G. F. Unger Western-Bestseller 2452 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2452 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als ihr Vater aus dem Hinterhalt ermordet wird, steht Sally Quinn allein gegen die Revolvermänner eines mächtigen Yankees. Doch dann kehren ihre einstigen Weidereiter aus dem Krieg zurück ...

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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Sally Quinns Reiter

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9385-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Sally Quinns Reiter

Es ist genau ein Jahr nach der Siegesparade der Unionstruppen am 24. Mai des Jahres 1866 in Washington, als der ehemalige Südstaaten-Colonel Emmet Quinn heimkehrt auf seine Ranch im Brazos-Land in Texas. Er kehrt nicht im Sattel heim, sondern sitzt in einem zweirädrigen Wagen. Denn reiten kann er nicht mehr. Er wurde am vorletzten Kriegstag schwer verwundet und wäre im Gefangenenlager fast gestorben.

Er hält auf einem der sanften Hügel an und überblickt das weite Weideland, sieht da und dort Rinderrudel. Indes er so verhält, sucht sein Blick nach Reitern. Denn wo so viele Rinder sind, da müssten auch Reiter zu erblicken sein. Doch es gibt nur Rinder.

Er denkt: Die Longhorns müssen sich während des Krieges und meiner Abwesenheit wie die Kaninchen vermehrt haben. Wenn meine Weide überall so gut mit Rindern besetzt ist, dann müssen es mehr als vierzigtausend sein. Heiliger Rauch, vierzigtausend Rinder! Und Sally hat das alles verwaltet.

Einmal mehr denkt er an seine Tochter Sally. Vier lange Jahre hat er sie nicht mehr gesehen, nur manchmal ihre Briefe bekommen und diese erwidert.

Sally ist inzwischen eine Frau geworden. Er hat sich früher immer einen Sohn gewünscht, jedoch eine Tochter bekommen, bei deren Geburt seine Frau gestorben ist. Und so wurde Sally alles für ihn.

Ich werde sie heute Abend sehen, denkt er noch. Und gewiss ist sie so schön geworden wie ihre Mutter.

Nachdem er dies gedacht hat, hört er das Rauschen einer schweren Kugel und dann auch den Knall in weiter Ferne. Er begreift noch, dass das heranrauschende Geschoss aus einer schweren Buffalo Sharps kommt. Dann schlägt die Kugel bei ihm ein …

Seit sie den Brief erhielt, der das Kommen des Vaters ankündigt, reitet Sally Quinn jeden Morgen nach Nordosten in Richtung Fort Worth. Denn von dort her müsste der Vater heimkommen. Sie weiß, dass er in Fort Worth die Postkutsche verlassen und sich einen leichten Wagen oder ein Pferd mieten muss.

Und so reitet sie jeden Morgen in diese Richtung bis gegen Mittag. Dann verharrt sie auf einem der sanften Hügel und blickt in die Ferne. Dabei murmelt sie manchmal: »Komm doch, Dad, komm doch endlich!«

Es ist mehr als nur ein Wunsch, eher wie ein Gebet, ein inständiges Bitten.

An diesem Mittag hört auch sie in weiter Ferne das Krachen einer schweren Buffalo Sharps. Die Entfernung muss einige Meilen betragen, denn in diesem Land und auf dieser Weide ist solch ein Krachen auch noch auf weite Entfernung zu hören.

Sie nimmt das Glas vor die Augen und blickt in die Richtung, aus der das Krachen zu hören war. Doch das Weideland ist wie eine grüne See, deren Wogen erstarrt sind. In den vielen Hügelsenken kann viel verborgen sein.

Für einen kurzen Moment sieht sie in weiter Ferne einen Reiter über einen Hügelrücken jagen. Doch noch bevor sie ihn mithilfe des Glases erkennen kann, ist er schon wieder verschwunden.

Dennoch hat sie eine vage Ahnung, wer dieser Reiter gewesen ist. Aber sicher ist sie sich nicht.

Sie setzt ihren Ritt fort. Noch ist keine Sorge in ihr, und schon gar nicht bringt sie den Knall mit ihrem Vater in Verbindung. Sie vermutet eher, dass jemand eines der jungen Rinder erschossen hat, um sich Fleisch zu beschaffen.

Sally Quinn reitet also nicht mit dem Gefühl der Sorge, sondern der Neugierde weiter. Denn begreiflicherweise will sie wissen, wer auf der Big-Ranch-Weide mit einer Buffalo Sharps herumballert.

Nach fast drei Meilen erblickt sie den leichten Wagen, in dem ein zur Seite geneigter Mann sitzt, der sich nicht bewegt. Sie denkt: Wer mag das sein? Mit solch einem leichten Wagen müsste Dad von Fort Worth her heimkommen. Oooh …

Sie hat plötzlich ein verzweifeltes Gefühl in sich, die Ahnung eines Unheils. Und so reitet sie schneller, treibt ihren Pinto zum Galopp an.

Als sie bei dem Wagen ist, erkennt sie ihren Vater.

Die schwere Kugel traf ihn mitten in die Brust, und er ist so tot, wie ein Mensch nur tot sein kann.

Sally sitzt eine Weile wie gelähmt im Sattel. Und sie denkt immer wieder: O Gott im Himmel, wie konntest du so etwas zulassen? Was hat mein Vater denn verbrochen, dass er so grausam bestraft wurde? Er ritt durch diesen verdammten Krieg und kam davon. Und hier an der Grenze seiner Weide, da musste er sterben. Warum?

Aber als sie sich nach dem Warum fragt, da weiß sie es eigentlich.

Sie sitzt ab und bindet ihr Pferd hinter dem Wagen an.

Dann klettert sie in den leichten Wagen, setzt sich neben den Vater und nimmt die Zügel. Als der Wagen anfährt, fällt Emmet Quinn noch ein wenig mehr zur Seite. Und so ruht sein Kopf mit der Wange auf Sallys Schulter. Aus der Ferne sieht es so aus, als wäre er eingeschlafen.

So fährt sie ihn heim. Und ihre Gedanken und Gefühle jagen sich. Sie möchte laut ihren Schmerz hinausschreien, wild und böse. Sie hasst plötzlich die ganze Welt und auch den Himmel – einfach alles.

Erst nach etwa zwei Meilen des Fahrens beginnt sie wieder beherrschter zu denken.

All die Jahre hat sie auf die Heimkehr des Vaters gewartet und ist zu einer Frau gereift. Es gab in diesen Jahren auch Männer in ihrem Leben.

Aber keiner war ihr gut genug.

Fast alle Reiter der Ranch ritten damals mit ihrem Vater in den Krieg, um für Texas und die Konföderation zu kämpfen. Nur die Reiter mexikanischer Abstammung blieben. Doch auch diese konnte sie bald nicht mehr bezahlen. Die Ranch hatte keine Einnahmen. Sally Quinn war eine Rancherin ohne Mannschaft.

Aber die Rinder auf der Weide vermehrten sich ständig. Sehnsüchtig wartete sie auf die Heimkehr des Vaters.

Und jetzt …

Es ist schon Nacht, als sie das Licht des Rauchhauses erblickt. Es ist ein wunderschönes Haus, eine typische Hacienda, so wie die spanischen Granden sie errichteten, als sie in dieses Land kamen.

Sie fährt den Wagen in den Innenhof und hält an.

Paco Rodriges tritt unter den Arkaden des Innenhofes hervor.

»Sally, wer ist das?« So fragt er kehlig mit spanischem Akzent. »Ist das gar der Colonel?«

»Ja, und er ist tot«, erwidert Sally Quinn mit spröder Stimme. »Er ist zwar heimgekommen und sah noch einmal seine Weide, aber dann traf ihn die schwere Kugel. Sie haben ihn ermordet, damit ich allein bin …«

»Du bist nicht ganz allein, Chica«, unterbricht Paco Rodriges sie ruhig und fest. In seiner Stimme klirrt ein beherrschter Zorn. »Du bist nicht allein, Sally. Vergiss es nicht. Ein paar Menschen sind noch bei dir, ich zum Beispiel und Juan Alvarez. Ich werde den Patron aus dem Wagen heben. Wir werden ihn vorerst auf sein Bett legen.«

☆☆☆

Das Dorf im Schatten der Big Ranch liegt etwa zehn Meilen entfernt. Es gehörte schon damals, als hier noch die Dons herrschten, zur Hacienda Grande, welche heute Big Ranch heißt. Die Menschen hier sind fast alle mexikanischer Abstammung. Und das Dorf mit seinen Äckern und Feldern liegt auf dem Land der Ranch, war früher ganz von deren Duldung abhängig.

Als am nächsten Mittag die Beerdigung stattfindet, kommen einige Wagen und Reiter aus dem Dorf zur Ranch, wo man Colonel Emmet Quinn neben seiner Frau auf dem Ranchfriedhof bestattet.

Die Leute aus dem Dorf – es heißt Rosalia – blicken immer wieder auf die schöne Patrona der Hacienda. Und sie sehen auf ihrem Gesicht keine einzige Träne, auch nicht in ihren Augen.

Diese leuchtend blauen Augen blicken fest.

Und dennoch spüren die Menschen am Grab alle, dass Sally Quinn tief in sich verborgen hält, was so manche Frau oder Tochter an ihrer Stelle unbeherrscht herausgeweint hätte.

Auch einige andere Leute kamen aus Rosalia. Doch sie sitzen nicht ab, bleiben in den Sätteln und beobachten die Beerdigung aus einiger Entfernung.

Es sind Jones Fitsgerald, der Steuereintreiber der Besatzungsmacht, und ein bulliger Yankee mit Namen Matthew Langley, zu dem ein Revolvermann gehört, der sich Hogjaw Hogan nennt. Man weiß in Rosalia, dass der Revolvermann Langleys Leibwächter ist, denn der Yankee ist gekommen, um bei Versteigerungen von Texas aufzukaufen, was nur gekauft werden kann.

Sie beobachten also die Beerdigung.

Und als der Sarg im Grab ist, da wenden sie ihre Pferde und reiten wieder davon.

Erst nach einer Weile fragt Matthew Langley zu Jones Fitsgerald hinüber, als dieser dicht neben ihm reitet: »Und wann wird die Versteigerung sein?«

»Ich muss ihr laut Gesetz vier Wochen Zeit lassen, die Steuerrückstände auszugleichen«, erwidert Fitsgerald kühl. »Morgen werde ich ihr die letzte Frist setzen. In vier Wochen also, Matthew.«

Es ist dann gegen Mittag des nächsten Tages, als der Steuereintreiber der Regierung, die ja zurzeit von der Besatzungsarmee vertreten wird, auf der Big Ranch erscheint.

Er wird begleitet von einem Sergeant und zwei Soldaten, die man in Texas wegen ihrer blauen Uniformen verächtlich nur »Blaubäuche« nennt. Außer den drei Soldaten gehört noch ein US Deputy Marshal zu der Gruppe.

Die fünf Reiter kommen in den Innenhof geritten, in dem es grünt und blüht und in dessen Mitte in einem gemauerten Becken eine kleine Quelle sprudelt.

Jones Fitsgerald möchte absitzen, doch Sally Quinn, die aus dem Haus tritt und unter den Arkaden verhält, spricht spröde: »Bleiben Sie im Sattel, Mister! Hier in diesem Land sitzt man erst ab, wenn man dazu aufgefordert wird. Was wollen Sie, Mister Fitsgerald? Sagen Sie es und verschwinden Sie dann mit Ihren Begleitern.«

Fitsgerald ist ein langer, dürrer Bursche mit einem Hals wie ein Geier und einer Nase wie ein Geierschnabel. Nun verzieht er den dünnen Mund unter der langen Nase und kichert dann heiser.

»Gewiss, gewiss, Lady, wir Steuereintreiber sind hier nicht beliebt. Das ist wohl überall so auf dieser Erde. Nun gut, machen wir es kurz. Der Krieg hat eine Menge Geld gekostet. Alle Rebellenstaaten haben jahrelang keine Steuern und Abgaben an die Regierung der Vereinigten Staaten gezahlt. Nun wird das nachgeholt. Auch diese Ranch muss Grundsteuer zahlen. Dazu kommen noch einige andere Steuern. Ich habe einen Betrag von zweitausendfünfhundert Dollar für die letzten sechs Jahre errechnet. Ich gebe Ihnen den Steuerbescheid hiermit schriftlich. Der letzte Zahltermin ist in genau vier Wochen. Wenn Sie nicht zahlen können, kommt die Ranch zur Versteigerung. Das ist meine Pflicht als Beauftragter der Union. Nehmen Sie es bitte nicht persönlich, Lady.«

Er beugt sich aus dem Sattel und reicht Sally Quinn einen Umschlag. Sie streckt Hand und Arm empor und nimmt ihn aus seiner Hand. Dabei blickt sie in seine farblosen Augen. Sie erkennt ein Funkeln darin.

»Sie sind eine sehr selbstständige und stolze Frau, Miss Quinn«, hört sie ihn sagen. »Weil Ihr Vater bei seiner Heimkehr einen so tragischen Tod erlitt, wäre es gewiss die beste Lösung für Sie, wenn Sie sich nicht länger um diese Ranch kümmern müssten. Bei einer Versteigerung könnte ich gewiss einen guten Gewinn für Sie herausschlagen, sodass nach Zahlung der Steuern noch eine Menge Geld übrig bliebe. Damit könnten Sie doch irgendwo …«

»Hören Sie auf, Mister Fitsgerald«, unterbricht sie ihn. »Und scheren Sie sich von meiner Ranch. Sie haben vor Ablauf der Zahlungsfrist hier nichts mehr zu suchen.«

Er nickt langsam, und sein Kopf auf dem dürren Hals wirkt fast wie ein Geierkopf. Jedenfalls zieht Sally diesen Vergleich.

Die drei Soldaten grinsen. Der US Deputy Marshal aber spricht: »Vorsicht, Lady. Texas steht noch unter Besatzungsrecht. Ihr habt den Krieg verloren. Wenn ich es für notwendig halte, kann ich auf der Ranch einige Soldaten stationieren lassen, die dann in diesem schönen Haus hier wohnen. Vorsicht, Lady!«

Sie erwidert nichts, wartet nur regungslos, bis die fünf Reiter aus dem Innenhof reiten.

Paco Rodriges tritt aus dem Haus neben Sally. Er hält noch die doppelläufige Schrotflinte in der Rechten, mit der er eingegriffen hätte, wäre es notwendig geworden. Sally weiß, dass Paco keinen Sekundenbruchteil gezögert hätte.

Für sie ist Paco ein Onkel, und er war stets ein Getreuer ihres Vaters, stieg auf vom Vaquero zum Vormann. Nun ist sein Haar grau, aber seine Gestalt wirkt immer noch geschmeidig. Er ist noch imstande, jedes wilde Pferd einzubrechen. Und die ganzen Jahre während der Abwesenheit von Sally Quinns Vater war er Sallys Beschützer – eben ein guter Onkel.

Sie sieht zu ihm hoch, denn er ist für einen Mexikaner sehr groß. »Paco …«, beginnt sie und wirkt einen Moment lang gar nicht mehr so stolz und beherrscht wie eben noch gegenüber den Yankees.

Er hebt die Hand und streicht über ihr goldgelbes Haar. Ganz ruhig murmelt er: »Si, Sally, wir stecken in der Klemme. Und wir können keinen Krieg gegen die Besatzungsmacht führen. Wir sitzen in der Falle. Zweitausendfünfhundert Dollar – das ist mehr als ebenso viele Wagenräder. Es gibt in Texas gewiss keinen Menschen, der uns eine solche Menge Geld geben könnte, Yankeedollars! Ich werde mit Juan Alvarez losreiten, um irgendwo einen Geldtransport der Yankees zu überfallen – einen dieser Steuereintreiber oder Armeezahlmeister, eben einen Geldtransport der Yankees. Wir holen uns das Geld der Bande und geben es ihr als Steuergeld zurück. Das wird lustig. Da kommt Juan.«

In der Einfahrt zum Innenhof taucht ein geschmeidiger Vaquero auf, also ein Cowboy mexikanischer Abstammung. Er geht auf den Außensohlen seiner geschmeidigen Stiefel wie ein Apache oder Comanche, und er lässt an einen jungen Toro denken, der sich von nichts aufhalten lässt, was sich ihm auch in den Weg stellen sollte.

»Señorita, ich konnte nicht schneller kommen«, spricht er. »Ich war zu weit weg von der Hacienda.«

»Schon gut, Juan.« Sie lächelt. »Es ist ja noch nichts geschehen. Ich muss nur eine Menge Geld auftreiben.«

»Das werden wir«, spricht Paco ruhig. »Juan, reitest du mit mir, um einen Geldtransport der Yankees zu überfallen?«

»Den Blaubäuchen nehme ich gerne Geld ab, Paco.« Juan grinst. Er trägt seinen Revolver tief unter der Hüfte – und zwar links und mit dem Kolben nach vorn. Schon damals, als er als Junge krank und elend auf die Ranch kam und hier gesund gepflegt wurde, stellte sich bald heraus, dass er mit einem Revolver unheimlich schnell umgehen konnte, so schnell wie ein legendärer Pistolero.

Und stets war er zu allen Wagnissen bereit. Er ist ein hübscher Bursche mit blinkenden Zahnreihen. Im Dorf Rosalia, wohin er manchmal reitet, hat er schon mehr als ein Mädchen verführt.

Nun verharrt er vor Sally und Paco und lässt sie erkennen, dass er zu allem bereit ist, ja, er spricht mit blinkendem Zähnezeigen: »Si, ich würde es den Gringos aus dem Norden gerne mal zeigen.«

Aber da schüttelt Sally heftig ihren Kopf.

»Nein, Amigos«, spricht sie. »So nicht, so nicht. Ich lasse nicht zu, dass ihr für mich und die Ranch zu Banditen werdet, so nicht. Es gibt vielleicht noch einen anderen Weg. Ich breche heute noch nach Fort Worth auf. Ich will versuchen, an die Bank und an die Handelsagentur dort Optionen auf Rinder zu verkaufen, die eingelöst werden können, sobald unsere Rinder wieder etwas wert sind. Ich will das Geld auf meine Weise auftreiben. Ich nehme den leichten Wagen, mit dem mein Vater kam. Basta!«

Als sie das letzte Wort spricht, da wissen die beiden Männer, dass es Sallys unumstößlicher Entschluss ist.

Und so nicken sie nach einer Weile zögernd.

Eine halbe Stunde später ist Sally Quinn unterwegs. Sie ist gut ausgerüstet für die lange Fahrt nach Fort Worth.

Sally Quinn ist gekleidet wie ein Cowboy, und ihr goldenes Haar ist unter dem dunkelbraunen Stetson verborgen. Sie lässt das Gespann traben. Bis nach Fort Worth sind es gut einhundertundfünfzig Meilen.

Meile um Meile legt sie an diesem Nachmittag zurück, und sie ist allein auf dem schmalen Wagenweg, der kaum mehr als ein Pfad ist.

Sie fährt bis zum Nachtanbruch, hält an und bezieht neben dem schmalen Weg ein feuerloses Camp. Sie verspürt keinen Hunger, aber sie zwingt sich zu einer Handvoll Trockenobst, einem Stück Brot und etwas Rauchfleisch.

Im Morgengrauen isst sie nochmals ein wenig, spannt an und fährt weiter.

Als es Mittag wird, hat sie etwa sechzig Meilen zurückgelegt, aber an die hundert hat sie gewiss noch vor sich. Als sie einen Creek erreicht, lässt sie das Gespann ausruhen und auch Wasser nehmen. Es gibt hier einige rotgelbe Felsen, dazwischen eine Menge Grün. In einem Tümpel des Creeks, entdeckt sie einige Forellen. Es ist leicht für sie, einige zu fangen.

Als sie die Forellen ausgenommen und an Stecken gebraten hat, bekommt sie Besuch. Es sind zwei Reiter auf erschöpften Pferden. Die Tiere wurden gnadenlos gejagt und haben blutige Weichen, die gewiss von den Sporen der Reiter stammen.

Sally begreift sofort, dass sie nun eine Menge Ärger bekommen wird. Denn die beiden Männer sind auf der Flucht. Daran kann es keinen Zweifel geben. Und so erhebt sie sich mit einer geschmeidigen Bewegung vom Stein am Feuer und tritt zurück, bis sie einen der rotgelben Felsen hinter sich hat.

Ganz ruhig wartet sie und betrachtet die Reiter, deren Pferde mit hängenden Köpfen und gespreizten Vorderbeinen verharren, mühsam keuchen und dicht vor dem Zusammenbrechen sind.

Einer von ihnen, dessen Bart besonders schwarz ist, deutet auf Sally und krächzt: »Sieh mal, Lefty, das ist ja eine Süße!«

Sie lachen beide.

Dann sitzen sie ab und nähern sich dem Feuer.

An den Sattelhörnern ihrer erschöpften Pferde hängen Segeltuchsäcke, auf denen zu lesen ist, dass sie der US-Regierung gehören. Es sind Geldsäcke.

Heiliger Rauch, denkt Sally, die haben wahrscheinlich einen Geldtransport der Besatzungstruppe überfallen, einen Armeezahlmeister vielleicht oder einen Steuereintreiber wie Jones Fitsgerald. Aber sie werden mir nichts abgeben. Das da sind böse Pilger, ganz böse Pilger.

Sie sieht dann wortlos zu, wie die beiden Kerle ans Feuer treten, die an Stecken über der Glut bratenden Forellen nehmen und sofort hungrig zu essen beginnen.

Dabei starren sie mit geröteten Augen auf Sally, und sie spürt deutlich, dass den beiden Kerlen jetzt einige Wünsche in den Sinn kommen, die mit ihr zusammenhängen.

Wenig später hört sie einen sagen: »Wenn wir ihre frischen Pferde haben, können wir dem Aufgebot leicht davonreiten. Es sind gute Pferde, Lefty, verdammt erstklassige Pferde. Also hätten wir sicherlich Zeit für die Süße – wollen wir auslosen, wer von uns zuerst den Spaß mit ihr haben soll?«

»Sicher, Charly, sicher.« Lefty grinst kauend. »Wir sind jetzt überhaupt so richtige Glücksjungs, nicht wahr?«

Er sieht Sally an und spricht: »Wir tun dir ja sonst nichts. Wir tauschen nur die Pferde und wollen dann ein bisschen Spaß mit die haben. Wir fanden schon immer großen Anklang bei deinen Schwestern. Auch für dich wird es ein besonderes Erlebnis werden.«

Als er verstummt, lachen sie heiser und verputzen den Rest der Forellen. Ihr Hunger muss gewaltig sein. Und wenn Sally ihre Pferde betrachtet, muss sie annehmen, dass sie schon an die hundert Meilen rau geritten wurden.

Sie kann ein Seufzen nicht unterdrücken. Und sie denkt bitter: O Vater im Himmel, womit werde ich noch gestraft?

Ihr Gewehr liegt im Wagen, aber sie trägt ihren Waffengurt mit dem kurzläufigen Colt.

Sie denkt bitter: Die beiden Narren wissen nicht, wie schnell ich mit dem Colt bin, o Himmel, sie wissen es nicht. Und deshalb werde ich kämpfen müssen.