G. F. Unger Western-Bestseller 2425 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2425 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Steamboat Landing

Sie spielte die trauernde Witwe, aber die schöne Vera Oberon brachte in dem Sarg keinen Toten nach Steamboat Landing, sondern den Tod ...


Unger-Western sind einfach spitze! Zigtausende Käufer beweisen es Woche für Woche!

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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Steamboat Landing

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8419-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Steamboat Landing

Mit Ach und Krach erreicht die »Warrior« den Anlegeplatz von Steamboat Landing. Dann platzen die letzten Nieten von den verrosteten Dampfkesseln. Und nach zwei mittelschweren Explosionen geht der Raddampfer in der kleinen Bucht auf Grund.

Für die Passagiere, die aus den Goldfundgebieten nach Kansas City unterwegs sind, nimmt die Reise ein unfreiwilliges Ende.

Unter ihnen ist auch eine ungewöhnliche schöne Frau, die außer ihrem Reisegepäck einen mächtigen Eichensarg von Bord schaffen lässt.

Vera Oberon nennt sie sich, und bevor sie das Hotel betritt, erklärt sie den staunenden Bewohnern, dass sie ihren verstorbenen Mann eigentlich in Kansas City habe beerdigen lassen wollen, sich nun aber wohl mit einem Grab in Steamboat Landing zufrieden geben müsse.

Alle haben Mitleid mit der trauernden Witwe, und niemand ahnt das Unheil, das schon bald über sie hereinbrechen wird. Denn die schöne Vera Oberon hat mit dem Sarg zwar keinen Toten, wohl aber den Tod nach Steamboat Landing gebracht …

Es ist eine Stunde später, als sich Vera Oberon auf den Weg zum Friedhof macht. Nun trägt sie – inzwischen wurde ihr Gepäck ja von Bord ins Hotel geschafft – einen geteilten Rehlederrock, eine grüne Flanellbluse und eine Lederjacke. Ihre Füße stecken in zierlichen Cowboystiefeln, und ihr rotgoldenes Haar hat sie unter einem schwarzen Stetson verborgen.

Ihr Weg führt sie schnurgerade zum Friedhof, wo sie den Totengräber trifft, der seinen Hut abnimmt und sie mit den Worten empfängt: »Ma’am, der Bote aus dem Hotel hat mich darüber informiert, dass Sie den Sarg mit Ihrem verstorbenen Mann noch heute in der guten Mutter Erde haben wollen …«

»So ist es«, spricht sie. »Oder ist dies hier kein christlicher Friedhof?«

»Doch, schon«, sagt der Totengräber und grinst zwischen seinem gewaltigen Schnurrbartgestrüpp, »aber es liegen nicht nur gute Christen hier begraben, sondern auch einige Böse, die gewaltsam ins Jenseits geschickt wurden. Sie haben zwischen drei Gruben die Wahl. Da drüben unter der Eiche, da ist eine besonders schön gelegene Grube. Sie ist etwas teurer als die beiden anderen. Wollen Sie die? Es ist ein besonders schöner und schwerer Sarg. Da im Schuppen steht er. Sechs Männer hatten schwer zu tragen. War der Tote ein Schwergewicht?«

»Ja, er wog gewiss mehr als zweihundert Pfund«, erwidert sie. »Und ich möchte ihn heute noch beerdigen. Gibt es einen Prediger hier?«

»Gewiss.« Der Totengräber nickt. »Und weil es erst Mittag ist, haben Sie Glück, Lady. Denn unser Prediger ist erst gegen Mitternacht so betrunken wie hundert Indianer. Ich werde ihm Bescheid sagen lassen und auch Sargträger beschaffen. In einer Stunde kann alles vonstatten gehen. Es wird Sie dreißig Dollar kosten, Lady.«

Sie nickt und greift in die Tasche ihrer Lederjacke.

»Hier sind fünfzig.« Sie lächelt und geht wieder.

Er sieht ihr nach – und als sie weit genug weg ist, da schnalzt er mit der Zunge und murmelt: »Wer ist denn da nach Steamboat Landing gekommen, oho …«

Vera Oberon aber geht mit energischen Schritten in die kleine Stadt hinein. Und es ist, als würde sie Witterung nehmen.

Sie kennt sich aus mit solchen Städten, die da und dort aus zwingenden Gründen entstehen und manchmal schnell wieder zu Geisterstädten werden. Sie weiß auch, dass es in solchen Städten stets einen Boss oder eine mächtige Interessengemeinschaft gibt, mit denen man sich arrangieren muss. Denn sie alle, die an den Hebeln sitzen, haben nur ein Ziel: Geldverdienen, Geldmachen. Und sie teilen nur ungern, dulden keine anderen Jäger – oder Jägerinnen – in ihrem Revier.

Sie wird eine Weile hier in Steamboat Landing bleiben müssen.

Ihr Vorsprung mit dem schweren Sarg wird bald nicht mehr vorhanden sein. Sie alle werden kommen auf der Fährte des Goldes. Und dann wird sich hier in Steamboat Landing ein Krieg abspielen.

Sie weiß es. Aber sie weiß noch nicht, wie sie hier heil mit ihrer Beute herauskommen kann.

Das wird sich ergeben, so wie sich immer wieder alles auf ihren Wegen ergeben hat. Und ihre Schönheit wird ihr helfen. Denn es gab bisher noch keinen Mann, der nicht alles für sie zu tun bereit gewesen wäre.

Sie wandert also durch die Stadt und sieht sich alles an. Dabei wird auch sie natürlich begutachtet. Sie erwidert alle forschenden Blicke kühl.

Die kleine Stadt an der Mündung des Porcupine Creek ist noch ruhig. Da und dort wird gebaut. Es gibt nur einen einzigen großen Saloon mit einer Spiel- und Tanzhalle. Ein älterer Mann, der sich die Schürze eines Barkeepers umgebunden hat, tritt auf den zur Veranda ausgebauten Plankengehsteig und sieht sich um. Dabei pafft er eine Zigarre.

Als Vera Oberon diesen Mann ansieht und er ihren forschenden Blick erwidert, da erkennen sie sich beide in derselben Sekunde.

Er nimmt die Zigarre aus dem Mund und ruft herüber: »He, Vera, bist du das?«

»Und bist du das, Sloan Spade?«, fragt sie zurück.

Wenig später wirft sie sich auf der Saloonveranda in seine Arme. Er ist ein nur mittelgroßer, grauhaariger Mann, dessen Haar schon schütter ist, aber als sie von ihm umarmt wird, da spürt sie seinen immer noch harten und sehnigen Körper. Und so denkt sie: Er ist immer noch ein Wolf, der jagen kann.

Als er sie freigibt und einen Schritt zurücktritt, um sie besser betrachten zu können, wobei seine Wolfsaugen vor Freude glitzern, da fragt sie: »Rosy?«

Er grinst und zeigt seine Zähne, die nur ein wenig gelber wurden, seit sie ihn damals zum letzten Mal sah.

Er hebt die Hände und deutet mit beiden Daumen hinter sich auf den Saloon.

»Das ist Rosy«, spricht er stolz. »Ihr gehört dieses Haus der Freude. Ist das nicht was? Steamboat Landing Palace. Liest und hört sich das nicht großartig? Komm nur, Vera, komm nur. Rosy wird sich mächtig freuen. Bist du mit der ›Warrior‹ gekommen, diesem schäbigen Eimer?«

»Ich bekam kein anderes Boot in Fort Benton«, erwidert sie. »Und ich muss jetzt auch erst zum Friedhof zu einer Beerdigung. Ich komme später. Sag Rosy, dass ich mich schon auf sie freue.«

Sie verlässt die Veranda. Denn es wurde wirklich Zeit für die Beerdigung. Der Totengräber sagte ihr, dass sie in einer Stunde vonstatten gehen könne. Und sie war noch niemals in ihrem Leben unpünktlich. Darin unterscheidet sie sich mächtig von all ihren Schwestern, die wie sie alle von Eva abstammen.

Sie geht nun mit schnellen Schritten, und als sie den Friedhof von Steamboat Landing erreicht, wartet man schon auf sie. Ein dicker Mann, der einen Zylinder trägt, tritt ihr entgegen und nimmt die schwarze Röhre von seinem blanken Billardkopf.

»Lady«, spricht er würdig und stößt dabei seinen Whiskyatem gegen sie, »ich würde gerne in Ihrem Sinne ein paar würdige Worte am Grabe des Toten sprechen, wer immer dieser Tote auch sein mag. Doch ich weiß nichts über ihn.«

»Er war mein Mann. Sein Name lautete Bill Oberon. Er starb in Fort Benton an einem vereiterten Blinddarm. Ich wollte ihn heimbringen nach Saint Louis, wo schon seine Vorfahren bestattet wurden. Doch der Dampfer ›Warrior‹ wird wohl in der kleinen Werft kaum noch neue Kessel bekommen können. So muss ich meinen Mann hier …«

Sie bricht ab. Und der dicke Mann, der seinen Zylinder wieder aufgesetzt hat, hebt die Hände.

»Nun weiß ich genug«, spricht er. »Ich werde eine sehr niveauvolle Rede halten, Lady, sehr würdig. Sie werden zufrieden sein. Es ist ein sehr schöner und besonders fester Sarg, den wir in die Grube lassen werden, damit eines Tages alles in ihr zu Erde wird. Wir haben sechs Sargträger angeworben. Ihr Mann muss ein Schwergewicht gewesen sein.«

»Ja«, nickt sie, »er war ein stattlicher Mann.«

Sie folgt dann dem dicken Prediger zur Grabstelle. Aber sie lauscht nicht auf die Grabrede. Ihre Gedanken sind mit anderen Dingen beschäftigt.

Sie weiß, dass sie hier mit dem Sarg in eine Falle geraten ist und fragt sich, wie sie wohl wieder herauskommen kann.

Als der Prediger seine Rede beendet hat, tritt sie ans Grab und wirft noch einen Blick auf den Sarg, den die sechs Sargträger langsam hinabließen.

Es liegt ein tiefes Bedauern in ihrem Blick.

Sie beginnen nun das Grab zuzuschaufeln.

»Lasst nur keine Steine hart draufpoltern«, sagt der Totengräber zu seinen Helfern. »Tote soll man bei ihrem Schlaf nicht stören.«

Es liegt ein wenig Spott in seiner Stimme, so meint Vera. Sie wendet sich ab, um zu gehen.

Und da sieht sie, dass sie nicht allein zur Beerdigung kam.

Jonathan Plum, der Kapitän der »Warrior«, ist da.

Auch Rosy Dunn, ihre alte Freundin.

Und zwei ihr noch fremde Männer kamen, die sich etwas abseits halten, aber offensichtlich aufmerksam beobachten. Einer dieser Männer trägt einen Stern auf seiner Brokatweste und an der linken Seite einen Colt tief unter der Hüfte.

Der andere Mann sitzt auf einem großen Pferd, einem Rappen, der unter ihm nervös tänzelt. Es ist ein Vollbluthengst, ein edles Tier, und es muss von diesem löwenhaft wirkenden Mann offensichtlich ständig gebändigt werden.

Wieder jagen sich in Vera Oberon viele Gedanken und Gefühle. Und abermals wird sie sich bewusst, wie sehr sie mit ihrem Sarg hier in der Falle sitzt.

Als sie sich in Bewegung setzt, kommt Rosy Dunn und breitet die Arme aus. Sie fallen sich gegenseitig um den Hals, so als wären sie Schwestern, die sich lange Jahre nicht sahen und voller Freude über das Wiedersehen sind.

Als sie sich gegenseitig auf die Wangen geküsst haben und nach einer Weile voneinander lösen, tritt der Mann mit dem Marshalstern langsam zu ihnen. Er nimmt den Hut vom Kopf und sein weizengelbes Haar leuchtet in der Sonne.

Rosy sagt: »Vera, dies ist Jim Sackett. Er beschützt mich in dieser verdammten Stadt. Und nun wird er auch dich beschützen. Nicht wahr, Jim?«

Jim Sackett grinst unter dem blonden Schnurrbart blinkend. Vera hat wieder vibrierende Nasenflügel, so als würde sie Witterung nehmen wie eine Katze. Und sie spürt in diesen Sekunden ganz deutlich, welche Kräfte in diesem Mann vorhanden sind, körperlich und geistig.

Sie hört ihn sagen: »Rosy, alles, was zu dir gehört, steht unter meinem Schutz. Das weißt du doch. Da musst du nicht fragen.«

Er greift vor Vera an den Hut.

»Willkommen in Steamboat Landing, Mrs Oberon.«

Sie blickt in seine leuchtend blauen Augen. Und sie denkt: Was für ein Tiger …

Als sie dann mit Rosy Arm in Arm zur Stadt zurückgeht, sieht sie, dass noch ein weiterer Mann aus einiger Entfernung der Beerdigung zugesehen hat. Es ist Sol Clayborne, der mit ihr auf der Warrior fuhr und den sie für einen ehemaligen Südstaatenoffizier hält, der ein Kartenhai und Abenteurer wurde.

Und sie sieht auch den löwenhaft wirkenden Reiter auf seinem riesigen Rapphengst davonreiten.

Sie fragt Rosy: »Wer ist der Löwe auf dem schwarzen Hengst?«

»Bac Mahoun ist sein Name«, erwidert Rosy. »Und wenn es Jim Sackett nicht gäbe, wäre Mahoun hier der absolute Herrscher. Eines Tages werden sie es beide bestimmt auskämpfen. Ich habe meine Chips auf Jim Sackett gesetzt. Wie lange wirst du hier bleiben, Vera? Wir haben uns eine Menge zu erzählen, nicht wahr?«

»Ich weiß noch nicht …«, erwidert Vera. »Ich weiß ganz und gar nicht, was werden wird. Aber es tut gut, hier eine Freundin zu haben. Und wir stehen doch immer noch zueinander wie Schwestern – oder?«

»Wie Zwillingsschwestern, Vera. Ich habe dich niemals vergessen. Es war damals grausam für mich, als der verdammte Krieg uns im Süden auseinanderriss. Ich habe mich in diesen Jahren oft gefragt, wie es dir wohl ergangen ist.«

☆☆☆

Als es Abend wird, verändert sich die kleine Stadt an der Porcupine-Creek-Mündung in den Missouri.

Einige Holzflöße kamen den Strom herunter und machten in der Bucht fest. Es sind Riesenflöße, deren Glieder zusammen eine Länge von mehr als zweihundert Yards haben und auf denen die Unterkunftshütten der Flößer stehen. Es sind also mehr als ein halbes Hundert Flößer in der Stadt.

Noch vor Nachtanbruch trafen zwei Dampfboote ein, die an den Landebrücken festmachten. Es sind schwer beladene Dampfer, die von Kansas City mit Fracht und Passagieren für die Goldfundgebiete in Montana heraufgedampft kamen. Da aber die Nacht sehr schwarz werden wird mit tiefen Wolken am Himmel, machten die Dampfboote hier fest. Denn der Strom ist in diesem Stück sehr gefährlich. Man kann ihn nur bei ganz hellen Nächten befahren. Die Besatzungen und Passagiere gehen an Land, um sich zu amüsieren.

Aus dem Hinterland kommen ebenfalls nach allen Sünden durstige Gäste in die Stadt am Strom. Und so platzt Steamboat Landing fast aus allen Nähten.

Dennoch ist Rosy Dunn in dieser Nacht nicht unten. Sie überlässt alles ihren Angestellten, besonders dem zähen, erfahrenen und schon grauköpfigen Sloan Spade.

Die beiden Frauen halten sich noch in Rosy Dunns Wohnräumen auf. Und nachdem sie zu Abend aßen und Rosy noch einmal die Weingläser füllte, da fragt sie: »Willst du reden, Vera? Willst du mit deiner alten Freundin, die zu dir wie eine Zwillingsschwester steht, über all das reden, was in dir brodelt? Hast du wirklich deinen Mann hier beerdigt? Was ist mit dem Sarg?«

»Er ist mit Gold gefüllt«, erwidert Vera. »Ich bin damit auf der Flucht. Aber mein Vorsprung ist vielleicht morgen oder übermorgen schon dahin. Es blieb mir nichts anderes übrig. Ich musste den Sarg hier in ein Grab versenken lassen. Nur dort ist das Gold ein wenig sicherer. Es sind dreihundert Pfund Gold. Es ist das Gold der Aurora-Mine.«

Als sie verstummt, da schweigen die beiden Frauen.

Schließlich macht Rosy Dunn: »Puuuh, oha, das ist was. Puuuh …«

Und abermals schweigen sie eine Weile.

Als Rosy dann wieder spricht, ist in ihrer Stimme der Klang tiefster Überzeugung. »Du hast Glück, Vera. Denn Jim Sackett ist unser Beschützer. Gewiss, es wird wohl so kommen, dass hier einige Männer um diesen Schatz kämpfen werden wie hungrige Wölfe um eine fette Beute. Aber Jim Sackett ist keiner gewachsen. Da wette ich all meine Chips. Na los, machen wir uns schön für die Kerle dort unten. Es wird wieder so sein wie damals, als wir ihnen die Wolle abrasierten. Ich werde dir einen besonderen Spieltisch geben. Oder willst du nicht so tun, als müsstest du Geld verdienen?«

Sie verstummt nachsichtig und hört dann Vera erwidern: »Verdammt, Rosy, ich muss natürlich so tun, als hätte ich keine drei Zentner Gold in einem Sarg, und es gibt auch in meinem Leben einen Mann, nämlich meinen Partner und Mitbesitzer der Aurora-Mine in der Last Chance Gulch. Sein Name ist Jack Jennison. Er hat die Goldräuber mit einem Scheintransport auf eine falsche Fährte gelockt. Unterwegs luden wir das Gold von seinem Transportwagen in den Sarg meines Wagens. Verstehst du? Ich spielte eine verschleierte, trauernde Witwe, die mit dem Sarg, in dem ihr Mann lag, unterwegs zur Schiffslandestelle bei Fort Benton war. Jack ließ mir einen Vorsprung. Sie werden ihn unterwegs gewiss angehalten haben, um seine Ladung zu überprüfen. Hoffentlich haben sie ihn aus Enttäuschung nicht erschossen. Er hat noch zwei zuverlässige Begleiter bei sich. Wir wollten uns erst in Saint Louis wieder treffen. Doch dann gingen die Dampfkessel der ›Warrior‹ zum Teufel.«

☆☆☆

Als es kurz vor Mitternacht ist, macht sich der Spieler Sol Clayborne, der wie Vera ebenfalls mit der Warrior von Fort Benton herunterkam, auf den Weg zum Friedhof von Steamboat Landing.

Es ist eine schwarze Nacht, und er hält sich allen Lichtbahnen fern, gleitet lautlos wie ein Schatten durch die Schwärze der Nacht.

Er hat sich bei Tag den Weg durch die Gräber und Grabsteine genau eingeprägt. Und so erreicht er nach einer Weile die mächtige Eiche, unter deren gewaltigen Ästen sich das neue Grab befindet.

Eine Weile verharrt er lauschend. Dann aber klettert er hinauf und findet auf einem starken Ast einen guten Sitz, wo er sich an den Stamm lehnen kann.

Er wartet geduldig, und er gleicht jetzt einem Berglöwen, der auf Beute lauert.

Er ist sich mit seiner Vermutung nicht völlig sicher. Es könnte sein, dass er bis zum Morgengrauen nutzlos wartet. Aber sein Instinkt hat ihn selten betrogen. Und er konnte sich inzwischen eine Menge ausrechnen.

Indes er so geduldig wartet, gehen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Ja, er denkt wieder einmal gründlich über seinen Lebensweg nach.

Der begann damals in Alabama als Sohn reicher Plantagenbesitzer, die sich für Aristokraten hielten, weil sie ihrer Meinung nach die Besten waren mit dem Recht zu herrschen über die ihrer Meinung nach Minderen.

An die vierhundert Sklaven besaßen sie.

Und er wuchs als junger Master fast wie ein Königssohn auf und erhielt die allerbeste Ausbildung. Ihm wurde von Anfang an eingeimpft, dass er einer Herrenschicht angehörte, die hoch über allen anderen Menschen steht.

Und als dann der Krieg zwischen den Nordstaaten und den Sklavenhaltern des Südens ausbrach, stellte seine Familie eine Schwadron auf, die er als Captain befehligte.

Das war so üblich bei den reichen Plantagenbesitzern im Süden, die sich ihre Sklavenreiche erhalten wollten.

Er ritt dann an der Spitze seiner Reiter durch den ganzen Krieg und veränderte sich mehr und mehr. Und dann in Gefangenschaft als Besiegter, da zerbrachen ihn die Yankees fast.

Als sie ihn aus dem Gefangenenlager entließen, kehrte er abgerissen und krank heim. Denn er war ein Tramp geworden, und der Weg nach Alabama war weit. Halb verhungert war er, als er das niedergebrannte Herrenhaus erreichte.

Und von seiner Familie war niemand mehr da.

Er fand ihre Gräber auf dem Friedhof. Und die einstigen Sklaven besaßen das Land. Nein, sie erschlugen ihn nicht wie so manchen ihrer einstigen Herren. Er war als junger Herr niemals gemein zu ihnen gewesen, hatte sich stets bemüht, gerecht zu sein. Es wäre gegen seinen Stolz und gegen seine Selbstachtung gewesen, Untergebene wie ein Despot zu behandeln.

Deshalb erschlugen sie ihn also nicht, als sie ihn erkannten als den Sohn ihres einstigen Herrn. Doch sie sagten ihm, dass er besser fortgehen solle.

Und so ging er, begann einen neuen Weg.

Indes er nun auf dem starken Baumast sitzt, mit dem Rücken am Stamm lehnt, denkt er auch mit einem Gefühl von Befriedigung daran, wie er einem Zahlmeister der Besatzungstruppe die ganze Regimentskasse raubte – alles nagelneue Yankeedollars.

Er war seitdem auf der Flucht und brachte das Indianerland zwischen sich und das Gesetz. Denn hier in Montana herrscht nur das Gesetz des Stärkeren.

Er wurde in den Campstädten der Goldfundgebiete ein Spieler.

Und dann hörte er, dass ein großer Goldtransport der Aurora-Mine in der Last Chance Gulch unterwegs nach Fort Benton sei, um dort verschifft zu werden. Es sollten mehrere Banden hinter diesem Gold her sein. Denn der Weg zwischen der Mine und Fort Benton war fast dreihundert Meilen weit.

Er machte sich auf den Weg nach Fort Benton, ritt wie der Teufel und wartete.

Doch es kam kein Goldtransport dort an. Allerdings machte die Nachricht die Runde, dass der Transport spurlos verschwunden sei und alle Banditen umsonst am Weg gewartet und gelauert hätten.

Nur eine verschleierte Witwe kam in diesen Tagen nach Fort Benton. Sie lenkte einen Wagen, auf dem sie einen Sarg transportierte, in dem ihr verstorbener Gatte liegen sollte.

Als sie den Sarg auf die »Warrior« hievten, ging auch er, Sol Clayborne, an Bord. Und dann sah er das wunderschöne und ausdrucksvolle Gesicht der Witwe im Speiseraum zum ersten Mal ohne Schleier.

Und jetzt …

Seine Gedanken werden unterbrochen, denn er hört Geräusche. Offenbar stolpern zwei Menschen zwischen den Gräbern umher und suchen ein bestimmtes Grab. Werkzeug klappert, wahrscheinlich Schaufeln oder Spaten.