G. F. Unger Western-Bestseller 2499 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2499 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Sie sind nass bis auf die Haut. Seit Tagen schon regnet es Bindfäden vom Himmel. Das macht sie fertig. Denn sie kommen aus dem knochentrockenen Buschland am Brazos River.
Texas‑Cowboy Shorty Egg spuckt seinen letzten Priem in den strömenden Regen und zieht den nassen Hut fester auf den Kopf. Auch Alamo Lee und Brazos Jim McLane sind zwei reinblütige Gentlemen der Texasweide. Ihre stoppelbärtigen Gesichter drücken den Trübsinn und Kummer der ganzen Welt aus.
Jube Starr, der Koch, hat ein qualmendes Feuer in Gang gebracht, dessen Rauch alle Augen tränen lässt. Er hockt sich nun zu den anderen Männern und saugt ständig schnorchelnd an einer alten Tabakpfeife.
»Soll ich euch etwas Fleisch braten?«, fragt er nach einer Weile hoffnungsvoll.
Die drei Cowboys betrachten ihn ernst und fast böse. Schließlich sagt Brazos Jim mit der falschen Sanftheit eines wütenden Mannes: »Wir haben jetzt schon so viel Rindfleisch gegessen, dass uns Hörner zu wachsen beginnen.«


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Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Brazos-River-Mannschaft

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0865-4

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Die Brazos-River-Mannschaft

Sie sind nass bis auf die Haut. Seit Tagen schon regnet es Bindfäden vom Himmel. Das macht sie fertig. Denn sie kommen aus dem knochentrockenen Buschland am Brazos River.

Texas-Cowboy Shorty Egg spuckt seinen letzten Priem in den strömenden Regen und zieht den nassen Hut fester auf den Kopf. Auch Alamo Lee und Brazos Jim McLane sind zwei reinblütige Gentlemen der Texasweide. Ihre stoppelbärtigen Gesichter drücken den Trübsinn und Kummer der ganzen Welt aus.

Jube Starr, der Koch, hat ein qualmendes Feuer in Gang gebracht, dessen Rauch alle Augen tränen lässt. Er hockt sich nun zu den anderen Männern und saugt ständig schnorchelnd an einer alten Tabakpfeife.

»Soll ich euch etwas Fleisch braten?«, fragt er nach einer Weile hoffnungsvoll.

Die drei Cowboys betrachten ihn ernst und fast böse. Schließlich sagt Brazos Jim mit der falschen Sanftheit eines wütenden Mannes: »Wir haben jetzt schon so viel Rindfleisch gegessen, dass uns Hörner zu wachsen beginnen.«

»Ich hätte vor drei Tagen den Kaffeesatz nicht wegschütten sollen«, brummt Jube nach einer Weile bedauernd. »Dann könnte ich jetzt noch etwas Kaffee kochen.«

Doch die anderen Männer schütteln heftig die Köpfe. Shorty sagt bitter: »Dieser Kaffeesatz war schon vor drei Tagen so ausgekocht wie ein Steuereintreiber der Yankees. Es war nichts Gutes mehr drin. Ich möchte ein leckeres Huhn mit Reis, junge Bohnen und Apfelkuchen.«

»Du wirst es bekommen, mein Junge, wenn Reb Clay in Fort Worth etwas Glück hat«, murmelt der Koch.

Doch wieder schüttelt Shorty den Kopf. »Nein«, sagt er. »Reb kann kein Glück haben. Texas ist voll von Rindern. Sie haben sich während des Krieges wie Mäuse vermehrt. Reb Clay wird in Fort Worth nicht einmal einen Kredit von zehn Dollar bekommen. Wir haben die drei Monate vollkommen nutzlos vertan, als wir am Brazos River diese gehörnten Biester zusammentrieben, und jede Meile, die wir dann nach Norden trailten, war ebenfalls nutzlos. Denn als Jube Starr unseren Küchen- und Proviantwagen im Fluss verlor, war alles zu Ende. Hier in Texas ist jetzt jeder Dollar so groß wie ein Wagenrad, und wer verschenkt heute in Texas schon Wagenräder aus Gold? Wir werden einen Geldtransport der Blaubäuche überfallen und ausrauben müssen. Das ist kein schlechtes Werk.«

Die anderen Männer nicken bedächtig.

»Vielleicht werden wir es bald tun, wenn Reb Clay in Fort Worth keinen Erfolg hat«, sagt Alamo Lee. »Dann komme ich vielleicht auch zu einer neuen Hose.«

Die anderen Männer haben eine Menge ähnlicher Wünsche. Denn diese Mannschaft hier ist vollkommen abgebrannt. Sie besitzt zwar eine Herde von viertausend wilden Longhorns, die sie aus dem Buschland des Brazos River trieb und zu einer Treibherde sammelte. Aber sonst besitzt diese Mannschaft nichts mehr. Ihr letzter Besitz ging bei einer Flussdurchquerung mit dem Küchenwagen verloren.

Texanische Longhorns sind wilde Biester.

Um die gehörnten Teufel zu einer Herde zu sammeln und sie tausend Meilen weit nach Norden zu bringen, wo man sie in den Eisenbahnstädten verladen kann, dazu braucht man eine besondere Sorte von Männern.

Sie alle sind falkenäugige, scharfgesichtige und lederzähe Reiter der Texasweide. Sie wurden hart gebrannt während eines Krieges und in einer schlimmen Zeit. Sie warten auf ein Wunder, und sie wünschen sich, dass ihr bester Mann, der nach Fort Worth geritten ist, dieses Wunder vollbringen möge.

Aber obwohl Reb Clay wirklich ihr bester Mann ist und schon einige Dinge vollbracht hat, die an Wunder grenzen, geben sie ihm nicht viele Chancen.

Sie wissen nur, dass er sein Bestes tun wird, und was es auch sein mag, sie werden damit einverstanden sein. Denn er ist der Reitboss dieser hartbeinigen Jungs vom Brazos River.

✰✰✰

Im Imperial Palace von Fort Worth ist nicht viel los. Und deshalb sitzt Robin O'Connell einsam an seinem Kartentisch und vertreibt sich die Zeit mit allerlei Kartenkunststücken.

Mike Flannaghan, der Wirt, sieht zu. Nach einer Weile sagt er: »Du könntest als Zauberkünstler auftreten, Robin. Dennoch habe ich herausgefunden, dass du stets ehrlich spielst. Ich habe mich schon oft gefragt, warum du dir selbst nicht mit einem Trick hilfst, wenn du in eine Pechsträhne gerätst. Das tun fast alle Burschen deiner Gilde.«

Robin O'Connell ist ein großer Mann. Er hat ein ruhiges Gesicht und zwei rauchgraue scharfe Augen. Sein Haar ist blauschwarz, und trotz der glatten Rasur schimmert der Bartwuchs bläulich unter der gebräunten Haut.

»Zu welcher Sorte gehöre ich denn, Mike?«, fragt er sanft, und er kann einen bitteren Klang nicht vermeiden.

Mike Flannaghan blickt ihn vorsichtig an. »Nun«, sagt er, »ich sehe einen Gentleman, der sich gut kleidet, jeden Tag ein weißes Hemd anzieht und von den Karten lebt. Was ist das?«

»Das ist ein Kartenhai«, erwidert Robin O'Connell.

»Aber du spielst stets ehrlich, selbst dann, wenn du verlierst, so wie gestern. Dieser Sergeant hat dir eine Menge Geld abgenommen. Du hättest den letzten Pott, in dem fast tausend Dollar lagen, mit einem einzigen Trick gewinnen können.«

»Ich hätte«, grinst Robin O'Connell, und seine kräftigen Zähne blitzen. »Und dann hättest du ein Viertel davon abbekommen, nicht wahr?«

»Yeah«, sagt Mike Flannaghan trocken, aber er sagt es nicht vorwurfsvoll.

Robin O'Connell baut mit seinen Karten ein kunstvolles Gebäude auf. Dann bläst er, und alles fällt zusammen.

»So ist das Leben, Mike«, sagt er. »Wenn das, was man aufbaut, nicht fest genug steht, bricht es eines Tages zusammen.«

»Langsam«, murmelt der Wirt. »Reite nur nicht zu schnell. Ich möchte gern mitkommen. Was willst du mir klarmachen?«

Aber der Spieler winkt ab. Er mischt schon wieder die Karten und sagt zum Wirt: »Wohin möchtest du das Kreuzass haben, Mike?«

»Das ist mit gleich«, knurrt dieser.

»Dann nimm es dir«, sagt der Spieler und hält ihm das gefächerte Kartenspiel hin.

Mike Flannaghan überlegt. Dann zieht er eine Karte. Als er sie anstarrt, ist es das Kreuzass.

»Du könntest verdammt schnell zu einem Vermögen kommen, Rob«, sagt er gedehnt.

»Wenn man das, was man aufbaut, nicht fest genug baut, bricht es eines Tages zusammen«, wiederholt der Spieler seine vorherigen Worte.

»Aaah«, ächzt Mike Flannaghan. »Du möchtest dein Geld nicht auf leichte Art verdienen?«

»Was man geschenkt bekommt, ist wertlos«, murmelt der Spieler. »Man würde kaum darum kämpfen, und es macht einem nichts aus, wenn man es wieder verliert.«

Er richtet seinen scharfen Blick auf die Schwingtür. Die öffnet sich jetzt. Eine Frau tritt ein. Vor einigen Minuten ist draußen die Postkutsche aus Dallas in die Stadt gekommen. Die Frau – oder ist es noch ein Mädchen? – kam gewiss mit dieser Kutsche. Sie trägt einen alten Koffer in der einen Hand und in der anderen eine Reisetasche. Ihr etwas abgetragener Mantel ist nass vom Regen. Ihr Haar hat sie mit einem Tuch geschützt. Sie stellt die Gepäckstücke ab, nimmt das Tuch vom Kopf und schüttelt dunkelrote Locken auf ihre Schultern.

Dann setzt sie sich in Bewegung und kommt an den Tisch der Männer. Sie schreitet leicht und zielbewusst. Ihr Alter ist schwer zu schätzen. Sie kann zwanzig, aber auch sechsundzwanzig Jahre sein. Auf jeden Fall ist sie prächtig gewachsen, und wenn sie erst zwanzig Jahre sein sollte, so waren ihre Wege gewiss sehr rau und hart. Robin O'Connell wird sich darüber klar, als er sich erhebt und in ihre Augen blickt. Es sind graugrüne Augen. Sie stehen weit auseinander und blicken sehr gerade und fest. Ihr voller Mund wirkt etwas hart und bitter, und das ist das Zeichen, an dem Robin O'Connell ihre Wege erkennen kann.

»Ich möchte den Chef sprechen«, sagt sie ruhig. Ihre Stimme klingt dunkel, kehlig und melodisch.

»Der bin ich, Madam«, sagt Mike Flannaghan. Er hat sich schon mit Robin O'Connell erhoben. Er betrachtet ebenfalls die junge Frau.

»Das ist gut«, sagt sie. »Ich bin Ann Castle, und ich habe zuletzt im Lonestar House in Dallas gesungen und am Spieltisch die Bank gehalten. Jetzt möchte ich mich etwas verändern. Kann ich hier arbeiten? Ich habe schon gehört, dass die Armee hier morgen Lohntag hat. Da könnte ich gleich ...«

Sie verstummt, denn nun tritt Mike Flannaghans Frau aus dem Hinterraum, in dem sich Flannaghans Büro befindet. Vor einem Jahr noch hat Peggy Flannaghan hier für die Männer gesungen, auf der kleinen Bühne getanzt und auch am Kartentisch die Karten ausgeteilt. Dann ist sie Mikes Frau geworden.

Jetzt sagt sie hart: »Mike, schick sie fort!«

»Das ist nicht nötig«, murmelt das Mädchen aus Dallas. »Ich wusste nicht ...« Sie vollendet den Satz nicht, wendet sich ab und will zur Tür gehen, wo ihre Gepäckstücke noch stehen.

Aber Robin O'Connell bewegt sich nun schnell. Er bewegt sich wunderbar leicht, obwohl man jetzt sehen kann, dass er ein sehr großer Mann ist, der mehr als zweihundert Pfund wiegt.

»Schwester«, sagt er ruhig, »das war eine lange und raue Fahrt durch Regen und Sturm. Sie sollten einen Augenblick verschnaufen und ein Glas Rum mit heißem Wasser und viel Zucker darin trinken. Darf ich um die Ehre bitte, Sie einzuladen?«

Sie blickt ihn an, und es ist der kundige Blick einer Frau, die sich auf Männer versteht. Aber auch er blickt fest in ihre Augen, und was er in deren Hintergrund erkennen kann, lässt ihn etwas von ihrer Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit ahnen.

»Bitte«, sagt er ruhig.

Sie atmet langsam aus. »Yeah«, sagt sie, »ich könnte einen warmen Schluck brauchen.«

Sie setzt sich mit einer ruhigen Bewegung.

Mike Flannaghan blickt zu seiner Frau hinüber. Die zuckt mit den Schultern und verschwindet wieder. »Ich bringe etwas«, sagt Mike und geht um den Schanktisch herum in die kleine Anrichte.

Aber Ann Castle ist immer noch sehr misstrauisch. Hart sagt sie: »Well, Mister, ich bin fortgelaufen und bis auf den letzten Dollar abgebrannt. Well! Aber wenn Sie nun glauben ...«

Sie verstummt, weil er sie verständnislos anlächelt und kaum merklich den Kopf schüttelt. Bevor sie weitere Worte wechseln können, kommt Mike Flannaghan mit einem Tablett. Er hat auch für sich ein Glas heißen Grog gebracht, und er setzt sich mit an den Tisch.

Als sie alle drei schweigsam den Zucker verrühren, sagt er plötzlich bekümmert: »Es tut mir leid, Ma'am, aber meine Frau duldet ...«

»Schon gut«, unterbricht sie ihn und trinkt vorsichtig. Das heiße Getränk zaubert bald darauf eine Röte auf ihre Wangen. Ihr hübsches und auf eine herbe Art rassiges Gesicht verliert etwas von der bitteren Härte. Es löst sich, wird sanfter.

Robin O'Connell hat dieses einsame und auf rauen Wegen treibende Mädel plötzlich gern.

Aber er sagt nichts mehr. Er weiß, dass es falsch wäre, ihr Hilfe anzubieten. Denn dieses Mädel ist misstrauisch. Irgendwo muss sie erkannt haben, dass es auf dieser Welt nichts umsonst gibt und man für alles seinen Preis zahlen muss.

Das spürt Robin O'Connell an ihr, und deshalb mag er sie.

Mike Flannaghan sagt plötzlich: »Ich könnte mit Mary Dickson sprechen. Die hat im Fort eine Wäscherei. Ihre Tochter bekommt ein Baby. Für eine Weile wird Mary vielleicht eine Hilfe brauchen. Aber würde Ihnen diese Arbeit gut genug sein, Mädel?«

Sie blickt eine Weile ins Leere.

»Ich werde selbst ins Fort gehen und bei Mary Dickson anfragen«, sagt sie dann. »Jede Arbeit ist gut genug für mich, und je schwerer die Arbeit ist und je schlechter sie bezahlt wird, umso sauberer ist sie. Danke, Mister! Das war ein guter Tipp.«

»Ich komme mit«, sagt Flannaghan und erhebt sich mit ihr.

Sie bleibt einen Moment am Tisch stehen und knöpft ihren Mantel wieder zu. Sie blickt Robin O'Connell an.

»Danke für den Drink«, sagt sie ruhig. »Ich konnte ihn brauchen. Jetzt stehe ich wieder fester auf den Beinen. Wenn ich den Job in der Wäscherei bekomme, werde ich für diesen Drink Ihre Wäsche waschen.«

»Viel Glück«, sagt er. »Vielleicht sehen wir uns öfter, und vielleicht nehmen Sie eines Tages von einem Kameraden etwas an, ohne so stolz zu sein.«

Sie erwidert nichts, sondern betrachtet ihn fest. In ihren Augen erscheint ein nachdenklicher Ausdruck. Ihr Gesicht ist einen Moment weich und gelöst. Es ist mädchenhaft und fraulich zugleich.

Dann geht sie hinaus. Mike Flannaghan folgt ihr, nimmt ihr Gepäck und wirft noch einen traurigen Blick über seine Schulter auf den Spieler.

Aber Robin O'Connell blickt schon wieder auf seine Karten. Er legt nun eine Patience, und als die Schwingtür zufällt, ist er ganz allein im Saloon.

Doch sehr lange ist er nicht allein.

Ein Mann tritt ein. Robin O'Connell betrachtet den Besucher und verspürt die leise Hoffnung, dass er vielleicht einen Spielpartner bekommen könnte.

Doch die Hoffnung erlischt sofort, denn er erblickt einen abgerissenen Mann der Texasweide. Der Mann ist sehr groß. Bestimmt ist er nicht kleiner als O'Connell. Nur wirkt er etwas hagerer, sehniger und knochiger.

Als er den nassen Hut abnimmt und ausschwenkt, glänzt hellblondes Haar über einem dunkelbraunen Gesicht, in dem dunkle und harte Linien sind. Es ist ein sehr ruhiges und festes Gesicht. Er kommt näher, und er ist vollkommen durchnässt, so, als hätte er mit voller Kleidung einen Fluss durchschwommen. Er besitzt also nicht einmal einen Regenumhang aus geteerter Leinwand.

Ein Satteltramp also, denkt Robin O'Connell. Er sagt: »Der Wirt ist einen Moment fort. Aber ich gehöre sozusagen zum Haus. Ich kann Ihnen geben, was in diesem Saloon zu bekommen ist.«

Der Mann tritt langsam näher. Seine alten Sporen klirren, und das Wasser läuft aus den Löchern seiner Stiefelsohlen. Er trägt noch die Hose der Südstaaten-Kavallerie. Er grinst seltsam.

»Ich habe kein Geld«, sagt er. »Ich bin nur hereingekommen, um vielleicht eine Auskunft zu erhalten. In einem Saloon bekommt man immer die besten Auskünfte.«

»Yeah«, nickt Robin O'Connell. »Aber vielleicht nehmen Sie eine Einladung an, Bruder?«

Der Mann der Weide betrachtet ihn fest. Er hat rauchgraue Augen wie Robin O'Connell, und obwohl er abgerissen und abgebrannt ist, ist er ein Mann, auf den man achten muss. Das hat O'Connell sofort erkannt. Er wird sich jetzt darüber klar, dass da kein zweitklassiger Satteltramp hereingekommen ist.

»Warum nicht«, sagt der Fremde. »Wenn es mir wieder besser geht, werde ich den spendierten Drink an einen anderen Mann weitergeben. Man trifft überall welche, die sich darüber freuen.«

Robin O'Connell nickt. Er erhebt sich, geht hinter den Schanktisch und holt eine Flasche und zwei Gläser. Als er eingeschenkt hat und sie die Gläser heben, sehen sie sich in die Augen. Bevor sie trinken, sagt Robin O'Connell ruhig: »Ich gebe jetzt einen spendierten Drink weiter. Es war in Kansas City, als ich einen bekam, und danach fühlte ich mich besser. Was wollen Sie für Auskünfte?«

Der Rindermann betrachtet ihn prüfend. Dann sagt er knapp: »Ich suche einen Mann, der fünfhundert Dollar riskiert.«

Nun ist O'Connell an der Reihe, sein Gegenüber prüfend zu betrachten. Er sieht in ein sehr ernstes und festes Augenpaar.

»Was hat dieser Fünfhundert-Dollar-Mann für eine Chance?«, fragt er schließlich.

»Er kann die fünfhundert Dollar verlieren oder mit fünfhundert Prozent Gewinn zurückbekommen.«

»He«, sagt der Spieler, »mein Name ist Robin O'Connell. Ich besitze etwa zweitausend Dollar.«

»Ich bin Reb Clay«, sagt der Reiter.

Er deutet mit dem Daumen über seine Schulter.

»Dort draußen, etwa zehn Meilen von hier, lagert eine Longhornherde von viertausend gehörnten Biestern. Sie gehört mir und meinen Partnern. Wir sind zwölf Mann, und wir haben die Herde aus dem Buschland am Brazos geholt. Aber jetzt sind wir am Ende. Wir haben unseren Wagen im Fluss verloren. Wir haben keinen Proviant und keine Ausrüstung mehr. Und keinen Dollar! Niemand gibt uns einen Kredit. Ich war hier schon in der Bank. Aber der Bankier lachte mich aus. Unser Küchen- und Proviantwagen war schon alt. Er brach im Fluss auseinander. Ich brauche fünfhundert Dollar, um alles kaufen zu können, was wir nötig haben, denn der Weg ist noch weit.«

Robin O'Connell staunt den Rindermann an, und dabei arbeiten seine Gedanken und eilen hundert Meilen in der Stunde.

Dann sagt er fast mitleidig: »Viertausend Longhorns? Was ist das schon, Freund? Wenn Sie die Biester abschlachten und ihnen die Häute abziehen, dann bekommen Sie für jede Haut fünfzig Cent. Aber davon müssten Sie ...«

»Wir treiben die Rinder nach Kansas«, unterbricht ihn der Cowboy mit ruhiger Stimme. »In Kansas gibt es Eisenbahnstädte. Dort kann man die Rinder verladen und nach dem Osten schicken. Die großen Städte im Osten brauchen Fleisch. Ich habe in einer alten Zeitung gelesen, dass in Chicago große Konservenfabriken gebaut werden. Diese Fleischfabriken werden für jedes Rind aus Texas zumindest zehn Dollar zahlen.«

Robin O'Connell braucht nicht erst nachzudenken, um zu wissen, dass dies stimmt. Denn vor wenigen Monaten war er ja selbst noch in Kansas, und er weiß, dass die wenigen Rancher dort gute Geschäfte machen. Doch in Kansas gibt es kaum Rinder. Das Land gehört noch viel zu sehr den Indianern. Eine Rinderherde von hundert Stück ist dort schon riesengroß.

»Sicher«, sagt der Spieler. »In Dodge City und Abilene werden von den Viehhändlern Rinder gekauft. Aber bis Dodge City, Abilene und Hays City ist es von hier aus verdammt weit. Doch die Entfernung wäre noch nicht einmal das besonders Schlimme. Auf einem guten Weg kann man Rinder treiben, das weiß ich. Aber es gibt keinen Weg! Zwischen Fort Worth und Kansas ist es in Luftlinie auch nicht mal so sehr weit. Aber eine Herde wird fast tausend Meilen zurücklegen müssen. Überdies werden sich die Roten auf die Herde stürzen. Denn sie können sich an den Fingern abzählen, dass, wenn sie eine einzige Herde durchlassen, bald die Rinder von ganz Texas nachfolgen würden. Cowboy, die Idee ist nicht schlecht. Aber sie ist um einige Jahre zu früh geboren.« Er verstummt fast herausfordernd.

Doch der Rindermann Reb Clay lässt nicht locker.

Er sagt vielmehr schlicht und trocken: »Die Brazos-River-Mannschaft kann das schaffen. Wir können viertausend Longhorns nach Norden zu den Eisenbahnstädten bringen. Aber wir brauchen dazu Ausrüstung, Munition, Proviant. Wir waren sehr notdürftig ausgerüstet. Doch weil der Wagen schlecht war, verloren wir alles. Nun, vielleicht finde ich in Fort Worth doch noch einen Mann, der fünfhundert Dollar riskiert. Danke für den Drink, Mister.«

Er will sich erheben.

»Langsam, Freund«, sagt nun Robin O'Connell, »einen Moment noch!«

Er blickt eine volle Minute ins Leere. Und in dieser Minute ziehen noch mal die letzten Jahre seines Lebens vorüber. Dann senkt er den Kopf und blickt auf die Karten, die noch auf dem Tisch liegen. Er schiebt sie mechanisch zusammen.

»Es wäre kein schlechtes Spiel«, murmelt er. »Es wäre ein Spiel, in dem ein Mann beweisen müsste, ob er noch etwas taugt. Er bekäme auch nichts geschenkt. Wenn er gewinnt, hätte er es sich schwer erkämpft und erworben. Was man geschenkt bekommt, ist wertlos. Was man sich erkämpft, ist fest gebaut und man achtet es, wirft es nie wieder fort.«

Er zuckt zusammen, denn er wird sich darüber klar, dass er soeben seine Gedanken aussprach. Er hebt den Kopf und blickt in die Augen des Cowboys hinein.

»Ich habe einen anderen Vorschlag«, sagt er hart.

Reb Clays Augen werden schmal. »Zeigen Sie nur Ihre Karten richtig, Spieler«, sagt er dann gedehnt.

»Ich kaufe zweitausend Rinder, das Stück zu einem Dollar«, sagt Robin O'Connell fest, »und das ist ein fairer Preis, Mister. Sie finden in ganz Texas keinen Menschen, der Ihnen für ein Rind einen Dollar zahlt.«

»Das stimmt«, sagt der Rindermann hart. »Hier zahlt man nur für Rinderhäute. Fünfzig Cent das Stück. Büffelhäute bringen mehr ein. Wir sollen Ihnen also die halbe Herde verkaufen? Und was dann?«