G. F. Unger Western-Bestseller 2427 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2427 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Ghost Trail

Der Weg durch die Schlucht der Geister war voller Gefahren - doch richtig höllisch wurde es, als ich mich von der schönen Laura überreden ließ, sie ins Land der Gesetzlosen mitzunehmen ...


Wer den Western in seiner spannendsten und ehrlichsten Form liebt, kommt an G.F. Unger nicht vorbei!

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EPUB
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Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Ghost Trail

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8487-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ghost Trail

Es war schon später Mittag, als ich mich auf den Weg zur Handelsagentur machte. Ich war einfach nicht aus dem Bett gekommen. So erging es mir immer, wenn ich nach Stinking Water Lodge zurückkehrte und die schöne Lizzy Bannack besuchte.

Aber nun war es Zeit, bei Jeffrey Halloway die Einkäufe für meinen nächsten Ritt ins Land der Gesetzlosen zu machen. Ich lebte nämlich davon, ständig mit sechs Packtieren umherzuziehen und die Menschen in den Bitter Roots mit allen Dingen des täglichen Gebrauchs zu versorgen. Gegen entsprechende Bezahlung, versteht sich.

Übrigens, mein Name ist Brolin, Jack Brolin. Und ich bin gewissermaßen ein Viertelindianer. Meine Großmutter war ein wunderschönes Nez-Perce-Mädchen.

Jeffrey Halloway griff bei meinem Eintreten unter den Ladentisch, holte eine Flasche mit Bourbon hervor und schenkte wortlos zwei Gläser ein.

Ebenso wortlos tranken wir uns zu.

Alles war wie gewohnt. Zufrieden dachte ich, dass das Leben doch eine ganze Menge verdammt guter Seiten hatte. Dabei sollte sich bald schon alles bei mir ändern. Denn es waren nur noch wenige Minuten, bis ich der Frau gegenüberstehen würde, die buchstäblich mein Schicksal werden sollte …

Wir tranken uns also wortlos zu.

Danach fragte er: »So wie immer?«

Ich nickte. »So wie immer, Jeffrey. Und ich zahle auch wie immer bar und will die gleichen Prozente Skonto.«

Er nickte und schenkte uns noch mal ein. Er war ein massiger Mann, der an eine Bulldogge denken ließ. Als wir getrunken hatten, fragte er: »Willst du deine Gewinne immer noch nicht von mir aufbewahren lassen? Ist die schöne Lizzy mit ihrem Tresor immer noch deine Bank?«

Ich nickte nur und steckte mir eine Zigarre an, die ich von Lizzy bekommen hatte. Dann sagte ich: »In zwei Tagen bei Sonnenaufgang hole ich meine sechs beladenen Packtiere. Und ich verlasse mich darauf, dass die Packlasten wie immer gut mit Diamantschlingen gesichert sind.«

»Wie immer«, erwiderte Jeffrey Halloway. »Du weißt ja, dass du dich auf mich und Rusty verlassen kannst. Pass nur gut auf dich auf, denn es könnten wieder einige Kopfgeldjäger hier bei uns in Stinking Water sein, die dir folgen wollen, weil sie hoffen, dass du sie zu den verborgenen Camps führst.«

»Die sollen sich nur vorsehen«, murmelte ich und wollte wieder gehen. Aber dann fiel mir noch eine besondere Bestellung ein. Und so verhielt ich und sagte: »Die haben da in einem der Camps eine Schöne, die sich rote und schwarze Unterwäsche wünscht. Damit tanzt sie dann für die Jungs auf dem Tisch. Hast du solche Sachen, wie sie von den Mädchen im Hurenhaus getragen werden?«

»Sicher.« Halloway grinste. »Und wie viel wiegt die Schöne?«

»Na, so etwa hundertzwanzig Pfund«, vermutete ich.

»Dann weiß ich die Größe.« Er nickte. »Ich lege dir einen Katalog für Ladywäsche bei. Da kann sich die Schöne für die nächste Lieferung was aussuchen, hahaha!«

Ich wollte gehen, um draußen bei Rusty nach meinen Tieren zu sehen.

Aber da trat eine Frau ein und versperrte mir den Weg.

Ich hielt bei ihrem Anblick den Atem an, denn sie war eine Augenweide, etwas ganz Besonderes unter all den Evastöchtern auf dieser Erde, die zum Glück so verschieden sind, dass jeder Adam eine nach seinen Vorstellungen zu finden vermag, wenn er nur lange genug sucht.

Heiliger Rauch, dachte ich, was will die hier in diesem Land?

Hinter mir sagte Jeffrey Halloway: »Ach ja, Brolin, dies ist Mrs Laura Hardinson. Sie sucht einen Führer, der sie zu den verborgenen Camps führt. Ich sagte ihr, dass du der beste Mann auf diesem Gebiet seist. Mrs Hardinson, dies ist Mister Jack Brolin, von dem ich Ihnen erzählte. Ich sagte Ihnen ja, dass er bald fällig wäre und kommen würde, um neue Waren zu holen. Das ist er. Aber einig müssen Sie selbst mit ihm werden.«

Er verstummte mit einem Klang in der Stimme, als hätte er großzügig ein Geschenk verteilt.

Ich sah diese Mrs Hardinson an, und so wunderbar sie auch war, so sehr mich ihre Ausstrahlung auch traf, ich schüttelte stumm den Kopf.

Dann wollte ich um sie herum zum Ausgang. Aber sie versperrte mir den Weg, und so standen wir uns fast auf Tuchfühlung gegenüber. Sie war für eine Frau etwas mehr als mittelgroß, dennoch überragte ich sie um mehr als einen Kopf. Und so musste sie zu mir aufsehen.

Ich aber blickte auf sie nieder und in ihre tiefblauen Augen.

Sie hatte schwarze Haare und auf der Nase einige Sommersprossen. Sie war von der Sonne gebräunt, und dennoch erkannte ich die Farbflecke auf ihren Wangen, die mir ihre innere Erregung verrieten. Eine starke Strömung ging von ihr aus. Ich spürte ihren Stolz. Sie wollte und konnte nicht betteln.

Sie mochte zwei oder drei Jahre jünger sein als ich, aber sie war eine Frau, kein Mädchen mehr. Und Halloway hatte sie ja auch als Mistress und nicht Miss vorgestellt. Ja, sie war eine Frau, die das Leben kennt.

»Nehmen Sie mich mit, Mister Brolin«, verlangte sie. »Ich zahle gut. Ich will meinen Mann suchen, der in dieses Land geflüchtet ist und sich hier in irgendeinem Camp verborgen hält. Es könnte auch sein, dass er in einer Mine arbeitet. Ich will ihn finden. Warum wollen Sie mir dabei nicht helfen? Ich wäre Ihnen unterwegs ein guter Partner. Ich kann reiten, an einem Feuer kochen und auch mit Packtieren umgehen. Ich wurde in Texas auf einer Rinderranch geboren. Nehmen Sie mich mit. Mr Halloway sagte mir, dass Sie wahrscheinlich der einzige Mann in diesem Land seien, dem er mich anvertrauen könne. Also?«

Ich trat langsam einen Schritt zurück, denn ich wollte ihre Ausstrahlung nicht mehr so spüren, nicht mehr ihrem Zauber unterliegen. Ja, sie beeindruckte mich mächtig und ließ mich Lizzy vergessen, obwohl ich geradewegs aus deren Bett kam.

Heiliger Rauch, was ist das? Dies fragte ich mich und bekam mich endlich wieder unter Kontrolle.

Und so sprach ich: »Lady, in fast jedem dieser Camps leben Mistkerle. Ich könnte Sie dort nicht ständig beschützen. Ich müsste töten und könnte selbst getötet werden. Wenn ich Sie in die Camps mitnähme, wäre das so, als brächte ich ein Lamm in einen Raubtierkäfig.«

»Ich bin kein Lamm«, fauchte sie. »Ich kann für mich sorgen. Ich bin keine hilflose Tussi, die bei jeder Kleinigkeit zu kreischen beginnt. Ich bin eine Texanerin vom Brazos River, Mister Brolin. Und ich habe sogar schon gegen Comanchen gekämpft und auch welche von ihnen getötet, ebenso mexikanische Bandoleros. Ich wäre Ihnen wirklich eine gute Gefährtin, wenn sie mich mitnehmen würden. Ich kenne mich ja leider in diesem Land nicht aus. Schon, dass ich bis hierher gekommen bin, sollte Ihnen sagen, dass ich kein hilfloses Wesen bin. Also?«

Nun hörte ich nochmals dieses »Also«.

Aber ich schüttelte erneut stumm den Kopf und ging um sie herum hinaus.

Das fehlt mir noch, dachte ich. Wenn ich mit der in eins dieser Camps voller Mistkerle käme, gäbe es nur Ärger.

Nun, ich ging also hinaus und traf Rusty bei den Corrals.

»Fast alle Tiere müssen neue Eisen bekommen«, sagte er.

Ich nickte. »Dann fangen wir an mit dem Beschlagen«, sprach ich. »Machen wir Feuer in der Schmiede. Wir waren ja immer schon ein gutes Team, wenn es ans Beschlagen meiner Tiere ging.«

☆☆☆

Die beiden Tage vergingen schnell.

Es war im Morgengrauen der dritten Nacht in Stinking Water Lodge, als ich mich aus Lizzys Bett stahl. Sie schlief fest, aber sie war ja auch erst vor zwei Stunden eingeschlafen. Zuvor hatte sie mir noch eine Menge gegeben, sodass ich die nächsten Wochen davon zehren konnte.

Ich ging also ohne Frühstück zur Handelsagentur.

Mein Reitpferd war gesattelt. Die sechs Packtiere trugen ihre Packlasten.

Der Agent Jeffrey Halloway sagte: »Pass nur gut auf dich auf, denn du machst Geschäfte mit Mistkerlen. Ein edler Mensch bist du gewiss nicht.«

Er grinste im Morgengrauen bei seinen letzten Worten.

Ich erwiderte nichts, sondern saß auf und nahm die lange Leine aus Rustys Hand, an der meine sechs Packtiere hintereinander angebunden waren. Ich musste sie nicht ziehen. Sie begannen hinter meinem Pferd sofort mit diesem zu traben, denn sie waren daran gewöhnt. Und Pferde sind nun mal Gewohnheitstiere.

Ich ritt also wieder in die Bitter Roots.

Alles begann wieder wie immer.

Aber ich wusste nicht, wie es diesmal ausgehen würde. Es war stets ein Spiel. Und so war ich wohl eine besondere Art von Spieler. Ich spielte mit der Gefahr.

Aber die Geächteten, Banditen, Deserteure und Verfolgten zahlten gut. Und die Männer in den geheimen Goldminen zahlten noch besser.

Schon am Vormittag, als die Sonne brannte, merkte ich, dass mir jemand folgte und genau auf meiner Fährte ritt.

Als es Mittag wurde in dem unübersichtlichen Land, hielt ich vor einem engen Schluchtmaul an und ließ die Tiere verschnaufen. Denn wir hatten einen langen Anstieg auf Geröll hinter uns.

Aber ich war auch neugierig auf meinen Verfolger. Ich hatte etwa eine halbe Meile gute Sicht talwärts. Und dann sah ich sie kommen.

Es war die schöne Mrs Hardinson. Ja, sie war es, die meiner Fährte folgte. Und so wartete ich auf sie. Sie kam auch tatsächlich und versuchte sich nicht zu verbergen.

Gewiss war ihr von Anfang an klar gewesen, dass sie mir nicht unbemerkt folgen konnte, weil ich ein zu erfahrener Mann war, der es mit jedem Indianer aufzunehmen vermochte.

Und so kam sie selbstbewusst herangeritten.

Als wir voreinander verhielten, da lächelte sie herb und sprach: »Hallo, Mister Brolin, ich vermute fast, wir haben denselben Weg.«

Oha, sie war eine energische, selbstbewusste Frau. Aber entweder war sie infolge von Selbstüberschätzung unglaublich dumm – oder einfach nur mutig trotz des Wissens um die Gefahr. Ich zeigte hinter mich auf das kleine Loch des Schluchteingangs.

»Ma’am, Sie wollen mir tatsächlich in dieses Land von Camp zu Camp und von Mine zu Mine folgen, um Ihren Mann zu finden?«

Sie nickte. »Ich würde Ihre Fährte niemals verlieren«, erwiderte sie. »Sieben Pferde können nicht mit ihren Hufen über den Boden schweben. Ich folge Ihnen, Mister Brolin, darauf können Sie wetten. Wie wollten Sie das auch verhindern?«

Sie sah es richtig. Ich würde ihr nichts antun können, denn ich war kein Schuft. Frauen waren für mich beschützenswerte Wesen. Unseren Müttern verdankten wir unser Leben. Und aus jedem Mädchen konnte irgendwann eine Mutter werden. Ohne Frauen gäbe es keine Menschen auf dieser Erde. Sie schenkten den Kindern die erste Liebe. Und in diesem Land hatten es die Frauen besonders schwer, die guten, aber auch die schlechten.

Nein, dieser Laura Hardinson würde ich nichts tun können – zum Beispiel das Pferd wegnehmen, sodass sie mir nicht mehr folgen konnte. Nicht mal den gewiss vollkommenen Hintern würde ich ihr versohlen können wie einem ungezogenen Kind.

Ich war sozusagen machtlos ihr gegenüber.

Also versuchte ich es nochmals und deutete zum zweiten Mal mit dem Daumen über meine Schulter hinweg auf den fast kreisförmigen Schluchteingang, der fast so aussah wie ein Mund, der sich zu einem O öffnete.

»Dieses Schluchtmaul«, begann ich und wischte mir dann übers Gesicht, bevor ich weitersprach, »ist der Anfang des Ghost Trail. Es ist ein etwa zehn Meilen langer Weg wie durch die Hölle, in der die Gepeinigten stöhnen, klagen und weinen. Und die Geister …«

»Hören Sie auf, verdammt noch mal!«, unterbrach sie mich. »Mir können Sie keine Furcht einjagen. Vorwärts, reiten wir! Und wenn Sie wollen, dann übernehme ich drei der Packtiere!«

Da hatte ich es also wieder. Was sollte ich mit ihr tun? Sollte ich hart und grob zu ihr werden, mich also an einer schönen Frau vergreifen wie ein verdammter Schuft?

Denn mit vernünftigen Worten war bei ihr nichts zu machen.

Ich beugte mich im Sattel vor. »Hören Sie, ich will nicht für Sie verantwortlich sein. Ich will keinen Kerl erschießen müssen, weil dieser Sie vergewaltigen will. Ich glaube jetzt, dass Sie zu dumm sind, um Gefahren richtig einschätzen zu können. Reiten Sie zurück nach Stinking Water Lodge. Ich kann mich ja nach Ihrem Mann in den Camps umsehen, auch bei den Minen. Beschreiben Sie ihn mir genau. Ich finde heraus, wo er steckt. Und dann sage ich ihm, dass Sie in Stinking Water auf ihn warten. Also, hauen Sie ab!«

Ich rief es zuletzt richtig drohend und brutal. Ja, ich wollte sie erschrecken und ihr Furcht einflößen.

Aber sie lachte nur und rief zurück: »Sie können mir keine Furcht einflößen, Jack Brolin. Ich habe längst gespürt, dass Sie zu den letzten Rittern auf dieser Erde gehören. Und ich kann für mich sorgen. Ich trage einen Revolver bei mir und könnte Ihnen beide Ohren abschießen, glauben Sie es mir.«

»Wie eine zweite Calamity Jane«, höhnte ich.

Sie aber nickte ernst.

Ich fühlte mich wirklich hilflos. Und da sah ich die letzte Chance in der engen Schlucht, in der jener Weg begann, den die Indianer Geisterweg nannten, weil in ihm die Geister spukten und all jene verlorenen Seelen darin umherflatterten, die beim Sammelplatz der Seelen keine Aufnahme fanden, der in der Dakotasprache »Wanagi Yata« hieß.

Und die paar Weißen, die diesen Weg kannten, nannten ihn Ghost Trail. Ich wusste, sie würde mächtig Angst bekommen. Und vielleicht ergriff sie dann die Flucht.

Ich sagte barsch zu ihr: »Bleiben Sie nur mehr als hundert Yards hinter mir. Sonst werde ich mit Steinen werfen. Verstanden?«

»Sie sind ein sehr unfreundlicher Mensch«, erwiderte sie. »Und Sie brauchen sich auch gar nicht um mich zu kümmern. Sie sollen mir nur den Weg zeigen, mehr nicht. Reiten Sie endlich weiter und reden Sie nicht so viel.«

Ich ritt wieder vor meine sechs Packtiere, sprach kein Wort mehr und setzte meinen Weg fort.

Die enge Felsenschlucht war eigentlich nur ein gezackter Riss, der das gewaltige Plateau auseinandergerissen hatte. Es war irgendwann in grauer Vorzeit durch gewaltige Spannungen geborsten. Und dann hatten die Elemente den gewaltigen Felsenriss zernagt. Die Erosion hatte Höhlen, Ritze, Spalten und Löcher zu einem seltsamen System geformt, durch welches der Wind bei jeder Temperaturveränderung pfiff.

Es wurden auf diese Art die merkwürdigsten Töne und Laute erzeugt, sodass es so klang wie die Stimmen von Geistern, die stöhnten, klagten, wimmerten, ächzten, pfiffen und heulten. Je nach Windstärke veränderte sich das ständig.

Für die Indianer war diese gezackte Schlucht ein Ort, in dem die Geister der Toten lebten, die nicht den Weg nach Wanagi Yata fanden, aus welchen Gründen auch immer.

Hier lagen auf Totengerüsten die Körper dieser Toten und wurden gewissermaßen umflattert von ihren Seelen. Man konnte diese zwar nicht sehen, doch aber sehr vielstimmig hören.

Ja, so also war das mit dieser Schlucht. Nicht jeder Mensch brachte die Nervenstärke auf, sie zu durchreiten.

Ich ritt in ihr etwa eine Viertelmeile weit. Als sie dann einen scharfen Knick machte, hielt ich hinter dem Knick an und saß ab.

Laura Hardinson kam herangeritten und fragte etwas spitz: »Was ist Ihnen jetzt in den Sinn gekommen, Mister Brolin? Wollen Sie mich nochmals wegzuscheuchen versuchen wie eine lästige Katze?«

Ich grinste nur mitleidig und machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Nein«, erwiderte ich dabei, »ich werde hier nur auf die Verfolger warten.«

Nun staunte sie mächtig. »Verfolger?« So fragte sie.

»Das ist meistens so«, klärte ich sie auf. »In Stinking Water Lodge halten sich fast immer Kopfgeldjäger auf. Die warten dann geduldig, bis sich jemand dort blicken lässt, für den sie Kopfgeld kassieren können. Und weil es sich herumgesprochen hat, dass ich die verborgenen Camps mit allen notwendigen Dingen versorge, versuchen sie mir zu folgen, sich gewissermaßen an mich dranzuhängen, sodass ich sie zu den verborgenen Plätzen führe. Ich kann das aber nicht dulden, denn dann verliere ich nicht nur meine Kundschaft.«

Sie begriff es endlich und nickte.

»Dann werde ich auf die Packtiere aufpassen«, sprach sie. »Und wenn es eine längere Rast wird, könnte ich uns ein spätes Mittagessen machen.«

Sie wollte mich nun also auf diese Weise in Versuchung führen und zu einer Partnerschaft bewegen. Ich war am Morgen ohne Frühstück aufgebrochen, denn ich hatte mich ja von der noch schlafenden Lizzy fortgestohlen wie ein Dieb.

Mein Magen knurrte also. Und so war ihr Angebot verlockend. Ich hörte sie sagen: »Pfannkuchen mit Speck und starken Kaffee, dazu eine Handvoll Trockenobst. Wäre das richtig?«

»Nein«, knurrte ich. »Sie sind nicht meine Köchin.«

Mit diesen Worten verließ ich sie und kehrte zu dem scharfen Knick zurück, hinter dem ich unsere Verfolger erwarten wollte.

Ich war mir nicht völlig sicher, doch ich hatte im Verlauf des Vormittags in der Ferne hinter mir nicht nur Laura Hardinson gesehen. Weit hinter ihr war manchmal ein Blinken in der Sonne gewesen. Es konnten Schnallen von Pferdegeschirren sein, Sporenrädchen oder gar die Gläser von Fernrohren.

Auch mein Instinkt sagte mir, dass es wieder einige hartgesottene Kopfgeldjäger versuchten.

Ich machte es mir hinter dem Schluchtknick bequem und steckte mir meine alte Tabakspfeife in den Mund. Sie war nicht gefüllt, aber ich hatte etwas zum Kauen.

Es dauerte länger als eine Stunde. Dann kamen sie. Die Eisen ihrer Pferde klirrten auf dem felsigen Boden der Schlucht.

Dann hörte ich auch ihre Stimmen und das Schnauben ihrer Pferde. Ich seufzte bitter, denn was jetzt kam, hatte ich in den zwei vergangenen Jahren schon mehr als einmal erlebt.

Ich erhob mich von dem großen Stein, der mir als Sitzgelegenheit gedient hatte, steckte meine alte Pfeife weg und trat um den Knick herum mitten in die schmale Schlucht, versperrte ihnen so den Weg.

Die Schlucht war hier etwa acht Yards breit. Die beiden Reiter konnten an mir nicht vorbei. Aber das hatten sie ja auch nicht gewollt. Sie mussten ja hinter mir bleiben, sollte ich sie zum ersten verborgenen Camp führen.

Sie hielten an. Ich erkannte sie wieder. Ja, ich hatte sie in Stinking Water gesehen. Dort hatten sie herumgelungert. Und als ich mit Rusty meine Tiere neu beschlug, hatten sie manchmal zugesehen, während sie nach ihren eigenen Tieren sahen, die in einem der Corrals standen und von Rusty versorgt wurden.

Ich sagte nach einer Weile – nachdem wir uns wortlos betrachtet hatten – ganz ruhig und in aller Freundlichkeit zu ihnen: »Freunde, daraus wird nichts! Wie viele Steckbriefe habt ihr denn in euren Satteltaschen?«

»Einige Dutzend«, erwiderte einer der beiden Hartgesottenen.

Ja, sie waren Menschenjäger, Kopfgeldjäger, keine Sheriffs oder Marshals, einfach nur Kopfgeldjäger, welche sich nur für Verbrecher interessierten, für die es hohe Prämien gab. Und auf deren Steckbriefen standen meist die Worte »Tot oder lebendig.«

Der andere Mann versprach: »Wir würden Sie beteiligen, Mister Brolin. Sie würden uns nicht umsonst zu den verborgenen Camps führen. Oha, wir wissen genau, dass viele Geächtete und steckbrieflich Gejagte in diesem Land dort untergetaucht sind. Es sind hohe Prämien zu verdienen. Wir machen Sie zu unserem Partner. Und wir alle dienen ja nur dem Gesetz.«

Als er die letzten Worte sprach, kam Hohn in seine Stimme, denn das Gesetz war diesen Kerlen völlig egal. Die waren nur scharf auf die Prämien.

In mir war Bitterkeit, und ich konnte ein Seufzen nur mühsam unterdrücken.

Einen Moment lang fragte ich mich, ob ich nicht verpflichtet war, ihnen den Weg zu zeigen. Aber im nächsten Moment verneinte ich diese Frage.