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Black Jack ist berühmt in Arizona, und es gibt keinen unter all den verwegenen Reitern, der den schwarzen Hengst zu bezwingen vermag. Wer es schafft, ist ein gemachter Mann, denn hohe Wetten werden darauf abgeschlossen. Kein Wunder, dass aus allen Teilen des Landes Abenteurer herbeiströmen, um ihr Glück zu versuchen.
Auch Ben Starbuck ist in die Stadt gekommen wie so viele andere Reiter, die von dem schwarzen Hengst gehört haben und bereit sind, ihre gesamten Ersparnisse zu riskieren und auf ihre Reitkunst und ihr Glück zu wetten. Und manch einer riskiert auch sein Leben. Denn Black Jack ist ein vierbeiniger Killer.
Rund zweihundert Zuschauer drängen sich um den Corral, in dem Black Jack gegen einen Reiter kämpft. Und alle halten in atemloser Spannung den Atem an ...
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Seitenzahl: 163
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Black Jack
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Salvador Faba / Norma
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0721-3
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Black Jack
Black Jack ist berühmt in Arizona, und es gibt keinen unter all den verwegenen Reitern, der den schwarzen Hengst zu bezwingen vermag. Wer es schafft, ist ein gemachter Mann, denn hohe Wetten werden darauf abgeschlossen. Kein Wunder, dass aus allen Teilen des Landes Abenteurer herbeiströmen, um ihr Glück zu versuchen.
Auch Ben Starbuck ist in die Stadt gekommen wie so viele andere Reiter, die von dem schwarzen Hengst gehört haben und bereit sind, ihre gesamten Ersparnisse zu riskieren und auf ihre Reitkunst und ihr Glück zu wetten. Und manch einer riskiert auch sein Leben. Denn Black Jack ist ein vierbeiniger Killer.
Rund zweihundert Zuschauer drängen sich um den Corral, in dem Black Jack gegen einen Reiter kämpft. Und alle halten in atemloser Spannung den Atem an ...
Der Staub wirbelt, und das große schwarze Pferd springt steil in die Höhe, so als wollte es sich weit gen Himmel schnellen.
Aber dann wuchtet es steifbeinig nieder und wirbelt sofort herum.
Der Reiter stößt einen gellenden Schrei aus, fliegt aus dem Sattel und rollt sich blitzschnell über den Boden und zwischen den Stangen des Corrals hindurch.
Er entgeht den niedersausenden Hufen nur um wenige Zoll.
Die Zuschauer an den Corralstangen weichen zurück - zum Glück, denn die Hinterhufe des Hengstes, der auf der Vorderhand herumwirbelt, sausen dorthin, wo soeben noch einige Köpfe waren.
Dann trabt er in die Mitte des Corrals.
Zwei Reiter nähern sich ihm. Einer wirft ein Lasso. Der Hengst macht nicht den geringsten Versuch, gegen das Lasso anzukämpfen. Er lässt es sich ruhig über den Kopf werfen und folgt dann dem Reiter an der langen Leine zu einem Käfig in der Ecke des Corrals, in den er sich rückwärts drängen lässt.
Einer von Ben Starbucks Nachbarn wendet sich nun zu ihm und sagt: »Hast du das gesehen, Ben? Hast du gesehen, wie schlau dieser Black Jack ist? Er hat längst begriffen, dass es sich nicht lohnt, gegen ein Lasso anzukämpfen. Er weiß ganz genau, dass man ihm nur die Luft abschnüren und ihm mithilfe einiger Schlingentricks die Beine fesseln und ihn zu Fall bringen würde. Und so spart er seine Kraft, hebt sie sich auf für den nächsten Kampf. Er weiß ganz genau, dass er seine Chance bekommt, sobald der Reiter einmal auf ihm sitzt und man ihn mit diesem Reiter aus dem Käfig lässt. Dann erst beginnt er zu kämpfen. Und wenn er den Reiter abgeworfen hat, versucht er, ihn zu töten. Er hat nicht die geringste Furcht. Er ist ein Mörderhengst. Wirst du es auch versuchen, Ben?«
Ben Starbuck gibt noch keine Antwort. Er betrachtet die Menschen in der Runde und erkennt dann auch Laredo Jack, der auf einer der oberen Stangen des Käfigs sitzt, in dem sich nun der Hengst befindet.
Oh, er kennt Laredo Jack gut. Er weiß, dass Jack ein erstklassiger Zureiter ist, der mit den wildesten Biestern zurechtkommen kann und auch so manchen Rodeo-Preis gewann.
Und dieser Laredo Jack ist heute der sechste Reiter.
Drei am Vormittag - und drei am Nachmittag, so denkt Ben Starbuck bitter.
Dieser schwarze Hengst muss also jeden Tag sechsmal für Geld kämpfen und hat nur Pause, wenn seine Besitzer von einer Stadt zur anderen ziehen oder wenn sich nicht so viele Reiter melden, die sich eine Chance ausrechnen und einen Mindesteinsatz von hundert Dollar wagen.
Als Ben Starbuck dies gedacht hat, verspürt er plötzlich ein bitteres Gefühl. Er spürt es mit einigem Staunen, und er begreift zugleich, dass er nicht den Versuch machen wird, diesen Hengst zu reiten.
Er wendet sich nun an seinen Nachbarn, der die Frage an ihn stellte, und schüttelt den Kopf.
»Nein, ich werde es nicht versuchen, diesen armen Teufel zu reiten, Jim. Ich glaube, es sind genug andere Reiter gekommen, um mit ihm zu kämpfen - immer wieder und wieder. Und er will sich nicht besiegen lassen. Er ist entweder unsagbar stolz und freiheitsliebend, oder aber er hasst die Menschen aus ganzem Herzen. Jim, er ist ein gefangener Gladiator, ein Preiskämpfer für seine Besitzer, doch er selbst geht gewiss durch die Hölle. Dies alles wird mir jetzt erst hier so richtig klar.«
Jim Spencer, der für die große Horseshoe Ranch reitet, betrachtet Ben Starbuck staunend.
»Ein Pferd«, sagt Jim dann, »ist dazu geschaffen, einen Reiter zu tragen. Ein Pferd muss sich einbrechen lassen, muss sich dem Menschen unterwerfen. Dies gehört zu der rechten Ordnung auf dieser Erde. Wenn dieser Black Jack sich nicht einbrechen lassen will, dann ist er selbst daran schuld, dass es immerzu neue Männer mit ihm versuchen. Irgendein Mann wird ihn eines Tages bändigen. Und dann ...«
Er bricht ab, denn inzwischen wurde man drüben im Käfig wieder fertig für einen neuen Ritt. Man hat offenbar die Steigbügel verkürzt, und dann ist Laredo Jack von oben in den Sattel gestiegen, hat sich richtig zurechtgesetzt und gibt das Zeichen.
Nun öffnet sich das Gatter.
Black Jack kommt mit dem Reiter heraus - ganz langsam und willig. Er ist ein mächtig großer, rabenschwarzer Hengst. Ben Starbuck kann ihn nun noch genauer betrachten. Er schätzt diesen Rappen auf sechzehn Hand hoch und gewiss nicht weniger als zwölfhundert Pfund schwer. Er wirkt so sehnig wie ein schwarzer Wolf.
Es ertönt ein scharfer Pfiff. Dieser Pfiff ist wohl das Signal dafür, dass nun die Uhr läuft.
Ben Starbuck entdeckt am Rande des Corrals den alten Richter John Barrymoore, der zum Schiedsrichter gemacht wurde und auf eine Uhr blickt.
Als der Pfiff verklingt, dauert es nur noch zehn Sekunden.
Der Hengst wirbelt ganz plötzlich mit einer gleitenden Bewegung herum und wirft sich dann auf den Boden. Er rollt über Rücken und Sattel und schnellt wieder auf die Hufe.
Doch Laredo Jack ist wirklich erstklassig. Er kommt mit einem wilden Comanchensprung wieder in den Sattel und findet auch sofort beide Steigbügel. Die Zügel hatte er ohnedies nicht losgelassen, als er absprang und der Hengst sich über den Boden rollte.
Nun stürmt Black Jack auf die Corralstangen zu. Es sieht so aus, als wollte er sich mit der Seite dagegen werfen.
Laredo Jack muss das Bein hochnehmen, damit es nicht an der mittleren Corralstange zerbrochen wird.
Darauf aber hat Black Jack nur gewartet. Er rammt die Vorderhufe in den Boden und steigt hinten auf, so als wollte er einen Kopfstand probieren.
Dies alles geschieht so blitzschnell und so kraftvoll und wild, dass Laredo Jack über den Pferdekopf fliegt wie ein Greenhorn. Aber es ist ganz sicher, dass der Hengst keinen Kopfstand versucht, sondern sich mit der Seite gegen die Corralstangen geworfen hätte, wäre es Laredo Jack nicht gelungen, das Bein noch rechtzeitig hochzunehmen.
Der Hengst hatte zwei Möglichkeiten.
Und nun geht er über Laredo Jack hinweg. Er trifft ihn zweimal mit den Hufen auf Rücken und Gesäß. Dann rollt sich Laredo Jack mit letzter Kraft aus dem Corral und bleibt bewusstlos liegen. Er muss schlimm getroffen worden sein. Der Arzt läuft zu der Gruppe hinüber, die sich um Laredo Jack bemüht.
Der Hengst aber geht nun zur Mitte des Corrals. Er lässt sich das Lasso über den Kopf werfen und folgt willig in die Ecke des Corrals. Er wirkt nun sehr müde und erschöpft, ist mit Schweiß und Staub bedeckt, die sich zu einer schmierigen Schicht vermischen.
Es ist still rings um den Corral. Die Menschenmenge starrt auf das riesige Tier, welches so wild und erbarmungslos mit den Reitern kämpfte und keine Gnade kannte.
Ben dreht sich eine Zigarette und schlendert um den Corral auf die andere Seite. Er versucht nun, sich über seine eigenen Gefühle klar zu werden.
Was er spürt, ist kein Mitleid - nein! Doch es ist unzweifelhaft ganz plötzlich das Gefühl in ihm, das ein Mensch verspürt, wenn er einem Freund aus einer üblen Lage helfen möchte.
Er wird sich erst richtig darüber klar, als er bei der Gruppe angelangt ist, die sich hier bei der Corralecke bildete und die nun scharfäugig beobachtet, wie man Black Jack absattelt und wie man ihn mit einem Schwamm und viel Wasser abzuwaschen beginnt wie einen Preiskämpfer nach dem Kampf.
Ein kleiner, drahtiger Mexikaner besorgt diese Arbeit.
Und Black Jack steht ganz still da und lässt es mit sich geschehen. Auch dies zeugt wieder für seine Schlauheit. Er wäre wahrhaftig dumm, würde er sich nun sträuben. Er steht mit gesenktem Kopf da, hat seine Augen fast völlig geschlossen und lässt alles mit sich geschehen. Doch seine Ohren spielen ständig. Manchmal zeigt er seine Zähne und schnauft warnend. Und immer wieder geht ein Schauder über sein Fell, so als würde er jede Berührung durch den Mexikaner nur ungern ertragen und sogar eine ekelhafte Scheu dabei empfinden.
Ben Starbuck erkennt nun viele alte Sporennarben an seinen Flanken. Black Jack muss früher einmal schlimm von Sporen verletzt worden sein.
Vielleicht hasst er seit dieser Zeit die Menschen besonders.
Ben Starbuck betrachtet den Mexikaner, der den Hengst abwäscht, aufmerksam. Er glaubt, in dem glitzernden Blick des Mannes eine böse Freude zu erkennen.
Ein anderer Mann bringt nun zwei neue Eimer Wasser herbei und nimmt die anderen zwei Eimer, die inzwischen leer wurden, aus dem Corral.
Es ist ein großer, schlanker, geschmeidiger Mann, der zwei Revolver im Kreuzgurt trägt, ein hellblonder Mann, der einen etwas rötlichen Bart über einem spitzen Kinn und einem schmalen Mund hängen hat. Aber der Mann ist noch recht jung. Ben Starbuck weiß, dass dieser Bursche ein Revolverschwinger ist - vielleicht sogar einer mit einem berüchtigten Namen.
Er kennt nun also schon den Mexikaner und diesen Revolverschwinger. Aber wer ist wohl der Boss?
Ben Starbuck schiebt sich noch näher heran, und er steht nun mitten im Kreis oder vielmehr im Halbkreis der Zuschauer.
Der Revolverschwinger drängt sich nun mit den beiden Wassereimern hindurch. Man macht ihm eine Gasse frei. Ben Starbuck blickt aus nächster Nähe in die Augen des Revolvermannes.
Es sind zwei sehr verschiedene Augen. Eines ist gelb wie Honig, das andere Auge ist blau. Es ist ein kaltes Funkeln darin, böse und gefährlich.
Ein seltsamer Bursche ist das, denkt Ben Starbuck.
Aber seine Aufmerksamkeit wird nun von einem Mann in Anspruch genommen, der seine Hand hebt und laut sagt: »Ich nehme Wetten an für morgen. Der Mindesteinsatz ist hundert Dollar. Ich lasse morgen wieder sechs Reiter ihr Glück probieren. Die Reihenfolge wird durch das Los bestimmt. Wer will es wagen, mit Black Jack zu kämpfen? Dem Sieger winkt nicht nur der doppelte Einsatz! Nein, der Sieger wird berühmt werden in ganz Arizona. Denn noch niemand konnte Black Jack reiten - noch niemand! Und dabei ist er ein Pferd wie jedes andere. Wer will morgen reiten?«
Es ist ein fülliger und seriös wirkender Mann, in einem Reiseanzug und mit einer dicken goldenen Uhrkette vor dem Bauch, die von der linken Westentasche zum Knopfloch geht.
Er wirkt wie ein erfolgreicher Geschäftsmann, wie ein Bankdirektor zum Beispiel. Er mag etwa fünfundvierzig Jahre sein. Seine Wangen sind von gesunder Röte, gut rasiert. Und auch sein Schnurrbart, der einen hartlippigen Mund verbirgt, ist sorgfältig gepflegt.
Seine Augen sind hart. Daran allein erkennt Ben Starbuck, dass dieser Bursche stahlhart und eiskalt ist.
Es melden sich nacheinander einige Männer, die ihr Glück versuchen möchten. In diesem Land gibt es sehr viele gute Reiter, und man versteht sich auf Pferde. Es ist kein Wunder, dass sich deshalb so viele Reiter melden, um Geld und Ruhm gewinnen zu können.
Der Mexikaner ist nun fertig mit dem Hengst. Er tritt zurück, wie um seine Arbeit noch einmal mit einem letzten Blick zu überprüfen.
Doch Ben Starbuck kann nun erkennen, dass der Mexikaner grinst, so richtig voll böser Freude. Auch bewegt er seine Lippen, so als spräche er zu dem Hengst irgendwelche hohnvollen Worte.
Er bindet ihn nun los.
Black Jack wendet sich langsam ab und geht zur anderen Ecke des Corrals hinüber. Sein Gang ist müde, und er zieht die Hufe durch den Staub.
Drüben hält er an und lässt den Kopf hängen, und dann zittern ihm plötzlich die Knie. Er muss sich niedertun.
Die Dämmerung kommt allmählich von Osten her herangezogen. Die Sicht wird schlechter.
Ben Starbuck geht um den Corral herum und nähert sich der hinteren Ecke. Er hört Black Jack schnaufen, und dieses schnaufende Atmen ist wie ein Ächzen und Stöhnen.
Ben hält an, denn er begreift plötzlich, dass der Hengst sofort auf die Hufe springen wird, wenn er die Nähe eines Menschen spüren sollte.
Für Ben Starbuck wird jetzt eine ganze Menge klar.
Black Jack muss fast am Ende sein - am Ende mit seinem Stolz, mit seiner Kraft, mit seinem Mut. Vielleicht morgen schon wird er zerbrochen werden - oder übermorgen - oder nächste Woche. Aber es wird bald kommen, dass er es aufgibt, um seine Freiheit und gegen die Menschen zu kämpfen. Er wird dann sterben, denn er wird bis zum letzten Atemzug kämpfen.
Ben Starbuck staunt über die klare Deutlichkeit, mit der er dies alles vor Augen sieht. Und noch mehr staunt er über seine Anteilnahme.
Ben Starbuck hört nun ein Geräusch hinter sich. Er wendet den Kopf und blickt über die Schulter.
Der Mexikaner steht hinter ihm und betrachtet ihn mit Augen, in denen es zu glühen scheint.
»Interessiert er Sie sehr, Señor?« So fragt der Mexikaner, und seine Stimme schnurrt katzenhaft sanft und wirkt dennoch hinterhältig und gefährlich.
Ben Starbuck nickt.
»Auch ich verstehe mich auf Pferde«, murmelt er und wendet sich langsam um. »Dieser Black Jack ist ziemlich am Ende. Er wird bis zum letzten Atemzug kämpfen. Dann wird er zerbrechen und krank werden. Er wird dahinsiechen, und der Tod wird eine Erlösung für ihn sein. Ich kenne mich aus mit solch stolzen Kämpfern. Warum könnt ihr nicht aufhören?«
»Das müssen Sie alles dem Boss sagen. Señor Clint Farrel müssen Sie das sagen, Señor - nicht mir. Ich bin nur ein kleiner Pferdepfleger. Ich bin nur der unwichtige Ron Juarez. Doch gehen Sie, Señor. Wir dulden nicht, dass jemand zu dicht an Black Jack herankommt. Wenn Sie nicht gehen, muss ich Mac Hathaway rufen. Sie haben doch schon von Mac Hathaway gehört, nicht wahr?«
Die Frage ist eine massive Warnung.
Ben nickt, hält aber noch einmal inne.
»Ich halte Sie für einen erstklassigen Pferdekenner und Reiter, Ron Juarez«, sagt er. »Haben Sie schon einmal versucht, Black Jack zu reiten?«
Als er die Frage gestellt hat, macht Ron Juarez eine Bewegung, als wollte er zurückweichen wie vor einem Peitschenschlag. Und seine dunklen, glühenden Augen sind mit einem Mal weit aufgerissen, wirken erschreckt und verzweifelt.
Doch dann hat er sich wieder in der Gewalt.
»Was geht Sie das an, Señor?«, fragt er zurück. »Ich betreue ihn, pflege ihn, gebe ihm Futter - ich tue alles für ihn, weil ich dafür bezahlt werde. Gehen Sie jetzt!«
✰✰✰
Auch Ben Starbuck ist in die Stadt zum Abendessen gegangen. Er hat im Saloon einen Drink genommen, sich eine Zigarre gekauft und mit einigen Bekannten geplaudert. Man hat ihn zu einem Spiel eingeladen, doch er lehnte ab.
Seine Gedanken können sich nicht von Black Jack lösen.
Am nächsten Tag werden wieder sechs harte und zähe Burschen ihr Glück mit ihm versuchen. Er wird wieder kämpfen und nochmals kämpfen, und er wird seinem Ende sehr viel näher kommen.
Und wenn es die sechs Mann nicht schaffen, werden es vielleicht übermorgen oder in einer Woche die Reiter in einer anderen Stadt schaffen.
Aber länger als eine Woche kann es nicht mehr dauern. Dann ist der schwarze Hengst erledigt.
Ben Starbuck weiß das mit der Sicherheit und Gewissheit eines wirklichen Kenners.
Und so steht er nun auf der nächtlichen Straße von Tucson und überlegt, was wohl zu tun ist.
Wenn er Black Jack entweichen ließe?
Oh, er ist sicher, dass man ihn bald wieder einfangen würde. Nein, in diesem Land könnte er nicht entkommen. Nach wenigen Tagen wäre er wieder gefangen.
Ben Starbuck setzt sich in Bewegung. Er geht zum Mietstall, um sein Pferd zu holen. Doch im Unterbewusstsein spürt er schon, dass er andere Absichten hat.
Es zieht ihn zu Black Jack. Es ist eine starke Kraft in ihm wirksam, die ihn ständig an Black Jack denken lässt und die einen Zwang auf ihn auszuüben beginnt - mehr und mehr, stärker und stärker.
Er sattelt sein Pferd und führt es zum Mietstall hinüber. Doch im Stallbüro ist niemand. Es brennt dort kein Licht. Offenbar ist der Stallmann für einige Minuten zum Abendessen gegangen.
Ben nimmt ein Stück Kreide und streicht seinen Namen aus, der unter vielen anderen Namen auf einer Tafel steht.
Er wirft einen halben Dollar in eine Blechbüchse und geht wieder hinaus. Als er dann bei seinem Pferd steht und aufsitzen will, zögert er wieder. Er denkt an Black Jack.
Und er kann jetzt nicht einfach davonreiten. Nein!
In dem Durchgang zwischen Stall und Scheune lässt er sein Pferd zurück und geht leise weiter. Er macht keinerlei Geräusche, denn er trägt keine Sporen. Dies ist eine Seltenheit hier im Land, und es sagt viel über seine Art, mit Pferden umzugehen. Er ist ein Reiter ohne Sporen. Überdies bewegt er sich in seinen weichen Stiefeln wie ein Indianer in Mokassins.
So kommt er in der Sternennacht lautlos wie ein Schatten zwischen der Scheune und dem Stall hindurch und bis zu dem Corral, in dem Black Jack gefangen ist.
Er hält jäh inne, als er Black Jacks böses Schnauben - und dann die schrille Stimme eines Mannes hört, die böse und höhnend sagt:
»Ay, caramba, du Mistvieh, jetzt ist es bald mit dir vorbei! Nur noch wenige Tage, und du wirst nur noch wert sein, was der Abdecker für dich zahlt. Dein Stolz wird zur Hölle fahren, und du wirst zur Hölle fahren, und du wirst zerbrechen, so wie du damals mich zerbrochen hast, als ich mit dir kämpfte und du mich in die Dornen warfst und mich tratest - immer wieder und wieder, als ich blutend aus dem Dornengestrüpp gekrochen kam. Oh, du schwarzes Mistvieh, es hat mir die ganze Zeit Freude gemacht zuzusehen, wie du nach jedem Kampf schwächer wurdest - immer schwächer und schwächer. Bald ist es aus mit dir. Ay, hättest du dich doch damals von mir einbrechen lassen, von mir, der dich drüben in Mexiko fing. Ich wäre dein guter Freund gewesen. Wir hätten überall jedes Rennen gewonnen - wir zwei. Und man hätte uns zugejubelt! Reich wären wir geworden. Du hättest von mir silbernes Zaumzeug bekommen und einen wunderschönen Sattel. Ich hätte dich mit Liebe geputzt und bei dir im Stroh geschlafen. Alles hätte ich für dich getan. Doch du Mistvieh hast mir viele Knochen gebrochen. Ich war lange ein kranker Mann, und ich werde nie wieder auf einem wilden Pferd reiten können, weil ich Angst habe - ja, Angst! Das hast du vollbracht, du Satan! Aber jetzt bist auch du bald am Ende. Es war schön für mich, zusehen zu können, wie sie dich mehr und mehr zerbrachen.«
Die Stimme des Mannes wird zum Schluss immer schriller und hassvoller, höhnender und rachsüchtiger.
Es ist Ron Juarez, der da zu Black Jack spricht, der mexikanische Pferdepfleger. Er muss seine Umwelt vergessen haben. Seine ganze Aufmerksamkeit ist auf den Hengst gerichtet, der jenseits der Corralstangen steht und auf eine Art schnaubt und schnauft, die wahrhaftig verächtlich anmutet.
Für Ben Starbuck aber ist die wilde und rachsüchtige Rede dieses Mannes sehr aufschlussreich. Und sein Herz ist endgültig auf Black Jacks Seite.
Aber Ben Starbuck weiß, dass es keinen Sinn hat, diese drei Männer zur Freigabe des Hengstes zu bewegen.
Clint Farrel ist zu sehr Geschäftsmann.