G. F. Unger Western-Bestseller 2502 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller 2502 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Ich hatte mich mächtig beeilt in Tucson. Paco war mit mir geritten. Wir hatten ein starkes Rudel eingerittener Pferde getrieben, die ich an die Post- und Frachtlinie verkaufte. Dann hatte ich bei der Bank den letzten Rest meines Darlehens getilgt, Paco seinen Lohn gezahlt und einige Einkäufe im Store gemacht.
Für Mary kaufte ich ein paar wichtige Dinge, die sie mir aufgeschrieben hatte. Und zusätzlich kaufte ich für sie einen grünen Kleiderstoff, der die Farbe ihrer Augen hatte. Weil ich wusste, wie einsam Mary auf der kleinen Ranch war, hielt ich mich keine einzige Minute länger als nötig in Tucson auf. Ich gönnte mir im Saloon nicht mal einen Drink und schon gar kein Kartenspiel. Ich machte mich noch am Abend auf den Heimweg, ritt die ganze Nacht und dann den halben Tag.
Als ich über den Hügelsattel kam, von dem aus ich mein schönes Tal in den Hügeln der Santa Catalinas sehen konnte, da wollte ich jenen scharfen Ruf ausstoßen, der meiner Mary sagen sollte, dass ich zurück war.
Ich holte Luft - aber dann blieb mir der Ruf gewissermaßen im Hals stecken.
Ich konnte nur noch stöhnen ...


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Seitenzahl: 147

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Todespatrouille

Vorschau

Impressum

Todespatrouille

Ich hatte mich mächtig beeilt in Tucson. Paco war mit mir geritten. Wir hatten ein starkes Rudel eingerittener Pferde getrieben, die ich an die Post- und Frachtlinie verkaufte. Dann hatte ich bei der Bank den letzten Rest meines Darlehens getilgt, Paco seinen Lohn gezahlt und einige Einkäufe im Store gemacht.

Für Mary kaufte ich ein paar wichtige Dinge, die sie mir aufgeschrieben hatte. Und zusätzlich kaufte ich für sie einen grünen Kleiderstoff, der die Farbe ihrer Augen hatte. Weil ich wusste, wie einsam Mary auf der kleinen Ranch war, hielt ich mich keine einzige Minute länger als nötig in Tucson auf. Ich gönnte mir im Saloon nicht mal einen Drink und schon gar kein Kartenspiel. Ich machte mich noch am Abend auf den Heimweg, ritt die ganze Nacht und dann den halben Tag.

Als ich über den Hügelsattel kam, von dem aus ich mein schönes Tal in den Hügeln der Santa Catalinas sehen konnte, da wollte ich jenen scharfen Ruf ausstoßen, der meiner Mary sagen sollte, dass ich zurück war.

Ich holte Luft – aber dann blieb mir der Ruf gewissermaßen im Hals stecken.

Ich konnte nur noch stöhnen ...

Es war mir für einen Moment so, als würde mein Pferd den Boden unter den Hufen verlieren und mit mir in bodenlose Tiefen fallen.

Dann schnappte ich nach Luft.

Mein müdes Pferd sprang noch einmal an, so heftig trieb ich es vorwärts. Und erst jetzt stieß ich einen gellenden Schrei aus, einen wilden Schrei, in dem mein ganzer Zorn mitschwang, den ich von nun an in mir spüren würde.

Denn über das, was dort bei meiner Ranch geschehen war, gab es keinen Zweifel für mich.

Vom Hügelsattel aus sah ich Mary und Pedro, unseren Gehilfen, vor dem Haus liegen.

Und so wusste ich: Apachen waren gekommen. Sie hatten Mary und Pedro mit Lanzen auf den Boden gespießt. Und ich konnte sicher sein, dass sie meiner Mary zuvor noch Schlimmes angetan hatten.

Ich warf mich wenig später von meinem galoppierenden Pferd und fiel bei Mary auf die Knie. Ja, sie hatten ihr Schlimmes angetan, bevor sie starb. Ich konnte nichts mehr für sie tun.

Sie war mir vor etwas mehr als einem Jahr auf diese kleine Ranch in einem der schönsten Täler der Santa Catalinas gefolgt, nachdem sie ihren Job als Lehrerin in Tucson aufgegeben hatte. Und in etwa vier Monaten hätte sie unser erstes Kind geboren.

Ich war ein harter Bursche, schon seit meiner Knabenzeit, weil das Leben in diesem Land stets hart und gnadenlos zu mir war. Nun aber weinte ich. Die Tränen machten mich für eine Weile blind. Und in meinem Schmerz, der mich immer wieder stöhnen ließ, war ich nicht nur blind, sondern auch taub und wie gelähmt.

Ich kniete im Staub vor meiner toten Mary und glaubte nicht mehr, dass es einen Gott im Himmel gibt. Denn dann hätte er dies hier nicht zulassen dürfen.

Wer konnte mir dieses Denken verübeln?

Es dauerte eine Weile, bis ich endlich wieder meine Umwelt wahrnehmen konnte. Und da begriff ich, dass auch ich verloren war und meiner Mary bald ins Jenseits folgen würde.

Aber eigentlich hatte ich gar nichts mehr dagegen.

Denn mein Leben war mir in diesen Minuten nichts mehr wert. Mary war tot. Was also sollte ich noch auf dieser verdammten Erde?

Es war eine Apachenfalle, in die ich wie ein Narr hineingetappt war, nur weil ich möglichst schnell bei meiner toten Mary sein wollte.

Die Apachen hatten auf meine Rückkehr gewartet und sich gut auf der Ranch versteckt. Nun waren sie zum Vorschein gekommen und umgaben mich. Ich war blind und wie betäubt gewesen, und sie hatten sich mir auf Lanzenlänge nähern können.

Ich erhob mich langsam. Sie umgaben mich im Kreis. Ihre Lanzen stießen mich wie Kakteenstacheln. Es waren etwa ein Dutzend gedrungener Gestalten mit schulterlangen Haaren, Stirnbändern und funkelnden Augen, in denen ich die wilde Lust zum Töten und Quälen erkannte.

Aber es war keine Furcht vor dem Tod in mir. Ich wollte in diesen Minuten gar nicht weiterleben. Ich wollte möglichst schnell ins Jenseits zu meiner Mary, und ich war sicher, dass sich unsere Seelen schnell wiederfinden würden.

Es kam für mich also nur noch darauf an, dass sie mich möglichst schnell töteten und nicht erst noch quälten, so wie es nicht wenige Weiße auch mit ihnen taten, wenn sie ihrer habhaft wurden.

Ich versuchte herauszufinden, wer wohl ihr Anführer war. Ich tippte auf den Burschen, der genau vor mir stand. Und so spuckte ich ihm ins Gesicht, rechnete mit dem sofortigen Todesstoß.

Sie trugen außer ihren Lanzen auch Pfeil und Bogen und Gewehre. Sie waren gut bewaffnet.

Nun, ich spuckte also dem Anführer mitten ins Gesicht und erwartete in der gleichen Sekunde den Tod.

Aber er beherrschte sich. Er wusste sofort, was ich wollte, und tat mir den Gefallen nicht.

Er zischte nur ein Wort, und so schlugen sie mich von hinten nieder. Ich verlor die Besinnung, aber nicht sehr lang. Denn ich wurde bald wieder wach und begriff, dass ich auf dem Rücken im Staub lag. Über mir brannte unbarmherzig die Sonne. Es war ja erst kurz nach Mittag.

Sie umgaben mich und ließen ihr Wasser auf mir ab. Vielleicht hatte mich dies vorzeitig aus der Bewusstlosigkeit erwachen lassen.

Ja, sie demütigten mich auf Apachenart, urinierten auf mich nieder. Aber eigentlich sollte mir das gleich sein, denn ich war ja bald tot.

Und so wollte ich hoch und einem von ihnen an die Kehle.

Aber da bekam ich die Lanze in den Leib. Sie kam mit einem schnellen Stoß wie ein Pfeil. Die schmale Metallspitze glitt wie ein Säbel durch mich hindurch und fuhr unter mir in den Boden.

Nun war ich sicher, dass ich bald tot und mit meiner Mary vereint sein würde.

Ich hielt nun still, bewegte mich nicht mehr, spürte nur die Schmerzen und das Blut, das aus den beiden Wunden sickerte.

Der Apache, den ich für den Anführer hielt, stellte sich breitbeinig über mich und starrte auf mich nieder.

»Ich bin Carlos«, sagte er in spanischer Sprache, die ich gut verstand. »Ihr Weißen werdet noch viel von mir hören. Skalpjäger überfielen mein Dorf, als ich mit meinen Kriegern abwesend war. Sie töteten unsere Frauen und Kinder, nahmen ihnen die Skalpe und ließen sich in Tucson dafür Prämien zahlen. Nun mache ich Krieg. Und bald werde ich mehr als hundert Krieger bei mir haben. Du aber wirst neben deiner Frau langsam sterben. Sie war eine schöne Frau, und sie kämpfte bis zum letzten Atemzug. Wir taten mit ihr, was weiße Skalpjäger mit unseren Frauen taten. Doch wir nahmen ihr nicht den Skalp. Stirb langsam, Hombre!«

Nach diesen Worten verschwanden sie.

Und ich lag da, stöhnte vor Schmerz und fragte mich, wie lange es dauern würde, bis ich tot war. Denn das Sterben schien mir unvermeidlich.

Sie hatten mir eine Lanze wie einen Säbel durch den Leib gestoßen und mich am Boden festgenagelt.

Die Sonne brannte erbarmungslos auf mich nieder. Noch floss das Blut aus mir. Mit jedem Herzschlag.

Sollte ich versuchen, die Lanze herauszuziehen? Hätte das noch einen Sinn? Oder war es nicht besser, einfach unbeweglich zu verharren und auf den Tod zu warten?

Aber dann hörte ich etwas. Dieses Geräusch kannte ich. Es war unverwechselbar, typisch, und wer es einmal gehört hatte, der vergaß es nie und erkannte es immer wieder sofort.

Was ich da hörte und was da immer näher kam, war der klirrende Trab einer reitenden Armeepatrouille. Nur US-Kavallerie ritt in solch einem klirrenden Trab durchs Land.

Ja, da kamen Soldaten geritten.

Das Klirren, Rasseln und Klappern kam immer näher. Ich hielt meinen Körper still, aber ich hob ein wenig den Kopf.

Und da sah ich sie kommen, an der Spitze der Scout, dann ein hagerer, graubärtiger Offizier, wahrscheinlich ein Captain.

Hinter diesem alten Offizier ritt noch ein jüngerer, der erst Lieutenant war. Und dann kamen die Kavalleristen, staubig, erschöpft, verdrossen, schwitzend und voller Bitterkeit über ihr Los in diesem Land.

Der Captain ließ halten und kam dann mit seinem Scout zu mir und Mary. Er warf auch einen Blick auf den toten Pedro, der mir ein guter Helfer gewesen war. Er saß dann langsam ab und trat zu mir.

»Soll ich die Lanze herausziehen, Mister?« So fragte er ernst.

Ich bekam irgendwie meine Zahnreihen auseinander und knirschte: »Schneiden Sie den Schaft ab, drehen Sie mich vorsichtig auf die Seite und ziehen Sie das Mistding hinten raus. Die Lanzenspitze steckt allerdings ziemlich tief im Boden. Vielleicht sollten mich drei oder vier Mann auch nur hochheben, und es geht so.«

Er starrte einige Sekunden lang ernst auf mich nieder. Dann nickte er.

Bevor er seinen Soldaten die entsprechenden Befehle gab, sagte er: »Sie sind Mister Sloan McGill, nicht wahr? Ich habe von Ihnen gehört, Mister McGill. Sie waren mal Scout bei der Armee. Ich ...«

Seine weiteren Worte verstand ich nicht mehr. Denn nun verlor ich richtig das Bewusstsein. Nun konnten mich nicht einmal mehr die Schmerzen bei Besinnung halten.

Indes ich wie in bodenlose Tiefen fiel, dachte ich nur noch: Hoi, Mary, ich komme jetzt zu dir. Bald sind unsere Seelen wieder beisammen, bald.

✰✰✰

Als ich am nächsten Morgen erwachte, da vermochte ich zuerst gar nicht zu glauben, dass ich noch lebte. Aber es war so. Ich lag auf meinem eigenen Bett in meiner dreiräumigen Hütte, die das Haupthaus meiner Ranch war.

Die Apachen hatten kein Feuer gelegt. Wahrscheinlich wussten sie von der Nähe der Patrouille und wollten diese nicht durch den Rauch zum schnelleren Kommen veranlassen.

Ich lebte also noch. Und es war draußen früher Morgen. Ich erkannte das am Sonnenschein, der durch das kleine Fenster fiel.

Wie war es möglich, dass ich noch lebte? Sie hatten mir die Lanze durch den Leib gestoßen, so wie man einem Käfer eine Nadel durch den Leib stößt, um ihn in eine Sammlung einzureihen.

War es denn möglich, dass die Lanzenspitze keine inneren Organe verletzte? War diese stählerne Spitze einfach an allen wichtigen Organen vorbeigeglitten? Gab es das denn?

Ich musste es vermuten.

Denn ich spürte kaum noch Schmerzen, solange ich mich nicht bewegte.

Also musste bei mir tatsächlich dieses Wunder geschehen sein.

Ich wandte den Kopf, als der alte Captain zu mir ans Bett trat und am Fußende die beiden Bettpfosten umklammerte. Er grinste zwischen seinem struppigen Graubart. In seinen schmalen Augen funkelte es.

»Mann«, sagte er, »Sie hatten eine Menge Glück. Da in Ihrem Leib kann nichts Wichtiges verletzt worden sein. Sonst wären Sie längst verblutet – innerlich, meine ich. Ich kann mit meinen Reitern nicht länger hier auf Ihrer Ranch bleiben. Ich muss weiter. Sollen wir Sie mitnehmen in einer Schlepptrage? Ihre Frau haben wir nach Christenart beerdigt. Also?«

Er war ein harter Bursche und wartete auf meine Entscheidung.

Ich erwiderte mit einer matten, mir fremden Stimme: »Lassen Sie mich hier, Captain. Stellen Sie mir nur Wasser neben das Bett. Ich bin Ihnen etwas schuldig, nicht wahr?«

Er nickte. »Ja, das sind Sie – aber nicht mir, sondern der Armee. Wir werden auf dem Rückweg noch mal nach Ihnen sehen. Aber erst will ich Carlos folgen. Vielleicht erwische ich ihn in den nächsten Tagen.«

»Nie«, erwiderte ich. »Denn er wird dorthin flüchten, wo es für die US-Kavallerie nicht genug Wasser gibt.«

Er nickte bitter. »Ich weiß«, knirschte er. »Ich jage schon sehr lange Apachen und kenne mich mit ihnen aus. Sie sind von einer Patrouille nicht zu fassen. Man kann sie nur erwischen, wenn man eine ganze Armee aufbietet, sie einkreist und den Ring immer enger zieht. Nur dann erwischt man sie. Aber noch ist die Armee nicht bereit, tausend Mann einzusetzen, um zwei Dutzend Apachen zu erledigen. Noch glaubt man, dass eine Doppelpatrouille ausreicht. Und weil das so ist, muss ich es versuchen. Ich werde mit meinen Reitern also ihrer Fährte folgen, bis uns der Wassermangel zur Umkehr zwingt. So werde ich das in mein Patrouillenbuch eintragen. Und dann wird es eine andere Patrouille versuchen.«

Er verstummte bitter und wollte sich abwenden, um zu gehen.

Aber ich fragte: »Wie kommt es, dass ein Captain wie Sie, der dem Alter nach zumindest Major sein müsste, noch auf Patrouille reitet?«

Er wandte sich mir wieder zu. Zwischen seinem Graubart blinkten seine noch ziemlich gut erhaltenen Zähne.

»Ich bin sogar der Kommandant von Camp Catalina. Es wurde eingerichtet, um die Verbindungswege zwischen Fort Grant und Fort Thomas besser unter Kontrolle zu halten. Ich bin also der Kommandant. Doch ich muss die Patrouille selbst führen, weil es sonst Todespatrouillen sein würden, die von den jungen Lieutenants in den Untergang geführt würden. Ich habe keine erfahrenen Patrouillenführer. Und mein Befehl lautet, Patrouillen reiten zu lassen, Carlos aufzuspüren, ihn ständig in Bewegung zu halten und wenn möglich zu vernichten.«

Wieder wandte er sich zum Gehen. Doch nochmals hielt er inne, so als wäre ihm noch ein Gedanke gekommen. Nochmals trat er an mein Bettende und umklammerte die Bettpfosten.

»He, McGill«, sagte er langsam. »Ich sagte Ihnen schon, dass ich eine Menge über Sie hörte. Sie waren Wildpferdjäger, Wagenzugführer und ein erstklassiger Armeescout. Sie wurden in diesem Land geboren und kennen es ebenso gut wie die Apachen. Ich denke mir, dass Sie nun eine Rechnung mit diesen Hurensöhnen zu begleichen haben. Wenn das so ist, dann helfen Sie mir. Dann brauche ich vielleicht nicht immer die Patrouillen zu führen. Ihnen würde ich einen jungen Lieutenant und eine Patrouille anvertrauen, Ihnen ja. Die Armee spricht gut über Sie. Man bedauerte sehr, dass Sie eine Lehrerin aus Tucson heirateten und eine Ranch kauften. Überlegen Sie es sich, McGill.«

Er ging hinaus. Draußen erteilte er Befehle, die zum Teil auch mich betrafen.

Der Sanitäter der Patrouille kam herein und versorgte mich noch einmal. Er ließ mir auch eine Flasche mit einem Mittel da, das Wundentzündungen verhindern würde.

»Einfach den Verband damit feucht halten«, sagte er und grinste stoppelbärtig. Dann fügte er hinzu: »Wenn ich das unserem Feldarzt in Camp Catalina erzähle, ich meine, dass man Sie mit einer Lanze am Boden festnagelte und Sie das offenbar nicht das Leben kostete, wird er mir das nicht glauben. Mann, sind Sie ein Glücksjunge.«

Er ging hinaus.

Und so lag ich nun allein da und hörte, wie die Patrouille aufbrach und sich ihr klirrender Trab langsam entfernte.

War ich ein Glücksjunge?

Mary war tot. Das Bett neben meinem war leer. Ich würde sie nie wieder in den Armen halten und ihren Körper spüren, ihre Lebendigkeit, die forderte und gab.

Sie hatten sie nicht nur getötet, sondern ihr zuvor Schlimmes angetan. Verzweifelt musste sie gekämpft haben, aber es hatte ihr nichts genützt.

Ja, ich hatte mit Carlos und dessen Kriegern eine Rechnung zu begleichen, und dies galt auch für alle anderen Apachen.

Allein konnte ich sie nicht zur Hölle schicken. Dazu brauchte ich Hilfe. Diese Hilfe konnte ich sozusagen umsonst bekommen, wenn ich wieder Armeescout wurde.

Ich musste nur wieder gesund werden.

Vielleicht schaffte ich das, wenn sich die Wunde nicht entzündete und ich keinen Wundbrand bekam. Denn innere Organe waren offenbar nicht lebensgefährlich verletzt worden.

Ich musste nur ruhig liegen und warten.

Denn alles braucht seine Zeit.

✰✰✰

Zwei Tage später kam Paco aus Tucson zurück. Er war dort geblieben, um erst einmal den Lohn der letzten vier Monate zu verjubeln und seinen Spaß zu haben.

Paco hatte einen Mexikaner als Vater und eine Pueblo-Indianerin als Mutter gehabt. Er war ein erstklassiger Wildpferdjäger, Zureiter und auch Vaquero. Wie Pedro, den ich ja bei Mary gelassen hatte und der mit ihr sterben musste, war er mein Helfer.

Als er zu mir ans Bett trat, hatte er draußen schon alles gesehen und begriffen. Nun stand er schweigend am Fußende meines Bettes und betrachtete mich.

Ich hatte etwas Wundfieber, war aber einigermaßen bei klarem Verstand. Und so fragte ich nur: »Na, hast du dich prächtig amüsiert, Paco?«

»Si«, sagte er nur, aber ich konnte ihm ansehen, wie sehr er mitfühlte. Denn er hatte Mary abgöttisch geliebt. Sie hatte ihm und Pedro im vergangenen Jahr das Lesen und Schreiben beigebracht.

Er bewegte sich endlich und kam an die Seite des Bettes, um nach meinen Wunden zu sehen. Er begriff, dass mich eine Lanze durchbohrt haben musste, und staunte.

Dann bekreuzigte er sich und murmelte: »Oh, die Heilige Jungfrau muss dich beschützt haben, Patron. Sie ließ dich am Leben, um die Patrona rächen zu können. Nicht wahr, so muss es zu deuten sein?«

»Richtig, Paco«, knirschte ich. »Doch jetzt solltest du mir einen Tee und danach eine Suppe kochen. Ich verspüre Hunger.«

✰✰✰

Am nächsten Tag kam Captain John Taine – so hieß er – mit seiner Doppelpatrouille zurück. Sie waren alle erschöpft. Und wie vorauszusehen war, mussten sie in der Apachenwüste bald schon umkehren, weil es nicht genug Wasser gab für die vielen Pferde und sie die geheimen Wasserstellen der Apachen nicht kannten.

Aber das war immer so.

Apachen konnten hundert Meilen ohne Wasser in unvorstellbar kurzer Zeit zu Fuß trotten. Kavalleriepferde schafften das nicht.

Apachen streiften auf der Suche nach Beute stets nur in kleinen Horden umher. War ihnen diese Beute zu groß und zu wehrhaft, dann sammelten sich in kurzer Zeit mehrere Horden, schlugen gemeinsam zu und trennten sich wieder. Denn für wenige Apachen fand sich stets genug Wasser.

Der graubärtige Captain machte nicht viele Worte. Nach einigen freundlichen Fragen nach meinem Befinden fragte er auch schon: »Nun, Mister McGill, haben Sie über meinen Vorschlag nachgedacht?«

Ich nickte. »In zwei oder drei Tagen«, erwiderte ich, »werde ich aufstehen. Dann können die Wunden wohl nicht mehr aufbrechen. In weniger als zwei Wochen werde ich bei Ihnen in Camp Catalina sein.«

»Und dann?« So fragte er und hatte ein Glitzern in seinen schmalen, stets zusammengekniffen wirkenden Augen.