G. F. Unger Western-Bestseller 2457 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2457 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Die schöne Jennifer ist dem mächtigen Jesse Mahoun bedingungslos verfallen. Doch als er sie für dumm verkaufen will, zeigt sie ihm die Krallen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 156

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Tigerkatze

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9390-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Tigerkatze

Diese Geschichte beginnt in Abilene, nachdem Jesse Mahoun seine Treibherde verkauft, die Treiber entlohnt und schon ein Bad genommen hat.

Etwa zwei Stunden nach diesem Bad sitzt Jesse Mahoun in der Spielhalle des Longhorn Saloons an einem Spieltisch, der von Jennifer Johnes gemietet wurde.

Und da Jennifer Johnes eine Spielerin ist, die zumeist gewinnt, hat sie auch den besten Tisch.

Als Jesse Mahoun hinzutritt und lächelnd fragt, ob er mitspielen dürfe, da betrachten sie ihn alle.

Jennifer Johnes fragt: »Sind Sie nicht der Treibherdenboss, dessen Herde jetzt in Viehwagen gepfercht über die Kansasprärie gen Osten rollt?«

»Yes, Ma’am.« Er lächelt blitzend. »Der bin ich. Und wenn ich heute eine Pechsträhne haben sollte, dann lohnt es sich für Sie und die Gentlemen hier am Tisch, wenn ich mitspielen darf.«

Sie nicken alle. Außer Jennifer Johnes sitzen noch vier Männer mit am Tisch.

Einer sagt: »Vielleicht schafft es ein Texaner, diese Lady mit den Karten zu besiegen. Vielleicht verliert sie gegen einen texanischen Rindermann. Denn wir, oh, wir sind ihr mit den Karten nicht gewachsen. Ihr Instinkt ist zu gut! Diese Lady besitzt den Instinkt einer Tigerkatze, die durch den Dschungel schleicht …«

Sie alle lachen ein wenig über den Vergleich – und dennoch ist ein fast bitterer Ernst im Hintergrund dieses Lachens.

»Aaah«, staunt Jesse Mahoun, indes er sich auf den einzigen noch freien Stuhl setzt, »die Gentlemen haben verloren? Es ist ja oft so, dass wir den Frauen unterlegen sind, weil sie den besseren Instinkt haben. Nicht wahr, Ma’am? Ich bin Jesse Mahoun aus Texas.«

»Und ich bin Jennifer Johnes.« Sie lächelt und stellt dann die anderen Mitspieler vor. Die Spielhalle ist kein zweitklassiger Laden.

Und dann spielen sie weiter.

Als draußen der Morgen graut und die Soloonausfeger schon ihre Arbeit beginnen, deckt Jennifer Johnes drei Damen auf.

»Das tut mir richtig leid«, sagt Jesse Mahoun und lässt gleich vier Könige sehen. »Aber dafür haben Sie gewiss Glück in der Liebe, Jennifer Johnes.«

Sie sieht ihn seltsam an. Dabei nagt sie an ihrer Unterlippe.

»Ich bin pleite«, spricht sie dann. »Ich kann nicht mehr weiterspielen. Mister, Sie haben geschafft, was bisher noch kein Mann schaffte. Ich habe mein gesamtes Spielkapital verloren.«

Keiner sagt etwas. Mehr oder weniger schwankend gehen sie hinaus. Jesse Mahoun als Letzter.

Doch er hält noch einmal inne. Er blickt über die Schulter auf Jennifer Johnes und kehrt dann von der Tür zurück.

Als er vor ihr verhält, hebt sie den Blick.

»Ist noch etwas, Mister Mahoun?« So fragt sie spröde.

»Jenny«, sagt er, »ich saß dir viele Stunden gegenüber. Du bist so schön, dass ich den Atem anhalte, wenn ich dich ansehe. Ich würde gerne herausfinden, wie du bist, wenn du nicht mit hartgesottenen Männern Poker spielst. Ich würde gerne herausfinden, ob du sonst eine richtige Frau bist, die das Leben liebt, die Liebe geben und welche bekommen will. Verstehst du, ich würde gerne herausfinden, ob du richtig aus Fleisch und Blut bist. Na?«

Sie sieht ihn seltsam an.

»Und dann?« So fragt sie.

Er lächelt wieder blitzend und schiebt den Hut weit zurück.

Oh, er ist kein schöner Mann, aber er sieht wie ein Mann aus, der unter tausend anderen Männern auffallen würde.

»Und dann?« So fragt sie wieder – und diesmal etwas spöttisch.

»Ich habe eine große Ranch in Texas«, sagt er. »Und immer noch keine Frau. Ja, ich suche eine Frau fürs Leben. Meine Frau würde die Queen sein über zwanzigtausend Rinder, über weites Land und viele Menschen. Ist das was? Und dann wäre noch ich. Na?«

Sie sieht nun plötzlich böse aus, zornig.

»Du verdammter Kuhtreiber«, sagt sie hart. »Du hast mich zwar am Spieltisch klein gemacht, doch deshalb gehe ich noch lange nicht mit dir ins Bett. Hau ab, Texas!«

Da lacht er.

»Komm mit nach Texas«, sagt er. »Ich steige in zwei Tagen in die Postkutsche und lasse eine Fahrkarte für dich bereitlegen. Du brauchst sie dir nur beim Postagenten abzuholen und zu mir in die Kutsche zu steigen. Du hast die Wahl, Honey! Oh, ich glaube schon, dass wir zueinander passen würden, Tigerkatze. Warum probierst du nicht dein Glück mit mir?«

Nach diesen Worten geht er hinaus – sporenklirrend, hager und geschmeidig, ganz und gar ein Reiter, der mit seinen Männern fünftausend Rinder aus Texas den langen Treibweg heraufbrachte.

☆☆☆

Es ist genau zweiunddreißig Stunden später, als vor der Posthalterei gegenüber vom Hotel die Express-Postkutsche nach Süden zur Abfahrt bereit steht.

Jennifer Johnes sieht, wie Jesse Mahoun der Postkutsche den Rücken kehrt und zu ihr hinaufblickt. Dies geschieht sehr plötzlich. Sie kann nicht mehr vom Fenster zurücktreten.

Er zieht den Hut und macht dann eine fragende Bewegung, wobei er den Mund bewegt, sodass sie unschwer erraten kann, was er sie fragt.

Bald hört sie ihn draußen auf dem Gang – und da stößt er auch schon die Tür auf. Sie steht immer noch am Fenster mit dem Rücken zur Tür – und sie weiß, dass er die beiden gepackten Koffer und die Reisetasche sehen muss.

Er fasst sie an der Schulter und dreht sie herum.

Nun erst wird sie sich darüber klar, wie groß er ist – über einen Kopf größer als sie.

Er fasst sie einfach und hebt sie hoch.

»Komm mit nach Texas«, sagt er. »Sträube dich nicht länger. Du und ich, wir sind füreinander bestimmt. Komm mit!«

Und dann küsst er sie. Seine Körperkraft ist so unwahrscheinlich, dass er sie offenbar mühelos hält, obwohl sie um die hundert Pfund wiegt.

Sie erwidert seinen Kuss zwei Herzschläge lang, lässt ihn spüren, was in ihr verborgen ist an Lebendigkeit und Feuer.

Dann aber beginnt sie zu strampeln.

Er stellt sie vorsichtig ab.

»Na?« So fragt er.

»Ich bin kein Flittchen«, sagt sie. »Und schreibe es dir hinter die Ohren, Mister, wenn du mich reinlegen solltest, dann wirst du das bedauern. Hast du verstanden? Wenn du glaubst, dass du mich reinlegen könntest wie ein Fuchs eine dumme Gans, dann …« Sie bricht ab, schüttelt den Kopf. »Nein, es wäre dumm, dir zu drohen. Das wäre auch kein Anfang für uns. Wir werden einander vertrauen müssen.«

»So ist es richtig.« Er grinst blitzend.

Dann küsst er sie wieder.

Und dann nimmt er ihre Koffer.

Mit der Reisetasche folgt sie ihm.

Sie schaffen es gerade noch in die Kutsche hinein, nachdem man ihre Koffer im Gepäckkasten verstaute.

Dann saust die Kutsche ab.

Sie sind unterwegs nach Texas.

☆☆☆

Als sie nach Tagen und Nächten und unzähligen Gespannwechseln bei Doan’s Store die Red-River-Furt erreichen, fällt es Jennifer Johnes sofort auf, dass Jesse Mahoun diesmal noch vorsichtiger aussteigt als bei allen anderen Stationen zuvor. Er wirkt jetzt noch lauernder, wachsamer – und sie denkt unwillkürlich: Wie ein Tiger wirkt er – wie ein Tiger, der durch den Dschungel schleicht und genau weiß, dass Feinde auf ihn lauern.

Bei Doan’s Store an der Red-River-Furt ist eine Menge Betrieb. Schon unterwegs sah man von der Postkutsche aus viele Treibherden in all den Tagen nach Norden ziehen.

Jetzt, da die Postkutsche die berühmte Red-River-Furt erreicht, setzt gerade wieder eine Treibherde über.

Auf der Veranda des Gasthauses neben Doan’s Store erheben sich drei Männer. Man sieht ihnen an, dass sie Brüder sind, denn sie ähneln sich irgendwie.

Jesse Mahoun hält inne, bleibt jäh stehen. Er sagt zu Jennifer: »Geh zur Seite – schnell, Mädel – geh zur Seite!«

Sie ist klug genug, sofort zu gehorchen. Sie weiß, dass dies die beste Hilfe für ihn ist. Nur eine dumme Pute hätte jetzt Fragen gestellt oder gar versucht, bei ihm zu bleiben.

Sie geht auch weit genug zur Seite, sodass selbst eine Kugel, die sehr weit aus der Schussrichtung kommen sollte, ihr nichts anhaben könnte.

Auch die drei Männer, die wie Brüder wirken, halten an. Sie sind Jesse Mahoun nun auch nahe genug.

Sie hört einen der drei Männer sagen: »Nun, Mahoun, wir haben hier auf dich gewartet, wie wir es dir versprochen haben. Und wir haben dir versprochen, dass wir dich hier mit heißem Blei füllen, du Hundesohn.«

»Dann versucht es doch, ihr Narren«, erwidert Jesse Mahoun.

Und er wartet lauernd. Er gerät nicht in Panik und versucht nicht zuerst zu ziehen. Er wartet.

Die drei hartgesichtigen Burschen zögern.

Aber dann flucht einer von ihnen – es ist jener, der in der Mitte steht. Er tritt sogar einen halben Schritt vor, so als müsste er einen Anfang machen, ein Beispiel geben und vor allen Leuten seinen Mut beweisen.

Indes er vortritt, zieht er.

Und er ist schnell.

Als er den Revolverlauf hochschwingt, sieht er in Jesse Mahouns Revolverfeuer. Die Kugel trifft ihn voll und stößt ihn zur Seite. Denn er hatte noch keinen festen Stand.

Jesse Mahoun schießt weiter, denn auch die beiden anderen Männer zogen ihre Revolver. Der Fluch des einen Mannes war das Zeichen.

Sie sind alle drei wahrhaftig harte Burschen, die es auskämpfen wollen bis zum letzten Atemzug. Denn obwohl sie alle getroffen werden, schwanken, taumeln, auf die Knie fallen und andere Männer an ihrer Stelle aufgeben würden, kommen sie dennoch zum Schuss. Sie erwidern Jesse Mahouns Revolverfeuer, so gut sie es noch können.

Es ist ein ungleicher Kampf – und dennoch sieht jeder Zuschauer, dass die drei Männer, obwohl zahlenmäßig überlegen und gewiss geübt und erfahren mit dem Colt, gegen den einzelnen Mann keine Chance haben.

Sie treffen ihn nicht richtig. Er hat sie besser getroffen, und weil sie so böse getroffen wurden, schießen sie nicht genau. Vielleicht wollten sie auch zu schnell sein.

Sie alle sind einhüllt vom Pulverdampf ihrer Revolver.

Und dann ist es still.

Jesse Mahoun tritt langsam zurück bis zur Postkutsche. Sein Blick schweift in die Runde, scharf, wachsam, lauernd.

Er hat nur noch eine einzige Kugel in seiner Waffe, denn fünfmal schoss er.

Als sein Rücken die Kutsche berührt, verharrt er einige Atemzüge lang.

Vor ihm im Staub hocken oder liegen seine drei Gegner.

Aber sie können nicht mehr kämpfen.

Mahoun sagt nichts. Er hat seinen Colt nachgeladen und wartet.

Erst als Jennifer Johnes zu ihm tritt, richtet er den Blick auf sie.

»Geh in den Store«, sagt er. »Kaufe mir ein Hemd und ein paar Pflaster, die man auf Streifwunden kleben kann. Geh schon, Grünauge!«

Wieder gehorcht sie sofort. Er könnte sich keine verständigere Begleiterin wünschen.

Eine knappe Stunde später kann die Postkutsche endlich mit einem frischen Gespann durch die Furt, denn inzwischen ist auch das letzte Rind der großen Herde durch den Fluss getrottet.

☆☆☆

Am nächsten Tag – die Sonne ist schon untergegangen und wirft weit im Westen nur noch roten Schein gen Himmel -, erreichen sie Fort Worth.

Diesmal müssen sie übernachten, denn die nächste Expresspost in die von ihnen gewünschte Richtung geht erst am nächsten Morgen ab.

Fort Worth ist der Ausgangs- und Zielpunkt vieler Postlinien und Wagenwege. Aber eigentlich ist Jennifer Johnes recht froh über die Unterbrechung nach der tagelangen Reise in den schwankenden Kutschen. Sie fühlt sich schon ganz zerbrochen, und sie möchte gerne mal nicht sitzend in Jesse Mahouns Arm und an seiner Brust schlafen.

Sie sagt nichts, als er sie beide als Mister und Mrs Mahoun, Texas, Spanish Springs, einträgt.

Aber als sie oben im Zimmer sind und sich den Reisestaub abwaschen, da fragt sie: »Spanish Springs? Ist das die Stadt, die dir gehört?«

Er ist dabei, sich den bloßen Oberkörper abzutrocknen. Sie erkennt einige Narben. Und wenn die beiden leichten Wunden unter den Pflastern erst verheilt sind, wird er weitere Narben dazubekommen haben.

Sein Oberkörper ist hager, doch mit langen Muskeln bepackt. Er hat nicht ein Gramm Fleisch zu viel. Er ist pulvertrocken und zäh, mit einem starken Knochenbau.

Er nickt. »Ja, Spanish Springs gehört mir«, erwidert er und grinst. »Ich habe es gewissermaßen in meiner Hosentasche. Und mein Brandzeichen ist das ›Running M‹, ein verschnörkeltes, nach rechts geneigtes M, welches so wirkt, als würde es eilig laufen. Verstehst du?«

Sie nickt.

Und dann kommt er zu ihr und nimmt sie in die Arme.

Diesmal hält sie sich nicht zurück. Diesmal lässt sie ihn ihr ganzes Feuer spüren. Denn sie glaubt nun, dass er der richtige Mann für sie ist. Sie hat ihn studiert und geprüft. Dass er hart ist und dazu noch ein Pirat, das gefällt ihr. Sie wollte nie einen weichen Burschen, sondern einen, der ein King unter allen anderen ist.

Ja, sie hat sich mehr als nur in ihn verliebt.

Sie liebt ihn.

Dies wurde ihr klar, als er gegen drei Männer kämpfte und sie die Furcht spürte, dass man ihn totschießen könnte.

Sie lässt ihn spüren, wie es daheim auf der Ranch sein wird – jeden Tag und jede Nacht, jede Stunde und Minute, die sie zusammen sein werden.

Sie ist davon überzeugt, dass ihm das Leben von nun an doppelt so gut gefallen muss. Denn ihr geht es ja auch so.

☆☆☆

Als sie dann später hinunter zum Abendessen in den großen Speisesaal gehen, müssen sie an einem Tisch vorbei, an dem eine Frau mit zwei Männern sitzt, deren Kleidung städtisch elegant, ja sogar irgendwie künstlerisch wirkend ist.

Die Frau sieht auf, erkennt Mahoun und sagt: »Hallo, Jesse!«

Mahoun stutzt kaum merklich. Er verhält nur und sagt dabei kühl: »Hallo, Lily.«

Aber die Frau erhebt sich und lächelt. »Willst du uns nicht bekannt machen, Jesse? Warum sollen sich nicht Vorgängerin und Nachfolgerin kennen und grüßen? Na, Mister Mahoun?«

Ihr Lächeln wird scharf und hart. Ihre Augen funkeln. Sie ist eine schöne Frau, kaum zwei Jahre älter als Jennifer, doch wahrscheinlich noch sehr viel erfahrener. Sie ist rothaarig und hat grüne Augen wie Jennifer.

Diese denkt: Meine Vorgängerin? Oh, er hat Geschmack. Sie ist schön! Und er liebt offenbar die Grünäugigen. Aber sie hat keinen Stil und keinen Stolz. Sie ist dumm, ihm hier eine Szene zu machen.

Indes sie das denkt, hört sie sich sagen: »Wie schön, dass ich meine Vorgängerin kennenlernen kann – oh, wie reizend! Geschmack hat der gute Jesse wahrhaftig, nicht wahr, Lily? Ich darf Sie doch Lily nennen, ja? Wo wir doch so viel Gemeinsames haben, nicht wahr? Ich bin Jennifer Johnes. Also, es hat mich gefreut, Lily. Und jetzt müssen Sie uns entschuldigen, denn ich habe einen fürchterlichen Hunger.«

Sie zieht Jesse Mahoun am Arm mit sich, und er lässt sich gerne von ihr fortführen. Dabei sagt er über die Schulter: »Du hast doch Verständnis für Hungrige? Weißt du, wir kommen aus Kansas.«

Dann sind sie schon ein paar Tische weiter, sodass es für diese Lily zwecklos sein würde, etwas zu erwidern.

Als sie fertig sind, gähnt sie, und sie sieht, dass diese Lily und ihre beiden Begleiter schon weg sind.

»Gehen wir schlafen«, sagt sie. »Wann fährt morgen die Kutsche?«

»Das muss ich erst noch erfragen«, sagt er. »Geh nach oben. Ich bin gleich vom Office der Postlinie zurück.«

Er bringt sie bis zur Treppe, und sie steigt nach oben, ohne sich noch einmal umzusehen. Sie ist müde. Sie will nichts als schlafen, nur schlafen.

Doch als sie oben das Zimmer aufschließt, kommt jemand den Gang herunter.

»Einen Moment, Schwester«, sagt Lily Shannons Stimme, »nur einen kleinen Moment, damit ich dir Jesses großen Trick verraten kann.«

»Ja, welchen Trick, Lily? Ich bin dankbar für jeden Rat.«

Lily Shannon lacht zu ihren Worten. »Dumm bist du nicht, Schwester«, sagt sie. »Und es hat mir gefallen, wie du mich unten abgeschmettert hast. Du bist eine Katze, eine Tigerkatze. Nun, Jesses großer Trick ist ein falscher Prediger, der euch scheinbar traut. Aber der Prediger ist nur ein Spaßvogel, der sich ein paar Dollars verdient. Die Hochzeit ist nicht echt. Und alle wissen es, nur die Braut nicht. So erging es mir und einer Reihe anderer Mädels. Und so wird es vielleicht auch dir ergehen. Pass auf dich auf, Schwester.«

Nach diesen Worten geht Lily Shannon davon.

Jennifer Johnes aber betritt langsam das Zimmer und wirft sich dort aufs Bett.

Und sie denkt: Wenn er das mit mir macht, wird er es bedauern bis an sein Ende. Denn dann werde ich wirklich eine Tigerkatze sein, falsch und gnadenlos. Dann zeige ich ihm die Krallen.

Sie möchte zuerst ein wenig weinen.

Doch sie begreift, dass ihr dies nicht helfen würde.

☆☆☆

Irgendwann in einer Nacht endlich, da erreichen sie Spanish Springs.

Sie schläft fest und ist halb betäubt. Jesse Mahoun muss sie aus der Kutsche heben. Wie im Traum nimmt sie wahr, dass Laternen leuchten, Menschen sich eingefunden haben bei der Ankunft der Postkutsche.

Jemand ruft laut: »Seht, Leute! Jesse Mahoun ist wieder da! Black Jesse Mahoun ist aus Kansas zurück!«

Es tönen dann noch mehr Rufe, und es scheint sich wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt zu verbreiten, dass Jesse Mahoun aus Kansas zurück ist.

Aber das alles nimmt Jennifer Johnes nur wie im Traum wahr, es erscheint ihr unwirklich und wie in weiter Ferne.

Jesse Mahoun trägt sie eine Treppe hinauf, in ein Zimmer hinein bis zu einem Bett.

»Willst du bis morgen schlafen – oder soll ich dich in zwei oder drei Stunden mitnehmen auf die Ranch? Hörst du mich, Jenny? Verstehst du, was ich dich frage?«

Er rüttelt sie leicht.

Sie aber antwortet schlaftrunken: »Ja, ich will bis morgen schlafen, nichts als schlafen. Diese verdammten Kutschen auf diesen verdammten Wegen haben mich in Stücke gebrochen. Oh, Jesse, was war das für eine Fahrt? Konntest du dir nicht mit der Heimkehr etwas mehr Zeit nehmen?«

»Nein«, erwidert er. »Ich war schon viel zu lange fort von meinem Kingdom. Ich weiß genau, dass ich jetzt eine höllische Arbeit habe, bis meine Männer aus Kansas nachkommen, wo sie sich eine Woche lang amüsieren werden, bis der letzte Dollar fort ist. Zum Glück habe ich allen, die heim wollen, Fahrkarten nach Texas gekauft. Also, ich schicke dir morgen einen Wagen.«

Sie hört die letzten Worte schon nicht mehr.

Unten am Fuß der Treppe wartet schon sein Vormann Ben Sacketter, ein weißblonder Texaner mit einem Sichelbart über den Mundwinkeln und kühlen grauen Augen.

Sie sehen sich an.

»Schwierigkeiten, Ben?« So fragt Jesse Mahoun ruhig.

Ben Sacketter nickt. »Das war zu erwarten, nicht wahr? Denn ich konnte mit den Jungs nicht überall sein. Gestern habe ich am Spanish Creek zwei Viehdiebe aufgeknüpft. Sie hatten ein Rudel unserer Rinder bei sich. Und vor zwei Wochen vertrieb ich einige Siedler von unserer Grenze, weil ich in ihren Scheunen frische Rinderhälften und hinter ihren Häusern die vergrabenen Rinderhäute fand. Alle Häute hatten den Running-M-Brand. So ging es die ganzen fünf Monate, Boss. Es gab immer wieder die gleichen Probleme, Rinderdiebe, Siedler – und all die kleinen Nachbarn, die wir vertrieben haben von der Weide. Aber jetzt bist du ja wieder da. Und die Jungs kommen wohl auch bald heim?«