G. F. Unger Western-Bestseller 2369 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2369 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Die Stunde der Abrechnung zwischen mir und Jim Hughan war gekommen. Doch statt um sein Leben zu betteln, machte er mir ein verblüffendes Angebot ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Das harte Spiel

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6618-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das harte Spiel

Es war schon Nacht, als wir die Wasserscheide des Passes erreichten und der Fahrer das Sechsergespann kurz verschnaufen ließ.

Da tauchten plötzlich aus dem dunklen Schattenbereich der Felsen sechs oder sieben Reiter auf. Eine scharfe Stimme rief: »Jorge, macht nur keine Dummheiten, du und dein Begleitmann!«

Das war die einzige Warnung.

Dann fluchte der Begleitmann auf dem Bock. Man konnte am Klang seiner Stimme hören, dass er kämpfen wollte. Ich sah ihn nicht, konnte mir aber vorstellen, wie er das Parker-Schrotgewehr hochriss. Aber zuvor blitzten Mündungsfeuer auf, ein Revolver krachte zweimal. Dann erst war das Donnern der Schrotflinte zu hören. Ich bezweifelte, dass der Begleitmann noch einen der Banditen getroffen hatte. Denn im nächsten Augenblick stürzte er von seinem hohen Sitz.

In der Kutsche waren außer mir noch einige andere raue Burschen, die mit zumindest einem Revolver bewaffnet waren. Doch wir alle unternahmen nichts. Wir hatten dafür unsere Gründe …

Wir hatten Frauen bei uns. Die Banditen konnten durch die Fenster in die Kutsche schießen, und mit Büffelgewehren konnten sie deren Wände gewiss mühelos durchlöchern. Aber das war noch nicht alles. Wenn der Fahrer das Gespann nicht halten konnte, würde es mit uns talwärts rasen. Schon bei der ersten Kehre konnte es uns in den Abgrund werfen.

Dazu kam, dass wir fast allesamt arme Teufel waren, aus deren Taschen auch beim Kopfstand nicht viel herausgefallen wäre.

Warum sollte jemand von uns kämpfen?

Der einzige Held war unser Begleitmann gewesen.

Es dauerte eine Weile, bis es einigermaßen still wurde.

Dann fragte die scharfe Stimme: »Jorge, warum hat dieser Narr versucht, auf uns zu schießen?«

»Er war neu«, erwiderte die Stimme des Fahrers. »Und er sagte, dass er vor niemandem Angst hätte. Er hielt mich für einen Feigling, denke ich.«

Es war dann einige Sekunden lang still. Dann sagte die scharfe Stimme trocken: »Also wirf die Kiste mit den Lohngeldern der Pikes-Mine herunter, Jorge. Wir wollen uns doch nicht unnötige Schwierigkeiten machen, nicht wahr?«

»Nein«, erwiderte Jorge vom hohen Bock. »Ich mache bestimmt keine Schwierigkeiten. Ich fahre nur die Kutsche. Das habe ich den Bossen der Linie schon gesagt, und sie können sich von mir aus auch einen anderen Fahrer suchen. Ich mache euch keine Schwierigkeiten. Ich gebe stets der Gewalt nach.«

»Du bist klug, Jorge. Deshalb hast du sie bisher auch alle überlebt. Herunter mit der Kiste!«

Der Befehl kam präzise und unnachsichtig.

Bald darauf polterte es, als wenn ein schwerer Eisenkasten aufschlägt. Ich wusste, dass dieser Kasten unter dem Fahrersitz gestanden hatte. Nun warf der Fahrer diese Geldkiste herunter.

»Fahrt weiter!« Dies rief die scharfe Stimme. »Ladet diesen wilden und heldenhaften Jungen ein und fahrt weiter!«

Bald darauf waren wir allein, denn die Banditen verschwanden wieder zwischen den Felsen, aus deren Schattenbereich sie gekommen waren.

Einige der Männer kletterten aus der Kutsche. Sie fanden schnell heraus, dass der Begleitmann noch lebte und eine Chance hatte, konnte man ihn nur schnell genug zu einem Doc schaffen.

»In einer halben Stunde sind wir in Silverville, wenn ich schnell fahre und ihr keine Angst habt!« Dies rief Jorge uns zu.

Darauf entschied ich mich, auf dem Sitz des Begleitmannes neben Jorge hoch oben mitzufahren und dem Verwundeten meinen Platz in der Kutsche zu überlassen.

Ich sagte das den Leuten und stieg aus. Als ich zu Jorge hinaufgeklettert war, hatte ich auch das Gewehr des Begleitmannes mitgebracht. Ich schob es ins Futteral neben dem Sitz.

Jorge war ein alter, ziegenbärtiger Bursche, der einen grünen Zylinder und einen dunkelblauen, alten und speckigen Prinz-Albert-Rock trug. Er hatte eine rote Knollennase und zwei Segelohren.

Er betrachtete mich im Sternenlicht und sagte: »Ich fahre jetzt höllisch schnell, und wenn Sie sich nicht festhalten, fallen Sie in einer der Kurven herunter wie eine Fliege von einer Peitschenspitze. Der Abgrund ist fast immer auf Ihrer Seite. Wenn Sie dann nicht fliegen können wie ein Vogel, fallen Sie tausend Yards tief. Verstanden?«

»Verstanden«, sagte ich. »Ich bin nicht gerade schwächlich und werde mich deshalb festhalten wie ein Klammeraffe.«

Da war er zufrieden. Inzwischen rief man ihm auch zu, dass alles fertig sei. Und da sauste er los. Sechsspännig!

Er war ein Künstler, man kann es nicht anders sagen. Überdies verstand er die Pferdesprache, denn was er den sechs Gäulen immer wieder zurief, verstanden die genau.

Überdies konnte er mit der Bremse, die er mit dem linken Fuß bediente, umgehen wie meine alte Tante Mabel mit ihren Stricknadeln.

Meine Achtung für Jorge wuchs. Vorhin, als gegen die Banditen keine Aussicht war, den Kampf gewinnen zu können, da passte er und überließ ihnen sogar das anvertraute Lohngeld.

Doch jetzt, wo es ging, ein Menschenleben zu retten, jetzt kämpfte er.

Ich selbst konnte mit einigem Recht von mir sagen, dass ich ein harter Bursche war. Ich war achtundzwanzig Jahre alt, über sechs Fuß groß und hundertachtzig Pfund schwer. Und ich hatte mich stets überall behaupten können überall. Nach meinen Lebenserfahrungen hätte ich gut zehn Jahre älter sein können.

Jorge schaffte die Abfahrt in weniger als einer halben Stunde. Es waren genau zweiundzwanzig Minuten. Wir sausten dann auf der Hauptstraße in die Stadt hinein, die noch zur Hälfte ein Camp war. Alle Häuser waren hastig errichtet.

Als wir vor dem South Platte Hotel hielten, warteten schon der Posthalter und einige Dutzend Leute. Jemand rief: »Habt ihr das Lohngeld durchgebracht?«

»Nein«, rief Jorge, »doch wir müssen meinen Begleitmann zum Doc schaffen! Schnell! Holt ihn aus der Kutsche, Jungs, und tragt ihn zum Doc! Es geht um sein Leben!«

Nun entstand eine Menge Durcheinander. Ich kümmerte mich nicht darum, sondern nahm meine Reisetasche und ging zur anderen Straßenseite hinüber. Dort blieb ich stehen, stellte die Reisetasche zwischen meine Füße und zündete mir eine Zigarette an.

Ein kleiner Bursche trat zu mir und bat mich um Feuer. Ich gab es ihm und sagte: »Schöne Stadt ist das, nicht wahr?«

»Ja, dachte mir gleich, dass Sie es sind, Mac O’Brian«, sagte der Mann zu mir empor. »Ich bin Smith. Der Mann, den Sie suchen, besitzt eine Menge Betriebe und Geschäfte in dieser Stadt. Jetzt finden Sie ihn im Royal Playhouse. Er nennt sich Hugh Stone. Wenn Sie ihn sehen und er Ihr Mann ist, dann greifen Sie sich an Ihr linkes Ohr. Dann weiß ich, dass mein Auftrag erfüllt ist. Ich gebe dann Ihren Scheck bei meiner Bank zur Gutschrift.«

Damit ging er, ein kleiner Mann, der zu einem halben Dutzend gehörte, die ich zumeist schriftlich angeworben hatte, um nach Jim Hughan zu suchen.

Und hier gab es einen Mann, der sich Hugh Stone nannte und auf den diese Beschreibung von Jim Hughan zutraf. Auch dass er einen Teil seines Nachnamens als Vornamen verwandte, ließ mich hoffen, dass ich diesmal richtiglag.

Ich nahm meine Reisetasche, rauchte meine Zigarette und ging die Hauptstraße entlang. Sie hieß ganz schlicht »Silver Street«, doch hier in Silverville drehte sich ja alles um Silber, hier und auf zweihundert Meilen in der Runde.

Bis im Jahr l858 gab es hier in diesem Tal von Colorado keinen Menschen. Aber dann entdeckte man in den Nebenflüssen des South Platte River Gold. Später dann fand man auch Silber in noch reichhaltigeren Vorkommen. Von dieser Zeit an war es vorbei mit der stillen Ruhe dieses einsamen Landes.

Auch in dieser Stadt, über deren Hauptstraße ich schlenderte, wobei ich mich bemühte, meine von der langen Fahrt steifen Muskeln zu lockern, war alles hektisch und wild, lärmend und sündhaft in Betrieb.

Ich war schon in einigen solchen wilden Städten gewesen. Eine solche Stadt hatte ich als Marshal schon einmal gebändigt, gezähmt, friedlich und redlich gemacht. Das hatte mir zwei Kugelnarben eingebracht.

Nun gut, ich ging also die Hauptstraße entlang und hielt dann und wann inne, um mir den Betrieb anzusehen. Einige Male wich ich lärmenden Gruppen Betrunkener aus, die alles aus dem Weg stießen oder von den Beinen schlugen, was ihnen nicht Platz machte.

Ein großer Bursche kam die Straße herauf, mir entgegen, und immerzu hielt er inne und rief: »Hoii! Hier ist ein wilder Bär aus Kentucky. Hoii, wo ist ein Großmaul aus Tennessee? Ich will es verprügeln! Ich bin der stärkste Mann aus Kentucky!«

Er war betrunken.

Er kam auch hoffnungsvoll zu mir, beugte sich vor und hauchte mich mit einem Atem an, an den man kein Zündholz hätte halten dürfen.

»Bist du aus Tennessee, Bruder?« So fragte er erwartungsvoll.

»Nein, mein Freund«, erwiderte ich. »Doch an der nächsten Ecke war einer, der sucht einen Burschen aus Kentucky.«

»Ooohoooiii!« So jauchzte er sofort und machte sich davon.

Ich grinste und ging weiter.

Und dann stand ich plötzlich vor dem Royal Playhouse.

Dort drinnen sollte Jim Hughan sein, der sich hier Hugh Stone nannte. Auch konnte ich diesen Namen auf dem Schild lesen.

Besitzer: Hugh Stone.

So stand unter ROYAL PLAYHOUSE zu lesen.

Ich ging hinein, und ich sah gleich, dass dies ein nobler Laden war, in dem man jedes Spiel machen konnte, aber auch jedes Spiel.

Vorn, in dem großen Raum, da gab es zwei Dutzend Spieltische und Roulette-Räder. Man konnte Poker, Black Jack, Faro, Würfel und wer weiß noch was spielen. In einem Nebenraum stand ein Dutzend Billardtische. Durch einen dicken Samtvorhang gelangte man in den Firstclass-Room, in dem die großen Spiele ohne Limit stattfanden. Dort saßen auch die großen Nummern, jene hartbeinigen oder hartgesottenen Burschen, die auf ein Paar Neuner tausend Dollar setzten.

Ich hatte inzwischen fast eine halbe Stunde Zeit vertan, und ein- oder zweimal hatte ich auch jenen kleinen Mann bemerkt, den ich mit der Suche beauftragt hatte.

Dieser Smith beobachtete mich unauffällig.

Und in jenem noblen Raum endlich sah ich den Mann, den ich finden wollte.

Mein Detektiv hatte gute Arbeit geleistet. Die Beschreibung und die Anhaltspunkte über Jim Hughans Lebensgewohnheiten hatten vollauf genügt, denn dort saß mein guter Jim wahrhaftig.

Ich griff verabredungsgemäß an mein Ohr und nickte leicht. Dann sah ich, wie jener Smith verschwand. Für ihn war die Sache nun erledigt. Er hatte einen Scheck von mir in der Tasche, den er jetzt zur Gutschrift geben würde, denn er war ein sehr reeller Mann und kassierte erst nach erfolgreich abgeschlossenem Auftrag.

Ich sah ihm nicht einmal nach. Mein Augenmerk galt nur noch Jim Hughan, der sich hier Hugh Stone nannte.

Äußerlich war er das genaue Gegenteil von mir. Er war auf eine männliche Art hübsch, so richtig hell, strahlend und immer mit einem Lachen auf den Lippen. Er war ein Mann, der sich überall Freunde machen konnte, weil jedermann sofort den Wunsch verspürte, sein Freund zu sein.

Ich selbst war da anders. Ich war dunkel, hatte einige Narben im Gesicht und eine Nase, die man zweimal schon mit einer Faust gebrochen hatte. Nein, ich war äußerlich nicht besonders erfreulich.

Nun, Jim Hughan sah also prächtig aus. Überdies trug er einen erstklassigen Maßanzug und ein blütenweißes, gefaltetes Hemd, eine bestickte Weste und in der Seidenkrawatte eine Perle.

Als er mich erblickte, bekam er einen Hustenanfall und verlor vor Schreck fast die Karten.

Ich grinste ihn wortlos an. Meine Zähne waren noch vollkommen in Ordnung. Sie waren stark, weiß und fest. Wenn ich so grinste, sah ich besser aus. Doch dann erinnerte ich auch an einen Indianer, der keine Gnade kennt.

Der gute Jim kannte mich.

Er sah auch, dass ich meinen Revolver auf die alte Weise trug. Und er wusste genau, was ich mit diesem Revolver alles anfangen konnte. Da hatten seine Hauspolizisten gewiss keine Chancen.

Sein Schrecken dauerte nur wenige Sekunden. Dann erhob er sich, sagte seinen Mitspielern, dass er passe, und kam mit ausgestreckten Händen auf mich zu.

»Mac! Oh, Mac, mein alter Freund!« Das rief er, und er strahlte. Oh, was hatte er mit diesem Lächeln nicht alles schon erreicht! Sogar mich, der ich ein misstrauischer, einsamer Wolf war, hatte er zum Freund gewinnen können. Sogar ich hatte ihm vertraut wie mir selbst.

Aber jetzt nutzte ihm dieses Sonnenjungen-Lächeln nichts mehr.

»Nun, Huggy«, sagte ich, denn das war sein Spitzname, »ich freue mich, dass du gesund bist. Aber wer weiß, wie lange du das noch sein wirst.«

»Gehen wir in mein Büro«, sagte er schnell. »Wenn zwei so alte Freunde sich treffen, dann müssen sie erst einmal unter vier Augen reden. Komm, Mac, alter Junge, komm nur!«

Und er wandte mir den Rücken zu und marschierte vor mir her zu einer dicken und starken Tür. Er öffnete sie und ließ mich eintreten. Dabei grinste er immer noch voll Freude, so als hätte er sich die ganze Zeit nichts anderes als meinen Besuch gewünscht.

Ich musste ihn bewundern.

Denn er musste sich an einem Finger abzählen können, dass ich hergekommen war, um ihn zu töten.

☆☆☆

Er schloss hinter mir die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Er war so groß wie ich, wog jedoch gut zwanzig Pfund mehr, da er etwas zugenommen hatte. Das Leben als Geschäftsmann und Spieler hatte ihn offensichtlich ein wenig verweichlicht.

»Nimm dir einen Revolver«, sagte ich. »Dann werden wir vor die Stadt gehen. Ich lasse dir eine faire Chance. Doch zuerst gibst du mir die fünfundzwanzigtausend Dollar.« Ich deutete auf den Geldschrank in der Ecke. »Mach ihn auf! Und wenn nicht genug drinnen ist, dann lass Geld aus deinen Geschäften herbeischaffen. Wenn es sein muss, nimmst du das Geld deiner Bankhalter. Also, mein Junge, du kennst mich, nicht wahr? Ich brauche dir nicht erst zu drohen.«

»Nein«, sagte er. Dann ging er zu seinem Schreibtisch und setzte sich. »So einfach ist das nicht«, murmelte er. »Ich glaube auch, dass du im Begriff bist, etwas voreilig zu handeln. Überleg noch einmal, wie es damals war.«

»Oh, da gibt es nichts zu überlegen«, sagte ich ruhig. »Ich war Marshal in einer wilden Minenstadt, und du warst mein Freund. Wir kauften gemeinsam einen Claim. Da wir noch Betriebskapital brauchten, behielt ich meinen Job als Marshal, der mir vierhundert Dollar im Monat einbrachte. Du aber hast auf dem Claim gearbeitet. Dann stießen wir auf eine Goldader und konnten bald zwei Dutzend Leute anwerben. Wir wurden reiche Burschen. An jenem Tag, da ich meinen Job als Marshal aufgab, schoss man mich aus einer dunklen Gasse heraus mit einem Gewehr nieder. Ich lag ein halbes Jahr krank im Bett. Und seit einem Vierteljahr suche ich dich, denn du hast dich mit unserer gemeinsamen Ausbeute aus dem Staub gemacht. Du hast auch unseren ergiebigen Claim verkauft. Dies alles geschah noch in jener Nacht, da man mich fast totgeschossen hätte. Jetzt bist du an der Reihe, mein Junge!«

Ich sagte die letzten Worte ganz ruhig und gelassen. Doch er erkannte in meinen Augen, dass ich mich von ihm nicht einwickeln lassen würde. Ich hatte ihn als Schuft erkannt.

So sagte er: »Damals glaubte ich, dass du sterben würdest. Und da du allein auf dieser Welt bist, fühlte ich mich sozusagen schon als dein Erbe. Ich ließ genügend Geld auf deinem Konto, dass Arztkosten und Beerdigung bezahlt werden konnten. Aber ich wollte fort. Du hattest Feinde. Ich aber galt als dein Freund. Ich wollte nicht auch aus dem Hinterhalt erschossen werden. Also ergriff ich die Flucht und nahm alles mit. Was war falsch daran? Der Doc hatte mir gesagt, dass du sterben würdest, dass niemand dir helfen könnte. Also konnte auch ich dir nicht helfen. Was war falsch daran, dass ich verschwand?«

Da war es wieder – seine Geschicklichkeit, sich aus der schlimmsten Klemme herauswinden zu können. Er konnte mit seinen Worten den nüchternsten und misstrauischsten Burschen betrunken machen. Und alles, was er so sagte, hörte sich vernünftig an. So war er. So handelte er.

Und dabei hatte er mich schwer verwundet in einer Stadt voller Feinde gelassen und war mit meinem Anteil verschwunden.

Nun aber ließ er mich nach diesen einleitenden und erklärenden Worten noch längst nicht zu Wort kommen.

Er sprach schnell weiter: »Du möchtest fünfundzwanzigtausend Dollar von mir? Die habe ich nicht – nicht sofort! Ich habe sie aber ganz gewiss in einer Woche. Und in vier Wochen habe ich hunderttausend Dollar für dich. Diese hunderttausend Dollar würde ich dann als deinen gerechten Anteil betrachten. Denn mit deinem Geld habe ich doch genauso gearbeitet wie mit meinem. Ich habe investiert – immer nur investiert und gekauft. Ich besitze hier Saloons, Spielhallen, Speisewirtschaften und ein Hotel. Ich habe gestern erst noch einen Store gekauft. Ich kann meinen Bankhaltern an den Roulett- und Kartentischen nicht das Betriebskapital aus den Kassen nehmen. Ich verdiene jede Nacht einige tausend Dollar. Warte eine Woche! Oder besser noch: Warte vier Wochen!«

Ich sagte nichts. Ich sah ihn nur an, und er wusste, dass ich ihn durchschaute.

Er starrte auf meinen Revolver. Dabei wurde ihm klar, dass er mich nur aus dem Hinterhalt erledigen lassen konnte.

Dazu wollte er Gelegenheit bekommen.

Deshalb musste er mir etwas anbieten. Er musste erreichen, dass ich ihn noch einmal aus der Klemme ließ und es ihm möglich wurde, gewisse Vorkehrungen zu treffen und Dinge in Gang zu bringen.

Und so sagte er: »Ich habe es längst bedauert. Doch jetzt biete ich dir die Partnerschaft an. Von allen Dingen, die ich hier besitze und noch besitzen werde, biete ich dir die Hälfte als Anteil. Wir könnten jetzt sofort vom Notar den Vertrag aufsetzen lassen. Hier in diesem Raum, und der Richter dieser Stadt, der Bürgermeister und einige redliche Bürger werden als Zeugen den Vertrag unterschreiben. Was willst du noch mehr? Du warst mein Freund und Partner. Weil ich dachte, du würdest sterben, ging ich fort und nahm alles mit, was uns beiden gehörte. Gut, dies war vielleicht nicht richtig. Doch ich habe das Anfangskapital vervielfacht. Und ich nehme dich als gleichberechtigten Partner herein. Was kann ich mehr tun?«

Er lächelte diesmal nicht. Vielleicht ahnte er, dass sein so strahlendes und gewinnendes Lächeln auf mich nicht mehr wirkte, eher sogar das Gegenteil bewirken würde. Und so machte er ein ernstes und zerknirschtes Gesicht, wirkte traurig und ganz wie ein Mann, der ein heiliges Versprechen ablegt.

Ich überlegte, und ich erkannte schnell, dass er mich auch schon in der Klemme hatte.

Denn was er mir bot, war eine ganze Menge mehr, als ich zu retten gehofft hatte. Ich spürte auch plötzlich Zweifel daran, dass er mich verlassen und betrogen haben würde, wenn er nicht mit meinem Tod hätte rechnen müssen.

Er hatte geglaubt, dass ich sterben würde.

Da hatte er das Weite gesucht.

Nie wieder würde ich sein Freund sein können. Doch er war mir eine Menge schuldig. Er hatte auch meinen Anteil in diese Geschäfte hier in Silverville gesteckt. Ganz gewiss war alles gut angelegt und würde eine Menge Profit bringen. Besser hätte ich selbst es nicht anlegen können.

Plötzlich wollte ich ihn nicht mehr töten. Der kalte und unbarmherzige Wunsch, mich an ihm für eine Gemeinheit zu rächen, war mit einem Mal nicht mehr vorhanden.