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Als Pancake-Jordan den Hof der Schmiede verlässt, da glaubt er, eine Stunde Zeit zu haben. Denn genau in einer Stunde will der Schmied den Küchenwagen, der völlig neue Räder bekam, fertig haben.
Pancake-Jordan schnalzt mit der Zunge und überlegt, wie viel Glas Whisky er wohl trinken könnte, ohne betrunken zu werden. Aber er unterbricht seine Gedanken, denn ein Mann, der an der Ecke des Saloons lehnt und an einem Zahnstocher kaut, sagt zu ihm: »Halt, nicht so schnell, Freund Jordan! Bleib stehen und gib mir deinen Tabaksbeutel. Es soll so aussehen, als hätte ich dich um Tabak angebettelt. Also, Jordan!«
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Sein Name ist Fess Mackay
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Salvador Faba / Norma
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0604-9
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Sein Name istFess Mackay
Als Pancake-Jordan den Hof der Schmiede verlässt, da glaubt er, eine Stunde Zeit zu haben. Denn genau in einer Stunde will der Schmied den Küchenwagen, der völlig neue Räder bekam, fertig haben.
Pancake-Jordan schnalzt mit der Zunge und überlegt, wie viel Glas Whisky er wohl trinken könnte, ohne betrunken zu werden. Aber er unterbricht seine Gedanken, denn ein Mann, der an der Ecke des Saloons lehnt und an einem Zahnstocher kaut, sagt zu ihm: »Halt, nicht so schnell, Freund Jordan! Bleib stehen und gib mir deinen Tabaksbeutel. Es soll so aussehen, als hätte ich dich um Tabak angebettelt. Also, Jordan!«
Die beiden letzten Worte kommen zwar sanft, doch sie sind ein präziser Befehl für Pancake-Jordan, weil dieser in die Augen des Sprechers blickt und darin mehr erkennen kann, als es die Worte und der Klang der Stimme ausdrücken.
Denn inzwischen hat Pancake-Jordan den Mann erkannt, und er ist sehr erschrocken und hat plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es ist ihm, als erblasste er, und dann spürt er, wie er zu schwitzen beginnt.
»Heiliger Rauch«, ächzt er, »Sie sind doch wohl nicht hinter mir her, Mister ...«
»Keine Namen, Jordan«, sagt der Mann. »Und ich bin nicht hinter dir her, obwohl ich mir doch tausend Dollar verdienen könnte, brächte ich dich zum nächsten Marshal. Gib mir endlich deinen Tabak, damit wir uns, indes ich mir eine Zigarette drehe, unauffällig unterhalten können. Und zum Schluss wirst du mir einen Dollar schenken, damit es richtig aussieht, als hätte ich dich angebettelt.«
Pancake-Jordan, der unter einem anderen Namen vom Gesetz gesucht wird, gehorcht. Und er betrachtet sein Gegenüber noch einmal sehr vorsichtig und forschend.
Der Mann wirkt sehr abgerissen, unrasiert und ganz heruntergekommen.
Doch Pancake-Jordan weiß, dass dies alles nicht sein kann. Ein Mann wie dieser hier – nun, der kommt nicht so herunter, dass man ihn für einen Tramp halten muss.
Nein, hier sind andere Dinge im Spiel. Und überdies ist Pancake-Jordan sicher, dass der Mann irgendwo unter der abgerissenen Kleidung seinen Revolver trägt.
Und dieser Revolver! Oh, Pancake-Jordan möchte nicht an diesen Revolver denken. Denn er sah ihn einmal in Tätigkeit, damals in ...
Aber Pancake-Jordan hört den Mann, der seinen Namen nicht genannt haben möchte, nun knapp sagen: »Du bist doch Koch bei der CC-Treibherde, nicht wahr? Nun, diesen Job gibst du sofort auf und verschwindest wie der Blitz. Hast du verstanden, Jordan?«
Der hat genau verstanden, und für einen Moment hat er den Wunsch, gegen diesen Befehl zu protestieren. Doch dann erinnert er sich rechtzeitig wieder daran, dass es hier in Dodge City bestimmt einen US Deputy Marshal gibt, der sich seiner annehmen würde.
»Es ist ein guter Job«, würgt er hervor. »Ich verdiene fünfzig im Monat und ...«
»Und ich verzichte auf die auf dich ausgesetzte Belohnung von tausend Dollar«, spricht der Mann sanft und reicht ihm den Tabaksbeutel zurück.
Pancake-Jordan blickt in die Augen des Mannes. Es sind kühle, ruhige und rauchgraue Augen.
Grau wie Pulverrauch – wie Kugelblei – oder wie ein Nebelmorgen an einem Fluss, so denkt Pancake-Jordan und fröstelt nun, nachdem ihm heiß geworden ist.
»Ich gehorche«, sagt er heiser. »Aber ich hätte nie geglaubt, dass Sie mich mal so erpressen würden. Das tut kein feiner Mann, Sir.«
»Nein! Doch ich bin kein feiner Mann, Jordan. Ich bin hinter dem Burschen her, der in Fort Worth meinen Bruder überfiel, ihn tötete und beraubte. Ich bin kein feiner Mann, wenn ich einen Raubmörder überführen will.«
»Ach so«, sagt Pancake-Jordan erschrocken. Und er weiß von diesem Moment an, dass sein Gegenüber diesmal besonders scharf und unerbittlich ist.
Und das ist für einen Mann wie Pancake-Jordan Grund genug, um aufzugeben.
Er nickt sofort heftig und sagt: »In Ordnung, Mister! Ich gehe von hier aus zum Bahnhof und verkrieche mich in dem ersten Güterwagen, der mir ein Versteck bieten kann. In Ordnung!«
Damit macht er auf dem Absatz kehrt und geht eilig davon.
Und jener Mann, der nun von seinem Tabak eine Zigarette raucht und von ihm einen Dollar erhielt, blickt ihm ruhig nach. Dann geht er langsam zur Schmiede zurück, von der Pancake-Jordan gekommen war.
Sein Name ist Fess Mackay.
Und es gibt nicht wenige Geschichten über ihn und seine Revolverkämpfe. Denn er ist ein berufsmäßiger Revolvermann, kein gewöhnlicher, nein! Sein Name ist Fess Mackay!
✰✰✰
Es ist schon Nacht, als Fess Mackay das Herdencamp erreicht und den Wagen dicht beim Feuer anhält.
Das Camp liegt an einem Bach, und die Mannschaft der Herde, die heute keinen Urlaub mehr bekam und aufgewärmtes Essen zum Abendbrot erhielt, weil der Koch mit dem Küchenwagen in der Stadt war, hockt mürrisch um das große Feuer.
Irgendwo dort draußen in der Nacht ruht die große Herde.
Als Fess Mackay vom Fahrersitz klettert, richten sich einige Blicke auf ihn. Und dann fragt eine Stimme gedehnt: »Nanu, das ist ja gar nicht unser Bauchbetrüger. Was ist das denn für'n Vogel?«
Nun werden alle Männer am Feuer aufmerksam. Und aus der Dunkelheit tritt noch ein Mann an den Lichtkreis des Feuers.
»He, wer bist du?«, fragt eine Stimme.
»Vielleicht der neue Koch«, erwidert Fess Mackay schlicht. »Pancake-Jordan musste plötzlich verreisen und nahm den ersten Güterzug. Er lässt euch durch mich schöne Grüße bestellen und schickt mich als seinen Vertreter und Nachfolger. Doch das liegt bei euch, nicht wahr? Da ich einen Job suche ...«
»Wie ist Ihr Name?« Es ist eine kühle und unpersönliche Stimme, die ihn unterbricht, und sie gehört jenem Mann, der aus der Dunkelheit bis an den Lichtkreis des Feuers trat.
Es ist ein mittelgroßer und auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar wirkender Mann.
Doch er trägt zwei Revolver tief auf die Oberschenkel geschnallt. Er ist sehr dunkel gekleidet, und seine Hose steckt in glänzenden Maßstiefeln aus weichem Leder. Der Hut beschattet sein Gesicht. Man sieht nur sein dreieckiges Kinn und seine hellen Augen.
»Ich bin Bill Baker, und ich bin der beste Koch, den ihr für Pancake-Jordan bekommen könnt. Für sechzig Dollar koche ich für diese Mannschaft, auch wenn es so lange regnet, dass ...«
»Es wird sich finden«, unterbricht ihn der Mann wieder. »Wir werden das morgen nach dem Frühstück klären, das Sie uns machen, Bill Baker. Der Boss und seine Partnerin sind in der Stadt und kommen erst morgen, wenn die Herde aufbricht. Sie können uns aber ein Probefrühstück machen. Und dann werden wir sehen. Warum musste Pancake-Jordan so plötzlich verreisen? Seid ihr alte Freunde?«
»Ganz alte Freunde«, sagt Fess Mackay, der sich also nun Bill Baker nennt. »Wir waren während des Krieges als Köche beim Stab von General Lee.«
»Davon hat man bei Pancake-Jordan nicht viel gemerkt«, erklärt der Mann sarkastisch, und dann wartet er offensichtlich auf die Antwort auf den wichtigsten Teil der Frage, die er stellte.
»Warum Jordan so plötzlich verreisen musste?«, dehnt Fess, und er wirkt sehr zögernd und unentschlossen. »Das weiß ich nicht genau«, murmelt er dann. »Doch es muss mit einem US Deputy Marshal zusammenhängen. Mehr kann ich nicht sagen.«
Es war still am Feuer. Nun lachen einige der Männer leise. Eine Stimme sagt trocken: »Ich wusste immer, dass Pancake noch eine Menge andere Dinge auf dem Kasten hatte. Jetzt ist er fort. Und wir hatten uns inzwischen an seinen Schlangenfraß gewöhnt – so sehr gewöhnt, dass wir nun alle in Gefahr sind, wenn dieser Hombre da besser oder auch nur anders kochen sollte als Pancake. Ihr müsst nämlich wissen, Jungs, dass man sich auch an Schlangengift gewöhnen kann, wenn man es regelmäßig und zuerst in nur winzigen Portionen bekommt. Der Körper entwickelt dann Abwehrkräfte, und nach einer gewissen Zeit kann man eine ganze Flasche Schlangengift trinken. Nicht wahr? Und so geht es einer Mannschaft auch, wenn sie einen Koch wie Pancake hat. Sie gewöhnt sich so sehr an seinen Schlangenfraß, dass sie Magenschmerzen bekommt, wenn sie eines Tages wieder ein ordentliches Essen erhält. Das ist die Gefahr, Jungs!«
Einige Stimmen knurren ärgerlich zu diesen Worten, die wie von einem Schulmeister gesprochen vorgetragen wurden.
»Hör nur auf, Caesar, uns wieder verrückt zu machen«, sagt eine Stimme bitter. Aber eine andere Stimme stößt einen freudigen Ruf aus und verkündet dann laut: »Jetzt weiß ich es! Jetzt weiß ich es genau! Ich wurde vor einigen Tagen von einer Klapperschlange gebissen. Oh, ich glaubte wirklich, dass ich nun sterben müsste. Doch dann spürte ich plötzlich ein sehr wohliges Gefühl, etwa so, als wenn ich einen besonders guten Whisky getrunken hätte, der mein Blut so richtig zum Wallen brachte. Und die Klapperschlange blickte mich eine Weile traurig an und starb binnen einer Minute. Ich habe das noch keinem von euch erzählt, weil ihr mich ausgelacht oder gar einen Lügner genannt hättet. Doch nun ist ja alles klar. Pancakes Schlangenfraß hatte mich unempfindlich gemacht. Und ich selbst habe so viel Gift im Blut, dass daran sogar eine Klapperschlange krepierte. Du lieber Vater im Himmel, wie soll das nur enden?«
»Das ist ganz einfach, Sol«, spricht eine Stimme trocken. »Du wirst nun sterben, wenn dich mal ein Kaninchen beißt oder ein Vögelchen in die Nase pickt.«
»Ihr braucht keine Angst zu haben, Gentlemen«, meldet sich Fess freundlich. »Ich verstehe mein Handwerk und weiß genau, wie man eine Texasmannschaft füttern muss. Ihr bekommt genau das richtige Quantum Glas, Stacheldraht, Salzsäure, Seife und Pferdemist ins Essen, das nötig ist, um eure Konstitution in einem erstklassigen Zustand zu halten.«
»Was hat er gesagt?«, fragt eine nörgelnde Stimme. »Kon-konstu-stution«, sagt eine andere Stimme staunend. »Das ist ein gelehrter Mann. Habt ihr das gehört? Er wird das Essen mit schlauen Wörtern würzen. Und so werden wir die Weisheit mit Löffeln fressen und so klug werden wie unser Caesar Gallius, der sogar sagen kann, wie weit es bis zum Mond ist.«
Nun ist es wieder still.
Und Fess steht immer noch neben dem Wagen, den er brachte, und betrachtet dieses harte Rudel.
Ja, sie sind eine hartbeinige Texas-Treibmannschaft, dies kann er sofort erkennen. Er betrachtet sie sehr aufmerksam und forschend, prüft die Gesichter, so gut er es beim Feuerschein vermag, und fragt sich, ob ihn einer vielleicht kennt.
Doch es scheint nicht so zu sein. Auch ist sein Stoppelbart schon sehr stark. Es ist ein starker und blauschwarzer Bart.
Fess Mackay ist ein sehr dunkler Typ. Er ist etwas mehr als mittelgroß und prächtig proportioniert. Doch davon sieht man nichts. Die Kleidung, die er trägt, ist viel zu weit und verbirgt viel von seiner geschmeidigen Art. Er gibt sich auch Mühe, sich etwas plumper zu bewegen. Und er hinkt etwas auf dem linken Bein.
Dies alles lässt ihn hoffen, dass ihn niemand, der ihn vielleicht schon einmal als Marshal sah, als Scout, Wagenzugführer – oder als Captain während des Bürgerkrieges –, wiedererkennt.
Oh, er kennt sich aus mit solchen Treibmannschaften wie dieser da. Dies sind keine einfachen, zahmen Cowboys, die für eine Ranch reiten und ein verhältnismäßig geregeltes Leben führen.
Dies hier sind Herdentreiber, die sich dafür anwerben lassen, eine Rinderherde tausend oder zweitausend Meilen weit zu treiben.
Und damit unterscheiden sie sich von normalen Ranch-Cowboys, wie Segelschiffmatrosen, die um Kap Hoorn nach China segeln, sich von Küstenschiffern unterscheiden.
So ist das.
Dies dort sind die härtesten, zähesten und gewiss auch wildesten Burschen der Texasweide.
Sie sind mit gewöhnlichen Maßstäben einfach nicht zu messen.
Und Fess Mackay weiß das.
Er wendet sich ab, um die beiden Zugtiere auszuspannen. Er bringt sie in den Corral und macht sich dann daran, den Wagen wieder einzuräumen. Er findet unter der Segeltuchplane sehr viel Proviant und allerlei Ausrüstung, Kochgeräte und Geschirr. Diese Mannschaft ist wahrhaftig gut ausgerüstet.
Er findet auch Pancake-Jordans Sauerteigfass, öffnet es und riecht hinein. Und er weiß, dass Pancakes Spezialität unter anderem ist, köstliche Biskuits zu backen, die im Munde zergehen. Pancake war einmal der Koch seiner Kompanie.
Wenn er, Fess Mackay, bei dieser Mannschaft bleiben will, dann muss er sie als Koch zufriedenstellen.
Denn nicht der Boss dieser Herde, sondern die Mannschaft wird die letzte Entscheidung fällen.
Ein Herdenkoch ist nämlich wichtig. Wenn es drei Wochen unterwegs ununterbrochen regnet, dann hängt es zum großen Teil vom Koch ab, wie die Stimmung der Mannschaft ist.
Und von der Stimmung solch einer Mannschaft hängt es ab, ob sie die Herde möglichst ohne Verluste ans Ziel bringt.
Der Koch hat großen Einfluss auf das Stimmungsbarometer solch einer Mannschaft, die aus Individualisten besteht, wie sie reiner nicht sein könnten.
Fess denkt während seiner nächtlichen Arbeit auch oft genug an jenen Mann, der mit ihm sprach und der zwei Revolver trägt. Dieser Mann verschwand wieder jenseits der Lichtgrenze des Feuers in der Nacht. Und er hatte sich zwar nicht vorgestellt, doch weiß Fess genug über ihn. Er hatte sich gründlich genug über diese Mannschaft erkundigt.
Dieser Zweirevolvermann ist kein anderer als Joshua Ringrose, ein harter, schneller und berüchtigter Revolvermann.
Und der Boss ist Lincoln Callahan, ein Mann, der sich als Treibherdenführer auf dem Chisholm Trail einen Namen als Kämpfer machte und im vergangenen Jahr die größte Herde ans Ziel brachte, die jemals von Texas den Chisholm Trail hinaufgezogen war.
Doch die Endstation des Chisholm-Weges ist Dodge City. Hier ist der Verladebahnhof der Kansas-Bahn.
Diese Herde jedoch ging nicht in die Verladecorrals. Sie zog an Dodge City vorbei und lagert nun fünf Meilen nördlich der Treibherdenstadt.
Denn sie will nach Montana.
Und in Montana ...?
Nun, dort suchen zehntausend Goldsucher nach Gold. Und dort braucht man den Winter über Frischfleisch.
Hier in Dodge City erhält man für ein Rind zurzeit zwölf Dollar.
In Montana auf den Goldfeldern aber bringt solch ein Rind zumindest den vierfachen Preis. Im vergangenen Jahr zahlte man für die letzten Rinder bis zu hundert Dollar.
Man muss sie nur mitten durch das Indianerland durchbringen können.
Das ist das Problem. Dann winkt reicher Gewinn.
Fess Mackay weiß das alles.
Doch er hat ein anderes Problem.
Er will den Mörder seines Bruders überführen. Und er will die zehntausend Dollar zurückhaben, die sein Bruder in den Taschen hatte.
Deshalb muss er mit dieser Mannschaft nach Montana.
✰✰✰
Fess hat die ganze Nacht zu tun, bis er all die Dinge im Küchenwagen untergebracht hat und genau Bescheid weiß, was alles vorhanden ist. Die Mannschaft hat sich längst zur Ruhe gelegt. Da und dort tönen einige Schnarchlaute.
Und von der Herde klingt der Gesang der Herdenwächter. Auch die Herde ist ständig zu hören. Es sollen fünftausend Rinder sein, und sie ruhen dort draußen in der Nacht unter den Sternen. Sie bewegen sich, muhen und schnauben manchmal.
Fess hält auch den Kaffee warm. Denn manchmal kommt einer der Herdenwächter ans Feuer, sitzt ab und trinkt einen Becher voll.
Es ist schon lange nach Mitternacht, und die Herdenwächter lösten sich inzwischen ab, als Fess endlich fertig ist und sich für zwei Stunden zur Ruhe legt.
Aber um drei Uhr morgens ist Fess schon wieder auf den Beinen, wie es sich für einen Treibherdenkoch gehört.
Die heruntergeklappte Rückwand des Küchenwagens dient ihm als Küchentisch. Er bestäubt sie mit Mehl und holt den Sauerteig aus dem Fass. Er formt kleine Bällchen, bestreicht sie mit Schweineschmalz und legt sie in den Holländer-Ofen, der nichts anderes ist als eine große eiserne Bratschüssel mit einem schweren Deckel, in dem man, dreht man ihn um, ebenfalls etwas braten kann.
Er macht ein zweites Feuer an, wartet, bis richtig Glut vorhanden ist, und stellt den Holländer-Ofen in diese Glut.
Inzwischen holte Fess das Fleisch von einem nahen Baum, wo es hing. Denn man hatte gestern Nachmittag ein Kalb geschlachtet.
Er zerlegt es und beginnt wenig später die Steaks zu schneiden. Er klopft sie mürbe und wirft sie dann nacheinander in das Fett der großen Pfannen, die nun ebenfalls auf der Glut stehen.
Fess bekommt immer mehr alle Hände voll zu tun. Er öffnet nun Konservendosen, in denen sich grüne Bohnen befinden. Und er bereitet eine köstliche Soße. Eine andere Schüssel füllt er mit Ahorn-Sirup und tut einige Handvoll Dörrobst hinein.
Und immer wieder erledigt er zwischendurch eine Menge anderer Arbeiten, kocht frischen Kaffee, spart beim Essen nicht mit den Gewürzen und nimmt die Sauerteig-Biskuits heraus.
Im Osten zeigt sich der erste graue Schimmer des nahenden Tages, als er über das Camp zu rufen beginnt: »Hooohooo, die letzten hundert Yards! Hooohooo, die letzten hundert Yards!«
Er ruft es nur halblaut, und es bedeutet, dass die Männer noch etwa so lange schlafen können, wie man braucht, um hundert Yards zu laufen. Es ist gewissermaßen eine Art Vorwarnung, dass gleich geweckt werden wird.
Ein nobler und vornehmer Koch geht auf diese rücksichtsvolle Art mit seiner Mannschaft um und erschreckt sie nicht sofort mit einem wilden und schrecklichen Gebrüll, sodass sie womöglich keine Zeit mehr haben, schöne Träume befriedigend abzubrechen.
Aber dann gibt er es ihnen. Seine Stimme ist scharf und präzise.
Er ruft: »Hoch die müden Leiber, hoch, hoch, Jungs! Zum Teufel mit dem Treiber, der auf die Sonne wartet! Na, hoch, hoch die Leiber! Seht nach eurer Herde! Aus allen Kühen wurden schöne Weiber! Seht es euch an, Jungs! Hoch die Leiber!«
Er unterbricht sich nur so lange, wie er Luft holen muss.
Dann geht es weiter: »Gleich ist die Sonne da, und ich werfe alles fort, was ich für euch kochte! Riecht ihr den Kaffee? Riecht ihr die Steaks? Und es gibt grüne Bohnen, frische Biskuits mit Sirup! Hoiii, wer will es nicht haben? Ich schütte es fort, einfach fort!«
Seine drängende und drohende Stimme jagt sie alle hoch. Sie fluchen und murren. Doch sie kommen verhältnismäßig schnell hoch, und sie stolpern zum Creek, um sich Gesichter und Haare mit kaltem Wasser zu waschen.
Sie packen ihre Bündel und holen sich die Pferde aus der Remuda, die der Pferdewächter herbeitreibt. Sie satteln ihre Tiere und lassen sie stehen.