G. F. Unger Western-Bestseller 2487 - G. F. Unger - E-Book

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G. F. Unger

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Beschreibung

Als die Kutsche die Sagebee Station erreicht und der Fahrer zu heftig die Bremse anzieht, bricht die Achse des linken Hinterrades.
Der Fahrer stößt einen gotteslästerlichen Fluch aus und ruft voller Ingrimm: »Nur noch lausige dreißig Meilen bis zu diesem verdammten Golden! Und ausgerechnet hier verliere ich das Rad! Konnte die verdammte Achse nicht noch bis Golden halten?«
Als er von seinem hohen Sitz zur Erde springt, ist schon einer der Passagiere aus der Kutsche geklettert und sieht den Fahrer hart an.
»He, Sie Peitschenknaller, haben Sie vergessen, dass wir eine Lady in der Kutsche haben? Warum fluchen Sie wie jemand, der von seinen Eltern nicht wie ein Mensch erzogen wurde?«
Der Fahrer starrt den Passagier an, und er selbst ist ein bulliger Bursche, hart und zäh wie ein Büffel. Er holt schon Luft, um abermals zu fluchen und wütend zu reagieren.
Doch dann erkennt er in den Augen des Reisenden etwas. Und so sendet sein Instinkt ganz plötzlich ein scharfes Warnsignal durch seinen Körper, ausgehend von der Magengegend und endend im Hirn, wo ja bei den Menschen der Verstand sitzen und dort auch arbeiten soll - normalerweise.
Und so erwidert er nur: »Dies ist ein primitives Land, Mister, kein Land für Schöngeister. Und der Lady werden schon nicht die Ohren abfallen, da bin ich mir sicher.«


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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Inferno in Golden

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0519-6

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Inferno in Golden

Als die Kutsche die Sagebee Station erreicht und der Fahrer zu heftig die Bremse anzieht, bricht die Achse des linken Hinterrades.

Der Fahrer stößt einen gotteslästerlichen Fluch aus und ruft voller Ingrimm: »Nur noch lausige dreißig Meilen bis zu diesem verdammten Golden! Und ausgerechnet hier verliere ich das Rad! Konnte die verdammte Achse nicht noch bis Golden halten?«

Als er von seinem hohen Sitz zur Erde springt, ist schon einer der Passagiere aus der Kutsche geklettert und sieht den Fahrer hart an.

»He, Sie Peitschenknaller, haben Sie vergessen, dass wir eine Lady in der Kutsche haben? Warum fluchen Sie wie jemand, der von seinen Eltern nicht wie ein Mensch erzogen wurde?«

Der Fahrer starrt den Passagier an, und er selbst ist ein bulliger Bursche, hart und zäh wie ein Büffel. Er holt schon Luft, um abermals zu fluchen und wütend zu reagieren.

Doch dann erkennt er in den Augen des Reisenden etwas. Und so sendet sein Instinkt ganz plötzlich ein scharfes Warnsignal durch seinen Körper, ausgehend von der Magengegend und endend im Hirn, wo ja bei den Menschen der Verstand sitzen und dort auch arbeiten soll – normalerweise.

Und so erwidert er nur: »Dies ist ein primitives Land, Mister, kein Land für Schöngeister. Und der Lady werden schon nicht die Ohren abfallen, da bin ich mir sicher.«

Er wendet sich nach diesen Worten ab und ruft dem Stationsmann und dessen Gehilfen mit rauer Stimme zu: »Na los! Was steht ihr noch herum? Spannt ab! Und dann müssen wir eine neue Achse an die verdammte Karre montieren. Ihr habt hier doch wohl eine Ersatzachse herumliegen?«

Seine Stimme hat zuletzt einen drohenden Klang angenommen.

»Und wenn nicht?«, fragt der Stationsmann grinsend.

Da brüllt ihn der Fahrer an: »Dann habe ich die Nase voll von dieser verdammten Overland Line! Dann gehe ich lieber Gold und Silber suchen. Und ihr könnt mich alle mal kreuzweise! Hast du verstanden, Charly Skinner? Die verdammte Postlinie stinkt mir gewaltig! Immer wieder diese Überfälle der Banditen und manchmal sogar noch Apachengefahr. Schlechte Pferde und noch schlechtere Kutschen. Ihr könnt mich alle ...«

»Halt die Luft an, Bulldog Kirby!«, knurrt der Stationsmann. »Wir haben eine Hinterachse! Diese Postlinie wird bestens geführt! Du bekommst binnen einer Stunde eine neue Achse. Und nun halt dein Maul!«

Inzwischen sind auch die anderen Reisenden aus der Kutsche geklettert. Sie sind eine bunt gemischte Gesellschaft, nämlich sechs männliche und drei weibliche Fahrgäste.

Jener Mann, der bereit war, sich mit dem Fahrer anzulegen, weil dieser so gotteslästerlich fluchte, wendet sich einer der drei weiblichen Passagiere zu. Und tatsächlich, sie wirkt wie eine wirkliche Lady, während die beiden anderen Frauen auf den ersten Blick als zu jener Sorte gehörend erkennbar sind, die in den Tingeltangels und Etablissements arbeitet.

Der Mann spricht zu der Schönen, deren elegantes Reisekostüm gewiss in New Orleans gekauft wurde, wo die neuesten Moden aus Paris zuerst hinkommen: »Lady, wir werden dennoch vor Anbruch der Dunkelheit nach Golden kommen. Darf ich Ihnen etwas Wasser aus dem Brunnen heraufziehen?«

»O ja«, erwidert sie und folgt ihm dann zum Brunnen, wo er den Holzeimer hinab lässt und gefüllt heraufholt. Er probiert dann zuerst mit der hölzernen Schöpfkelle, stellt fest, dass dieses Brunnenwasser ausgezeichnet schmeckt, und sagt es auch, nachdem er die Schöpfkelle neu füllte und ihr überlässt.

Und indes sie sich erfrischt, sagt er: »Ich fragte mich schon die ganze Fahrt, seit wir in Nogales in diese Kutsche kletterten, was Sie in Golden wollen, Lady. Würden Sie meine Neugierde befriedigen?«

Sie betrachtet ihn fest mit ihren grünen Augen. Das hat sie von Anfang an getan, als sie sich in der Kutsche gegenüber saßen. Und er erkannte, dass sie eine Frau ist, die sich unter Männern behaupten kann. Er hält sie für eine zwar schöne, doch knallharte Geschäftsfrau, eine von jener Sorte, die ihre Ausstrahlung zusammen mit ihrer Schönheit einsetzt, um gewisse Ziele zu erreichen.

Sie lacht nun, und dieses etwas kehlige Lachen geht ihm gewissermaßen unter die Haut, wie auch das besondere Timbre ihrer Stimme, das genau zu ihrer ganzen Erscheinung passt.

Immer noch lachend fragt sie: »Und was führt Sie nach Golden, Mister?«

Er blickt wieder in ihre Augen und erkennt darin ein wachsames Prüfen und Forschen.

»Ich bin Pugh Donovan«, erwidert er. »Ich bin US Marshal und bringe das Bundesgesetz nach Golden.«

»Aaah«, macht sie und nimmt abermals einen Schluck Wasser aus der hölzernen Kelle. »Wenn das so ist, Mister Donovan, dann werden wir uns in Golden wahrscheinlich immer wieder begegnen. Ja, ich habe in Golden einige Geschäfte vor. Mein Name ist McKenzie, Hilda McKenzie. Und wir beide sind heute Abend noch Fremde in Golden.«

Er nickt, und er würde sie gerne zum Abendessen einladen. Doch er erkennt in ihren Augen, dass sie ablehnen würde. Überhaupt sagt ihm sein Instinkt, dass er sich nicht zu sehr aufdrängen sollte. Er hält sie für eine Frau, der man lange den Hof machen muss, will man etwas bei ihr erreichen.

Sie stellt die Kelle auf den Brunnenrand und beginnt umherzuschlendern.

Und er folgt ihr nicht. Nur mit seinen Blicken folgt er ihr, erfreut sich an ihrer Erscheinung, ihren geschmeidigen Bewegungen und denkt dabei: Sie will in Golden irgendwelche Geschäfte machen. Nun gut ...

Indes haben sich auch die anderen Fahrgäste verteilt. Nach dem langen Sitzen in der Kutsche sind sie alle froh, sich die Beine vertreten zu können. Bis nach Golden sind es nur noch etwa dreißig Meilen. Deshalb gibt es hier keinen Imbiss mehr. Alle Passagiere warten lieber, bis sie in Golden sind.

Einer der anderen männlichen Passagiere – sein Name ist Vance Halderan – schlendert ebenfalls im weiten Hof umher und betrachtet die Tiere in den Corrals.

Nach ein paar Dutzend Schritten stößt er auf die schöne Frau, welche ja ebenfalls auf dem Hof ihre Runden dreht, um sich die Beine zu vertreten. Nur geht sie entgegengesetzt wie er. Sie begegnen sich also.

»Das tut gut, Lady, nicht wahr?« Er lächelt sie an. Und weil sie innehält, tut er dies ebenfalls.

In der Kutsche saß er ihr nicht gegenüber, auch nicht neben ihr. Er saß auf der hinteren Bank und sah nur ihren Nacken oder ihr Profil, wenn sie den Kopf zur Seite drehte, um aus dem Fenster zu schauen.

Nun sieht er sie zum ersten Mal richtig von vorn. Sie kann die Bewunderung in seinen Augen erkennen, und es gefällt ihr, dass er ihr jetzt nicht den Hof zu machen beginnt.

Dafür fragt er: »Was wissen Sie über Golden, Lady? Übrigens – mein Name ist Vance Halderan.«

Sie hebt ihre geraden Schultern und lässt sie wieder sinken.

»Nicht viel«, erwidert sie. »Aber ich werde es dort ziemlich schnell herausfinden.«

Dann hören sie den Hufschlag einiger Pferde und wenden sich beide in die Richtung, aus der der Klang kommt.

Die Reiter sind in Deckung der Gebäude herangeritten. Nun biegen sie um das Stationshaus – mit schussbereiten Waffen. Sie sind maskiert, und einer von ihnen ruft scharf: »Das ist ein Überfall! Wer nach der Waffe greift, der wird erschossen!«

Es sind vier Reiter. Sie wirken hart, zäh, wild, verwegen, ganz und gar wie ein Rudel, welches stets alles auf eine Karte setzt und sich mit Verwegenheit behauptet.

Es gibt für alle Beteiligten keinen Zweifel, dass sie schießen werden.

Diese Banditen und Revolverschwinger haben vor nichts Respekt. Zwar sind sie in der Minderzahl, doch sie kamen überraschend. Und nicht alle Passagiere würden kämpfen und den Leuten der Postlinie beistehen.

Es sind erst wenige Sekunden vergangen, und der leichte Wind treibt nun den Staub, den die Pferde aufwirbelten, über den Hof. Es ist eine Wolke, die einen Moment jede Sicht beeinträchtigt.

Und in diesem Moment krachen die Schüsse des US Marshals, der sich der Schönen als Pugh Donovan vorstellte. Es ist eine unwahrscheinlich schnelle Schlussfolge, wie sie nur ein ganz besonderer Revolvermann mit einer präzise funktionierenden Waffe erreichen kann. Ja, es ist fast wie eine grausige Zauberei, grausig, weil sie gnadenlos ist und so schrecklich endet.

Denn in der Staubwolke, welche ja auch die vier Reiter einhüllt, sieht man sie aus den Sätteln fallen.

US Marshal Pugh Donovan kennt keine Gnade. Es ist ihm auch gar nicht möglich, denn er kämpft allein gegen vier Banditen. Er darf keinem von ihnen auch nur die geringste Chance geben. Seine einzige Chance ist schnelles Schießen und genaues Treffen.

Und da liegen sie nun im Staub, vier wilde und verwegene Burschen, welche mit ihren schnellen Colts schnelles Geld machen wollten.

Alles verharrt auf dem Hof – neun Passagiere, der Stationsmann und dessen Gehilfe, dann noch der Fahrer mit seinem Begleitmann. Sie waren damit beschäftigt, die Kutsche aufzubocken, und hatten schon das Sechsergespann ausgeschirrt.

Es herrscht einen Moment Stille. In der Ferne sind die Schüsse verhallt.

Dann hört man die Flüche einiger Männer. Alle starren sie auf den Marshal. Mit dem Colt in der Hand – es müssen noch zwei Kugeln in der Trommel sein, denn er schoss nur viermal – bewegt er sich nun und geht von einem Banditen zum anderen.

Sie alle liegen im Staub. Wahrscheinlich will er nachsehen, wer von ihnen nur verwundet und wem nicht mehr zu helfen ist.

Als er nach dem zweiten der Banditen sieht, richtet sich rechts von ihm einer auf und richtet seinen Revolver auf ihn. Doch ein anderer Mann schießt schneller. Es ist Vance Halderan, der nun eingegriffen hat. Er trifft und zeigt damit, dass er ebenfalls ein sehr schneller Revolvermann ist.

Der Marshal aber wirbelte herum. Fast hätte er geschossen. Doch in einem Sekundenbruchteil begriff er die Situation.

Nun nickt er Vance Halderan zu und legt dann dankend einen Finger an die Hutkrempe.

Und alle auf dem Hof begreifen, dass dieser Vance Halderan, dessen Namen sie zwar nicht kennen, den sie jedoch alle für einen Spieler und Glücksjäger halten, einen ehemaligen Südstaatenoffizier wahrscheinlich, dem Marshal das Leben gerettet hat durch sein blitzschnelles Eingreifen.

Sie hören Pugh Donovan nun rufen: »Leute, ich bin US Marshal und habe den Auftrag, das Bundesgesetz nach Golden und in den Golden-Distrikt zu bringen. Es ist nun alles vorbei, Leute! Der Überfall auf die Station einer Postlinie ist ein Verbrechen gegen das Bundesgesetz. Gentlemen, helfen Sie mir jetzt. Wir müssen die Toten vom Hof schaffen. He, Stationsmann, gibt es hier schon Grabstätten?«

»Hinter dem Haus, Marshal. Dort zwischen den Felsen. Da liegen meine Frau und zwei meiner einstigen Helfer, als uns vor zwei Jahren eine Apachenhorde belagerte und die verdammte Armee zu spät kam. Hinter dem Haus!«

Der Stationsmann ruft es grimmig und fügt dann hinzu: »Aber diese Banditen sollen nicht zu dicht bei meiner Frau und den anderen Toten beerdigt werden, die redliche Menschen waren.«

Hilda McKenzie – so heißt sie ja, die Schöne – tritt neben Halderan und murmelt: »Sie haben ihm das Leben gerettet – diesem US Marshal. Er steht in Ihrer Schuld, Mister Halderan. So war doch Ihr Name? Sie scheinen Glück zu haben bei Ihrem Einzug in Golden. Sie haben von Anfang an einen US Marshal auf Ihrer Seite. Sind Sie ein Glücksjäger und Spieler?«

Die Frage zuletzt kommt ziemlich hart, fast brutal in ihrer Offenheit.

Er ist einen ganzen Kopf größer als sie, obwohl sie für eine Frau etwas mehr als nur mittelgroß ist. Er ist ein dunkelhaariger und grauäugiger Mann. In seinem Gesicht sind einige dunkle Linien, auch ein paar Narben. Unter seinem Sichelbart sieht sie einen Mund, der zumeist hart geschlossen ist, doch jetzt so etwas wie den Hauch eines Lächelns zeigt.

»Wir sind von einer Sorte, Schwester«, murmelt er. »Ich spüre das. Sie haben sich zu einer Lady verändert, aber nichts auf dieser Welt ist Ihnen fremd, gar nichts. Ich bewundere Sie. Ja, wir gehören zur gleichen Sorte.«

»Und die wäre?« Sie fragt es mit einem klirrenden Klang in der Stimme, und in ihren grünen Augen funkelt es gefährlich.

»Wir wissen es beide«, sagt er und lächelt nun stärker. »Und ich wünsche Ihnen Glück. Golden ist gewiss groß genug für uns beide. Und natürlich würde ich gerne mit Ihnen ins Bett gehen, um es ganz klar zu sagen. Und vielleicht wird es eines Tages auch so kommen.«

Er hebt nun seine Hände und zeigt ihr die Handflächen, dabei murmelt er: »Frieden, Schwester, Frieden.«

Einen Moment sieht es so aus, als wollte sie ihm ins Gesicht schlagen. In ihren grünen Katzenaugen sprühen nun Funken.

Doch dann tritt sie ihm nur gegen das Schienbein, nicht zu fest, sodass er herumtanzen würde vor Schmerz, aber doch empfindlich genug, um ihn zu bestrafen für seine so deutlichen Worte.

Dann lässt sie ihn stehen und geht weiter.

Auch er setzt seinen Rundgang fort. Nein, er hilft dem Marshal und den anderen Männern nicht beim Wegtragen der Toten.

Etwas später sieht er zu, wie man der aufgebockten Kutsche eine neue Hinterachse montiert und dann die Räder wieder aufsetzt.

Dann bekommt die Kutsche ein frisches Gespann, und der Fahrer ruft heiser: »Einsteigen, Leute. Es geht weiter nach Golden!«

✰✰✰

Als es fast schon dunkel ist, erblicken sie in der Ferne die Lichter von Golden im Tal der Tortilla Hills. Und überall zu beiden Seiten des Wagenweges sind andere Lichter, auch Feuer.

Einer der Passagiere ist ein zurückkehrender Goldgräber und Claimbesitzer.

Er spricht nun: »Es werden immer mehr. All diese Lichter sind Claims und Minen. Sie wühlen überall wie Riesenmaulwürfe. Nur wenige werden fündig. Doch man hat hier im Umkreis von zwanzig Meilen schon einige wirklich große Gold- oder Silberadern gefunden. Und dann wird hier die ganze Welt verrückt.«

Sie alle schweigen nach seinen Worten. Doch nach einer Weile fragt einer der männlichen Fahrgäste: »Und wie ist die Stadt Golden?«

Der Goldgräber und Claimbesitzer stößt ein bitteres Lachen aus und spricht dann: »Golden ist eine Eiterbeule, die sich ständig vergrößert und eines Tages platzen wird, weil alle Eiterbeulen eines Tages platzen. Aber wir haben ja jetzt einen richtigen US Marshal in Golden. Der wird es schon richten, wenn sie ihn lange genug am Leben lassen. Nicht wahr, Marshal?«

»Ich bin nur für die Bundesgesetze zuständig«, hören sie Pugh Donovan in der nun dunklen Kutsche sagen. »Ich bin kein Sheriff und auch kein City Marshal.«

»Und was sind die Bundesgesetze?« Eine der beiden anderen Frauen fragt es ziemlich spitz. Sie ist nicht mehr ganz jung. Vielleicht will sie nach Golden, weil dort die Frauen sehr knapp sind und deshalb begehrt.

Marshal Donovan lacht leise: »Die Postwege, Deserteure der Armee, Bundeseigentum, Heimstättengesetz, Steuergesetze des Bundes. Meine Befugnisse sind also nicht die eines Sheriffs oder City Marshals. Denen darf ich nicht reinreden. Ich kann sie nur um Hilfe ersuchen oder sie mich. So einfach ist das.«

Er verstummt sarkastisch.

Erst nach einer Weile spricht der Goldgräber: »Also wird es in Golden weitergehen wie bisher. Denn der Sheriff und der City Marshal sind Mitglieder der wilden Horde und schmutzigen Gilde. O weia, wann wird die Eiterbeule platzen?«

Er verstummt mit Bitterkeit. Sie alle schweigen. Und immer dann, wenn der Wagenweg eine Biegung macht, sehen sie nach der einen oder anderen Seite die Lichter von Golden. Sie kommen der wilden Stadt immer näher.

Es wird nun richtig Nacht, eine Arizonanacht mit funkelnden Sternen und einem Silbermond.

Der staubige und zerfurchte Wagenweg wird immer belebter. Von den vielen Seitenwegen biegen Reiter, Fahrzeuge und wenig später auch, als sie der Stadt schon sehr nahe sind, viele Fußgänger auf den Wagenweg ein.

Und der zurückgekehrte Goldgräber und Claimbesitzer spricht mit Bitterkeit: »Da strömen sie wieder alle, wie jede Nacht, zu all den Whiskytränken, all die durstigen Kehlen, die sich Sünden kaufen wollen, um sich für das harte Schuften und Wühlen zu belohnen. Es ist eine verdammte Welt. Bei Tag arbeiten sie und hoffen auf den großen Fund, auf den plötzlichen Reichtum, der für sie das größte Glück bedeutet – und wenn die Nacht anbricht, dann suchen sie etwas in dieser verdammten Stadt, was es nicht gibt, nämlich Wärme und Liebe. Denn jeder Mensch sehnt sich nach menschlicher Wärme und Liebe. Aber die kann man nicht kaufen, schon gar nicht in Golden. Ihr werdet es ja selbst erfahren.«

In seiner Stimme wurde der Klang noch bitterer.

Da fragt eine der beiden Frauen, von denen man annehmen muss, dass sie nach Golden kommen, um sich zu verkaufen: »He, Mann, warum kehren Sie denn dann nach Golden zurück, wenn es so böse und unfair ist, eine Eiterbeule, wie Sie sagten? Warum kamen Sie zurück, Digger?«

Dieser lacht und spricht dann mit seiner heiseren und stets bitter klingenden Stimme: »Ich wollte eigentlich nicht zurück. Ich hatte für fast viertausend Dollar Goldstaub und Körner aus meinem Claim gekratzt. Aber unterwegs wurde unsere Kutsche überfallen. Die Banditen nahmen auch mir alles weg. Ich bekam eine Kugel in die Schulter. Auch zwei andere Passagiere wurden angeschossen. Man brachte uns nach Tucson. Dort lagen wir fast zwei Wochen in einer Scheune und wurden langsam wieder gesund. Dann musste ich zwei weitere Wochen arbeiten, um mir das Fahrgeld zurück nach Golden zu verdienen. Nun werde ich wieder auf meinem alten Claim nach Gold kratzen. Ich habe ihn ja nicht verkauft. Denn das wäre für die Goldwölfe das Zeichen gewesen, dass ich abhauen wollte. Ich glaubte, mich davonschleichen zu können mit meiner Goldausbeute. Länger als ein Jahr habe ich für die Banditen gearbeitet, und das geht vielen so. Ich bin kein Einzelfall. Der ganze Golden-Distrikt ist voller Banditen. He, Marshal, und Sie können da wirklich nichts tun?«

Die Frage zuletzt klingt aggressiv.

Und alle in der Kutsche warten gespannt auf die Antwort von Marshal Pugh Donovan. Dieser lässt sie nicht lange warten. Sie hören ihn von seinem Sitz in der dunklen Kutsche sagen: »Doch – wenn so eine Kutsche auch Regierungspost befördert, dann kann ich etwas tun, aber nur dann. Sonst ist der Sheriff für solche Überfälle zuständig. Aber es liegt an mir, ob die Kutsche Regierungspost befördert oder nicht. Jeder Brief oder Bericht von mir an meine vorgesetzte Dienststelle, an die Armee, an eines der Indianerreservate oder in Angelegenheiten der Siedler in Zusammenhang mit dem Heimstättengesetz – all das ist Post der Bundesregierung. Leute, ich verspreche nichts. Aber ich werde den Job schon erledigen, wozu ich hergeschickt worden bin.«

Er verstummt lässig, fast sanft.

Und sie alle in der Kutsche glauben ihm, dass er wirklich seinen Job tun will, wie es sich gehört.

Sie schweigen nun alle. Gewiss geht jeder von ihnen – mögen es die drei Frauen oder die Männer sein – seinen Gedanken darüber nach, wie es sein wird mit ihnen in Golden. Und so fragen sich gewiss alle: Was hält das Schicksal für uns bereit?

✰✰✰

Die Kutsche hält wenig später vor dem Golden City Hotel und lädt die Fahrgäste und deren Gepäck aus.

Vance Halderan will Hilda McKenzie aus der Kutsche helfen, doch da tritt ein kleiner Mann aus der Gruppe einiger Neugieriger, die sich wahrscheinlich stets bei jeder Ankunft von Postkutschen – ganz gleich aus welcher Richtung – hier einfinden.

Der kleine Mann – er ist drahtig und lässt an einen Terrier denken – spricht mit ruhiger Stimme: »Willkommen, Mrs Hilda.«

Und dann hilft er ihr aus der Kutsche, kümmert sich auch um ihr Gepäck.

Vance Halderan tritt indes an die Hauswand des Hotels und beobachtet alles. Der Marshal taucht neben ihm auf. Beide sehen sich das alles an, blicken die Straße hinauf und hinunter.