G. F. Unger Western-Bestseller 2456 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2456 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Zum Ehrenkodex der Oates-Sippe gehörte es, den Gegner stets im fairen Duell zu besiegen. Doch dann kam einer, der schneller war als sie - schneller und verschlagener ...

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Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Ehre des Lawmen-Clans

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9389-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Ehre des Lawmen-Clans

Es ist am 18. Juni des Jahres 1868, irgendwo in dem weiten Land westlich des Pecos River, als sich der Oates-Clan auf der Lone Star Ranch versammelt, um den Geburtstag von Oldman Oates zu feiern.

Denn Vance Oates, den sie nur Oldman Oates nennen, wird an diesem Tag fünfzig, und er ist nicht nur deshalb der Chef des Clans, weil er einmal Captain der Texas Ranger war und es unzählige Legenden über ihn gibt, nein, er wird einfach wegen seiner ganzen Persönlichkeit respektiert und verehrt. Zumeist genügt nur ein Stirnrunzeln von ihm, um die Dinge nach seinem Willen zu beeinflussen.

Die Lone Star Ranch mit all ihren Vorwerken und Grenzhütten, einigen kleinen Siedlungen und Dörfern ist mit einem europäischen Fürstentum zu vergleichen. Und für den ganzen Clan ist sie gewissermaßen eine Insel, auf die sich die Männer des Clans immer wieder zurückziehen, um nach langen Ritten zur Ruhe zu kommen. Und nicht selten müssen sie auch Schusswunden auskurieren.

An diesem Tag fehlt einer von ihnen, nämlich Ringo Oates, und als er zum festlichen Mittagessen immer noch nicht aufgetaucht ist, sagt Jake Oates laut genug, dass sie alle am langen Tisch es hören können – auch die Frauen und Kinder: »Ringo hat es nicht vergessen – niemals. Den muss etwas aufgehalten haben. Er wäre sonst hier – und wenn er tausend Meilen hätte reiten müssen.«

Als Jake verstummt, da nicken sie alle und blicken auf Oldman Oates.

Dieser nickt ebenfalls und spricht kauend, wobei er die Gabel Achtung heischend als verlängerten Zeigefinger hebt: »Ringo ist ein guter Junge. Er hat sicher einen wichtigen Grund, dass er nicht hier ist.«

Nach diesen Worten essen sie alle beruhigt weiter.

Später dann, als sie gegessen haben und Oldman die Geschenke ausgepackt hat, die Kinder spielen dürfen auf dem weiten Ranchhof und die Frauen in der großen Küche das Geschirr abwaschen und alles für den Nachmittagskaffee vorbereiten, da sitzen die Männer mit ihren Zigarren und bei einem Drink auf der Veranda.

Sie sprechen nicht viel, aber es ist eine stillschweigende Gemeinsamkeit vorhanden, und wer sie so sitzen sieht, der spürt instinktiv, dass sie eine Macht sind. Es geht etwas von ihnen aus, was nicht zu beschreiben ist. Aber dennoch würde es jeder Fremde deutlich spüren.

Vielleicht hängt es damit zusammen, dass sie alle schon getötet haben. Auf der Menschenjagd getötet haben. Ja, sie sind Menschenjäger, sogenannte Kopfgeldjäger, die sich ausgesetzte Prämien verdienen. Und fast immer tragen sie dabei einen Stern oder eine Plakette und haben das Gesetz auf ihrer Seite.

Oldman Oates starrt lange in die Ferne. Er hat einen herrlichen Blick über das weite Tal bis zu den Hügeln in der Runde. Er blickt über weidende Rinder, kleine Seen und einen sich durch das Tal windenden Creek. Darin verstreut liegen auch einige kleine Dörfer. Und überall weiden Rinder und wandern Pferderudel.

Dennoch scheint Oldman Oates das alles, was ihn sonst so stolz macht, sodass er sich wie ein Fürst oder gar König fühlt, jetzt nicht zu sehen. Sein Blick starrt ins Leere, als könnte er andere Bilder sehen – nur er allein mit seiner besonderen Gabe der Hellsicht oder Vorausahnung.

Er leert das Glas, in dem sich bester Bourbon befindet, und stellt es hart auf den Tisch. Sie alle aber sehen auf ihn, denn sie wissen, dass er etwas zu sagen hat. Sonst hätte er das Glas nicht so hart aufgesetzt.

Und so hören sie ihn sagen: »Ich spüre es. Mit Ringo muss etwas geschehen sein. Ich habe ein ungutes Gefühl. Ringo war hinter Alvarez McKenny her, nicht wahr?«

Die Männer nicken.

Und Sly Oates spricht: »Fünftausend Dollar sind auf McKennys Kopf ausgesetzt – tot oder lebend. Seine beiden Brüder erledigten wir schon vor Wochen. Nur Alvarez war noch übrig. Und den wollte Ringo allein …«

Sly Oates – sein Vorname bedeutet ja so viel wie schlau oder verschmitzt – verstummt plötzlich und deutet in die Ferne.

»Da kommt jemand mit einem Packpferd«, spricht er dabei. »Es ist keiner von unseren Reitern. Der da ist ein Fremder. Und die Packlast …«

Er spricht nicht weiter, denn sie alle haben gute Augen. Sie können fast wie Adler sehen. Und so vermögen sie ebenso gut wie Sly zu erkennen, was der Reiter auf dem Packpferd transportiert.

Kris Oates sagt heiser: »Das ist Ringos Pferd.«

Sie erheben sich nun und treten an den Rand der Veranda. Sie sprechen kein Wort mehr, aber ihre Zigarren erzeugen Rauchwolken, die ihre Köpfe einhüllen.

Und es ist ziemlich sicher, dass sie alle die gleichen Gedanken haben, nämlich: Nun hat es einen von uns erwischt. Und das musste ja irgendwann mal so kommen. Ja, es war vorauszusehen!

Indes kommt der Reiter mit dem Packpferd näher und näher. Aber es ist ja kein einfaches Packtier, das er an der Leine mitzieht – nein, es ist Ringos wunderschöner Fuchs, ein Dreihundert-Dollar-Pferd. Da es ein Durchschnittspferd schon für zwanzig Dollar zu kaufen gibt, kann sich auch ein Laie vorstellen, was für ein wunderbares Tier dieser Fuchs ist.

Über seinem Sattel liegt ein in eine Segeltuchplane eingehüllter Körper.

Es kann sich nur um Ringo Oates handeln, den dieser Reiter tot und quer über dem Pferd liegend heimbringt zur Lone Star Ranch.

Sie warten schweigend und paffen an ihren Zigarren. Vier sind sie, nämlich Vance Oldman Oates, Sly, Kris und Jake.

Oldman Oates ist nicht ihr Vater, nur ihr Onkel, der nach dem Tod von Jesse Oates an dessen Söhnen die Vaterstelle übernahm, damals, als Jesse Oates in Texas von den Comanchen getötet und skalpiert worden war.

Der Reiter kommt näher und näher und hält schließlich vor der Veranda an. »Bin ich hier richtig auf der Lone Star Ranch bei den Oates’?« So fragt der Mann.

Sie starren ihn eine Weile schweigend an, und es wird ihnen klar, dass er nur ein durchschnittlicher Bursche ist, wahrscheinlich ein Cowboy, einer von der Sorte, von denen es viele gibt und die für zwanzig Dollar Lohn bei freier Verpflegung und Unterkunft im Monat arbeiten.

»Du bist hier richtig, mein Junge«, spricht Oldman Oates ruhig. »Wen bringst du da?«

Der rothaarige und sommersprossige Cowboy schiebt den Hut nach hinten und kratzt sich hinter dem rechten Ohr.

»Das weiß ich nicht so genau«, spricht er. »Ich vermute aber, dass es ein Verwandter von Ihnen ist, ein Oates also. Der Mann, der ihn mir übergab, hat mir gesagt, was ich hier zu sagen habe. Er ließ mich die Worte mehrmals wiederholen, bis ich sie wie ein Gedicht aufsagen konnte. Früher bei meiner Mom habe ich einige Gedichte lernen müssen. Und …«

»Sag es uns, mein Junge«, grollt Oldman Oates. »Sag uns, was du auswendig lernen musstest. Und sag es uns verdammt schnell.«

Der kleine Cowboy kratzt sich wieder hinter dem Ohr und blickt dann mit etwas verdrehten Augen zum Himmel, als könnte er sich so besser konzentrieren.

Und dann spricht er langsam Wort für Wort: »Ihr verdammten Oates’, ihr habt meine Brüder Jeff und Larry erledigt. Mit mir werdet ihr es schwerer haben. Ich fordere euch heraus. Und wenn ihr Stolz und Revolverehre besitzen solltet, dann jagt mich einzeln. Euren stolzen Ringo habe ich im fairen Duell erschossen. Ich war schneller als er, als der Falke am Himmel pfiff, was unser Zeichen war. Und ich werde schneller als jeder von euch sein. Ihr könnt mich nur besiegen, wenn ihr mich aus dem Hinterhalt abknallt. Aber dann besitzt ihr keine Ehre mehr. Dann würde ich aus dem Jenseits auf euch spucken.«

Der kleine Cowboy hält inne, um Luft zu holen. Dann fügt er hinzu: »Eigentlich hat der Mann nicht spucken sondern pissen gesagt. Ich hoffe, dass Sie es mir nicht übel nehmen, Gentlemen, dass ich mir ein paar Dollars verdienen wollte. Ich traf den Mann vor drei Tagen auf dem Wagenweg von Roswell nach Carrizozo. Kann ich jetzt wieder reiten, Sir?«

Seine Frage gilt Oldman Oates, den er als Boss erkannt hat.

Und Oldman Oates nickt.

»Wir danken dir, mein Junge«, spricht er. »Du hast uns einen Dienst erwiesen.« Nach diesen Worten greift er in seine Westentasche und holt ein Zwanzigdollargoldstück heraus, wirft es von der Veranda dem Cowboy zu.

Dieser fängt es geschickt auf, bestaunt es einige Sekunden in der Hand und sagt feierlich: »Sir, Sie sind nobel. Für Sie würde ich gerne arbeiten. Ich bin Shorty Wells. Brauchen Sie noch einen Reiter? Ich verstehe mich besonders auf Pferde und reite die besten Biester zu. Habe ich Glück?«

»Nein, mein Junge«, erwidert Oldman Oates. »Weißt du, mein Sohn, du bist kein Glücksbringer. Du bringst einen toten Oates her. Früher hätte man solche Boten nicht mit einem Goldstück belohnt. Reite lieber von unserer Weide.«

Der kleine Cowboy nickt heftig, zieht seinen Schecken herum und lässt ihn antraben. Ja, er hat es eilig, von hier wegzukommen. Irgendwie spürte er plötzlich den kalten Atem einer Gefahr.

Die vier Männer auf der Veranda sehen ihm eine Weile schweigend nach. Dann treten sie von der Veranda zu dem Pferd mit dem Toten.

Jake sagt: »Den müssen wir schnell unter die Erde bringen. Unser Ringo hat noch nie so schlecht gerochen wie jetzt. Verdammt, jetzt hat es also doch einen von uns erwischt.«

Jakes Worte klingen nicht besonders traurig oder erschüttert. Aber sie alle kennen Jake und wissen, dass er stets alles tief in sich verborgen hält.

Nun kommen auch die Frauen und Kinder aus dem großen, zweistöckigen Haus auf die Veranda.

Aber Oldman Oates scheucht sie wieder hinein.

Und dann nehmen sie Ringo vom Pferd und tragen ihn zu einem der Schuppen hinüber. Ranchhelfer tauchten aus den Werkstätten und von den Corrals her auf.

Oldman Oates ruft ihnen zu: »Zimmert einen guten Sarg für Ringo!« Und seine Stimme klingt hart.

☆☆☆

Es ist am späten Abend und nach der Beerdigung auf dem kleinen Ranchfriedhof, als sich die Männer des Oates-Clans bei den Corrals treffen.

Oldman Oates sagt ruhig: »Er hat uns herausgefordert und an unsere Ehre appelliert, an unsere Revolverehre. Und er ist nicht weniger stolz als wir. Die Frage, die geklärt werden muss, ist wohl die: Wollen wir ihn jagen und abschießen wie einen tollen Hund? Oder nehmen wir die Herausforderung an? Wenn Letzteres der Fall ist, müssen wir unter uns auslosen, wer zuerst Jagd auf ihn macht. Und meine Meinung ist, dass er ein Recht auf ein faires Duell hat, wenn er Ringo diese Chance gab.«

Als er verstummt, sehen sie ihm an, dass er immer noch der stolze ehemalige Captain der Texas Ranger ist. Er war nachher nie ein Killer, sondern gab als Kopfgeldjäger den von ihm gejagten Mördern und Banditen stets eine faire Chance. Und in diesem Sinn hat er auch sie erzogen.

Sie sind ein Clan von Lawmen. Immer wieder trugen sie den Stern oder die Plaketten von Gesetzesmännern.

Und so spricht Jake: »Achten wir also auf unsere Ehre. Ich will ihn zuerst jagen und zum Duell zwingen. Ich bin noch ledig, habe keine Frau und keine Kinder. Ich poche deshalb auf das Recht, es zuerst zu versuchen.«

Sie starren ihn an.

Dann spricht Oldman Oates: »Also gut! Such ihn, finde ihn und schick ihn zu Ringo ins Jenseits.«

Damit ist alles gesagt.

Sly und Kris streben nun ihren etwas abseits stehenden Häusern zu, in denen sie mit ihren Frauen und Kindern wohnen.

Oldman Oates aber verharrt noch einige Atemzüge lang.

Dann murmelt er: »Weil ich Captain der Texas Ranger war, habe ich euch zu Lawmen erzogen. Ich war immer ein Gesetzesmann, weil es Männer geben muss, die das Gute vor dem Bösen schützen. Und so wurdet auch ihr solche Männer. Wir Oates’ erwarben uns einen besonderen Ruf. Wenn man irgendwo Hilfe brauchte gegen die Bösen, holte man uns. Wir haben eine Menge getan für die Kleinen, Schwachen, Furchtsamen, die alle so rein und sauber sind, dass man sie beschützen muss. Vielleicht war es falsch, dass ich euch an eures Vaters Stelle so erzogen habe, weil das Land uns brauchte. Ja, vielleicht war es falsch. Denn …«

»Schon gut, Onkel Vance«, unterbricht ihn Jake und geht davon.

Als er seine nur zweiräumige Adobehütte erreicht, sieht er dort unter dem vorgebauten Dach Nelly sitzen auf der Bank an der weißen Hauswand. Nelly aber ist die Frau seines Bruders Kris.

Sie erhebt sich mit einer geschmeidigen Bewegung und tritt zu ihm, sieht zu ihm empor. Sie steht ihm nun so nahe, dass er sie in die Arme nehmen könnte. Er wittert auch ihren Duft – und wie immer, wenn er ihr so nahe ist wie jetzt, möchte er zugreifen.

Aber auch diesmal tut er es nicht.

Er hört sie leise sagen: »Lena und ich, wir danken dir. Denn wenn du die Aufgabe nicht übernommen hättest, wäre vielleicht einer von unseren Männern, also einer deiner Brüder, geritten. Wir haben alle im Haus gehört, was der kleine Cowboy, der Ringos Leichnam brachte, zu euch gesagt hat. Wir hörten es alle. Lena und ich, wir danken dir. Dieser Alvarez McKenny muss ein sehr gefährlicher Mann sein, wenn er Ringo im Duell töten konnte. Jake, vielleicht wird er auch dich töten, wenn du ihm die Gunst eines fairen Duells …«

»Nein, mich schafft er nicht«, unterbricht Jake sie, »mich nicht. Wir sehen uns wieder, Nelly.«

Er will an ihr vorbei in seine Hütte.

Aber sie versperrt ihm den Weg. Und plötzlich hängt sie an seinem Hals und küsst ihn wild auf den Mund. Es ist ein plötzlicher, impulsiver Ausbruch.

Und wie unter einem heftigen Erschrecken weicht sie dann zurück, wendet sich um und läuft davon.

Er aber verharrt und sieht ihr nach, wie sie über den weiten Hof zu ihrem Haus läuft und darin verschwindet. Im Mond- und Sternenschein kann er sie recht gut mit seinem Blick verfolgen.

Sein Atem geht rasch.

Und ihm fällt wieder ein, wie Kris sie damals mitbrachte und ihnen sagte, dass sie seine Frau wäre und sie in El Paso geheiratet hätten.

Und von Anfang an hatten er, Jake, und sie ein ganz besonderes Verhältnis zueinander. Und einmal hat sie ihm gesagt, dass sie ihn gerne früher als Kris kennengelernt hätte.

Er wusste sofort, wie sie es meinte.

Aber es war nicht mehr zu ändern. Sie war die Frau seines Bruders Kris.

Jetzt aber brennt ihr Kuss auf seinen Lippen.

Er wischt sich mit dem Handrücken über den Mund.

Dann geht er hinein, um seine Sachen zu packen.

☆☆☆

Er hat Ringo stets mehr gemocht als die beiden anderen Brüder, also Kris und Sly. Ringo war stets der Strahlemann der Sippe, blond und lockig wie ein Engel als Kind. Eigentlich war sein Vorname Hank, aber sie nannten ihn schon als kleines Kind einfach nur Ringo.

Und nun ist er tot.

Er war ein verwegener Bursche geworden, einer, der es mit jedem aufnehmen konnte. Doch gegen diesen Alvarez McKenny verlor er.

Jake Oates reitet durch die Nacht nach Westen. Erst als am Vormittag die Sonne zu heiß brennt, schlägt er ein Camp auf.

Die ganze Nacht während des Reitens hat er an Nelly gedacht, die ihn zum Abschied küsste und dann erst darüber erschrocken war, sodass sie davonlief.

Er verspürte dann immer wieder ein tiefes Bedauern, denn er weiß, hätte Kris sie nicht als seine Frau auf die Ranch gebracht, sodass sie schon vergeben gewesen wäre, dann würde sie seine Frau geworden sein. Da ist sich Jake sicher. Er schläft einige Stunden, bereitet sich dann ein Essen, reitet weiter nach Carrizozo.

Als es Abend wird, stößt er auf den Hauptwagenweg und erreicht die Station der Post- und Frachtlinie.

Vor den lang gestreckten Gebäuden sind einige Sattelpferde angebunden. Jake stellt seines hinzu und stampft mit den Füßen auf, um wieder mehr Gefühl in sie zu bekommen und die Sattelsteifheit zu verlieren.

Dann tritt er ein. Als sich seine Augen an die anderen Lichtverhältnisse gewöhnt haben – also an den trüben Schein der Öllampen -, da sieht er den kleinen Cowboy in der Ecke des Gastraumes sitzen, jenen Shorty Wells also, der so klein, krummbeinig, sommersprossig und rothaarig ist. An der kleinen Bar stehen einige Cowboys und würfeln zwischen ihren Drinks.

Jake tritt in die Ecke zu Shortys Tisch und setzt sich dort. Der kleine Cowboy blinzelt ihn listig an und sagt dann: »Sie wurden also ausersehen, Sir. Ich dachte mir schon, dass jemand vom Oates-Clan kommen würde, um in Carrizozo McKennys Fährte aufzunehmen. Ich denke mir auch, dass McKenny seine Zeichen hinterlassen hat, weil er ja Rache will für den Tod seiner Brüder und irgendwo auf einen Oates warten wird. Schade, dass Oldman Oates mich nicht eingestellt hat. Ich wäre gerne für den mächtigen Oates-Clan geritten. Schade.«

Er hebt nach seinen Worten das Glas und leert es, stellt es hart auf den Tisch und ruft laut genug, sodass es die Bedienung hören kann: »Noch ein Glas von diesem Bier!«

Einige der Gäste an der Bar drehen sich nach ihm um, und einer sagt ziemlich giftig: »Kleiner, du solltest nicht so laut brüllen. Hol dir dein Bier selbst. Zuerst werden wir bedient.«

Shorty will wütend werden, sich in einen bösen Giftzwerg verwandeln. Er holt schon tief Luft, und Jake sieht ihm an, dass er gewiss schon ziemlich betrunken ist.

»Halt dein Maul, Kleiner!«, sagte er. »Brüll nicht wie ein Löwe, wenn du keiner bist. Halts Maul!«

Da verschluckt sich der Kleine fast an seiner eigenen Spucke und wird auf seinem Stuhl noch kleiner, als er ohnehin schon ist.

Aber dann verändert sich alles hier im großen Gastraum der Station am Bonita Creek. Draußen rattert die Postkutsche auf den Hof. Man hört den Hufschlag der sechs Pferde, die Rufe des Fahrers, das Kreischen der Bremsen. Die Kutsche hält.

Eine Stimme ruft nun: »Ladys und Gentlemen, im Gastraum der Station gibt es Abendbrot. Nur hinein, wer Hunger hat, nur hinein! Ich fahre erst in einer halben Stunde weiter.«

Und da kommen sie auch schon herein – zuerst einige Frauen, denen man unschwer ansehen kann, welchem Gewerbe sie nachgehen, dann zwei Männer, die offenbar ihre Begleiter oder Beschützer sind. Sie bilden eine heitere Gesellschaft, offenbar froh über die Rastmöglichkeit bei einem Abendbrot.

Die Gäste an der Bar bestaunen die jungen Frauen.

Eine lacht hell und ruft: »Jungs, was staunt ihr uns so an? Wir lassen uns gerne bestaunen, denn wir sind eine Theatergruppe. Ihr könnt uns alle in Socorro und später auch in Santa Fe gegen Eintritt auf der Bühne sehen. Wir spielen überall das Stück von den liebestollen Honey Sisters im Paradies. He, Wirtin, wo ist der Tisch für uns gedeckt?«

Die Sprecherin hat rote Haare und eine üppige Figur. Sie ist gewiss die Prinzipalin und hat das Kommando. Die beiden männlichen Begleiter sind offenbar nur die Beschützer der Truppe.

Die Wirtin hinter der Bar deutet auf einen langen Tisch in der Ecke rechts neben der Bar. »Dort, Ladys und Gentlemen, dort ist gedeckt. Bedienen Sie sich. Der Kaffee kommt sofort.«

Die Reisegesellschaft will sich an den langen Tisch setzen, an dem Platz für ein Dutzend Gäste ist.

Doch dann verändert sich die ganze Situation nochmals.

Denn drei Stehgäste an der Bar – es sind drei hartgesichtige Burschen, die wie Cowboys wirkten – haben plötzlich ihre Revolver in der Hand. Und von draußen tönte ein Pfiff, der offenbar ein Zeichen dafür war, dass auf dem Hof alles unter Kontrolle ist.