G. F. Unger Western-Bestseller 2359 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2359 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Sie fahren mit ihren Wagen mitten durch das Cheyenne-Land am Powder River, und auch der blutrünstige Häuptling Black Dog kann den Frachtwagenboss Ringo Rock nicht aufhalten ...


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Seitenzahl: 153

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Inhalt

Cover

Impressum

Powder River Trail

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6435-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Powder River Trail

Ringo Rock kennt dieses Land, denn er wurde in Wyoming geboren. Sein riesiger Minniconjou-Wallach steht unterhalb eines Hügelkamms. Der große Mann sitzt bewegungslos im Sattel und späht in die Runde. Er lässt sich Zeit, denn nichts ist hier gefährlicher als ungeduldige Hast. Ringo Rock wittert wie ein misstrauischer Wolf. Nur manchmal wirft er einen Blick in die Senke hinunter. Dort sind die rauchenden Trümmer einiger Conestoga- und Merville-Wagen zu sehen. Und einige mit Pfeilen bespickte Körper liegen im grünen Gras verstreut. Die Toten sind nackt und skalpiert. Ringo Rock hat das alles schon einige Male gesehen. Es passiert immer wieder in diesem Land, und je weiter man sich dem Powder River nähert, umso schlimmer wird es.

Ein anderer weißer Mann wäre an seiner Stelle sofort hinuntergeritten. Oder er hätte die Flucht ergriffen. Die Furcht wäre ihm in die Knochen gefahren. Ringo Rock aber sitzt regungslos auf seinem narbigen Riesenwallach und lauscht auf den Atem und auf die geheimnisvollen Signale des Landes.

Der Wind kommt von Norden. Im Nordwesten entfernt sich eine Staubsäule. Das sind Reiter. Aber im Süden und Osten sind ebenfalls Staubfahnen.

Und hier, im näheren Umkreis von zwei oder drei Meilen, rührt sich nichts. Hier sind keinerlei Zeichen. Nur die Trümmer der Wagen qualmen in der Senke, durch die sich der Powder River Trail nach Norden zieht …

Hier sind keine Zeichen.

Gar nichts!

Aber das ist für Ringo Rock das schlimmste Zeichen überhaupt.

Deshalb hält er sich in Deckung des Hügelkammes, bleibt regungslos im Sattel und versucht herauszufinden, wo sich die Kriegshorde versteckt hält.

Es kann nur ein kleiner Rest des großen Ungewitters sein, das über die Wagen dort unten hereingebrochen ist. Aber sie sind da. Sie sind irgendwo.

Die Sonne sticht heiß hernieder.

Ringo Rock schluckt trocken. Dann starrt er auf die Ohrenspitzen seines grauen Wallachs. Sie zittern.

»Nun gut, Colonel«, sagt Ringo Rock sanft zu seinem Pferd, »nun gut, dann werden wir eben sehen, ob wir sie schlagen können, nicht wahr?«

Er macht eine leichte Körperbewegung – und das riesige Tier setzt sich sofort wieder in Bewegung. Es läuft so leicht und mühelos wie ein langbeiniger Büffelwolf.

Der Mann ist in befranstes Leder gekleidet – aber er trägt einen Stetson-Hut und Cowboystiefel, diese jedoch ohne Sporen. Er hat zwei Colts im Kreuzgurt und eine gute Winchester-Büchse – das neueste Modell hier an der Grenze – griffbereit vor sich im Sattelschuh.

Unter der breiten Hutkrempe spähen zwei rauchgraue Augen. Hohe Wangenknochen und eine gerade Nase werden von einem rötlichen Stoppelbart eingerahmt.

Das ist Ringo Rock – sechseinhalb Fuß groß, knapp zweihundert Pfund schwer und dreiunddreißig Jahre alt, von denen er zehn Jahre bei den Indianern lebte.

Er ist der Mann, der ein Frachtfuhrunternehmen gegründet hat und der nun vor der schwierigen Aufgabe steht, bis zum Winter einen Armeekontrakt zu erfüllen, der ihn entweder zum wohlhabenden Mann machen – oder ihm und seinen Leuten den Tod bringen wird.

Und jetzt reitet er, obwohl er mit Sicherheit weiß, dass Indianer in der Nähe sind, aus seiner Deckung hervor und zu den rauchenden Trümmern eines überfallenen Wagenzuges hinunter.

Es ist nicht sein Wagenzug. Seine eigenen Mannschaften sind nicht unterwegs. Sie sind in Fort Laramie und warten auf seine Rückkehr.

Nein, das dort unten war ein Treck mit Siedlern.

Sein Wallach schnaubt unruhig, als er den ersten leblosen Körper passiert. Es ist eine Frau. Sie muss um ihr Leben gerannt sein. Ringo Rock blickt schnell wieder weg und schluckt schwer. Das, was er sieht, kann auch ein harter Mann, der sich fest in der Hand hat, nur schwer ertragen.

Er reitet näher an die Wagen heran, umkreist sie und findet auch das Dutzend toter Kavalleristen. Man hat ihnen die blauen Uniformen ausgezogen, aber Ringo Rock kennt Sergeant Pat Longfish persönlich.

Und jetzt ist Pat Longfish tot.

Alle sind tot.

Hier ist kein Leben mehr.

Das wollte Ringo Rock genau wissen. Es war seine Menschenpflicht, nachzusehen, ob vielleicht nicht doch ein armer Teufel noch am Leben war und Hilfe brauchte.

Der Mann starrt auf die bunt gefiederten Pfeile und auf die abgeschlagenen Armstümpfe der Toten.

Cheyennes, denkt er bitter.

Das waren Black Dogs Hundesoldaten!

Dann sieht er sich um.

Und er erblickt sie sofort.

Sie kommen drüben über den Hügel und bilden auf dessen Rücken eine Kette. Es sind zwölf.

Und der dreizehnte Mann reitet ein Stück vor der Kette seiner Krieger. Er trägt ein schwarzes Hundefell und die drei Federn, an denen man die Dog Soldiers der Cheyennes gut erkennen kann.

Es ist Black Dog.

Ringo Rock sieht sich um. Er rechnet schon damit, dass rings um ihn weitere Indianer auftauchen, aber die Hügelkämme im Norden, Osten und Süden bleiben leer.

Ringo Rocks Zähne werden sichtbar, als er die Lippen zurückzieht. Es ist ein grimmiges Zähneblecken.

Er will sein Pferd herumziehen und sich auf den Weg machen, damit ihm die roten Gentlemen nicht zu dicht auf den Pelz rücken, da sieht er, wie Black Dog die Hand hebt. Seine Reiter bleiben zurück, und er selbst kommt langsam auf Ringo Rock zugeritten.

Sie kennen sich gut. Als Ringo Rock noch ein Knabe war und in den Zelten der Hunkpapa-Sioux lebte, trafen sich die Stämme manchmal an den Ufern des Platte River. Auch Black Dog war damals noch ein Knabe.

Er grinst den Weißen an, als er dicht vor ihm sein scheckiges Pferd verhält.

»Hokahey, Big Fox«, sagt er freundlich. »Ich werde deinen Skalp schon noch bekommen.«

Ringo Rock grinst zurück und sagt noch freundlicher: »Gute Jagd, Black Dog! Eines Tages werde ich dich in das Schattenreich schicken.«

Black Dog nickt freundlich und wünscht nun ebenfalls »gute Jagd«.

Nachdem sie sich auf diese Art begrüßt haben, starren sich beide eine Weile an. Dann deutet der Indianer langsam auf die rauchenden Trümmer und die verstreut im Gras liegenden Toten.

»Das war ich!«

»Die Seelen dieser Menschen werden bald aus dem Schattenreich auf dich nieder spucken«, murmelt Ringo Rock grimmig. »Und der Adler-Häuptling, der Colonel, wird mit vielen Pferdesoldaten kommen und dich an einen Baum hängen.«

Black Dog schüttelt unmerklich den Kopf. In seinen dunklen Augen beginnt es zu glühen.

»Es ist Krieg, es ist schon lange Krieg. Und der Krieg wird anhalten, so lange weiße Männer in dieses Land kommen. Big Fox, ich weiß viele Dinge. Ich weiß, dass du der Mann bist, der bis zum Winter genügend Proviant, Kleidung und andere wichtige Dinge zu den friedlichen Dörfern schaffen soll. Du willst viele Wagenzüge durch dieses Land führen, deren Ladungen für die Abtrünnigen unserer Stämme bestimmt sind. Der große Soldatenhäuptling hat versprochen, dass er alle zahmen Indianer beschützen wird, dass sie Proviant und Kleidung und viele andere Dinge erhalten, wenn sie friedlich in ihren Dörfern bleiben und sich nicht darum kümmern, dass die Weißen ihr Land in Besitz nehmen, die Büffel töten und überall Forts errichten. So ist es doch?«

Ringo Rock nickt.

»So ist es! Für alle friedlichen Indianer sorgt die Regierung der Vereinigten Staaten. Sie bekommen alles Notwendige, um in Ruhe leben zu können. Sie werden nicht hungern. Es wird ihnen im Winter gut gehen. Sie teilen mit uns ihr Land. Also teilen wir mit ihnen alles, was zum Leben notwendig ist. Aber du willst das nicht Black Dog?«

»Niemals! Wir sind die Herren in diesem Land! Wir wollen euch nicht. Immer haben eure großen Häuptlinge gelogen! Wir wollen Krieg, bis kein Weißer mehr in unserem Lande ist. Das will ich! Das will Red Cloud! Das will Crazy Horse! Und das will Tatanka Yotanka, den ihr Sitting Bull nennt. Krieg!«

»Aber viele andere große Häuptlinge wollen Frieden«, murmelt Ringo Rock bitter.

»Auch sie werden den Krieg wollen, wenn sie erst erkennen, dass sie die versprochenen Wagenladungen nicht erhalten. Auch sie werden kämpfen, wenn sie sehen, dass ihr nicht stark genug seid, um eure Wagenzüge ans Ziel zu bringen. Sie werden ihre Dörfer abbrechen und sich mit uns vereinigen. Sie werden ausspucken und sagen, dass sie dumm waren, weil sie friedlich blieben und darauf warteten, dass ihr ihnen Proviant und Kleidung bringt. Ihre Frauen werden weinen, weil keine Wintervorräte vorhanden sind, da man sich auf das Wort und die Stärke der Weißen verlassen hatte. Dann werden sie bei uns Hilfe suchen. Wir werden sie ihnen geben. Und dann wird es kommen, dass zehnmal tausend Krieger vereint sind und wie ein Ungewitter über euch herfallen. Das wollte ich dir sagen, Big Fox!«

»Vetter«, erwidert Ringo Rock grinsend, »was geschieht aber, wenn ich dich jetzt töte?«

»Das wirst du nicht tun, denn ich bin zu dir gekommen, um mit dir zu reden. Du sollst dem Soldatenhäuptling in Fort Laramie berichten, was jedem Wagenzug droht, der durch dieses Land zieht. Du sollst es ihm sagen. Wir wissen, dass er nicht so viele Soldaten zur Verfügung hat. Und wenn er welchen befiehlt, euch gegen uns zu beschützen, so reichen die anderen nicht mehr aus, um Crazy Horse und Red Cloud aufzuhalten. Bevor es Frühling wird, steht kein Fort mehr von Fort Laramie bis zum Powder River. Und ich wollte dich warnen. Du verlierst deine Wagenzüge und deine Männer. Dann bist du wieder arm. Und eines Tages werde ich auch deinen Skalp bekommen. Heute nicht! Du bist der einzige Mann, dem der Soldatenhäuptling in Fort Laramie glauben wird, dass es aussichtslos ist, die friedlichen Dörfer versorgen zu wollen. Und nun reite!«

Der Rote wendet sein Pferd. Seine drei Federn wippen. Ringo Rock erkennt an den Einschnitten in diesen Federn, dass Black Dog schon sehr viele Feinde skalpiert hat.

Aber das weiß er ohnehin schon.

Er verspürt das Verlangen, den Burschen vom Pferd zu schießen. Vielleicht würde es ihm dieses eine Mal nichts ausmachen, einen Menschen in den Rücken zu schießen.

Aber dann würden ihn die zwölf anderen Krieger jagen. Er hätte natürlich eine kümmerliche Chance, aber …

Er zögert noch und sieht sich schnell um.

Doch da erkennt er, wie schlau Black Dog ist. Ringsum auf den Hügelrücken sind jetzt rote Reiter aufgetaucht. Es sind nicht viele. Der größte Teil von Black Dogs Kriegshorde ist schon abgezogen. Aber die zurückgebliebenen Krieger reichen vollkommen aus, um ein prächtiges Kesseltreiben zu veranstalten, bei dem er nur die Chance hat, einige der Roten erschießen zu können, bevor er selbst getötet wird.

Black Dog hat seine Falle gut gestellt. Es ist ihm auch sicherlich von Herzen schwergefallen, auf Ringo Rocks rötlichen Skalp zu verzichten. Aber da dieser Indianer nicht nur teuflisch, sondern auch sehr klug ist, verzichtet er für heute auf Rocks Kopfhaar. Es ist ihm lieber, dass Rock um seine Wagenzüge Angst bekommt und um militärischen Schutz bittet. Dann muss die Armee ihre Truppe, die dabei ist, eine Kette von Forts zu errichten, schwächen. Und dann bekommen Crazy Horse, Red Cloud und die anderen Häuptlinge der sieben Sioux-Stämme eine bessere Chance, mit den Forts und den Truppen fertig zu werden.

Da Ringo Rock dies alles erkennt, beschließt er, lieber davonzureiten und sich die Kugel für Black Dog aufzuheben.

Er reitet nach Süden. Er kommt dicht an einigen Roten vorbei, die ihn sofort mit einigen unmissverständlichen Worten verhöhnen.

Er grinst sie grimmig an und ruft zurück: »Sicher, wir treffen uns bald wieder, liebe Vettern. Wir bekommen noch viel Spaß, ihr Armabschneider!«

Armabschneider ist übrigens keine Beleidigung, denn das Wort Cheyenne bedeutet genau das und nichts anderes.

So reitet er auf seinem riesigen Wallach davon, wütend und verbittert. Und sie lassen ihn reiten.

☆☆☆

Drei Stunden später erreicht Ringo Rock die Station am Wica Creek. Sie ist eine der vielen kleinen Stationen am Powder-River-Weg. Hier wechseln die Kuriere der Armee ihre Pferde, und hier schlagen auch die Wagentrecks ihre Camps auf.

Zu diesem kleinen Armeeposten, der meist mit einem Sergeant und sechs Reitern besetzt ist, gehört auch ein kleiner Handelsstore, der Büffeljäger, Trapper und zahme Indianer versorgt.

Jetzt ist nichts mehr davon vorhanden.

Nur rauchende Trümmer sind noch da.

Ringo Rock wischt sich über das Gesicht. Er atmet langsam aus und späht in die Runde. Er sieht nichts, gar nichts.

Es ist wie vor drei Stunden, als er bei den rauchenden Trümmern des Wagentrecks war.

Dort sah er auch nichts – aber er wusste, dass die Roten in der Nähe waren.

So ist es auch hier.

Er weiß, dass ihn zumindest einige gut verborgene Späher beobachten. Aber sie haben Befehl, ihn unbehelligt reiten zu lassen. Er ist von Black Dog dazu ausersehen worden, die Kunde nach Fort Laramie zu bringen.

Er knurrt grimmig und reitet weiter. Sie überqueren eine Ebene, tauchen zwischen Hügeln unter und erreichen dann den Fuß einer meilenlangen Felswand, die von einigen engen Schluchten durchbrochen wird.

Ringo Rock reitet auf die Hauptschlucht zu, durch die der Powder-River-Weg führt.

Aber bevor er die Mündung erreicht, tauchen dort vier Cheyenne-Krieger auf.

Sie versperren ihm den Weg. Einer hält ein nagelneues Gewehr im Anschlag. Die drei anderen halten ihre kurzen Kriegsbogen bereit.

Er reitet langsam näher heran.

Das ist Little Horse, ein Häuptling der Dog Soldiers, der »Hundesoldaten«, wie man die Polizei der Cheyennes nennt. Jede Indianernation hat ihre eigene Militärpolizei. Bei den Sioux-Stämmen sind es die Oglala Bad Faces.

Ringo Rock reitet dicht genug heran, um nicht zu laut rufen zu müssen.

Little Horse sagt mit hintergründiger Freundlichkeit zu ihm:

»Hugh, hokahey, stinkender Fuchs! Es macht mir Freude, dich zu sehen! Dein Skalp sieht immer noch prächtig aus!«

Ringo Rock, den die Cheyennes und die Sioux Big Fox, also Roter Fuchs nennen, grinst auf gleiche Art zurück, nur kann er seinen Mund nicht von einem Ohr zum anderen auseinanderziehen. Aber er gibt sich alle Mühe, möglichst breit zu grinsen.

Und er erwidert die Begrüßung des Roten mit gleicher Freundlichkeit.

»Hokahey, großes Maul! Ich sehe von hier aus die Läuse in deinem Skalp herumspazieren! Warum versperrst du mir den Weg?«

Das Grinsen des Roten verschwindet wie der Sonnenschein, wenn sich eine jagende Wolke vor die Sonne schiebt. Er schielt nach rechts und links und muss erkennen, dass sich seine drei roten Vettern mit Mühe ein Grinsen verkneifen. Das ärgert ihn sichtlich, aber er beherrscht sich und hebt nur die Gewehrmündung etwas an.

»Wir dürfen dich noch nicht töten«, sagt er kehlig. »Black Dog will, dass du die Kriegsbotschaft zum Adlerhäuptling ins Fort bringst. Doch du musst jetzt einen Umweg machen. Du musst den Weg durch eine andere Schlucht nehmen, Hopo! Geh!«

Ringo Rock hört es. Er starrt zur Schlucht hinüber, und er denkt schnell darüber nach, was die Roten für einen Grund haben könnten, ihn zu einem Umweg zu zwingen.

Zugleich spürt er aber auch, wie die kalte Wut in ihm aufsteigt. Er hat die Toten des Wagentrecks gesehen – und dann die Leichen der verstümmelten Besatzung der kleinen Station.

Er beugt sich im Sattel vor.

»Habt ihr die Station am Wica Creek überfallen?«

»Das war ich.«

Little Horse grinst. Und das ist sein letztes Grinsen auf dieser Welt. Während er sein neues Winchestergewehr in der Hand hält, die Mündung auf Ringo Rock richtet und eine Kugel an Ringos Kopf vorbeijagt, zieht der Weiße ganz plötzlich seinen rechten Colt. Die Waffe taucht so plötzlich in seiner Hand auf, dass es wie Zauberei wirkt.

Ringo schießt weiter.

Ein Pfeil fährt durch seine Hutkrone, und ein zweiter streift seine Schulterspitze.

Little Horse liegt mit seiner neuen Winchester-Büchse am Boden. Einer seiner Vettern kann sich schwer angeschossen auf seinem Mustang halten und jagt schräg an Ringo Rock vorbei nach Norden.

Die beiden anderen Getreuen des Unterhäuptlings liegen verwundet am Boden.

Ringo Rock aber steckt den leer geschossenen Colt weg und nimmt die linke Waffe in die Hand.

Dann reitet er zu Little Horse hin, beugt sich weit aus dem Sattel und nimmt das neue Gewehr des Roten vom Boden auf.

Er sieht auf die Verwundeten nieder und fragt: »Wie geht es euch?«

Aber sie grinsen zu dem Reiter hinauf.

Einer sagt: »Es war uns eine Ehre, von dir, Big Fox, der du mit dem kleinen Gewehr zaubern kannst, verwundet zu werden. Unsere Vettern sind nicht weit. Wir werden leben. Aber du bist auch bald so tot wie Little Horse.«

»Jeder tut, was er kann«, murmelt Ringo Rock bitter. »Grüßt Black Dog von mir. Sagt ihm, dass ich ihn bald ins Schattenreich schicken werde. Und wenn ich ihn vorher aus dem Kreis seiner drei Frauen und aus seinem Tipi holen muss. Sagt es ihm!«

»Das tun wir, Big Fox.«

Nach diesem kurzen Wortwechsel reitet Ringo Rock weiter. Er trabt vorsichtig in die Schlucht hinein – und als er sie zwei Meilen weiter verlässt, da sieht er sieben schaukelnde Conestoga-Schoner und einen schweren Merville-Frachtwagen auf sich zukommen.

Jetzt begreift er, warum ihn Little Horse und dessen drei Vettern überreden wollten, einen anderen Weg zu nehmen. Wäre er durch eine der anderen Schluchten geritten, so hätte er diesen Treck nicht zu Gesicht bekommen.

An der Spitze reitet ein hagerer Riese, dem ein Spitzbart wie ein Eiszapfen am Kinn hängt. Dieser Mann hebt seinen Arm, als Ringo Rock so plötzlich auftaucht, und die ganze Kolonne hält an.

Der Wind bläst den aufgewirbelten Staub nach vorn. Als die Sicht wieder besser ist, hält Ringo Rock seinen Riesenwallach dicht neben dem Führer des Trecks an.

»Mister«, sagt er trocken, »ihr habt euch eine schlechte Zeit ausgesucht. Wenn ihr jetzt sofort umkehrt, so habt ihr noch ein paar kümmerliche Chancen, eure Skalps zu retten. Ich habe vor vier Stunden eine Menge Leute gesehen – die einen waren tot – und die anderen lebten. Das Schlimme ist nur, dass die Lebenden alle rothäutig waren. Kehrt um und macht schnell! Ihr habt ja nicht mal eine Soldatenabteilung bei euch!«

Er verstummt bitter und späht die lange Wagenschlange entlang. Es sind gute Fahrzeuge, mit prächtigen Maultiergespannen mit Siedler- und Pionierfamilien von echtem Schrot und Korn.

Sie kommen jetzt alle nach vorn und bilden um ihn und ihren Treckboss einen Halbkreis. Auch ein schlankes Mädchen in Männerkleidung kommt auf einer roten Stute herangeritten. Ringo Rock sah sie bei den halbwüchsigen Burschen, die drüben eine Pferderemuda und eine kleine Rinderherde bewachten.

Das Mädchen verhält hinter dem Halbkreis der Menschen ihre Stute und starrt über die Köpfe hinweg auf Ringo Rock. Sie ist so braun und dunkelhaarig wie eine Indianerin. Aber ihre Augen sind so blau wie Kornblumen.

Sie ist schön.