G. F. Unger Western-Bestseller 2366 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2366 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Noch nie hatte es jemand geschafft, fünfhundert Rinder auf dem Big Muddy ins Goldland von Montana zu bringen. Doch für die schöne Karen Hutchinson wagt Barton Lane das Unmögliche ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Missouri-Legende

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6615-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Missouri-Legende

Alle Männer am Tisch vergessen ihr Pokerspiel und wenden die Köpfe, um die Frau anzusehen, die in Reitkleidung und mit einer Maultierpeitsche in der Hand den Saloon betritt.

Es ist eine große, geschmeidige und reife Frau, ihr Haar ist dunkelrot, und sie hat grüne Augen, hochstehende Wangenknochen und einen Mund, der etwas zu breit ist. Auf eine besondere Art ist sie hübsch. Die Männer haben solch einen Anblick schon lange nicht gehabt. Deshalb vergessen sie ihr Pokerspiel, obwohl mehr als dreihundert Dollar im Topf liegen.

Die Frau geht bis in die Mitte des Saloons, hält inne und blickt sich wie suchend um. Mike Powder, der Wirt kommt hinter dem Schanktisch hervor und fragt höflich: »Madam, was kann ich für Sie tun?«

»Ich suche Mister McLane, Barton McLane, den Schiffseigner der ›Missouri Bee‹, die unten an der Landebrücke festgemacht hat.« Es ist so still im Saloon, dass man ihre Worte genau verstehen kann. Ihre Stimme klingt dunkel und etwas kehlig. Doch es ist eine wohlklingende und auf Männer erregend wirkende Stimme.

Als die Worte verklungen sind, wenden alle anwesenden Männer wie auf Kommando die Köpfe und blicken auf Barton McLane, den sie alle gut kennen – oder von dem sie zumindest wissen, dass er der Eigner des Flussdampfers ist, der an diesem Tag anlegte und für die Frachtlinie einige Tonnen Frachtgut löschte.

Barton McLane erhebt sich langsam.

»Madam«, sagt er, »wenn Sie noch eine Minute Geduld haben würden, bis ich den Gentlemen hier ihr Geld abgenommen habe …«

»Selbstverständlich«, sagt sie. Doch sie verlässt nicht den Saloon, um draußen zu warten, wie es jede andere Frau getan hätte. Sie tritt näher an den Pokertisch heran, und die Männer begreifen, dass sie dem Spiel zusehen will.

Der Schiffseigner Barton McLane ist ein großer Mann, hager und sehnig, doch mit breiten Schultern. Er wirkt eigentlich gar nicht wie ein Flussschiffer, eher wie ein Reiter, ein Rindermann. Er ist bestimmt nur wenige Jahre älter als die Frau. Und er hat ebenfalls rote Haare, nur heller, flammender, herausfordernder. Seine Augen sind grau, sehr kühl und fest. Er hat ein ruhiges und kühn wirkendes Gesicht, und es ist jetzt ausdruckslos und starr.

Denn er spielt mit rauen und hartgesottenen Männern Poker.

Ohne noch einen weiteren Blick in seine Karten zu werfen, holt er seine Brieftasche heraus, zählt nochmals hundert Dollar ab, wirft sie zu dem anderen Geld in die Tischmitte und sagt: »Ich habe es jetzt eilig, Jungs! Wer will noch?«

Sein Nachbar starrt auf das Geld, und er müsste jetzt ebenfalls mit hundert Dollar mitbieten.

Er blickt zur Seite und Barton McLane an. Der erwidert den Blick unpersönlich und ausdruckslos.

Und da atmet der Mann langsam aus und sagt: »Ich passe! Ich steige aus!«

Das scheint eine Art Signal für die vier anderen Männer zu sein. Sie zögern und überlegen zwar, und sie blicken zumeist nochmals in ihre Karten und rechnen und kalkulieren. Sie starren auch Barton McLane an, misstrauisch, zweifelnd und manchmal sogar etwa böse.

Doch irgendwie zerbrechen sie dann an dessen ausdrucksloser Ruhe, die wie etwas Greifbares von ihm auszugehen scheint. Sie verspüren alle nacheinander die gleichen Zweifel und die gleiche Unsicherheit. Und sie geben auf. Sie bieten nicht mehr mit.

Als er das Geld einstreicht – es sind nun mehr als vierhundert Dollar, und das ist der Jahreslohn eines guten Cowboys! –, beginnt er zu lächeln.

»Jungs«, sagt er, »ihr müsst noch den richtigen Big-Muddy-Poker lernen.« (Big Muddy – so wird der Missouri genannt, und es bedeutet »Großer Schlammfluss«.) Er macht eine Pause, seine Zähne blitzen nun. »Also bis zum nächsten Mal. Und dann lasst euch von mir nicht so schnell aus dem Spiel bluffen.«

Er stopft das Geld in seine Taschen, erhebt sich, geht um den Tisch herum und verbeugt sich leicht vor der Frau.

»Wenn es Ihnen jetzt …«

»Schon gut, gehen wir hinaus!« Sie sagt es knapp, betrachtet ihn von oben bis unten und geht dann vor ihm aus dem Saloon.

Die Männer blicken ihnen nach.

»Was mag die von ihm wollen?«, fragt eine Stimme.

Doch inzwischen hat einer der Männer Barton McLanes Blatt aufgedeckt. Er erblickt ein jämmerliches Paar und beginnt schrecklich zu fluchen.

»Dieser Hundefloh!«, keucht er. »Ich habe drei Damen, und ich lasse mich von diesem Fluss-Rutscher aus dem Spiel bluffen! Mit einem jämmerlichen Neunerpaar blufft er mich aus dem Spiel. Ich …«

»Beim nächsten Mal wird er mich nicht mehr aus dem Spiel bluffen können, und wenn er gleich um tausend Dollar steigern sollte«, verspricht einer der Männer.

Die anderen nicken.

Doch einer, der am Spiel nicht teilgenommen hatte und in der anderen Ecke saß, sagt herüber: »Der gewinnt immer im Poker! Du kannst sicher sein, dass er beim nächsten Mal nicht blufft, wenn du der Meinung bist, Franky, er wollte dich wieder aus dem Spiel bluffen. Sei nur vorsichtig mit ihm. Der könnte mit dem Präsidenten spielen und würde nicht schlecht dabei abschneiden.«

☆☆☆

Barton McLane schreitet indes neben der Frau zu einem Haltebalken, an dem sie ihr Pferd angebunden hat. Es ist ein Rinderpferd mit einem richtigen Cowboysattel. Das erkennt McLane sofort. In einer Lederschlinge hängt ein Lasso.

Barton McLane betrachtet die Frau. Obwohl diese Frau ziemlich groß ist, muss sie zu ihm aufsehen. Sie tut es fest und geradezu. Daran erkennt er, dass sie gewöhnt ist, mit Männern umzugehen.

»Womit kann ich Ihnen dienen, Madam?«, fragt er.

Sie betrachtet ihn immer noch forschend.

»Es war interessant für mich«, sagt sie, »Sie Poker spielen zu sehen. Verraten Sie mir eines: Wie war Ihre Karte?«

»Ein Neunerpaar«, sagt er sanft. »Ich wollte schon passen. Doch dann kamen Sie herein. Ich dachte mir gleich, dass ich nun die anderen Spieler bluffen könnte. Aber wollen Sie von mir Unterricht im Poker bekommen?«

Sie lächelt ernst.

»Ich sah das Schiff an der Landebrücke«, sagt sie dann. »Und ich wollte mir den Eigner dieses Schiffes ansehen.«

»Sind Sie zufrieden?«, fragt er, und in seinen grauen Augen funkeln helle Lichter.

»Sie riskieren manchmal einen hohen Einsatz, um einen hohen Gewinn einstreichen zu können«, sagt sie.

Er nickt. »Sicher«, sagt er langsam. »Wollen Sie mich am Ende auch zu einem Spiel einladen?«

Sie nickt und klopft ihrem Pferd die Seite.

»Ein ziemlich raues Spiel mit hohem Risiko«, sagt sie.

»Und was kann ich gewinnen?«

»Ihr Reingewinn dürfte nach Abzug aller Unkosten etwa zwanzigtausend Dollar betragen«, sagt sie schlicht.

Er schweigt einige Sekunden und betrachtet sie.

»Was ist das für ein Spiel?«, fragt er.

»Ich besitze fünfhundert Rinder. Und Ihr Steuermann sagte mir, dass die ›Missouri Bee‹ genauso viele Rinder und noch einige Pferde fassen kann.«

»Rindertransport?«, fragt er.

»Ins Goldland von Montana«, sagt sie. »Dort oben an der Nordgrenze suchen zehntausend Männer nach Gold. Sie werden im Winter Fleisch haben müssen. Ich möchte fünfhundert Rinder auf dem Flussweg hinaufschaffen. Und ich suche einen Partner, der ein Schiff besitzt, welches groß genug ist. Ich bringe die Rinder! Sie bringen das Schiff! Ich bringe die Rindermannschaft. Und den Gewinn teilen wir!«

»Sie haben mir noch nicht einmal Ihren Namen genannt«, murmelt er kühl.

»Ich bin Karen Hutchinson«, sagt sie.

»Miss?«

»Mein Mann ist im Rindercamp – fünf Meilen von hier.«

»Und warum schickt er Sie, um Männergeschäfte zu erledigen?«

»Weil er am Red River vor Monaten eine Kugel in den Leib bekam und seit diesem Tag ein kranker Mann ist. Weil ich die Herde und die Mannschaft führe. Deshalb, Barton McLane!«

Sie sagt es hart, und als er sie betrachtet, da erkennt er auch ihre Härte, die kaum etwas Weibliches hat. Doch er ahnt, dass ihre Härte aus der Not und der Verzweiflung geboren wurde.

Und plötzlich verspürt er Mitleid mit ihr.

»Ich glaube nicht …«, beginnt er. Doch dann verstummt er und sieht schweigend zu, wie sie den Kopf hebt, wie sie das Kinn anzieht und sich strafft.

Sie wendet sich ihrem Pferd zu und hebt den Fuß, um ihn in den Steigbügel zu schieben.

McLane ist etwas betroffen und beschämt, denn die Frau handelt nun sehr stolz und entschieden. Sie bittet nicht mehr oder versucht es mit irgendwelchen Mitteln, von denen ja eine hübsche Frau sehr viele zur Verfügung hat. Nein, sie hat offen und frei ihr Angebot gemacht. Er hat es abgelehnt, und nun bittet sie ihn nicht und versucht es nicht mit Überredung. Das gefällt ihm an ihr, ja, er ist sogar sehr beeindruckt.

Er streckt seine Hand aus und erfasst ihren Oberarm.

»Vielleicht sollten wir uns ausführlich darüber unterhalten«, sagt er sanft.

Ihr Blick ist misstrauisch. Sie prüft nun wachsam und sorgfältig. Doch sie kann an ihm nichts erkennen, was ihr missfallen müsste. Sie sieht nur einen großen, hageren und rothaarigen Mann, dessen Gesicht ruhig ist und dessen Härte keine böse Härte ist.

»Wenn wir ausführlicher über die Sache reden wollen«, sagt sie, »dann borgen Sie sich für zwei oder drei Stunden ein Pferd und reiten Sie mit mir zur Herde. Wir können unterwegs darüber sprechen, und Sie können auch alles gleich selbst in Augenschein nehmen. Ich habe ja auch Ihr Schiff besichtigt, bevor ich zu Ihnen kam. Ihr Steuermann ist ein Mann wie ein Bär, doch er war sehr freundlich zu mir.«

Sie sitzt nun auf und wartet im Sattel.

Barton McLane überlegt drei Sekunden. Dann tritt er noch einmal in den Saloon und ruft von der Tür: »He, Charly Brown, kann ich für drei Stunden dein Pferd nehmen? Du kannst dafür drei Stunden auf meine Kosten trinken.«

»Das ist gemacht!« Ein kleiner Bursche, der schon ziemlich bejahrt ist, springt von einem Ecktisch auf wie von einer Nadel hochgejagt. Er saß dort und blätterte in einem Katalog für Damenbekleidung. Nun aber ist er schon unterwegs zum Schanktisch.

»Hast du gehört?«, fragt er laut. »Hast du gehört? Ich kann auf Barton McLanes Kosten drei Stunden …«

Barton McLane hört die weiteren Worte nicht. Doch als er aus dem Saloon kommt, grinst er. Denn er weiß genau, dass der kleine Charly Brown nicht viel vertragen kann und viel zu gierig ist, um drei Stunden durchzuhalten. Charly wird binnen zwanzig Minuten unter dem Tisch liegen, und er wird dennoch nur so viel getrunken haben, wie ein anderer nötig hat, um lustig zu werden.

Karen Hutchinson beobachtet aufmerksam, wie der große Rotkopf zu einem der hier angebundenen Pferde geht. Es ist ein altes, doch großes und starkes Pferd. Die Frau beobachtet, wie sich der Mann in den Sattel schwingt. Als sie es gesehen hat, da weiß sie, dass Barton McLane nicht immer zu den Flussleuten gehörte.

Und nun weiß sie auch die feinen Narben auf seinem Handrücken zu deuten. Es sind Lassonarben, die entstehen, wenn eine um die Hand geschlungene Lassoleine gleitet.

Sie sieht auch, wie er das alte Rinderpferd herumzieht.

Ja, sie ist nun sicher, dass er einmal Cowboy war.

Wie kommt er nur zu einem Flussdampfer?, fragt sie sich, indes sie aus dem kleinen Ort reiten. Er hält sich nun neben ihr, und als sie ihn anblickt, lächelt er wieder auf seine Art.

Es ist eine Art, die ihn plötzlich völlig anders aussehen lässt, sehr viel jünger, jungenhafter, verwegen. Sie spürt tief in ihrem Kern, dass ihr sein Lächeln gefällt.

Und dann beweist er ihr sogar noch, dass er ihre Gedanken erraten konnte. Denn er sagt: »Sicher, Madam, ich war einmal ein Cowboy. Sie täuschen sich nicht in Ihrer Vermutung. Und den Flussdampfer erbte ich kurz vor dem Krieg vom Bruder meines Vaters. Mit diesem Schiff erbte ich sozusagen auch den Steuermann. Habe ich damit Ihre stummen Fragen beantwortet, Madam?«

»Genau«, sagt sie ohne Ziererei.

Dann reiten sie eine Weile schweigsam nebeneinander nach Süden.

»Auch ich hätte einige Fragen«, sagt er schließlich. »Soll ich sie laut äußern?«

Nun lächelt sie ernst. Doch dann wird ihr Gesicht sehr herb. Gewiss denkt sie jetzt an alle Dinge, die hinter ihr liegen und die noch kommen werden.

»Mein Mann und ich, wir heirateten vor dem Krieg«, sagt sie. »Er war ein kleiner Rancher in Texas. Dann ging er in den Krieg wie all die anderen Männer auch. Ich verwaltete unsere kleine Ranch, so gut ich es konnte. Während des Krieges vermehrten sich die Rinder ungeheuer. Fünf Rindergenerationen und deren Nachkommen bevölkern Texas. Und es gab bis vor wenigen Monaten keine Absatzmärkte für das Vieh. Doch dann zeigte der Rancher Jesse Chisholm den Texasherden den Weg zu den Eisenbahnstädten in Kansas. Auch wir brachen damals mit einer großen Herde auf. Wir gingen mit fünftausend Rindern auf den Trail.«

Dann sagt sie schlicht: »Am Red River überfielen uns die Comanchen. Sie versetzten die Herde in Stampede. Viele Reiter wurden getötet oder schlimm verwundet. Mein Mann …« Sie verstummt und blickt eine Weile in die Ferne. Dann sagt sie härter: »Mein Mann wurde ebenfalls schwer verletzt. Es ist ein Wunder, dass ich ihn am Leben erhalten konnte. Eine Kugel befindet sich noch immer in seinem Körper. Sie kann nicht entfernt werden. Carl Hutchinson wird sein ganzes Leben lang ein Kranker bleiben. Deshalb führe ich die Mannschaft.«

Wieder verstummt sie für eine Weile. Barton McLane kann erkennen, wie sie mehrmals mühsam schlucken muss. In diesen Minuten beginnt er zu ahnen, dass sie viel mehr in Not ist, als er bisher erkennen konnte. Er spürt auch irgendwie, dass sie dicht davor ist, zu zerbrechen und aufzugeben.

Plötzlich spricht sie weiter: »Von unserer Herde konnten wir noch etwas mehr als fünfhundert Rinder retten. Dafür hätten wir in Dodge City knapp fünftausend Dollar bekommen. Das ist nicht genug. Ich brauche mehr. Ich muss genug haben, um meinem kranken Mann den Platz zu verschaffen, den er verdient: ein nettes Haus, viel Sonne, eine Veranda mit Rosen. Er wollte mir alle Wünsche erfüllen. Er wollte …«

Wieder bricht sie ab. Nun schweigt sie länger.

»Er wurde dabei ein Krüppel«, sagt sie klirrend vor Härte, die den Schmerz unter Kontrolle hält. »Nun bin ich an der Reihe, für ihn etwas zu wagen. Und ich will es wagen. Mister, ich habe genaue Informationen. Im vergangenen Winter zahlten die Goldgräber dort im Norden in der Last Chance Gulch und im Gallatin Valley mehr als zweihundert Dollar für einen Longhorn-Stier, wenn sie ihn nur bekommen konnten. Und ich besitze fünfhundert Stiere. Ich rechne auch nur mit hundert Dollar für einen Stier. Aber das macht immer noch fünfzigtausend Dollar, nicht wahr? Ich wäre mit der Hälfte zufrieden. Wenn ich meine Mannschaft ausgezahlt habe, bleiben mir immer noch zwanzigtausend Dollar. Und das würde mir für Carl genügen. Wir würden in Kalifornien ein hübsches Haus und eine Obstplantage …«

Wieder verstummt sie, und nun bewegt sie auf eine besondere Art den Kopf, so, als wollte sie damit ausdrücken: Das sind meine persönlichen Angelegenheiten, Mr McLane.

Dieser schweigt eine lange Zeit, indes sie stetig reiten. Und ihm ist fast alles klar. Er verspürt eine starke Bewunderung in sich, die dieser mutigen und tapferen Frau gilt.

Du lieber Gott, denkt er, sie hat ganz einfach die Stelle ihres Mannes eingenommen. Und sie ist mutig genug, um ein gefährliches Spiel zu wagen. Sie will für ihn sorgen, so wie er für sie gesorgt hätte. Sie will ein gewagtes Spiel riskieren, denn …

Er unterbricht seine Gedanken, denn er will sie nicht nur still für sich denken, er will sie in Worte kleiden. Und so sucht er eine Weile nach den richtigen Worten. Doch er weiß, dass er die Sache nicht gefährlich und ernst genug wird schildern können.

»Madam«, sagt er nach einer Weile und drängt sein Pferd dichter an ihr Tier heran, um möglichst eindringlich zu reden. »Madam, so einfach ist das nicht! Auch der Wasserweg auf dem Missouri führt durch Indianerland, und die Sioux schlagen jeden Weißen tot, dessen sie habhaft werden können. Ja, sie haben auch schon einige Flussboote erwischt, die nach den Großen Fällen des oberen Missouri wollten. Die Chancen stehen eins zu zehn, dass wir es schaffen könnten. Und zwar stehen die Chancen eins zu zehn gegen uns.«

»Und warum reiten Sie dann überhaupt mit mir zum Herdencamp?« Sie fragt es mit kühler Stimme.

Er denkt über die Frage nach, und er forscht in sich nach den Gründen, die ihn davon abhielten, schon jetzt ein endgültiges Nein zu sprechen.

»Ich weiß es nicht genau«, murmelt er dann und blickt in Karen Hutchinsons grüne Augen. »Vielleicht ist es deshalb, weil Sie so mutig und stolz sind, Karen Hutchinson«, sagt er schließlich.

Er kann wieder erkennen, wie sie sich strafft, abwehrend und stolz.

»Keine Gefühle, Mister«, sagt sie rau. »Keine Gefühle! Ich will mit Ihnen ein Geschäft machen – mehr nicht! Man muss immer etwas riskieren. Schließlich haben Sie vorhin beim Poker …«

»Da ging es nicht um meinen Skalp«, sagt er trocken.

Sie reiten nun wieder schweigend, kommen dann durch eine Hügellücke in ein kleines Tal. Und nun kann Barton McLane das Herdencamp und die kleine Herde sehen.

Es ist ein jämmerliches Camp. Ein einziger Wagen steht dort, ein kleiner Planwagen, wie ihn die Siedler auf ihrer Landsuche für den Transport ihrer Habe und als Wohnwagen benutzen.

Aber es ist kein Kochwagen bei der Herde.

In einem kleinen Seilcorral stehen einige Pferde. Und einige Sattelpferde sind in der Nähe da und dort angebunden.

An einem Feuer hocken einige Männer.

Die Herde aber grast in der Senke rings um die Wasserstelle und wird von einem Reiter bewacht.

☆☆☆

Als Barton McLane das Feuer erreicht hat und sein Pferd von selbst anhält, zählt er sechs Männer. Und diese Männer – das erkennt er mit einem Blick – sind hartgesottene Gentlemen der Texasweide. Das hier sind Männer, die schon das Wort Kuh buchstabieren konnten, bevor sie ihren eigenen Namen kannten.

Und es sind sechs verbitterte und mürrische Männer, missmutig und ohne jeden freundlichen Gedanken.

Sie betrachten ihn ebenfalls schweigend und störrisch. Denn sie befinden sich alle in jenem Stadium, da ein Mensch von dieser Welt gar nichts mehr erhofft oder erwartet.

Karen Hutchinson schwingt sich aus dem Sattel.

»Das ist Mister McLane«, sagt sie. »Ihm gehört ein Flussboot, welches fünfhundert Rinder und einige Pferde fassen kann. Und wenn wir damit die Herde nach Montana bringen können, werdet ihr doppelten Lohn erhalten.«

Nach diesen Worten ist es still.

Die scharfen Augen der sechs Texascowboys richten sich auf Barton McLane, misstrauisch, kritisch und prüfend, aber ganz bestimmt nicht erwartungsvoll oder gar hoffnungsfreudig. Denn diese Mannschaft erwartet nichts mehr.

Nach einer Weile öffnet einer der Männer seinen linken Mundwinkel und sagt sarkastisch: »Wenn ich ein bis zwei Dollar hätte, dann würde ich mir im nächsten Ort ein menschenwürdiges Essen, einen kleinen Schnaps und eine Zigarre kaufen. Diese Lady kann ja nichts dafür, dass wir so am Ende sind. Und sie hat sich sogar prächtig gehalten. Doch irgendwann muss mal Schluss sein. Die Lady ist in den Ort geritten, um einen Käufer für ihre Herde zu finden. Doch sie hat anscheinend ein Schiff gefunden und ist auf eine Idee gekommen. Gewiss, wir haben vom Goldland in Montana gehört. Wir hörten auch vom Bozeman-Weg, der zu den Goldfeldern führt, wo jetzt zehntausend harte Burschen nach Gold suchen sollen. Wir hörten aber auch von den Sioux, die jeden Weißen massakrieren, der sich über Laramie hinaus nach Norden wagt. Gibt es denn auf dem Big Muddy und mit einem Schiff eine Chance?«

Das war eine lange Rede für einen verbitterten Texascowboy. Und zuletzt stellte er eine klare Frage.