Wasser zu halten. Ihre Kleidung ist nass und schwer, und selbst ein geübter Schwimmer hätte nun einige Mühe.

Doch da fällt ihr der treibende Baum wieder ein, und sie sieht bereits das Wurzelwerk dicht vor sich und über sich. Plötzlich wird sie von Panik erfasst, wirft sich auf den Rücken und versucht stromab zu entkommen.

Der Baum dreht sich dann wieder einmal mit einem scharfen Ruck um fast neunzig Grad seiner Längsachse, und dort, wo Chris soeben noch im Wasser schwamm, peitscht eine starke Wurzel wie eine Riesenschlange ins Wasser. Das Mädchen wird natürlich noch nervöser. Sie wirft sich von der Rückenlage in die Brustlage und schwimmt verzweifelt nach links.

Aber es ist zu spät.

Chris gerät zwischen die ersten Rinder.

Und diese Longhorns, die bereits die auf sie zukommende Gefahr erkannten, sind ebenfalls in Panik geraten. Der Baum bleibt mit dem Astwerk, welches er hinter sich her schleift wie einen Schleierschwanz, für einige Sekunden am Flussrand hängen. Er hat das Pferd längst unter Wasser gedrückt, und sicher ist das arme Tier das Hindernis, welches ihn einige Sekunden aufhält.

Doch dann kommt er mit einem heftigen Ruck frei und stößt mitten in die Rinder, die nun wie verrückt zu kämpfen beginnen. Das Mädchen befindet sich mitten in diesem Durcheinander und für einige Sekunden ist nichts mehr von Chris zu sehen.

☆☆☆

Morg Shannon hat Chris immer wieder beobachtet, obwohl er mit den Rindern hier am Rande des Flusses wahrhaftig alle Hände voll zu tun hat.

Doch nun, da er Chris auf die schwimmenden Longhorns zutreiben sieht und sich ausrechnen kann, dass auch der treibende Riesenbaum wenige Sekunden später in dieses Durcheinander hineinstoßen wird, vergisst er die Rinder, die er in den Fluss jagt.